Beruflich Dokumente
Kultur Dokumente
Vorlage - UBRI - Portfolio - SoSe22 (4) - Fast - Fertif
Vorlage - UBRI - Portfolio - SoSe22 (4) - Fast - Fertif
Ed
Portfolio
Indikatorenentwicklung und
Videoanalyse
1. Klassenführung S.
2. Kognitive Aktivierung S.
3. Videoanalyse S.
3.1. Stundenbeschreibung S.
3.2. Begründung der Videoauswahl S.
3.3. Indikatorengestützte Analyse S.
4. Reflexion & Fazit S.
5. Literaturverzeichnis S.
6. Eigenständigkeitserklärung S.
2
1. Klassenführung
Klassenführung wird oft auch als Klassenmanagement bezeichnet und ist ein wichtiges
Merkmal der Unterrichtsqualität. Andere wichtige Qualitätsmerkmale von Unterricht sind
beispielsweise kognitive Aktivierung oder Motivation. All diese Merkmale sind eng
miteinander verbunden. Zur Klassenführung gehört, dass die Lehrperson mithilfe
verschiedener Maßnahmen für Disziplin in der Klasse sorgt (Ophardt & Thiel, 2019, S. 257).
Alles was Lehrpersonen mittels aktivem oder auch passivem Verhalten zur Steuerung der
Interaktionen in der Klasse beitragen gehört hierzu. Ein effektives Klassenmanagement hat
ein angenehmes Klassenklima zur Folge, welches gute Lehr- und Lernprozesse ermöglicht. Es
fördert die Schüler und Schülerinnen und trägt zu einer höheren Lernmotivation und einem
höheren Leistungszuwachs bei. Auch auf die Lehrperson wirkt sich eine effektivere
Klassenführung positiv aus, da auf lange Sicht gesehen ihre Gesundheit und Zufriedenheit
gesteigert wird (Seidel, 2020, S. 121). Wichtig um diese Ziele zu erreichen ist, dass den
Lernenden aktive Lernzeit maximal bereitgestellt wird und dass die individuellen
Lernaktivitäten der Schüler und Schülerinnen unterstützt werden. Lehrende sollen
erwünschtes Verhalten der Lernenden fördern und unterstützen, indem sie Rückmeldungen
geben und das Lernen überwachen und begleiten (Hörter, Gippert, Holodynski & Stein, 2020,
S. 260). Die Grundlage der Klassenführung ist also die Beziehung und das Arbeitsbündnis
zwischen Lehrkraft und den Schülern und Schülerinnen (Ophardt & Thiel, 2019, S. 258). Ein
weiteres Ziel des Klassenmanagements, neben der Steigerung von Lernmotivation und des
Leistungszuwachses, ist die Vermittlung von Werten und Normen und die Verdeutlichung
ihrer Notwendigkeit. Durch die vorgegebenen Regeln und Disziplin, mit derer diese
eingehalten werden, wird dies den Schülern und Schülerinnen verdeutlicht (Seidel, 2020, S.
121). Oft werden prozess- und strukturorientierte Maßnahmen unterschieden.
Prozessorientierte Maßnahmen beinhalten das Monitoring einer Lehrkraft, wodurch das
aktuelle Unterrichtsgeschehen reguliert wird und die Strukturierung des Unterrichtsverlaufs.
Die langfristige Etablierung von Ritualen, Regeln und Routinen gehört zu den
strukturorientierten Maßnahmen. Beide ergänzen sich gegenseitig und tragen zum Erreichen
der Ziele des Klassenmanagements bei (Gippert, Gold, Seeger, Junker & Holodynski, 2019).
Verschiedene Indikatoren von Klassenmanagement sind zum Beispiel, dass der Unterricht
Reibungslos verläuft, die Lehrperson allgegenwärtig im Klassenraum ist, dass sie
Ruhestörungen unterbindet und klare Arbeitsanweisungen erteilt. Diese werden im Folgenden
analysiert und anhand verschiedener Kriterien bewertet.
3
Wörter: 34
2. Kognitive Aktivierung
Die kognitive Aktivierung ist ein wesentliches Merkmal guten und erfolgreichen Unterrichts
(Winkler, 2017, S.78). Sofern ein hohes Maß an kognitiver Aktivierung im Unterricht
gegeben ist, dann können Lernprozesse der Schüler*innen angeregt werden und das Erlernen
und Verstehen wird durch Verknüpfung an bereits Bekanntes gefördert.
