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Sichtbar
machen
So grünt die
die Moderne
Moderne
Die fantastischen
Fünf
Sinne
DA S M AG A Z I N N 2 2 02 2
Grußwort
Henriette Reker
Oberbürgermeisterin der Stadt Köln
Ihre
3
8 52
Unter Beobachtung:
Die »Susanna im
Bade« – ein Fall für
MeToo?
Hingucker: Die
Fotografin Walde
Huth setzt Mode
22
gekonnt in Szene
Tischkultur trifft
Museum: zwei Sterne-
köche und ihre High-
lights aus den Kölner
Sammlungen
12
Von sinnlich bis über-
44
sinnlich: Bergkristall im
Museum Schnütgen
4
I N H A LT
Sinne
3 Grußwort 33 Ihr Kompass 50 Jahre Höhner
Henriette Reker für die Kölner Heimat zum Hören
Museumslandschaft
4 Inhalt 58 Engagiert fürs Museum:
41 Kunst und Kultur Alles für die Kunst
6 Aller guten Sinne sind 5 anders sehen Die Freunde der
Vermittlungsangebote ART COLOGNE
8 Ein Auge für Stoffe für Menschen mit
Die Modefotografin Sehbehinderung 60 Wallness für die Augen
Walde Huth Ein Blütenmeer im MAKK
44 Eine stillere Welt
12 Bergkristall »Horizonte« im Museum 64 Durch die Botanik
Ein Material für für Ostasiatische Kunst Die »Grüne Moderne«
(fast) alle Sinne im im Museum Ludwig
Museum Schnütgen 48 1 von 30
Vorgestellt: Farina 69 Impressum / Kontakt
16 Köln, Venloer Straße 23 Duftmuseum
Die Geschichte eines Hauses 70 Zu guter Letzt
und seiner Bewohner*innen 50 We Love? it Engelbrechts Perspektiv-
Die Ausstellung »LOVE ?« theater: Das Erdbeben
20 Neues aus den Museen im Rautenstrauch- von Lissabon
Joest-Museum
22 »Sinne« mit Enrico Sablotny
& Lukas Winkelmann 52 Schönheit + Gewalt
Mit der »Ausstellung im Heft« Bilder der Susanna vom
die Kölner Sammlungen Mittelalter bis MeToo
entdecken im Wallraf
5
Text: Rüdiger Müller
Illustrationen: Steffi Krohmann
Aller guten
Sinne sind
V
ieles weiß man bekanntlich erst zu schät- den Sinnesorganen, entschlüsselt vom Ge-
zen, wenn es einem abhandenkommt. Ein hirn. Weshalb auch jede*r Einzelne von uns
Erinnerungsstück, ein enger Freund – oder das große Ganze ein wenig anders deutet und
einer unserer Sinne. Nach überstandener begreift. Ein jeder verfügt über seinen urei-
Coronainfektion klagt eine Museums- genen Erfahrungshorizont, ein Gedächtnis,
kollegin, dass für sie von heute auf morgen alles gleich das alles jemals im Leben Gesehene, Gehörte,
schmeckt. Oder treffender gesagt: alles nach nichts. Wür- Erschnupperte, Geschmeckte und Gefühlte
de ihr Geschmackssinn nun dauerhaft auf stur schalten? einordnet. Und ist doch stets offen für täglich
Was weitreichende Folgen hätte – nie mehr einen Abend neue Eindrücke. Von denen die Museen eine
beim Lieblingsitaliener genießen, Gaumenkitzel ade, und Menge bieten. Denn Kunst und Kultur lassen
auch das Gläschen Rotwein kann man sich schenken, Lei- sich mit allen unseren Sinnen entdecken.
tungswasser ist günstiger und hätte denselben Effekt. Ihr
Geschmackssinn kam wieder. Und mit ihm die Erkennt-
nis, wie entscheidend die Sinne unser Leben und Erleben
prägen. Sehen, Hören, Riechen, Schmecken, Tasten. Die
sensorischen Wahrnehmungen sind unerlässlich und
unser Kompass durch eine tosende Welt, in der tagtäglich
unzählige Sinneseindrücke lauern. Aufgeschnappt von
6
7
Text: Rolf Sachsse
8 Walde Huth,
»Projection Nr. 1«,
Museum Ludwig, Köln
Walde Huth,
»Projection Nr. 1«,
Museum Ludwig, Köln
9
Walde Huth,
»Lucky Décolleté«,
Kleid von Dior, 1955,
Museum Ludwig, Köln
Fritz Kempe,
Walde Huth,
Museum Ludwig, Köln
Ab 1948 firmierte sie mit einem eige- geheiratet, 1958 das gemeinsame Ate-
nen Atelier in Esslingen, das sie 1953 lierhaus am Kölner Südpark bezogen
für kurze Zeit nach Stuttgart verlegte. und die Fotowerkstatt schmölz + huth
Die kulturverbundenen französischen (in damals modischer Kleinschreibung)
Besatzungsadministrationen ermög- gegründet. Selten arbeiteten die beiden
lichten ihr schon 1949 erste Reisen zusammen, sondern unterhielten – je
nach Paris, wo sie sich unverzüglich im nach Aufgabenbereich – eigene Teams;
Umfeld der Haute Couture zu tummeln hinzu kamen noch weitere Teams für
begann. Schnell entstehen die char- wiederum andere Kunden und Arbeits-
manten und eleganten Aufnahmen, für bereiche. Zwischen 1960 und 1972 war
die sie bis heute berühmt ist: Kleider- die Firma eines der größeren Fotogra-
kreationen von Jacques Fath und an- fieunternehmen in Westdeutschland,
deren Modeschöpfern, nahezu fühlbar danach wurde es ruhiger. Walde Huth
und fast immer im Freien vor berühm- Gesellschaft Deutscher Lichtbildner begann, sich auf literarische Bild-
ten Pariser Motiven fotografiert, damit (GDL) vorlegen und wird alsbald in themen zu konzentrieren; ihre Ergeb-
die kaufkräftige südwestdeutsche diesen Eliteverband der Berufsfoto- nisse präsentierte sie jedes Jahr auf
Kundschaft von den neuen Stoffen graf*innen aufgenommen. der GDL-Versammlung, aber auch bei
und Modetrends verführt wird und Leiter der Aufnahmekommission großen Ausstellungen. Als Fotografin
weiß, wo sie herkommen. Einige dieser der GDL war über zwei Jahrzehnte lang wurde sie vor allem von der Frauenbe-
Bilder wie auch ihrer Porträts kann sie der Kölner Architekturfotograf Karl wegung der 1970er Jahre entdeckt und
bereits 1950 – wohl von ihrem Lehrer Hugo Schmölz – und die beiden taten vielfach ausgestellt; ihre Arbeit wurde
Walter Hege angeregt – der berühmten sich schnell zusammen: 1956 wurde zunehmend als Kunst anerkannt.
10
Info
Vom 3. Dezember 2022 bis 12. März
2023 zeigt das Museum Ludwig die
Ausstellung »Walde Huth. Material
und Mode« – eine »behutsame An-
näherung an Walde Huth« anhand
des Bestands von über 250 Werken
der Fotografin, die das Museum im
Jahr 2017 als Geschenk erhielt. Ihre
Bilder waren Teil des Chaos, das laut
ihrer Zeitgenossen in Walde Huths
Wohnung herrschte: »Ich liebe halt
eher Improvisiertes und nicht so
Perfektes, Steriles. So glatte Gale-
rien, wo die Fotografien so gehängt
werden, das mag ich gar nicht. So
kann ein Bild nicht wirken.«
BERGKRIST
Barbarareliquiar,
um 1300, St. Ursula, Köln
als Glas. Er schmeckt nach nichts, soll durch ein breites Spektrum sinnlicher
aber in einer mit Trinkwasser gefüllten und – aufgrund der ihm zugeschriebe-
Karaffe positive und heilende Energien nen magischen und göttlichen Eigen-
entfalten. In seiner besten kristallinen schaften – übersinnlicher Erfahrungen.
Form ist er von wasserklarer Trans- Das zeigt der Blick auf eine Auswahl
parenz (Abb. rechts oben). Aber auch von Bergkristallobjekten, die in der
Einschlüsse und Trübungen kommen Ausstellung im Museum Schnütgen zu
vor, je nachdem wie gut die Entste- sehen sind.
hungsbedingungen tief im Inneren der Seit der Antike schrieb man dem
Berge waren, ob genug Druck und vor Bergkristall besondere übelabweh-
allem Zeit zum Wachstum war. Unter- rende und heilende Kräfte zu. Nicht
schiedliche Schliff- und Bearbeitungs- verwunderlich also, dass er häufig als
techniken lassen einen Bergkristall wie Material für Amulette gewählt wurde,
Text: Manuela Beer einen Diamanten funkeln, können aus die am Körper getragen vor vielerlei
ihm eine perfekte Lupe, aber auch ein Gefahren schützen sollten. Als be-
Das Museum Schnütgen zeigt ab Instrument der optischen Täuschung sonders wirksam dürfte jenes kleine
dem 25. November die große Sonder- machen. Im Zusammenspiel mit Licht Amulett aus der Zeit um 1500 angese-
ausstellung »Magie Bergkristall« entfaltet der Bergkristall seine beson- hen worden sein, das in Bergkristall die
mit zahlreichen hochkarätigen Leih- deren Qualitäten: Es wird gebrochen, Feigenhand zeigt. Die an sich obszöne
gaben aus dem In- und Ausland. reflektiert und gefangen im Kristall. und beleidigende Geste, weil auf den
Ein Stück Bergkristall liegt auf- Die bis in die Anfänge der Mensch- Geschlechtsverkehr anspielend, galt
grund seiner hohen Dichte schwer in heitsgeschichte zurückreichende Inter- im Spätmittelalter als mächtiges Ab-
der Hand. Als guter Wärmeleiter fühlt aktion zwischen dem Mineral Berg- wehrmittel gegen Verfluchen, Verhe-
er sich beim ersten Berühren kälter an kristall und dem Menschen ist geprägt xen und den Bösen Blick. Dass viele
12
TALL
Kristallreliquiar mit Pergamentmalerei,
Rhein-Maas-Gebiet/Köln (?), Anfang 13. Jh.,
Dänisches Nationalmuseum, Kopenhagen
Reliquienwagen, um 1200,
Kathedrale Sainte-Croix, Orléans
13
»Die wichtigste Innere wird verzerrt und ist nur in der
optischen Achse möglich, wo dann das
Eigenschaft des Gesehene auf dem Kopf steht. Nur die
an der vierten Seite des Reliquiars an-
Bergkristalls gebrachte Bergkristallplatte erlaubt die
besteht zweifel-
ungehinderte Sicht auf die Reliquien.
