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Sehet die Vögel

unter dem Himmel an!

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Nachdruck eines Heftes von 1932
vom Verlag der St.-Johannis-Druckerei, Dinglingen

© 2011 Christliches Versandantiquariat


Roman und Elisabet Ingold-González
Meisenbergweg 7
71229 Leonberg
Tel./Fax: 07152 / 599634
e-mail: r.ingold@arcor.de

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Sehet die Vögel
unter dem Himmel an!
Der Rabe.

Der Rabe ist der


erste Vogel, der in
der Heiligen Schrift
genannt wird. Als
Noah nach der
Sintflut das Fenster
der Arche öffnete und wissen wollte, wie es
draußen aussah, da ließ er einen Raben auf-
fliegen. Absichtlich wählte er diesen weder
zärtlichen noch in der Speise wählerischen
Vogel; er flog hin und her und kehrte nicht
wieder zurück. Sein Ausbleiben war ein gu-
tes Zeichen dafür, daß die Flut so weit ge-
sunken war, daß der Rabe höher gelegene
Rastorte und auf dem Wasser schwimmen-
de Aase zur Nahrung fand.

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Von einer besondern Ehre, die dem Ge-
schlecht der Raben widerfuhr, lesen wir im
1. Buch der Könige: Das Wort des Herrn
erging an den Propheten Elia: ,,Geh weg
von hier und wende dich ostwärts und ver-
birg dich am Bach Krith, der gegen den Jor-
dan fließt. Aus dem Bach sollst du trinken,
und den Raben habe Ich geboten, dich dort
mit Nahrung zu versorgen.“
Da ging er hin und tat „nach dem Befehl
des Herrn und blieb am Bach Krith; und die
Raben brachten ihm Brot und Fleisch am
Morgen und ebenso am Abend, und er trank
aus dem Bach“. Elia glaubte dem Herrn,
und sein Glaube wurde nicht zuschanden.
Das ganze Land litt unter furchtbarer Dürre,
alle Quellen versiegten, die Bäche vertrock-
neten; doch der Bach Krith spendete noch
das köstliche Naß. Auch die Raben taten ihr
Amt! Wie wunderbar! Diese gefräßigen,
raubgierigen und unersättlichen Vögel, un-
rein nach dem Gesetz, begegnen uns hier in
Geschäften der uneigennützigsten Liebe.
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Sie scheinen ihrer Natur und Art ganz abge-
storben zu sein; das eigene verleugnend,
kommen und gehen sie auf Gottes Wink.
Wenn der Morgen über der Felsschlucht
graut, da ist schon ihr Geschrei über den
Wipfeln der Bäume, und wenn Elia er-
wacht, sieht er schon den Mundvorrat für
den Tag zu seinen Füßen liegen; und wenn
es Abend wird, sind sie wieder da, die
schwarzen Boten, reichlich mit Fleisch und
Brot beladen.

Der das Wasser wunderbar aus dem Felsen schlug,


Des Propheten Speisung gar Raben übertrug,
Der mit wenig Fisch und Brot tausend machte satt,
Hätte der für alle Not nicht noch heute Rat?

Es gibt nur wenig Tiere, die allgemeiner


über den ganzen Erdkreis verbreitet sind als
die verschiedenen Rabenarten. Unter ihnen
nimmt der Kolk- oder Edelrabe wohl die er-
ste Stelle ein. Man findet ihn im nördlichen
Amerika bis Mexiko und von Grönland bis
zum Kap der Guten Hoffnung und ebenso
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in Asien. Die Raben vermehren sich sehr
stark, leben gern in großen Scharen bei-
sammen und machen viel Geschrei; sie sind
daher in der Bibel öfters erwähnt als ein
Beispiel der fürsorglichen Güte Gottes auch
gegen Seine geringsten Kreaturen. Im Buch
Hiob heißt es: ,,Wer bereitet dem Raben die
Speise, wenn seine Jungen zu Gott rufen
und fliegen irre, weil sie nichts zu essen ha-
ben?“

O Herr, tu auf Dein’ milde Hand,


mach uns Dein’ Gnad’ und Güt’ bekannt;
Ernähr uns, Deine Kindelein,
der Du speist alle Vögelein!
Erhörst Du doch der Raben Stimm’,
drum unsre Bitt', Herr, auch vernimm;
Denn aller Ding’ Du Schöpfer bist
und allem Vieh sein Futter gibst.
Gedenk nicht unsrer Missetat und Sünd’,
die Dich erzürnet hat;
Laß scheinen die Barmherzigkeit,
daß wir Dich lob’n in Ewigkeit!

