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DÁVID DIÓSI

Totenkult bei den Christen


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DÁVID DIÓSI

Totenkult bei den Christen

Die Übernahme jüdischer und heidnischer


Trauergebräuche in die römisch-christliche
Sterbe- und Begräbnisliturgie

Eine religions- und liturgiegeschichtliche Untersuchung

Studium Verlag
Cluj Napoca
2010

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© Dr. Dávid Diósi

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Ich widme diese Arbeit in Dankbarkeit

Msgr. Martin Roos


episcopus Timişoarensis

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„Es gehört zum großen Unglück der Welt,


daß sie verlernt hat, mit den Toten zu leben
und zu hören auf die stillen Einflüsterungen
der Liebe aus dem anderen Reich.“

Reinhold Schneider

„Wo Tod und Totenehrung nicht mehr zum


Leben gehören, ist das Christsein in Gefahr.
Wo Tod und Totenehrung nicht mehr zum
Leben gehören, ist die menschliche Kultur
in Gefahr und der Mensch auf dem Weg,
zu einer vierbeinigen Kreatur zu werden.“

Werner Kathrein

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Vorwort

Wenn ich auf die Entstehung der Arbeit zurückblicke,


sehe ich mich vielen und vielfältig zu Dank verpflichtet,
denn jede Arbeit ist auf die Mithilfe und das Wohlwollen
vieler Menschen angewiesen.
An erster Stelle gilt mein Dank meinem verehrten Lehrer,
Herrn Subregens, Prof. Dr. theol. habil. Karlheinz Diez.
Er hat mich auf diesem Weg mit großer Geduld und Um-
sicht begleitet und verstand es, die „Zügel“ so locker zu
halten, daß ich nicht am Begehen selbstgewählter Pfade
gehindert war, aber doch immer so fest, daß ich nicht
vom Hauptziel abkam.
Domkapitular Prof. Dr. theol. Werner Kathrein hat sich
der Mühe des Zweitgutachtens unterzogen, sich für die
Arbeit mit persönlicher Anteilnahme engagiert, mich
immer wieder motivierend begleitet und mir wertvolle
Hinweise gegeben, wofür ich ihm herzlich danke.
Ein herzliches Dankeschön gilt Prof. Dr. theol. Dr. phil.
Bernd Willmes für sein Interesse an der Arbeit sowie für
seine wertvollen Ratschläge, die mir eine große Hilfe
waren und bei der Überarbeitung des alttestamentlichen
Teils zu zahlreichen Präzisierungen geführt haben.
Die Kritiken, Korrekturen und Ergänzungen dieser oben-
genannten drei Gelehrten sind der Arbeit an ungezählten
Stellen zugute gekommen.

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Ich möchte auch drei Professoren der Katholisch-


Theologischen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-
Universität Münster danken: Prof. Dr. theol. Arnold An-
genendt, Prof. Dr. theol. Winfrid Cramer OSB und Prof.
Dr. theol. Erich Zenger, die durch ihre hervorragenden
Vorlesungen die ersten Anregungen für die Wahl diese
Themas gegeben haben.
Der Leiter der Bibliothek des Bischöflichen Priestersemi-
nars Fulda, Bibl. Direktor Dr. Berthold Jäger und der
Leiter der Bibliothek des Kloster Fulda-Frauenberg,
P. Emmanuel Dürr OFM haben mir mit den anderen Mi-
tarbeitern wesentliche Hilfe geleistet. Auf diesem Weg
möchte ich ihnen für die freundliche Aufnahme und
Hilfsbereitschaft bei der Suche nach der Literatur dan-
ken.
Ein herzliches Vergelt‟s Gott sage ich auch meine Freun-
den: Martin Stanke, Tobias Rotter, Norbert Gatz und
Tobias Günther, die unter großem persönlichen Zeitauf-
wand Korrektur gelesen haben. An der technischen Aus-
führung waren wiederum zwei Freunde von mir beteiligt:
Dipl. Theol. Daniel Pacho und Cotiso Mărgulescu. Ohne
deren Unterstützung wäre diese Arbeit nicht zustande
gekommen. Vielen herzlichen Dank!
Allen genannten und auch vielen Personen, die meine
Arbeit gefördert und begleitet haben, danke ich nochmals
für ihnen Beitrag zum Gelingen des Ganzen.
Eine erste eingehende Einführung in die Welt der Litur-
gie verdanke ich meinem früheren Lehrer, Prof. Dr. theol.
habil. Anton Thaler, der aber 1998 dem Ruf seines Hei-
matbischofs folgend Generalvikar in St. Gallen wurde. Er
hat mich durch seine Vorlesungen, Seminar- bzw.
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Schwerpunktstudiumsveranstaltungen und seine Publi-


kationen immer wieder zu einem intensiveren Liturgies-
tudium motiviert.
Ich sage auch einen sehr herzlichen Dank, Herrn Regens,
Domkapitular Prof. Dr. theol. Gerhard Stanke für die
schönen, in Deutschland verbrachten Jahre, für die
freundliche Aufnahme in ein neues Zuhause und für die
freundschaftliche Atmosphäre im Haus, was mir ein gu-
tes Studium ermöglichte.
Meinem Heimatbischof Msgr. Sebastian Kräuter, Bi-
schof von Temeswar, bin ich auch zu großem Dank ver-
pflichtet, da er mir dieses Auslandsstudium möglich ge-
macht hat.
Von denen, die mich über den Rahmen dieser Arbeit hi-
naus angeregt, ermutigt, durch ihr Leben und Denken
meinen Weg im Glauben und hin zur Liturgiewissen-
schaft am stärksten geprägt haben, seien lediglich drei
genannt: der Ordinariatskanzler meines Heimatbistums
Temeswar, Msgr. Martin Roos, mein Heimatpfarrer,
Domkapitular László Túry und mein Freund, Kapellmeis-
ter Vilmos Geréd. Ihnen ist diese Arbeit gewidmet.

Dávid Diósi

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Inhaltsverzeichnis

VORWORT ........................................................................ 9

EINFÜHRUNG .................................................................. 15

1. EIN ALLGEMEINER ABRIß DER VERSCHIEDENEN


BESTATTUNGSFORMEN AUS
RELIGIONSPHÄNOMENOLOGISCHER SICHT .................. 21

1.1. ERDBESTATTUNG ............................................................................ 21


1.1.1. Bestattung innerhalb des Hauses......................................... 21
1.1.2. Bestattung außerhalb des Hauses ....................................... 23
1.2. LUFTBESTATTUNG ..........................................................................26
1.3. WASSERBESTATTUNG .....................................................................28
1.4. FEUERBESTATTUNG ........................................................................28
1.5. EINBALSAMIERUNG BZW. MUMIFIZIERUNG ................................... 30
1.6. DER KANNIBALISMUS ..................................................................... 33
1.7. MISCHFORMEN ...............................................................................34

2. BESTATTUNG IN ISRAEL..............................................37

2.1. „DIE MUTTER ALLER LEBENDEN“ (SIR 40,1) .................................. 37


I. Exkurs: Die kultische Prostitution im Rahmen der
Fruchtbarkeitsvorstellungen ......................................................... 41
2.2. JAHWE, DER LEBENDIGE ................................................................ 45
2.3. „JAHWE UND SEINE ASCHERA“ ....................................................... 47
2.4. LEICHENVERBRENNUNG IN ISRAEL ................................................ 56
2.5. TOTENKLAGE IN ISRAEL ................................................................. 57
2.6. „DU SOLLST DAS LAND NICHT UNREIN WERDEN LASSEN“
(DTN 21,23).......................................................................................... 67

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* * *

II. Exkurs: Die Bedeutung des „roten Blutes“ für das


Reinigungsritual............................................................................. 75

3. DER UMGANG MIT DEN TOTEN BEI DEN RÖMERN .... 79

4. BESTATTUNG BEI DEN CHRISTEN.............................. 83

4.1. DAS GRAB JESU ..............................................................................83


4.2. GEDÄCHTNISFEIER FÜR DIE VERSTORBENEN CHRISTEN ................ 88
4.2.1. Die Ruhestätte der Christen ................................................ 88
4.2.2. Mittelalterliche Entwicklung............................................... 95
4.3. HEILIGE UND HEROEN UND IHRE VEREHRUNG ............................ 102
4.3.1. Inkubation im Alten Testament ......................................... 106
4.3.2. Inkubation bei den Christen ...............................................112
4.4. RELEVANTE UNTERSCHIEDE ZWISCHEN HEROEN- UND
HEILIGENKULT .................................................................................... 117
4.5. BEGRÄBNIS OHNE PRIESTER......................................................... 120
III. Exkurs: Änderungen der kultischen Reinheitsvorstellungen
im Laufe des Mittelalters ............................................................. 124
4.6. DIE GLOCKE ALS ÜBERNOMMENES ELEMENT IM TOTENKULT ....... 127
IV. Exkurs: Das Funktionsspektrum der Glocke........................ 129
4.7. DIE FUNKTION DES KREUZES IM TOTENKULT: SIEG ÜBER DIE
DÄMONEN ........................................................................................... 135
4.8. DIE UMDEUTUNG DER TRAUER ALS ESCHATOLOGISCHE HOFFNUNG137
4.9. AUSDRUCKSELEMENTE DER ESCHATOLOGISCHEN HOFFNUNG ...... 138
4.9.1. „Schauet gegen Osten!“ ...................................................... 138
4.9.2. „Maranatha“....................................................................... 142
4.9.3. Übertragung auf die Trauerriten ..................................... 146
4.10. TOTENKLAGE IM URCHRISTENTUM ............................................ 147

5. ZUSAMMENFASSUNG ................................................ 152

6. LITERATURVERZEICHNIS ......................................... 156

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* * *

Einführung

Der Tod ist ein aufwühlendes Thema, und jeder fühlt sich
davon im Innersten betroffen. Mit dem Tod hat es sich
der Mensch niemals leicht gemacht.
Für die Beschäftigung mit dem speziellen Thema des To-
tenkultes gab es selbstverständlich weitere Hintergründe,
Interessen und Anregungen. Erste Anstöße in diese Rich-
tung gaben mir durch ihre beeindruckenden Vorlesungen
drei Münsteraner Lehrer: Prof. Dr. Winfrid Cramer OSB,
Prof. Dr. Erich Zenger, besonders aber Prof. Dr. Arnold
Angenendt, der mich auch durch seine Publikationen
sehr beeinflußt hat. Herausfordernd wirkten auch die
hervorragenden Werke Mircea Eliades und Friedrich Hei-
lers, die mir immer wieder bewußt gemacht haben, daß
die Religionsphänomenologie – selbst wenn das heute oft
und von vielen vergessen wird – eine unerläßliche „ancil-
la liturgiae“ ist. Nur auf diese Weise läßt sich das typisch
Christliche an der Liturgie feststellen und auch erfor-
schen.
Eine solche Arbeit bietet natürlich nicht den passenden
Rahmen für ein solches umfassendes Thema, deswegen
beschränkt sich die vorliegende Studie lediglich auf einige
Aspekte dieses weiten Spektrums. Es ist mir bewußt, daß
fast alles noch weiterzuschreiben wäre. Es ist kein The-
ma, das man an einem vorher festgestellten Datum „ab-
liefern“ kann. Aber das ist das Risiko der Arbeit. Man
muß das Ende „wagen“!

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* * *

Bei der Literaturrecherche mußte ich feststellen, daß fast


zu jedem Abschnitt nicht nur einige Monographien, son-
dern im Laufe der Zeit zum Teil „ganze Bibliotheken“ ge-
schrieben worden sind, die ich unmöglich vollständig
kennenlernen und verarbeiten konnte, sollte die vorlie-
gende Untersuchung nicht zu einer „Lebensarbeit“ und
ihr Umfang ins Unangemessene gesteigert werden.
Dieses Thema stellt sich wie ein Puzzle eines schönen
Landschaftsbildes dar. Ich habe einige „Puzzlestückchen“
zu ordnen, kleine zusammengehörige Gruppen zu finden
und sie in das Bild einzupassen versucht. Selbstverständ-
lich konnte ich nicht alle Stücke näher betrachten – dies
hätte in den Rahmen eines solchen Unterfangens gar
nicht gepaßt – so mußten viele „Puzzleteile“ in den gro-
ßen „Spielkarton“ zurückgelegt werden.
Aus den letzten Jahrzehnten finden sich viele theologi-
sche Untersuchungen zu den verschiedenen Aspekten des
Themas Tod. Der Tod und die verschiedenen Formen der
Trauergebräuche wurden religionsphänomenologisch
bzw. kulturanthropologisch,1 biblisch2 und auch christ-

1 u.a. A. V. GENNEP: Riturile de trecere (Les rites de passage, Paris


1909), Iaşi 1998; G. WIDENGREN: Religionsphänomenologie, Berlin
1969; G. VAN DER LEEUW: Phänomenologie der Religion, Tübingen
1970; H. STUBBE: Formen der Trauer. Eine kulturanthropologische
Untersuchung, Berlin 1985; H.-P. HASENFRATZ: Leben mit den Toten.
Eine Kultur- und Religionsgeschichte der anderen Art, Freiburg
1998;
2 u.a. A. BERTHOLET: Die israelitischen Vorstellungen vom Zustand

nach dem Tode, Tübingen 1914; O. KNOCH: „Wirst du an den Toten


Wunder wirken?“ Sterben, Tod u. ewiges Leben im Zeugnis der Bibel.
Ein besinnliches Lesebuch, Regensburg 1977; M. KRIEG: Todesbilder
16
* * *

lich-historisch-liturgisch3 untersucht. Kaum allerdings


hat man sich mit der Frage der „Übernahme“ innerhalb
einer selbständigen, ausführlichen, spezifischen Studie
eingehender befaßt. In deutscher Sprache steht meines
Wissens abgesehen von verschiedenen Artikeln4 oder
aber von einigen Kapiteln innerhalb eines größeren Wer-
kes nichts zur Verfügung.
Im ersten Teil meiner Arbeit möchte ich einen kurzen
religionsphänomenologischen Überblick geben. Im Laufe
der Untersuchung ist mir immer wieder bewußt gewor-
den, wie viele Parallelen bzw. Analogien selbst zu unse-
rem christlichen Totenkult auszumachen sind. Sie lassen
sich von der Anthropologie her begründen; man kann

im Alten Testament oder: «Wie die Alten den Tod gebildet»


(AThANT 73), Zürich 1988; und andere Artikel (vgl. Literaturver-
zeichnis).
3 u.a. K. STÜBER: Commendatio animae. Sterben im Mittelalter,

Frankfurt a. M. 1976; PH. ARIÈS: Geschichte des Todes, München


1980; R. KACZYNSKI: Die Sterbe- und Begräbnisliturgie, in: Gottes-
dienst der Kirche Teil 8 (Sakramentliche Feier II), Regensburg 1984,
191-232; M. PROBST/K. RICHTER: Zeichen der Hoffnung in Tod und
Trauer. Ein Werkbuch zur Sterbe- und Totenliturgie, Freiburg 1996;
A. ANGENENDT: Geschichte der Religiosität im Mittelalter, Darmstadt
1997 (Kap. 21.).
4 u.a. TH. KLAUSER: Das Altchristliche Totenmahl nach dem heutigen

Stande der Forschung, in: E. DASSMANN (Hrsg.): Gesammelte Arbei-


ten zur Liturgiegeschichte, Kirchengeschichte und Christlichen
Archäologie; Münster 1974, 114-120; O. G. OEXLE: Die Gegenwart der
Toten, in: H. BRAET/ W. VERBEKE (Hrsg.): Death in the Middle Ages
(Mediaevalia Lovaniensa I,9), Löwen 1983, 19-77; O. G. OEXLE: Mahl
und Spende im mittelalterlichen Totenkult, in: FMSt 18 (1984), 401-
420.
17
* * *

aber die Vielfalt der Formen auf verhältnismäßig wenige


Grundformen reduzieren. In diesem Teil werden auch auf
die Gegenwart bezogene Angaben gemacht, denn es ist
sehr erstaunlich festzustellen, daß viele in der weiten
Vergangenheit praktizierten Bestattungs- bzw. Trauer-
formen auch noch heute bei den Naturvölkern lebendig
erhalten sind. Mircea Eliade, der bekannte Religionswis-
senschaftler, meinte folgendes, als er bezüglich der Be-
stattungen in der Zeit des Paläolitikums schrieb: „Wir
müssen nur die Bestattung bei einem archaischen Volk
unserer Zeit näher untersuchen, um uns des Reichtums
und der religiösen Symbolik bewußt zu werden, die in
einer anscheinend ganz schlichten Zeremonie enthalten
ist.“5 In verschiedenen Kulturen steht die Sorge um das
Fortleben des Menschen nach dem Tod in der Mitte des
religiösen, ja des ganzen menschlichen Lebens über-
haupt. Ihnen war und ist bis heute der Umgang mit ihren
Toten im wörtlichen Sinn lebenswichtig. Wo die Leben-
den die Verstorbenen aus ihrem Lebensbereich verdrän-
gen, da sterben die Erinnerungen an die eigenen Wurzeln
ganz rasch aus.
Im zweiten Teil geht es um die Bestattung in Israel, wobei
ich auf eine entscheidende Frage Antwort zu geben ver-
suche: Warum galten denn überhaupt die Toten in Israel
als unrein und weshalb wurde jeder, der mit den Verstor-
benen oder besser gesagt „Abgeschiedenen“ in Berührung
kam, unrein bzw. kultunfähig? Wie die Analyse zeigt, ste-
hen Fruchtbarkeitskult und Totenkult in engem Zusam-

5 M. ELIADE: Geschichte der religiösen Ideen I, 22.


18
* * *

menhang. Das ist das eigentliche Leitmotiv dieses Teiles


der Studie.
Der dritte Teil hat als Thema den Umgang mit den Toten
bei den Römern. Dieser dritte Teil erweist sich als über-
raschend kurz. Dies hat seinen einfachen Grund darin,
daß mir zu diesem Thema – im Gegenteil zu den anderen
Kapiteln – kaum Literatur zur Verfügung stand. Ich habe
aber trotz dieser „erzwungenen“ Knappheit, die relevan-
ten Aspekte komprimiert darzustellen versucht.
Die Frage, welche den Gang des vierten und zugleich letz-
ten Teils der Untersuchung leitet, ist die Frage nach der
„Übernahme“ einiger ausgewählter Elemente des heidni-
schen bzw. jüdischen Totenkults. „Die Kirche hat von An-
fang an Elemente des bodenständigen, nicht-christlichen
Brauchtums, das sie vorfand, in ihren Kult aufgenom-
men. Manches, was heute als liturgisch bezeichnet wer-
den muß, hat schon vor der Liturgie existiert und ist von
der Liturgie lediglich übernommen und umgestaltet wor-
den.“6 In diesem Teil wurde, wie ich schon oben andeute-
te, keine Vollständigkeit angestrebt; auf viele interessante
Elemente (z.B. das Totenmahl) mußte ich verzichten.
Die vier Exkurse, die in der Arbeit integriert sind, sollen
ein besseres Verstehen des Themas ermöglichen, indem
sie Teilaspekten ein weiteres Spektrum öffnen. Dadurch
soll die Einfügung eines „Puzzleteiles“ in das ganze, zu-
sammenhängende Bild erleichtert werden.

6P. BERGER: Religiöses Brauchtum im Umkreis der Sterbeliturgie in


Deutschland, 9.
19
* * *

20
* * *

1. Ein allgemeiner Abriß


der verschiedenen Bestattungsformen
aus religionsphänomenologischer Sicht

1.1. Erdbestattung

Bei der Erdbestattung ist zwischen der Bestattung inner-


halb und außerhalb des Hauses zu unterscheiden.

1.1.1. Bestattung innerhalb des Hauses

Hier kann freilich auf keinen Fall von Furcht vor dem
verstorbenen Familienmitglied die Rede sein. Ein Bei-
spiel für diese Bestattungsform ist uns aus dem alten
China bekannt. Der Tote wurde zuerst inmitten des
Grundstücks begraben. Später, als an dieser Stelle sich
die Verwesung des Körpers vollzogen hatte, vermischte
man die Substanz des verwesten Leichnams mit Erde in
der Ecke des Hauses, wo man das Saatkorn lagerte. In
dieser Ecke stand auch das Ehebett, wo das neue Leben
gezeugt wurde.7
Beim Stamm Betsileo aus Madagaskar wird solange ge-
wartet, bis der Körper innerhalb der eigenen Wohnung
verwest ist,8 und erst danach wird das Skelett bestattet.

7vgl. G. WIDENGREN: Religionsphänomenologie, 412.


8 Hier herrscht nämlich die Auffassung, daß die Toten nicht ins To-
tenreich gelangen, solange sich ihre Körper noch nicht aufgelöst ha-
ben (vgl. A. VAN GENNEP: Riturile de trecere, 133.).
21
* * *

Der Verwesungsprozeß wird durch ein großes Feuer be-


schleunigt.9 Die Bestattung innerhalb des eigenen Hauses
kam besonders bei seßhaften (agrarischen) Völkern vor.10
Man dachte auch in 1 Sam 25,1 eine solche Sitte ablesen
zu können. Diese Sitte ist kein israelitischer Brauch 11,
deswegen ist er, trotz gelegentlicher archäologischer
Funde in Jericho und Geser, recht umstritten, denn er
kann auf dreifache Weise gedeutet werden:

1. als Begrabensein im eigenen Haus12;

2. als Begrabensein auf dem Grundbesitz bzw. Grund-


stück der Familie13;

9 vgl. A. VAN GENNEP: Riturile de trecere, 133.


10 Sie hatten nämlich einerseits eine enge Beziehung zu den verstor-
benen Mitgliedern der Gruppe; andererseits vertraten die vom Bo-
denbau lebenden Menschen die Auffassung, daß die Toten dem Saat-
gut gleichen. So vergruben sie ihre Toten in den Ackerboden, damit
die Vitalkräfte in den Boden gehen und auf diese Weise wieder in die
Körper der Lebenden zurück gelangen können (vgl. K. E. MÜLLER:
Sterben und Tod in Naturvolkkulturen, 74.).
11 vgl. G. HENTSCHEL: 1 Samuel, 138; H. J. STOEBE: Das erste Buch

Samuels, 446.
12 vgl. G. HENTSCHEL: 1 Samuel, 138 übersetzt diese Stelle folgender-

maßen: „Man begrub ihn in seinem Haus in Rama.“; H. HAAG: Bibliai


lexikon, 1825; M. NOTH: Die Welt des Alten Testaments, 154f: die
„sonst bekannte Sitte, den Verstorbenen im Boden seines Hauses zu
begraben, ist in Palästina stets ungewöhnlich geblieben (die Angaben
von 1 Sam 25, 1 ist im Alten Testament ganz singulär). Höchstens bei
Fürsten war sie üblich.“ H. GUNKEL: ThLZ 36 (1911), 419; G.
WIDENGREN: Religionsphänomenologie, 411; H.-P. HASENFRATZ: Le-
ben mit den Toten, 68.
22
* * *

3. schließlich wird auch das Grab selbst „Haus“14 ge-


nannt.15

1.1.2. Bestattung außerhalb des Hauses

Weit verbreitet ist die Bestattung außerhalb des Hauses.


Wir stoßen in unterschiedlichen Kulturen (z.B. bei den
vorgeschichtlichen Funden im Niltal [Ägypten]16) auf die
sog. „Hockergräber“. Man hat viele Überlegungen über
den Sinn dieser Bestattungsform angestellt. Sie wurde:

1. als Schlafstellung,17

13 vgl. R. DE VAUX: Das Alte Testament und seine Lebensordnungen I,


102: „auf dem Grundstück der Familie“; H. J. STOEBE: Das erste Buch
Samuels, 446: „es ist also an eine Beisetzung im Bereich des weiteren
Besitzes zu denken“; G. FOHRER: Begräbnis, 212: „Ein vornehmer
Toter wurde früher oft auf dem eigenen Hof beerdigt.“; F. STOLZ: Das
erste und zweite Buch Samuel, 156 gibt zur Stelle die Übersetzung:
„...man begrub ihn zu Hause in Rama.“
14 So z.B. in Ps 49,12; Koh 12,5; Tob 3,6. (Tob 3,6 spricht vom αιωνιος

τοπος, was von H. GROSS: Tobit, 22. mit „ewiger Ruhestatt“ wieder-
gegeben wird.)
15 vgl. R. RIESNER: Begräbnis- und Trauersitten, 176; F.-L. HOSSFELD:

Psalm 49, 306.


16 vgl. K. KOCH: Geschichte der ägyptischen Religion, 77ff.

17 vgl. K. KOCH: Geschichte der ägyptischen Religion, 78: meint, daß

das eher als Schlafstellung zu interpretieren sei, „da der Kopf höher-
gelegt wird“. Ähnlich auch bei H. KEES: Totenglauben und Jenseits-
23
* * *

2. als Zeugnis für einen Auferstehungsglauben, also für


eine Wiedergeburt,18

3. als Tote, die Nahrung zu sich nehmen,19

4. als eine Vorspiegelung und Nachahmung des wirkli-


chen Lebens gedeutet.20

5. Andere weisen darauf hin, daß daneben auch der Ge-


sichtspunkt der Raumersparnis einen Einfluß haben
konnte.21 Mancherorts wird der Todkranke ausgesetzt,

vorstellungen der alten Ägypter, 14: „Der Tote ruht auf einem Gestell
mit absichtlich erhöhter Kopflage“.
18 vgl. A. V. STRÖM: Germanische Religion, 65; M. ELIADE : Geschichte

der religiösen Ideen I, 21: „bewußte Bestattung in Fötusposition“; G.


VAN DER LEEUW: Phänomenologie der Religion, 233.
19 Die Leichen in der Hockerlage wurden mit den Händen vor dem

Gesicht gefunden, als ob sie Nahrung zu sich nähmen. Dieser Inter-


pretation nach sollen sie das ihnen vorbereitete und hingestellte Es-
sen in den Krügen bzw. Gefäßen verzehren (vgl. H. L. JANSEN: Ägyp-
tische Religion, 401.)
20 Das war bei den damaligen Menschen die natürliche und gewohnte

Stellung beim Essen, der Arbeit und dem Gespräch (vgl. H. GUNKEL:
ThLZ 36 [1911], 419.).
21 „Platzbeschränkung und Arbeitsersparnis fiel bei den primitiven

Werkzeugen, mit denen man die Grube an den mitunter recht harten,
felsigen Wüstenrändern ausschachten mußte, wesentlich ins Ge-
wicht“ (H. KEES: Totenglauben und Jenseitsvorstellungen der alten
Ägypter, 14.) Diese Annahme bestätigt auch die Tatsache, daß „diese
sich gerade bei ärmeren Beisetzungen zähe erhält“ (O. KEEL: Die Ω-
Gruppe, 72.). Es mag schon sein, daß die Hockerstellung ursprüng-
lich aus diesen rein praktischen Gründen eingeführt worden ist, aber
daß diese Bestattungsform im Laufe der Zeit, um die jeweiligen Jen-
24
* * *

seitsvorstellungen auszudrücken, auch einen Symbolgehalt erhalten


hat, kann m.E. nicht ausgeschlossen werden, ja es sollte sogar vor-
ausgesetzt werden. Dafür könnte man zahlreiche Beispiele bringen,
hier sei aber lediglich eins angeführt. Bei der Wahl des Zeitpunktes
der Eucharistiefeier kam bei den Christen nur der frühe Morgen oder
der späte Abend in Frage, da der christliche Sonntag im bürgerlichen
Leben ein Arbeitstag wie jeder andere war (vgl. GY. JAKUBINYI: Éveid
nem érnek véget, 7; A. HAMMAN: Die ersten Christen, 191.); die Chris-
ten hätten ja gar nicht (analog zum Charakter des Sabbats) die Sonn-
tagsarbeitsruhe durchsetzen können (vgl. E. DASSMANN: Kirchenge-
schichte II/1, 44.); dies geschah erst später und zwar mit der Be-
gründung vom alttestamentlichen Sabbatgebot her (R. KOTTJE: Stu-
dien zum Einfluss des Alten Testamentes auf Recht und Liturgie des
frühen Mittelalters, 44-56.), danach aber wurde allmählich auch die
Sabbattheologie von der Ruhe Gottes auf den Sonntag übertragen,
und so galt jetzt die Sonntagsruhe als „Vorgeschmack und Vorweg-
nahme der eschatologischen Ruhe in Gott“ (E. KELLER: Eucharistie
und Parusie, 88f.). Später, als das Sättigungsmahl entfiel, das nach
jüdischer und hellenistischer Sitte abends stattfand, (vgl. J. A.
JUNGMANN: Missarum sollemnia I, 22.) und als ein kaiserliches Ver-
bot der abendlichen Zusammenkünfte erlassen wurde (vgl. A. ADAM:
Das Kirchenjahr mitfeiern, 36.), verlegte man den Abendgottesdienst
auf die Zeit vor Sonnenaufgang („ante lucem“ [vgl. Plinius-Brief: Ep.
10,96.7.]). Aber das geschah immer noch aus praktischen Erwägun-
gen, also mit der Absicht, daß sich die Christen rechtzeitig an ihrer
Arbeitsstätte einfinden können. Sie konnten – verständlicherweise –
in der Verfolgungszeit nicht primär an den Symbolgehalt denken,
sondern sie waren schon sehr froh, wenn sie sich überhaupt irgend-
wie und irgendwo zusammenfinden konnten. Primum vivere deinde
philosophari. „Quoniam sine dominico non possumus“ heißt es sehr
prägnant in der Acta ss Saturnini et aliorum (eine gute Erläuterung
zum Text siehe bei J. RATZINGER: Ein neues Lied für den Herrn,
83ff.). Das tiefbedeutende Lichtsymbol (vgl. F. J. DÖLGER: Sol Salutis,
25
* * *

damit er nicht im Hause stirbt.22 Möglicherweise hat das


damit zu tun, daß man die Toten für unrein hielt.
Das Gesicht des Toten war in eine bestimmte Richtung
gewendet. Im Ägypten der Thinitenzeit z.B. sind die To-
ten nach Osten zur aufgehenden Sonne ausgerichtet, in
der späteren Zeit nach Westen23 zum Lichtland, dem To-
tenreich.24

1.2. Luftbestattung

Hier wird die Leiche auf einer Bestattungsstätte ausge-


setzt und den Aasgeiern und Hunden zum Fraß überlas-
sen. Die Anhänger des Parasismus haben ihre Verstorbe-
nen auf den Dachmas („Türme des Schweigens“) ausge-
setzt.25 Bei den Anhängern Zarathustras ist diese Bestat-
tungsform praktiziert worden, um die Reinheit der heili-

87ff.) war den Christen sachlich (aber nicht unbedingt zeitlich!) nur
sekundär.
22 vgl. C.-M. EDSMAN: Begräbnis, 960.

23 K. KOCH vermutet hier einen Zusammenhang mit der Erfahrung

des abendlichen Sonnenuntergangs, bei dem im Niltal noch lange ein


Widerschein hinter dem westlichen Gebirgsrand zu sehen ist (vgl. K.
KOCH: Geschichte der ägyptischen Religion, 78.). Die Toten werden
im ägyptischen Sprachgebrauch häufig „die Westlichen“ genannt,
und der Totengott von Abydos wird „der an der Spitze der Westli-
chen“ genannt (vgl. H. KEES: Totenglauben und Jenseitsvorstellun-
gen der alten Ägypter, 25.).
24 vgl. H. WIßMANN: Bestattung, 731; K. KOCH: Geschichte der ägypti-

schen Religion, 78.


25 VGL. H. WIßMANN: Bestattung, 732.

26
* * *

gen Elemente Erde und Feuer durch die Berührung mit


dem als unrein geltenden Leichnam nicht zu profanisie-
ren.26 Auch durch das Einwickeln des Leichnams in Tü-
cher, das Hineinlegen in Särge bzw. die Aufbewahrung
der Asche in Urnen soll der direkte Kontakt der Leiche
mit der Erde verhindert werden.27 Nackt beerdigt zu wer-
den, galt in Israel als Schande.28 Die Luftbestattung wur-
de auch von den Naturvölkern praktiziert. Hier werden
die Leichen entweder in unbegangenem Gelände nieder-
gelegt, um dort von den aasfressenden Tieren aufgefres-
sen zu werden bzw. zu verwesen, oder auf Bäume ge-
hängt, um sie so vor den wilden Tieren zu schützen.29 In
Ostsibirien werden bis heute Kleinkinder in Särgen in bei
den zum Familienhaus nahestehenden Bäumen bestattet,
damit ihre Freiseele leicht in den Schoß der Mutter zu-
rückfinden kann.30 Laut römischen Rechts hatten die
hingerichteten Verbrecher kein Recht auf Bestattung. Die
Leiche konnte aber auf die Bitte der Angehörigen für die
Bestattung freigegeben werden.31 Bei den wegen Majes-
tätsvergehens Hingerichteten wurde die Erlaubnis der
Herausgabe des Leichnams oft verweigert, weil man auf
diesem Wege die Wallfahrt zum Grab zu verhindern be-
absichtigte.32

26 vgl. G. WIDENGREN: Die Religionen Irans, 145.