Beim Blick in eine nicht vollkommen
an jener Stelle erfolgte, an der bei dem Dr. Manuela Beer ist stellvertretende Direktorin
hier gezeigten Beispiel einst Reliquien des Museum Schnütgen. Schwerpunkte ihrer For-
schung sind die mittelalterlichen Bildkünste bis
unter dem flachen Bergkristall gebor- 1400 – darunter insbesondere Bergkristallobjekte,
gen waren. Manche Reliquiare, wie der Elfenbeinarbeiten und Holzskulpturen – sowie die
Reliquienwagen aus Orléans (Abb. Sei- Sammlungsstruktur und -geschichte des Kölner
Museums. Beer, die bereits seit 2001 am Hause
te 13 links), scheinen sich quasi aus der tätig ist, hat zudem einen Lehrauftrag am Bonner
Form des Kristalls von innen heraus zu Institut für Kunstgeschichte.
entwickeln. Ein großer, bauchiger Ca-
bochon, der sich aus dem Fahrgestell
nach unten wölbt, barg einst die Reli-
quien. Doch wie konnten die mittelal-
terlichen Gläubigen sie sehen? War der
kleine Wagen manchmal über dem Al-
tar aufgehängt oder blickte man über
Magischer Gürtel (Detail), Spanien, die flachen Dachfenster in das Innere?
17. Jh., Museum Schnütgen, Köln Vieles spricht dafür, dass gerade diese
großen Cabochons, von denen sich nur
Glas hergestellt werden konnte, wur- insgesamt sechs erhalten haben, in
den aus Bergkristallen aufwendige der Kölner Bergkristallschleiferei her-
Reliquiare in mannigfaltigen Formen gestellt wurden, die vor einigen Jahren
hergestellt, die die kostbaren Über- bei Grabungen im Kölner Dombezirk
reste der Heiligen schüzt und zugleich als sensationeller Zufallsfund zutage
sichtbar machten. Im Zusammenspiel trat. Dass ein solch großer Cabochon
mit Licht und Bewegung, beispielsweise vergrößernd wirkt und von den Künst-
bei Prozessionen und in der Liturgie, lern bewusst zur Inszenierung auch von
konnten die Reliquiare zu Lichtkörpern Malereien eingesetzt wurde, zeigt das
werden, die die himmlische Sphäre und Beispiel aus Kopenhagen (Abb. Seite
die Kraft der Heiligen verkörperten und 13 rechts). Ganz anders hingegen ver-
sinnhaft erfahrbar machten. Gleich- hält es sich bei den drei runden, linsen-
sam als verlängerter Arm der Heiligen förmig geschliffenen Bergkristallen am
wurden bisweilen Armreliquiare zur Barbarareliquiar aus St. Ursula in Köln
Segensspende in der Liturgie oder zur (Abb. Seite 12). Die umrahmenden En-
Krankenheilung verwendet. Vorstellbar gelsfiguren, die die Kristalle wie kostba-
Nachmittelalterlicher Anhänger
ist, dass bei dem Auflegen bzw. Berüh- re Edelsteine präsentieren, laden zum (»Verschreistein«?), 18. Jh.,
ren mit dem Armreliquiar der Kontakt Durchblick ein. Doch der Blick auf das Museum Schnütgen, Köln
14
Die Geschichte eines
Hauses und seiner
Bewohner*innen
Ven
lo er S
traß
e
Köln,
Text: Dirk Lukaßen
Venloer
sammeln sich immer mehr Menschen,
manche hocken auf dem Gehsteig.
Ein paar holen eine Sitzbank aus der
Wohnung und platzieren sie mitten auf
Straße 23
dem Asphalt. Passant*innen bleiben
neugierig stehen an diesem schönen
Sommerabend Mitte Juni, unweit des
Stadtgartens. Sie alle blicken gebannt
zum gegenüberliegenden Haus. Stuck,
»Sichtbar machen«: Pro- Max Schönenberg und Emma Kaufmann Ornamente – eine Jugendstilfassade
jektion am 15. Juni 2022, (sitzend), Leopold und Erna Schönenberg
Ecke Venloer Straße 23/ sowie Julius Kaufmann (stehend v.l.n.r.), erscheint auf dem eher tristen, typi-
Bismarckstraße November 1933 schen Kölner Nachkriegsbau. Sphäri-
16
Foto: Gregor Kaluza
Max Schönenberg und Emma Kaufmann
(sitzend), Leopold und Erna Schönenberg
sowie Julius Kaufmann (stehend v.l.n.r.),
November 1933
Klavierspielen.« – »Ich schaffe mir jetzt zahl 1933 zwischen den Fenstern die
ein Auto an.« Zitate spiegeln das Leben Fassade hinunter – und symbolisiert
und den Aufstieg einer glücklichen, das Ende der Idylle: Antisemitische Ver-
wohlhabenden Arztfamilie wider. Max ordnungen und Anfeindungen belasten
t raße und Erna Schönenberg leben hier seit Alltag und Beruf, Familie und Freizeit.
m a rcks 1927 mit ihrem Sohn Leopold: »Es ist Schon bald müssen die Großmutter
B i s
uns wohl in unserer Wohnung und in Emma und der Onkel Julius Kaufmann
unserer Haut.« Doch die Zeiten ändern mit in die Wohnung einziehen. Sohn Leo-
sich. pold wird 1937 in die Emigration nach
Eine Stimme durchdringt die Musik. Palästina geschickt: »Wir lassen dich
sche Klänge und Klaviermusik erfüllen Es ist die des Schauspielers Axel Pape. nicht leichten Herzens ziehen, aber es
den öffentlichen Raum. Das Klackern Er liest aus den Notizen von Max Schö- muss sein«, erscheint es geschrieben
einer mechanischen Schreibmaschi- nenberg: »Ich notiere die Träume der an der Fassade.
ne untermalt die Worte, die auf die Silvesternacht, da ich hoffe, dass sie Es musste sein. Immer brutalere
Fassade geworfen werden: »Das ist sich nicht erfüllen: …« Das Auto kaputt, Übergriffe machen das Leben für die
die Geschichte dieses Hauses Venloer die republikanische schwarz-rot-gol- jüdischen Menschen in Köln zuneh-
Straße 23 – und die Geschichte der dene Flagge als Symbol der Weimarer mend unerträglicher. Nach der Flucht
Familie Schönenberg.« Demokratie zerrissen – und der ge- des Onkels Richtung Shanghai und
Projiziert wird das alles aus einem liebte Sohn tot in seinem Bett. Die dem Tod der Großmutter ist es zu spät:
Nachbargebäude – Fotos, Dokumen- Traumbilder sind Max Schönenbergs Max und Erna kommen nicht mehr
te, Auszüge aus Briefen und Tage- Vorahnung auf düstere Zeiten, die für raus aus Deutschland. Ihre Wohnung
büchern der Familie – typografisch die jüdische Familie anbrechen. wird enger und wird zum Gettohaus –
an der Hauswand, aber auch gelesen: Die anfangs beschwingten Klänge überbelegt unter menschenunwürdigen
»Wir haben einen guten Radioappa- des Klaviers werden finster, dissonan- Bedingungen mit jüdischen Kölner*in-
rat.« – »Pold lernt seit einigen Monaten ter. Rot hinterlegt frisst sich die Jahres- nen, denen der Mieterschutz entzogen
17
wurde, die aus ihren Wohnungen ge- den Holocaust« herausfordern und
worfen wurden, deren Hab und Gut an visualisieren.
bombengeschädigte Kölner Familien Die Augenpaare verschwinden nach
ging. Ein weiterer Schritt, einer von und nach. Es wird dunkel und still vor
vielen in der Vernichtung des jüdischen dem Haus Venloer Straße 23. Die über
Lebens, der an der Fassade künstle- hundert Namen derjenigen, die hier
risch inszeniert dokumentiert wird. lebten – in der Wohnung der Familie
Augenpaare, immer mehr Augen- Schönenberg und zwangsweise im
paare erscheinen auf der Fassade, späteren Gettohaus – leuchten auf mit
schauen die Passanten an. »Als Symbol dem Datum ihrer Ermordung in einem
für die Menschen, von denen wir oft der Vernichtungslager des Dritten
nicht mehr wissen als den Namen, das Reiches. Viel mehr blieb meist nicht
Info
Geburtsdatum und den Ort und Zeit- übrig. »Wehret den Anfängen« ist der
punkt der Ermordung«, erläutert Kane Schlussappell in großen Lettern an die
Kampmann, die das Projekt künstle- Menschentrauben, die sich langsam
risch betreut, »deshalb die Blicke, die auflösen.
sich treffen an diesem Abend – aus der Es war der 15. Juni 2022, der 80. Weitere Projektionen am 9. Novem-
Vergangenheit auf das Heute, aus dem Jahrestag der Deportation von Max ber am ehemaligen Standort der
Heute auf die Vergangenheit.« und Erna Schönenberg in das Getto zerstörten Synagoge Glockengasse
Das ist es, was das Projekt »sichtbar Theresienstadt. Max starb dort. Erna sowie am 7. Dezember 2022 am
machen – Kommunikation im und über wurde in Auschwitz ermordet. Bahnhof Deutz / Messe als zentra-
den Holocaust« möchte: Die Kommu- lem Deportationsort bringen die
nikationsräume, die Lebenswelten, die Dr. Dirk Lukaßen leitet für den Museumsdienst Geschichte und Geschichten zurück
in Kooperation mit dem NS-Dokumentations
Ängste und Hoffnungen, Sorgen und zentrum der Stadt Köln das Projekt »sichtbar an die Orte des Geschehens – mit-
Verzweiflung der damals Verfolgten machen – Kommunikation im und über den Holo- ten in die Stadt. Der umfangreiche
öffentlich und eindringlich vor Augen caust«, gefördert im Rahmen der Bildungsagenda Web-Auftritt macht alles online
NS-Unrecht durch die Stiftung Erinnerung, Ver-
führen. Aber eben auch die heutige antwortung und Zukunft sowie das Bundesminis- zugänglich: Die 3D-Visualisierungen
Perspektive und rückblickende Wahr- terium der Finanzen. der historischen Lebensumstände,
nehmung, die Kommunikation »über rückblickende Perspektiven überle-
bender Zeitzeug*innen sowie die drei
Projektionen im Stadtraum.
www.sichtbar-machen.online
Leopold Schönenberg
auf dem Balkon der
Wohnung Venloer Stra-
ße 23, Juli 1933
18
Neues
aus Sacha Bowling,
Porträt Sir Frank
den
Bowling, 2022
Katharina Koselleck,
neue Direktorin des
Museen
Käthe Kollwitz
Museums Köln
Tastmodell und
Legende in Schwarz-
und Blindenschrift
sind auch für sehende
Nutzer*innen
ansprechend
aufbereitet
20
Berührend
Von der Synagoge tasten sich die
Finger den Straßenzug entlang zur
Mikwe, dem rituellen Tauchbad,
vorbei an Hospital, Bäckerei und
Tanzhaus. Ein Modell ermöglicht es
blinden und sehbehinderten Men-
schen, das mittelalterliche jüdische
Bewegend
21
Die Ausstellung im Heft
In lockerer Folge stellen hier bekannte Persönlichkeiten Kunstwerke
und
undObjekte aus
Objekte den
aus Sammlungen
den Sammlungen derder
Kölner Museen
Kölner vor.
Museen Jeweils
vor. zum
Jeweils
zumSchwerpunktthema
Schwerpunktthema derder
aktuellen Ausgabe.
aktuellen Ausgabe.