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Der Herr Jesus selbst macht auf sie auf-
merksam, indem Er spricht: ,,Nehmet wahr
der Raben! Sie säen nicht, sie ernten auch
nicht, sie haben auch keinen Keller noch
Scheune; und Gott nährt sie doch. Wieviel
aber seid ihr besser denn die Vögel!“
Die meisten Raben bauen ihre Nester auf
Bäume oder Felsen; sie nähren sich von
Pflanzenstoffen und Tieren. Der Rabe ist im
wahren Sinn ein Allesfresser; nichts Ge-
nießbares verschmäht er und leistet darin
für seine Größe und Kraft Unglaubliches.
Er ist aber nicht nur ein Vielfraß, sondern
auch ein Gewohnheitsdieb und verdiente als
solcher den ersten Platz unter den Raubvö-
geln. »Stehlen wie ein Rabe!« ist eine
sprichwörtliche Redensart geworden. Seine
Vorliebe für glänzende Dinge hat ihn oft
Kostbarkeiten von großem Wert verschlep-
pen lassen.

Vor dem Schloßhof zu Merseburg wurde


laut einer Stiftung eines der früheren Bi-
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schöfe stets ein Rabe gefüttert zum warnen-
den Andenken an eine traurige Begebenheit.
Jenem Bischof kam nämlich ein wertvoller
Ring abhanden, er war plötzlich spurlos
verschwunden. Der Verdacht fiel auf einen
der Diener, und da überdies noch falsche
Zeugen gegen denselben auftraten, ließ der
Bischof ihn ohne weiteres hinrichten. Unter
Tränen und Händeringen beteuerte der Ar-
me noch aus der Richtstätte seine Unschuld;
man glaubte ihm nicht — er mußte sterben.
Längere Zeit nach dem Tod dieses Un-
glücklichen wurden am obern Teil des
Schlosses bauliche Veränderungen vorge-
nommen. Bei dieser Gelegenheit fand man
ein Rabennest, und darin lag der lang ver-
mißte kostbare Ring. Die Unschuld des
Dieners kam nun an den Tag, doch leider
viel zu spät.
Nun ergriff den Bischof eine tiefe Reue,
und um der Welt für alle Zeiten jenen unse-
ligen Irrtum und seine Reue kundzutun,
nahm er von Stund’ an einen Raben und
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zwei zum Himmel erhobene Arme in sein
Wappen auf und ließ dieses an verschiede-
nen Stellen des Schlosses und der Domkir-
che anbringen. Außerdem stiftete er ein
Vermächtnis zum dauernden Unterhalt ei-
nes lebendigen Raben, den jedermann im
Schloßhof in einem turmähnlichen Käfig
sehen konnte. —

Auch von einer


diebischen Elster
wird erzählt, deren
Hang zum Stehlen
ein armes
Dienstmädchen in
Todesgefahr
gebracht hat. Der
Haushofmeister
eines Edelmanns vermißte mehrere silberne
Löffel, die nach und nach abhanden ge-
kommen waren; er konnte sich gar nicht
denken, wen er dieses Diebstahls beschul-
digen sollte. Da sah er eines Tages, wie der
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zahme Rabe, den man auf dem Gut hielt,
wieder mit einem solchen im Schnabel da-
vonflog. Und richtig, in dessen Nest fand
man mehr als ein Dutzend silberne Löffel.

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Im folgenden wollen wir noch von andern
Vögeln etwas berichten.

