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*}}Franz Kafka schrieb seine Parabel „Heimkehr“ im Jahr  

1920.
Der Text lässt sich in drei Abschnitte unterteilen. Im ersten beschreibt der Sohn den Hof, wie er aussieht und
auf ihn wirkt. Im zweiten zweifelt er daran, dass er zu Hause noch willkommen ist. Im dritten erkennt er
schließlich, dass er in diesem Haus nicht willkommen ist und er denkt an seine Kindheit zurück. Der vierte
Teil, der eigentlich nun folgen müsste, um uns Aufschluss zu geben, ob der Sohn den letzten Schritt durch
die Tür wagt oder nicht, fehlt. Das Ende bleibt offen.

Im Text geht es um einen Sohn, der nach Hause zurückkehrt. Besonders eindrücklich schildert  Kafka dessen
Gefühle. Der Hof wirkt fremd und unheimlich auf ihn, obwohl er einst sein Zuhause gewesen ist. Alles ist
unordentlich und es scheint, als sei der Hof verwahrlost, als hätte sich lange niemand mehr um Ordnung,
Sauberkeit und Disziplin gekümmert. Der Sohn fasst nicht den Mut, die Küchentüre zu öffnen oder auch nur
anzuklopfen; er bleibt im Flur stehen und kann sich nicht entscheiden, was er tun soll. Er hat Angst und will
sich der Situation nicht stellen, weil er nicht weiß, wie sein Vater reagiert, wenn er wieder nach Hause
kommen wollte, und ob er ihm überhaupt erlauben würde zu bleiben. Das Ende der Parabel bleibt offen.
Kafka sagt uns nicht, ob der Sohn sich seinen Ängsten stellt oder ob er vor ihnen davonläuft.
Die ganze Geschichte dreht sich um den Sohn. Er ist durchgehend Erzähler und beschreibt seine subjektiven
Gefühle und Gedanken. Als Leser wissen wir nicht, wie lange der Sohn von zu Hause weg war, oder warum
er gegangen ist; einzig, dass sich auf dem Hof vieles verändert hat, erfahren wir und dass diese
Veränderungen nicht zum Besseren geführt haben. Einige Dinge auf dem Hof erkennt er nicht einmal oder
glaubt, sie vergessen zu haben. Über den Vater, die zweite Person im Text, erfährt man nur Dinge aus der
Sicht des Sohnes. Er wird sehr autoritär und dominant dargestellt, er verdeckt sozusagen den Rest der
Familie. Es ist der Hof des Vaters, das Haus des Vaters. Die Familie, seine  Mutter und eventuelle
Geschwister werden nicht erwähnt, treten in den Schatten des Vaters und werden von der negativen
Dominanz des Vaters überstrahlt. Insgesamt scheint der Sohn ein gestörtes Verhältnis zu seinem Vater
gehabt zu haben.
Beim Text handelt es sich um eine Parabel. Die Aussage einer Parabel ist für den Leser nicht gleich zu
erkennen. Parabeln sprechen durch Bilder und indirekte Andeutungen und müssen erst durch Überlegen und
Interpretation entschlüsselt werden, damit ihr wahrer Sinn klar wird. Kafkas Parabel ist eine Art Rätsel, das
den Leser zum Nachdenken anregt, was allerdings seltsam erscheint, wenn man weiß, das Kafka nie wollte,
das seine Werke gelesen werden und ein Leser somit nicht vorgesehen war und auch nicht angesprochen
werden musste und sollte.
Ähnlichkeiten zu dieser Parabel weist das „Gleichnis vom verlorenen Sohn“ auf, in dem auch die Rückkehr
eines Kindes beschrieben wird. Die biblische Version der „Heimkehr“ ist allerdings wesentlich eindeutiger.
Der Leser weiß, warum der Sohn von zu Hause fort gegangen ist. Er weiß, warum er zurückkehrt und auch
das Ende wird nicht verschwiegen. Kafkas „Heimkehr“ ist bedrückend und auch das Gleichnis in der Bibel hat