27 vgl. G. RIßE: Bestattung, 53.
28 vgl. J. GNILKA: Das Evangelium nach Markus II, 335

29 vgl. H. WIßMANN: Bestattung, 732.

30 vgl. K. E. MÜLLER: Kindheitsvorstellungen, 18.

31 vgl. J. GNILKA: Jesus von Nazaret, 314.


32 vgl. J. BLINZLER: Der Prozess Jesu, 386.

27
* * *

1.3. Wasserbestattung

Auf diese Weise werden hauptsächlich tabuisierte Tote


(schwangere Frauen, Leprakranke) bestattet (z. B. in Ti-
bet im Tsangpo-Fluß33).

1.4. Feuerbestattung

Die Feuerbestattung ist besonders bei nichtseßhaften


Völkern praktiziert worden. 34 In Indien, wo der Körper
als ein dem Gott des Feuers, Angi, geweihtes Opfer gilt, 35
ist sie die vorherrschende Form.36 Jedoch ist sie nicht die
ausschließlich praktizierte Form. Die vedische Tradition
kennt nämlich einige Ausnahmen, z.B. bei der Ausset-
zung der Körper gestorbener Kinder unter zwei Jahren
im Wald37 oder bei der Beerdigung38 der Asketen, die die
Vollendung zu ihren Lebzeiten erreicht haben.39 Obwohl

33 vgl. H. WIßMANN: Bestattung, 732.


34 vgl. H. WIßMANN: Bestattung, 732.
35 vgl. H. BÜRKLE: Bestattung, 322.

36 vgl. Rigveda X 16, 1f. 5ff. (Übersetzung bei G. WIDENGREN: Religi-

onsphänomenologie, 409f.)
37 vgl. J. GONDA: Die Religionen Indiens I, 131.

38 vgl. Rigveda X 18, 10f. (Übersetzung bei G. WIDENGREN: Religions-

phänomenologie, 410.)
39 vgl. W. CALAND: Die Altindischen Todten- und Bestattungsgebräu-

che, 93f.
28
* * *

zwischen Bestattungssitte und Jenseitsvorstellungen kei-


ne zwingende Korrespondenz besteht,40 setzt die Lei-
chenverbrennung, wo sie als die meistausgeübte Form
vorkommt, die Anschauung voraus, daß das Leben nach
dem Tod nicht an der Unversehrtheit des Körpers haftet;
das Körperliche hindert sogar die Seele, ins Totenreich
überzugehen, und so befürchtete man, daß der betreffen-
de Tote als gefährliches Gespenst herumschleicht.41 Beim
Volk Kol aus Indien werden nach der Verbrennung die
zurückgebliebenen Knochen in einem Gefäß gesammelt,
in das Haus des Verstorbenen gebracht, und dann wer-
den dort Lebensmittel vor die Tür hingestellt, damit bei
einer eventuellen Wiederkehr der Tote etwas zu essen
findet, und so niemandem Schaden zufügt.42 Bei einigen
Stämmen um den Tanganjikasee wird dies genau aus
umgekehrter Überlegung vollzogen, um auf diesem Wege
die Wiederbelebung bzw. Rückkehr eines unerwünschten
Verstorbenen zu verhindern.43 So verbrannte man bei
den Eingeborenen von Südamerika im Unterschied zur
sonst üblichen Erdbestattung die vorher erdrosselten
menschlichen Opfer und diejenigen Priester, die die
Enthaltung vom geschlechtlichen Verkehr gebrochen hat-
ten.44 Bei den Rumänen werden auch noch heute, um die

40 vgl. C.-M. EDSMAN: Begräbnis, 960.


41 vgl. H. GUNKEL: ThLZ 36 (1911), 419.
42 vgl. A. VAN GENNEP: Riturile de trecere, 136.
43 vgl. H. WIßMANN: Bestattung, 732; A. E. JENSEN: Mythos und Kult

bei Naturvölkern, 382.


44 H. TRIMBORN: Die Religionen der Völkerschaften des südlichen

Mittelamerika und des nördlichen und mittleren Andenraumes, 114.


vgl. A. VAN GENNEP: Les rites de passage,
29
* * *

Wiederkehr der Seele zu verhindern, die Öffnungen des


Toten mit zerstampftem und mit Weihrauch gemischtem
Kieselstein bzw. Glas verschlossen.45
Tote Kinder wurden bei verschiedenen Völkern nicht auf
die übliche zeremonielle Weise bestattet. Man glaubte
nämlich, daß sie entweder keine Seele besitzen, 46 oder
daß ihre Freiseele im Körper noch nicht heimisch gewor-
den ist.47 Sie wurden auch nicht offiziell betrauert.48

1.5. Einbalsamierung bzw. Mumifizierung

Diese Bestattungsform ist uns besonders aus Ägypten aus


der Zeit des Alten Reiches49 wohl vertraut. Man glaubte
hier an die ewige Existenz des Leibes.50 Über die Voraus-
setzung dieses Glaubens läßt sich heute nichts Sicheres

45 vgl. I. CHINOIU: Obiceiuri populare de peste an, 126.


46 vgl. A. VAN GENNEP: Riturile de trecere, 136.
47 vgl. K. E. MÜLLER: Sterben und Tod in Naturvolkkulturen, 62.
48 vgl. K. E. MÜLLER : Kindheitsvorstellungen, 18. Die Säuglinge wer-

den im Anfangsstadium ihrer Entwicklung „weder im physischen


noch im sozialen Sinne, bereits als ‟richtige‟ Menschen begriffen.“ (K.
E. MÜLLER: Kindheitsvorstellungen, 17.) Sie müssen erst Schritt für
Schritt in die Gesellschaft integriert werden (vgl. A. VAN GENNEP: Les
rites de passage).
49 In der vorgeschichtlichen Zeit pflegte man die Toten nicht zu mu-

mifizieren, sie wurden nur einfach ohne Sarg in Sand niedergelegt


(H. L. JANSEN: Ägyptische Religion, 402; Eine Abbildung von einer
vertrockneten „natürlichen“ Mumie findet sich bei: K. KOCH: Ge-
schichte der ägyptischen Religion, 88, Ab. 20.).
50 vgl. K. KOCH: Geschichte der ägyptischen Religion, 87.

30
* * *

sagen. Mir scheinen aber hier besonders zwei Grund-


erfahrungen der damaligen Menschen eine äußerst wich-
tige Rolle gespielt zu haben. Diese Mutmaßungen werden
durch die Tatsache nochmals verstärkt, daß der Mensch
der Frühzeit alles dinghaft zu begreifen versuchte.

1. Dem Menschen der frühen Kulturen war der Traum ein


völliges Rätsel. In vielen Kulturen ging man von der An-
nahme aus, daß die Seele bzw. die seelische Kraft 51 des
Menschen den Körper während des Schlafes verlasse. 52
Ein Traum von einem Verstorbenen bedeutete entweder
den Aufenthalt des Träumenden im Jenseits oder die
Wiederkehr des Toten.53 Selbst die Leichenverbrennung
half nichts gegen Träume vom unerwünschten Toten, und
so kamen einige Naturvölker zu dem Schluß: das Leben
nach dem Tod hafte gar nicht am Leibe. 54 Bei den Ägyp-
tern verließ der Ka den Körper während des Traumes.

2. Dank dem trockenen Wüstenklima hat man im Sand


oft vertrocknete Leichen von Menschen und Tieren ge-
funden. Diese Tatsache könnte auch zur Auffassung bei-
getragen haben, daß der Leib auf ewig bestehen kann. 55
Diese Annahme bestätigt auch die Angst im Ausland, d.h.

51 Die Ägypter kennen keine „grundsätzliche dichotomatische Tren-


nung von materiellen und ideellen Bestandteilen im Menschen“ (K.
KOCH: Geschichte der ägyptischen Religion, 88.).
52 vgl. E. L. EHRLICH: Traum, 1002; U. THÜMMEL: Traum, 1590; K. E.

MÜLLER: Einführung, 18.


53 vgl. A. OEPKE: οναρ, 225.

54 vgl. A. E. JENSEN: Mythos und Kult bei Naturvölkern, 382.


55 vgl. K. KOCH: Geschichte der ägyptischen Religion, 87.

31
* * *

im feuchten Land bestattet zu werden, wo der Körper


leicht verwest und damit auf ewig verschwindet.56 Der
Leichnam konnte aber selbst in seiner Heimat ohne be-
sondere Maßnahmen nicht unversehrt bleiben, da das
Grab von wilden Tieren und Räubern heimgesucht wer-
den konnte.57 Ein aufwendiges Konservierungsverfahren
wurde aber in der Wirklichkeit nur der oberen einflußrei-
chen Schicht zuteil. Das einfache Volk (bes. Sklaven) soll-
te sich mit einer bescheidenen Erdbestattung begnügen.58
Die Verhältnisse im Reiche der Lebenden und Toten sol-
len nämlich nach allgemeinem Glauben, gemäß der häu-
fig zu findenden Vorstellung,59 wie im Himmel – so auf
Erden, einander entsprechen.60 Diese Auffassung hat, wie
wir später noch sehen werden, unter dem Stichwort der
himmlischen und irdischen Liturgie61 selbst im Christen-

56 vgl. K. KOCH: Geschichte der ägyptischen Religion, 88.


57 vgl. K. KOCH: Geschichte der ägyptischen Religion, 88.
58 vgl. H. L. JANSEN: Ägyptische Religion, 402.

59 vgl. M. ELIADE: Kosmos und Geschichte, 34-40.

60 vgl. C.-M. EDSMAN: Begräbnis, 960.

61 vgl. dazu M. KUNZLER: Die Liturgie der Kirche, 43-49; H.-J.

DEGENHARDT: Irdische und himmlische Liturgie, 77-91.


32
* * *

tum62 auf die Auswahl der irdischen Begräbnisplätze ein-


gewirkt.63
1.6. Der Kannibalismus

In manchen Kulturen wurde mit den Sterbenden, Alten


und Schwachen sehr grausam umgegangen. Oft wurden
sie einfach mit einer Keule totgeschlagen,64 und manche-
rorts, besonders bei den nomadischen Gruppen,65 die
wegen ihrer Lebensweise keine dauerhafte Beziehung zu
den Bestattungsplätzen aufrechtzuerhalten vermochten,
wurden sie sogar, um den Kräftekreislauf innerhalb der
Gruppe ununterbrochen zu halten,66 teilweise oder voll-
ständig fertiggebraten, gekocht, manchmal auch im Roh-
zustande verzehrt ([Endo] Kannibalismus,67 Omophagie

62 O. CASEL schreibt folgendes, wenn er über die christliche himm-


lisch-irdische Spiegelung nachdenkt: „Eine schattenhafte Ahnung
dieses Mysteriums besaß schon die alte Welt. Sie wußte etwas davon,
daß alles Irdische nur der Abglanz und die Wirkung einer überirdi-
schen Herrlichkeit sei. Aus dem Gefühl dieses Mysteriums sind die
Zikkurate der Summerer und Babylonier, die ewigkeitsumwitterten
Pyramiden und Sphinxe der Ägypter hervorgegangen.“ (O. CASEL:
Das christliche Kultmysterium 22.)
63 vgl. A. ANGENENDT: In porticu ecclesiae sepultus, 68-80.
64 vgl. G. WIDENGREN: Religionsphänomenologie, 413.

65 vgl. K. E. MÜLLER: Sterben und Tod in Naturvolkkulturen, 74.

66 vgl. K. E. MÜLLER: Sterben und Tod in Naturvolkkulturen, 74.


67 Kannibalismus wurde auch den Christen (vgl. Iustinus: Aologiae, I

26, 7; Tertullianus: Ad nationes, I, 7 bzw. Apologeticum, 7, 1; 8, 2ff.)


und Juden (vgl. Iosephus: Contra Apionem, II, 91ff.) nachgesagt (vgl.
P. GUYOT / R. KLEIN: Das frühe Christentum bis zum Ende der Ver-
folgungen, 368.). Bei den christlichen Barbelo-Gnostikern in Ägypten
kam in der Tat so eine rituelle Antropophagie vor. Sie verzehrten
33
* * *

bzw. Anthropophagie).68 Das Fleisch, besonders das Ge-


hirn,69 bestimmter Menschen (z. B. von feindlichen Krie-
gern, Häuptlingen, aber auch von Frauen) wurde konsu-
miert, weil es eine geheimnisvolle, übernatürliche Le-
benskraft enthält, die Außergewöhnliches bewirken
kann.70 Bei den madagassischen Völkern, wo der Lei-
chenschweiß als Seelenstoff galt, wurde er konsumiert,
damit auf diese Weise die neue inkarnierte Seele entste-
hen kann.71 Es kann vorkommen, daß die Bestattung dem
Tode vorangeht. Hier wird der Sterbende zu einem drei-
tägigen Fest als Ehrengast eingeladen und anschließlich
lebendig begraben.72

1.7. Mischformen73

nämlich innerhalb eines Ritus einen zerstückelten Embryo mit Ho-


nig, Ölen und Gewürzen präpariert (vgl. die Übersetzung [mit hinzu-
gefügter Erklärung] der grausamen Schilderung des Epiphanius [Ad-
versus haereses, 26, 4f.] bei: H. LEISEGANG: Die Gnosis, 190-195.).
68 vgl. G. WIDENGREN: Religionsphänomenologie, 413; 605; K. TH.

PREUSS: Tod und Unsterblichkeit im Glauben der Naturvölker, 22.


69 Durch das Verzehren des Gehirns eines Getöteten erwirbt man

nach weitverbreiteter Vorstellung die geistigen Eigenschaften des


Betroffenen (vgl. F. SCHWENN: Die Menschenopfer bei den Griechen
und Römern, 26.). Oft galt das Gehirn als der Sitz der Seele (vgl. TH.
WÄCHTER: Reinheitsvorschriften im griechischen Kult, 80.).
70 vgl. F. HEILER: Erscheinungsformen und Wesen der Religion, 211.

71 vgl. G. VAN DER LEEUW: Phänomenologie der Religion, 315.

72 vgl. C.-M. EDSMAN: Begräbnis, 960.

73 Die Abkürzungen stehen jeweils für eine Bestattungsform, die un-

ter dem angegebenen Kapitel behandelt wurde.


34
* * *

Innerhalb einer Kultur ist nicht nur eine Bestattungsform


üblich, sondern vielmehr sind entweder gleichzeitig meh-
rere nebeneinander oder aber Mischformen anzutreffen.
Bei den Mischformen machen mehrere aufeinander fol-
gende Formen die eigentliche Bestattung aus. Es seien
hier einige Mischformen erwähnt:74

1.4. – 1.1.2. bzw. 1.4. – 1.3.: Hier werden nach der Ver-
brennung der Leiche die übriggebliebenen Knochen ge-
sammelt und dann entweder beerdigt oder in den Fluß
geworfen.

1.2. – 1.1.2. bzw. 1.2. – 1.4.: In diesem Fall wird zuerst


der Tote ausgesetzt (z.B. im Wald) und nach der Auflö-
sung des Körpers bzw. dessen Verzehr durch wilde Tiere
begraben oder verbrannt.

1.2. – 1.3.: Das ist die sog. Bootsbestattung. Der Leich-


nam wird im offenen Boot auf dem Meer ausgesetzt, wie
das gelegentlich bei den Wikingern vorkam.75

74 Für die ersten beiden s. Beispiele oben.


75 vgl. H. WIßMANN: Bestattung, 732.
35
* * *

36
* * *

2. Bestattung in Israel

2.1. „Die Mutter aller Lebenden“ (Sir 40,1)

Der Glaube an „Mutter Erde“ ist weltweit und in den ver-


schiedenen Kulturen76 verbreitet.77 Die Erde ist zeitlich
dem Himmel vorgeordnet. Der Himmel wurde von ihr
durch Parthenogenese geboren. Aus dem ιερος γαμος von
Himmel und Erde sind die Götter, die Ungeheuer und die
Menschen hervorgegangen.78 Der Mensch ist das Kind
der Erde. Sie spendet das Leben und als Empfängerin der
Toten nimmt sie es in sich wieder auf.79 Darauf deuten
auch sprachliche Bezüge hin, wie z.B. zwischen heb.
„ādām80 und „adāmâh81 bzw. lat. homo und humus82. Jede

76 Bei den Kogi-Indianern in Kolumbien wird (diese Angabe stammt


von 1966) das Grab mit dem Uterus identifiziert und der Schamane
deutet durch eine neunmalige Aufhebung (d.h. die neunmonatige
Schwangerschaft) des Leichnams bei der Bestattung die Rückkehr
des Verstorbenen in den Fötuszustand an (vgl. M. ELIADE: Geschichte
der religiösen Ideen I, 22f.). Der Schamane vollzieht zahlreiche ri-
tuelle Handlungen und erklärt: „Dies ist das Dort des Todes; dies ist
das Feierhaus des Todes; dies ist der Uterus. Ich öffne das Haus.
Das Haus ist geschlossen, und ich werde es öffnen.“ (M. ELIADE:
Geschichte der religiösen Ideen I, 22.)
77 vgl. A. DIETERICH: Mutter Erde; M. ELIADE: Das Heilige und das

Profane, 122-124; M. ELIADE: Mituri, vise şi mistere, 166-176.


78 vgl. M. ELIADE: Erde, 548f.

79 vgl. M. ELIADE: Erde, 548f.

80 Diese Anthropologie (=der Mensch [`ādām] besteht aus der Ver-

bindung der Erde bzw. des leblosen Staubes mit dem Lebenshauch
Jahwes [vgl. Gen 2,7; 3,19; Ps 104,29f; 146,4.]) hat auch die Auffas-
37
* * *

Mutter imitiert und wiederholt den Urakt des Lebengebä-


rens aus dem Schoß der Muttererde. 83 Einige meinen so-
gar, daß es der Frau reicht, sich in der Nähe bestimmter
Orte, wie Höhlen, Bäume oder Flüsse aufzuhalten, um
schwanger zu werden.84
Im alttestamentlichen Israel ist das Erdbegräbnis die Re-
gelbestattung, weil es, gemäß der Mutter-Erde-
Vorstellung, als Rückkehr des Menschen in den Mutter-
schoß verstanden wurde.85 Dies illustrieren beispielhaft
zwei Texte:

sung über den Tod entscheidend beeinflußt. „Solcher in Jahwes


Schöpferhandeln gegründete »Materialismus« nimmt dem Men-
schen jede göttliche Dignität und dem Tod alles Numinose, das zur
Beschäftigung mit ihm reizt.“ (U. KELLERMANN: Überwindung des
Todesgeschicks in der alttestamentlichen Frömmigkeit vor und ne-
ben dem Auferstehungsglauben, 261.)
81 „Im Urtext sind die Ausdrücke für »Mensch« (`ādām) und

»Ackerboden« (`adāmâh) lautähnlich; der hebräische Leser oder


Hörer mußte darum im Ausdruck »Mensch« die Bedeutung »der
vom Ackerboden Genommene«, »Erdling« heraushören“ (J.
SCHARBERT: Genesis, 49.). „`ādām und `adāmâ leiten sich freilich
etymologisch von einer gleichnamigen arab. Wurzel ab, die ‟Haut‟,
‟Oberfläche‟ bedeutet, was als pars pro toto im Arab. und Hebr. die
Bedeutung ‟Mensch‟ annahm, so daß `adāmâ ursprünglich ‟Erdbo-
den‟, nicht ‟Ackerboden / Ackerland‟ bedeutete“ (L. RUPPERT: Gene-
sis, 128.).
82 vgl. M. HUTTER: Erde, 750.
83 „Gebären und Niederkunft sind mikrokosmische Versionen eines

Aktes, den die Erde exemplarisch vollzieht“ (M. ELIADE: Das Heilige
und das Profane, 125.).
84 vgl. M. ELIADE: Mituri, vise şi mistere, 175.

85 vgl. R. WENNING/E. ZENGER: Tod und Bestattung im biblischen

Israel, 288f.
38
* * *

„Nackt kam ich hervor


aus dem Schoß meiner Mutter;
nackt kehre ich dahin zurück.“
(Ijob 1, 21; EÜ)

Obwohl der Mutter-Erde-Gedanke nicht so ausdrücklich


geäußert wird, was m.E. damit zusammenhängt, daß die-
se Vorstellung nicht den Hauptinhalt dieser Perikope
ausmacht,86 steht im Hintergrund der Worte Ijobs doch
die Erde als Mutter.87

Große Mühsal hat Gott den Menschen zugeteilt,


ein schweres Joch ihnen auferlegt
von dem Tag, an dem sie aus dem Schoß
ihrer Mutter hervorgehen,
bis zum Tag ihrer Rückkehr zur Mutter aller Lebenden.“
(Sir 40, 1; EÜ)

Jesus Sirach „meint die Erde als Mutter alles Lebendi-


gen.“88 Im Alten Testament ist sogar die Sitte bezeugt,
Tote unter Bäumen zu begraben.89 Der Baum hat mit der

86 vgl. J. EBACH: Streiten mit Gott, 28.


87 vgl. G. FUCHS: Mythos und Hiobdichtung, 173; M. ELIADE: Erde,
550.
88 O. KEEL: Die Ω-Gruppe, 71.

89 vgl. Gen 35,8; Ri 5,4: „Debora-Palme“; 1 Sam 31,13: „Tamariske

von Jabesch“ ( Nicht von ungefähr wurde die Tamariske gewählt, ein
immergrüner Baum [die genauere Beschreibung der Tamariske und
ihre Abbildung siehe bei M. ZOHARY: Pflanzen der Bibel, 115.])
39
* * *

Fruchtbarkeit zu tun, er versinnbildlicht die Anwesenheit


des fruchtbringenden, lebensverheißenden Schoßes der
Erde und die Sexualität. Aschera, die Baumgöttin, ist
auch in Israel ikonographisch belegt. 90 Unter „jedem91
grünen Baum“ wurde nicht von ungefähr auch Unzucht
und die kultische Prostitution92 getrieben.93 Der orgiasti-
sche Ritus ist ja nichts anderes als die Nachahmung des
in illo tempore (d.h. einer bestimmten Episode der Welt-
schöpfung) geschehenen göttlichen Akts und zwar des
Chaos, das immer eine Hierogamie zum mythischen Vor-
bild hat.94 Unter diesen Bäumen wurde das neue Leben
gezeugt, es sollte deswegen auch hierher zurückkehren,
um von hier durch eine neue Geburt wiederum befreit zu
werden. Fruchtbarkeitskult und Totenkult gehörten eng
zusammen! Den Gedanken der Wiedergeburt bringt der
Text der Jesaja-Apokalypse ganz konkret zum Ausdruck,
indem er sagt:

„Deine Toten

90 vgl. M.-TH. WACKER: Aschera oder die Ambivalenz des Weiblichen,


148; S. SCHROER: Die Zweiggöttin in Palästina/Israel, 220, sieht aber,
daß „in Israel die Assoziation der Bäume mit Grab und Totenreich
nie beherrschend geworden zu sein“ scheint.
91 Diese stereotype Wendung „ist eindeutig als polemische Pauschali-

sierung aufzufassen.“ (S. SCHROER: Die Zweiggöttin in Palästi-


na/Israel, 216.)
92 siehe I. Exkurs

93 vgl. Hos 4,13ff; Jer 2,20; 3,6, Jes 1,19; 57,5; Ez 6,13; 20,28;

Dtn 12,2; 1 Kön 16,4; 17,10.


94 vgl. M. ELIADE: Das Heilige und das Profane, 128f; M. ELIADE :

Kosmos und Geschichte, 39f.


40
* * *

(d.h. die JHWH zugehören)


werden leben,
Meine Leichen
(d.h. die der sprechenden Gemeinde)
werden aufstehen.
Wacht auf und jubelt, Bewohner des Staubs,
denn Tau der Lichter ist dein Tau,
und die Erde wird die Schatten gebären.“ (26,1-19)95

„Die Toten werden hier ähnlich wie in Ijob 3,3-19; 30,13


und Jer 20,17 streng analog zu den Ungeborenen im Mut-
terleib gesehen.“96

I. Exkurs: Die kultische Prostitution im Rahmen


der Fruchtbarkeitsvorstellungen

In der Götterwelt wird geliebt und gezeugt, es gibt hier


ein hochzeitliches und eheliches Geschehen (zwischen
einem Gott und einer Göttin, bzw. zw. einem Gott und
einem Mensch). Götter wie Menschen tragen den alles
Leben kennzeichnenden Gegensatz von männlichem und
weiblichem Geschlecht.97 Im Alten Orient glaubte man an
eine große weibliche Gottheit, die die universale Mutter
allen Lebens ist und die die Fruchtbarkeit selbst verkör-
perte. Zu ihr kam noch als Geliebter ein jugendlicher

95 Zitat nach O. KEEL: Die Ω-Gruppe, 74.


96 O. KEEL: Die Ω-Gruppe, 75.
97 vgl. C. H. RATSCHOW: Ehe, 309.

41
* * *

Gott. Dieses Götterpaar verehrte man in einem Ritus,


wozu vor allem der sakrale Geschlechtsverkehr gehörte,
was von Priestern und Priesterinnen oder von geweihten
Personen an den Heiligtümern vollzogen wurde.98 In Fol-
ge dieser Auffassung wurde selbst der normale sexuelle
Verkehr von Mann und Frau als etwas Sakrales angese-
hen. Das ius primae noctis gehörte dem König oder dem
Priester, die als Vertreter der Gottheit mit einem heirats-
fähigen Mädchen im Tempel den ersten Geschlechtsakt
vollzogen haben.99 Die altorientalische Welt wird in ihrer
Schöpfungstheologie wesentlich von der kosmischen Ur-
Hochzeit bestimmt, in der die Schöpfung als eine „große
Zeugungsgeschichte“ gedeutet wurde.100 So blühten auch
bei den Kanaanäern die uralten Kulte einer fruchbar-
keitspendenden Muttergöttin (Astarte). Zu diesen Kulten
gehörte die Feier einer an heiliger Stätte vollzogenen
„heiligen Hochzeit“ (ιερος γαμος), die sogenannte sakrale
Prostitution.101 Ob diese in den Jahwekult hier und da
Eingang gefunden hat, ist umstritten. Die neueste For-
schung geht mit dieser Frage sehr skeptisch um.102 Neh-
men wir als Beispiel einen Text:

„Sohn und Vater gehen


[d.h. „geschlechtlich verkehren“]

98 vgl. M. NOTH: Die Welt des Alten Testaments, 251.


99 vgl. E. ZENGER: Leib und Geschlechtlichkeit, 65.
100 vgl. E. ZENGER: Leib und Geschlechtlichkeit, 65; J. SCHREINER:

Geburt und Tod in biblischer Sicht, 130.


101 vgl. M. NOTH: Geschichte Israels, 133.

102 vgl. CH. F REVEL: Aschera und der Ausschießlichkeitsanspruch

YAWHs II, 562-735.


42
* * *

zum selben Mädchen,


um meinen heiligen Namen zu entweihen.
Sie strecken sich auf gepfändeten
Kleidern aus neben jedem Altar,
von Bußgeldern kaufen sie Wein
und trinken ihn im Haus ihres Gottes.“103

Das hier für das Mädchen verwendete hebräische Wort,


na’arāh, meint ein junges, lediges, heiratsfähiges Mäd-
chen.104 Amos schreibt nichts Näheres über die Situation.
So läßt sich an drei Möglichkeiten denken: 1. Es handelt
sich um eine Sklavin im Haus, die sowohl vom Vater als
auch vom Sohn nur als Lustobjekt mißbraucht wurde. So
wäre hier nicht so sehr die Missetat selbst zu verurteilen,
sondern vielmehr die Entwürdigung eines Menschen.105
2. Der verheiratete Vater hatte eine Beziehung zur Frau
seines Sohnes gehabt,106 was verboten107 und mit dem
Tod zu bestrafen war.108 3. Es kann auch, wenn es über-
haupt so etwas in Israel gegeben hat, an die kultische
Prostitution gedacht werden. So wären die Kleider ein
Pfand, das die Kultdirne von ihren Kunden angenommen
hat (oder ein Bild109 für den Götzenbilddienst110) und der

103 Am 2,7f
104 vgl. H. F. FUHS: na‟ar, 516.
105 vgl. NEUE JERUSALEMER BIBEL, 1309.
106 vgl. H. W. WOLFF: Joel und Amos, 202f.
107 vgl. Lev 18,15

108 vgl. Lev 20,12

109 vgl. Ez 16,16ff.

110 vgl. CH. FREVEL: Aschera und der Ausschießlichkeitsanspruch

YAWHs II, 726.


43
* * *

Wein ein Bezahlungsmittel.111 Denn Prostituierte wurden


mit Naturalien oder mit Geld bezahlt.112 Mit der letzten
Auslegungsweise muß man aus mindestens vier Gründen
besonders vorsichtig sein:
(1.) Amos deutet diese Interpretation letztlich mit keiner
Silbe an;
(2.) V 7bβ, der die Verbindung zum Kult herstellt, ist aller
Wahrscheinlichkeit nach eine spätere Redaktion;113
(3.) Der Ausdruck na‟arāh wird an keiner anderen Stelle
mit profaner oder sakraler Prostitution assoziiert; 114
(4.) Der Terminus qedēšīm (fem. qedēšōt), womit man bis
jetzt (an anderen Stellen der Bibel) die „Geweihten“ be-
zeichnete, läßt sich nicht so einfach als Kultdirne definie-
ren. Dieser Begriff kann auch zwei andere Bedeutungen
haben:
a) Er bezeichnet nur niedrigeres, nichtpriesterliches
Tempel- oder Kultpersonal beiderlei Geschlechts, das
untergeordnete Dienste im Tempel bzw. im Lokalheilig-
tum zu leisten hatte.115 So hätten sie lediglich eine assis-

111 vgl. G. PFEIFER: Die Theologie des Propheten Amos, 36f.


112 vgl. S. SCHROER: Auf dem Weg zu einer feministischen Rekons-
truktion der Geschichte Israels, 149.
113 vgl. CH. FREVEL: Aschera und der Ausschießlichkeitsanspruch

YAWHs II, 725f.


114 vgl. CH. FREVEL: Aschera und der Ausschießlichkeitsanspruch

YAWHs II, 725.


115 vgl. H. DONNER: Geschichte des Volkes Israel und seiner Nachbarn

in Grundzügen II, 336.


44
* * *

tierende Funktion z. B. bei dem Schlachtopferritual,116


oder bei dem Initialritus selbst.117
b) Darunter ist eine besondere Einrichtung zu verstehen,
die den armen Frauen ein Auskommen zu sichern ver-
suchte, die gleichzeitig auch zu dem Einkommen des
Tempels einen Beitrag leisteten. Man kann weiterhin an-
nehmen, daß zumindest von den Frauen auch sexuelle
Dienste zugunsten des Tempels erwartet wurden.118 „Ein
Zusammenhang mit sexuellen Aktivitäten“ – ist aber
nach CH. FREVEL – „sehr unwahrscheinlich.“119 Es muß
aber unbedingt zwischen der im Dienste einer Gottheit
stehenden sakralen Prostitution und der profanen Prosti-
tution deutlich unterschieden werden.120 Es ginge also
um eine profane Dirne, die aber ihr Einkommen dem
Tempel gegeben hat.

2.2. Jahwe, der Lebendige

Es ist auffallend, wenn auch nicht überraschend, daß kei-


ner der Trauerriten mit Jahwe in Verbindung gebracht

116 vgl. CH. FREVEL: Aschera und der Ausschießlichkeitsanspruch


YAWHs II, 670.
117 vgl. M.-TH. WACKER: Aschera oder die Ambivalenz des Weiblichen,

144.
118 vgl. R. ALBERTZ: Religionsgeschichte Israels in alttestamentlicher

Zeit I, 134;
119 CH. FREVEL: Aschera und der Ausschießlichkeitsanspruch

YAWHs II, 735.


120 vgl. H.-F. RICHTER: Geschlechtlichkeit, Ehe und Familie im Alten

Testament und seiner Umwelt I, 107.


45
* * *

wird.121 Die Toten galten in Israel als Schattenwesen.


Sterben bedeutete ein Ausscheiden aus der Lebensge-
meinschaft Jahwes, eine Trennung von Gottesdienst und
geschichtlicher Erfahrung Jahwes. Daß das Totenreich
sich in die Jahwe-Religion nicht ohne weiteres theolo-
gisch integrieren ließ, hing eng mit dem Profil des jahwis-
tischen Gottesbildes zusammen: Jahwe ist ja ein lebendi-
ger Gott und kein Gott der Toten. Der kultische Aus-
schließlichkeitswille Jahwes duldete aber neben sich kei-
ne anderen Toten-Gottheiten, so lautete zumindest die
offizielle Erklärung der Jahwe-Religion. „JHWH und der
Tod als zerstörerische Macht schlossen sich sozusagen
aus.“122 In der Volksfrömmigkeit herrschten aber, wie das
auch noch heute festzustellen ist, andere Vorstellungen.
Wenn Jahwe sich um die Verstorbenen nicht kümmert,
dann muß es doch irgend jemanden geben, der die Dinge
im Totenreich regelt. Obwohl die Totenbefragung als ille-
gale Praxis bekämpft wurde,123 gab es doch im Volk oft
eine Totenbeschwörerin, an die man sich notfalls wenden
konnte,124 so wie es Saul getan hat.125 Diese Sitte konnte
aber kaum mit einem Federstrich aus der Welt geschafft

121 vgl. E. ZENGER: Das alttestamentliche Israel und seine Toten, 141.
122 E. ZENGER: Das alttestamentliche Israel und seine Toten, 145.
123 vgl. Lev 19,31; 20,6; Dtn 18,11. Auch die Verbote sprechen für eine

weite Verbreitung dieser Praxis, schließlich verbietet man nur das,


was vorzukommen droht.
124 vgl. 1 Sam 28; Jes 8,19.

