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Der plötzliche Spaziergang- Interpretation

Die Erzählung “Der plötzliche Spaziergang“ von Franz Kafka, stammt aus dem Sammelband
der Betrachtung und erschien im Jahr 1913, weswegen man sie in die Epoche des
Frühexpressionismus einordnet. Die Kurzgeschichte thematisiert, dass der Protagonist sich
seiner Familie nicht nahe fühlt und somit seine Familie durch einen Spaziergang verlässt, der
ihn am Ende zu seinem Freund führt.
Die Geschichte beginnt mit dem Protagonisten, der sich zuhause schon durch seine Routine
darauf eingestellt hat dort zu bleiben, besonders weil das Wetter unfreundlich erscheint.
Doch obwohl das Treppenhaus dunkel und das Haustor gesperrt ist und er sich unwohl fühlt,
wechselt er seinen Hausrock, um sich bereitzumachen rauszugehen. Dabei hat er Angst vor
Ärger, wenn er rausgeht. Als er auf der Straße ankommt, ist er von seiner Entscheidung in
die Stadt zu gehen, bekräftigt. Er läuft die Gasse mit einer Kraft entlang, er merkt, dass seine
Familie sich ins Wesenlose schwenkt. Am Ende führt der Weg der Hauptfigur zu seinem
Freund, der ihm ein besseres Gefühl und gewisse Verbundenheit vermittelt – anders als
seine Familie.
Es bleibt jedoch fraglich, ob das wirklich geschieht, denn der Text wird in einer Wenn-man-
Form geschrieben, welche eher an ein Gedankenspiel erinnert als an die Realität. Die
Geschichte umfasst zwei Sätze. Im ersten Satz werden die meisten Nebensätze mit der
Konjunktion „wenn“ eingeleitet. Der zweite Satz beginnt mit dem Wort „Verstärkt“, welches
zum Ausdruck bringen soll, wie sehr er sich darin bestärkt fühlt in seiner Freiheit, die er
sogar durch die Freude, die sein Freund ihm vermittelt, vergrößern kann. Das Wort „man“
wird ebenso häufig verwendet, was dem Leser die Möglichkeit gibt die Geschichte so
mitzuerleben, als sei er die Figur selbst, die ihre alltägliche Routine bis hin zur erworbenen
Freiheit durchläuft.
Da Kafka ein schwieriges Verhältnis zu seinem Vater hatte, könnte die Geschichte davon
handeln, wie er versucht sich aus der Familie herauszubewegen. Da ihm das schwerfällt,
steht ihm sein Freund auf dem Weg zur Seite. Das Verhältnis zu seinem Vater ist schwierig,
da dieser seine Tätigkeit als Autor nie gänzlich verstanden hat, wodurch er sich gezwungen
gefühlt hatte Jura zu studieren anstatt Germanistik.
Die Figur fühlt sich erst wohl mit der Entscheidung zusammen mit ihrer Familie daheim zu
sein, weil das Wetter das Rausgehen unangenehm erscheinen lässt und sie im normalen
Verhalten - genauer gesagt in ihrer Normalität - festhängt. Doch „ein plötzliches Unbehagen“
(Z.9) führt den Erzähler dazu das Stillhalten am Tisch zu unterbrechen und sich
„straßenmäßig“ (Z.10) anzuziehen. Der Protagonist verabschiedet sich nur kurz, da er die Tür
schnell zuschmeißt, wodurch die Konsequenz des späteren Ärgers (Z.12) entsteht. Dabei
wird vor allem die Auflehnung gegen die eigene Familie deutlich. Auf den Gassen empfindet
die Figur eine „unerwartete Freiheit“, wodurch sie sich seelisch, wie auch körperlich befreit
fühlt. Dabei erkennt sie, dass ihre Entschlossenheit sie zu dieser Freiheit brachte und nicht
das Bedürfnis allein.
Der Protagonist hatte sich dazu gezwungen gefühlt zuhause zu bleiben und sich nicht weiter
zu entwickelt, doch als er den Schritt gegangen ist, spürt er eine neue Kraft und erkennt die
Notwendigkeit sich weiterzuentwickeln und wie gut das Gefühl ist. Zusätzlich zu der Freiheit
ist er stolz auf sich, dass er sich getraut hat. Er läuft die Gassen weiterhin entlang bis er
„gänzlich aus seiner Familie ausgetreten [ist], die ins Wesenlose abschwenkt“ (Z.20), was
bedeutet, dass er seine Familie nun vollkommen verlassen und sie auch vergessen hat.