Der Schneidervogel.
Der Schneidervogel ist
wegen seines überaus kunst-
vollen Nestbaus berühmt ge-
worden.
Er kommt zwar bei uns nicht vor;
in Asien ist er jedoch in manchen
Gegenden zahlreich vertreten. Sein Nest ist
geradezu ein kleines Kunstwerk, denn es
sieht aus wie ein zusammengenähter Pa-
piersack, wie das Bild es uns zeigt. Aber wo
nimmt denn dieser Vogel den Stoff zu sei-
nem Sack, Nadel und Faden her, um den
Schneidern von Beruf so geschickt ins
Handwerk zu pfuschen? Das geht alles sehr
natürlich und einfach zu. Wenn er den Bau
seines Nestes in Angriff nimmt, sucht er
sich in den Zweigen eines Baumes zwei
oder drei große Baumblätter aus. Eine Na-
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del braucht er nicht, denn die Löcher bohrt
er ohne Mühe mit dem Schnabel in die
Blattränder. Den selbstgesponnenen starken
Faden zieht er nun so geschickt durch die
Löcher, daß die Blätter buchstäblich zu-
sammengenäht werden. Diesen zurechtge-
schneiderten Sack polstert er mit allerlei
weichen Stoffen, wie Wollfäden, Pferdehaa-
ren und dergleichen aus, so daß die kleinen
Eier dann wie in einer Hängematte liegen,
die so fest und dauerhaft ist, daß das Weib-
chen getrost darin brüten kann. Der Eingang
zum Nest befindet sich in der Nähe der
Blattstiele. Wahrlich, die Geschicklichkeit
dieses Vogels setzt uns in großes Erstaunen!

Und wie viele ebenso künstliche Wohnun-


gen wissen andere Arten von Vögeln hier-
zulande zu bauen, von denen wir jetzt nicht
im einzelnen reden können! Wo haben denn
unsre gefiederten Freunde ihre Kunst als
Maurer, Korbflechter, Töpfer, Weber usw.
gelernt? Wo sind sie in die Lehre gegan-
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gen? Gott selbst hat sie darin unterwiesen.
Er hat ihnen die nötige Geduld und Kunst-
fertigkeit, den sogenannten Instinkt einge-
pflanzt, damit sie für ihre Jungen eine pas-
sende Wohnung bauen können. Deshalb
sollten wir auch, wenn wir ein Vogelnest
irgendeiner Art sehen, des großen Schöpfers
gedenken, der für die Bedürfnisse aller Sei-
ner Kreaturen sorgt.

Der Nachtvogel.
Die Eule ist unter den
Vögeln, was die Katze
unter den vierfüßigen
Tieren. Ihre Augen
sind so beschaffen, daß
sie im Dunkeln sehen
und ihren Raub während der Nacht ergrei-
fen kann. Die gemeine Nachteule ist von
der Größe einer Henne. Ihr dicker Kopf
steckt in wolligen Federn wie in einer Pe-
rücke. Der Landmann sieht sie gern in sei-
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nen Scheunen, weil sie sich von Ratten und
Mäusen nährt, von denen sie eine unglaub-
lich große Zahl wegfängt.

Ein Eulenpaar hatte einst in einem Tauben-


schlag Wohnung genommen und es befan-
den sich da vier junge Eulen im Nest. Der
Platz neben den Jungen wurde von den
sorgsamen Eltern immer sehr reichlich mit
Nahrung überdeckt. Zuweilen waren es bei
15 getötete Ratten und Mäuse, die zum Mit-
tagessen der jungen Eulen bereitlagen. Je-
mand, der sich die Mühe nahm, nachzuse-
hen und nachzuzählen fand, daß diese ganze
Eulenfamilie jede Nacht ungefähr 27 Ratten
und Mäuse verzehrte. Der Kauz und das
Käuzlein wohnen gern in Felsenritzen und
im Gemäuer und legen ihre Eier in den
Staub. Ihr widriges nächtliches Geschrei
setzt furchtsame und abergläubische Leute
oft in Schrecken. Auch in der Bibel wird die
Eule als eine Bewohnerin einsamer und ver-
lassener Orte erwähnt. Im 102. Psalm betet
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ein Betrübter, der seine Klage vor dem
Herrn ausschüttet: »Ich bin gleich wie eine
Rohrdommel in der Wüste; ich bin gleich
wie ein Käuzlein in den verstörten Stätten.
Du aber Herr, bleibst ewiglich und Dein
Gedächtnis für und für.«