»Sinne« mit
Enrico Sablotny &
Lukas Winkelmann
»Sinne« mit
Enrico Sablotny &
Lukas Winkelmann
Interview: Johannes J. Arens
23
Frans Snyders, »Kö- Bernard Palissy,
chin mit Esswaren«, Schüssel mit Tier-
um 1630/1640, Wall- und Pflanzenauflagen,
raf-Richartz-Museum um 1560/65, MAKK –
& Fondation Corboud, Museum für Ange-
Köln wandte Kunst Köln
24
Fayencemanufaktur
Paul Hannong, Deckel-
dose in Form einer Melone,
Straßburg (F), um 1735/48,
MAKK – Museum für
Angewandte Kunst Köln
Und Spitzenkoch René Redzepi ist Aha, das Material spielt also eine Rolle. LW: Aber wir haben schon ein Gericht,
als sein Nachfolger mit seinen Wild- Palissy hat für die Abformungen seine bei dem die Zutaten so gelegt wer-
sammelprojekten wieder zur Natur eigene Keramikrezeptur entwickelt. den, dass sie aussehen wie eine kleine
zurückgekehrt. Wie wichtig ist euch, ES: Das klingt interessant. Wir be- Hopfendolde.
Avantgarde zu sein? nutzen keine Formen, auch nicht aus ES: Eigentlich wollte ich da einen Kreis
ES: Wir versuchen, modern zu sein, Silikon. Auch wenn das gerade sehr viel legen, und dann ist dieses Muster
ohne alles zu machen, was gerade im gemacht wird. draus geworden.
Trend ist. LW: Du hast einen krassen Hang zur
Bei dieser Deckeldose in Form einer Symmetrie. Man kann deine Hand-
Was ist denn die neueste Melone aus dem 18. Jahrhundert wird schrift am besten erkennen, wenn
Anschaffung? die Form einer Frucht zur Vorgabe für man von oben draufschaut: immer ein
ES: Ein Holzkohlegrill. Das ist ein japa- ein Behältnis. Es geht euch also nicht runder Teller, auf dem etwas Rundes
nisches Modell, das 800 Grad heiß wird darum, die Natur zu imitieren. angerichtet ist.
und aus Algen hergestellt ist, die die ES: Nein. Wenn ich einen Pfirsich habe,
Hitze besonders gut speichern. dann muss ich den nicht aus Pfirsich-
mus nachbauen.
25
Gläsernes Salbfläsch-
chen (Aryballos) mit
Kette zum Aufhängen,
Rheinland, 1./2. Jh.,
Römisch-Germani-
sches Museum, Köln
Katsushika Hokusai,
»Das Tellergespenst«,
aus der Serie »Ein-
hundert Geschichten«,
Farbholzschnitt, Edo-
Zeit (1603–1868),
1831, Museum für Ost-
asiatische Kunst Köln
Richten wir mal den Blick auf den In der Geschichte zum Bild wird die jetzt in Amsterdam arbeiten, haben die
Teller selbst. Für diesen japanischen Dienerin Okiku zu Unrecht dafür be- nach unseren Vorstellungen entworfen.
Farbholzschnitt aus dem 19. Jahr- straft, einen kostbaren Porzellanteller LW: Das war ein sehr intensiver Aus-
hundert muss ich kurz ausholen. Er zerbrochen zu haben. Sie wird von tausch. Die wollten nicht nur unsere
illustriert eine Gruselgeschichte, die ihrem Herrn in einen Brunnen gewor- Gerichte sehen, sondern auch die
man sich damals in heißen Sommer- fen und getötet. Deshalb spukt sie als Tische. Wie sieht das Holz aus, wenn
nächten erzählt hat. Der über den Rachegeist, der nachts aus dem Brun- keine Tischdecke draufliegt? Dann ka-
Rücken laufende Schauer diente dann nen aufsteigt und laut die Teller zählt. men Proben und Farbsamples und wir
der Abkühlung. Fehlt bei euch schon mal was? haben ausgesucht.
LW: Das ist ein super Bild. Das sieht ES: Wir haben Anfang des Jahres erst ES: So eine Exklusivität ist schon toll.
aus wie ein Albumcover aus den unsere Keramik aufgestockt. Zwei aus Das sind rund 120 Teile, die es nur bei
1960ern oder 70ern. Hong Kong stammende Brüder, die uns gibt.
26
Gläsernes Salbfläsch
chen (Aryballos) mit
Kette zum Aufhängen,
Rheinland, 1./2. Jh.,
Römisch-Germani
sches Museum, Köln
Chargesheimer, Schlagzeugstudie
mit Kenny Clarke, Köln, um 1961
27
Ein paar hundert Meter Luftlinie von Die Phonographen wurden bald Schöne Brücke zum nächsten Ob-
eurem Restaurant entfernt wurde zu wegen technischer Schwierigkeiten jekt: ein Katalog einer Fluxus-Aus-
Anfang des 20. Jahrhunderts ein Ver- wieder eingestellt. stellung, also jener ab den 1960er
such gestartet, Essen und Musik ganz ES: Unsere Pralinen waren auch nur Jahren aufkommenden Kunstrich-
neu zu kombinieren. Damals hat der bedingt erfolgreich, aber wir haben viel tung, bei der weniger das Ergebnis
Kölner Schokoladenfabrikant Stoll- gelernt. als der kreative Prozess im Vorder-
werck in Kooperation mit Edison Pho- grund steht. 1965 bekamen die
nographen aus Schokolade verkauft. Wer kuratiert denn die Playlist im Besucher und Besucherinnen des
LW: Im Lockdown haben wir uns die »Pottkind«? »24-Stunden-Happenings« in Wup-
Zeit mit der Herstellung von Pralinen ES: Die ist ein großes Gemeinschafts- pertal mit dem Katalog ein kleines
vertrieben. Die haben wir vor Weih- kunstwerk und wird von allen im- Säckchen Mehl. Die Aufgabe lautete,
nachten auf Instagram gepostet und mer wieder mal gefüttert – wie ein sich 24 Stunden damit zu beschäfti-
als Take-away verkauft. Sauerteig. gen. Was würdet ihr damit machen?
LW: Pasta.
»Sprechende Scho-
kolade«, Phonograph
von Thomas Edison
in Kooperation mit
dem Kölner Schoko-
ladenproduzenten
Stollwerck, um 1903,
Schokoladenmuseum
Köln
28
ES: Echt? Nee.
LW: Doch. Mich würde interes-
sieren, wie viele Sorten man da
rausbekommen kann.
ES: Ich würde eher ein Brot
backen. Hier hat man so we-
nig Zeit, um so einen Teig mal
zu beobachten. Das fände ich
spannend.
29
Herbert Bayer, »Einsamer Groß-
städter«, Fotomontage, 1932,
Museum Ludwig, Köln
Speisekarte
anlässlich eines Frühstücks für den franzö-
sischen Staatspräsidenten De Gaulle 1962,
Kölnisches Stadtmuseum
Die Collage des österreichischen von Jennifer Rumbach, die mit alten LW: Das Menü sieht aus wie aus meiner
Künstlers Herbert Bayer aus dem Polaroids experimentiert. Es ist immer Ausbildung. Ich habe in einem großen
Jahr 1932 war damals mit ihrer schön zu sehen, wie Kunst den Raum Kurhotel im Weserbergland gelernt. Da
surrealistischen Kombination von verändert und die Atmosphäre prägt. haben die Kellner Fliegen getragen, die
Fassade, Händen und Augen ziem- Tischdecken gingen bis zum Boden, und
lich spektakulär. Im »Pottkind« hängt Es gibt aber keinen festen Turnus? es gab einen vergoldeten Käsewagen.
auch Kunst an den Wänden. Soll die LW: Nein. Doch an einem gewissen ES: Ich war im Casino Hohensyburg in
provozieren oder eher gefallen? Punkt braucht man vielleicht mal was Dortmund. Das war ein Riesenladen,
LW: Ganz am Anfang haben wir aktiv Neues im Restaurantalltag, und dann hauptsächlich Buffets und Bankett.
nach einer Künstlerin oder einem Künst- kann man das über Kunst ganz gut
ler gesucht. Wir haben damals einen steuern. Bankett und klassisch, damit sind
jungen Fotografen gefunden, der recht ES: Wir können ja nicht jedes Jahr wir doch direkt beim Empfang im
verwegene Porträts gemacht hat. Das den Laden umbauen. Aber mit Kunst Gürzenich. Wir gehen das mal durch:
passte damals, weil wir mit der Selbst- erreicht man relativ schnell eine neue »Cantaloup-Melone mit Ardenner
ständigkeit etwas gewagt haben und Stimmung. Schinken«
nach etwas suchten, was dieses Wagnis LW: Lecker.
widerspiegelt. Ich finde die Bilder immer Das letzte Objekt der Ausstellung ist
noch gut, aber für hier würde ich die eine Speisekarte aus dem Jahr 1962. »Schildkrötensuppe mit Ingwer und
jetzt nicht mehr sehen. Das gilt auch Der französische Präsident Charles Currysahne«
für die Gerichte, die wir damals gekocht de Gaulle wurde von Oberbürger- LW: War das wirklich echte Schildkrö-
haben. Wir entwickeln uns alle immer meister Theo Burauen im Gürzenich te oder so eine englische Mock Turtle
weiter. Gerade zeigen wir Fotografien empfangen. Soup aus Kalbskopf?
30
Gibt es Zutaten, die ihr hier nie aufs Menü
setzen würdet?
LW: Schildkröten.
ES: Und Matjes, weil ich die einfach nicht mag.
31
Live und
nach Hause!
museenkoeln.de/portal/
Online_Programm
Ihr Kompass
Wichtiger Hinweis
Bitteinformieren
Bitte informierenSie
Siesich
sich
tagesaktuellauf
tagesaktuell aufmuseen.koeln
museen.koeln
undden
und denWebsites
Websitesder
derMuseen
Museen
übermögliche
über möglicheÄnderungen
Änderungenbeibei
Öffnungszeitenoder
Öffnungszeiten oderAusstellungs
Ausstellungs-
daten.Es
daten. Esgelten
geltendie
dieaktuellen
aktuellen
Coronaschutzbe-
Coronaschutzbe
stimmungen.
für die Kölner Museumslandschaft.
stimmungen.
33
schaft« in Köln-Kalk eröffnen soll.
Domschatzkammer Köln In den ausgebauten historischen Ausstellungen
Domkloster 4, 50667 Köln Kellergewölben des 13. Jahrhunderts
Tel.: +49 (0)221 17940- 530 an der Nordseite des Domes ist der Aufgerissen. Die mittelalterlichen
www.koelner-domschatzkammer.de Kölner Domschatz zu sehen: kostba- Baurisse des Kölner Domes
tägl. 10 – 18 Uhr re Reliquiare, liturgische Geräte und bis 22.1.2023
rollstuhlgängig Gewänder, mittelalterliche Skulptu-
Förderverein ren und fränkische Grabfunde.
Kulturstiftung Kölner Dom
www.kulturstiftung-koelnerdom.de
Cologne
Farina Duftmuseum Duftmuseum im Farina-Haus 1709 schuf der Parfumeur Farina Tipp
Geburtshaus der Eau de Cologne Obenmarspforten 21, 50667 Köln einen neuen Duft, den er zu Eh- Alles Wissenswerte über einen der
Tel.: +49 (0)221 399 - 8994 ren seiner Heimatstadt EAU DE berühmtesten Düfte der Welt.
www.farina.org COLOGNE nannte. Es war die Zu besichtigen ist das Museum übri-
Mo –Sa 10 – 19 Uhr erstmalige Verwendung der Ber- gens nur im Rahmen einer Führung.