am Anfang einen ungewissen Ausgang, auch dieser Sohn zweifelt. Am Ende aber wird er von seinem Vater in
die Arme geschlossen. Jesus Geschichte geht gut aus und verbreitet eine positive Botschaft, während Kafkas
eine bedrückende depressive Stimmung verursacht und einen selbst am Leben zweifeln lässt.
Der Erzählform ist die Ich-Perspektive. Der Erzähler ist mitten im Geschehen und auch selbst daran beteiligt.
Er gibt seine subjektive Sicht der Dinge, seine Gefühle und seine Gedanken wieder.
Kafka wechselt in seiner Parabel zwischen zwei Erzählweisen. Zuerst beschreibt er die allgemeine Situation,
die für jeden, der den Hof sieht, offensichtlich ist, dann aber geht er in einen inneren Monolog über, der von
den Emotionen und Gefühlen des Erzählers handelt.
Kafkas Text strotzt vor Adjektiven. Sie vermitteln dem Leser eine traurige Stimmung und lassen den Text
düster wirken. Würde man die Geschichte malen, dann wäre das Bild grau und trist und die Melancholie
würde dem Betrachter sofort ins Auge springen und ihm im Herzen wehtun.
Kafkas Figur versperrt sich in dieser Parabel selbst den Eintritt in eine angenehmere Zukunft. Der Hof, den
der Sohn vor sich hat, scheint wie ein bedrohlicher Schauplatz, den es zu überwinden gilt. Eine Pfütze
versperrt ihm den Weg und alles ist unaufgeräumt und verwahrlost. Der Hof scheint wie das Leben des
Sohnes zu sein, ohne festen Halt, ohne Ordnung und Bezug. Die einzige Bezugsperson, die der Sohn hat, ist
der Vater, der hinter der Küchentür ist. Der Sohn glaubt, nicht willkommen zu sein, obwohl es das Haus
seiner Eltern ist, glaubt er sich nicht zu Hause fühlen zu können.
Ich denke, obwohl sein Vater so autoritär scheint, ist es gerade das, wonach er sich sehnt, eine Person, die
Ordnung in sein Leben bringt, an die er sich anlehnen kann. Doch Zweifel nagen an ihm, ob er hinter der Tür
wirklich das finden kann, was er sucht. Durch den Kamin steigt Rauch auf, ein Zeichen dafür, dass es im
Inneren warm und gemütlich ist, aber der Sohn denkt, dass er dort auch fremd sein könnte. Er sieht sich
nicht mehr als Teil dieser Gemeinschaft und hat Angst die Tür zu öffnen und sein Glück zu versuchen. Die
Tür steht für die Chance auf eine bessere Zukunft, für eine Flucht aus der düsteren Unordnung, aber der
Erzähler steht sich selbst im Weg. Er sieht seine Fehler und glaubt, dass er es nicht wert ist, die heile Welt
hinter der Tür zu stören.
Die Katze, die er auf dem Hof sieht, scheint wie ein Unglücksbote. Er erinnert sich zurück an seine Kindheit,
wie unbeschwert sein Leben war und gleichzeitig wird ihm klar, dass das nicht mehr so ist. Mit dem leichten
Uhrenschlag, den er aus seiner Kindheit zu hören glaubt, ist die Möglichkeit des Eintretens wahrscheinlich
endgültig verstrichen. Für den Sohn ist das Leben hoffnungs- und zwecklos, er glaubt nicht, seiner Familie
etwas nützen zu können.
Kafkas Parabel ist das Gegenteil des biblischen Gleichnisses, der verlorene Sohn kehrt bei ihm zurück und
wird nicht schon vor dem Hof empfangen. Er ist seinen Selbstzweifeln überlassen. Wie Autobiographen
berichten, hatte Kafka selbst ein gestörtes Verhältnis zu seinem Vater. Dadurch, dass er das Ende der
Parabel offen lässt, zeigt sich vermutlich, dass er selbst keine Antwort auf die Probleme des Sohnes zu geben
vermag und auch für seine eigenen keine hatte.