Kognitiv fördernder Unterricht ist gekennzeichnet von verschiedenen Aspekten, die einen
hohen Einfluss auf die Wirksamkeit des Unterrichtens und den Lernerfolg haben (Fauth &
Leuders, 2018, S.8).
Die Darbietung mehrerer Lösungswege und ein Aufgabentypus der „problemlösend-
entdeckende Grundmuster“ beinhaltet, trägt zur kognitiven Aktivierung bei (Pirner, 2013,
S.228).
Die kognitive Aktivierung wird von den Lehrkräften gefördert, wenn die jeweiligen
kognitiven Voraussetzungen der Schüler*innen miteinbezogen und berücksichtigt werden.
Hier wird zum einen nach dem Niveau der Schüler*innen gefragt, damit die Lehrkraft genau
abschätzen kann, wie die gelernten Inhalte noch vertieft werden können (Fauth & Leuders,
6
2018, S.2-3; Winkler 2017, S.82; Pirner 2013, S. 230, 233). Kennzeichnend ist auch, dass
binnendifferenzierte Aufgabentypen mit unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden offeriert
werden, damit keiner der Schüler*innen vom Lernprozess ausgeschlossen wird und somit
dem Heterogenitätsanspruch Folge geleistet werden kann. (Quelle?)
Besonders wichtig ist es bei der kognitiven Aktivierung die Schüler*innen auf einem hohen
Niveau zum Denken zu animieren und Schüler*innen dabei die Lernziele transparent
aufzuzeigen (Fauth & Leuders, 2018, S.2; Pirner, 2013, S.229). Durch das Stellen kurzer
diagnostischer Aufgaben durch die Lehrperson, können Schüler*innen die Inhalte reflektieren
und somit selbst überprüfen, inwiefern der Unterrichtsstoff wirklich verstanden wurde (Fauth
& Leuders, 2018, S.10). Kognitiv aktivierender Unterricht dient lediglich als ein Angebot von
Seiten der Lehrkraft, welches von den Schüler*innen genutzt werden kann (Fauth & Leuders,
2018, S.7).
Wörter: 257
3. Videoanalyse
10
3.1 Stundenbeschreibung
Bei der zu analysierenden Unterrichtsstunde handelt es sich um die 10. Unterrichtsstunde des
Spanischunterrichts einer 7. Klasse an einer Integrierten Gesamtschule (IGS). Die Lernenden
befinden sich somit im 1. Lernjahr der Zielsprache und demnach in der Grundlagenakquise,
weswegen die generelle Unterrichtssprache sowie die Arbeitsinstruktionen zwischen Mutter-
und Zielsprache changieren. Das Vorwissen der Schüler*innen beschränkt sich darauf, sich
und andere vorzustellen sowie Begrüßungen, Alltagsfloskeln und einzelne Vokabelchunks
auszudrücken im Spanischen, zudem handelt es sich für die Lernenden um die zweite
schulische Fremdsprache, weswegen auch positive Interdependenzen zum Englischen als
konstruktives Vorwissen beobachtbar sind. Die Unterrichtsstunde ist eine exemplarische
Ausschnittsequenz aus einem sogenannten Einheitenplan („plan de unidad“) den die Lehrkraft
erstellt hat, dieser soll über eine rotierende sechsteilige Stationenarbeit die verschiedene
produktiven, wie rezeptiven Kompetenzen in der Fremdsprache trainieren in den
Sozialformen der Einzel- sowie Gruppenarbeit, hierbei ist der sehr hohe selbständige
Wissensaneignungsanteil herausstechend. Die überschaubare Lerngruppe wird von der
Lehrkraft als sehr aufnahmefähig, technisch-versiert und engagiert beschrieben. Im Zentrum
der Stunde stehen Lernerautonomie, Team- und Kooperationsfähigkeit, medialer Umgang,
11
explorierendes Lernen und Introspektion; generell positioniert sich die Lehrkraft eher in der
Rolle der Lernbegleiterin und Instruktorin, die den Unterricht rhythmisiert und
Hilfestellungen anbietet und dem Anschein nach eher einen „Low-Profile-Ansatz“ (Helmke,
2007, S.48) verfolgt, welcher es durch non-verbale und niedrigschwellige Maßnahmen schafft
eine nahezu reibungslose und produktive Stunde einzulösen (Helmke, 2007, S.48). Der
inhaltliche Schwerpunkt der Sequenz liegt auf spanisch- und lateinamerikanischen
Musikvideos, dem Erlernen von Basisvokabular, Diskurs- und Dialogführung sowie der
phonetisch-auditiven Gewöhnung bzw. Gehörbildung in der Zielsprache.