So 11– 17 Uhr gamotte mit reinem Alkohol, die Bitte vorher anmelden.
nicht barrierefrei diesen frischen Duft ermöglichte.
Es markiert den Beginn der mo-
dernen Parfumerie. Die EAU DE
COLOGNE eroberte im Zeitalter
des Rokoko die europäischen
Höfe. Wie das Familienunterneh-
men seit 1709 stets mit der Zeit
geht und die internationale Welt
der Düfte bereichert, erfahren
Sie in einer Führung durch das
Duftmuseum.
M
GeoMuseum Das GeoMuseum zeigt u. a. Tipp
der Universität zu Köln regionale Besonderheiten wie Das wohl älteste naturkundliche
Zülpicher Straße 49a/b, 50674 Köln Minerale und Fossilien aus der Objekt des GeoMuseums stammt
eo useum Tel.: +49 (0)221 470 - 3368 Umgebung von Köln. Ein großer aus der Sammlung von Ferdinand
DER UNIVERSITÄT ZU KÖLN
www.geomuseum.uni-koeln.de Bereich widmet sich der Erd- Franz Wallraf (1748 – 1824): ein
Mi 14 – 20 Uhr und Lebensgeschichte von der mit Kalksinter überkrustetes
letzter So im Monat 14 – 17 Uhr Entstehung des Sonnensystems Vogelnest.
(Sonderöffnungszeiten s. Website) bis zur Gegenwart. Systema-
rollstuhlgängig tisch stellt die Ausstellung
darüber hinaus Mineral- und
Fossiliengruppen vor.
Historisches Archiv der Stadt Köln Das Historische Archiv der Stadt Ausstellung
Eifelwall 5, 50674 Köln Köln ist eines der bedeutendsten
Tel.: +49 (0)221 221 - 24455 (allgemein) europäischen Kommunalarchive. Colonian Rhapsody. Spuren einer
Tel.: +49 (0)221 221 -23669 (Lesesaal) Urkunden und Akten der städti- Musikstadt im Wandel der Zeit
www.stadt-koeln.de/historisches-archiv schen Verwaltung bilden zusam- 1945 – 1990
Lesesaal (nur mit Voranmeldung): men mit zahlreichen Nachlässen bis 23.4.2023
Di – Fr 9 –16:30 Uhr bedeutender Persönlichkeiten und Informationen zur Schau und zum
Förderverein barrierefrei Sammlungen eine dichte Überlie- Begleitprogramm unter
Freunde des Historischen Archivs ferung, die Antworten auf fast alle www.colonianrhapsody.de
der Stadt Köln e. V., Fragestellungen an die Geschichte Di – So 10 – 16:30 Uhr
freunde-des-historischen-archivs.de Kölns und des Rheinlandes gibt.
34
Käthe Kollwitz Museum Köln Das Käthe Kollwitz Museum Köln Ausstellung
Neumarkt Passage vermittelt mit seiner weltweit
Neumarkt 18 –24, 50667 Köln umfangreichsten Sammlung tiefe TRANSIT
Tel.: +49 (0)221 227- 2899 Einblicke in Leben und Werk jener Chorweiler x Kollwitz
www.kollwitz.de großen Zeichnerin, Graphikerin Eine Ausstellung des Outline e.V.
Di–Fr 11 –18 Uhr und Bildhauerin, die in ihrer Kunst und der Karl-Arnold-Stiftung e.V.
erster Do im Monat 11 – 20 Uhr, wie keine Zweite die Themen 24.11. bis 11.12.2022
Feiertage 11 –18 Uhr Krieg, Armut und Tod, aber auch
rollstuhlgängig Liebe, Geborgenheit und das Rin- Ab Mitte November 2022 bleibt das
gen um Frieden eindringlich zum Museum aufgrund umfangreicher
Ausdruck bringt. Modernisierungsmaßnahmen für
mehrere Monate geschlossen. Infos
zu On- und Offline-Aktionen wäh-
rend der Schließzeit unter
www.kollwitz.de
Kölner Karnevalsmuseum Als das größte Museum seiner Aufgrund von Brandschutzumbau-
Maarweg 134 – 136, 50825 Köln Art im deutschsprachigen ten ist das Museum bis auf Weiteres
Tel.: +49 (0)221 574 - 0024 Raum präsentiert das Museum geschlossen. Auch Führungen durch
https://koelnerkarneval.de/ nicht nur die bunte Vielfalt des die Wagenhalle finden während der
festkomitee/karnevalsmuseum karnevalistischen Treibens im Bauphase nicht statt.
rollstuhlgängig Rheinland, sondern zeichnet
auch ein Stück Lebensgefühl
der kölschen Jecken nach.
35
Kunst- und Museumsbibliothek (KMB) Verwaltung und Postadresse: Ausstellungen
Lesesaal Museum Ludwig: Kattenbug 18 – 24, 50667 Köln
Heinrich-Böll-Platz / Tel.: +49(0)221 221-22438 Objektbücher – Buchobjekte
Bischofsgartenstraße 1, 50667 Köln oder -24171 Sammlung Helmut Schäfer
Di 10 – 21 Uhr und Mi – Fr 10 –18 Uhr www.kunst-und- 29.10. bis 11.12.2022
Jeden 2. Samstag 11–16 Uhr museumsbibliothek.de
rollstuhlgängig Internationaler Bucheinbandwett-
Lesesaal im MAKK: bewerb für Auszubildende
An der Rechtschule, 50667 Köln Die Kunst- und Museumsbiblio- 27.1. bis 12.3.2023
Förderverein Der Lesesaal ist wegen Sanierungs- thek der Stadt Köln bietet einen
Freunde der Kunst- und Museums- arbeiten geschlossen. überaus reichen Bestand diverser Beide Ausstellungen in der Kunst-
bibliothek der Stadt Köln e. V., Medien zur Kunst vom Mittelalter und Museumsbibliothek der Stadt
www.freundekmb.de bis zur Gegenwart. Köln (Heinrich-Böll-Platz/Bischofs-
gartenstraße 1, 50667 Köln)
Di–Do 10–21.00 Uhr, Fr–So
10–18.00 Uhr, Mo 14–21.00 Uhr
MiQua. LVR-Jüdisches Museum Auf einer Fläche von rund 6 000 Tipp
im Archäologischen Quartier Köln Quadratmetern entsteht ein neues »Zwischen den Häusern«: Eine
Augustinerstraße 10 – 12, 50667 Köln Museum mit einem unterirdischen gemeinsame App, entwickelt vom
Tel.: +49 (0)221 809 - 7156 archäologischen Rundgang. MiQua und dem NS-DOK, gibt Ein-
www.miqua.blog An Originalstandorten treffen die blicke in das jüdische Leben in Köln.
Besucher*innen auf Monumente Anhand historischer Quellen, multi-
aus zwei Jahrtausenden. Von den medialer Inhalte und Aussagen von
gewaltigen Ruinen des römischen Zeitzeug*innen. Download unter:
Statthalterpalastes bis zu den https://miqua.lvr.de/de/stadtrund-
Förderverein kleinteiligen Resten eines der gang
MiQua-Freunde. Fördergesellschaft bedeutendsten jüdischen Stadt-
LVR-Jüdisches Museum im Archäo- quartiere Europas präsentiert sich
logischen Quartier Köln e. V., das weltliche Herzstück der Kölner
miqua-freunde.koeln Stadtgeschichte.
Museum für Ostasiatische Kunst Köln 1913 wurde in Köln erstmals in Ausstellungen
Universitätsstraße 100, 50674 Köln Europa ein Museum für die Kunst
Tel.: +49 (0)221 221 - 28608 Ostasiens eröffnet. Das einzige Horizonte
www.mok.koeln eigenständige Museum für Ostasia- Qiu Shihua | Leiko Ikemura | Kimsooja |
Di – So 11 – 17 Uhr tische Kunst in der Bundesrepublik Evelyn Taocheng Wang | Yu Duan
1. Do im Monat 11 – 22 Uhr beherbergt eine der bedeutendsten bis 10.4.2023
rollstuhlgängig europäischen Sammlungen von
Fördererkreis Malerei, Schreibkunst, Druckgrafik, Handelsgut Global. Exportporzellan
Fördererkreis des Museums für Keramik, Porzellan, Bronze, Textilien, aus China und Japan
Ostasiatische Kunst e. V., buddhistischer Holzskulptur und Ständige Sammlung
museum-fuer-ostasiatische- klassischen Möbeln aus China,
kunst.de/Foerdererkreis Japan und Korea.
36
Museum Ludwig Das Museum Ludwig besitzt die Ausstellungen
Heinrich-Böll-Platz, 50667 Köln umfangreichste Pop-Art-Samm-
Tel.: +49 (0)221 221 - 26165 lung Europas, die drittgrößte Grüne Moderne
www.museum-ludwig.de Picasso-Sammlung der Welt, Die neue Sicht auf Planzen
Di – So 10 – 18 Uhr eine der besten Sammlungen bis 22.1.2023
1. Do im Monat 10 – 22 Uhr zum deutschen Expressionis-
rollstuhlgängig mus sowie eine der führenden HIER UND JETZT im Museum Ludwig
Sammlungen zur Fotografie. Den Antikoloniale Eingriffe
Grundstock des Museums bil- bis 5.2.2023
Fördervereine dete eine großzügige Schenkung
Freunde des Wallraf-Richartz- von Peter und Irene Ludwig an Präsentation im Fotoraum
Museum und des Museum Ludwig e. V., die Stadt Köln. Walde Huth. Material und Mode
museumsfreunde-koeln.de 3.12.2022 bis 12.3.2023
Gesellschaft für Moderne Kunst am
Museum Ludwig Köln, Ursula – das bin ich. Na und?
gesellschaft-museum-ludwig.de 18.3. bis 23.7.2023
37
ODYSSEUM Im ODYSSEUM gibt es jede Menge Tipp
Corintostraße 1, 51103 Köln Neues zu entdecken. Neue analoge Mit dem EdutainmentSpecialTicket
Info-Hotline: +49 (0)221 690680 und digitale Welten laden dazu (inkl. 120 Minuten Führung) taucht
www.odysseum.de ein, spannende und lehrreiche man in die zwölf Highlights des
Fr 14 – 19 Uhr Erfahrungen zu machen und dabei ODYSSEUM ein und entdeckt dabei
Sa – So 10 – 19 Uhr auch noch körperlich aktiv zu die Unterschiede und Gemeinsam-
Ferien NRW täglich 10 – 19 Uhr sein. Egal ob Kita- oder Schulkind, keiten von Mensch und Tier.
DAS MUSEUM MIT DER MAUS Eltern oder Großeltern, hier können
kann von Kitas und Schulklassen die Generationen einzigartige
nach Voranmeldung auch Erlebnisse miteinander teilen und
Di – Fr Vormittag besucht werden. auf Entdeckungsreise gehen. Im
rollstuhlgängig MUSEUM MIT DER MAUS gibt es –
neben neuen analogen Expona
ten – einen Roboter, den schon die
kleinsten Besucher*innen selbst
programmieren können.