125 Saul wurde mit seinem Gang zu einer Totenbeschwörerin in Endor

am Vorabend seiner letzten Schlacht sich selbst untreu, er hatte sich


nämlich selbst für die Beseitigung dieser Praxis engagiert.
46
* * *

werden, eine solche „rituelle Lücke“126 konnte nicht von


heute auf morgen von dem Volk angenommen werden.
Zu einem ordnungsgemäßen Begräbnis gehörte: die To-
tenklage, die Erfüllung des Wunsches, „zu den Vätern
versammelt zu werden“, ein ehrenvolles Geleit, die Er-
richtung eines Gedenksteines.127 O. LORETZ spricht sogar
von Totenverehrung bzw. Ahnenkult, wovon aber auf-
grund einer dogmatischen Säuberung in der Bibel nur
noch Reste zu entdecken sind.128

2.3. „Jahwe und seine Aschera“

Eine entscheidende Stelle ist in unserem Zusammenhang


Dtn 16,21, wo es heißt:

„Du darfst dir keine Aschera, gar kein Baum/Holz


neben dem Altar Jahwes, deines Gottes,

126 E. ZENGER: Ritus und Rituskritik im Alten Testament, 97.


127 vgl. B. LORENZ: Bemerkungen zum Totenkult im Alten Testament,
229-234.
128 „Im Zuge dogmatischer Säuberung der Texte wurden jedoch durch

Änderung des letzten Radikals in rp´ in h aus den ‟Heilenden‟ die


‟Lahmen, Schlaffen‟. Durch eine kleine Veränderung war es so mög-
lich, aus den rp´m ,Heilenden, leblose Gestalten des Totenreiches zu
machen.“ Als weiteres Argument dafür gilt ihm noch, daß in 1 Sam
28,7-20 „der Geist des Toten als ein ‟lhm,Gott, bezeichnet wurde.“
(O. LORETZ: Vom kanaanäischen Totenkult zur jüdischen Patriar-
chen- und Elternehrung, 169.) Siehe auch B. LANG: Das biblische
Jenseits in neuer Sicht, 3; bzw. H. SCHMID: Totenverehrung, 962.
47
* * *

den du dir baust, einpflanzen.“

Hier wird sehr deutlich, was für eine große Bedeutung


das Ascherasymbol damals gehabt hat. Ihre Verehrung
stand so nahe zum Jahwe-Kult, daß das Einpflanzen ihres
Baumes neben dem Brandopferaltar des Jerusalemer
Jahwe-Tempels verboten werden mußte. Ein solches
Verbot setzt ohne Zweifel einen lebendigen, tiefverwur-
zelten Aschera-Kult oder mindestens eine gewisse Volks-
frömmigkeit voraus. Denn die Volksfrömmigkeit ist in
allen Hochreligionen anzutreffen „als ‟Rankenwerk‟ zum
offiziellen Kult.“129 Obzwar das hebräische Wort „eş so-
wohl „Baum“ als auch „Holz“ bezeichnen kann,130 scheint
es sich mir hier eher um einen lebendigen Baum zu han-
deln, was übrigens auch dem hier verwendeten Verb nä-
her liegt.131 Das kål „eş ist eine sekundäre Erweiterung,132
das schließt aber auf keinen Fall die Richtigkeit der Aus-
sage aus. Auch der Bemerkung „in den Erzvätererzählun-
gen werden nicht die Bäume neben die Altäre gepflanzt,
sondern umgekehrt die Altäre in der Nähe von größeren
Bäumen errichtet“133 kann in unserem Kontext keine Be-
deutung beigemessen werden, da hier der Tempel als Ge-

129 A. HEINZ: Népi vallásosság, 277.


130 K. NIELSEN: „eş, 286; E. JENNI: THAT II, 356.
131 Hier „legt das Verb nāta‟ es nahe, an einen lebendigen Baum zu

denken; das Verb kann aber auch in übertragenem Sinn angewendet


werden“ (K. NIELSEN: „eş, 291.)
132 vgl. CH. FREVEL: Aschera und der Ausschießlichkeitsanspruch

YAWHs I, 179.
133 CH. FREVEL: Aschera und der Ausschießlichkeitsanspruch

YAWHs I, 179.
48
* * *

bäude schon vorgegeben ist. Hier geht es mehr darum,


wie man „Jahwe und seine Aschera“ an einem gemein-
samen Ort würdig, d.h. mit dem ganzen Tempelapparat
ehren kann. Dafür bestand keine andere Möglichkeit, als
das selbst im Tempel zu tun, und wenn wir sogar weiter-
hin annehmen, Aschera könnte die Paredra Jahwes gewe-
sen sein, bleibt ja als einzige Alternative, um die Gott-
Göttin Beziehung auch architektonisch zum Ausdruck zu
bringen, nur die Nähe des Jahwealtars. Aschera war aber
nicht die gleichberechtigte Partnerin Jahwes, das geht
m.E. schon von der Formulierung „neben dem Altar
Jahwes, deines Gottes“ hervor. Für unsere Untersu-
chung ist es letztendlich völlig irrelevant, ob der Termi-
nus „eş einen lebendigen oder einen stilisierten Baum
meint, uns geht es lediglich um den Baum als Symbol der
Gottheit. Der Baum als Motiv134 spielte auch bei der Ver-
zierung des Tempels eine wichtige Rolle. 135 Mit dem Ein-
pflanzen eines Baumes bzw. Baumsymboles wollte man
inmitten des heiligen Bezirks Jahwes auch noch einen
heiligen Raum für die Aschera schaffen. Einen locus sac-
rus zu errichten, bedeutet, daß „ein bestimmter Bereich
aus seiner kosmischen Umgebung herausgelöst und qua-
litativ verändert wird.“136 „An ihm wohnt die Macht ... er
ist die Stelle des Kults.“137 Jahwe kann aber neben sich
keine weibliche Konkurrenzgottheit dulden, sondern er

134 Der sakrale Baum war eines der verbreitetsten Motive der vorder-
orientalischen Bildkunst (vgl. P. WELTEN: Sakraler Baum, 34.).
135 vgl. K. NIELSEN: „eş, 290.

136 M. ELIADE: Das Heilige und das Profane, 27.


137 G. VAN DER LEEUW: Phänomenologie der Religion, 445f.

49
* * *

„fordert eine eindeutige Art der Verehrung ohne mißver-


stehbare Standbilder und Symbole.“ 138 Dieses Verbot hat
seinen Grund im Ausschließlichkeitsanspruch Jahwes
und nicht im Bilderverbot. 139 Dieser Text „erscheint wie
der konkrete Vorläufer des späteren Fremdgötter- und
Bilderverbots im Dekalog.“ 140 Die beiden Aspekte sind
inhaltlich und entstehungsgeschichtlich miteinander sehr
eng verbunden, denn das Bilderverbot141 ist eigentlich aus

138 F.-L. HOSSFELD: Du sollst dir kein Bild machen!, 90.


139 CH. DOHMEN: Das Bilderverbot, 269.
140 F.-L. HOSSFELD: Du sollst dir kein Bild machen!, 90.
141 Jahwe ist kein Gott, „den man sich vorstellen kann, also vor sich

stellen kann, kann man auch wieder wegstellen, wenn man ihn nicht
mehr braucht oder wenn er stört“ (E. ZENGER: Der Gott der Bibel,
12.). „Das biblische Gottesvolk ist nicht eine Gemeinde von Voyeu-
ren, sondern von Hörern und Tätern »der Zehn Worte«! ... Gottes-
bildnisse würden den biblischen Gott festlegen; sie würden ihn jener
Freiheit und Spontaneität berauben, welche die Liebe braucht, die
für Überraschungen immer wieder gut ist.“ (E. ZENGER: Am Fuss des
Sinai, 93. 97.) Selbst im christlichen Römerreich war lange Zeit nur
der Kaiser im Bild verehrt, mit seinem Bildkult hat dann später in
Byzanz die offizielle Verehrung der heiligen Bilder begonnen (vgl. M.
MITTERAUER: Ahnen und Heilige, 125.). Genau so wie in den Amts-
räumen der Staatsbeamten reichsweit das Kaiserbild (es symbolisier-
te die kaiserliche Macht; „Das Ümstürzen der Kaiserbilder bedeutet
Revolution.“ [B. KÖTTING: Ecclesia peregrinans II, 173.]) aufgestellt
war, hing nach der konstantinischen Wende in den Kirchen Roms
das Bischofsbild (vgl. C. ANDERSEN: Die Kirchen der alten Christen-
heit, 404.). Die Christen kamen aus einer Umwelt, in der „im ganzen
Lebensgefühl ... man sehr auf das Optische ausgerichtet“ (E. CHR.
SUTTNER: Ikonenverehrung und Abwehr des Ikonoklasmus in der
griechischen Kirche, 156.) war. Zum Selbstverständnis der Orthodo-
xie gehört die Verehrung der Ikonen; damit „entspricht die orthodo-
50
* * *

dem Fremdgötterverbot herausgewachsen.142 Das Bilder-


verbot ist eine weitere Radikalisierung, womit nicht bloß
die kultische Verehrung einer anderen Gottheit streng
verboten, sondern Jahwe die göttliche Freiheit und Spon-
taneität gewährleistet wird.
Aschera, die Baumgöttin, scheint auch einen Bezug zur
Totenwelt besessen zu haben. Dafür spricht auch die in
einer Grabkammer143 entdeckte Inschrift von Hirbet el-
Qom, worauf auch ein aus der Mutter-Erde herausragen-
der Baum144 zu erkennen ist.145
Wie bereits schon erwähnt wurde, sind Fruchtbarkeits-
kult und Totenkult eng miteinander verbunden. So ist es
leicht zu verstehen, daß jede Berührung mit ihnen als Ab-
fall von Jahwe bzw. als Mißachtung des Ausschließlich-
keitsanspruchs Jahwes galt. Wer mit dem Totenkult zu
tun hatte, war für Jahwe unrein bzw. kultunfähig, und er
mußte sich komplexen Reinigungsriten unterziehen, um

xe Kirche einem zutiefst menschlichen Verlangen: das Heilige nicht


nur geistig, sondern auch mit den Sinnen zu erfahren.“ (P. WIERTZ:
Der orthodoxe Gottesdienst, 125.)
142 E. ZENGER: Am Fuss des Sinai, 89.

143 vgl. CH. FREVEL: Aschera und der Ausschießlichkeitsanspruch

YAWHs II, 578., der mit einem Hinweis auf die Habilitationsschrift
von R. WENNING meint, was mir schon fast wie eine Spitzfindigkeit
vorkommt, daß es sich hier nicht um „eine Grabinschrift im strengen
Sinne“ handelt, sondern lediglich um eine „Inschrift in einer Grab-
kammer. Ein funeraler Bezug ist daraus gerade nicht abzuleiten.“
144 Diese Interpretation wird bei O. KEEL/CH. UEHLINGER: Göttinnen,

Götter und Gottessymbole, 271. m.E. zu schnell als ein „wenig über-
zeugender Vorschlag“ abqualifiziert.
145 vgl. O. KEEL/CH. UEHLINGER: Göttinnen, Götter und Gottessymbo-

le, 269, Ab. 236.


51
* * *

wieder kultisch rein zu werden.146 So wurde dieser Be-


reich durch Verbote tabuisiert. Keiner von den kultischen
Repräsentanten „darf sich an den Leichen eines seiner
Stammesgenossen verunreinigen“, bei den Hohepries-
tern „auch nicht, wenn es sich um Vater oder Mutter
handelt.“147 Selbst beim Begräbnis der Könige wird nichts
über eine Mitwirkung von Priestern berichtet.148 Obwohl
die Scheol nicht außerhalb des Machtbereichs Jahwes
liegt,149 steht sie doch nicht im Horizont des Heilshan-
delns Jahwes.150 Jahwe ist stärker als Mot, der Oberherr
der Totenwelt, er vermag nämlich nach seinem Gutdün-
ken, Menschen von dort herauszuführen oder sie dort zu
belassen.151 Durch dieses Verbot soll hier „eine scharfe
Trennungslinie gezogen werden zu dem Bereich des To-
des, der theologisch noch nicht integriert ist.“ 152 Auch
wenn die Priester an der Bestattung nicht teilnehmen
(dürfen), ist sie kein rein weltliches Geschehen, sondern
sie hat auch eine religiöse Bedeutung. Sie galt „oftmals als
religiös verstandene Belohnung für den Lebenswandel
bzw. die Verweigerung der Beerdigung in einem Grab als
religiös verstandene Bestrafung“.153 Das Buch Kohelet

146 vgl. E. ZENGER: Ritus und Rituskritik im Alten Testament, 97.


147 Lev 21,1.11.
148 vgl. E. ZENGER: Das alttestamentliche Israel und seine Toten, 142.
149 vgl. Ps 139,7f; Am 9,2.

150 vgl. H.-P. STÄHLI: Tod und Leben im Alten Testament, 175.

151 vgl. W. HERRMANN: Jahwes Triumph über Mot, 371-377.

152 E. ZENGER: Ritus und Rituskritik im Alten Testament, 97.


153 B. LORENZ: Bemerkungen zum Totenkult im Alten Testament, 234.

52
* * *

verspricht z.B. den Menschen nach dem Tod keine Be-


lohnung.154
Die Angst, kinderlos zu sterben, wurzelte nicht nur im
Gedanken, daß die Großfamilie durch die Nachkom-
men155 nicht mehr „im Strom der Heilsgeschichte auf die
Erfüllung durch den Messias“156 steht, sondern sie war
von einem „egoistischen“ Zug geprägt; sie war in der Sor-

154 vgl. B. WILLMES: Alttestamentliche Weisheit und Jahweglaube, 39.


155 Eine gesunde und glückliche Ehe ist ohne eine große Kinderzahl
dem antiken Mensch undenkbar. Die Kinder sind Gabe Gottes (Gen
33,5) und eine Belohnung (Ps 127,3-5; 128,1-3). Die Polygamie war
durchaus üblich. Dadurch, daß man mehrere Frauen besitzt, wird
nach israelitischer Auffassung das Wesen der Ehe nicht beeinträch-
tigt. Die Hauptsache ist nämlich nicht, welche Frau die Kinder gebo-
ren hat, sondern wer sie gezeugt hat. Eine außereheliche Beziehung
der Gattin würde aber fremden Blutstrom in die Familie bringen und
dadurch auch die Einheit derselben ruinieren. Mehr als zwei Frauen
(Gen 29-30; Dtn 21,15; 1Sam 1,2; Ez 23,4) dürften nur wenige Israeli-
ten gehabt haben. Einen großen Harem besaß nur der König. Das
gehörte zum Aufwand der königlichen Lebensweise, war aber vor
allem ein Statussymbol. Neben den persönlichen Bedürfnissen des
Königs spielten auch die politischen Interessen eine wichtige Rolle
(z.B. Salomo hat „die Tochter des Pharao“ geheiratet [1Kön 7,8]).
Der Mann nimmt eine jüngere Sklavin seiner Gattin als „Beischläfe-
rin“, um die Spannung zwischen männlicher Potenz und weiblicher
Empfängnisfähigkeit überbrücken zu können (Vgl. H. VON OYEN:
Ethik des AT, 166.). In der hellenistisch-römischen Antike ist ein
Wandel eingetreten, jetzt galt die Kinderlosigkeit selbst bei den Ju-
den (vgl. Weish 3,13f; 4,1f.) nicht mehr unbedingt als ein Zeichen von
Gottlosigkeit oder Gottesstrafe (vgl. M. TILLY: So lebten Jesu Zeitge-
nossen, 43.). Hier läßt sich die Auflösung des Tun-Ergehens-
Zusammenhangs ablesen.
156 A. GÜNTHÖR: Anruf und Antwort, III, 77.

53
* * *

ge begründet, nicht würdig bestattet zu werden,157 und


keine Gedenkstelle zu bekommen.158 Die Leviratsehe159
und die Adoption ist letztlich nicht eingeführt worden,
um die Sippe durch das Weiterleben in der Nachkom-
menschaft auch im Konfliktfall aufrechtzuerhalten. 160 Der
schlimmste Fluch, den man sich überhaupt vorstellen
konnte, war nicht bestattet bzw. nicht ordentlich bestattet
zu werden,161 d.h. nach der biblischen Sprache, ein „Esel-
begräbnis“ zu erhalten. Die Vorstellung, daß die Bestat-
tung in einem Grab als Lohn für ein wohlgefälliges Leben
verstanden wurde, findet sich auch in den griechischen
Grabgedichten.162 Die schlimmste Strafe in Israel, die
über einen Menschen verhängt werden konnte, hatte die
gleiche Intention, nämlich die Ausrottung seiner Sippe,
um dadurch die Erhaltung des Namens in den Nach-
kommen zu verhindern.163 Der gleiche Gedanke läßt sich
auch an den bösen Flüchen auf den Grabinschriften bei

157 E. ZENGER: Das alttestamentliche Israel und seine Toten, 138.


158 vgl. Gen 35, 20; 1 Kön 13; 2 Kön 23,17.
159 vgl. Dtn 25,5ff.
160 vgl. J. SCHREINER: Alttestamentliche Vorstellungen von Tod und

Unsterblichkeit, 131; U. KELLERMANN: Überwindung des Todesge-


schicks in der alttestamentlichen Frömmigkeit vor und neben dem
Auferstehungsglauben, 269f; zu den beiden Themen im einzelnen bei
R. DE VAUX: Das Alte Testament und seine Lebensordnungen I, 72ff;
93ff.
161 vgl. E. ZENGER: Das alttestamentliche Israel und seine Toten, 133.
162 vgl. B. LORENZ: Überlegungen zum Totenkult im Alten Testament,

311.
163 U. KELLERMANN: Überwindung des Todesgeschicks in der alttes-

tamentlichen Frömmigkeit vor und neben dem Auferstehungsglau-


ben, 268.
54
* * *

den antiken Römern ablesen,164 wie z.B.: „quisquis/hoc


sustulerit/aut laeserit,/ultimus suo/rum moriatur“.165
Eine babylonische Verwünschungsformel äußert den glei-
chen Wunsch: „Einen, der ihm Wasser spendet, möge er
nicht haben!“166 Bei den Rumänen gilt auch heute noch
als schlimmster Fluch der Satz: „Möge es Gott zulassen,
daß dich niemand beklagt!“167
Man rechnet in Israel mit einem Weiterleben in der
Scheol, wo die Toten in Sippen versammelt sind,168 was
übrigens wegen ihres dumpfen Dahindämmerns nur ei-
nen schwachen Trost bedeutete.169 Das bringt auch die
Wendung „zu den Vätern versammelt werden“ zum Aus-
druck, und nicht nur die Tatsache des Sterbens. Selbst
das Buch der Weisheit, dessen Autor wohl vom hellenisti-
schen Unsterblichkeitsglauben beeinflußt war, meint
nicht ein Weiterleben der Seele, sondern des ganzen
Menschen.170 Diese Wendung meinte aber keineswegs die

164 vgl. die Beispiele bei M. R.-ALFÖLDI: Der Tod – Glaube und Aber-
glaube im antiken Rom, 92.
165 CIL VI 29946b

166 vgl. A. BERTHOLET: Die israelitischen Vorstellungen vom Zustand

nach dem Tode, 34.


167 vgl. G. KLIGMAN: Nunta mortului, 110. Auf rumänisch: „Să dea

Dumneseu să n-ai pe nime să te bocească!“ Siehe zur Klage auch die


Abbildungen bei G. KLIGMAN: Nunta mortului, 156-162.
168 vgl. B. LANG: Das biblische Jenseits in neuer Sicht, 3; A.

BERTHOLET: Die israelitischen Vorstellungen vom Zustand nach dem


Tode, 43f.
169 vgl. J. SCHREINER: Geburt und Tod in biblischer Sicht, 139.

170 vgl. B. WILLMES: Alttestamentliche Weisheit und Jahweglaube,

43f.
55
* * *

Sitte, daß die Gebeine171 der Verstorbenen von den Bän-


ken der Grabkammer in die Repositorien gesammelt
wurden, um dem nächsten Familienmitglied dadurch
Platz zu schaffen.172 Besonders schlechte Könige erhielten
ein weniger ehrenhaftes oder ein ganz unehrenhaftes Be-
gräbnis, gute hingegen eine aufwendige Beisetzungsfeier-
lichkeit.173

2.4. Leichenverbrennung in Israel

Obwohl ursprünglich vermutlich die Leichenverbrennung


allgemein üblich war,174 wurde später die Feuerbestat-

171 Diese Sitte hängt mit der Vorstellung zusammen, daß die Kno-
chen, die der Vergänglichkeit länger zu trotzen vermochten, als
„dauerhafteste ,Substanz, des Menschen galten.“ (R. WENNING/E.
ZENGER: Tod und Bestattung im biblischen Israel, 293f). Die noch
vorhandenen Gebeine fanden, da sie noch die Lebenskraft des Toten
enthielten, z.B. bei den Naturvölkern als Amulette oder Talismane
und im Reliquienkult eine besonders bevorzugte Behandlung (vgl. K.
E. MÜLLER: Sterben und Tod in Naturvolkkulturen, 62; K. E.
MÜLLER: Einführung, 45f.). Selbst Platon meinte noch, daß die Kno-
chen beinahe unsterblich seien und an Qualität fast der Seele gleich-
kämen (Phaidon 80 D).
172 vgl. R. WENNING/E. ZENGER: Tod und Bestattung im biblischen

Israel, 293f.
173 vgl. dazu E. ZENGER: Das alttestamentliche Israel und seine Toten,

133ff.
174 vgl. O. BÖCHER: Dämonenfurcht und Dämonenabwehr, 190. Siehe

dazu 1 Sam 31,11ff (über die verschiedenen anderen Vorschläge der


Erklärung dieser Stelle vgl. H. J. STOEBE: Das erste Buch Samuels,
56
* * *

tung in Israel, sofern es sich nicht um eine Strafverbren-


nung handelte,175 als besonders verwerfliches Verbrechen
angesehen.176 Die Bestrafung des Ehebruchs erfolgte
durch Steinigung,177 aber es wird auch für möglich gehal-
ten, daß in älterer Zeit die Verbrennung (Feuertod) er-
folgte,178 die allerdings später nur bei Töchtern von Pries-
tern angewendet wurde.179 Bei der Bestattung der Staats-
oberhäupter wird auch von einem für ihn [den König]
angezündeten großen Totenfeuer berichtet,180 was wohl
ein apotropäischer oder ein reinigender Ritus war.181

2.5. Totenklage in Israel

An den Totenbräuchen haben sich sowohl Männer als


auch Frauen engagiert, bei der Totenklage waren sie aber
in Gruppen aufgeteilt.182 Die Klage war entweder Chor-

531f.), die sicher nicht als Leichenschändung zu verstehen ist (vgl. P.


WELTEN: Bestattung, 736.). H. SCHMID: Begräbnis, 962. meint, daß
hier „nur an eine Verbrennung von bereits in Verwesung übergegan-
genen Weichteilen“ gedacht werden kann.
175 vgl. Gen 38,20; Lev 20,14; 21,9.
176 vgl. Am 2,1.

177 vgl. Dtn 22,23f; Ez 16,40; Joh 8,5.

178 Vgl. R. DE VAUX: Das Alte Testament und seine Lebensordnungen

I, 71.
179 Vgl. Neue Jerusalemer Bibel, 62.

180 vgl. 2 Chr 16,14; 21,19; Jer 34,5.

181 vgl. W. ZWICKEL: Über das angebliche Verbrennen von Räucher-

werk bei der Bestattung eines Königs, 266-277.


182 vgl. Sach 12,11-14.

57
* * *

oder Wechselgesang.183 Die Frauen haben aber vielleicht


mit ihren schrillen Schreien mehr Aufmerksamkeit erre-
gen können als die Männer.184 Anzumerken ist auch, daß
eine kollektiv erlebte Trauer viel intensiver sein kann, als
eine individuelle.185 Als wichtigste Trauerzeremonie galt
die Totenklage.186 Um die Klage kunstvoller und besser
auszuführen, überließ man das den berufsmäßigen Kla-
geweibern,187 die dies später auch ihren Töchtern beigeb-
racht haben.188 Die Männer gaben Lobsprüche über den
Toten ab.189 Die Klage bzw. das Weinen geschah nicht nur
aus individueller Schmerzempfindung, sondern um einer
von der Gesellschaft vorgegebenen strengen Etikette ent-
sprechen zu können.190 Nach der Meinung der Rabbiner
forderte die Pietät, daß „selbst der Ärmste in Israel ...
nicht weniger als zwei Flöten und ein Klageweib neh-
men“191 soll.192 Je wohlhabender ein Israelit war, desto
zahlreicher war auch das Klagepersonal und desto lauter
das Schreien.193 Obzwar man der Musik im Totenkult oft

183 vgl. BILLERBECK I, 521.


184 vgl. U. WINTER: Frau und Göttin, 50.
185 vgl. É. DURKHEIM: Formele elementare ale vieţii religioase, 366.

186 vgl. R. DE VAUX: Das Alte Testament und seine Lebensordnungen

I, 105.
187 vgl. E. REINER: Die rituelle Totenklage der Griechen, 56.

188 vgl. Jer 9,19 (R. DE VAUX: Das Alte Testament und seine Lebens-

ordnungen I, 106.)
189 vgl. J. GNILKA: Das Evangelium nach Markus II, 335
190 vgl. É. DURKHEIM: Formele elementare ale vieţii religioase, 366.

191 Mischna: Ketubot IV, 4.

192 vgl. BILLERBECK I, 521f; G. MAYER: Die jüdische Frau in der helle-

nistisch-römischen Antike, 98.


193 vgl. H. STUBBE: Formen der Trauer, 113.

58
* * *

mit Recht apotropäischen Charakter zuschrieb, war ihr


ursprünglicher Zweck bei den Mittelmeervölkern die To-
tenbeschwörung.194 Das Flötenspiel hatte wohl ebenfalls
auch bei den Opfern im griechischen Kult dämonenvert-
reibende Funktion.195
Obwohl das Judentum zu allen Zeiten tanzfreudig war
und es sowohl den sakral-kultischen Tanz, der aus-
schließlich von Männern aufgeführt wurde, als auch
Kunst- und Volkstanz geübt hatte,196 ist der Tanz als
Trauerzeremonie, wie das bei den alten Ägyptern üblich
war, im antiken Israel nicht bezeugt.197 Wenn wir über
den Tanz reden, müssen wir ihn im Licht der Religions-
geschichte sehen. Der Tanz ist ursprünglich kultischer
Art; „neben dem Opfer ist er die wichtigste Kulthandlung,
ja, bei den primitiven Völkern noch wichtiger als die-
se“198, er ist also „nicht eine ästhetische Beschäftigung,
die neben anderen Betätigungen existiert. Er ist Gottes-
dienst.“199 Der Tanz im Totenkult hatte eine doppelte
Funktion: er sollte einerseits den Verstorbenen erfreuen,
andererseits aber wie der Hochzeitstanz200 die bösen
Geister abwehren.201 Obwohl es bei den Christen auch

194 vgl. J. QUASTEN: Musik und Gesang in den Kulturen der heidni-
schen Antike und christlichen Frühzeit, 212-216.
195 vgl. TH. WÄCHTER: Reinheitsvorschriften im griechischen Kult, 12.

196 vgl. C. ANDRESEN: Altchristliche Kritik am Tanz, 350f.


197 vgl. P. HEINISCH: Die Trauergebräuche bei den Israeliten, 67ff.
198 F. HEILER: Erscheinungsformen und Wesen der Religion, 239f.

199 G. VAN DER LEEUW: Phänomenologie der Religion, 422f.

200 vgl. F. HEILER: Erscheinungsformen und Wesen der Religion,

240.
201 vgl. H. STUBBE: Formen der Trauer, 116.

59
* * *

vorkam, daß die Kleriker, die Laien bzw. die Nonnen in-
nerhalb der Liturgie getanzt haben,202 was meistens trotz
seiner Kritik nach der Aufführung203 mit dem kultischen
Tanz Davids,204 begründet wurde und, daß der Tanz in
der Eschatologie bei den Kirchenvätern 205 gemäß der an-
tiken Auffassung,206 wonach Gesang und Instrumental-
musik, Spiel und Tanz als Hauptbeschäftigung und Zeit-
vertreib der Seligen galt, als Symbol der ewigen Seligkeit
gebraucht wurde, war jedoch die Einstellung der alten
Kirche zum Tanz wegen seines sinnlich-erotischen Ele-
mentes ablehnend.207 Der Tanz bei den christlichen Mär-
tyrergräbern zu Ehren der Märtyrer, 208 der übrigens auch
von der Kirche heftig kritisiert wurde,209 konnte aber

202 vgl. J.-C. SCHMITT: Raţiunea Gesturilor în Occidentul medieval,


110-113.
203 O. KEEL sieht im Tanz Davids vor der Bundeslade eine frühere

Form der Jahweverehrung, die „noch ganz dem alten Image des Wet-
tergottes entspricht.“ (vgl. dazu O. KEEL: Davids „Tanz“ vor der Lade,
11-14.)
204 vgl. 1 Sam 6, 14. 20-23.

205 vgl. K. KOCH: Gottesdienst und Tanz, 64f.

206 vgl. J. QUASTEN: Musik und Gesang in den Kulturen der heidni-

schen Antike und christlichen Frühzeit, 208. (mit Belegen)


207 vgl. K. KOCH: Gottesdienst und Tanz, 63f.

208 vgl. F. HEILER: Erscheinungsformen und Wesen der Religion, 241.


209 Eine scharfe Kritik stammt aus dem Munde des Basilius von Cae-

sarea, der einigen Frauen vorwirft, sie hätten sich „jedem männli-
chen Blicke schamlos ausgesetzt, die Haare schüttelnd, die Kleider
schleppend, mit Füßen trippelnd, mit lüsternem Blicke und ausge-
lassenem Gelächter wie rasend in den Tanz gestürzt ... und vor der
Stadt bei den Gräbern der Märtyrer Tänze aufgeführt uns so die
60
* * *

nicht unter jüdischem, sondern nur unter heidnischem


Einfluß geschehen, da dies im antiken Israel, wie wir sa-
hen nicht bezeugt ist. Der christliche Tanz im Märtyrer-
kult hat mit der Grundstimmung des antiken Totenmahls
zu tun, die, da der Verstorbene selbst am Grab anwesend
war, fröhlich und nicht traurig war. 210 Die Lebenden be-
ziehen auch mit ihrem fröhlichen Singen und Tanzen den
Toten in ihre Gesellschaft ein und auf diese Weise lassen
sie ihn an ihrem Leben teilhaben.211
Bei der Totenklage gab es bestimmte Topoi, die man auf
die verschiedenen Verstorbenen anwenden konnte.212 Die
Klagefrauen sollten nicht nur musikalisch begabt sein,
sondern sie sollten in ihrem Repertoire über eine größere
Zahl von Liedern verfügen, um dasselbe Lied nicht stän-
dig wiederholen zu müssen.213 Das Händeklatschen der
Klagefrauen beim Leichenzug ist apotropäisch zu verste-
hen.214 Sich blutig ritzen bzw. sich Einschnitte machen,
wird vom Gesetz ausdrücklich verboten, weil man so
wohl das Blutfließen verhindern wollte, da das Blut im
Alten Testament als Sitz des Lebens galt.215 Später konnte

geheiligten Orte zur Werkstätte ihrer Schamlosigkeit gemacht.“


(Hom. 14.)
210 vgl. O. G. OEXLE: Mahl und Spende im mittelalterlichen Totenkult,

405.
211 vgl. O. G. OEXLE: Die Gegenwart der Toten, 49.
212 vgl. R. DE VAUX: Das Alte Testament und seine Lebensordnungen

I, 106.
213 vgl. H. STUBBE: Formen der Trauer, 113f.

214 vgl. A. BERTHOLET: Die israelitischen Vorstellungen vom Zustand

nach dem Tode, 10.


215 vgl. TH. PODELLA: Ein mediterraner Trauerritus, 267.