**}}Die Parabel ist 1920 entstanden, nachdem der Dichter von einem mehrwöchigen Kurbesuch und einem
vorübergehenden Aufenthalt bei seiner Schwester zu seinen Eltern zurückkehrt. Veröffentlicht wurde sie 1936
von Max Brod, einem engen Vertrauten Kafkas. Die Parabel erzählt von der Heimkehr eines Mannes zu dem alten
Hof seiner Eltern, auf welchem er scheinbar aufgewachsen ist. Als der personale Erzähler sich auf dem Hof
umblickt, überkommt ihm ein Gefühl der Fremde und Unsicherheit. Dieses Gefühl verstärkt sich zunehmend und
er zweifelt, ob er seine Familie wiedersehen will.

Zunächst beschreibt der Mann seine Ausgangssituation („Ich bin zurückgekehrt, ich habe den Flur überschritten
und blicke mich um.“ Z.:1), dann die Umgebung („Die Pfütze in der Mitte.“ Z. :2) und äußert in einem inneren
Monolog anschließend seine innere Situation. Dabei äußert er zunächst Zweifel und Unsicherheit an einer
Rückkehr („Wer wird mich empfangen?“ Z.:5) und kommt zur Erkenntnis, dass eine Annäherung zur Familie nicht
möglich ist („Wäre ich nicht selbst wie einer, der sein Geheimnis wahren will.“ Z.: 18-19). Dennoch bleibt am
Ende offen, ob der Erzähler den Hof verlässt oder die Küche betritt.

Die Wiedergabe sachlicher Eindrücke auf dem Hof erfolgt mit parataktischen Sätzen, welche eine Ruhe
aufzeigen, aber auch verdeutlichen, dass der Mann keine Bindung zu den Gegenständen und dem Hof hat („Die
Pfütze in der Mitte. Altes, unbrauchbares Gerät, ineinander verfahren, verstellt den Weg zur Bodentreppe“ Z.: 2-
3). Die Parataxen spiegeln eine Ordnung wieder, welche im Widerspruch mit der äußeren Umgebung steht. Die
elliptischen Sätze spiegeln den Gedankengang der Hauptperson wider. Der Zurückkehrende nimmt den Weg zu
dem Haus und seiner Familie als verstellt war, da „altes, unbrauchbares Gerät“ den Weg versperrt („Altes,
unbrauchbares Gerät, ineinander verfahren, verstellt den Weg zur Bodentreppe.“ Z.: 2-3). Der Autor bringt somit
zum Ausdruck, dass alte Erinnerungen und Konflikte die Beziehung zum Vater belasten und ein enges,
emotionales Verhältnis behindern. Der Protagonist findet auf dem Hof ein „zerrissenes Tuch“ vor, welches ihn an
seine Kindheit erinnert und Zweifel hervorruft. Durch die Beschreibung des Hofes mit negativ konnotierten
Adjektiven drückt der Mann seine innere Gefühlslage aus: Auf ihn wirkt die eigentlich gewohnte Umgebung
„kalt“ (Z.: 8) und ein deutliches Unbehagen wird spürbar. Dieses Gefühl wird durch die Metapher "Die Katze
lauert auf dem Geländer" unterstützt, da Katzen Gefahr darstellen. Die vielen rhetorischen Fragen („Wer wird
mich empfangen?“ Z.: 5; „Ist dir heimlich, fühlst du dich zu Hause?“ Z.: 7) weisen zudem eine Unsicherheit auf.
Schließlich gesteht der Erzähler sich ein, dass er „sehr unsicher“ (Z.: 7-8) ist.