38
Römisch-Germanisches Museum Nach dem Umzug ins neue Tipp
im Belgischen Haus Domizil an der Cäcilienstraße Montags ins Museum? Im Römisch-
Cäcilienstraße 46, 50667 Köln präsentieren sich altbekannte Germanischen Museum ist das
www.roemisch-germanisches-
und neue Funde in frischer möglich!
museum.de Umgebung und machen die
Fördervereine tägl. 10 – 18 Uhr Geschichte des römischen Köln
Archäologische Gesellschaft, 1. Do im Monat 10 – 22 Uhr lebendig.
Stiftung Archäologie in Köln, eingeschränkt rollstuhlgängig
roemisch-germanisches-museum.de/
Freunde-und-Partner
Archäologisches Denkmal Ubiermonument Im Jahr 1965 stieß man bei Bau- Tipp
An der Malzmühle 1, 50676 Köln arbeiten am Rande der Altstadt auf Einzel- und Gruppenführungen
www.roemisch-germanisches- die Überreste eines ursprünglich 12 können über den Museumsdienst
museum.de/Ubiermonument Meter hohen Turms, der einst die Köln gebucht werden:
nur mit Führung zu besuchen Südostecke der frühen römischen service.museumsdienst@stadt-koeln.de
eingeschränkt rollstuhlgängig Stadt markierte. Die Bäume für die
Eichenholzpfähle, auf denen der
Bau ruht, wurden nachweislich im
Jahr 5 n. Chr. gefällt. Daher gilt das
Ubiermonument heute als ältester
Steinquaderbau nördlich der Alpen.
Lucinda Devlin
Photographien 1977–2015
10.3. bis 16.7.2023
40
Text: Marion Hesse-Zwillus
anders sehen
zi in der Wiesen«, 1910, Museum Ludwig, Köln
(auf Seite 41 verfremdet, auf Seite 42 in der
Bildmitte komplett sichtbar)
Vermittlungsangebote
Vermittlungsangebote der
der Museen
Museen für
für
Menschen
Menschenmit
mit
Sehbehinderung
Sehbehinderung
Ein sonniger Dienstag um die Mittags
Mittags- in Wiesen«, ein Porträt von Fränzi Fehr- Die Museumsführerin fragt in die
zeit. Im Museum Ludwig schlendern Rück-
man, hatte der Künstler auf der Rück Runde: »Wie wirkt das Bild auf Sie?
Sie?
Besucher*innen vorbei an Fotografien »Weib-
seite seines berühmten Bildes »Weib Was löst es bei Ihnen aus?«
aus?« Einige
Einige der
und moderner Kunst. Vor
Vor einem
einem Ge
Ge- (1911) gemalt.
licher Halbakt mit Hut« (1911) gemalt. der Frauen
Frauen undund Männer
Männer halten
halten einen
einen
mälde von Ernst Ludwig Kirchner steht
steht Erst im Jahr 2012 war es zufällig vom Langstock in den Händen, tragen eine
schon seit etlichen Minuten eine Grup
Grup- Restaurierungsteam des Museums ent dunkle Brille oder stehen sogar mit dem
pe Menschen. Interessiert lauschend ent-deckt
deckt worden.
worden. dem Rücken
Rücken zum Gemälde.
zum Gemälde. DennDenn
es istes
eine
und im angeregten Gespräch: »Fränzi
»Fränzi ist eine Führung
Führung – nicht
– nicht nur, nur,
aber voraber vor
41
allem – für Menschen mit Sehbehinde- Vom Hören zum Sehen
rung. Wie – die Frage liegt nah – kön- Bei Führungen stehen mithilfe der
nen sie die Objekte und Kunstwerke genauen Beschreibung die in den
wahrnehmen? Kunstwerken dargestellten Inhalte,
Farben, Formen und ihre Beziehungen
Simuliertes Sehen zueinander im Mittelpunkt der Be-
Jeder Mensch sieht individuell anders trachtung. Die Gruppe spricht bis ins
und erfasst die Welt auf seine Weise. kleinste Detail über die Darstellung:
Daher lässt sich auch kein Standard- Wie sehen die Farben aus, welche
bild davon machen, was und wie ein Stimmung verbreiten sie? Wirkt eine
Mensch mit einer Sehbehinderung Oberfläche weich, rau oder hart? Wie
(noch) sehen kann. Normalsichtige, groß sind verschiedene Objekte und
die die Welt einmal durch eine Simu- Dinge im Bezug zueinander? Mit diesen
lationsbrille betrachtet haben, können und weiteren Beschreibungen formt
Seheinschränkungen, wie sie durch ver- sich eine Vorstellung vor dem inneren
schiedene Augenerkrankungen hervor- Auge. Im gemeinsamen Austausch zu
gerufen werden, zumindest erahnen. Assoziationen, Wahrnehmungen, Inter-
Menschen können die Exponate in den pretationen, persönlichen Erfahrungen
Museen demnach nicht alle gleich und Erinnerungen wird ein Kunstwerk
sehen und wahrnehmen. belebt, nachvollziehbar und für jeden
der Beteiligten individuell »begreifbar«.
42
Vorherige Seite: Die Abbildung simuliert eine Führung des Museumsdienstes Köln
altersabhängige Makula-Degeneration. Betrof- für Menschen mit Sehbehinderung
fen sind Netzhautzellen im mittleren, schärfsten im Museum Ludwig
Sehbereich. Ernst Ludwig Kirchner, Verso »Frän-
zi in der Wiesen«, 1910, Museum Ludwig, Köln
(auf Seite 41 verfremdet, auf Seite 42 in der
Bildmitte komplett sichtbar)
Info
Ob man nun bei Schmuddelwetter das
Haus nicht verlassen oder als aus-
wärtiger Gast eine Ausstellung in Köln
besuchen möchte – Online-Führun-
Zum Greifen nah gen machen es möglich. Die Exponate Neben den regelmäßig stattfinden-
Andere Führungen machen Objekte werden ausführlich beschrieben und den Führungen für Menschen mit
buchstäblich be-greifbar. Vor allem gemeinsam im Gespräch erkundet. Für Sehbehinderung und ihre Freund*in-
bei historischen Objekten wie in den den maximalen Kunstgenuss kommen nen gibt es jeden ersten Freitag im
Sammlungen des Römisch-Germa- die technischen Optionen zum Einsatz: Monat in den verschiedenen Museen
nischen Museums oder des NS-Do- Details können vergrößert, Kontraste ein Angebot zu wechselnden Themen.
kumentationszentrums der Stadt Köln verstärkt werden und Originale, im An Aktionstagen (z.B. »Sehbehinder-
ermöglicht der Tastsinn den unmittel- Museum vielleicht in einem anderen tentag« und »Woche des Sehens«)
baren Zugang zu den Exponaten und Raum präsentiert, einander gegenüber- wird das Programm erweitert.
ihrer Geschichte: Die Hände berühren gestellt und verglichen werden. Ange-
die Wirklichkeit und machen sie »sicht- bote wie diese zeigen nur einen Teil der Informationen zu den einzelnen
bar«. Dies kann auch beim Betreten Arbeit des Museumsdienstes Köln in Führungen finden Sie unter:
und Erfühlen realer historischer Räume Sachen Inklusion. Ziel ist es, möglichst https://museenkoeln.de/portal/
geschehen, wie in den Gefängniszellen für alle Menschen mit verschiedenen Veranstaltungskalender
der Gestapo im EL-DE Haus. Zusätzlich Behinderungen und Beeinträchtigungen
können originale Gegenstände oder kulturelle Teilhabe zu realisieren. Um Anmeldung wird bis zwei Tage
eigens angefertigte Repliken, die den vor der Veranstaltung gebeten, da die
Originalen in Größe, Material, Gewicht Gemeinsam mehr entdecken Plätze begrenzt sind. Anmeldungen
und Struktur möglichst gleichkommen, Die Gruppe ist vor dem letzten Bild sind auch möglich Di. bis Fr. 9.00 bis
ertastet werden. Besonders gelungene ihres Rundgangs durchs Museum Lud- 12.00 Uhr und Do. 13.00 bis 15.00 Uhr
Kopien finden sich beispielsweise zur wig angekommen. Eine Besucherin hält unter 0221 /22132563.
43
Kimsooja, »Cities On The Move –
2727 km Bottari Truck – Migrateurs«,
Videostill, 2007
EINE
STILLERE
WELT
44
EINE
STILLERE
WELT
Text: Stefanie Stadel
Über 30 Jahre hat sie das Museum Ausstellung. Und es ist gar nicht leicht, lichen Schutzgöttin mit weitem Rock
für Ostasiatische Kunst geleitet. einen Gesprächstermin in der aus- und Hasenohren einen festen Platz im
Jetzt geht Adele Schlombs in den gefüllten Arbeitswoche zu ergattern. Museumsfoyer. Die Ausstellung jetzt
Ruhestand und organisiert zum Ab- Texte müssen geschrieben werden, der zeigt dazu ihre auf Jute gemalten Hori-
schied eine vielversprechende Aus- Katalog liegt in den letzten Zügen. Und zontbilder.
stellung. er verspricht ein spannendes Finale. Den Arbeiten aller fünf Zeitge-
Ruhe herrscht im Haus am See. Dazu geladen hat Schlombs fünf zeit- noss*innen stellt Schlombs in ihrer
Durch die große Fensterfront fällt der genössische Künstler*innen aus Korea, Ausstellung ein sorgsam gewähltes
Blick übers spiegelglatte Wasser. Dann Japan, China. Alle seien sie toll, echte historisches Objekt aus der hauseige-
und wann ein Gänseschnattern. Vom Wunschkünstler, Schlombs strahlt. nen Sammlung zur Seite. Sieht sie ihre
Verkehr, der auf der anderen Seite des Qiu Shihua ist darunter, mit 82 Abschiedsausstellung als eine Art Re-
Museums mehrspurig vorüberrauscht, Jahren der älteste im Quintett. Seine sümee aus drei Jahrzehnten? Vielleicht
ist kaum etwas zu hören und zu sehen. monochrome Malerei hat Schlombs ein wenig. Aber viel mehr, so Schlombs,
»Hier ist man geschützt vor dem gan- immer wieder in der Kölner Galerie sei die Schau in die Zukunft gerichtet.
zen Lauten draußen«, bemerkt Adele Karsten Greve bewundern können: Indem sie zeige, wie die Zeitgenoss*in-
Schlombs, »es ist eine stillere Welt.« Landschaften, extrem reduziert auf nu- nen aus dem schier endlosen Fundus
Über 30 Jahre lang ist sie ein- und aus- ancierte Weißtöne, die der chinesische der eigenen Kultur, Geschichte und Tra-
gegangen im schönen Bau am Aache- Künstler in lasierenden Schichten auf dition schöpften. Es wird deutlich, wie
ner Weiher in Köln – entworfen in den Leinwand oder Papier bringt. »Malerei sie Altes umdeuten, Neues erfinden,
1970er Jahren von dem japanischen am Rande der Sichtbarkeit«, so be- Eigenes schaffen.