61
* * *

man statt sich blutig zu kratzen, sich mit roten Strichen


bemalen.216 Je stärker die Frau vom offiziellen Kult 217
ausgeschlossen blieb,218 desto mehr hat sie sich der priva-
ten Religiosität zugewandt.219 Eine Ausschließung der
Männer vom Kult ist nur in wenigen Kulturen bezeugt.220
Von Rabbi Hillel stammt das Wort: „...viele Frauen, viel

216 vgl. E. WUNDERLICH: Die Bedeutung der roten Farbe im Kultus der
Griechen und Römer, 54.
217 Es ist sicherlich zutreffend, wenn M. WINTERNITZ sagt: „Die Frau

ist immer die beste Freundin der Religion gewesen, die Religion aber
keineswegs immer eine Freundin der Frau.“ (vgl. A. SCHIMMEL: Frau,
1065.)
218 Die Frauen sitzen in der Synagoge von den Männer getrennt. Das

läßt sich begründen: 1. „in der Angst ihrer sexuellen Mächtigkeit


bzw., was dasselbe ist, vor ihrer widergöttlichen, dämonisch-
sexuellen Unreinheit“ (O. BÖCHER: Dämonenfurcht und Dämone-
nabwehr, 134.); 2. in der Tatsache, daß die Männer am Gottesdienst
die aktiven, die Frauen aber die passiven Teilnehmer sind; 3. in dem
Wunsch, die Aufmerksamkeit zu gewährleisten. Diese Trennung in
der Gemeinde wurde bei den Christen schon von der Apostolischen
Überlieferung 18, 2 gefordert, die diese Vorschrift auf den Friedens-
kuß begründete. Selbst der CIC von 1917 1.§ schreibt noch: „Es ist
wünschenswert, daß in der Kirche Männer und Frauen nach alter
Sitte getrennte Plätze einnehmen.“ Obwohl dieser Brauch schon seit
längerer Zeit nicht mehr praktiziert wird, hat er sich doch in man-
chen Gegenden noch erhalten. So z.B. ist es bei den Ortodoxen man-
cherorts, besonders in den Dörfern, bis heute Brauch, daß nämlich
die Frauen im Prenartex (Ort der Kathekumenen, Penitenten, Ener-
gumenen) aufzufinden sind (vgl. N. NECULA: Biserică şi cult, 32.).
219 vgl. U. WINTER: Frau und Göttin, 51.

220 vgl. TH. WÄCHTER: Reinheitsvorschriften im griechischen Kult,

130-134.
62
* * *

Zauberei, viele Mägde, viel Unzucht.“221 Für einfache ri-


tuelle Handlungen im Bereich von Haus und Familie ka-
men aber sicherlich die Frauen in Frage, 222 wie z.B. beim
Entzünden und Hineintragen der Lichter beim Abendri-
tual des Sabbatabends,223 deren Funktion bei der christli-
chen Osternachtsfeier wohl der Diakon übernahm,224 und
es liegt nahe, daß sie ebenfalls das Recht der Namensge-
bung225 und der Beschneidung der Knaben hatten. 226 So
wurde ihnen auch beim Anstimmen der Totenklage im-
mer mehr Wichtigkeit beigemessen. Bei den Naturvöl-
kern war es ebenso vornehmlich die Frau, die die letzten
Aufgaben vor der Bestattung zu erledigen pflegte, weil sie
gemeinhin als von Natur aus227 unrein228 galt.229 Da sie
wesenhaft mit allen Sünden behaftet war, war es ihr in

221 Talmud: Abot 2,7.


222 vgl. S. SCHROER: Auf dem Weg zu einer feministischen Rekons-
truktion der Geschichte Israels, 157.
223 vgl. L. BOUYER: Liturgie und Architektur, 41.

224 vgl. M. KUNZLER: Die Liturgie der Kirche, 589. mit Hinweis auf die

These von PLANK.


225 Das Kind erhielt bei der Beschneidung seinen Namen (vgl.

Lk 2,21). Im Fall eines Mädchens findet die Namensgebung meinst


am ersten Sabbat nach der Geburt in der Synagoge statt (vgl. R. R.
GEIS: Feiern auf dem Lebensweg eines Juden, 87.).
226 vgl. S. SCHROER: Auf dem Weg zu einer feministischen Rekons-

truktion der Geschichte Israels, 157.


227 So gilt z.B. bei den Tuareg die Frau als an sich schon etwas Unrei-

nes, deswegen darf sie niemals ein Tier schlachten, weil das Fleisch
ungenießbar wäre (vgl. W. NEUMANN: Tuareg, 277.).
228 vgl. näheres dazu bei K. E. MÜLLER: Die bessere und die schlechte-

re Hälfte, 101-106.
229 vgl. K. E. MÜLLER: Sterben und Tod in Naturvolkkulturen, 71.

63
* * *

verschiedenen Kulturen auch in das Himmelreich zu ge-


langen ungleich schwerer als dem Mann. 230 Weil die Frau
der kultischen Verunreinigung mehr ausgesetzt zu sein
schien, galt sie auch im allgemeinen zum Priestertum
weniger geeignet.231 Die Klagefrauen mit entblößten
Brüsten232 könnten vielleicht mit der Fruchtbarkeit in
Verbindung gebracht werden.233 Sie wollten auf diese le-
bendige Weise die lebensspendende Mutter-Erde darstel-
len. Die vollen, milchspendenden Brüste der Frau waren
nämlich in Israel ein Symbol des Segens, der Fülle und
des Heils schlechthin.234 Auch in Ägypten ist seit der 18.
Dynastie besonders in Beamtengräbern ikonographisch
bezeugt, wie die Baumgöttin den Toten ihre Brust
reicht.235 Frauenfiguren mit üppigen, überdimensionier-
ten Brüsten wurden auch in den Gräbern der israeliti-
schen Königszeit ausfindig gemacht, 236 sie sollten den
Toten „noch einen letzten Segen zukommen [zu] las-
sen.“237 Der Brauch des Zerreißens der Kleider läßt sich

230 vgl. TH. WÄCHTER: Reinheitsvorschriften im griechischen Kult,


126.
231 vgl. E. FEHRLE: Die kultische Keuschheit im Altertum, 73.

232 vgl. die Abbildungen der ägyptischen Klageweiber vom Grab des

Wesirs Ramose in Theben aus ca. 1400 v.Chr. (vgl. R. RIESNER: Be-
gräbnis- und Trauersitten, 173.) bzw. von der Kopfseite des Sarko-
phags König Ahirams von Byblos (vgl. H. A. MERTENS: Handbuch der
Bibelkunde, 758).
233 vgl. TH. PODELLA: Ein mediterraner Trauerritus, 263-269.
234 vgl. S. SCHROER/TH. STAUBLI: Die Körpersymbolik der Bibel, 82.

235 vgl. S. SCHROER: Die Zweiggöttin in Palästina/Israel, 219, Ab. 34.

236 vgl. R. WENNING/E. ZENGER: Tod und Bestattung im biblischen

Israel, 289.
237 vgl. S. SCHROER/TH. STAUBLI: Die Körpersymbolik der Bibel, 82.

64
* * *

aber in diesem Zusammenhang mit letzter Sicherheit


nicht mehr deuten.238 In 1 Kön 1,2-4 wird uns berichtet,
daß der König David „alt und hochbetagt“ war und ihm
„nicht mehr warm wurde“. Man suchte ihm “ein unbe-
rührtes Mädchen“ mir der Begründung, wenn „es an sei-

238 Das Zerreißen der Kleider, das vielleicht ein Rudiment des gänzli-
chen Nacktgehens sein könnte (vgl. H. STUBBE: Formen der Trauer,
102.), läßt sich auf verschiedene Weise interpretieren: 1.) als Un-
kenntlichmachung vor den bösen Geistern: man zerriß die eige-
nen Kleider, damit die schädlichen Einflüsse, die von den Toten aus-
gehen können, nicht in den Kleidern Unterkunft finden können; 2.)
als apotropäische Nacktheit (vgl. H. A. MERTENS: Handbuch der
Bibelkunde, 757.): Nacktheit dient nicht nur dazu, daß man den Dä-
monen keine Unterschlupfmöglichkeiten gewährt, sondern durch die
Nacktheit können sie sogar zur Flucht gezwungen werden. Besonders
die Entblößung der weiblichen Genitalien hatte eine große exorzisti-
sche Wirkung, so z.B. zu Madras in Indien tanzte in den Zeiten der
Dürre eine alte und häßliche Frau nackt, um den Sonnengott abzu-
schrecken (vgl. TH. OHMS: Gebetsgebärden der Völker und Christen-
tum, 443.). Jona vertrieb auch den Liviatan, indem er „das Siegel
Abrahams“ d.h. ihm die Beschneidungsstelle zeigte. „Der Livjathan
blickte hin und floh vor Jona zwei Tagereisen weit.“ (BILLERBECK I,
645.) 3.) Dieser Brauch kann, wenigstens zum Teil, auf ein ursprüng-
liches Kleideropfer hindeuten (vgl. A. BERTHOLET: Die israeliti-
schen Vorstellungen vom Zustand nach dem Tode, 14.). Die Seelen-
und Zauberkraft des Menschen geht auf sein Gewand über, es wird
zu einem Stück seiner Selbst. Kleidung galt als etwas zur Person Ge-
höriges. Zwischen Freunden galt ein Kleidertausch als eine personale
Einigung, weil eben die Kleidungsstücke Anteil an der Person haben
(vgl. 1 Sam 18,1.3f; 24,5f; 2 Kön 2,13f; Rut 3,9). Das Kleid ist ein
Doppel-Ich des Menschen (pars pro toto). Z.B. tritt in chinesischen
Trauer-Riten, wenn die Leiche eines Menschen unzugänglich ist, das
Kleid des Verstorbenen an deren Stelle (vgl. A.-TH. KHOURY: Vom
Sinn der Paramente bei der Meßfeier, 370-374.).
65
* * *

ner Seite schläft, wird es...dem König warm werden.“


„So sollten wohl auch die Frauenfigürchen ... den Ver-
storbenen in ihrer tödlichen Schwachheit einen letzten
Hauch von mütterlicher Wärme und Lebenskraft vermit-
teln“,239 es wurde nämlich dem nackten Körper eine wir-
kungsvollere, ungebrochene, geheimnisvolle Macht zuge-
schrieben.240 Da man damals noch keine natürliche Ätio-
logie der Krankheiten kannte, führte man sie auf überna-
türliche Mächte zurück.241 Selbst die Anwendung eines
Amuletts galt als erlaubt.242 Ein eigentlicher Ärztestand
ist für das alttestamentliche Israel nicht eindeutig be-
legt.243 Man war der Überzeugung, daß einem alten Men-
schen nur noch “ein unberührtes Mädchen“ die nötige
Lebenswärme vermitteln vermag. Ein solcher „medizini-
scher“ Rat ist uns sogar vom antiken Arzt Galen überlie-
fert.244 Die Redewendung „doch der König erkannte es
nicht“245 läßt uns nur ahnen, daß zu diesem „Ritual“ auch
der Geschlechtsverkehr gehörte.
Wenn die Klagefrauen während der Klage auf dem Boden
saßen,246 könnte das m.E. auf eine Kontaktaufnahme mit

239 O. KEEL: Die Ω-Gruppe, 74.


240 vgl. A. BERTHOLET: Wörterbuch der Religionen, 414.
241 So z.B. auf Dämonen (vgl. O. BÖCHER: Dämonenfurcht und Dä-

monenabwehr, 152f.)
242 vgl. J. SIMON: Die hebräische Medizin bis zum Mittelalter, 793.
243 vgl. H. W. WOLFF: Anthropologie des Alten Testaments, 215.
244 vgl. G. HENTSCHEL: 1 Könige, 20.

245 Das wird von Flavius Josephus mit der Schwäche Davids begrün-

det (vgl. Aniquitates, 7,14,3.).


246 vgl. H. A. MERTENS: Handbuch der Bibelkunde, 759; H. HAAG:

Bibliai lexikon, 1590.


66
* * *

der Erde hindeuten, denn wenn ein Trauernder auf der


Erde sitzt, bedeutet das, daß er bei der Mutter-Erde Zu-
flucht sucht.247 Die Römer und die Griechen richteten
beim Gebet an die Mutter-Erde ihre Hände abwärts,
meist aber berührten oder beklopften sie den Erdbo-
den.248 Die Christen betteten ihre Sterbenden noch im
Mittelalter auf Erde oder Stroh, was „das Zurückkehren
in den Schoß der Erde symbolisierte“ 249, und dürfte we-
niger mit der Angst vor der Verunreinigung des Bettes zu
tun haben.250

2.6. „Du sollst das Land


nicht unrein werden lassen“ (Dtn 21,23)

Bei den Juden sollte die Beisetzung im Notfall, wie z.B. in


der Verfolgungszeit nicht nur eine Familienangelegenheit
bleiben, sondern eine „Nächstenliebepflicht“ jedes Israe-
liten.251 Die Juden begruben selbst die Verbrecher.252 Sie

247 vgl. G. FUCHS: Mythos und Hiobdichtung, 174.


248 vgl. F. HEILER: Das Gebet, 103.
249 vgl. K. STÜBER: Sterben im Mittelalter, 104.

250 Das vermutet z.B. N. OHLER: Sterben, Tod und Grablege nach

auserwählten mittelalterlichen Quellen, 579.


251 Das beispielhafte Engagement Tobits (vgl. Tob 1,16-18) ist eher als

motivierend zu interpretieren und darf auf keinen Fall als allgemeine


Praxis angesehen werden. Tobit begrub die verstorbenen Volksge-
nossen in der Zeit der Judenverfolgung und weitete damit seine
Nächstenliebe über den Kreis seiner Verwandtschaft aus (vgl. P.
DESELAERS: Das Buch Tobit, 424-428; H. GROSS: Tobit, 18.).
67
* * *

durften aber nicht gleich im Familiengrab beigesetzt wer-


den, 253 sondern erst nach der Verwesung des Körpers 254
d.h. nach einem Jahr.255 Das Betrauern der Verbrecher
war aber auch nach der endgültigen Beisetzung noch
immer untersagt.256 Die Vorschrift betraf nur die Toten,
die vom jüdischen Gericht verurteilt waren, nicht aber die
von römischen Gerichten Verurteilten.257
„Die Gräber des einfachen/niedrigen Volkes“, die in
2 Kön 23,6 und Jer 26,23 erwähnt werden, sind keine
Massengräber, wie es oft behauptet wird,258 sondern ein-

252 „Wir halten es für Pflicht, selbst Feinde zu bestatten.“ (Flavius


Josephus: De Bello Iudaico 3,8,5 § 377.) „Begraben soll man auch
die Feinde und niemand soll nach erlittener Strafe über die be-
stimmte Zeit hinaus unbeerdigt liegen bleiben.“ (Flavius Josephus:
Antiquitates 4,8,24 § 265.)
253 „Man begrub ihn [den Hingerichteten] nicht in der Grabstätte

seiner Väter, sondern das Gericht hatte zwei Begräbnisplätze einge-


richtet, einen für die durchs Schwert Hingerichteten und die Er-
drosselten und einen für die Gesteinigten und Verbrannten.“ (Mi-
schna: Sanhedrin, VII, 6.) „Und wie man nicht einen Frevler neben
einem Frommen begraben darf, ebenso darf man nicht einen
schweren Frevler neben einem leichteren Frevler begraben.“ (Tal-
mud: Synhedrin 47a)
254 „Nachdem das Fleisch verwest ist, liest man die Gebeine zusam-

men und begräbt sie an ihrem Orte.“ (Mischna: Sanhedrin, VII, 6.)
255 vgl. M. TILLY: So lebten Jesu Zeitgenossen, 69.
256 „Sie [die Verwandten] hielten keine Trauer“ (Mischna: Sanhedrin,

VII, 6.).
257 vgl. J. GNILKA: Das Evangelium nach Markus II, 335; BILLERBECK

I, 1049.
258 So z.B. M. TILLY: So lebten Jesu Zeitgenossen, 68; K. KOCH: qae-

baer, 1152.
68
* * *

fache Erdgräber außerhalb der Siedlungen,259 wie das


auch auf dem Hauptfriedhof und den Nebenfriedhöfen
bei Qumran zu sehen ist. Bei den Qumran-Ausgrabungen
hat man festgestellt, daß die Gräber bis auf eines260 aus-
schließlich männliche Skelette verbargen; auf den Neben-
friedhöfen wurden aber auch Frauen- bzw. Kindergräber
gefunden, was darauf schließen läßt, daß vielleicht auf
dem Hauptfriedhof die verstorbenen Vollmitglieder der
Essenergemeinschaft, auf den Nebenfriedhöfen diejeni-
gen, die die Vollmitgliedschaft noch nicht erreicht hatten,
bzw. Frauen, Kinder und Fremde bestattet wurden. 261
Das Vorhandensein von Frauen- und Kindergräbern 262 in
Qumran spricht eher dafür, daß die Qumran-Essener,
mindestens teilweise in Ehe gelebt haben und nicht
grundsätzlich ehelos, wie es oftmals dargestellt wird. 263
Die Begräbnisstätte sollten mindestens 50 Ellen 264 von
der Stadtmauer (besonders von der heiligen Stadt Jerusa-
lem) entfernt sein.265

259 vgl. R. WENNING/E. ZENGER: Tod und Bestattung im biblischen


Israel, 288.
260 vgl. J. A. FITZMYER: Qumran: Die Antwort, 111.
261 vgl. H. STEGEMANN: Die Essener, Qumran, Johannes der Täufer

und Jesus, 70f.


262 J. REUSS hält es auch für wahrscheinlich, daß es sich bei diesen

Frauen um Witwen oder Jungfrauen handelt, die die adoptierten


Kinder (vgl. Flavius Josephus: De Bello Iudaico II,8,2.) erzogen (vgl.
R. MAYER/J. REUSS: Die Qumranfunde und die Bibel, 104.).
263 näheres dazu bei: D. DIÓSI: Qumrán és az őskeresztények, 67-76.

264 ca. 25 m
265 vgl. BILLERBECK I, 1050.

69
* * *

Obwohl im Bewußtsein Israels unbestattet zu bleiben als


schweres Unglück galt, geschah dies weniger aus Pietät,
sondern aus der Angst der kultischen Verunreinigung des
Landes.266 Der Anfang267 und das Ende des Lebens ist

266 vgl. J. GNILKA: Jesus von Nazaret, 314; G. LOHFINK: Der letzte Tag
Jesu, 79. nennt beide Aspekte als Gründe.
267 Alles was die Sphäre der Fruchtbarkeit und die Fortpflanzung

berührt, trägt einen geheimnisvollen und sakralen Charakter. Weil


Samenerguß und Menstruation als Verlust an Lebenskraft für die
einzelnen gesehen wurden, mußte die würdige Beziehung und die
Verbindung zu Gott, der die Quelle alles Lebenden ist, durch be-
stimmte Riten wiederhergestellt werden. Die bevorzugten Mittel für
die rituelle Reinigung waren Feuer und Wasser (vgl. M. TILLY: So
lebten Jesu Zeitgenossen, 43.). Eine starke Blutung der Frau galt als
Zeichen großer Fruchtbarkeit (vgl. J. SIMON: Die hebräische Medizin
bis zum Mittelalter, 813.). Wenn bei einer Verletzung des Uterus oder
der Vagina Blut austratt, galt die Frau jedoch nicht als unrein (vgl. J.
SIMON: Die hebräische Medizin bis zum Mittelalter, 813.). Weil der
Menstruierenden schädigende Macht von höchster Wirkungsfähig-
keit zugesprochen wurde, war das Menstruationsblut ein beliebtes
Zaubermittel (vgl. O. BÖCHER: Dämonenfrucht und Dämonenabwehr,
131.). Wo sich die menstruierende Frau aufhielt, wird Most sauer,
verdorren die Gartenpflanzen, fallen die Baumfrüchte unreif ab (vgl.
O. BÖCHER: Dämonenfrucht und Dämonenabwehr, 131.). Wenn eine
Frau schwanger wurde, war ihr jeder weitere sexuelle Verkehr vor
und nach der Geburt des Kindes untersagt und zwar gemäß Lev 12,1-
7 bis 7+33 Tage nach der Geburt eines Knaben oder 14+66 Tage nach
der Geburt eines Mädchens. Die Mutter wird aber nicht durch die
Geburt unrein, sonst müßte selbst das Neugeborene unrein sein,
sondern durch die nachgeburtlichen Blutungen (vgl. F. D. LINDSEY: 3.
Mose, 231.). Daß die Geburt eines Mädchens doppelt so lange unrein
macht, steht vielleicht damit im Zusammenhang, daß in diesem Fall
zwei „Frauen“ betroffen sind (vgl. I. WILLI-PLEIN: Opfer und Kult im
alttestamentlichen Israel, 42.). Jede Geburt war für die Mutter wegen
70
* * *

von der kultischen Unreinheit und von der Dämone-


nangst268 überschattet. Wenn die Unreinheit durch Be-

der schlechten hygienischen Verhältnisse lebensgefährlich (vgl. M.


TILLY: So lebten Jesu Zeitgenossen, 43.). Die Kindersterblichkeit war
extrem hoch, kaum mehr als die Hälfte der Kinder konnten das Er-
wachsenalter erreichen (vgl. M. TILLY: So lebten Jesu Zeitgenossen,
43.).
268 Der erste Geschlechtsverkehr galt als von lebensbedrohenden

Sexualdämonen sehr gefährdet (vgl. E. FEHRLE: Die kultische


Keuschheit im Altertum, 40f.) so daß die Sitte, in den ersten Nächten
nach der Hochzeit nicht zu verkehren, sich vom vedischen Indien bis
zu den Germanen nachweisen läßt (vgl. O. BÖCHER: Dämonenfurcht
und Dämonenabwehr, 128.). Gegen diese tötenden Dämonen richtete
sich auch der Blutritus der Beschneidung, der ursprünglich eine Ini-
tiationsritus an jungen Männern war (vgl. O. BÖCHER: Blut, 730.).
Die Verhüllung der Frau hat ähnlich wie in der heidnischen Umwelt
sexualistische Gründe. Die Braut ist auch gegenüber ihrem Bräuti-
gam bis die Ehe vollzogen ist verschleiert; erst danach wird der
Schleier abgelegt (Gen 29,23.25), weil man die Braut vor dem Anb-
lick der gierigen Dämonen schützen will (vgl. O. BÖCHER: Dämonen-
furcht und Dämonenabwehr, 128.). Aus dem selben Grund wird auch
die Tätowierung von Frauen an der Scham und von Männern an der
Eichel bei den Naturvölkern unternommen (vgl. E. FEHRLE: Die kul-
tische Keuschheit im Altertum, 39.). Der eheliche Geschlechtsver-
kehr sollte bei den Juden im Dunklen geschehen, aber selbst bei
Nacht, wenn der Mond auf die beiden scheint, ist er verboten (vgl. H.
VON OYEN: Ethik des Alten Testaments, 168.). Wenn ein israelitisches
Mädchen heiratete, wurde nicht von ungefähr großer Wert darauf
gelegt, daß es noch Jungfrau war (Dtn 22,14f; Gen 24,16; 1 Kön 1,2).
Deswegen hat man als Beweis für ihre Jungfräulichkeit ein Stoff-
stück, ein Kleidungsstück oder Bettuch, das Blutspuren der Deflora-
tion aus der Hochzeitsnacht trägt, aufbewahrt (Dtn 22,14f) und wohl
im Rahmen des Hochzeitsbrauchtums den Eltern überreicht (vgl. G.
BRAULIK: Deutronomium II, 165.). Das Tragen von Fackeln spielte
71
* * *

rührung mit einem Toten entstanden ist, soll man sich


dem Reinigungsritual, das aus der Asche der roten269 Kuh
zubereitet wurde, unterziehen.270 Bei diesem Ritual muß
man zwischen zwei Zubereitungsvorgängen unterschei-
den:271

1. Die Verbrennung der roten Kuh und Herstellung


der Asche;

2. Zubereitung des Entsündigungswassers.

Beide Phasen wurden durch einen Priester durchgeführt,


aber die erste fand selbst in Jerusalem statt, während die
zweite in den Priesterstädten des Landes stattfand. Von
diesem Reinigungswasser hat man auch Vorrat in den
Häusern gelagert.272 Ursprünglich gehörte jedoch die
Herstellung des Reinigungswassers nicht zum Grundbe-
stand des Rituals, sondern es war ein selbständiges, ver-
mutlich ein vorisraelitisch-kanaanäisches Opfer mit einer
roten Kuh, das aber später „jahwesiert“ und mit dem

eine große Rolle bei der Hochzeit, weil mit ihnen die, wegen des ers-
ten Geschlechtsakts der Neuvermählten herumschleichenden Dämo-
nen vertrieben werden sollten (vgl. O. BÖCHER: Dämonenfurcht und
Dämonenabwehr, 131.).
269 vgl. II. Exkurs
270 vgl. Num 19.

271 vgl. R. DEINES: Jüdische Steingefäße und pharisäische Frömmig-

keit, 206-212.
272 vgl. R. DEINES: Jüdische Steingefäße und pharisäische Frömmig-

keit, 206.
72
* * *

Reinigungswasser in Verbindung gebracht wurde. 273


Auch die Qumran-Essener haben als einzige kultisch-
rituelle Tiertötung die Schlachtung und Verbrennung der
roten Kuh praktiziert.274 In Jerusalem durfte keine Leiche
wegen ihrer Unreinheit275 liegen bleiben.276 Die Gebeine

273 vgl. S. WEFING: Beobachtungen zum Ritual mit der roten Kuh,
358-364.
274 vgl. H. STEGEMANN: Die Essener, Qumran, Johannes der Täufer

und Jesus, 245.


275 Den gleichen Gedanken finden wir auch bei den Essenern. Wenn

die in Jerusalem wohnenden Essener-Eheleute sexuell verkehren


wollten, ohne die heilige Stadt mit ihrer Unreinheit zu beflecken,
mußten sie die Stadt verlassen (vgl. H. STEGEMANN: Die Essener,
Qumran, Johannes der Täufer und Jesus, 273.). „Niemand schlafe
mit einer Frau in der Stadt des Heiligtums, um (so) zu verunreini-
gen...“ (CD XII,1; vgl. J. MAIER: Die Qumran-Essener I, 25.) Es wäre
auch denkbar (vom Kontext her läßt es sich aber nicht entscheiden),
daß diese Vorschrift nur die nach Jerusalem ziehende Pilger betrifft
(vgl. G. KLINZING: Die Umdeutung des Kultus in der Qumrangemein-
de und im Neuen Testament, 26.), aber auch dies würde an der Tat-
sache nicht ändern. Auch bei den Juden galt, ähnlich wie das im gan-
zen Altertum (Platon setzt 60 Lebensjahre für die Erlangung des
Priesterstandes fest, weil so vielleicht die sexuelle Enthaltsamkeit,
die für die Zeit der unmittelbaren priesterlichen Tätigkeit verlangt
wurde, leichter eingehalten werden konnte [vgl. H. J. KLAUCK: Die
religiöse Umwelt der Urchristentum I, 41.]) der Fall ist (vgl. D. DIÓSI:
Qumrán és az őskeresztények, 85.) die Anschauung, daß der Ge-
schlechtsverkehr verunreinigte (vgl. E. FEHRLE: Die kultische
Keuschheit im Altertum, 33.). Kultische Reinheit galt aber als Vor-
aussetzung für Kontaktaufnahme mit dem Göttlichen, und sie war
auch notwendig, um heilige Bezirke betreten zu können. Wer also
kultisch unrein war, egal aus welchem Grund (Berührung eines To-
ten oder eben Beischlaf), dem bliebt dies verwehrt. Das ist übrigens
ein sehr wichtiger Gedanke, der später, besonders im Mittelalter,
73
* * *

Toten wurden nach der Verwesung des Körpers gesam-


melt und danach mit Öl und Wein gesalbt277 und wurden
unter partieller Wiederholung des Trauerrituals entweder
in Ossuarien278 oder auf Feldern279 beigesetzt. Diese Be-
gräbnisstellen wurden durch Wahrzeichen erkennbar
gemacht und jährlich nach der Regenzeit neu mit Kalk
bestrichen, um so vor der Verunreinigung zu warnen.280
Die Knochen des jeweiligen Verstorbenen in einem klei-
nen Behälter zu bestatten, ist vermutlich eine pharisä-
ische Sitte und hängt vielleicht mit ihrer stark individua-
lisierten Auferstehungshoffnung zusammen.281 Eine sol-
che Zweitbestattung war in Qumran nicht üblich; es wur-
de hier kein einziges Ossuar gefunden.282
Diese Zweitbestattung war auch noch im Mittelalter bei
den Christen üblich.283 Zu diesem Zweck dienten z.B. in

auch im Christentum eine äußerst entscheidende Rolle gespielt hatte.


Vorläufige sexuelle Abstinenz wurde vor dem Krieg praktiziert
(1 Sam 21,6; 2 Sam 11,11), denn er hatte einen sakralen Charakter, er
war eine religiöse Angelegenheit (vgl. D. DIÓSI: Qumrán és az őske-
resztények, 85.). Man enthält sich des Geschlechtsverkehrs auch im
Fall der Buße, in kritischen Situationen oder wenn ein nahendes
Unglück droht (vgl. A. GUILLAUMONT: Originile vieţii monahale, 21.).
Das Alte Testament kennt aber keine dauernde Enthaltsamkeit und
erst recht keine lebenslange Ehelosigkeit für die Priester und Leviten.
276 vgl. L. RULAND: Die Geschichte der kirchlichen Leichenfeier, 23.

277 vgl. J. GNILKA: Das Evangelium nach Markus II, 335.


278 vgl. J. BLINZLER: Der Prozess Jesu, 390.
279 vgl. J. GNILKA: Das Evangelium nach Markus II, 335.

280 vgl. J. GNILKA: Das Evangelium nach Markus II, 335.

281 vgl. R. RIESNER: Begräbnis- und Trauersitten, 177.

282 vgl. O. BETZ/R. RIESNER: Jesus, Qumran und der Vatikan, 77.
283 Diesen Hinweis verdanke ich Prof. Dr. WERNER KATHREIN.

74
* * *

der Michaelskirche zu Fulda in dem inneren Krypten-


raum kreisförmig angelegten Kammern (Beinhaus, Osso-
rium, Kärner), und sie sind nicht als Zellen von Reklusen
zu deuten, wie das die Volksphantasie meinte.284

II. Exkurs: Die Bedeutung des „roten Blutes“ für


das Reinigungsritual

Das Reinigungsritual der roten Kuh ist vielleicht urs-


prünglich ein Totenopfer gewesen. 285 Die Kuh sollte rot
sein, denn im Alten Orient besaß alles, was dieser Farbe
ähnlich sah, dem bösen Einfluß vorbeugenden Wert. 286
Rot ist auch gleichzeitig die Farbe des Blutes und damit
des Lebensprinzips. Es gibt Sprachen, die nur eine Be-
zeichnung für „rot“ und „Blut“ kennen bzw. das eine Wort
etymologisch aus dem anderen herleitet. So ist es z.B. im
Hebräischen, wo es sich der Begriff dām („Blut“) mit dem
Farbwort ‟ādom (=das Schattierungen von hellrot bis rot-
braun bzw. „das Rote“) in Verbindung setzen läßt. 287 Die
rote Farbe wird auch im Totenkult (z.B. die rote Blumen,
die man auf den Grabhügel streut oder die purpurnen
Kleider288) als Blutersatz („Die Lebenskraft des Fleisches

284 vgl. L. PRALLE: Die Michaelskirche zu Fulda, 23.


285 vgl. E. WUNDERLICH: Die Bedeutung der roten Farbe im Kultus der
Griechen und Römer, 50. 55. mit Hinweis auf DÖLLER
286 vgl. NEUE JERUSALEMER BIBEL, 192.

287 vgl. B. KEDAR-KOPFSTEIN: dām, 249.

288 vgl. S. EITREM: Opferritus und Voropfer der Griechen und Römer,

459.
75
* * *

sitzt nämlich im Blut“289; „Blut ist Lebenskraft“290) ge-


braucht, um die Toten fernzuhalten, sie hat auch apotro-
päische Bedeutung.291 In dem Bericht des Paschafestes
steht folgendes: „Dann nehmt einen Ysopzweig, taucht
ihn in die Schüssel mit Blut, und streicht etwas von dem
Blut in der Schüssel auf den Türsturz und auf die beiden
Türpfosten!“292 Die etymologische Bedeutung der Wurzel
psh ist „abprallen, zurück- bzw. gegenstoßen“,293 und so
läßt sich die oben zitierte Stelle deuten, daß „die unheilb-
ringende Macht von dem Blut auf den Türpfosten zu-
rückgestoßen wird.“294 Im vorjahwistischen Ritus hatte
das Blut vermutlich entweder die Funktion, den auf die
Erstgeborenen gerichteten Blutdurst des Dämons zu stil-
len oder aber die Abwehrkraft der am Eingang des Hau-
ses weilenden Schutzgottheiten zu bekräftigen; 295 der
Blutritus des Pascha entstammt vielleicht der Nomaden-
welt, wo man die Herde mit dem Bestreichen der Tür-
rahmen mit Blut vor dem Dämonen schützen wollte.296
Das Bestreichen von Türpfosten mit Blut läßt sich also als
Dämonenabwehr interpretieren,297 das Blut besaß näm-
lich „eine vorbeugende Wirkung.“298 „Das ntl. Bekenn-

289 Lev 17,11


290 Dtn 12,23
291 vgl. F. HEILER: Erscheinungsformen und Wesen der Religion, 124.

292 Ex 12,22
293 Diesen Hinweis verdanke ich Prof. Dr. Dr. BERND WILLMES
294 M. RÖSEL: Pesach, 232.

295 vgl. N. FÜGLISTER , Blut, 533.