Verknüpft man diese Tatsache mit dem Satz, dass er sich zu seiner wahren Gestalt erhebt,
dann kann man verstehen, dass er sein wahres Ich gefunden hat, dadurch dass er seine
Familie verlassen hat.
Diese Freiheit und Entschlossenheit werden durch einen Besuch bei einem Freund nur noch
mehr verstärkt.
Das Werk ist aus der Zeit des Expressionismus. In dieser Zeit hatten die Menschen in der
Stadt kaum ein Ich-Gefühl, was durch große Anonymität entstanden ist, die in der Stadt
existiert. Die Menschen hatten kaum Freiheit in der Stadt, denn sie wurden körperlich
wachgehalten und waren bloß eine ersetzbare Puppe unter vielen anderen. Daher könnte
man den Spaziergang als Gang weg von der Stadt und zu sich selbst bezeichnen. Zudem stellt
der Spaziergang auch den Weg zu seinem Selbst und eine eigenständige Verwandlung ohne
Einschränkungen dar. Die Menschen finden außerdem seelisch zu Gott und verspüren eine
gewisse Freiheit, sowie körperliche Ruhe.
Der Text gibt dem Leser die Möglichkeit sich angesprochen zu fühlen. Dieses Gefühl
gewährleistet er durch das immer wiederkehrende „Man“, welches den Leser in das
Gedankenspiel integriert. Die Stimmung ist anfangs eher gemütlich, im weiteren Verlauf
bekommt man jedoch das Gefühl von etwas Energetischem und Kraftvollem.
Ich denke, dass Kafka mit seinem Werk die Beziehung zu seinem Vater widerspiegelt und wie
er durch die Distanz zu ihm besser sich selbst finden bzw. sich auf seine Kunst konzentrieren
kann. Der Grund dafür ist, dass der Vater ihn nicht unterstützt hatte, da er ein sehr
konservativer Mann war.
Die Botschaft an die Menschen ist vermutlich, dass sie ihren Weg gehen und sich nicht
hindern lassen sollen das Gefühl der Erlesenheit, welches in vielen Formen vorkommen kann
- sei es die Familie oder andere Personengruppen – zuzulassen. Denn man kann seinen Weg
finden und der Mensch kann dabei durch Freunde unterstützt werden. Diesen Weg muss
man nicht allein schreiten.
Es hat sich gezeigt, dass die Geschichte „Der plötzliche Spaziergang“ grundlegend von einer
Figur, die ihre Familie verlässt, um sich selbst zu finden, handelt. Diese Figur ist womöglich
ein Jugendlicher, der den Ansprüchen seiner Eltern nicht entspricht. Dieser Vorstellung des
perfekten Kindes und vermutlich auch seiner eigenen Vorstellung, entspricht der Protagonist
nicht, weswegen er sich auf den Weg macht und sich als erstes Ziel die Freiheit setzt.
Liebes Tagebuch,
heute habe ich meinen Freund zu einem Tee eingeladen. Wie immer entgegnete er die
Einladung mit einem „Mal sehen“. Diese Reaktion erwartete ich bereits von ihm, denn so
war es die letzten Tage, Wochen und Monate. Doch man sollte niemals die Hoffnung
aufgeben, denn zu meiner Überraschung klingelte es heute an meiner Tür. Ich dachte erst,
dass es die Frau von nebenan sei, die ständig nach Mehl oder Zucker fragt, doch in meiner
tiefsten Seele hoffte ich, dass er vor der Tür wartete, wenn er bloß die Entschlossenheit
hätte seiner Familie entgegenzutreten und sich für seine Freiheit zu entscheiden. Wenn er
heute hier vor mir stehen würde und wir zusammen über unsere gemeinsame Leidenschaft
sprechen könnten, würde es mir mein Herz erlösen. Mein Herz erhoffte sich das alles und
dann geschah es wirklich – es wurde real. Mein bester Freund stand da mit einem
Selbstbewusstsein, das ich nie bei ihm erlebte - er wirkte so kraftvoll. Spontan entschieden
wir uns Platz zu nehmen und zu brainstormen, um neue Ideen für unsere Werke zu finden.