Die Auswahl der Videosequenz hängt einerseits mit dem persönlichen fachdidaktischen
Vorwissen für das Fach Spanisch, sowie den vielen positiven Interferenzen zu den
theoretischen Grundmerkmalen effizienten Klassenmanagements zusammen, wie sie
beispielsweise Kounin illustriert: “monitoring, overlapping, smoothness, momentum, group
focus“ (Thiel et al., 2012, S.730 über Kounin),- entlang welcher auch die Indikatorenbildung
im Vorfeld konzipiert wurde. Demnach soll im Folgenden die Spanischstunde anhand der
Indikatoren „Die Lehrkraft hat die Schüler*innen im Blick [niedrig inferent]“ sowie „Die
Lehrkraft erteilt klare Arbeitsanweisungen [hoch inferent]“ exploriert werden in Hinblick auf
die Dimension der Klassenführung.
Die ausgewählten Indikatoren zur zweiten Großdimension „Kognitive Aktivierung“, die nun
die Tiefenstrukturen von Unterricht betreffen und somit deutlich weniger transparent bzw.
externalisiert sind (Fauth & Leuders 2018, S.3) sind die Folgenden: „Die Lehrkraft stellt
Aufgaben mit unterschiedlichen Anforderungsbereichen [hoch inferent]“ und „Die Lehrkraft
stellt Aufgaben, die einen Lebensweltbezug aufweisen [hoch inferent]“. Es wird deutlich, dass
diese Indikatorenkategorien sowie deren erfolgreiche Umsetzung bzw. hohes Rating abhängig
sind von einem produktivem Classroommanagement, welches einen stabilen Rahmen bildet
innerhalb welchem „kognitive Konflikte“ (z.B. Minnameier, Hermkes & Mach, 2015, S. 841).
durch „lernanregende Stimuli“ (Minnameier et al., S. 848) avancieren können. In dem
ausgewählten Unterrichtsvideo sind solche anregenden Startstimuli und Binnenstimuli,
sowohl in den versatilen Aufgabenstellungen der Stationenarbeit wie in den unterschiedlichen
Motivationsstrategien, die die Spanischlehrkraft anwendet zu verzeichnen, wodurch eine
Kodierung gut möglich ist.
Für diesen ersten Indikator und dessen Ratingvorschlag sollen die Sequenzen
„I1_KF_im_Blick_3“ (Timecode 1: 00:00:30-00:01:04), „I1_KF_im_Blick_3“ (Timecode 2:
00:05:31-00:06:16) sowie „I1_KF_im_Blick_4“ (Timecode 3: 00:23:44-00:25:00) kontrastiert
werden. Der erste Timecodeabschnitt (Timecode 1) zeigt die Lehrkraft anfänglich lächelnd
mit dem Blick und dem Körper zur Klasse gewandt, wie sie über einen Gong, an welchen ein
kubanischer Hip-Hop-Song anschließt, die Aufmerksamkeit der Klasse, welche an
Gruppentischen im Raum verteilt sitzt, kanalisiert. Diese gebündelte Aufmerksamkeit zeigt
12
sich darüber, dass Ruhe einkehrt, anfängliches Gemurmel von der Musik eingedämmt wird
und die Schüler*innen mehrheitlich die Köpfe gen Lehrkraft drehen. Aus dieser produktiven
„emotionale Einstimmung“ (Riedl, 2004, S.97) und den Anschlussfragen der Lehrkraft zur
Musikgruppe entstehen Wortmeldungen, welche die Lehrkraft alle wahrnimmt, da sie stets
ihren Blick durch die Klasse schweifen lässt, womit die bereits erwähnten Charakteristika
„Whititness“ und „Overlapping“ Kounins(QUELLE) tendenziell erfüllt, die technische
Bedienung verläuft reibungslos und routiniert; zudem wirkt die Lehrkraft gefestigt im Raum
und in ihren Handlungen (sie deutet z.B. mit schneller Fingerbewegungen an, dass die
Schüler*innen sich nun melden sollen). Die Blickkoordinierung und der körperliche,
paralinguistische Ausdruck gehören zu den nonverbalen und symbolischen
Kommunikationsmedien und Habitusformen in Lehr- und Lernprozessen (Gröschner, 2007,
S.6). Effektive Klassenführung ist somit an „Mimik (vor allem das Blickverhalten), Gestik
(sprachbezogene Gesten und Manipulationen), Körperstellung und -haltung (z. B. Kongruenz)