Architekten Kunio Maekawa. Dem- schreibt Qiu Shihua selbst es treffend. Ein schönes Beispiel bietet Kim-
nächst wird sie ihren Posten als Leiterin Ebenfalls dabei ist Leiko Ikemura. sooja, die mit ihren Bottari-Arbeiten
des Museums für Ostasiatische Kunst 2015 hatte Schlombs der in Japan ge- auch schon bei der »documenta« in
verlassen: Schlombs verabschiedet borenen und in Berlin lebenden Künst- Kassel zu Gast war. Vorbilder sind Ge-
sich in den Ruhestand. lerin bereits eine große Überblicks- päckbündel, wie man sie in der ko-
Statt ihre Ära gemächlich ausklin- schau im Museum für Ostasiatische reanischen Heimat der Künstlerin seit
gen zu lassen, stemmt sie in den letzten Kunst ausgerichtet. Seither hat Ikemu- Jahrhunderten schnürt. Kimsooja ver-
Monaten im Amt noch eine große ras monumentale Plastik einer freund- wendet für ihre künstlerische Neuinter-
45
pretation traditionelle Hochzeitsdecken gleichen. Mit traditionellen Techniken
mit Glückssymbolen und verschnürt und Malstilen bringt Evelyn Taocheng
darin benutzte Kleidung. Themen wie Wang hier Themen einer Intellektuellen
Migration und Heimatlosigkeit klingen des 21. Jahrhunderts zu Papier.
an in ihren Installationen und Videos. Lange rangierte außereuropäische
Fragen nach der Identität in unserer Kunst unter ferner liefen. Doch im-
46
Info
Die Sonderausstellung »Horizonte«
ist noch bis zum 10. April 2023 im
Museum für Ostasiatische Kunst Köln
zu sehen.
47
Texte: Rüdiger Müller
1 von 30
30 Museen und kulturelle Einrichtungen in Köln
FARINA DUFTMUSE
»Eau de Cologne« begann, lassen »Als Parfümeur ist es
sich heute Besucher*innen aus aller
Welt in die sinnliche Welt der Parfü- entscheidend, einen
meure entführen. Seit 2003 macht exzellenten Geruchs-
das FarinaDuftmuseum an histori-
scher Stätte die Geschichte des Duf- sinn zu haben und
tes und der Familie Farina lebendig. Ingredienzien sicher
Dabei erfährt man eine Menge über
Mitten in der Kölner Altstadt, gegen- Duftkreationen und die gute Nase
zu kombinieren. Ver-
über des Historischen Rathauses, des Parfümeurs. Aber auch, dass gleichbar ist das mit
steht die Wiege der »Eau de Colog- sich einst berühmte Kundschaft wie
ne«. Mit seiner Duftkomposition aus Voltaire, Napoleon, Mozart, Marlene
einem Komponisten.«
Orangen, Zitronen, Pampelmuse und Dietrich und Lady Diana vom Duft Johann Maria Farina,
Bergamotte machte der zugereiste »eines italienischen Frühlingsmor- Geschäftsführer
Italiener Giovanni Maria Farina die gens, kurz nach dem Regen« be-
Domstadt im Jahre 1709 zum Zent- tören ließ. Zu den beliebten Mu-
rum des Duftes. Hier steht die älteste seumsführungen, inzwischen in acht
v.l.n.r.: Günter Thelen, Flakon »Zukunft«, Köln 2010 ,
Parfümfabrik der Welt. Im Farina- Sprachen angeboten, sollte man am Wassily Kandinsky: Herrenflakon, 1912 ,
Haus, wo die Erfolgsgeschichte der besten ein Online-Ticket buchen. Franz Marc, Damenflakon »Rondo«, 1920er Jahre
Liebling
Duft trifft Kunst: Im Jahr 1912 ent-
wirft Wassily Kandinsky (1866–1944),
Mitbegründer der abstrakten Male-
rei und später Dozent am Bauhaus,
einen Flakon für »Russisch Leder«, den
Herrenduft aus dem Hause Farina,
der – so die Werbung – riecht »wie ein
Offizierskasino«. Entsprechend kantig
kommt er daher, mit einem Schraub- auf der Kölner Werkbund-Ausstellung Hadank (1889–1965) überarbeitet
verschluss, der an die Zwiebeltürme präsentiert, aber erst später auf den 1963 die Form- und Bildsprache von
russisch-orthodoxer Kirchen erinnert. Markt gebracht. Tatsächlich nutzen Farina gemäß des Bauhaus-Credos:
Auch der Expressionist Franz Marc beide Geschlechter zwei Jahrhunderte funktional, klar, schnörkellos. Zu
(1880–1916), mit dem Kandinksy die lang denselben Duft! Erst in den 1910er Farinas 300-Jahrfeier 2010 kreiert
Künstlervereinigung »Der Blaue Reiter« Jahren wird zwischen Frauen- und der Bildhauer Günter Thelen den Flakon
gründet, wird von Farina Gegenüber Herrendüften unterschieden. An den »Zukunft« – in den Varianten Bronze,
als Flakondesigner engagiert. Von Ausschreibungen des Hauses Farina Silber und Gold. Für den Künstler beein-
ihm stammt das weibliche Pendant beteiligen sich auch Künstler wie flusst nicht länger der Verstand unsere
zum maskulinen Entwurf: Die Damen- August Macke, der Berliner Grafik Wahrnehmung. Sondern das, was unse-
flakons »Rondo« und »Oval« werden designer Oskar Hermann Werner re Nase vermittelt. Egal, ob Wohlgeruch
wie Kandinskys Modell erstmals 1914 oder Gestank: Duft weckt Gefühle.
48
Texte: Rüdiger Müller
UM
Zeichnung
einer Bergamotte,
Frucht und Blüte
Die »Duftorgel«
unterstützt den
Parfümeur bei
seiner Arbeit
49
Text: Johannes J. Arens
WE
LOVE?IT
Sehen, hören, riechen, tasten, schme-
cken – bei der Liebe kommen alle Sin-
ne ins Spiel. Aber abseits der roman-
korde. Mehr als eine Million Menschen
war nach Angaben des Veranstalters
auf den Straßen unterwegs – aktiv im
tischen Klischees spielen oft auch Zug oder begeistert am Straßenrand.
Macht und sexuelle Tabus eine Rolle. »Menschenrechte« lautete das diesjäh-
Dem geht die Werkstattausstellung rige Motto.
»LOVE?« (2.12.2022 bis 10.4.2023) im Denn auch wenn in der sogenann-
Rautenstrauch-Joest-Museum auf ten westlichen Welt die rechtliche
den Grund. Gleichstellung von nicht-heterosexuel-
Die große Parade zum »Cologne len Menschen in weiten Teilen vollzogen
Pride« brach Anfang Juli 2022 alle Re- ist und Fernsehen, Kino und Werbe-
50
WE
Liebe zu verschiedenen Zeiten und in Denn der Schwerpunkt der Ausstellung
diversen Gesellschaften und Kulturen liegt auf »Liebe« unter dem Einfluss
nach«, so eine der Kurator*innen, Anne von Faktoren wie Rassismus, Frauen-
Slenczka. Aber wie kann man eben jene feindlichkeit und Klassenunterschieden.
Liebe, Freundschaft und Beziehungen Als ethnologisches Museum setzt das
in einem Museum ausstellen, ohne RJM dabei einen besonderen Fokus auf
einerseits in die Endlosschleife hetero- die Sichtbarmachung von kolonialen
normativer Klischees – Heterosexuali- Kontinuitäten, von Phänomenen, die
branche schwule und auch lesbische tät als soziale Norm – einzusteigen und häufig unbemerkt in unserem Alltag
Protagonist*innen für sich entdeckt ohne andererseits das Fremde und »die überdauert haben.
haben, ist die öffentliche Präsenz von Anderen« voyeuristisch in den Blick zu »Love?« ist keine gewöhnliche Son-
Liebe und Zuneigung, gerade aus den nehmen? derausstellung, sondern eine Werkstatt,
Randzonen der Community, keine »Love?« setzt dabei auf eine »quee- in der diskutiert, ausgetauscht, kreiert,
Selbstverständlichkeit. Der Alltag von re« Methode. Ein Begriff, der ursprüng- gebastelt, gelesen, geschrieben wird. Es
etwa trans- und intersexuellen, sowie lich aus der US-amerikanischen All- ist eine kollektive, evolutive und partizi-
nicht-binären Menschen ist nicht im- tagssprache stammt und vor allem als pative Werkstatt, die sich schrittweise
mer ein farbenfroher Regenbogen. abwertende Bezeichnung für Schwule entwickeln und die unterschiedlichsten
Nicht weit vom Paradeweg im Juli und Lesben genutzt wurde. Bis diese Positionen umfassen wird. Die Schau
entfernt widmet das Rautenstrauch- ihn für sich entdeckten, positiv belegten zeigt sowohl historische Objekte und
Joest-Museum (RJM) im Dezember mit und zu einem Schirm für alle Arten des Fotografien als auch zeitgenössische
»Love?« gleich eine ganze Ausstellung Begehrens jenseits der »klassischen künstlerische Interventionen und viele
den Verstrickungen von Macht, Sexua- Heteronorm« entwickelten. Als Metho- Formate, bei denen die Besucher*innen
lität und Tabu, von Gender und Rassis- de bedeutet »queer«, das Phänomen eingeladen sind, aktiv an der Werk-
mus. Das Projekt greift 25 Jahre nach Liebe zusammen mit einem ganzen statt teilzunehmen und so auch ein Teil
der hauseigenen Schau »Sie und Er. Kollektiv aus Kulturschaffenden, davon zu werden.
Frauenmacht und Männerherrschaft Partner*innen und lokalen Vereinen zu Und natürlich werden auch die
im Kulturvergleich« und 16 Jahre nach betrachten und in Frage zu stellen. Besucher*innen befragt, was sie selbst
der Ausstellung »Das Achte Feld. Ge- Mit dem Kunstkurator Rolando Car- unter Liebe verstehen. In der Werkstatt
schlechter, Leben und Begehren in der mona (Paris und Caracas) und dem wird es auch unter dem Motto »Noch
Kunst seit 1960« im Museum Ludwig Gendertheoretiker und Kunsthistoriker nicht ganz da« um die Entwicklung von
den Faden in Form einer prozesshaften Dr. David Frohnapfel sind zudem zwei Utopien und Zukunftsvisionen gehen.
und kollektiven Werkstatt wieder auf. Gastkuratoren an Bord, die sowohl Von dort aus ist der Weg zurück zu den
Liebe, Freundschaft und Beziehung? queere als auch migrantische Perspek- Forderungen des »Cologne Pride« nicht
IT
Ein ungewöhnliches Ausstellungsthema tiven und Kunstpositionen einbringen. weit. Anne Slenczka: »Liebe und Lust
für ein ethnologisches Museum, mag gehören zu den zentralen Antriebskräf-
man zunächst denken. Und hat dabei ten menschlichen Handelns« – ob im
vielleicht noch die Sammlungen klassi- Museum oder auf der Straße.
scher sogenannter »Völkerkundemuse-
en« im Kopf, bei denen Gefühle nur sel- Johannes J. Arens Johannes J. Arens ist freier
Journalist und Autor. 2006 veröffentlichte er mit
ten eine Rolle spielen. »Die Ausstellung seiner Magisterarbeit an der Uni Bonn die erste
geht den erlebbaren Phänomenen der wissenschaftliche Studie zum Cologne Pride.
