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Beispielanalyse zur der Kurzgeschichte Augenblicke (W.H.

Fritz)

In der Kurzgeschichte „Augenblicke“, geschrieben vom W.H. Fritz und im Jahre 1964 veröffentlicht, geht
es um eine schwierige Mutter-Tochter Beziehung.
Die Kurzgeschichte beginnt damit, dass die Tochter (Elsa) sich im Badezimmer fertig macht. Ihre Mutter
betritt währenddessen unter einem Vorwand ebenfalls das Badezimmer, dies tue sie fast immer. Die
Tochter verlässt daraufhin das Badezimmer, weil es zu eng sei. Ohne eine Verabschiedung verlässt Elsa
wenig später das Haus, um in die Stadt zu fahren. Dort macht sie sich auf den Weg zu einer
Wohnungsvermittlung, die sie aber nicht findet. Elsa hält sich so lange in der Stadt auf, bis es spät am
Abend ist und sie sicher sein kann, dass ihre Mutter bereits schläft. So brauche sie ihr nicht mehr eine gute
Nacht zu wünschen. Sie wolle ausziehen, weil sie sich nicht mehr beherrschen könne, wenn ihre Mutter
sie wieder im Bad stören würde. Ihre Mutter suche, seitdem der Vater verstorben war, oft den Kontakt zu
Elsa, weil ihr langweilig sei. Als Elsa kurz vor Mitternacht nach Hause kommt, denkt sie an ihre alte und oft
kranke Mutter.
Elsa ist zwanzig und arbeitet (vgl. Z. 35f). Die Mutter ist Witwe und oft allein (vgl. Z. 39). Deshalb sucht sie
verzweifelt den Kontakt zu ihrer Tochter, „sie wollte mir ihrer Tochter sprechen“ (Z. 39f). Dies wird an
unterschiedlichen Stellen deutlich. So kommt sie beispielsweise mehrfach ins Badezimmer der Tochter,
wenn Elsa sich fertig macht (vgl. Z. 4) oder sucht sie im Flur auf (vgl. Z. 40ff). „Sie liebte Elsa. Sie
verwöhnte sie.„ (Z. 42). Allerdings scheint zu wissen, dass sie ihrer Tochter auf die Nerven geht, das wird
beispielsweise deutlich, als sie „vorsichtig“(Z. 15) die Tür von Elsas Zimmer öffnete, um ihr zu sagen, dass
sie zurück ins Bad kann (vgl. Z. 15ff).
Ansonsten geht die Mutter nicht in ihr Zimmer. Aber wenn die Sehnsucht zu ihr größer wird, begegnen sie
sich auf „neutralem“ Boden wie Bad oder Flur (Z. 41). Aber nur, wenn Elsa „zufällig“ da ist.
Die Tochter kann nicht nachvollziehen, was ihre Mutter durchmacht und warum sie tut, was sie tut (vgl. Z.
4ff). Sie ist gereizt, sobald die Mutter wieder einmal ihre Nähe sucht. Dabei versucht sie ruhig zu bleiben
(vgl. Z. 5) und geht ihr aus dem Weg (vgl. Z. 12). Elsa ist ziemlich selbstständig, denn sie arbeitet bereits (Z.
40). Sie ist dennoch nicht sehr einfühlsam, da sie die Gefühle ihrer Mutter von Langeweile und Einsamkeit
nicht versteht. Sie scheut den Kontakt zu ihr, es ergibt sich selten „die Gelegenheit“ (Z. 40), dass sich die
beiden treffen und unterhalten. Elsa geht, wenn die Mutter kommt oder gibt vor, dass sie arbeiten müsse,
nur um in keinen Dialog oder gar ein Gespräch mit ihr zu treten (vgl. Z. 16f). Selbst, als sie die Wohnung
verlässt, verabschiedet sie sich nicht einmal von ihr (vgl. Z. 21). Zudem überlegt sie, wann sie nach Hause
kommen muss, damit sie nicht mehr mit ihrer Mutter sprechen muss (vgl. Z. 34). Am liebsten würde sie
sofort ausziehen, daher macht sie sich auf den Weg zu einer Wohnungsvermittlung (vgl. Z. 27). In der Eile
hat sie vergessen, die Adresse der Wohnungsvermittlung mitzunehmen. Nach einer Weile sucht sie nicht
mehr, sondern läuft nur noch umher – nur weit weg von ihrer Mutter. Aber als sie abends in ihrem
Zimmer sitzt, wird ihr erst klar, dass sie gar nicht ausziehen kann (Z. 48-50).
Ihre Mutter ist allein. Ihr ist oft langweilig, und sie ist krank. Wenn sie ausziehen würde, wer würde nach
der Mutter sehen? Sie hatte doch niemanden sonst. Es scheint, als würde Elsa ein schlechtes Gewissen
plagen, sie „kauerte in ihren Sessel“ (Z. 49). Insgesamt verstecken beide ihre Gefühle dem Anderen
gegenüber, da sie nicht ehrlich über ihre Gefühle sprechen. Somit lässt sich die Beziehung als distanziert
beschreiben. Die Analyse zeigt, dass die beiden in einem angespannten Verhältnis stehen. Die Mutter
sucht die Nähe, die Tochter will Abstand. Der Titel „Augenblicke“ wurde vermutlich gewählt, weil es
immer nur bestimmte Augenblicke, sind, in denen die Mutter mit der Tochter reden möchte oder einfach
nur bei ihr sein will. Gleichzeitig sind es die Augenblicke, in denen die Tochter allein sein will. Und
die Augenblicke, in denen beides zusammenkommt.
In dem Text geht es vermutlich darum, nicht immer an sich selbst zu denken, zu schauen, wie es dem
anderen geht und warum es ihm so geht.