und Proxemik (Bewegung im Raum) [gekoppelt]“ (Gröschner, 2007, S.13). Der zweite
Timecodeabschnitt (Timecode 2) bietet sich daran anschließend an genauer das proxemische
und okulesische Verhalten (Negi, 2009, S. 102) der Lehrkraft zu betrachten, da diese hier zum
Zwecke der Einstiegsübung selbst bzw. physisch am Sprechkreis teilnimmt und über
gestische Andeutungen (Armbewegungen, an Schulter tippen) und Anweisungen („Dos a la
derecha“) das Getümmel und Stimmgewirr koordiniert. Durch die Kreisformation ist die
Lehrkraft offensichtlich mit dem Rücken manchen Schüler*innen zugewandt und man könnte
meinen, dass das Monitoring nun abfällt und sich der Aufgabeneinstieg verzögert, was
allerdings nicht der Fall ist. Die Gruppe geht reibungslos in die erste Aufgabe über, führt
diese durch und durch ein Klingelläuten, sowie eine Handgeste die Ruhe symbolisiert, erwirkt
die Lehrkraft das erneute Zuruhekommen. Bezüglich des „spatial behavior“, welches die
„physical distance […] between ourselves and others” (Helmer & Eddy, 2003, S.43)
beschreibt der Spanischlehrkraft lässt sich sagen, dass sie dadurch, dass sie sich mit den
Lernenden in den Kreis stellt und es zu Berührungen bzw. direkten Interaktionen kommt
hierarchische Schüler*in-Lehrer*in-Distanzen überwunden werden und die Aufgabe schneller
ausgeführt wird, womöglich auch weil alle Schüler*innen wissen, dass die Lehrkraft alles
mithört und wahrnimmt, da sie ihnen wortwörtlich im Rücken steht. Die Studie „Teachers’
Non-verbal Communication and its Impact on the Learners’ Motivation” von 2009 des
Erziehungswissenschaftlers Janak Singh Negi, kommt beispielsweise zu dem eindeutigen
Ergebnis, dass Bewegtheit, eine geöffnete freundliche Körperhaltung, Nähe und schweifender
Blickkontakt zu mehr Präsenz, Wertschätzung und somit einem effektiverem
Klassenmanagement führen und als Motivatoren für die Lernenden wirken können (Negi,
2009, S. 107). Um zu einem Rating zu kommen, soll nun abschließend der dritte Timecode
(Timecode 3) untersucht werden. Erneut ruft und deutet hier die Lehrkraft zu einem Stehkreis
für die Feedbackrunde hin, einige Schüler*innen rufen zwischen und scheinen nun weniger
beeindruckt von der erneuten Kreisbildung, was sich allerdings schnell legt. Innerhalb der
Stationenarbeit gab es Gruppen die außerhalb des Klassenraums gearbeitet haben (siehe
Rollenspiel 00:17:06-00:18:03), wobei aus dem Videoschnitt nicht deutlich wurde, ob die
Lehrkraft diese externen Gruppen im Blick hatte. Allerdings geht aus der Feedbackrunde
hervor, dass die Lehrkraft sehr wohl alle verteilten Gruppen im Überblick hatte („Ich habe
zwei Gruppen draußen gesehen, die haben ganz super den Dialog nachgespielt“) und das
Monitoring überlappend und konstant war, womit die Lehrkraft erwiesener Weise über die
13
von Kounin beschriebenen „Augen im Hinterkopf“ verfügt und die Schüler*innen es stets
wissen lässt, dass sie über alle Vorgänge informiert ist. Es lässt sich somit aus der Analyse
ableiten, dass ein hoher Ratingwert von 3 mit Tendenzen zur 4 an den ausgewählten
Sequenzen vergeben werden soll.
Da es sich um die Fortführung von Stationenarbeit handelt in diesem Kontext und allen
Schüler*innen mehr oder weniger die Abläufe bekannt sind, als auch, dass die Lehrkraft die
Gruppe gut genug zu kennen scheint, um zu wissen wie intensiv bzw. laissez-faire sie die
Monitoringsequenzen zu regulieren hat, lassen sich hier keine nennenswerten
Verbesserungsalternativen anmerken.