296 vgl. O. BÖCHER: Blut, 730.

297 vgl. L. PETZOLDT: Blut, 1649.


298 G. RISSE: Blut, 532.

76
* * *

tnis, Jesu Blut reinige von der Sünde (Mt 26,28;


Hebr 9,14), setzt die ... apotropäische ... Kraft des Passa-
bluts voraus.“299 Wie sich die Urgemeinde am jüdischen
Opferkult beteiligte, ist im einzelnen schwer auszuma-
chen, aber für das Paschafest scheint dies anders zu beur-
teilen zu sein als für die gewöhnliche Sabbate und Op-
fer.300 „Wie das Opferblut der ersten Passafeier die Israe-
liten in Ägypten beschützt hatte, so sollte das Blut – bzw.
der Wein – Jesu die bösen Mächte abschrecken, welche
seine Jünger bedrängten. Von Jesu Blut beschützt, wür-
den die Jünger die kommenden, mit Jesu Tod beginnen-
den Drangsale überstehen. ... Der Wert des Weines liegt
darin, daß er die stets drohenden Mächte des Bösen von
den Anhängern Jesu fernhält.“301 Im Mittelalter hielt man
das Blut unschuldiger Kinder und reiner Jungfrauen für
das beste Mittel gegen Krankheiten.302 Auch heute beten
wir noch im Hymnus der Laudes während der Karwoche:
„Du [Heiliges Kreuz], gesalbt vom Blut des Lam-
mes,/Pfosten, der den Tod abhält.“

299 J. KROLL-MERMBERG: Blut, 164.


300 vgl. K. HOHEISEL: Die Auslegung alttestamentlicher Opferzeugnis-
se im Neuen Testament und in der frühen Kirche, 428.
301 B. LANG: Heiliges Spiel, 327.
302 vgl. E. FEHRLE: Die kultische Keuschheit im Altertum, 61.

77
* * *

78
* * *

3. Der Umgang mit den


Toten bei den Römern

Nach römischer Vorstellung verläßt die Seele den Körper


durch den Mund.303 Mit einem letzten Kuß im Augenblick
des Todes fängt die Familie den letzten Seufzer auf. 304
Der Kuß galt oft als Übertragung der Hauchseele, 305 der
z.B. in der rumänischen Folklore auch heute noch, wo der
Mund die Pforte der Seele ist, als eine Begegnung zwi-
schen zwei Seelen gedeutet wird.306 Auch jeder Eintritt,
der zu einem im Schoß der Erde befindlichen Raum wie
beispielsweise Grab führt, wird sehr ausdrucksvoll
„Mund“ genannt.307 Nach der Feststellung des Todes
drückte man dem Verstorbenen die Augen zu und
schließt dessen Mund. Das Herdfeuer wird im Haus aus-
gelöscht und später ein neues angezündet.308 Um vor der
Verunreinigungsgefahr zu warnen, wird das Trauerhaus
durch einen Zypressenzweig bzw. bei den Armen durch
einen Tannenzweig gekennzeichnet.309 Ursprünglich hat-
te wohl diese Sitte einen apotropäischen Zweck.310 Der
Leichenzug folgte vor dem Sonnenaufgang, wohl aus der

303 vgl. A. HAMMAN: Die ersten Christen, 224.


304 vgl. A. HAMMAN: Die ersten Christen, 224.
305 vgl. G. VAN DER LEEUW: Phänomenologie der Religion, 314.
306 vgl. I. CHINOIU: Obiceiuri populare de peste an, 125.

307 vgl. I. CHINOIU: Obiceiuri populare de peste an, 125.

308 vgl. H.-J. KLAUCK: Die religiöse Umwelt des Urchristentums I, 70.

309 vgl. E. STOMMEL: Bestattung, 203.


310 vgl. TH. WÄCHTER: Reinheitsvorschriften im griechischen Kult, 48.

79
* * *

Überlegung die Verunreinigung der Sonne zu verhin-


dern.311 Die nächtliche Bestattung galt als Schande, die
nur bei Kindern, Armen und der Überführung des Leich-
nams praktiziert wurde.312 Bei der Zeitauswahl der Beer-
digung spielt die Sonne auch noch heute z.B. in manchen
Gegenden bei den Rumänen eine wichtige Rolle; hier
wird nämlich der Sonnenuntergang bevorzugt, um eben
„das Sterben der Sonne“ zu imitieren.313 Der Leichenzug
wurde von keinem Priester begleitet, denn dies gehörte
nicht zu seinen Aufgaben.314 Durch den Genuß des Blutes
erhielten die Toten ihr Bewußtsein.315 In Rom herrschte
die Auffassung von Blut in quo est sedes animae. 316 Das
frische und dampfende Opfertierblut, das neue Lebens-
kraft den Verstorbenen zu schenken vermochte, lockte
die Geister aus der Unterwelt. 317 Bei den Römern
herrschte der Aberglaube, daß die Seelen der Toten, um
ihre Lebenskraft zu erneuern,318 zurückkehren könnten,
um Menschenblut zu trinken.319 „Der Tote durstet ebenso
wie der Lebende.“320 Es kam statt die Blutspende die

311 vgl. E. STOMMEL: Bestattung, 204.


312 vgl. E. STOMMEL: Bestattung, 204.
313 vgl. I. CHINOIU: Obiceiuri populare de peste an, 125.

314 vgl. H.-J. KLAUCK: Die religiöse Umwelt des Urchristentums I, 70.

315 vgl. K. PRÜMM: Der christliche Glaube und die altheidnische Welt,

357.
316 vgl. Servius: in Aen. V,79.

317 vgl. H.-J. KLAUCK: Die religiöse Umwelt des Urchristentums I, 72.

318 vgl. G. LUCK: Magie und andere Geheimlehren in der Antike, 223.

319 vgl. TH. CORBISHLEY: Die Religion der Römer, 163.


320 S. EITREM: Opferritus und Voropfer der Griechen und Römer, 417.

80
* * *

Gepflogenheit in Übung, eine rote Farblösung in die Grä-


ber zu gießen.321

321vgl. E. WUNDERLICH: Die Bedeutung der roten Farbe im Kultus der


Griechen und Römer, 57.
81
* * *

82
* * *

4. Bestattung bei den Christen

Was hat aber der Christ getan, der vor seiner Bekehrung
an diesen heidnischen Kulten selbst aktiv mitgewirkt hat?
Darf er auch weiter mit seinen vielleicht weiterhin heid-
nisch gebliebenen Familienangehörigen daran teilneh-
men? Und wenn ihm das unter Bedrohung befohlen
wird? Wo liegt die Grenze zwischen dem heidnischen und
dem christlichen Brauch? Wir könnten noch Hunderte
von Fragen stellen, genauso wie es damals auch die Chris-
ten getan haben.

4.1. Das Grab Jesu

Bei den Juden galt die Vorstellung: „Die Stammväter und


die Stammütter ... waren für sie [die Juden] nicht tote
Gestalten der Vergangenheit, sondern sie lebten in ihren
Gräbern, nahmen teil am Ergehen des Volkes. Jederzeit
konnte man sich, wenn man in Bedrängnis war, an sie
wenden.“322 Das Grab Jesu wurde schon früh für die Je-
rusalemer Gemeinde zum kultischen Verehrungsort. 323
Es ist mit einer zumindest jährlich am Auferstehungsge-
dächnistag Jesu bei Sonnenaufgang am bzw. in dem lee-
ren Grab stattgefundenen Kultfeier zum Gedächtnis der

J. JEREMIAS: Heiligengräber in Jesu Umwelt, 129.


322

323vgl. J. GNILKA: Johannesevangelium, 148; W. BÖSEN: Der letzte


Tag des Jesus von Nazaret, 339.
83
* * *

Auferstehung zu rechnen.324 „Das Christentum wuchs auf


in einer ‟wallfahrtsgesättigen‟ Umwelt.“ 325 Eine Grabwall-
fahrt war in der jüdischen Volksreligion der Zeit Jesu
durchaus üblich.326 Es war auch bei den Juden die Über-
zeugung lebendig, daß „der Heilige im Grabe anwesend
sei“327. Die Wallfahrt „gilt als Abbild des menschlichen
Daseins (status viatoris).“328 Zur Zeit Jesu war man der
Auffassung, daß der einfache fromme Beter einen Mittler
z.B. den Hohenpriester brauchte, um vor Gott treten zu
können.329 Bei den Christen galt aber als einziger Mittler
und Hoherpriester330 Jesus Christus. Die Kirche in ihren
Anfangszeiten stand jüdischen und heidnischen Elemen-
ten kritisch gegenüber, sie wollte vielmehr das grundle-
gend Neue und Andere des christlichen Glaubens beto-
nen und leben.331
Es dürfte auch hier, wie übrigens in dem ganzen urchrist-
lichen liturgischen Bereich, die Opferkritik332 Jesu eine
sehr wichtige Rolle gespielt haben.333 Der Protest Jesu
gegen den Tempelkult kam in der Perikope der Tempel-
324 näheres dazu siehe bei L. SCHENKE: Auferstehungsverkündigung
und leeres Grab, 86-93.
325 B. KÖTTING: Frömmigkeitstypen in der alten Kirche, 21.

326 vgl. J. JEREMIAS: Heiligengräber in Jesu Umwelt, 138-143.


327 J. JEREMIAS: Heiligengräber in Jesu Umwelt, 127.

328 B. SENGER: Wallfahrt, 135.

329 vgl. B. KÖTTING: Frömmigkeitstypen in der alten Kirche, 13f.


330 vgl. Hebr 4, 14ff; 7, 26ff.
331 vgl. B. KÖTTING: Frömmigkeitstypen in der alten Kirche, 21.

332 Diese Kultkritik ist schon im Alten Testament vorbereitet (1 Sam

15,22; Ps 51, 20f; 40,7; Spr 21,3; 16,7) und wird besonders von den
Propheten vorgebracht (Hos 6,6; Jes 1,11).
333 vgl. Mt 9,13; Mk 12,12f.

84
* * *

reinigung ganz deutlich zum Ausdruck.334 „Der Tempel


und mit ihm Jerusalem und Israel haben aufgehört, ihre
heilsgeschichtliche Rolle zu spielen... An seine Stelle tritt
etwas Neues.“335 Zur Zeit Jesu wachte sie auch in der
Tempelopposition Qumrans (Essener) wieder auf.336 Hier
werden sogar durch den Lobpreis337 die materiellen Op-
fer ersetzt.338 „Will man Jesus vom Alten Testament her
beschreiben und ihm eine der dort vorfindlichen religiö-
sen Rollen attributieren, so steht er eindeutig auf der Li-
nie der Propheten und nicht der Priester.“339 Obwohl Mt
5,23f und Apg 3,1, wo es heißt: „Petrus und Johannes
stiegen [regelmäßig340] hinauf zum Tempel zur Stunde
des Gebets...“,341 voraussetzen, daß die Mitglieder der
Urgemeinde am Tempelkult teilnahmen, ist keineswegs
ausgeschlossen, daß sie auch Kritik am Tempel geübt
haben.342 Es gab bei den Christen keine blutigen Opfer.

334 vgl. Mk 11,15-19


335 J. GNILKA: Das Evangelium nach Markus II, 131.
336 „Hebopfer der Lippen ist mehr als Brandopferfleisch und mehr

als des Schlachtopfers Fett.“ (1QS 9,3-5)


337 vgl. 1QS10; 1QM 14,22ff.

338 In den alttestamentlichen Texten geht es nicht um eine wirkliche

Ersetzung des Opfers, sondern sie wird im Tempel weitergeübt (vgl.


G. KLINZING: Die Umdeutung des Kultus in der Qumrangemeinde
und im Neuen Testament, 93-106.).
339 A. ANDENENDT: Sühne durch Blut, 444.
340 Der Imperfekt scheint hier „eher im Sinn des (eine Gewohnheit

ausdrückenden) Iterativ verwendet zu sein (=‟sie pflegten hinaufge-


hen‟, bzw.... ‟gingen regelmäßig hinauf‟)“ (J. ZMIJEWSKI: Apostelge-
schichte, 171.).
341 vgl. auch vgl. 2,46; 5,12.20; 21,26ff.; 22,17.
342 vgl. L. SCHENKE: Die Urgemeinde, 175.

85
* * *

Justin der Märtyrer († 165) versteht z.B. die Eucharistie


als ein geistiges Opfer (hostia spiritualis) der Kirche, das
alle anderen Opfer überbot.343 Daraus wird schon klar,
daß ein Vergleich mit heidnischen oder jüdischen Opfern
gar nicht in Frage kommen könnte. Ja, man distanzierte
sich bewußt vom Jüdischen bzw. dem Heidnischen.
Bei dem Grab Jesu war im Unterschied zu den Juden
eben das leere Grab, das die Christen zur kultischen Ver-
ehrung anregte. Das war das typisch Christliche. „Ist aber
Christus nicht auferweckt worden, dann ist unsere Ver-
kündigung leer und euer Glaube sinnlos“,344 was in die-
sem Zusammenhang hieße, wenn das Grab nicht leer ge-
wesen wäre, gäbe es keine Christenheit. Das gab den
Christen den Grund das leere Grab kultisch zu verehren,
indem sie an die Auferstehung Jesu dachten. Die Christen
haben sich also vom jüdischen Grabwallfahrtsgedanken
inspirieren lassen, aber eben auf eine typisch christliche
Weise. „Aufs Ganze gesehen, sind Golgota und das ang-
renzende Grab in den nächsten Jahren und Jahrzehnten
kaum gefährdet“345, was eine „ungestörte“ Grabfrömmig-
keit ermöglichte. Sie wird erstmals ernsthaft zur Zeit
Hadrians (135 n.Chr.) bedroht.346
Selbst der ursprünglichen Anlage der im Mittelalter er-
richteten Michaelskirche zu Fulda stand im Zentrum eine
Nachbildung des Heiligen Grabes von Jerusalem. 347 „Wie

343 vgl. G. L. MÜLLER: Katholische Dogmatik, 687.


344 1 Kor 15,14
345 W. BÖSEN: Der letzte Tag des Jesus von Nazaret, 339.

346 vgl. W. BÖSEN: Der letzte Tag des Jesus von Nazaret, 340.
347 vgl. L. PRALLE: Die Michaelskirche zu Fulda, 6.

86
* * *

man unten in der Klosterkirche das Grab des hl. Bonifa-


tius sah, so sah man oben in der St. Michaelskirche ein
Grab Christi. Es ist wohl anzunehmen, daß es sich auf
dem Michaelsberge um eine Nachbildung des wirklichen
heiligen Grabes in Jerusalem handelte, wie solche im
Laufe des Mittelalters, insbesondere seit der Zeit der
Kreuzzüge, in nicht wenigen Kirchen des Abendlandes
zur Ausstellung gelangt sind.“348
Eine gewisse „Grabfrömmigkeit“ ist auch noch heute am
Karsamstag anzutreffen.349 Eine ganz radikale Position
der Nachahmung Christi vertrat Ignatius, bei dem dies
anders als bei Paulus, nicht bloß „im Kampf gegen die
Sünde und in der Absage an die Welt vollzieht, sondern
so, daß es sich im realen Leiden und in der Sterbensbe-
reitschaft“350 verwirklicht. Er will Christus, von dem im
„leeren Grab“ kein Leib zu sehen ist, ganz ähnlich wer-
den. Das kann er aber nur, wenn er Christus ähnlich un-
sichtbar wird, indem sein Körper von den wilden Tieren
aufgefressen wird.351 „Dann werde ich wirklich ein Jün-
ger Jesu Christi sein, wenn die Welt nicht einmal meinen
Leib sehen wird.“352

348 G. RICHTER: Nachrichten über die St. Michaelskirche zu Fulda, 58.


349 vgl. A. HEINZ: „Heiliges Grab“ und „Auferstehung“; 20f.
350 R. BULTMANN: Theologie des Neuen Testaments, 545.

351 vgl. L. VANYÓ: Az ókeresztény egyház irodalma I, 79.

352 Der Brief Ignatius an die Römer: 4,2 (Zitat nach: J. A. FISCHER:

Die Apostolischen Väter, 187.)


87
* * *

4.2. Gedächtnisfeier
für die verstorbenen Christen

4.2.1. Die Ruhestätte der Christen

Die Christen bestatteten nicht nur die eigenen Toten,


sondern, wie das die christliche Pflicht und Pietät gege-
nüber den Toten forderte, alle Verstorbenen ohne Unter-
schied.353 Die Bestattung war eine der Aufgaben des Dia-
kons,354 wenngleich sie nicht eine gottesdienstliche Form
hatte, es ging hierbei nur um ein Werk der Barmherzig-
keit.355 Im Altertum haben auch die Diakone den Gläubi-

353 vgl. A. HAMMAN: Die ersten Christen, 152.


354 „Wenn der Diakon in einer Stadt tätig ist, die am Meere liegt, soll
er sorgsam das Ufer absuchen, ob nicht die Leiche eines Schiffbrü-
chigen angeschwemmt worden ist. Er soll sie bekleiden und bestat-
ten. In der Unterkunft der Fremden soll er sich erkundigen, ob es
dort nicht Kranke, Arme und Verstorbene gibt, und er wird es der
Gemeinde mitteilen, daß sie für jeden tut, was nötig ist.“ (Testamen-
tum Domini, I, 34,3.) Die Endredaktion dieser syrischen Kirchen-
ordnung wird heutzutage auf das 5. Jh. datiert, was aber noch lange
nicht bedeutet, daß es „viel[e] ältere, ja oft geradezu archaische Ele-
mente enthält.“ (B. FISCHER: Dienst und Spiritualität des Diakons,
263.) Der Brauch, daß auch ein Diakon die Begräbnisfeier leiten darf,
läßt sich erstmals in einem rubrikalen Hinweis der Reform des Ri-
tuale Romanum finden, aber auch noch hier nur mit der Bemerkung
gravi de causa (vgl. H. BRAKMANN: Dienst des Diakons in der Liturgi-
schen Versammlung, 156.).
355 vgl. H. BRAKMANN: Dienst des Diakons in der Liturgischen Ver-

sammlung, 156.
88
* * *

gen die Eucharistie nach Hause gebracht.356 Auch die fos-


sores gehörten seit dem 4. Jh. zur Kirchenhierarchie, 357
vielleicht sind sie deswegen auch auf den Abbildungen
der Katakomben „in makellos weiße Tuniken geklei-
det.“358 Selbst die Verwaltung der Gemeinschaftsfriedhö-
fe geschah durch die kirchliche Autorität.359 Die Bestat-
tung der Armen geschah, damit auch ihnen das endzeitli-
che Heil zuteil werde.360 Die Christen folgten den Be-
gräbnissitten ihrer Länder.361 Dafür spricht m.E. auch der
Fund einer Kölner, in die erste Hälfte des 4. Jh. datierte
Adam-und-Eva-Schale, die eine „eigentümliche Mischung
heidnischer und christlicher Segenswünsche“ zeigt. 362 Es
wurden vorchristliche, lokalbedingte Riten und Gebräu-
che, sofern sie dem Auferstehungsglauben nicht wider-
sprachen bzw. nicht als Teilnahme am Götterkult gedeu-
tet werden konnten,363 übernommen, so daß von einem
einheitlichen Begräbnisritual auf keinen Fall gesprochen
werden kann.364 Die Begräbnisformen unterschieden sich

356 vgl. P. BROWE: Die Sterbekommunion im Altertum und Mittelal-


ter, 3.
357 vgl. V. F. NICOLAI: Ursprung und Entwicklung der römischen Ka-

takomben, 46.
358 F. BISCONTI: Die Dekoration der römischen Katakomben, 116.
359 vgl. V. F. NICOLAI: Ursprung und Entwicklung der römischen Ka-

takomben, 24.
360 vgl. F. W. DEICHMANN: Einführung in die Christliche Archäologie,

46.
361 vgl. A. HAMMAN: Die ersten Christen, 225.

362 vgl. E. DASSMANN: Die Anfänge der Kirche in Deutschland, 177.

mit einem Zitat von W. NEUß.


363 vgl. R. KACZYNSKI: Die Sterbe- und Begräbnisliturgie, 208.
364 vgl. F. MERKEL: Bestattung, 743.

89
* * *

in den ersten Jh. nicht von der heidnischen Umwelt. 365


Die vorgekommenen Unterschiede sind lediglich lokal-
und nicht religionsbedingt.366 Für die Christen war die
Begräbnisform im Hinblick auf die zukünftige Auferste-
hung belanglos, wie auch Augustinus,367 der mit der Au-
torität der Schrift368 und mit dem Hinweis auf die Masse
von Ermordeten, die nicht beerdigt werden konnten, ar-
gumentierte. „Daher sind all die Dinge wie die Pflege des
Leichnams, die Art der Beerdigung, der Prunk des Lei-
chenbegängnisses mehr ein Trost für die Überlebenden
als eine Wohltat für die Toten.“369 Zuerst wurden die
Märtyrer nicht gesondert beerdigt, sondern inmitten der
Gräber der einfachen Gläubigen.370 Agapen an den Grä-
bern der Gestorbenen sind nur die einfache Fortsetzung
der heidnischen Totenliebesmähler, und sie waren bei
den Christen schon vor der Märtyrerverehrung Sitte.371
Eine selbstverständliche Voraussetzung dieser Praxis ist
die Auffassung, daß der Tote irgendwie an seinem Grab
verweilt.372 Ganz deutlich wird das sichtbar, wenn der

365 vgl. F. W. DEICHMANN: Einführung in die Christliche Archäologie,


47.
366 vgl. F. W. DEICHMANN: Einführung in die Christliche Archäologie,
47.
367 vgl. De civitate Dei I, 12.

368 Mt 10,28; Lk 4,12; Ps 78,2f; 115,15.


369 De civitate Dei I, 12.
370 vgl. F. W. DEICHMANN: Einführung in die Christliche Archäologie,

55.
371 vgl. K. PRÜMM: Der christliche Glaube und die altheidnische Welt,

206.
372 vgl. A. ANGENENDT: Heilige und Reliquien, 23.

90
* * *

Verstorbene als Orans dargestellt ist. 373 Die feste Über-


zeugung der Anwesenheit der Toten am Mahl zeigt auch,
daß man ihm eine Cathedra aufgestellt hat, damit er sich
zum Mahl darauf niederlassen kann.374
Die Zahl der Teilnehmer eines christlichen Totenmahles
bei gewöhnlichen Toten beschränkte sich lediglich auf die
näheren Familienangehörigen.375 Der Unterschied der
frühesten Märtyrerverehrung liegt in ihren Teilnehmern,
die nicht nur aus dem engeren Kreis der Verwandtschaft
bestand, sondern auch aus den Gläubigen der christli-
chen Gemeinde.376 In der vorkonstantinischen Zeit konn-
te aber, bei den an den Totenjahrestagen der Märtyrer
gehaltenen kultischen Handlungen, nur mit einer gerin-
gen Anzahl von Teilnehmer gerechnet werden, die sich
wahrscheinlich lediglich auf den „Liturg, also den Geistli-
chen, und einige Auserwählte, die bei den Funktionen
assistierten,“377 beschränkte. Zu diesem Gedächtnismahl
an den Märtyrergräbern spielte auch noch eine zusätzli-
che Auffassung eine relevante Rolle. Man hielt hier Mahl
auch wegen der Begründung, weil man sich durch den
Genuß der geweihten Speisen eine besondere Wirkung

373 A. STUIBER: Refrigerium Interim, 129.


374 vgl. TH. KLAUSER: Die Cathedra im Totenkult der heidnischen und
christlichen Antike, 98ff; V. F. NICOLAI: Ursprung und Entwicklung
der römischen Katakomben,45.
375 vgl. TH. KLAUSER: Das altchristliche Totenmahl nach dem heutigen

Stande der Forschung, 117.


376 vgl. F. W. DEICHMANN: Einführung in die Christliche Archäologie,

55.
377 F. W. DEICHMANN: Einführung in die Christliche Archäologie, 55.

91
* * *

erhoffte.378 Bei den Gräbern versammelten sich die Le-


benden, um mit dem Toten eine Mahlgemeinschaft zu
bilden.379 Gemäß der Auffassung der Zeit speisten näm-
lich die Lebenden mit dem Verstorbenen.380
Die Kirche versuchte seit dem Ende des 4. Jh., anstatt der
Totenmähler die Eucharistie mit einer Totenagape durch-
zusetzen,381 an der Zeit des heidnischen Totenopfers hat
man aber nichts geändert, Tag und Tageszeit sind gleich
geblieben.382 Die Eucharistie am Märtyrergrab verlief
nach dem gleichen Ritus wie die Eucharistiefeier an den
Sonntagen, nur wird jetzt die besondere Fürsprache des
Märtyrers bei Gott erbeten.383 Die Eucharistie endete
vielfach mit der Erteilung des Friedenskusses oder gar
der Kommunion an die Leiche.384 Vor Beginn der Feier
wurde die Passio oder die Märtyrerakte des Heiligen ver-
lesen.385

378 vgl. TH. KLAUSER: Das altchristliche Totenmahl nach dem heuti-
gen Stande der Forschung, 120.
379 vgl. A. ANGENENDT: Heilige und Reliquien, 112.
380 vgl. TH. KLAUSER: Die Cathedra im Totenkult der heidnischen und

christlichen Antike, 133f.


381 vgl. A. ANGENENDT: Geschichte der Religiosität im Mittelalter,

682.
382 vgl. E. FREISTEDT: Altchristliche Totengedächnistage und ihre

Beziehung zum Jenseitsglauben und Totenkult der Antike, 114f.


383 vgl. TH. KLAUSER: Christlicher Märtyrerkult, heidnischer Heroen-

kult und spätjüdische Heiligenverehrung, 221f.


384 vgl. TH. KLAUSER: Die Cathedra im Totenkult der heidnischen und

christlichen Antike, 128.


385 vgl. TH. KLAUSER: Christlicher Märtyrerkult, heidnischer Heroen-

kult und spätjüdische Heiligenverehrung, 222.


92
* * *

Vor dem 7. Jh. wurde in keinem der bekannten Zeugnisse


eine Eucharistiefeier während der Bestattungsfeierlich-
keiten erwähnt.386 Selbst wenn das Wort „Missa“ in den
Rubriken auftaucht, ist es noch nicht an eine Eucharistie-
feier zu denken.387 Das Zeugnis römischer Ordinarien
zeigt, daß in der Messe für die Verstorbenen der Gesang
der Gloria und des Alleluja entfällt.388
Regelmäßige Gottesdienste fanden aber selbst in den Ver-
folgungszeiten nicht in den „verborgenen“ Katakomben
statt.389 Obwohl diese „romantische Sicht“390 früher391
aber auch noch heute392 von einigen wenigen vertreten
wird, ist sie nicht mehr haltbar. Es sprechen zu viele ge-
waltige Gründe dagegen. Hier seien lediglich vier er-
wähnt:

386 vgl. D. SICARD: Die Begräbnismesse, 93.


387 vgl. B. BÜRKI: Die Feier des Todes in den Liturgien des Westens,
1138.
388 vgl. D. SICARD: Die Begräbnismesse, 93.
389 TH. KLAUSER: Die Cathedra im Totenkult der heidnischen und

christlichen Antike, 123-126. schildert die Haltung der Forschung zu


dieser Frage seit dem 17. Jh.
390 F. VAN DER MEER: Altchristliche Kunst, 15.

391 so z.B. von: H. DANIEL-ROPS: Az apostolok és vértanúk egyháza I,

216.
392 Diese Meinung wurde zuletzt durch A. THALER vertreten. Er

schreibt: „In der von Verfolgungen geschüttelten Kirche des 3. Jahr-


hunderts konnte kaum mehr an einem sicheren Ort in Ruhe Eucha-
ristie gefeiert werden. Vielmehr mußte das in den Katakomben Roms
und in privaten Verstecken geschehen.“ (A. THALER: Das Testament
des Abendmahls, 32.)
93
* * *

1. Diese Grabstätten waren den römischen Be-


hörden zu sehr bekannt, so das dort keine Ge-
heimversammlungen stattfinden konnten.393

2. Diese unterirdischen Friedhöfe waren sehr


eng, die Gänge boten nur den Menschen Platz,
die um das Grab standen.394

3. Auch gesundheitliche Gründe sprechen da-


gegen.395

4. Schließlich sei auch die relativ große Ent-


fernung der Katakomben erwähnt, die einen
regelmäßigen Gottesdienstbesuch praktisch
unmöglich machte, denn „die in Zentrum der
Stadt Wohnenden [hätten] einen enormen
Weg zurückzulegen gehabt.“396

Gegen jede „ungesunde“, übertriebene bzw. falsche


Volksfrömmigkeit des Märtyrerkults war die Kirche
schon sehr früh äußerst vorsichtig geworden. Wir besit-
zen einen von Sulpitius Severus im 4. Jh. niedergeschrie-
benen Bericht über den Heiligen Martin von Tours,397 in

393 Vgl. F. W. DEICHMANN: Einführung in die Christliche Archäologie,


51.
394 Vgl. F. VAN DER MEER: Altchristliche Kunst, 16.
395 Vgl. A. ADAM: Wo sich Gottes Volk versammelt, 17.
396 F. WIELAND: Mensa und Confessio, 97.

397 Auf diese wichtige Stelle hat mich freundlicherweise Prof. Dr.

WERNER KATHREIN aufmerksam gemacht, wofür ich ihm sehr dank-


bar bin.
94
* * *

dem uns folgendes erzählt wird: „Es gab nicht weit von
der Stadt, in der Nähe des Klosters, einen Ort, den die
irrige Meinung der Menschen, es seien dort Martyrer
begraben, geheiligt hatte; ... Martinus aber, der sich
nicht so ohne weiteres auf unsichere Gerüchte verlassen
wollte ... begab er sich in der Begleitung einiger Brüder
nach jenem Orte. Er stellte sich auf das Grab und betete
zum Herrn, ... Er befahl ihm, seinen Namen und seine
Taten zu nennen; das Gespenst nannte seinen Namen,
bekannte seine Verbrechen: er sei ein Räuber gewesen,
sei wegen seiner Missetat hingerichtet worden und ver-
danke seinen Ruhm nur dem Irrtum des Volkes; nichts
habe er mir den Martyrern gemein, denn sie wohnten in
der Glorie, er in der Hölle. ... er befahl den Altar, der an
jenem Orte errichtet war, zu entfernen; so befreite er das
Volk vom Wahne jenes Aberglaubens.“398

4.2.2. Mittelalterliche Entwicklung

Im Mittelalter kam neben der missa publica eine missa


specialis in Übung, die in allen möglichen Anliegen ge-
feiert werden konnten, so auch für die Seelen der Ver-
storbenen.399 Diese Messen konnten auch ohne die Teil-

398 Die Übersetzung stammt von: J. DRUMM (Hrsg.): Der Lebensbe-


richt von Sulpicius Severus, 44f.
399 vgl. A. ANGENENDT: Missa specialis, 178f; A. THALER: Das Testa-

ment des Abendmahls, 51-54.


95
* * *

nahme der Gläubigen verrichtet werden,400 was aber auch


zur gewissen Schwierigkeiten hinsichtlich des Textes ge-
führt hat.401 Diese Tatsache hat natürlich in den Texten
der Messe auch bis heute erkennbare Spuren hinterlas-
sen. Jetzt wurde vermutlich durch den seligen Alkuin
OSB402 in den Text des Kanons das Sätzchen eingescho-
ben: Pro quibus tibi offerimus vel.403 In diesem Einschub
kommt auch ein neues Priesterverständnis zum Vor-
schein. Der Priester ist jetzt der Kultmann schlechthin,
sein Bild ist mehr vom Alten Testament her als vom Neu-
en gekennzeichnet. Er ist es jetzt, der opfert. „Ja, selbst
das Meßopfer sei der Vorstellung alttestamentlicher Op-
fer so sehr angenähert worden, daß es eher als die Dar-
bringung einer Opfergabe durch einen Menschen er-
scheine denn als Christi Selbstopfer.“404 Dies bringt auch
die Formulierung „offerimus“, der eine Art plurale
maiestatis ist,405 zum Ausdruck.
Die Klöster waren „die Stätten der ständigen Meßfeier,
die ... als Quelle aller Gnade aufgefaßt wurden.“406 Bei
den Christen herrschte die Auffassung, daß die Seelen der

400 vgl. H. A. J. WEGEMAN: Liturgie in der Geschichte des Christen-


tums, 233.
401 vgl. A. THALER: Das Testament des Abendmahls, 51. (mit Belegen)

402 vgl. TH. SCHNITZLER: Der römische Mess-Kanon, 48.

403 vgl. J. A. JUNGMANN: Missarum Sollemnia II, 209f; TH.

SCHNITZLER: Der römische Mess-Kanon, 48f; H. A. J. WEGMAN: Li-


turgie in der Geschichte des Christentums, 233.
404 A. ANGENENDT: Religiosität und Theologie, 48.

405 vgl. H. A. J. WEGMAN: Liturgie in der Geschichte des Christen-

tums, 233.
406 A. ANGENENDT: Missa specialis, 180.