Es wurden absurde bis hin zu romantische Ansätze gefunden. Unsere Hauptideen waren
Werke, die sich mit der Liebe beschäftigen sollten. Mit der Liebe zur Familie, die niemals
endet und weshalb dennoch manchmal ein Abstand zu ihr gut tut. Auch sollten sich die
Werke mit der Liebe zu den Freunden, mit denen man eine Leidenschaft teilt, beschäftigen.
Auch die verbotene Liebe, welche nicht gedeihen kann, weil sie gesellschaftlich, politisch
oder kulturell als sündhaft gesehen wird, spielt eine große Rolle. Dazu fällt mir die Liebe
meiner Schwester ein. Sie hatte ihn geliebt, den jungen Bauernburschen. Er war der jüngste
und würde kaum etwas erben. Zudem sah er oftmals ungepflegt aus, weil er viel arbeitete,
um das kleine Bisschen, das er sich leisten konnte, zu erhalten. Doch meine Schwester
hingegen ist eine aus einem hochangesehenen Hause, weshalb es eine Schade für meine
Familie gewesen wäre, wenn sie mit dem Bauernburschen zusammen wäre. Deswegen
musste sie aufhören ihn zu treffen oder sie würde von der Familie verstoßen werden. Das tut
mir zutiefst leid, aber ich bin der Meinung, dass die reine und wahre Liebe immer nicht
akzeptiert wird. In Wahrheit war ich sehr erfreut wegen des Besuches meines Freundes, weil
ich eine Liebe zu ihm fühle, die mehr als Freundschaft symbolisiert, doch diese Liebe gehört
ebenso zu der verbotenen Liebe. Als er hier war, hatten wir unglaublich viel Spaß. Es war
atemberaubend als wir in einer Wellenlänge gefangen waren und uns ohne Worte
verstanden. Diese Verbindung zu einem Menschen hatte ich noch nie gefühlt. In mir
strömten die unterschiedlichsten Gefühle, welche mich nicht loslassen. Als er dann sagte,
dass er nachhause gehen müsse, wurde ich untröstlich traurig, sodass ich mich wieder
einsam fühlte, doch in Wirklichkeit war ich wie noch nie erfüllt mit Gefühlen. Er war an
diesem heutigen Tage überaus glücklich und so meinte er, er würde sich öfter für die Freiheit
entscheiden. Wäre diese Freiheit unsere Liebe, dann würde er sich für mich entscheiden, das
weiß ich. Jedoch bin ich auch skeptisch, denn dich öfters für die Freiheit entscheiden, kann
vieles heißen. Heute war ihm frei danach einen Spaziergang zu machen. Im Vergleich zu
davor fühlte er sich freier denn je, denn bekanntlich ist der erste Schritt der schwerste. Doch
ich würde nie denken, dass ein Mensch, dem es schwerfällt seiner Leidenschaft nachzugehen
sich Gedanken darüber macht seine Liebe zu erleben, denn das ist ein Privileg, das kaum ein
Mensch zu erleben glaubt, doch das Träumen bleibt uns. Das Träumen - er hatte mir erzählt,
wie seit Monaten, Wochen und Tagen seine Gedanken herumschwirrten mit was-wäre-
wenn-Fragen, dass es sogar besser war als er sich es erträumte auf diesen Spaziergang
gegangen zu sein. Ein Traum ist also schön, um sich zu motivieren, doch das Reale kann viel
besser sein. Dennoch kann ein Traum einen auch erdrücken mit der Idee, dass es wunderbar
sein wird. Stell dir vor, dass du deinen Traum nie erleben wirst, dann wird dich dein Traum
erdrücken, da du es nicht erleben wirst. Du wirst also vergeblich darum kämpfen. Die Frage
hierbei ist, ob es sich lohnt zu kämpfen und ob die Risiken und Verluste es wert sind -
vielleicht ja, vielleicht nein. Im Endeffekt muss man entscheiden, ob man mit dieser
Entscheidung zufrieden sein wird und das langfristig und ob man auch trotz Verluste, die
man sein ganzes Leben lang mit sich trägt, zufrieden sein kann. Die Familie zu verlieren ist
aber genug Pessimismus, denn heute war mein und der von meinen Liebsten beste Tag seit
langem. Deswegen werde ich das Gefühl in mir speichern und immer wieder erleben, sowie
aufblühen lassen und niemals vergessen.

Danke liebes Tagebuch für deine offenen Seiten, bis morgen!

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