Für den zweiten Indikator der Klassenführung sollen die Sequenzen „I2_KF_Anweisung_4“
(Timecode 1: 00:04:17-00:09:33), „I2_KF_Anweisung_4“ (Timecode 2: 00:09:55-00:10:14),
„I2_KF_Anweisung_4“ (Timecode 3: 00:10:44-00:11:48) und „I2_KF_Anweisung_3“
(Timecode 4: 00:19:43-00:21:02) untersucht werden. Es ist hier notwendig die
sprachendidaktische Anmerkung zu machen, dass Fremdsprachenunterricht immer von
sogenannten „Code-Switching-Prozessen“ und „funktionaler Fremdsprachigkeit“ betroffen ist
und Anweisungen und Unterrichtsgespräche sowohl in der Ziel- wie in der Muttersprache
ausgehandelt werden müssen (Butzkamm, 1997, S. 1). Demnach ist die Fremdsprache
„Unterrichtssprache, Vermittlungssprache [und] Arbeitssprache“ wobei gilt: „[d]ie
Muttersprache darf ihr nicht wertvolle Sprechzeit stehlen.“ (Butzkamm, 1997, S. 1). Dieser
fachspezifische Input muss bei der nun folgenden Analyse unbedingt beachtet werden, da die
„Klarheit von Arbeitsanweisungen“ sich im Fremdsprachenunterricht eben auch auf das
besagte symbiotische und fluktuierende Verhältnis von Mutter- und Zielsprache bezieht,
wobei ein Ungleichgewicht zu Unklarheiten führen und den Unterrichtsfluss bzw. das
effektive Klassenmanagement somit hemmen kann.
In der ersten gewählten Sequenz (Timecode 1) erklärt die Lehrkraft die vier groben Etappen
(1) calentamiento, 2) organización, 3) plan de unidad, 4) Feedback) in welche die
Unterrichtsstunde aufgegliedert ist auf Spanisch. Die Lehrerin bittet eine Schülerin um eine
Übersetzung ins Deutsche, um sich zu vergewissern, dass der Ablauf verstanden wurde, es
gibt sonst keine Rückfragen. Die Stunde steht im Rahmen eines Einheitenplans (sp.: plan de
unidad), entlang welchem verschiedene grammatische, lexikalische und kommunikative
Stationen abgearbeitet werden im Gruppenkontext. Anhand der zweiten Sequenz (Timecode
2) wird deutlich, dass die Lehrkraft die Anweisungen für die Stationenarbeit mittels
schriftlicher Anweisungskarten auf Deutsch und Spanisch organisiert hat, was als positiv zu
bewerten ist, da so die Schüler*innen möglichst autonom arbeiten können und sich viele
sprachbezogene Rück- und Nachfragen so erübrigen oder in der Gruppe geklärt werden
können, wie aus der Sequenz (Timecode 2) ersichtlich wird. Die Wochenplan- und
Stationenarbeit wie sie hier zu beobachten ist, gehört zur Makroform des „offenen
Unterrichts“ (Jürgens, 2018, S. 474), bei welchem es „schwerpunktmäßig um Ermöglichung
von funktioneller und/oder produktiver Selbstständigkeit geht“ (Jürgens, 2018, S. 475). Aus
dem Videoschnitt geht nicht hervor welcher Typus von Arbeitsplan verfolgt wird (geöffnet,
differenziert, individuell oder offen) (Jürgens, 2018, S. 475), aber scheinbar hat sich diese
Anweisung bereits in vorherigen Stunden erübrigt. In der dritten Sequenz (Timecode 3) kam
14
es zu einer Nachfrage von einer Arbeitsgruppe, welcher sich die Lehrkraft annimmt und somit
in der Rolle der „Beratungshilfe“ agiert (Jürgens, 2018, S. 475) und individualisierte
Arbeitsanweisungsmaßnahmen (auf Deutsch) vornimmt, hierbei wird deutlich, dass die
Stationenarbeitsatmosphäre sinnvoll ist um individuell Nachschärfungen vorzunehmen und
nur bei Bedarf Erklärungshilfe zu leisten und Hauptanweisungen prinzipiell auf schriftliche
Erklärungskarten und autarke Gruppendynamiken auszulagern, sodass das
Nachfragepotenzial bereits vorderhand gering gehalten wird und die Flüssigkeit der Abläufe
nicht gefährdet wird. In der vierten Sequenz (Timecode 4) äußert sich die Lehrkraft bezüglich
des hohen Gebrauchs der Muttersprache als Anweisungssprache, mit dem Hinweis, dass es in
dieser Stunde primär darum ginge, komplexe-technische Arbeitsaufträge schnell zu verstehen,
um so Irritationen vorzubeugen, was den mangelhaften Gebrauch der Zielsprache rechtfertigt
vor allem in Anbetracht des noch niedrigen Sprachniveaus der Lerngruppe. Die Lehrkraft
plant nun sukzessive eine funktionale und kontinuierliche Zweisprachigkeit zu etablieren in
der Klasse und Anweisungen („Abrid los libros“ – „Öffnet die Bücher“ etc.) plurilingual zu
festigen.