96
* * *

Verstorbenen bei der Eucharistiefeier den Altar um-


schweben.407 „In der Eucharistie aßen die Gläubigen
zusammen mit dem Toten von der pneumatischen Speise
Christus, die Lebenden im Mysterium, die Toten schon in
unverhüllter Herrlichkeit.“408 Deswegen wurde bei den
Gedächtnisgottesdiensten der Verstorbenen im Kanon
der Messe auch deren Name vorgelesen bzw. später als
deren Zahl zu hoch war, statt dessen das Buch auf den
Altar gelegt.409 Nach der Meinung von B. LANG aufgrund
dieser regelmäßigen Namensnennung der Toten wurde
der Ahnenkult durch die Eucharistiefeier ersetzt. 410 In
dem „Zairischen Ritus“ ist die Anrufung der Heiligen und
der Ahnen auch heute anzutreffen, 411 denn bei den Afri-
kanern beginnt keine offizielle Zeremonie ohne vorherige
Anrufung der Ahnen.412 „In der Nennung seines Namens
wird der Tote als Person evoziert: ‟das Aussprechen des

407 vgl. F. J. DÖLGER: ΙΧΘΥC ΙΙ, 562.


408 O. CASEL: Altchristliches in der Totenliturgie, 25.
409 vgl. N. OHLER: Sterben, Tod und Grablege nach auserwählten

mittelalterlichen Quellen, 576f.


410 vgl. B. LANG: Heiliges Spiel, 267.

411 „Für jeden katholischen Christen im allgemeinen und für die afri-

kanischen Christen im besonderen sind die rechtschaffenen Ahnen


kraft der Verdienste Christi in Gemeinschaft mit Gott, dem Vater
Jesu Christi und unserem Vater. Sie vermögen daher, nach Art der
anderen Heiligen, die Lebenden an Gott zu binden. Die Verehrung
der rechtschaffenen Ahnen ist in diesem Sinne ein Aspekt der afrika-
nischen Mystik, die die Gemeinschaft der Lebenden und der Verstor-
benen in Gott betont.“ (Ergänzungen zum Römischen Meßbuch für
die Diözesen Zaires, 66.)
412 vgl. L. MPONGO: Einige spezifische Merkmale des „Zairischen Ri-

tus“, 118.
97
* * *

Namens schafft Gegenwart des Genannten‟.“ 413 Wer den


Namen des Anderen kennt, kann auch über ihn verfü-
gen.414 „Der Name verbürgt Erfolg.“415 Die Benennung
des Dämons gilt nicht von ungefähr bei Evagrius als die
erstgennante und damit als wirksamste Waffe gegen ihre
Bekämpfung.416 Der Name hat Zauberkraft, deswegen
wird er auch in der Magie verwendet, so z.B. selbst die
Nichtchristen anerkannten die dem Namen Jesu zuge-
schriebene Macht.417 Der Tote war auch unabhängig von
Religion und Liturgie „als Rechtssubjekt im mittelalterli-
chen Recht grundlegend verankert.“ 418
In der Liturgie waren hauptsächlich zwei Stellen, an de-
nen die Nennung der Namen vollzogen wurde: in der
Messe und im Stundengebet. In der römischen Messe
geschah dies durch den Diakon, und zwar nicht an der
Stelle des heutigen N. und N., sondern danach, wo in der
Rubrik verlangt wird, daß der Priester mit der Gemeinde
eine kurze Zeit in stillem Gebet für die Verstorbenen ver-
weilt.419 Ursprünglich geschah die Namensnennung mit
lauter Stimme, später wurde sie aber zu einem Privatge-
bet und schließlich kam es dahin, daß sie nicht einmal
mehr leise, wie der übrige Kanon, gesprochen wurden,

413 O. G. OEXLE: Die Gegenwart der Toten, 31: mit einem Zitat von
BERGER.
414 Auf diese Tatsache hat mich Prof. Dr. BALTHASAR GAREIS aufmerk-

sam gemacht.
415 B. LANG: Heiliges Spiel, 123.

416 vgl. A. GRÜN: Der Umgang mit dem Bösen, 48.

417 vgl. B. LANG: Heiliges Spiel, 122.

418 O. G. OEXLE: Die Gegenwart der Toten, 33.


419 vgl. J. A. JUNGMANN: Missarum Sollemnia II, 305.

98
* * *

sondern es handelte sich an dieser Stelle lediglich um ein


stilles Gebet in Gedanken.420 Im Stundengebet wurde im
9. Jh. die Prim dem besonderen Ort der Namensnen-
nung.421
Der Gemeindegottesdienst wurde aber nie für einzelne
Verstorbene gefeiert; das wurde den Privatmessen über-
lassen,422 „wegen der einzigartigen Ehrfurcht vor der
Auferstehung des Herrn, ... deshalb geziemt es sich recht,
daß seine einzigartige Auferstehung mit Verehrung von
allen und ohne Hinzufügung eines Verstorbenen gefeiert
wird.“423 „Aus den besonderen Gedenktagen sind [später]
... Gedenkzeiten geworden“424, denken wir nur etwa an
die „gregorianischen Messen“, die im Mittelalter zum
Grundelement der Totensorge wurde.425 Die Mönche
waren besonders bemüht das Heil für ihre Verwandten zu
erreichen.426
Im Laufe der Zeit hat aber auch der Aberglaube in diesem
Bereich Fuß gefaßt. Das Totbeten war eine solche aberg-
läubische Übung. Gegen Feinde hatte man z.B. gern Ps
109 gebetet, was aber „nicht nur gegen viele ... Formulie-
rungen des gleichen Psalms verstieß, sondern gegen den

420 vgl. PH. ARIÈS: Geschichte des Todes, 200f.


421 vgl. A. ANGENENDT: Theologie und Liturgie der mittelalterlichen
Toten-Memoria, 190.
422 vgl. A. ANGENENDT: Missa specialis, 198.
423 Ein Zitat von Abt Odilo aus Cluny (der 5. Abt von Cluny [994-

1049]; die Übersetzung aus J. WOLLASCH: Cluny – „Licht der Welt“,


132.).
424 vgl. A. ANGENENDT: Missa specialis, 202.

425 vgl. J. WOLLASCH: Cluny – „Licht der Welt“, 120.


426 vgl. G. DUBY: Vremea catedralelor, 81.

99
* * *

Gesamtsinn des Psalms überhaupt.“ 427 Das Wandeln von


dem Gebet für die Feinde zu einem Gebet gegen die
Feinde vollzog sich am Beginn des 5. Jh. und sein Haupt-
grund wird im Verhältnis von Kirche und Staat im römi-
schen Imperium vermutet.428 „Die Gebete der Kirche be-
ginnen, die Feinde des römischen Namens unbekümmert
gleichzusetzen mit den Feinden Gottes.“429
Nach dem Volksglauben wurde aber die sicherste Wir-
kung von der Totenmesse erwartet, 430 wo z.B. ein wäch-
sernes Bild der totzubetenden Person auf den Altar ge-
stellt wurde, da man sich zwischen Abbild und Original
eine sympatische Wechselbeziehung vorstellte. 431 Beson-
ders die Macht der asketischen Gottesmänner, also der
Mönche, war nach der mittelalterlichen Auffassung un-
geheuer groß. „Wem sie ihre Gunst zuwandten, der war
gesegnet; wen sie verfluchten, der war freilich verrucht
und gänzlich im Banne des Bösen.“432 Es kam auch vor,
daß man sich Totenmessen stiftete, die aber noch bei
Lebzeiten verrichtet werden sollten. 433 Sie werden bei
dieser „Totenmesse“ wie Verstorbene in der Kirche auf-

427 E. ZENGER: Ein Gott der Rache?, 124f.


428 vgl. A. HEINZ: Das Gebet für die Feinde in der abendländischen
Liturgie, 205f.
429 A. HEINZ: Das Gebet für die Feinde in der abendländischen Litur-

gie, 206.
430 vgl. A. FRANZ: Die Messe im deutschen Mittelalter, 99.

431 vgl. dazu K. STÜBER: Sterben im Mittelalter, 128-132. (mit vielen

Belegen)
432 A. ANGENENDT: Religiosität und Theologie, 37.
433 vgl. A. FRANZ: Die Messe im deutschen Mittelalter, 218.

100
* * *

gebahrt.434 So wollte man sich im Himmel einen sicheren


Platz schaffen. In wohlhabenden Familien war es sogar
üblich, daß man einen von den Söhnen in ein Kloster
schickte, um dort durch Gebet das ewige Heil der ganzen
Familie zu gewährleisten.435 Aus dem selben Grund las-
sen sich auch die Praktiken der Kommutationen (Bußaus-
tausch)436 und der Redemptionen (Stellvertretung)437
erklären. Selbst noch in dem 17. Jh. war der Penitent be-
müht, seine Sünden schon hier auf der Erde abzubüßen,
damit ihm die Qual im Jenseits erspart bleibt. 438 Die
stellvertretende Abbüßung existierte nicht nur unter den
Lebenden, sondern auch im Austausch mit den Verstor-
benen.439 Es wäre m.E. sehr ungerecht die obenerwähnte
Praxis der Kommutationen bzw. der Redemptionen vor-
schnell als eine abwegige Entwicklung abzutun. Diese
Übungen stehen nämlich in engem Zusammenhang mit
dem mittelalterlichen Weltbild, dem entsprechend die
Welt aus drei Ständen besteht: oratores, bellatores und

434 vgl. K. STÜBER: Sterben im Mittelalter, 34.


435 vgl. G. DUBY: Vremea catedralelor, 81.
436 Zu dieser Praxis bietet einen kurzen aber sehr guten Einblick in

die irischen Büßbücher: M. RICHTER: Irland im Mittelalter, 68ff; sie-


he auch A. ANGENENDT: Theologie und Liturgie der mittelalterlichen
Toten-Memoria, 148ff.
437 näheres dazu bei: A. ANGENENDT: Das Frühmittelalter, 210ff; bzw.

A. ANGENENDT: Theologie und Liturgie der mittelalterlichen Toten-


Memoria, 150ff.
438 vgl. J. DELUMEAU: Mărturisirea şi iertarea, 98.

439 auch A. ANGENENDT: Theologie und Liturgie der mittelalterlichen

Toten-Memoria, 161.
101
* * *

laboratores.440 Jeder Stand machte nur seine Aufgabe.


Die Mönche besaßen die große Macht durch Gebete den
Himmel zu besänftigen.441

4.3. Heilige und Heroen und ihre Verehrung

Inwieweit die christliche Heiligenverehrung mit dem


heidnischen Heroenkult zusammenhängt, ist auch nach
dem heutigen Stand der Forschung recht umstritten. Ob-
wohl sich die Heiligenverehrung nicht ohne weiteres aus
dem heidnischen Heroenkult ableiten läßt, 442 sind „Paral-
lelen und Analogien“443 bzw. „strukturelle Ver-
wandtschaft“444 keineswegs zu verkennen. Auch eine
Analogie mit dem Herrscherkult der Spätantike läßt sich
feststellen.445 Die Wurzeln der Heiligenverehrung reichen
aller Wahrscheinlichkeit nach auch bis in die jüdische
Heiligenverehrung zurück;446 hier verlief aber die Ent-
wicklung genau umgekehrt, da sich die Heiligenvereh-

440 vgl. G. TELLENBACH: Die historische Dimension der liturgischen


Commemoratio im Mittelalter, 208.
441 vgl. G. DUBY: Vremea catedralelor, 80.

442 Diese Auffassung vertrat E. LUCIUS: Anfänge des Heiligenkults in

der christlichen Kirche.


443 W. SPEYER: Heros, 870.
444 W. BURKERT: Griechische Religion der archaischen und klassi-

schen Epoche, 318.


445 vgl. M. MITTERAUER: Ahnen und Heilige, 125.

446 vgl. dazu das wichtige Werk von J. JEREMIAS: Heiligengräber in

Jesu Umwelt.
102
* * *

rung der Juden zunächst wohl nicht auf Märtyrer, son-


dern auf Gerechte schlechthin erstreckte.447 Die Heiligen-
verehrung hat seit dem 4. Jh., als man nach der Verfol-
gungszeit die Märtyrer als christliche Helden ansah, im
einzelnen sehr wohl Anregungen aus dem Bereich des
Heroenkults aufgegriffen.448 Obwohl der Heroenkult viel-
leicht in seinen Wurzeln auf Formen des Ahnenkults zu-
rückgeht, blieb er nicht bloß ein Familienkult, sondern
wurde zum öffentlichen Kult.449 Bei den Griechen
schwörte man bei Göttern und Heroen und man betete zu
ihnen,450 da die Großen des Diesseits auch im Jenseits die
Mächtigsten sein müssen.451 Einzelne Formen des anti-
ken Heroenkultes wurden auch von den Christen rezi-
piert, wie z.B. die Inkubation,452 worauf ich später auch
näher eingehen werden, da dieser Brauch die christliche
Heiligenverehrung besonders im Mittelalter stark geprägt
hat.
Man schrieb den Toten ein höheres Wissen zu,453 er „ver-
fügte über paranormale Fähigkeiten“454, und das suchte

447 vgl. TH. KLAUSER: Christlicher Märtyrerkult, heidnischer Heroen-


kult und spätjüdische Heiligenverehrung, 225.
448 vgl. TH. BAUMEISTER: Heiligenverehrung, 104.
449 vgl. M. MITTERAUER: Ahnen und Heilige, 64.

450 vgl. W. BURKERT: Griechische Religion der archaischen und klassi-

schen Epoche, 315.


451 vgl. K. PRÜMM: Der christliche Glaube und die altheidnische Welt,

152.
452 vgl. TH. BAUMEISTER: Heiligenverehrung, 1297.

453 vgl. A. BERTHOLET: Die israelitischen Vorstellungen vom Zustand

nach dem Tode, 35.


454 H.-P. HASENFRATZ: Leben mit den Toten, 13.

103
* * *

man sich irgendwie dienstbar zu machen. Die Totenbe-


schwörung war auch in der Antike, selbst in den höheren
und gebildeten heidnischen Kreisen (z. B. unter den rö-
mischen Kaisern Nero, Caracalla, Didius Julianus), 455
eine weit verbreitete Sitte, die als eigentlichen Zweck
nicht so sehr die Totenbefragung, sondern die Schädi-
gung des Anderen durch Erscheinungen, Krankheit- bzw.
Schmerzzufügung hatte.456 Die Toten, besonders die
Frühgestorbenen, Ermordeten und Unbegrabenen, 457
galten dadurch, daß sie neidisch auf die noch Lebenden
waren, als hochgefährlich,458 was auch dazu geführt hat,
daß man, um mit solchen Totenseelen in Kontakt zu
kommen, Morde, besonders Kindermorde, verübt hat. 459
Das Kind, dessen Eltern noch leben (d.h. das vom Todes-
schatten unberührt ist) und von sexuellen Begierden
noch frei ist, spielte übrigens wegen seiner Unschuld bis
zur Geschlechtsreife auch in verschiedenen religiösen
Kulten, sei es als Assistent oder selbst als Priester, eine
wichtige Rolle.460 Auch die Biene galt als Botin der Göt-

455 vgl. L. FRIEDLAENDER: Sittengeschichte Roms, 1035f.


456 vgl. K. PRÜMM: Religionsgeschichtliches Handbuch für den Raum
der altchristlichen Umwelt, 381.
457 Die Auffassung, daß die Seelen der Verstorbenen, die einen ge-

waltsamen Tod erlitten haben, schaden können, findet sich auch in


Israel. (vgl. A. BERTHOLET: Die israelitischen Vorstellungen vom Zu-
stand nach dem Tode, 26.).
458 vgl. M. R.-ALFÖLDI: Der Tod – Glaube und Aberglaube im antiken

Rom, 95.
459 vgl. L. FRIEDLAENDER: Sittengeschichte Roms, 1035.
460 vgl. P. MÜLLER: In der Mitte der Gemeinde, 121f.

104
* * *

ter. In ihrem Summen meinte man die Stimmen der To-


ten zu hören.461
Im Traum setzte man sich bei zahlreichen Völkern an den
Gräbern oder in nächster Umgebung des Familienhau-
ses462 mit den Totengeistern, an einem Kultort z.B. Hei-
ligtum, Tempel bzw. in eigens dazu errichteten Hallen 463
einer Gottheit mit der Gottheit selbst in Verbindung, um
die Zukunft zu befragen, und von ihr einen Rat oder in
Krankheitsnöten Heilung zu erhalten.464 So entstand die
Inkubation, die auch im Alten Testament bekannt ist und
selbst im Christentum bis zum heutigen Tage 465 geübt
wird. Träume und Visionen wurden im Mittelalter auch
von den Mönchen ernst genommen, und eine Unterlas-
sung der Mitteilung an den Abt wurde sogar bestraft. 466
Bei ihnen galten für die Dämonen die Träume auch als
„ein beliebtes Einfallstor“467, in Träumen werden nämlich

461 vgl. W. KATHREIN: Auf dem Weg ins neue Leben, 29.
462 So z.B. in Ugarit. Hier wurden die Toten unter den Häusern beer-
digt, um die Verbindung zw. Lebenden und Toten durch die an den
Festtagen gespendeten Speise- und Trankopfer aufrechtzuhalten.
Ohne das Grab öffnen zu müssen, hat man Schächte in die Häusern
eingebaut (vgl. N. P. LEMCHE: Die Vorgeschichte Israels, 199.).
463 vgl. E. LUCIUS: Anfänge des Heiligenkults in der christlichen Kir-

che, 299.
464 vgl. O. WEINREICH: Antike Heilungswunder, 76-79.
465 z. B. in der griechischen Wallfahrtskirche der Maria Evangelistria

auf der Insel Tinos (vgl. B. KÖTTING: Ecclesia peregrinans II, 288;
bzw. F. HEILER: Erscheinungsformen und Wesen der Religion, 133.).
466 vgl. J. WOLLASCH: Cluny – „Licht der Welt“, 120.
467 A. GRÜN: Der Umgang mit dem Bösen, 24.

105
* * *

die Mönche mit üppigen Mahlzeiten oder aber mit nack-


ten Frauen verführt.468
Den Begriff Inkubation verwende ich als Sammelbegriff,
denn m.E. sollte man, auch wenn gelegentlich die beiden
Begriffe zusammenfallen, zwischen „Grabschlaf“ und
Tempelschlaf unterscheiden. Um aber die Inkubation als
solche beschreiben zu können, werde ich beide Begriffe
unter die Lupe nehmen müssen, da deren Hauptaspekte
identisch sind. In erster Linie sind die beiden Hauptun-
terschiede hervorzuheben. Der erste Unterschied betrifft
den Ort, wo der Schlaf bzw. der Traum stattfindet, was
auch von der Bezeichnung herauszulesen ist; der zweite
Unterschied betrifft aber das Wesen, mit wem der Patient
in Verbindung zu treten versucht.

4.3.1. Inkubation im Alten Testament

Eine Anspielung auf die Inkubation in den Grabhöhlen469


finden wir bei Jes 65,4, wo es heißt: „Sie sitzen in Grab-
kammern / und verbringen die Nächte in Höhlen“, was
eigentlich merkwürdig ist, da das Grab als unrein (jedes
Grab ist ein kleines Totenreich 470) galt und dadurch auch
unrein machte,471 weil es in jüdischen und auch gemein-

468 vgl. A. GRÜN: Der Umgang mit dem Bösen, 23.


469 vgl. C. WESTERMANN: Das Buch Jesaja. Kap. 40-66, 318; G.
FOHRER: Das Buch Jesaja 3, 260; H.-J. KRAUS: Das Evangelium der
unbekannten Propheten, 235; J. ZIEGLER: Das Buch Jesaias, 202;
anders aber A. CLOSS: Inkubation, 682.
470 vgl. K. SEYBOLD: Die Psalmen, 148.
471 vgl. Exkurs J. ERNST: Das Evangelium nach Markus, 208-210.

106
* * *

antiken Vorstellungen als ein Ort, wo die Dämonen hau-


sen472 und als Zufluchtsstätte für einen Wahnsinnigen
(d.h. „Wenn jemand des Nachts hinausläuft, wenn er an
einer Begräbnistätte übernachtet, wenn er sein Gewand
zerreißt und wenn er vernichtet, was man ihm gibt“473)
galt.474 In Jes 65,4. sind die von Gott Abtrünnigen475 in
der Jerusalemer Gemeinde476 bzw. die Heiden (sie „op-
fern den Toten, beten die Dämonen an und essen auf den
Gräbern“477) gemeint.478 Der LXX-Text erklärt uns sogar
durch einen Zusatz (δια ενσπνια = wegen des Traumora-
kels) auch den Zweck des Aufenthaltes. Man wollte näm-
lich durch den hergestellten Kontakt zu den Totengöttern
bzw. –dämonen die Zukunft erfahren. Bei den Heiden
sind an den Heiligtümern Priester präsent, die teilweise
auch medizinische Kenntnisse besaßen,479 um bei der
Deutung der Träume zu helfen.480 Die Inkubation ge-
schah in der „Stille der Nacht, in der Gottes Macht am
wirksamsten war.“481 Das Zukunfterfahren geschah auch
durch das Aufsuchen der Medien und Spiritisten.482 Nek-
472 vgl. O. BÖCHER: Dämonenfurcht und Dämonenabwehr, 65. 73.
117-119; O. BÖCHER: Christus Exorcista, 32.
473 jTerum 40b, 23; reiches Material dazu bei BILLERBECK I, 491f.

474 vgl. J. ERNST: Das Evangelium nach Markus, 155.


475 vgl. C. WESTERMANN: Das Buch Jesaja. Kap. 40-66, 317.

476 vgl. G. FOHRER: Das Buch Jesaja 3, 257.

477 Jub 22,17


478 vgl. R. PESCH: Das Markusevangelium, 286.
479 vgl. G. LUCK: Magie und andere Geheimlehren in der Antike, 181.

480 vgl. W. BURKERT: Griechische Religion der archaischen und klas-

sischen Epoche, 186.


481 O. KERN: Die Religion der Griechen, 168.
482 vgl. Dtn 18,11; 1 Sam 28,3ff; Jes 8,19

107
* * *

romantie zog Todesstrafe nach sich.483 Inkubation wurde


aber im Alten Testament auch zur Findung des Gottes-
entscheids484 bezüglich der Schuldhaftigkeit bzw. Schuld-
losigkeit eines an dem Heiligtum sich aufhaltenden Asyl-
flüchtlings485 praktiziert,486 der, wenn er für unschuldig
erklärt wurde und das Heiligtum dennoch nicht verlassen
wollte bzw. wegen ungenügendem Lebensschutz konnte,
auch an dem Heiligtum Tempeldienste wie z.B. Wach-
dienste, Reinigung und Gesang übernehmen konnte.487
Vielleicht kann auch 1 Kön 3,9-12.15. mit dem Tempel-
schlaf in Verbindung gebracht werden.488 Ein weiterer
Beleg für ein Inkubationsorakel liegt nach der Meinung
einigen Exegeten489 in 1 Sam 3, 1-21 vor, dort heißt es:
„Samuel schlief im Tempel [zu Schilo] des Herrn, wo die
Lade Gottes stand“ (V. 3.). Offenbar schlief man bei der
Lade, „um göttliche Weisungen entgegenzunehmen (In-
kubation)“490. Bei dieser Erzählung trifft man auf drei
Schwierigkeiten:

483 vgl. Lev 20,6; 27,20; Dtn 18,9ff.


484 Das konnte aber auch durch Beobachtungen beim Opfer wie Auf-
steigen des Rauchs, Lage der Eingeweide oder Gestalt der Leber des
Opfertieres geschehen (vgl. E. ZENGER: Zur Theologie des 4. Psalms,
380.).
485 näheres dazu bei D. DIÓSI: A menedékjog a kinyilatkoztatás fényé-

ben, 16-19.
486 vgl. E. ZENGER: Zur Theologie des 4. Psalms, 380.

487 vgl. E. ZENGER: Zur Theologie des 4. Psalms, 381.

488 vgl. B. LANG: Heiliges Spiel, 90.

489 so z.B. A. OEPKE: καθεσδω, 437.


490 H. W. HERZBERG: Die Samuelbücher, 30.

108
* * *

1. Es wird nicht explizit erwähnt (V. 10 scheint sogar eher


dagegen zu sprechen), daß es sich um ein Erlebnis im
Traum handelt, auch von dem Kontext her scheint es
wohl kein Traum zu sein.491 Hier kann m.E. höchstens
über die Intention des Tempelschlafes gesprochen wer-
den. Der Bericht selbst läßt sich aber nicht ohne Weiteres
als ein Inkubationsorakel deuten.

2. „Im Alten Testament gibt es ... keine klare Unterschei-


dung zwischen Wortoffenbarung und Vision, aber auch
nicht zwischen Vision und Traum, wenn übersinnliche
oder übernatürliche Erfahrungen beschrieben und gedeu-
tet werden sollen.“ 492

3. Der Traum im Tempel ist kein genügendes Kriterium,


um auf einen Tempelschlaf zu schließen.493 Dazu gehört
noch wesentlich mehr:

a.) der Inkubation soll eine rituelle Vorberei-


tung ( bei den Kranken z. B. Diät, oft Fasten,

491 vgl. H. J. STOEBE: Das erste Buch Samuels, 124; A. RESCH: Traum
im Heilsplan Gottes, 112: „Die ganze Darlegung spricht absolut“ ge-
gen eine Traumaudition. Im Heiligtum zu schlafen, scheint RESCH
sogar „unfromm“ [?!] zu sein und er meint: hier haben wir es mit
einer „objektiven realen Erscheinung“ zu tun. J. SCHARBERT: „Ge-
sicht“ und Prophetenwort im Alten Testament, 23: „doch ist dort nur
berichtet, daß Jahwe den Samuel ‟rief‟ (3,4.6.8.10.).“ Anders aber M.
OTTOSSON: hālam, 994.
492 J. SCHARBERT: „Gesicht“ und Prophetenwort im Alten Testament,

31.
493 vgl. M. OTTOSSON: hālam, 994.

109
* * *

Waschungen, Reinigungen, Gebet, Opfer, 494


Salbungen, Einhalten von Speisegeboten 495
oder wie bei den Griechen eine dreitägige
Reinheitsperiode mit Enthaltsamkeit von Se-
xualverkehr, Ziegenfleisch, Käse und anderem
bzw. ein einleitendes Ferkelopfer am Vora-
bend;496 manchmal wurde ein Tier geopfert,
auf dessen Haut man dann schlief497; auch das
Verzehren des Knoblauchs machte kultisch un-
rein und damit kultunfähig498) vorausgehen.499
Mit dem Heiligen nämlich ohne Vorbereitung
in Berührung zu kommen, ist immer gefähr-
lich.500

b.) die Träume sollen bewußt hervorgerufen


sein.501

c.) bei der Inkubation war die kultische Nackt-


heit üblich.502 Ob das in Israel auch der Fall
war, läßt sich wegen des Schweigens des Alten

494 vgl. A. RUPPEL: Inkubation, 755.


495 vgl. H.-A. WILCKE: Neutestamentliche Umwelt und Zeitgeschichte,
58.
496 vgl. W. BURKERT: Griechische Religion der archaischen und klassi-

schen Epoche, 401.


497 vgl. G. LUCK: Magie und andere Geheimlehren in der Antike, 181.
498 vgl. F. J. DÖLGER: ΙΧΘΥC ΙΙ, 79f.

499 vgl. G. WALLIS: qjs, 853.

500 vgl. M. ELIADE: Die Religionen und das Heilige, 427.

501 vgl. E. L. EHRLICH: Traum, 1002.


502 vgl. F. HEILER: Erscheinungsformen und Wesen der Religion, 182.

110
* * *

Testamentes nicht völlig ausschließen. Voll-


ständige Nacktheit, im Gegensatz zu den Esse-
nern, die sich beim Baden eines weißen (d.h.
die Farbe des Reinseinwollens und nicht die
Farbe „der kultischen Reinheit, der völligen
Freiheit von dämonischen Mächten“503) Lei-
nengewandes bedienten,504 wird ausdrücklich
nur (der christliche Täufling durfte auch nur
nach der vollständigen Entkleidung ins Wasser
steigen505) beim rituellen Tauchbad506 gefor-
dert;507 hier legt sogar die Frau, so wie bei der
christlichen Taufe,508 den Schmuck ab, um den
Dämonen keinen Unterschlupf zu belassen. 509
Der Brauch, daß man sich mindestens teilwei-
se auszog, kann m.E. fast als sicher gelten. So
legte z.B. der Hohepriester, wenn er am Ver-
söhnungstag ins Allerheiligste eintrat, sein
Prachtgewand samt seinen Glöckchen ab. 510
Wie in Ägypten und Babylonien war es dem

503 O. BÖCHER: Dämonenfurcht und Dämonenabwehr, 262.


504 vgl. D. DIÓSI: Qumrán és az őskeresztények, 77f.
505 vgl. Pseudo-Dionysius Areopagita: De ecclesiastica hierarchia

II, 2, 6.
506 vgl. Ab. 854 bei J. SIMON: Die hebräische Medizin bis zum Mitte-

lalter, 815.
507 vgl. BILLERBECK I, 108.
508 vgl. F. J. DÖLGER: Der Exorzismus im altchristlichen Taufritual,

114.
509 vgl. O. BÖCHER: Dämonenfurcht und Dämonenabwehr, 246.

510 vgl. J. QUASTEN: Musik und Gesang in den Kulten der heidnischen

und christlichen Frühzeit, 76.


111
* * *

Priester verboten, im Tempel Sandalen zu tra-


gen.511 In der Erzählung vom brennenden
Dornbusch sagte Jahwe zu Mose: „Leg deine
Schuhe ab; denn der Ort, wo du stehst, ist hei-
liger Boden“ (Ex 3,5). Die gläubigen Juden leg-
ten ihre Schuhe oder Sandalen vor dem Betre-
ten des Tempels im Vorhof ab.512 Barfüßigkeit
scheint auch im römischen Kult ganz allge-
mein üblich gewesen zu sein.513

4.3.2. Inkubation bei den Christen

Die Inkubation hat mit der alten Erdverehrung zu tun,


denn der Kranke ließ sich auf den geheiligten Boden des
Heiligtums zum Schlaf nieder.514 Der Tempelschlaf wurde
trotz der Zurückweisung als beliebter 515 antiker Brauch
durch die Kirchenväter, auch bei den Christen praktiziert,
und zwar vorzugsweise in den Heiligenkulten. So z. B.
war bei der Verehrung des Erzengels Michael die Inkuba-
tion von Bedeutung.516 Bereits im 4. Jh., in der Zeit der

511 vgl. Ex 3,5; 29,20


512 vgl. TH. OHMS: Gebetsgebärden der Völker und Christentum, 452.
513 vgl. TH. WÄCHTER: Reinheitsvorschriften im griechischen Kult, 23.
514 vgl. K. PRÜMM: Religionsgeschichtliches Handbuch für den Raum

der altchristlichen Umwelt, 449.


515 vgl. K. PRÜMM: Der christliche Glaube und die altheidnische Welt,

205.
516 vgl. P. PARUSEL: Inkubation, 307.

112
* * *

Massenbekehrungen,517 war die Inkubation auch in den


einzelnen christlichen Heiligtümern üblich.518 Eine re-
gelmäßige Organisierung des Tempelschlafes läßt sich
aber nicht nachweisen.519 Auch die Sitte, in der Kirche zu
sterben wollen, wurde schon früh von der Kirche prakti-
ziert, wie dies die Canones Hippolyti belegt. 520 Seit dem
Anfang des 6. Jh. ließen sich auch sterbende Äbte und
Bischöfe in die Kirche bringen, „um dort vor dem Altar,
auf dem die Mysterien ihres Glaubens gefeiert worden
waren und der ihnen deshalb als heilig und verehrungs-
würdig galt“ 521 zu sterben.
Daß der Tempelschlaf in Analogie zum heidnischen
Brauch nackt (halbnackt?) vollzogen wurde (vielleicht als
Kontaktaufnahme mit der Erde?), ist m.E. nicht völlig
auszuschließen (die Nacktheit wurde bei den Heiden „be-
sonders beim Totenkult“522 praktiziert), da man unbe-
dingt bedenken muß, daß die Nacktheit damals einen
ganz anderen Symbolgehalt hatte als später oder heute.
So hat man z.B. eine Kölner, aus dem späten 4. Jh.
stammende und in einem Sarkophag gefundene, Schale
mit Goldglasnuppen von St. Severin, ohne Bedenken, ei-

517 vgl. K. PRÜMM: Religionsgeschichtliches Handbuch für den Raum


der altchristlichen Umwelt, 453.
518 vgl. E. LUCIUS: Anfänge des Heiligenkults in der christlichen Kir-

che, 300.
519 vgl. K. PRÜMM: Der christliche Glaube und die altheidnische Welt,

447.
520 vgl. P. BROWE: Die Sterbekommunion im Altertum und Mittelal-

ter, 22.
521 P. BROWE: Die Sterbekommunion im Altertum und Mittelalter, 22.
522 F. HEILER: Das Gebet, 104.