Die Gefühle und Gedanken von Elsa und Mutter werden durch eine auktoriale Erzählperspektive
unterstützt. Der Erzähler hat den Überblick über das gesamte Geschehen und weiß, wie sich Elsa und die
Mutter fühlen. Dadurch kann sich der Leser gut in beide Figuren hineinversetzen. Allerdings werden hier
vor allem Elsas Gefühle deutlich, sodass die Kurzgeschichte zum Teil auch als personale Erzählform
interpretiert werden kann.
Die Kurzgeschichte ist eine typische Kurzgeschichte, da sich eine Vielzahl der Merkmale wiederfinden
lassen. So beginnt die Geschichte unmittelbar und ohne Einleitung im Badezimmer. Es wird nicht sofort
klar, warum Elsa genervt ist, warum sich die Mutter so verhälft, in welcher Beziehung die beiden
zueinander stehen usw. Weiterhin hat die Geschichte ein offenes Ende. Es wird nicht deutlich, ob Elsa am
Ende ausziehen wird oder die beiden ein ehrliches Gespräch miteinander führen werden. Beides sind
Kennzeichen einer Kurzgeschichte.
Elsa und ihre Mutter sind typische Figuren eines alltäglichen Lebens, die sich mit alltäglichen Problemen
beschäftigen. Häufig geht es bei Kurzgeschichten um einen Konflikt, wie auch hier: Es geht um einen
unausgesprochenen Konflikt zwischen Mutter und Tochter. Dies ist ebenfalls typisch für Kurzgeschichten.
Die einfache Sprache, die wenigen Charakter und die kurze Handlung unterstreichen diese Aussage.

Insgesamt spiegelt der Text spiegelt eine Situation wieder, die es sicher auch heute noch so gibt. Mütter,
dich sich nicht von ihren Kindern trennen können und Kinder die es nicht nachvollziehen können, länger
bei den Eltern wohnen zu bleiben, als nötig, da sie eigenständig werden und sein wollen. Das Problem hier
ist nun, dass sich Elsa am Ende für ihre Mutter verantwortlich fühlt, was einerseits verständlich ist,
allerdings ist es für Elsa auch Zeit auszuziehen.
Eine Lösung für das Problem wäre, dass beide einmal miteinander sprechen würden. Keiner weiß, was in
dem Anderen vor sich geht.

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