Es lässt sich festhalten, dass die Arbeitsanweisungen der Spanischlehrkraft als klar, präzise,
strukturiert und sprachlich angemessen einzuschätzen sind im Kontext der
Fremdsprachenakquise und Stationenarbeit, was sich auch über die niedrige Nachfragequote
raten lässt. Demnach ergibt sich für den zweiten Indikator die Ratingstufe 4. Abschließend
ließe sich noch eine fremdsprachenspezifische Methode als „Tipp“ für aufbauende Stunden
anmerken, der die Anweisungskommunikation betrifft und Klarheit vermitteln soll. Die
sogenannte „Sandwich-Technik“ Pädagogen Wolfgang Butzkamms schlägt vor
Lehranweisungen in der Zielsprache (hier Spanisch) erst zu semantisieren (d.h. die
Anweisung wird von der Lehrkraft paraphrasiert bzw. mit anderen Bedeutungen
umschrieben), dann den Code in die Muttersprache zu switchen (die Anweisung wird auf
Deutsch erneut erklärt von der Lehrkraft) und anschließend sollen die Schüler*innen die
Anweisung in eigenen Worten in der Ziel- sowie Muttersprache erläutern (Schütz, 2014, S.
182 über Butzkamms Methode). Durch diesen dreischichtigen Ansatz kann Unklarheit nahezu
eliminiert werden und gleichzeitig eine Balance zwischen Ziel- und Muttersprache gefestigt
werden, was sich stets positiv auf den Unterrichtsfluss auswirkt.
Der erste Indikator der die Dimension „Kognitive Aktivierung“ betrifft soll anhand der
Sequenzen „I3_KA_Anforderung_4“ (Timecode 1: 00:13:02-00:13:23) und
„I3_KA_Anforderung 3“ (Timecode 2: 00:15:29-00:17:51) behandelt werden. Vorab sollte
erwähnt werden, dass aus dem Videoschnitt nicht genau herauszulesen ist um welche Art von
Stationenarbeit und Variation (Lernstraße, Lerntheke, Lernzirkel etc.) es sich handelt und ob
innerhalb dieser Differenzierungsmöglichkeiten beachtet wurden (Zusatzaufgaben für
schnelle Schüler*innen, Aufgaben für unterschiedliche Leistungsniveaus etc.), da dies sich bei
solchen Lernformen, anders als beim programmierten Unterricht stets anbietet (Riethmayer,
2011, S. 2.). Allerdings lässt sich erkennen, dass die Stationenarbeit eine
Schwerpunktdiversität (verschiedene Kompetenzbereiche der Fremdsprache werden mittels
spielerischer Methoden verknüpft (siehe Timecode 2)) und graduelle
Schwierigkeitssteigerungen beinhaltet (anhand des geübten Vokabulars aus Station 1 und 3
15
sollen Hörverstehen in Form von Musikvideos in Station 2, 4 und 5 bearbeitet werden um
abschließend einen gefilmten Dialog aufzuführen in Station 6 (siehe Timecode 2)), zudem ist
davon auszugehen, dass die jeweiligen Lerngruppen alle Stationen durchlaufen müssen, und
somit automatisch verschiedene Anforderungsbereiche bearbeiten.
In der ersten gewählten Sequenz (Timecode 1) erläutert die Lehrkraft in einem
Interviewausschnitt, dass die Stationenarbeit verschiedene fachrelevante
Anforderungsbereiche wie Aufgaben zum Hörverstehen, Vokabelarbeit und Grammatik
versucht einzubeziehen und zu verknüpfen. In den modernen Fremdsprachen gilt laut
Lehrplan stets der Aufgabengrundsatz der „Schulung aller Fertigkeiten“ (Ministerium für
Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur, 2012, S. 7), womit Hörverstehen,
Leseverstehen, Sprechen, Schreiben, Hör-Sehverstehen und Sprachmittlung gemeint sind
(Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur, 2012, S. 4). Da sich die
Klasse, wie bereits mehrmals erwähnt, noch in der Grundlagenakquise befindet muss
Grammatik-/ Artikulations- und Vokabelarbeit erst geleistet werden um dann graduell
schwierigere Kompetenz- und Anwendungsbereiche wie Hörverstehen und Sprechen üben zu
können, was hier beispielgebend über die Stationen stattfindet weswegen der
Unterrichtsstunde ein „Potenzial zur kognitiven Aktivierung“ (Fauth & Leuders 2018, S. 5)
attestiert werden darf.