113
* * *

ne nackte Orantefigur (wohl Thekla) dargestellt. 523 Als in


der karolingischen Zeit die Taufpraxis durch Untertau-
chen allmählich anfing zu verschwinden, erhielt die
Nacktheit eine heidnische Symbolik; sie wurde mit dem
Bett verknüpft.524 Jetzt, als einerseits die Gefahr drohte,
daß die Frauen in Christus einen Fruchtbarkeitsgott ver-
ehrten, und um anderseits der Darstellung einen noch
tieferen Sinn (Jesus der Hohepriester) zu geben,525 be-
kleidete man den Gekreuzigten mit einer langen Tuni-
ka.526 Wir kennen aus der Gotik und dem Barock die
Nacktwallfahrten.527 Damit wollten die Wallfahrer ihrer
Opfer-, Buß- und Dankgesinnung einen kräftigeren Aus-
druck geben und ihre Gebete zu Gott und zu den Heiligen
so eindrucksvoll wie möglich machen. Der Nacktwallfah-
rer wollte den gekreuzigten Christus nachahmen, der am
Kreuz auch „nackt“ dem Unwetter preisgegeben hing.528
Wenn bei der Inkubation eine einzige Nacht nicht genüg-
te, um die Heilung bzw. Offenbarung der Mittel zur Hei-
lung zu erreichen, wurde der Schlaf so oft wiederholt bis
die erwünschte Wirkung eintrat.529 Bei den Heiden war es
in der vorchristlichen Zeit laut der Berichte meistens die
Gottheit, die dem Kranken im Traum persönlich erschien
und ihm die Heilung schenkte, später, in der Kaiserzeit,

523 vgl. E. DASSMANN: Die Anfänge der Kirche in Deutschland, 182.


524 vgl. M. ROUSCHE: Abendländisches Frühmittelalter, 429.
525 vgl. L. VANYÓ: Az ókeresztény művészet szimbólumai, 211.
526 vgl. M. ROUSCHE: Abendländisches Frühmittelalter, 429.

527 vgl. R. BERGER: Liturgische Gewänder und Insignien, 318.

528 vgl. F. ZOEPFL: Nacktwallfahrten, 270.

529 vgl. E. LUCIUS: Anfänge des Heiligenkults in der christlichen Kir-

che, 300.
114
* * *

verriet sie aber nur noch die anzuwendenden Mittel zur


Heilung.530 Inkubation wurde aber nicht praktiziert, nur
um Heilung zu erlangen, sondern auch mit dem Anliegen
z.B. einen verlorenen Gegenstand wiederfinden zu kön-
nen.531 Das konnte eine „hartnäckiges Ausharren“ von
Wochen, Monaten, ja sogar von einem ganzen Jahr be-
deuten.532 Gregor von Tours berichtet uns von einer Frau,
die sieben Tage vor dem Reliquienschrein des Heiligen
Johannes des Täufers schlief. Für die Inkubation galt na-
türlich als meist bevorzugter Platz die Nähe des Grabes
bzw. des Altares, tagsüber mußten aber die Kranken we-
gen der in der Kirche stattfindenen Gottesdienste an-
derswo verweilen.533 Bei mehrtägiger Inkubation wurden
die Gläubigen in eigens dazu bestimmten, an den Tempel
angebauten Schlafräumen oder in großen Schlafsälen,534
Zellen bzw. in den bei großen Kirchen vorhandenen Ne-
benräumen535 untergebracht. Manchmal wurde nur in-
nerhalb des heiligen Bezirkes auf der Tempelstraße unter
freiem Himmel geschlafen.536
Die Praxis der Inkubation als solche ist an den Wall-
fahrtsorten in den deutschen Ländern seit dem 15. Jh.

530 vgl. K. PRÜMM: Religionsgeschichtliches Handbuch für den Raum


der altchristlichen Umwelt, 449.
531 vgl. G. LUCK: Magie und andere Geheimlehren in der Antike, 180.

532 vgl. E. LUCIUS: Anfänge des Heiligenkults in der christlichen Kir-

che, 300.
533 vgl. B. KÖTTING: Peregrinatio Religiosa, 396.

534 vgl. G. LUCK: Magie und andere Geheimlehren in der Antike, 180.

535 vgl. E. LUCIUS: Anfänge des Heiligenkults in der christlichen Kir-

che, 300.
536 vgl. G. LUCK: Magie und andere Geheimlehren in der Antike, 180.

115
* * *

nicht mehr üblich, wenn ein Schlaf in der Wallfahrtskir-


che doch vorkommt, geschieht das aus Mangel an Über-
nachtungsmöglichkeiten oder aus Armut.537 In der Volks-
frömmigkeit ist bis heute die Johannesnacht538 mit ural-
ten heidnisch-abergläubischen Bräuchen erfüllt, so glaubt
man z.B., daß die Träume dieser Nacht in Erfüllung ge-
hen, bzw. daß sie einen Einblick in die Zukunft gewähren
können,539 und man in ihr auch voraussehen könne, wen
man heiratet oder ob jemand stirbt.540
Bei der christlichen Inkubation müssen aber auch die
Unterschiede erwähnt werden:

1. Die christliche Inkubation war keine allgemei-


ne kirchliche Institution, wie uns das von den
Heiden bekannt ist.541

537 vgl. W. PÖTZL: Marianisches Brauchtum an Wallfahrtsorten, 511.


538 Es handelt sich um das Fest Johannes des Täufers am 24. Juni.
Dieser Feiertag ist im Westen entstanden und ist gemäß Lk 1,36a von
Weihnachten her berechnet. Dieser Termin wurde schon von Augus-
tinus in Zusammenhang mir der Winter- bzw. Sommersonnenwende
heilsgeschichtlich gedeutet: „Heute ist Johannes geboren worden.
Vom heutigen Tag an nehmen die Tage ab. Christus ist acht Tage
vor dem ersten Januar geboren worden. Von diesem Tag nehmen
die Tage zu.“ (PL 38,1302.) Augustinus sieht seine Interpretations-
weise im Joh 3,30 bestätigt (siehe näheres zu diesem Fest bei A.
ADAM: Das Kirchenjahr mitfeiern, 191ff; J. PASCHER: Das Liturgische
Jahr, 558-571.). Neben Maria ist Johannes der einzige Heilige, des-
sen irdische Geburt begangen wird (vgl. E. BIEGER: Das Kirchenjahr
zum Nachschlagen, 308.).
539 vgl. J. PASCHER: Das Liturgische Jahr, 571.

540 vgl. E. BIEGER: Das Kirchenjahr zum Nachschlagen, 309.


541 vgl. A. FRANZ: Kirchlichen Benediktionen im Mittelalter II, 443.

116
* * *

2. Der christlichen Inkubation gehen weder ma-


gische Riten voran, noch begleiten sie irgendwel-
che.542

3. Die Heiligen haben vielmehr freien Spielraum


in ihrer Heilungstätigkeit, sie sind nicht so sehr
an das Grab „gefesselt“ wie die Heroen. Die Hei-
ligen gewähren Heilung überall, wo es nötig ist.

4.4. Relevante Unterschiede


zwischen Heroen- und Heiligenkult

Trotz deutlicher Ähnlichkeiten sind doch relevante Un-


terschiede zu erkennen. Schauen wir uns einige davon an:

1. Der christliche Märtyrer war eine geschichtliche Person


aus der näheren Vergangenheit und nicht jemand aus der
mystischen Vorzeit.543

2. Ein heiliger Lebenswandel war keine Voraussetzung,


um den Heroenstand zu erlangen; selbst Verbrecher oder
Landesfeinde konnten Heroen werden.544 In der hellenis-

542 vgl. A. FRANZ: Kirchlichen Benediktionen im Mittelalter II, 443.


543 vgl. K. PRÜMM: Der christliche Glaube und die altheidnische Welt,
204.
544 vgl. W. BURKERT: Griechische Religion der archaischen und klassi-

schen Epoche, 318.


117
* * *

tischen Zeit wurde sogar die Kanonisierung eines Toten


zum Heros fast zur Routine.545 „Die Heroen sind nicht
etwa heiliger, sondern nur mächtiger als die Mehrzahl
der Toten.“546
Bei den Christen ist aber selbst die „Sündelosigkeit ...
noch nicht der einzige und hinreichende Grund für ein
bevorzugtes Los nach dem Tode. In irgendeiner Art muß
der sündelose Christ auch Märtyrer sein“547. „In Zeiten
des Friedens wird dann Jungfräulichkeit und Aszetentum
fast ausschließlich zum Ersatzmartyrium.“548 Ein solcher
Märtyrer „sine cruore“ war Martin von Tours. „Heilige
Hymnen singend, geleitete die Menge den Leichnam des
seligen Mannes zu Begräbnisstätte. Man vergleiche da-
mit, wenn man will, nicht etwa die Leichenbegräbnisse,
nein, die Triumphzüge der Welt.“549

3. „Die Heroen kämpften für die Erde, die Heiligen litten


für den Himmel.“550

4. Das Christentum als monotheistische Religion maß


den Märtyrern keinen selbständigen Machtbereich bei,

545 vgl. W. BURKERT: Griechische Religion der archaischen und klassi-


schen Epoche, 316.
546 K. PRÜMM: Die Religion der Griechen, 72.
547 A. STUIBER: Refrigerium Interim, 79.

548 A. STUIBER: Refrigerium Interim, 80.

549 Die Übersetzung stammt von: J. DRUMM (Hrsg.): Der Lebensbe-

richt von Sulpicius Severus, 90.


550 F. PFISTER: Der Reliquienkult im Altertum, 624.

118
* * *

sondern die Gebete nahmen die Fürbittform ein,551 wäh-


rend man von den Heroen erwartete, daß er im eigenen
Namen in das Geschehen eingreift. 552 Auch Augustinus
macht gegen irrige Auffassungen klar, daß der Märtyrer-
kult Verehrung und nicht Anbetung des Heiligen ist. 553
Auch wenn die Christen Gebete und Opfer „für“ sie dar-
brachten, bedeutete dieser Ausdruck nichts anderes als,
daß „sie sich mit uns im Opfer vereinigen, aber auch daß
wir Gott für ihren Sieg danken, oder: daß Gott um ihret-
willen und auf ihre Fürsprache hin uns gnädig sei.“ 554 Die
Märtyrer gelangen unmittelbar nach ihrem Tod zu Gott,
„für eine gegenteilige Annahme fehlt jede Spur.“ 555 Das
gleiche betont wiederum Augustinus.556 Diese Auffassung
war aber nicht überall so einhellig, es gab auch die Positi-
on,557 daß man auch für die Heiligen beten müsse, weil
sie, obwohl sie schon verherrlicht und in die Ruhe einge-
gangen sind, die Vollendung noch nicht ganz erreicht ha-

551 vgl. K. PRÜMM: Der christliche Glaube und die altheidnische Welt,
203.
552 vgl. K. PRÜMM: Die Religion der Griechen, 73.

553 vgl. F. VAN DER MEER: Augustinus der Seelsorger, 565f.

554 J. A. JUNGMANN: Die Stellung Christi im liturgischen Gebet, 235.


555 A. STUIBER: Refrigerium Interim, 76.

556 „Für einen Märtyrer zu beten, ist eine Beleidigung; wir sollen

vielmehr durch seine Gebete empfohlen werden, denn sie sind nicht
unsere Klienten, sondern unsere Verteidiger. Wir können nichts für
sie tun, nur ihre Freude vergrößern, indem wir ihnen in ihren Tu-
genden folgen, denn sie verehren, ohne ihnen nachzufolgen, ist eine
unaufrichtige Schmeichelei.“ (vgl. F. VAN DER MEER: Augustinus der
Seelsorger, 566.)
557 So z.B. die von Epiphanius.

119
* * *

ben.558 Die Christen beteten aber für ihre und nicht zu


ihren Verstorbenen, was in der antiken Welt abgesehen
von wenigen Ausnahmen in der Volksfrömmigkeit etwas
Neues war.559 Interessanterweise wird aber auch bei eini-
gen Naturvölkern, wo die Vorstellung eines jenseitigen
Ortes der Glückseligkeit vorhanden ist, wohl für den Ver-
storbenen gebetet.560
Das Mittelalter feierte auch seine Heiligen; in Fulda z.B.
setzte sich die Verehrung des Bonifatius unmittelbar nach
seinem Tod ein, selbst außerhalb des Klosters betrachtete
man ihn als Heiligen.561 Sein Fest wurde höchstwahr-
scheinlich bereits im 8. Jh. gefeiert und „das Grab mit
seinen Reliquien war zumindest bei bestimmten Anlässen
Mittelpunkt des Gebetes.“562 Im 10. Jh. wurde sogar ne-
ben dem Hauptfest auch eine Vigil mir einer Eigenmesse
gefeiert.563

4.5. Begräbnis ohne Priester

558 vgl. J. A. JUNGMANN: Die Stellung Christi im liturgischen Gebet,


237.
559 vgl. J. LE GOFF: Naşterea pulgatoriului, 88ff.

560 vgl. F. HEILER: Das Gebet, 70.


561 vgl. P. KEHL: Kult und Nachleben des heiligen Bonifatius im Mitte-

lalter, 30.
562 P. KEHL: Kult und Nachleben des heiligen Bonifatius im Mittelal-

ter, 33.
563 vgl. A. THALER: Die Festliturgie des Klosters Fulda im 10. Jahr-

hundert im Sacramentarium Fuldense, 158.


120
* * *

Die literarischen Quellen der ersten drei Jahrhunderte


kennen weder ein kirchliches Begräbnisritual noch er-
wähnen sie irgendeinen Kleriker, welcher der Beerdigung
vorsteht.564 Diese Tatsache läßt sich m.E. auf folgende
Weise begründen:
Die christliche Bestattung hat in diesem Punkt das antike
jüdisch-heidnische Erbe einfach weitergetragen. 565 Bei
den Juden galt sie als eine Privatveranstaltung der Fami-
lie,566 woran die Teilnahme der Priester ausdrücklich
verboten worden war.567 Auch bei den Heiden zog bei der
Bestattung kein Priester mit.568 Sowohl bei den Juden als
auch bei den Heiden vermied man jegliche Berührung
mit einem Toten, weil man sich vor der Verunreinigung
fürchtete.569 Das Neue Testament erwähnt keine Über-
nahme der kultischen Reinigung. Dennoch fiel es den
ersten Christen ausgesprochen schwer, mit den altjüdi-

564 vgl. W. GESSEL: Bestattung und Todesverständnis in der Alten


Kirche, 538.
565 Die jüdisch-christliche Nähe bestätigt auch wenn E. DASSMANN

folgendes zu einer, in einem Steinsarg gefundene, Trierer Abraham-


Isaak-Schale meint: Es stellt sich „die Frage, ob die Schale aus einer
jüdischen Werkstatt stammt, was angesichts der anderen Hinweise
auf jüdischen Einfluß ganz gut nach Trier passen würde.“ (E.
DASSMANN: Die Anfänge der Kirche in Deutschland, 176.)
566 vgl. L. RULAND: Die Geschichte der kirchlichen Leichenfeier, 50.
567 Dieses Problem wurde in dem alttestamentlichen Teil eingehender

behandelt.
568 vgl. H.-J. KLAUCK: Die religiöse Umwelt des Urchristentums I, 70.

569 vgl. TH. WÄCHTER: Reinheitsvorschriften im griechischen Kult,

43ff.
121
* * *

schen Traditionen zu brechen.570 Die Judenchristen der


matthäischen Gemeinde hielten sich sogar vielleicht noch
daran.571 Die deutlichen Worte Jesu in Mt 15,16-18.20,
die aber später in der Spätantike bzw. dem Frühmittelal-
ter in Vergessenheit geraten sind,572 als ob sie von Jesus
nie gesprochen worden wären (nach frühmittelalterlicher
Auffassung hing sogar die rechte Darbringung des Meß-
opfers573 von den „reinen Händen“ des Priesters ab 574),
zeigen nicht nur, daß „die Unterscheidung zwischen rei-
nen und unreinen Speisen in Wirklichkeit nicht in Ver-
bindung mit der Moralität stehen“575 oder, daß „die Se-
xualstoffe wie Samen oder Menstruationsblut von sich
her nicht unrein machen“576 konnten, sondern auch, daß
die Berührung eines Leichnams nicht zur Verunreinigung
des Menschen führen kann. „Die Überlieferung der Al-
ten“577 meint die mündliche Überlieferung, die an man-
chen Punkten den eigentlichen Sinn des Gesetzes über-
wucherte578 und der auch „die gleiche Autorität zuer-
kannt wurde wie dem schriftlich fixierten Gotteswort.“ 579
Bei den Christen waren an die Stelle der “Überlieferun-
gen der Alten“ die Worte des Herrn getreten, die eben-

570 vgl. J. ERNST: Das Evangelium nach Markus, 210.


571 vgl. R. SCHNACKENBURG: Matthäusevangelium I, 141.
572 Siehe III. Exkurs

573 vgl. A. ANGENENDT: Religiosität und Theologie, 48.


574 vgl. A. ANGENENDT: Missa specialis,187.
575 GY. JAKUBINYI: Máté evangéliuma, 183.

576 A. ANGENENDT: Geschichte der Religiosität im Mittelalter, 406.

577 Mt 15,2

578 vgl. NEUE JERUSALEMER BIBEL, 1404.


579 H. ZIMMERMANN: Neutestamentliche Methodenlehre, 160.

122
* * *

falls mündlich tradiert wurden.580 Die Urkirche, ähnlich


wie die Qumran-Essener, wo „eine analoge aktualisieren-
de Anwendung der alltestamentlichen Schriften“ 581 an-
zutreffen ist, war überzeugt davon, daß „der wahre Sinn
der Schrift sich nur von Christus her erschließen läßt, und
sie daher auch nur von Christen richtig verstanden und ...
gedeutet werden kann.“582 Man wird nicht vor Gott „un-
rein“ durch die Mißachtung der Menschensatzungen,
sondern durch die Verachtung der göttlichen Gebote.583
Nur von diesem Aspekt her wird die pietätvolle Haltung
der Christen gegenüber der Bestattung der Fremden ver-
ständlich, der sogar Kaiser Julian die Ausbreitung des
Christentums zuschrieb.584 Das Fehlen von Priestern bei
der christlichen Beerdigung läßt sich also mit der Auffas-
sung von der Unreinheit der Toten nicht erklären. Bei
ihnen ging es um wesentlich mehr. Jesus wurde bestattet,
„wie es beim jüdische Begräbnis Sitte ist.“ 585 Diese jo-
hanneische Notiz wurde m.E. nicht nur „für die nichtjüdi-
schen Leser ... informativ hinzugefügt“586, sondern viel-
mehr hinzugefügt, um den Gehorsam Jesu gegenüber
dem jüdischen Gesetz auch über den Tod hinaus zu beto-
nen. Das Verhalten der Christen ist die Imitatio Christi,
die eben unter vielen anderen Punkten die Teilnahme
eines Priesters nicht vorsah.

580 vgl. H. ZIMMERMANN: Neutestamentliche Methodenlehre, 131.


581 L. SCHENKE: Die Urgemeinde, 100.
582 J. ZMIJEWSKI: Zu unserer Belehrung geschrieben, 409.

583 vgl. A. SAND: Das Evangelium nach Matthäus, 313.

584 vgl. A. HAMMAN: Die ersten Christen, 152.

585 Joh 19,40


586 so aber: S. SCHULZ: Das Evangelium nach Johannes, 240.

123
* * *

Mit der geringen Zahl bzw. der nötigen Zeit der Kleriker
zu argumentieren,587 scheint mir nicht zutreffend. In der
Tat umfaßte sie in einer Stadt etwa einen einzigen Bi-
schof, wenige Priester und höchstens sieben Diakone. 588
Man ist nirgendwo „über die biblische Zahl der ‟Sieben‟
hinausgegange.“589 Um aber die Zahl zu erhöhen, wurden
Subdiakone in den Dienst gestellt. 590 Mann sollte m.E.
besser umgekehrt argumentieren, weil nämlich eben in
der Gemeinde nicht so viel zu erledigen war, war die Zahl
der Kleriker so gering.591 Die Frage, ob der Beerdigung
ein Priester vorstehen sollte, hat sich gar nicht gestellt.
Eine ähnliche Übung war auch der Umwelt des Christen-
tums unbekannt.

III. Exkurs: Änderungen der kultischen Rein-


heitsvorstellungen im Laufe des Mittelalters

Zu diesem Thema möchte ich lediglich einige Punkten


nennen, die aber die Liturgie besonders betroffen haben:

587 so aber: W. GESSEL: Bestattung und Todesverständnis in der Alten


Kirche, 553.
588 vgl. E. DASSMANN: Diakonat und Zölibat, 63.
589 B. KÖTTING: Ecclesia peregrinans I, 429.

590 vgl. B. KÖTTING: Ecclesia peregrinans I, 430.

591 Siehe dazu die Ausführungen über die Kleriker bei: E. DASSMANN:

Kirchengeschichte I, 168-172; bzw. B. KÖTTING: Ecclesia peregrinans


I, 424-430.
124
* * *

1. Schon Dionysius von Alexandrien (†265) schrieb für


die menstruierenden Frauen vor, daß sie dem Gottes-
dienst fernzubleiben haben.592
2. „Si autem mulier est in regulis mulierum, ponatur
seorsum et accipiat baptismum alia die.“593 Die Taufe
wurde „als ein Ritus wirksamer Desexualisierung
dargestellt. Die Initiaten stiegen nackt in das Taufbecken.
Man nahm an, sie hätten die sexualisierten »Kleider«
ihres alten Leibes abgelegt. Sie standen an dem Becken
wie kleine Kinder.”594 Die Wiedergeburt durch die Taufe
besiegt nämlich die mit der ersten Geburt an uns
haftende Begierde, die aber auch nach der Taufe noch
wirksam sein konnte.595 Ehepaare konnten nach der
Taufe auf den ehelichen sexuellen Verkehr verzichten und
„hierdurch gewannen sie einen Status der »Heiligkeit«
zurück..”596
3. Im Frühmittelalter gewinnt die Pollutio-Vorstellung
noch in ganz anderen Bereichen höchste Bedeutung; es
wird der Erhalt des Leibes (corpus incorruptum) bei zwei
Personengruppen besonders hervorgehoben: bei den
Enthaltsamen und den Märtyrern. Der Leib der Enthalt-
samen ist nicht verwest, weil sie sexuell nicht tätig gewe-

592 Ausführlicher zu diesem Thema siehe: A. ANGENENDT: „Mit reinen


Händen“ 297-316.; G. MUSCHIOL: Frauen und Liturgie im Mittelalter,
42-55; bzw. bei R. KOTTJE: Studien zum Einfluss des Alten Testamen-
tes auf Recht und Liturgie des frühen Mittelalters, 69-83.
593 Traditio apostolica 20,42.

594 P. BROWN: Die Keuschheit der Engel, 111.

595 vgl. L. VANYÓ: „Legyetek tökéletesek...”, 35.


596 P. BROWN: Die Keuschheit der Engel, 111.

125
* * *

sen sind und daher ihr Leib nicht durch die Pollution be-
fleckt worden ist.597
4. Die Auffassung der kultischen Reinheit hat auch die
Pflicht der Ehelosigkeit des Diakons beeinflußt.598 In der
Urkirche war die tägliche Meßfeier noch nicht üblich.
Später, als dies üblich wurde, und die Kleriker nicht so
zahlreich waren wie die alttestamentlichen Priester und
Leviten (zur Zeit Jesu gab es etwa 7200 Priester, mit den
Leviten erreichte ihre Zahl 18000599), so daß sie die Eu-
charistiefeier auch abwechselnd vollziehen könnten,
mußten sie, um die kultische Reinheit zu gewährleisten,
in ständiger Enthaltsamkeit leben. „Ob die tägliche Meß-
feier, die im Osten noch nicht in Übung war, als sie sich
im Westen bereits allgemein verbreitet hatte, tatsächlich
der Grund dafür gewesen ist, daß die Ostkirche nie zu
einer gesetzlichen Zölibatsverpflichtung gekommen ist,
läßt sich mit letzter Sicherheit nicht beweisen.“ 600
5. Im 9. Jh. hat man anstatt der Handkommunion die
Mundkommunion eingeführt, um so Anrührung durch
die „unreinen Händen“ der Laien zu verhindern.601 Die
Sexualität gehörte auch noch im 17. Jh. zu den Tabuthe-
men, und es war eine große Schande darüber zu reden;
besonders die Frauen schämten sich und empfanden es
als große Demütigung, ihr Sexualvergehen zu beichten,
daß die Kirche die Überwindung dieser Gefühle selbst für

597 vgl. A. ANGENENDT: Heilige und Reliquien, 150-152. (auch mit


Belegen)
598 vgl. E. DASSMANN: Diakonat und Zölibat, 62.

599 vgl. J. JEREMIAS: Jerusalem zur Zeit Jesu, 224-232.

600 E. DASSMANN: Diakonat und Zölibat, 64.


601 vgl. A. ANGENENDT: Missa specialis, 187.

126
* * *

Reue hielt und oft die Absolution gleich anschließend an


der Beichte erteilte.602 Dies ist aber nicht sehr verwun-
derlich in einer Gesellschaft, in der selbst bzw. besonders
die Theologie den Beischlaf „more canino“ bzw. „mulier
super virum“ als „contra naturam“ einstufte.603 Die
Furcht vor der Sünde war groß, da für die ganze mittelal-
terliche Frömmigkeit und Theologie als Grundsatz galt:
„Deus, qui nullum peccatum impunitum dimittit.“ 604 Bo-
nifatius war sein Leben lang beunruhigt wegen der Tau-
fen, die von verheirateten Diakonen verrichtet wurden.605
Als weitere Gründe für die Einführung der Mundkom-
munion können natürlich auch die steigende Ehrfurcht
und die Besorgnis vor dem Mißbrauch erwähnt wer-
den,606 bzw. die Vorstellung, daß die Eucharistie nur von
den Händen des Priesters berührt werden durfte.607

4.6. Die Glocke als


übernommenes Element im Totenkult

602 vgl. J. DELUMEAU: Mărturisirea şi iertarea, 17.


603 vgl. J.-L. FLANDRIN: Viaţa sexuală a oamenilor căstoriţi: de la
doctrina Bisericii la realitatea comportamentelor, 131.
604 vgl. A. ANGENENDT: Deus, qui nullum peccatum impunitum

dimittit, 142-156.
605 vgl. A. ANGENENDT: Missa specialis, 187.

606 vgl. K. RICHTER: Zur Praxis der Kelchkommunion, 20.


607 vgl. A. HEINZ: Eucharistische Frömmigkeit, 1165.

127
* * *

Die Glocken spielten wegen ihrer magischen Kraft im To-


tenkult eine wichtige Rolle.608 Von dem weiten Spekt-
rum609 der Glockenfunktionen ist besonders der apotro-
päische Aspekt von besonderem Belang. Diese Funktion
erfüllte auch das Glöckchen, das an dem Gipfel der Grab-
pyramide des Porsenna oder das am Leichenwagen Ale-
xander des Großen aufgehängt wurde.610 Das Aufhängen
von Glöckchen am Leichenwagen konnte m.E. analog zu
dem Zypressenzweig bzw. bei den Armen dem Tannen-
zweig, der das Trauerhaus gekennzeichnet hat, 611 auch
eine Signalfunktion innehaben. Es sollte nämlich die Leu-
te vor der Verunreinigungsgefahr warnen. In Ex 28,33
und 39,25f werden kleine aus Gold hergestellte Schellen
oder Glöckchen612 aufgeführt, die am unteren Saum613
des Gewandes des Hohenpriesters befestigt waren. Ob-
wohl für die Auffassung, daß das Erklingen der Glöck-
chen die bösen Dämonen vertreibt, in der Bibel keine Be-
lege zu finden sind,614 ist doch höchstwahrscheinlich an-
zunehmen, daß sie als Exorzismusglöckchen gedient ha-
ben.615 Wie tief im Volksglauben die dämonenabwehren-
de Kraft der Glocken verwurzelt war, zeigt auch die Tat-

608 A. SCHMIDT: Geschichte und Symbolik der Glocken, 12.


609 Siehe IV. Exkurs
610 vgl. J. QUASTEN: Musik und Gesang in den Kulten der heidnischen

und christlichen Frühzeit, 215.


611 vgl. E. STOMMEL: Bestattung, 203.
612 Sie heißen pa´amonin, was soviel wie schlagen bedeutet.

613 Das ist der heiligste Teil des Gewandes (vgl. GY. JAKUBINYI: Máté

evangéliuma, 115.).
614 Vgl. F. RIENECKER : Hohepriester, 624.
615 A. SCHMIDT: Geschichte und Symbolik der Glocken, 12.

128
* * *

sache, daß Glöckchen selbst in den christlichen Gräbern


gefunden worden sind.616 Hier haben wir es wiederum
mit einem vom Christentum übernommenen heidnisch-
abergläubischen Element zu tun. Der Glaube, daß der
Schall der Glocken bzw. Schellen die Dämonen zu ver-
treiben vermögen, war auch im Mittelalter lebendig, 617
und im Volksglauben ist er bis zur heutigen Zeit anzutref-
fen.618 Man hat auch noch heute ungern einen Todesfall
in der Karwoche, weil in dieser Zeit nicht geläutet werden
darf.619 Die Elemente des Todesgeläuts hat K. STÜBER in
folgende fünf Stichworte zusammengefaßt: „Todesmittei-
lung, Gebetsaufforderung, Totenehrung, Dämonenab-
wehr und Seelengeleit.“620

IV. Exkurs: Das Funktionsspektrum der Glocke

Die Glocke hat auch bei den Christen ein vielschichtiges


Funktionsspektrum. Die Funktionen können einzeln oder
zugleich auftreten. Ich greife lediglich die Wichtigsten
vier aus, um die oben erwählte Funktionen einordnen zu
können:
1. Der invitatorische Zweck („vivos voco“ bzw. „mor-
tuos plango“) der Glocken hatte die rein funktionelle
Aufgabe die Menschen zur Liturgie zu rufen bzw. diejeni-

616 vgl. J. QUASTEN: Musik und Gesang in den Kulten der heidnischen
und christlichen Frühzeit, 215.
617 vgl. A. FRANZ: Die Kirchlichen Benediktionen im Mittelalter II, 41.

618 vgl. O. RÜHLE: Begräbnisläuten, 997.

619 vgl. O. RÜHLE: Begräbnisläuten, 998.


620 K. STÜBER: Sterben im Mittelalter, 134f.

129
* * *

ge, die nicht dazu kommen konnten, zum Gebet zu mah-


nen.621 So taten es z.B. die Mönche in Monte Cassino.622
Die früheren ägyptischen Mönche beteten wochentags
zur Terz, Sext und Non, jeweils von Sonnenaufgang an
berechnet. Diese Stundenzählung machte ein sternkundi-
ger Mönch, der auch die Aufgabe hatte, dieses durch
Klopfzeichen auch den anderen mitzuteilen.623 Bei der
Übernahme der Glocke624 zum christlichen Brauch
knüpft die Kirche hier an.625 Die Glocke hatte aber im
Todesfall auch die Aufgabe, die Gläubigen zum Mitt-
rauern mit den Angehörigen einzuladen. „Sie rufen zum
Gebet für die soeben Verstorbenen“626. Durch ein variab-
les Totengeläut, wie daß noch heutzutage z.B. in Rumä-
nien (ich habe es selbst erlebt) in Übung ist, wird auch
der Gemeinde gemeldet, ob ein Mann, eine Frau bzw. ein
Kind gestorben ist. Dieses differenzierte Totengeläut hat
mit der „fraufeindlichen Rangordnung“627 nichts zu tun.
2. Die Signalfunktion: Dies war früher wichtig um den
Gläubigen, die ja die lateinische Sprache nicht beherrsch-

621 vgl. R. BERGER: Úr angyala, 401.


622 vgl. D. SÖVEGES: Magyarázatok Szent Benedek Regulájához, 199.
623 vgl. P. HAWEL: Das Mönchtum im Abendland, 68.
624 Es wurde allgemeine christliche Auffassung, daß die Glocke ein

Symbol der Verkündigung des Evangeliums durch die Apostel ist.


„Ja, die Glockenfreundschaft der Priester beruht auf der Wahrheit,
daß Glocken und Priester derselben Aufgabe dienen, der Welt Heil
und Versöhnung aus und in Gott mehrmals des Tages zu verkünden.“
(E. SAUSER: Priester und Glocken, 223.)
625 vgl. CHR. MAHRENHOLZ: Glocken, 1622.