51
Schönheit Gewalt +
53
Susanna im
Cinemascope
format (171,5 x
300,5 cm): Das
bislang unbe
kannte Gemälde
»Susanna und
die Alten« wurde
eigens für die
Ausstellung res
tauriert. Jacopo
Tintoretto schuf
es um 1546/47,
Privatbesitz
Gentileschi um 1610 schuf. Von der malt hat es Anthonis van Dyck 1622/23 wehrend. So ist beides nebeneinander
feministischen Kunstgeschichte hoch im Alter von 23 Jahren. Es zeigt Susan- als Diptychon zu sehen: Die offizielle
gelobt als besonders authentische Be- na, wie sie erschrickt angesichts der sie Version als Gemälde und daneben eine
drohungsszene: Schließlich war Arte- betatschenden spinnenartigen Hand Röntgenaufnahme der Bleiweiß-Unter-
misia selbst vergewaltigt worden und eines Älteren. Und der zweite Täter ist malung – die im wahrsten Sinne des
hatte sich dagegen zur Wehr gesetzt. kein Alter, sondern ein deutlich jüngerer Wortes zugrundeliegende, grausame
Die Gemälde männlicher Künstler Mann. Mit ihm können sich die Ge- Geschichte einer von Männern ange-
dagegen seien mit äußerster Vor- schlechtsgenossen eher identifizieren. griffenen Frau.
sicht zu genießen. Besonders Jacopo Van Dyck kennt den männlichen Blick – Zurück zu Hitchcock und der be-
Tintoretto, der 1546/47 ein bislang aber auch die weibliche Sichtweise. rühmten Szene aus »Psycho«. Der
unbekanntes Gemälde der Susanna im Die Ausstellung spannt den Bogen über Regisseur drehte zwei Jahre später
Cinemascopeformat auf eine Drei- Lovis Corinth bis hin zur zeitgenössi- einen weiteren weltbekannten Thriller:
Meter-Leinwand bannt. Großes Kino! schen Kunst. Ein Highlight: das Werk »Die Vögel«. 2016 bekräftigte Haupt-
Der Maler sei aus feministischer Sicht, der New Yorker Künstlerin Kathleen darstellerin Tippi Hedren den Vorwurf,
so Roland Krischel, für ein späteres Su- Gilje von 1998. Gilje ist Restauratorin Hitchcock habe si mehrfach sexuell be-
sannagemälde (Wien) heftig kritisiert und versteht das Handwerk des Ko- lästigt. Nach ihrer Gegenwehr habe der
worden. Krischel erläutert dagegen, pierens alter Meister. Präsentiert wird Regisseur ihr deshalb keine Rolle mehr
dass dort nach der Restaurierung ein ihre Kopie der Susanna von Artemisia angeboten und versucht, ihrer Karriere
Rauchgefäß zu erkennen ist. Und dies Gentileschi aus Schloss Pommersfel- zu schaden. Hitchcock als Vorläufer
diente der Vertreibung lästiger Insek- den. Mit entscheidender Intervention: des berüchtigten Hollywoodproduzen-
ten. Die Alten seien also eindeutig als Bevor die Kopie entstand, bannte Gilje ten Harvey Weinstein? Ob zutreffend
»Ungeziefer« zu deuten – kein beson- in Bleiweiß eine Vorzeichnung auf die oder nicht: Machtmissbrauch, männ-
ders schmeichelndes Bild vom »starken Leinwand, die eine ganz andere Susan- liche Geilheit, sexuelle Gewalt – alle
Geschlecht« … na zeigt. Nämlich so, wie Artemisia ihre Versatzstücke der aktuellen MeToo-
Anja Sevcik nennt ein anderes Werk, eigene Vergewaltigung in den Prozess- Debatte wie auch der Geschichte der
das im Wallraf präsentiert wird und die protokollen beschrieb: schreiend, ver- Susanna tauchen hier auf.
gängige Sichtweise in Frage stellt. Ge- stört, sich mit einem Messer vergeblich Anja Sevcik erklärt, man könne allen
54
Anja Sevcik erklärt, man könne allen
der rund 90 Susanna-Darstellun-
gen, die als Leihgaben aus inter- Susanna im
Cinemascope-
national renommierten Museen format (171,5 x
und Privatsammlungen im Wallraf 300,5 cm): Das
zu sehen sind, eine Sprechblase bislang unbe-
kannte Gemälde
aufkleben: »MeToo«. Letztlich aber »Susanna und
sei die Geschichte der Susanna, die Alten« wurde
auch daran erinnert die Kurato- eigens für die
Ausstellung res-
rin, eine mit Happy End. Dank der tauriert. Jacopo
Held*innen: dem Kind Daniel, das Tintoretto schuf
alles aufklärt – und einer Frau, die es um 1546/47,
Privatbesitz
standhaft bleibt.
Dr. Mario Kramp, Historiker und Kunst-
historiker, Kölnisches Stadtmuseum Männliche
Gewalt: Das Ge-
mälde »Susanna
und die beiden
Alten« von An-
thonis van Dyck,
um 1622/23,
Info
Bayerische
Staatsgemälde-
sammlungen,
Alte Pinakothek,
München
»SUSANNA – Bilder einer Frau vom
Mittelalter bis MeToo« ist noch bis
zum 26. Februar 2023 im Wallraf-Ri-
chartz-Museum – Fondation Cor-
boud zu sehen. Zur Ausstellung er-
scheint ein reich illustrierter Katalog.
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HOHNER
HEIMAT ZUM
HOREN
Foto: Kay-Uwe Fischer
56
Info
Die Jubiläumsausstellung
»50 Jahre Höhner« zeigt das
Kölnische Stadtmuseum noch
bis zum 12. Februar 2023 an
besonderem Ort – im Maritim
Hotel Köln, Heumarkt 20. Der
Eintritt
Der ist frei.
Eintritt ist frei.
»›Sach ens, Tünn. Häste nit Luss’, ens Noch mehr Statements und
mit uns ze singe?‹ Was für eine Frage! Geschichten zu den Höhnern
Auf der Bühne mit der Kapelle, von »[…] an diesem Abend beim so lauten finden sich auch im Begleitbuch
der ich jedes Lied auswendig konnte? Statement gegen Nazis und rechte zur Ausstellung:
Die Höhner waren schon sehr früh Gewalt sah ich die Höhner mit ganz Peter Feierabend,
meine Lieblingsband, und viel Größe- anderen Augen. Als Band, die für Kölner Stadtanzeiger (Hrsg.):
res konnte ich mir nicht vorstellen, als Ideale einsteht. Die sich ganz klar »HÖHNER #50. Wo mer sin is
mit den Jungs gemeinsam zu singen.« positioniert.« Kölle!«, Berg&Feierabend Ver-
Toni Schumacher, Torhüter des 1. FC Basti Campmann, Kasalla lag, Berlin 2022
Foto: Kay-Uwe Fischer
Köln a. D.
57
Engagiert fürs Museum
G
»etwas Erhabenes« und war »niemals Kölner Kunstmesse: »Als junger Gale-
äbe es die ART COLO- außerhalb der auratischen Räume von rist habe ich sehr um meine erste Teil-
GNE nicht längst, man Museen und Galerien zu sehen«. Erst nahmemöglichkeit an der ART COLO -
müsste sie erfinden. recht schauderte es Galerist*innen GNE gerungen.« Im Jahr 1997 gründet
Das geschah aber alter Schule bei dem Gedanken, hehre er seine eigene Galerie in der Dom-
schon 1967. Damals Kunst als Ware auf einer Verkaufs- stadt, in der er vor allem amerikani-
hieß sie noch »Kölner Kunstmarkt« messe zu präsentieren. Allein, »dass sche Pop-Art zeigt. »Mein Engagement
und fand an verschiedenen Orten jeder auf dem Preisschild sehen kann, für den Standort Köln hängt ganz stark
statt, mal im Gürzenich, mal in der was ein Picasso kostet, war für diese mit der Tatsache zusammen, dass
Haubrich-Kunsthalle am Neumarkt. Generation noch unvorstellbar«. ich noch die Zeit erlebt habe, in der
Die Idee, erinnert sich Rudolf Zwirner, Auch Klaus Benden weiß noch, wie es Köln als Metropole für zeitgenössische
einer der Vordenker und Ziehväter der in den 1970er Jahren war. Da betreibt Kunst fast gleichzusetzen war mit der
er eine Galerie in Viersen, damals nicht Weltstadt New York.« Eben dort stößt
unbedingt der Nabel der Kunstwelt. Benden dank seiner hervorragenden
Verbindungen über den großen Teich
auch auf die Werke von Tom Wessel-
mann, Roy Lichtenstein, Robert Rau-
Bildunterschrift
Bildunterschrift
Bildunterschrift
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Bildunterschrift
Bildunterschrift
Bildunterschrift
schenberg und Andy Warhol. Letzterer stattet sind. Die Freunde wollen einen
hatte bekanntlich nie ein Problem mit Beitrag dazu leisten, die Häuser im
der Kommerzialisierung seines Œuvres. Hinblick auf die Qualität ihrer Samm-
Heute ist die ART COLOGNE die lungen zu stärken.«
weltweit älteste Messe für zeitgenös- Wie das funktioniert? »Wir gehen
sische Kunst und eine der renommier- mit offenen Augen und Ohren durch
testen dazu. Angesichts wachsender die Messehallen der ART COLOGNE ,
Konkurrenz und Ausnahmesituationen die mit jeder Ausgabe immer wieder
wie der Coronapandemie erfindet sich spannende Positionen aktueller und
die ART COLOGNE immer wieder neu. zeitgenössischer Kunst bietet.« Der
So bleibt die Messe ein wichtiges Aus- Freundeskreis sichtet und sichert sich
Klaus Benden, Vorsitzender
hängeschild für die Kulturstadt Köln, bei den auf der Messe vertretenen der Freunde der ART COLOGNE e.V.,
national wie international. Galerien herausragende Kunstwerke, Förderer der Museen der Stadt Köln
Im Jahr 2002 schließen sich Kunst- erwirbt sie und übergibt sie als Dauer-
Alle Infos zur ART COLOGNE 2022:
interessierte aus Köln und darüber leihgabe an die Museen und andere www.artcologne.de
hinaus zu den »Freunden der ART CO- Kölner Kunst- und Kultureinrichtungen.