Der Mann nimmt in der Küche die Anwesenheit von Personen wahr, da Rauch aus dem Schornstein kommt und
Kaffee gekocht wird („ Rauch kommt aus dem Schornstein, der Kaffee zum Abendbrot wird gekocht“ Z.:6-7).
Seine Selbstzweifel lassen ihn vor der Küchentür verharren: Der Sohn des Landwirtes fragt sich, ob er seiner
Familie etwas nützt und denkt, dass er einen praktischen Wert besitzen muss, um aufgenommen und geliebt zu
werden. Dieser Gedanke ist allerdings paradox, da Eltern ihre Kinder unbegründet lieben sollten. Es wird
zunehmend die Distanz zum Vater deutlich, da der Mann Tätigkeiten seines Vaters nicht kennengelernt hat
(„ Meines Vaters Haus ist es, aber kalt steht Stück neben Stück, als wäre jedes mit seinen eigenen
Angelegenheiten beschäftigt, die ich teils vergessen habe, teils niemals kannte.“ Z.: 8-10). Das Adjektiv „kalt“
bezieht sich ebenso auf die Beziehung Vater und Sohn,welche wie die Stücke auf dem Hof nur nebeneinander
leben, als miteinander.

Den Erzähler trennt nur noch eine Küchentür von seiner Familie. Die Tür steht für den Eintritt in das
Familienleben, allerdings klopft er nicht an, sondern bleibt in einiger Entfernung stehen, um zu horchen. Die
Wiederholung von „von der Ferne horche ich“ (Z.:12) zeigt, dass er sich wie ein Eindringling fühlt und Angst vor
einer Begegnung hat („Ich wage nicht an der Küchentüre zu klopfen,…“ Z.:11-14). Es wird deutlich, dass der Sohn
kein Familienmitglied mehr ist und die von der Familie ausgestrahlte Geborgenheit verwehrt bliebt. Die
mehrmalige Verwendung von „Ferne“ (Z.: 12; 13) untermauert dies ebenso wie die Tatsache, dass die Personen
in der Küche ein Geheimnis vor ihm haben („Was sonst so in der Küche geschieht, ist das Geheimnis der dort
Sitzenden, das sie vor mir wahren.“ Z.: 15-16). Der Autor schafft mit „der dort Sitzenden“ und dem Wechsel zum
unpersönlichen „man“ („Je länger man vor der Tür zögert, desto fremder wird man.“ Z.:16-17) erneut Distanz
und Entfremdung. Dem Mann wird durch einen „leichten Uhrenschlag“ (Z.:14) bewusst, dass es zu spät ist, sich
wieder anzunähern und er nun ein Fremder bleiben wird. Durch das Fehlen des Fragezeichens beim letzten Satz
wird deutlich, dass für ihn die Situation klar ist: Er hält eine Annäherung für unmöglich („ Wäre ich dann nicht
selbst wie einer, der sein Geheimnis wahren will.“ Z.:18-19).

Während die Parataxen zeigen, dass der Sohn sich nach einer Ordnung sehnt, stellt das hypotaktische Satzgefüge
die komplizierte Beziehung zum Vater da. Der Vater wird als autoritär dargestellt und könnte seinem Sohn diese
Ordnung geben. Der Konjunktiv („ Ich wage nicht an der Küchentüre zu klopfen,…, nicht so, dass ich als Horcher
überrascht werden könnte.“ Z.:11-13) spiegelt die Unsicherheit des Erzählers wider.

Der Titel „Heimkehr“ steht im Widerspruch zu dem Inhalt. Das Heim ist ein Ort, an dem man sich sicher und
geborgen fühlt. In der Parabel löst dieser Ort bei der Hauptperson allerdings Unsicherheit und das Gefühl des
Fremdseins aus. Somit kehrt der Protagonist nicht heim. Ebenso spricht er von „Meines Vaters Haus“ (Z.: 2; 8)
und nicht von seinem Zuhause oder das Haus seiner Eltern. Es wird deutlich, dass der Mann den Vater als
Familienhaupt ansieht und die Mutter, welche in der Parabel nicht erwähnt wird, ihm untertänig ist.

Der Dichter Franz Kafka fühlte sich auch durch seinen Vater von der Familie ausgeschlossen. Die Parabel zeigt
Parallelen zu Kafkas Leben: Er nahm nicht an den abendlichen Kartenspielen seiner Eltern teil und grenzte sich
somit aus. Ebenso war sein Vater autoritär und übermächtig. Mit den alten, in einander verfahrenen Geräten
(vgl. Z.2-3) könnte Kafka sich auf die Konflikte und unterschiedlichen Ansichten seines Vaters beziehen.

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