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Die Krammetsvögel.
Bischof Sailer war ein Mann
Gottes, der vielen Menschen
den Weg zum ewigen Leben gewie-
sen hat. Er ist im Jahr 1832, also gerade vor
100 Jahren, in Regensburg gestorben. In
sein Wappen hatte er zwei Krammets- vögel
aufgenommen mit der Überschrift: Mat-
thäus 13. Das hat folgende Bewandtnis: Sai-
lers Eltern lebten in sehr dürftigen Verhält-
nissen unweit des bayrischen Bezirksstädt-
chens Dillingen. Der Vater, ein biederer
Tagelöhner, konnte seinem Büblein nur eine
geringe Schulbildung zukommen lassen,
und der kleine Michael hätte doch gar zu
gern recht viel gelernt. Aber er konnte sich
keine Bücher kaufen, und es fand sich keine
Gelegenheit, sein Wissen zu bereichern.
Schon mit zehn Jahren mußte er mit verdie-
nen helfen. Er sammelte in den umliegen-
den Wäldern Wacholderholz und Wachol-

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derbeeren. Beides trug er dann in die Stadt,
um es dort zu verkaufen.
Oft führte ihn sein Weg an dem stattlichen
Seminargebäude vorbei. Sehnsüchtig blick-
te er jedesmal zu den hohen Fenstern hin-
auf. ,,Ach,“ seufzte er dann, ,,daß ich doch
auch zu diesen Glücklichen gehörte, die
hier täglich unterrichtet werden!“

Gott hörte seine geheimen Seufzer, und er


durfte erfahren, was im 12. Psalm geschrie-
ben steht: ,,Ich will eine Hilfe schaffen dem,
der sich danach sehnt.'' Eines Tages fing der
Knabe ein Paar schöne, fette Krammetsvö-
gel, die man auch Wacholderdrosseln nennt.
Eine plötzliche Ahnung stieg in seinem
Herzen auf, ob diese Vöglein nicht viel-
leicht irgend etwas zur Erfüllung seines
Herzenswunsches beitragen könnten. Da
kam ihm ein merkwürdiger Einfall. Er lief
mit ihnen ins nahe Städtchen, fragte nach
der Wohnung des Seminardirektors und
fand dort Einlaß.
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Michael wurde in das Studierzimmer ge-
führt. Der Direktor, ein freundlicher, leutse-
liger Herr, fragte ihn nach seinem Begehr.
Etwas verlegen bot ihm nun der Knabe die
beiden Vögel zum Kauf an. ,,Ich kaufe kei-
ne Krammetsvögel,“ entgegnete der ehr-
würdige Herr freundlich. „Ach, Herr,“ bat
Michael, ,,dann erlauben Sie doch, daß ich
die Vögel Ihnen schenke!“
Der Direktor fand Wohlgefallen an dem
merkwürdigen Knaben, und um ihn nicht zu
beschämen, nahm er das Geschenk dankend
an und wollte ihm zugleich ein Geldstück in
die Hand drücken. Dieser wehrte sich ent-
schieden dagegen, das Geld anzunehmen.
,,Was kann ich dir denn tun, lieber Klei-
ner?“ fragte der Direktor.

»Weil Sie mich denn fragen,« erwiderte


Michael mit klopfendem Herzen. »so will
ich’s Ihnen nicht verhehlen: ich möchte so
gern lateinisch lernen.« Jetzt war’s heraus,
was ihm schon so lange auf der Seele
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brannte. Gott lenkte das Herz des Direktors,
und bald wurde Michael in das Knabense-
minar zu Dillingen aufgenommen. Durch
seinen unermüdlichen Fleiß und seine auf-
richtige Frömmigkeit erwarb er sich schnell
die Liebe der Mitschüler und die Gunst sei-
ner Lehrer. Im Lauf der Zeit hat Sailer ver-
schiedene hohe Ehrenstellen bekleidet und
ist vielen heilshungrigen Seelen ein treuer
Seelsorger gewesen.

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Betrachtungen über das Markus-


Markus-Evangelium
für Helferkreise und junge Bibelleser (von 1906)
NEUDRUCK in moderner Schrift
Autor: M. v. O. Margarete von Oertzen
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Voller Wärme und Zuwendung geht die Autorin durch das Evangelium
und erklärt den Kindern die Schriftabschnitte. Man sitzt sozusagen in
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