LOGNE e.V., Förderer der Museen der »Damit werden diese Werke für jede
Stadt Köln« zusammen. Klaus Benden, Kölnerin, für jeden Kölner sichtbar,
Vorsitzender des Vereins, zu den Be- denn gute Kunst sollte allen zugänglich Treffpunkt Kunst:
Die ART CO-
weggründen: »Es war und ist immer sein. Zudem ist jedes einzelne davon LOGNE. Rechts
noch so, dass die Kölner Museen von ein Gewinn für die Attraktivität und Be- im Bild: Gilbert
Seiten der öffentlichen Hand mit einem deutung des Kunststandorts Köln.« & George, »Gold
and Silver«, 2020
eher mageren Einkaufsetat ausge- www.freundederartcologne.de
59
Wallness für
die Augen
DUFTET
Susanna
Taras, Zwei
Rosen aus
»pensées
d'amour«,
2012
60
Wallness für
die Augen
Susanna Susanna
Taras, Zwei Taras,
Rosen aus »Pfingstrose«,
»pensées Wolle/Syn-
d'amour«, thetik, 2010
2012
61
»Susanna Taras
verbindet Malerei
mit Textilkunst Susanna Taras,
und Bildhauerei.«
»Kleines Wildes«,
Wolle/Synthetik, 2021
Info
einen neuen Zugang zur verschwenderischen Schönheit ihrer Ausstellung im
MAKK – Museum für
und Einzigartigkeit der Natur ermöglichen, »irgendwo Angewandte Kunst
zwischen Natürlichkeit, Kunst und Künstlichkeit«. Köln
62
63
Durch die Botanik
64
Durch die Botanik
65
Heinrich Hoerle,
»Topfpflanze«,
1920er Jahre,
Museum Ludwig,
Köln
Otto Dix,
»Martha Dix«, 1926,
Museum Ludwig,
Köln
Fotograf*in unbekannt,
Lehnsessel, entwor-
fen von Le Corbusier,
Pierre Jeanneret und
Charlotte Perriand,
publiziert in der Zeit-
schrift »Innen-Dekora-
tion«, August 1930
Mit der Ausstellung »Grüne Moderne« blickt das Mu- sticht«. Im Kino bestaunt ein Millionenpublikum »Das
seum Ludwig nun knapp hundert Jahre zurück. Als die Pflanzenwunder«, Zeitrafferaufnahmen von sich ent-
Deutschen dem üppigen Grün mit wachsender Begeiste- faltender Pflanzenpracht. Wer mit der Zeit geht, umgibt
rung Wohnungstür und Tor öffnen. Dass die Pflanze lebt, sich im heimischen Zimmergarten mit kolonialem Grün
sich bewegt, einen Puls hat und müde werden kann, be- aus fernen, wärmeren Gefilden. Dieses setzt mit seinen
schreibt da auch schon der indische Naturwissenschaft- oft grotesken Formen einen interessanten Kontrapunkt
ler Jagadish Chandra Bose in seinem populären Buch zur Stahlrohrsachlichkeit des Bauhauses. Behaupten
»Die Pflanzen-Schrift und ihre Offenbarungen« (1928). damals zumindest die schicken Interieurmagazine. Und
Das allgemeine Interesse an der Botanik trieb dabei der Lichtbildner der Neuen Sachlichkeit, Albert Renger-
manch seltsame Blüte: Die Comedian Harmonists be- Patzsch, macht Hobbyfotograf*innen mit den Geheim-
singen den »kleinen grünen Kaktus«, der »sticht, sticht, nissen perfekter Kakteenfotografie bekannt.
»Was ist dem Menschen die Pflanze?«, fragt die Ausstellung. Fotograf*in unbekannt,
Lehnsessel, entwor
Manchmal eine ganze Philosophie, erzählen sie doch auch
fen von Le Corbusier,
von den Ängsten, Sehnsüchten und Widersprüchen der gerade Pierre Jeanneret und
angebrochenen Moderne. Anfang des 20. Jahrhunderts geraten Charlotte Perriand,
publiziert in der Zeit
Weltbilder ins Wanken, Rollenverständnisse aus den Fugen –
Info
schrift »Innen-Dekora
die Frau trägt Bubikopf und fühlt sich gut damit. Aus Furcht tion«, August 1930
vor der »Vermännlichung« der modernen Frau bemüht man
Florales – in der Mode, in der Kunst wie auch auf profanen
Hochzeitsfotos: Blumen im Haar und im Brautstrauß locken
im Dienste der Fortpflanzung. Marlene Dietrich trägt zum mas- Das Museum Ludwig zeigt
kulinen Anzug und Zylinder eine üppige Blüte im Knopfloch. »Grüne Moderne. Die neue Sicht
Wie war das noch mit den Hormonen? auf Pflanzen« noch bis zum
22. Januar 2023 als Pilotprojekt des
Hauses in nachhaltigem Ausstellen:
Durch die Arbeit mit der eigenen
Sammlung werden Transporte und
Verpackungen vermieden, dadurch
Ressourcen geschont und weniger
CO2 emittiert. Der Katalog zur
Ausstellung erscheint klimaneutral
und kostenlos für alle zugänglich
auf www.gruene-moderne.de. Aus-
gediente Transportkisten werden
als Hochbeet für die Dachterras-
se des Museum Ludwig recycelt.
Darin zieht man Gemüse für das
Museumsrestaurant. Zum Eco
Curating wird Miriam Szwast, Ku-
ratorin der Ausstellung, beraten von
der Ökologin und Biochemikerin
Suzanne Pierre. Die »Grüne Mo-
derne« steht unter der Schirmherr-
schaft von Claudia Roth, Staats-
ministerin für Kultur und Medien.
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FAZ
68
I M P R E S S U M / KO N TA K T
Die Oberbürgermeisterin
Museumsdienst Köln
Namentlich gekennzeichnete
Beiträge geben die Meinung der
jeweiligen Autor*innen und nicht
notwendigerweise die Meinung des
Herausgebers wieder. Alle veröffent-
lichten Beiträge sind urheberrecht-
ID-Nr. 22124833
lich geschützt.
Bildnachweise
Titelseite und Seite 16: »sichtbar machen«. Lichtinstallation am Haus Venloer Straße 23, Foto: NS-DOK,
Gregor Kaluza; Seite 3: Henriette Reker, Foto: Stadt Köln; Seite 4: Inhaltsverzeichnis (im Uhrzeigersinn):
© Museum Ludwig, Köln, Foto: Walde Huth, Werbeaufnahme für die Samtfabrik Gottlieb Ott & Sohn,
Ebingen, 1958, Repro: RBA Köln; Lovis Corinth, »Susanna im Bade«, II. Fassung, 1890, Museum Folkwang,
Essen, Foto: Museum Folkwang, Essen / ARTOTHEK; Lukas Winkelmann und Enrico Sablotny, Foto: Bern-
hard Winkelmann; Bergkristallkugel, Foto: RBA Köln / Marion Mennicken; Kimsooja (s. Seite 44); Seite
6/7: Illustrationen: © Steffi Krohmann, Köln; Seite 8–10: © Museum Ludwig, Köln, Fotos: Walde Huth /
Fritz Kempe, Repros: RBA Köln; Seite 12, 13 oben, 14: Fotos: Museum Schnütgen / Stephan Kube, Greven;
Seite 13 Mitte: Foto: RBA Köln; Seite 17: Foto: NS-DOK; Seite 18 unten: Foto: NS-DOK; Kirsten Diederichs;
Seite 20: Frank Bowling © VG Bild-Kunst, Bonn 2022, Courtesy: der Künstler und Hauser & Wirth, Foto:
Sacha Bowling; Seite 21 oben: Foto: KKMK / Damian Zimmermann; unten: Foto: LVR / Annika Häberlein;
Seite 22: Foto: Nina Gschlößl für Kaya & Kato; Seite 24–26: Fotos/Repro: RBA Köln; Seite 27 links: Inv.-Nr.
KL 228, Foto: RGM, Köln; rechts: © Chargesheimer, Repro: RBA Köln; Seite 28: Foto: Schokoladenmuse-
um Köln; Seite 28/29: Foto: ZADIK, Köln / Markus Hoffmann, Bestand A5, VIII, 194; Seite 30: Herbert Be-
yer © VG Bild-Kunst, Bonn 2022, Repro: RBA Köln; Seite 30/31: Fotos: RBA Köln; Seite 41: Foto: RBA Köln;
Seite 42: Foto: Museumsdienst Köln / Nikolai Stabusch; Seite 44: Videostill, 9.17 Min. Loop, ohne Audio,
© Kimsooja, Courtesy: The artist and KEWENIG, Berlin; Seite 46: Foto: MOK-Archiv / Maria Schulz;
Seite 47: Logo des MOK Köln, Foto: MOK; Seite 48/49: Fotos: © Johann Maria Farina, CC BY-SA 4.0;
Seite 52/53: © Kathleen Gilje, Foto: Kathleen Gilje; Seite 54: Foto: Jens Ziehe; Seite 55: Foto: Bayerische
Staatsgemäldesammlungen, Alte Pinakothek, München, bpk / Bayerische Staatsgemäldesammlungen;
Seite 56/75: Foto: Höhner-Archiv / Kay-Uwe Fischer; Seite 58/59: Foto: koelnmesse ART COLOGNE /
Oliver Wachenfeld, © Gilbert & George; Seite 59 oben: Foto: Galerie Benden & Ackermann / Oliver
Schaffer; Seite 60–62: © Susanna Taras, Fotos: Paul Schöpfer; Seite 64: Repro: RBA Köln; Seite 65: Foto:
SHMH; Seite 66 links: RBA Köln; rechts: © Otto Dix / VG Bild-Kunst, Bonn 2022, Repro: RBA Köln / Britta
Schlier; Seite 67: Le Corbusier © F.L.C. / VG Bild-Kunst, Bonn 2022; Pierre Jeanneret / Charlotte Perriand
© VG Bild-Kunst, Bonn 2022, Repro: Museum Ludwig, Köln; Seite 70: Foto: Theaterwissenschaftliche
Sammlung der Universität Köln, Sammlung Werner Nekes, © Richert-Nekes
Zu guter Letzt
Martin Engel-
brecht, »Erdbeben
in Lissabon (Die
sieben Ebenen der
Perspektivischen
Darstellung)«,
handkolorierte Kup-
ferstiche, Augsburg,
um 1760, Theater-
wissenschaftliche
Sammlung der
Universität zu Köln
Kommt der Guckkastenmann in die waren die damals beliebten Weg- er den Guckkasten mit hintereinan-
Stadt, ist ein dankbares Publikum bereiter heutiger Fernsehgeräte. Sie der montierten und ausgeschnitte-
nicht weit: Wissbegierige Herren, funktionieren nach einem simplen nen Papierkulissen, durch die der
hibbelige Kinder und schmachten- Prinzip: Durch eine kleine Öffnung Effekt räumlicher Tiefe entsteht. So
de Damen drängen sich um sein im rein äußerlich unspektakulären spürt man auch ohne 20-Uhr-Tages-
»finstres Kästlein«, diese wunder- Kasten fällt der Blick – mithilfe von schau einen Hauch des Schauders,
liche Apparatur. Im Zeitalter der Spiegeln und vergrößernden Lin- als sei man 1755 beim furchtbaren
Aufklärung, zwischen 1720 und sen – auf faszinierende Bilder von Erdbeben von Lissabon vor Ort ge-
1800, lechzen immer mehr Men- Objekten, Ansichten ferner Länder, wesen. Dieses und andere Exponate
schen nach Bildung. Und mit einer Städte und historischer Ereignisse. Je aus der Sammlung historischer opti-
solchen »Sehmaschine« kommt nach Lichteinfall effektvoll von vorn scher Medien des legendären Filme-
man dem Wissensschatz der großen, oder hinten beleuchtet. Besonders machers Werner Nekes (1944 – 2017)
weiten Welt auf amüsante Weise und raffiniert täuscht der Augsburger zeigt das Wallraf-Richartz-Museum
ohne viel Aufwand ein gutes Stück Verleger Martin Engelbrecht (1684 – & Fondation Corboud noch bis zum
näher. Guckkasten, Camera Obscura 1759) die Sinne der Betrachtenden: 23. April 2023 im Rahmen der Aus-
und andere »optische Curiositäten« In seinem Perspektivtheater bestückt stellung »Sensation des Sehens«.
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