Als Teilaspekt sollte womöglich noch angemerkt werden, dass die starke Mediennutzung,
welche fächerübergreifende, technische Anforderungsbereiche wie Notebookbedienung,
MP3-Playernutzung und Videoplayer- wie Kamerahandhabung beinhaltet in Anbetracht der
Tatsache, dass die Sequenz aus dem Jahr 2008 stammt, beachtlich ist und auffallend zur
Motivation, Aktivierung und Eigenständigkeit der Lernenden beiträgt.1
Es soll somit festgehalten werden, dass der Indikator „Die Lehrkraft stellt Aufgaben mit
unterschiedlichen Anforderungsbereichen“ mit einer hohen Ratingeinschätzung von drei
belegt werden soll in Hinblick auf die genannten Kontexte.
Als Handlungsalternative bzw. Tipp ließe sich hier aus kontemporärer Perspektive 2 einwerfen,
dass die Lehrkraft den Anforderungsbereich „Vokabelarbeit“ etwas überproportional in den
Stationen anbietet, und andere sprachrelevante Anforderungsbereiche, die an die
Vokabelarbeit anknüpfen könnten wie Leseverstehen, Textproduktion oder Sprachmittlung
außer Acht lässt und so mögliche Aktivierungs- und Verknüpfungsprozesse vernachlässigt.
Auch die Dialogstation, ist zu wenig handlungs-, anwendungs-, kompetenz- und
alltagsorientiert (z.B. Wirth, 2010, S. 42) Es wäre beispielsweise sinnvoller gewesen, den
Schüler*innen ein Alltagsproblem bzw. - konflikt zu präsentieren (z.B. Du hast am Strand in
Valencia dein Handy verloren und möchtest nun eine Verlustanzeige bei der Polizei auf
Spanisch stellen) aus welchem eigenständig ein lösungsorientierter Dialog synthetisiert wird,
anstatt einfach einen bestehenden Dialog aus dem Lehrbuch nachsprechen zu lassen.
18
5. Literaturverzeichnis
Chi, M.T., Bassok, M., Lewis, M.W., Reimann, P. & Glaser, R. (1989). Self-Explanations:
How Students Study and Use Examples in Learning to Solve Problems. Cognitive
Science, 13 (2), 145-182. Online verfügbar unter: Cognitive Science: Vol 13, No 2
(wiley.com) [zuletzt abgerufen am 11.08.2022]
Corsten, M., Pierburg, M., Wolff, D., Hauenschild, K., Schmidt-Thieme, B., Schütte, U. &
Zourelidis, S. (2020). Qualitative Videoanalyse in Schule und Unterricht (1. Aufl.).
Weinheim, Basel: Beltz Juventa.
Fuhrmann, L. (2020). Pizza und Liebe im Unterricht. Die Konstruktion von Wissen über
Aufgaben mit Lebensweltbezug. Zeitschrift für interpretative Schul- und
Unterrichtsforschung 9(2020), S. 38-5. Online verfügbar unter:
https://www.pedocs.de/volltexte/2022/24557/pdf/ZISU_2020_9_Fuhrmann_Pizza_un
d_Liebe.pdf [zuletzt abgerufen am 10.08.2022].
19
Gippert, C., Gold, B., Seeger, D., Junker, R. & Holodynski, M. (2019). Manual zur
theoriegeleiteten Interpretation klassenführungsrelevanter Unterrichtsereignisse.
https://www.uni-muenster.de/imperia/md/content/koviu/viu_manual_analyse_kf.pdf
[zuletzt abgerufen am 31.05.2022].
Helmer, S. & Eddy, C. (2003). Look at me when I talk to you: ESL Learners in Non-ESL
Classrooms. Toronto: Pippin Publishing Corporation.
Helmke, A. (2007). Aktive Lernzeit optimieren. Was wissen wir über effiziente
Klassenführung?. Pädagogik, 59 (5), 44-49.
Hörter, P., Gippert, C., Holodynski, M., & Stein, M. (2020). Klassenführung und
Fachdidaktik im (Anfangs-)Unterricht Mathematik erfolgreich integrieren –
Konzeption einer videobasierten Lehrveranstaltung zur Förderung der professionellen
Unterrichtswahrnehmung. HLZ – Herausforderung Lehrer*innenbildung 3 (S. 256-
282).
Jürgens, E. (2018). Offener Unterricht. In: H. Barz (Hrsg.), Handbuch Bildungsreform und
Reformpädagogik (S. 471-478). Wiesbaden: Springer VS. Online verfügbar unter:
https://link.springer.com/book/10.1007/978-3-658-07491-3 [zuletzt abgerufen am
10.08.2022]
Maier, U., Kleinknecht, M., Metz, K. & Bohl, T. (2010). Ein allgemeindidaktisches
Kategoriensystem zur Analyse des kognitiven Potenzials von Aufgaben. Beiträge zur
Lehrerbildung 28 (1), 84-96. Online verfügbar unter:
https://www.pedocs.de/volltexte/2017/13734/pdf/BZL_2010_1_84_96.pdf [zuletzt
abgerufen am 10.08.2022]
Maier, U., Bohl, T., Drüke-Noe, C., Hoppe, H., Kleinknecht, M. & Metz, K. (2014). Das
kognitive Anforderungsniveau von Aufgaben analysieren und modifizieren können:
Eine wichtige Fähigkeit von Lehrkräften bei der Planung eines kompetenzorientierten
20
Unterrichts. Beiträge zur Lehrerinnen- und Lehrerbildung, 32 (3), 340-358. Online
verfügbar unter:
https://www.pedocs.de/volltexte/2017/13874/pdf/BZL_2014_3_340_358.pdf [zuletzt
abgerufen am 10.08.2022]
Minnameier, G., Hermkes, R. & Mach, H. (2015). Kognitive Aktivierung und Konstruktive
Unterstützung als Prozessqualitäten des Lehrens und Lernens. Zeitschrift für
Pädagogik, 61 (6), 837-856.
Rittle-Johnson, B. & Loehr, A.M. (2017). Eliciting explanations: Constraints on when self-
explanation aids learning. Psychonomic Bulletin Review (24), 1501–1510. Online
verfügbar als Pdf unter: https://doi.org/10.3758/s13423-016-1079-5 [zuletzt abgerufen
am 17.06.2022]
21
Schütz, S. (2014). Butzkamm, Wolfgang: Lust am Lehren, Lust am Lernen. Fremdsprachen
von Anfang an anders unterrichten. Informationen Deutsch als Fremdsprache, 41(2-
3), 181-183. Online verfügbar unter:
https://www.degruyter.com/document/doi/10.1515/infodaf-2014-2-316/html?
lang=de#APA [zuletzt abgerufen am 10.08.2022]
Syring, M. (2017). Classroom Management. Theorien, Befunde, Fälle- Hilfen für die Praxis.
(S.1-26). 1. Aufl., Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG.
Thiel, F., Richter, S. & Ophardt, D. (2012). Steuerung von Übergängen im Unterricht. Eine
Experten-Novizen-Studie zum Klassenmanagement. Zeitschrift für
Erziehungswissenschaften 15(4), 727-752. Online verfügbar unter: Steuerung von
Übergängen im Unterricht | SpringerLink [zuletzt abgerufen am 11.08.2022]
Weiterführende Literatur:
Chardaloupa, J., Perperidis, G., Buchberger G., Heckmann, V., Lackner, E. & Frey, J. (2013).
Fremdsprachen im Schulunterricht. Mit Technologien Sprachen lernen und lehren. In:
M. Ebner & S. Schön (Hrsg.), L3T. Lehrbuch für Lernen und Lehren mit
Technologien. (2. Aufl.) (S.8). E-Book. Online verfügbar unter: Lehrbuch für Lernen
und Lehren mit Technologien (2. Auflage) (tugraz.at) [zuletzt abgerufen am
11.08.2022]
22
6. Eigenständigkeitserklärung
gemäß § 18 Abs. 6 und § 15 Abs. 8 der Ordnung für die Prüfung im lehramtsbezogenen
Bachelorstudiengang an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (POLBA), bzw. § 18 Abs. 5 und §
15 Abs. 10 der Ordnung für die Prüfung im Masterstudiengang für das Lehramt an Gymnasien
(POLMA).
23