626 A. HEINZ: Totengeläut, 21.


627 A. HEINZ: Totengeläut, 21.

130
* * *

ten (dies traf übrigens in bestimmten Zeiten auch auf die


Priester zu, die selbst die sakramentalen Formen durch-
einander gesprochen haben, wie z.B. „baptizo te in nomi-
ne Patri et Filiae...“ [?!]628), zu signalisieren, zu welchem
Teil der Priester eben gelangt ist. Kelche mit Glöckchen
waren im Mittelalter beliebt. 629 Es wäre m.E. kaum ver-
fehlt zu behaupten, daß sie nicht nur als Verzierung bzw.
Symbol angebracht waren, sondern sie hatten auch eine
Signal-, eine Devotionalfunktion,630 wobei aber selbst
eine apotropäische Funktion nicht völlig auszuschließen
ist,631 da es sich hier um eine Welt handelt, wo „in drasti-
scher Allgegenwärtigkeit ... der Teufel am Werk“ 632 ist,
selbst die „Lüfte sind erfüllt von der übergroßen Menge
der Dämonen, deren Sichtbarkeit Gott aber gnädigerwei-
se de Menschen entzieht.“633 Man errichtete auch aus
dem selben Grund z.B. neben der Fuldaer Michaelskir-
che, ähnlich wie bei anderen Michaels-Friedhofskirchen,
im Westen einen wehrhaften Turm, der apotropäischen
Charakter hatte.634 Im Mittelalter, wo die Menge aus
übertriebener Ehrfurcht (selbst die für das Mittelalter
typischen Meßparodien haben diesen Teil der Messe, also
den Kanon bzw. die Konsekrationsworte verschont635) die

628 vgl. CH. MOHRMANN: Szakrális nyelv és köznyelv, 265.


629 vgl. J. BRAUN: Das christliche Altargerät, 161; siehe auch die Ab-
bildungen auf Tafel 21.
630 vgl. dazu Punkt 4.
631 vgl. dazu Punkt 3.

632 A. ANGENENDT: Geschichte der Religiosität im Mittelalter, 155.

633 A. ANGENENDT: Geschichte der Religiosität im Mittelalter, 154.

634 vgl. L. PRALLE: Die Michaelskirche zu Fulda, 8.


635 vgl. H. B. MEYER: Eucharistie, 230f.

131
* * *

Augenkommunion (man darf sie aber nicht nur als Fehl-


form schlechthin abwerten, denn sie „suchte im tiefsten
die personale Kommunikation mit dem im Sakrament
nahen und ansprechbaren Christus.“636) als „Ersatz für
den sakramentalen Empfang“637 (es kam selbst anstatt
der Wegzehrung als letzter Trost vor 638) pflegte (Gründe
dafür: 1. die Massenbekehrung; 2. ein dinghaftes Denken
bei den Germanen: „Kein Wunder, wenn dann in der Eu-
charistielehre die Realpräsenz losgelöst von Anamnese
und Mahlfeier verstanden wurde ... und dafür die Vereh-
rung der Eucharistie besonders betont wurde.“ 639; 3. Die
Nachwirkung der arianischen Auseinandersetzungen: „Es
ist, als ob die Welt noch immer voll von Arianern wä-
re.“ 640 In der „Frömmigkeit wird aber Christus nahezu
ausschließlich zu deus. ... der Menschgewordene [wird]
immer mehr vom Tremendum des Göttlichen umstrahlt
und dadurch entrückt; andere ‟menschlichere‟ Mittler
treten nun an seine Stelle.“ 641 Diese Frömmigkeitshaltung
gegenüber dem mysterium tremendum ist aber viel älter,
sie kam bereits in der Mitte des 4. Jh. in Antiochien
vor642), war es von höchstem Belang (die Gläubigen soll-
ten zur Wandlung Pater noster und Credo beten643), daß

636 A. HEINZ: Schwerpunktverlagerung in der Meßfrömmigkeit, 73.


637 J. A. JUNGMANN: Christliches Beten in Wandel und Bestand, 124.
638 vgl. K. STÜBER: Sterben im Mittelalter, 98. (mit Belegen)
639 A. THALER: Gemeinde und Eucharistie, 152.
640 J. A. JUNGMANN: Christliches Beten in Wandel und Bestand, 77.

641 A. ANGENENDT: Religiosität und Theologie, 33.

642 vgl. J. QUASTEN: Mysterium Tremendum, 66-72.

643 vgl. J. A. JUNGMANN: Christliches Beten in Wandel und Bestand,

123.
132
* * *

der Augenblick der Wandlung (viele, die sich auf dem


Marktplatz aufhielten, kamen für diese wenige Minuten
in die Kirche herein, um die heilige Gestalten zu sehen,644
und viele, die bis jetzt in der Kirche waren, verließen nach
diesem Augenblick die Kirche645) in dem jetzt (Jahr 1200)
aus dem gleichen Grund auch noch die Hostie, später
auch den Kelch646 emporgehoben und die kleinen Altar-
glöckchen, (die letzterwähnte allgemein praktizierte Sitte
ist aber von dem Missale Romanum nie offiziell vorge-
schrieben worden647) eingeführt wurden,648 nicht verpaßt
wird649 (Trotz dieser evidenten Engführung darf die posi-
tive Seite dieser Entwicklung nicht unerwähnt bleiben; so
sollte einerseits die Erhebung der Hostie die Erhöhung
Jesu darstellen, andererseits hat sie dazu beigetragen,
daß das Bewußtsein von der Messe als Opfer lebendig
geblieben ist650); manche Priester haben sogar auf
Wunsch des Volkes die Elevation (schon in der karolingi-
schen Zeit galten die Einsetzungsworte als periculosa
oratio, wenn ein Priester dabei „stolperte, mußte [er] da-
für Buße tun, ja sogar Schläge hinnähmen“ 651) ausge-
dehnt bzw. zwei– oder dreimal wiederholt652 (die Domi-

644 vgl. D. SÖVEGES: Fejezetek a lelkiség történetéből, 125.


645 vgl. FRANZ: Die Messe im deutschen Mittelalter, 104.
646 vgl. A. HEINZ: Eucharistische Frömmigkeit, 1166.

647 vgl. D. SÖVEGES: Fejezetek a lelkiség történetéből, 125.


648 vgl. A. ADAM/R. BERGER: Pastoralliturgisches Handlexikon, 178.
649 vgl. A. THALER: Das Testament des Abendmahls, 49f.

650 vgl. A. HEINZ: Schwerpunktverlagerung in der Meßfrömmigkeit,

74.
651 J. A. JUNGMANN: Christliches Beten in Wandel und Bestand, 66.
652 vgl. A. FRANZ: Die Messe im deutschen Mittelalter, 104.

133
* * *

nikaner zeigen die Hostie vom Agnus Dei bis zur Kom-
munion und nach dem Prämonstratenserrituale von 1578
soll sie der Priester während des Paternosters bei den
Worten „Panem nostrum“ hochheben653). Diesem Zweck
sollten jetzt auch die durch die Bewegung des Kelches bei
der Elevation zum Klingen gebrachten Glöckchen dienen.
3. Die Glocke wird im religiösen Gebrauch zu apotropä-
isch-exorzistischen Zwecken gebraucht, beispielsweise
bei Leichenzug, Grabbeigaben, bei Krankheiten (China),
am Hals des Rindes (ursprünglich Opfertier) und am Arm
des Kindes (noch Johannes Chrysostomus [† 407] beklagt
sich, daß man den getauften kleinen Kindern Glöckchen
als Amulette an den Arm bindet654).
4. Daraus entwickelte sich das epikletische bzw. devo-
tionale Brauchtum, z.B. die Glocken der Orgel (sie gehö-
ren zu den Nebenregistern der Orgel, deren Sinn auch tief
theologisch begründet ist: die Orgel als „tönender Kos-
mos“, in dem sich Instrumente [z.B. die Glocke], Mensch
[Vox humana] und Tier [Kuckuck, Nachtigall] zum Got-
teslob vereinen,655 so wie das Ps 150 zum Ausdruck
bringt.), und das Läuten beim Sanctus.656 Die Glocke
konnte auch die Heilkräfte bestimmter Wallfahrtsorte auf
den Bereich übertragen, in dem die Glocke zu hören war,
wenn Abzeichen dieser Orte auf der Glocke angebracht
wurden.657

653 vgl. P. BROWE: Die Elevation in der Messe, 61.


654 vgl. A. SCHMIDT: Geschichte und Symbolik der Glocken, 12.
655 vgl. H. HAMM: Die Gabler-Orgel der Basilika Weingarten, 18.

656 vgl. CHR. MAHRENHOLZ: Glocken, 1622.


657 vgl. W. REINDELL: Die Glocke der Kirche, 869.

134
* * *

4.7. Die Funktion des Kreuzes


im Totenkult: Sieg über die Dämonen

Dämonenvertreibende Kraft besaß auch das Kreuzzei-


chen und zwar nicht nur bei den Christen,658 sondern
auch in vorchristlichen Kulturen; so wird das Kreuzzei-
chen z.B. in der Symbolik der afrikanischen Völker mit
den Wegkreuzungen, d. h. „mit Schnittstellen der Straßen
der Lebenden und Toten“659, in Verbindung gebracht.
Deswegen war es auch in magischen Beschwörungen zur
Abwehr von bösen Geistern sehr beliebt, da die Dämonen
unschlüssig geworden sind, welchen Weg sie einschlagen
könnten.660 Das Kreuz beschützte die Seelen selbst nach
dem Tode, deswegen war es auch in Funeralstätten an-
zutreffen.661 Das Kreuzzeichen kam bei den Christen
nicht bloß als Gebärde vor, die vermutlich nur mit einem
Finger auf den verschiedenen Körperteilen und nicht mit
der ganzen Hand verrichtet wurde;662 sondern es war
auch als Tätowierung auf der Stirn anzutreffen;663 die
Kreuzigungsdarstellung wurde sogar durch den antiken
Synkretismus selbst von zeitgenössischen Heiden, die von

658 siehe mehr dazu bei F. J. DÖLGER: Beiträge zur Geschichte des
Kreuzzeichens, 10-18.
659 H. BIEDERMANN: Knaurs Lexikon der Symbole, 249.

660 vgl. H. BIEDERMANN: Knaurs Lexikon der Symbole, 249.

661 vgl. L. VANYÓ: Az ókeresztény művészet szimbólumai, 200.

662 vgl. T. ŠPIDLÍK: Siritualitatea Răsăritului creştin II, 80.


663 vgl. J. DANIÉLOU: Simbolurile creştine primitive, 123.

135
* * *

dem neuen Christengott Hilfe erhofften, als magisches


Schutzzeichen übernommen.664 Das Kreuz wurde in
fremden Kulturen von den Christen oft als ein falscher
Hinweis auf vergessene christliche Missionare gedeu-
tet.665 Die apotropäische Funktion des Kreuzes bei den
Christen ist nicht notwendig von einem heidnischen
Brauchtum abzuleiten, da die Urkirche von Anfang an der
Überzeugung war, daß der Kreuztod Jesu ein endgültiger
Sieg über die Dämonen war.666 Die Christen glaubten
womöglich noch fester an die Existenz der Dämonen als
ihre heidnischen Mitbürger. 667 Obwohl diese apotropä-
ische Auffassung theologisch zwar grundsätzlich richtig
ist, nahm sie beim einfachen Volk abergläubische Züge
an.668 Die Gefahr eines bösen Einflusses der Dämonen
auf die Sterbenden wurde als so bedrohlich angesehen,
daß sie selbst innerhalb der Liturgie ihren Niederschlag
gefunden hatte.669
Man erwartete selbst von dem Benediktuskreuz magische
Wirkungen und es wurde in die Reihe der volkstümlichen
Amulette eingegliedert.670 Dieser Glaube ist noch bis heu-
te lebendig geblieben. 1987 schrieb P. JOHANNES PAUSCH

664 vgl. G. BAUDLER: Das Kreuz, 272f.


665 vgl. H. BIEDERMANN: Knaurs Lexikon der Symbole, 249.
666 vgl. L. VANYÓ: Az ókeresztény művészet szimbólumai, 199.

667 vgl. A. KEHL: Antike Volksfrömmigkeit und das Christentum, 336.


668 vgl. P. BERGER: Religiöses Brauchtum im Umkreis der Sterbelitur-

gie in Deutschland, 55.


669 näheres dazu bei: P. BERGER: Religiöses Brauchtum im Umkreis

der Sterbeliturgie in Deutschland, 68f.


670 vgl. H. O. MÜNSTERER: Amulettkreuze und Kreuzamulette, 176.

(mit mehreren Beispielen)


136
* * *

folgendes zum Benediktuskreuz: „Es schützt vor den Be-


drängnissen der bösen Geister und schenkt Kraft und
Stärke in Krankheit und Not. Ich habe es selbst erlebt,
daß geweihte Benediktus-Kreuze bzw. –Medaillen in gro-
ßer Gefahr Hilfe, Kraft und Schutz gegeben haben.“ 671

4.8. Die Umdeutung der Trauer


als eschatologische Hoffnung

Kennzeichen der Urgemeinde war die unmittelbare und


drängende Naherwartung der Heilsvollendung. Die Wir-
kungen der Parusieerwartung waren schon zu spüren und
sie bestimmte bereits die Gegenwart.672 Diese Vollen-
dung sollte schon die gegenwärtige Generation erleben. 673
Sie bedeutete den unerwarteten Anbruch der Geschichte
und nicht das Ende einer Entwicklung.674 Die Initiative
liegt allein bei Gott, er ist es allein, der den Termin der
Parusie bestimmt.675 Die Zeitdimensionen, in denen die
Urgemeinde dachte, waren Wochen, Monate, höchstens
einige Jahre.676 Natürlich darf man das nicht einseitig
interpretieren, denn die Urgemeinde bildete in sich keine
kompakte Einheit. Die Naherwartung gehörte aber auf

671 J. PAUSCH: Die Einheit leben, 111. (hier findet sich auch eine Ab-
bildung und der Text des Benediktuskreuzes)
672 vgl. L. SCHENKE: Die Urgemeinde, 82.

673 vgl. Mk 13,30

674 vgl. F. MUßNER: Implikate der Parusie des Herrn, 225.

675 vgl. H. GIESEN: Naherwartung im Neuen Testament?, 163.


676 vgl. L. SCHENKE: Die Urgemeinde, 83.

137
* * *

keinen Fall zu den Nebenthemen.677 „Auf der einen Seite


weiß die Urkirche um die grundsätzliche neue Situation
der Welt, die seit Jesus Christus besteht, auf der anderen
Seite ist sie sich darüber im klaren, daß die endgültige
Erneuerung der Welt noch für die Zukunft aussteht.“678

4.9. Ausdruckselemente
der eschatologischen Hoffnung

Das aussagekräftigste frühchristliche Symbol der Sehn-


sucht nach dem Adventus Domini ist der leere vorbereite-
te Thron des Allherrschers (hetoimasia), den die Mosai-
ken in Rom und Ravenna sehr häufig dargestellt haben.
4.9.1. „Schauet gegen Osten!“679

Ähnlich wie die Juden,680 die in die Richtung des Jerusa-


lemer Tempel beteten, wie die muslimische Welt, die an-

677 So aber W. SCHNEEMELCHER: Das Urchristentum, 180: Die Naher-


wartung und Parusieverzögerung sind „für die Geschichte des
Urchristentums nur Nebenthemen und können nicht als Schlüssel
für das Verständnis der geschichtlichen Entwicklung angewandt
werden.“
678 J. ZMIJEWSKI: Die Eschatologiereden des Lukas-Evangeliums, 567.

679 aus der Prefation der griechischen Markusliturgie

680 vgl. E. PETERSON: Die geschichtliche Bedeutung der jüdischen

Gebetsrichtung, 1-5.
138
* * *

fangs zum Tempelberg,681 später aber nach Mekka682 be-


tete oder wie selbst die Heiden, die mit den Handflächen
stets dem Wohnort des Gottes (Himmel, Tempel, Meer)
zugekehrt beteten,683 verrichteten die Christen ihr Gebet
in eine bestimmte Richtung, nämlich nach Osten.684 Sie
ist aber auf keinen auf der Erde fixierbaren Punkt gerich-
tet, sondern sie ist die Richtung der „aufgehenden Son-
ne“,685 bzw. des Paradieses.686 „Die Gebetsrichtung ruht
auf demselben Glauben wie das Beten an einem bestimm-
ten Orte: auf der Vorstellung von der lokalen Gebunden-
heit Gottes.“687 Dieses Gebet nach Osten und das „Kreuz
in der Orientierung des Gebetes ist also lebendiger Aus-
druck des Glaubens an die Wiederkunft Christi zum Ge-
richt.“688
Eine ähnliche Endzeiterwartung läßt sich m.E. auch bei
den Qumran-Essenern feststellen, die ja auch, wie alle
Juden, zum Jerusalemer Tempel hin beteten. „Demge-
mäß zielt die Längsachse der Versammlungshalle in
Qumran auf den Tempel, und sogar der auffällig starke
681 Wenn Muhammad betete, wandte er sich nach Jerusalem, das
damals noch das Zentrum der islamischen Verehrung war (vgl. E.
PIATTI: Die islamische Verehrung, 30.).
682 vgl. E. PETERSON: Die geschichtliche Bedeutung der jüdischen

Gebetsrichtung, 12.
683 vgl. F. HEILER: Das Gebet, 102.

684 vgl. F. J. DÖLGER: Sol Salutis, 162: „Wenn der Herr aber nach

Sonnenaufgang hin von der Erde schied, so muß er auch von Osten
wiederkommen.“
685 vgl. E. WEIGAND: Die Ostung der frühchristlichen Architektur, 371.

686 vgl. T. ŠPIDLÍK: Siritualitatea Răsăritului creştin II, 79.

687 F. HEILER: Das Gebet, 139.


688 vgl. E. PETERSON: Das Kreuz und Das Gebet nach Osten, 30.

139
* * *

Neigungswinkel ihres Fußbodens führt in seiner Verlän-


gerung genau zum 1080 Meter höher gelegenen, in der
Luftlinie nur 26 Kilometer entfernten Allerheiligsten in
Jerusalem.“689 Das konnte ja nicht dem irdischen Jerusa-
lem gelten, denn sie lehnten dessen Kult streng ab, son-
dern dem himmlischen Jerusalem, wie das nach der
Tempelzerstörung alle Juden taten.690 „Für die Essener
fanden die Ereignisse des Jahres 70 n.Chr. schon lange
vor 70 statt.“ 691 Obwohl sich nach der Zerstörung des
Tempels der Akzent vom heiligen Raum auf die heiligen
Zeiten verlagerte, ohne jedoch, daß die früheren Aspekte
aufgegeben worden wären,692 blieb der Ort der Überreste
des Tempels geheiligt, weil die göttliche Gegenwart beim
Kommen des Messias dorthin zurückkehren wird.693 Im
Judentum richtete sich nämlich, umgekehrt als bei den
Christen, der himmlische Tempel nach dem irdischen,
der himmlische Gottesdienst nach dem irdischen.694
„Aber die Ostung und alle damit zusammenhängenden
Zeichen und Riten verweisen [bei den Christen] nicht nur
in eine unbestimmte Zukunft, sondern holen vermittels
der Liturgie das künftige Geschehen in die Gegenwart

689 H. STEGEMANN: Die Essener, Qumran, Johannes der Täufer und


Jesus, 244f.
690 vgl. E. PETERSON: Die geschichtliche Bedeutung der jüdischen

Gebetsrichtung, 4.
691 J. NEUSNER: Das pharisäische und talmudische Judentum, 78. mit

Hinweis auf Prof. YIGAEL YADIN


692 vgl. J. MAIER: Geschichte der jüdischen Religion, 110.

693 vgl. L. BOUYER: Liturgie und Architektur, 26.

694 vgl. E. PETERSON: Die geschichtliche Bedeutung der jüdischen

Gebetsrichtung, 4.
140
* * *

herein.“695 Die Stadt als solche verkörperte bei zahlrei-


chen Kulturen „das Urerlebnis der Geborgenheit und der
Gemeinschaft“696. Sie wurde als heiliger Bezirk eingestuft,
ihre Mauern waren „eine magische Verteidigung, denn
sie umgrenzten inmitten eines »chaotischen«, von Dä-
monen ... bevölkerten Raumes eine Enklave, einen orga-
nistischen, »kosmisierten« Raum, also ein Gebiet mit
einem »Zentrum«.“697
Es wurden schon früh die Kirchen nach Osten ausgerich-
tet, man darf aber keineswegs vergessen, daß auch noch
im 3. Jh. die christlichen „Kulträume“ in schon bestehen-
den Gebäuden untergebracht worden waren und deswe-
gen ihre Achsenrichtung nicht frei zu wählen war. 698
Osten galt also als Ort der Wiederkunft Christi und Raum
der Zukunft. Der Westen dagegen galt, wie bei den Ägyp-
tern,699 als Ort der Toten und der Vergangenheit. Diese
Anschauung hat im Mittelalter auch die Reihenfolge der
Aufstellung von Altären in den Klosterkirchen beeinflußt.
Jeder Altar stand zu einem Geschehen der Heilsgeschich-
te wie z.B. Ostern, Pfingsten, Weihnachten in engster Be-
ziehung, er bildete „gewissermaßen den Mikrokosmos
einer »heiligen Landschaft«“700, an dem die Mönche im
Laufe des Jahres das jeweilige Festgeheimnis durch sym-
bolische Zeremonien kultisch nachvollzogen und verge-

695 E. KELLER: Eucharistie und Parusie, 147.


696 J. RATZINGER: Dogma und Verkündigung, 306.
697 M. ELIADE: Die Religionen und das Heilige, 427.

698 vgl. E. WEIGAND: Die Ostung der frühchristlichen Architektur,

373.
699 vgl. K. KOCH: Geschichte der ägyptischen Religion, 78.
700 P. HAWEL: Zwischen Wüste und Welt, 157.

141
* * *

genwärtigt haben. „Denn »lesen« wir die Kirche mit ih-


ren Altären und Bilder von West nach Ost, dann stellt
sich vor unseren Augen die Heilsgeschichte in zeitlicher
Folge von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft dar.“ 701
Diese „Anhäufung“ von Altären ist für uns von besonde-
rem Belang, da gemäß der Auffassung „kein Altar ohne
Reliquien“702, jeder Altar seine eigene Reliquie erhalten
hat. „Jeder Altar ist [aber am Anfang der Entwicklung]
Abbreviatur eines selbständigen Heiligtums und wahrt
somit das ursprüngliche Verständnis der Einzigkeit des
Altars.“703 Dies geschah aber nicht ohne Systematik. Die
„Altäre auf Erden sollten .. zur Hierarchie des Himmels in
Entsprechung stehen.“704 Mir scheint hier eine gleichzei-
tige, bewußte Kombination einerseits zwischen Himmel
und Erde, andererseits aber zwischen dem historischen
Ereignissorte des Lebens Jesu und der jeweiligen Klos-
terkirche. Hier bricht in die irdische Liturgie nicht nur
das Himmlische ein, sondern es wird selbst mit dem his-
torischen Ort des jeweiligen Heilsgeschehens eine enge,
ja lebendige Beziehung geschaffen.

4.9.2. „Maranatha“

Die Eucharistiefeier ist ebenfalls von eschatologischen


Elementen durchdrungen. Hier sei nur das wichtigste

701 P. HAWEL: Zwischen Wüste und Welt, 157f.


702 A. ANGENENDT: Heilige und Reliquien, 169.
703 A. A. HÄUSSLING: Mönchskonvent und Eucharistiefeier, 223.
704 A. ANGENENDT: Heilige und Reliquien, 170.

142
* * *

Element erwähnt, das aramäische Wort „Maranatha“,


woran sich auch die gesamte Parusietheologie des
Urchristentums ablesen läßt. Dieser Ruf kommt in ältes-
ter Zeit nur im Zusammenhang mit der Eucharistie vor.
Im dem Sinne können wir von einem Eucharistiegebet
sprechen. Dieses Wort kann man indikativisch über-
setzen, so heißt es: „Unser Herr ist gekommen“, also jetzt
ist er da, gegenwärtig mitten unter uns; oder imperati-
visch-deprekativ: „Unser Herr, komm!“ Dieser futuri-
sche Bittruf läßt sich im Zusammenhang mit der Eucha-
ristie auf zweierlei Weise interpretieren:705

1. „Herr, komm zu Deiner Paru-


sie, und komm schon jetzt, wäh-
rend wir zum Mahl versammelt
sind!“

2. „Herr, der Du schon hier bei


unserem Mahl bist, komm zu
Deiner Parusie!“

„Man geht wohl nicht fehl mit der Annahme, die älteste
Gemeinde habe diese Doppelbedeutung bewußt gewollt
und in ihrem Abendmahlsglauben dienstbar gemacht.“ 706
In dieser Doppelbedeutung enthält das Wort die ganze
eschatologische Spannung von schon und noch nicht.
„Dieses Beten ist immer präsentisch und futurisch zu-
gleich. Es ist freudige Ankündigung dessen, daß der Herr

705 vgl. E. KELLER: Eucharistie und Parusie, 67.


706 J. BETZ: Die Eucharistie in der Didache, 35.
143
* * *

da ist, und zugleich Ruf an den gegenwärtigen Herrn, daß


er komme, weil er als der Gegenwärtige dennoch der
Kommende bleibt.“707 In der Didache scheint z.B. auch
der Ruf „Wer [wörtlich: „Wenn“] heilig ist, der soll her-
kommen!/Wer [wörtlich: „Wenn“] es nicht ist, soll Buße
tun!“708, wenn auch nicht ganz unproblematisch,709 eher
als eine eschatologische Warnung zu verstehen sein.710

707 J. RATZINGER: Eschatologie – Tod und ewiges Leben, 21.


708 Didache 10, 6b
709 Eine andere Deutungsmöglichkeit wäre, wenn man diesen Ruf als

eine Einladung zum Herrenmahl (vgl. A. THALER: Gemeinde und


Eucharistie, 91.) verstehen würde. Dagegen wurde eingewandt, daß
die Frühkirche keinen Kommuniongang kannte. Dieses Argument
verliert aber an Bedeutung, wenn diese Akklamation in weiterem
Sinne verstanden wird (vgl. K. NIEDERWIMMER: Die Didache, 203.)
710 vgl. L. VANYÓ: Az ókeresztény egyház irodalma I, 95. VANYÓ argu-

mentiert vom Kontext her. Dieser Ruf wird seiner Meinung nach,
nach der heiligen Kommunion gesprochen. Die Schwachstelle seiner
Argumentation ist, wenn an der Stelle der von ihm angenommenen
Kommunion eine Agape bzw. eine Sättigungsmahl steht, woran sich
die eigentliche Euchristiefeier anschließt. So wäre diese Aussage als
ein Übergangsformular zu deuten (vgl. G. SCHÖLLINDEN: Zwölf-
Apostel-Lehre, 52f.). Es ist weiterhin bis heute umstritten, ob die
„Eucharistie“ in der Didache einen sakramentalen Charakter hat oder
bloß ein „verchristlichtes, jüdisches Mahl“ (K. WENGST: Didache, 56.)
ist. Besonders das Fehlen des Einsetzungsberichtes hat den Wissen-
schaftlern Schwierigkeiten bereitet, die auf diese Frage auf unter-
schiedliche Weise zu antworten versuchten. Dies wurde z.B. mit dem
Bestreben „die Abendmahlsworte vor Profanierung und Mißdeutung
zu schützen“ (J. JERMIAS: Die Abenmahlsworte Jesu, 126.) erklärt.
Wenn aber diese Annahme zuträfe, wäre es schwer zu verstehen,
wieso dann Justin in einer sich ausdrücklich nach außen gerichteten
Schrift die Abendsmahlworte „publiziert“. M. E. läßt sich „diese Lü-
144
* * *

Der gottesdienstliche Ruf nach dem Herrn ist nicht nur


allein auf die Heilsvollendung zu beziehen,711 sondern es
geht hier auch um das „Jetzt“. Beide Aspekte sind genau-
so wichtig und für das Zeit- bzw. Selbstverständnis der
Urgemeinde konstitutiv.
Auch in der gottesdienstlichen Versammlung der Urge-
meinde ist „ein Stück“ himmlische Liturgie, die in das
„Jetzt“ der irdischen Zeitdimension eingebrochen ist.
Ebenso wird in den in der Apk verwendeten eschatologi-
schen Visionen-Bildern offensichtlich, daß „eine Entspre-
chung und Verwandtschaft zwischen dem Gottesdienst
der christlichen Kirche auf der Erde und dem eschatolo-
gischen Gotteslob der Endzeit besteht.“ 712 Die grandiose
himmlische Liturgie beschreibt der Verfasser der Apoka-
lypse, dem aber verständlicherweise der einfache Haus-
gottesdienst nicht als Vorbild dienen konnte. Deshalb
griff er zum Bild des Synagogengottesdienstes und des
heidnischen Basilikenzeremoniells.713

cke“ auf einer ganz anderen Ebene beantworten und zwar mit dem
damaligen Verständnis vom Herrenmahl. Damals ging es um die
Erfüllung des Auftrags Jesu und das geschah schon, indem sich die
Gemeinde versammelte; die Zitation der Einsetzungsworte war eine,
aber nicht die einzigste Möglichkeit. Deswegen darf der Einsetzungs-
bericht nicht alleine als Kriterium für eine sakramentale Eucharistie-
feier angesehen werden. Dies wäre ja anachronisch, weil eine spätere
Praxis, die sich im Laufe der ersten vier Jh. durchgesetzt hatte (nähe-
res zur Frage des Einsetzungberichtes siehe bei: H. B. MEYER: Eucha-
ristie, 99f.), auf eine frühere Zeit übertragen wird.
711 vgl. H. GIESEN: Naherwartung im Neuen Testament?, 163.

712 H.-J. DEGENHARDT: Irdische und himmlische Liturgie, 85.

713 vgl. B. LANG: Das biblische Jenseits in neuer Sicht, 8; M. KUNZLER:

Die Liturgie der Kirche, 46.


145
* * *

In dem byzantinischen Kirchenraum spiegelt die ganze


Architektur die Verbindung des Himmels mit der Erde;
vor allem aber die Kuppel, die „den Himmel und den
Einbruch des göttlichen Lichts“714 symbolisiert.

4.9.3. Übertragung auf die Trauerriten

Die Feier der Eucharistie war das Zentrum des Christ-


seins und deswegen mußte alles andere von diesem Fo-
kuspunkt her interpretiert bzw. abgeleitet werden. Dies
geschah selbstverständlich auch hinsichtlich der konven-
tionellen Trauerriten. Die eben oben skizzierte „Doppel-
dimension“ des Glaubens hat auch die Auffassung über
Leben und Tod und damit auch den Umgang mit den To-
ten bestimmt. Dies scheint mir der Schlüssel zum Ver-
ständnis des urchristlichen Umgangs mit den Toten zu
sein.
Diese tiefe theologische Anschauung der Christen wurde
auch in die Praxis umgesetzt. So haben die Christen die
Sterbenden in ihrer Todesstunde nach Osten beten las-
sen, indem sie ihnen das Bett mit dem Fußende in die
östliche Richtung stellten.715 Es wurden auch die Toten
nach Osten beerdigt. Diese Sitte wollte man sogar damit
begründen, daß selbst Christus in seinem Grab mit dem
Gesicht nach Osten schaute.716 Hier haben wir es wiede-

714 P. WIERTZ: Der orthodoxe Gottesdienst, 122.


715 vgl. F. J. DÖLGER: Sol Salutis, 195.
716 näheres dazu bei: F. J. DÖLGER: Sol Salutis, 204-207.

146
* * *

rum mit einem übernommenen jüdischen Brauch zu tun,


der aber im Licht der eschatologischen Hoffnung umge-
deutet wurde.
Später in der Karolingerzeit tritt an die Stelle der sehn-
süchtigen Erwartung der Parusie, das furchterregende
Bild Jesu als Richter.717 Denken wir nur an die Sequenz
Dies irae. O. CASEL schreibt folgendes dazu: „Welch ein
Gegensatz, wenn wir an die altchristliche frohe Erwar-
tung der Parusie des Herrn denken ... Weit entfernt sind
wir von dem Jubel, der aus Pauli Worten spricht: ‟Wo ist,
Tod, der Stachel?‟ Hier spürt man wieder den Stachel des
Sterbens und Verzichtens, die Schrecken des Untergangs,
und ruft um Rettung aus der Vernichtung aller weltlichen
Pracht.“718

4.10. Totenklage im Urchristentum

Aus diesem eschatologischen Aspekt muß auch die To-


tenklage betrachtet werden. Die konventionelle Trauer
mußte deswegen aus der eschatologischen Erwartung her
umgedeutet und inhaltlich anders gefüllt werden.719 Das
„Weinen“ erhielt im Neuen Testament eine tiefere, theo-
logische Bedeutung, es wird „Ausdruck der Gewißheit, ...
nicht autonom, sondern auf Gedeih und Verderb von Gott

717 vgl. D. SÖVEGES: Fejezetek a lelkiség történetéből, 55.


718 O. CASEL: Altchristliches in der Totenliturgie, 20.
719 vgl. K. LÖNING: Konfrontationen mit der Gewalt des Todes, 159ff.

147
* * *

abhängig zu sein.“720 In der Bergpredigt werden die selig-


gepriesen, die „weinen“721 bzw. die “trauern“722. Hier ist
aber nicht die menschliche Trauer gemeint. Die Trauer ist
eschatologisch zu verstehen, sie ist gleich dem Leid der
Gegenwart; hier „trauern“ bzw. „weinen“ also diejenigen,
die sich nach dem Reich Gottes sehnen.723 Es ist schon
jetzt sehr wichtig festzuhalten, daß in der christlichen
Trauer beide obenerwähnten Dimensionen des Glaubens
eine Rolle gespielt haben. Jeder einseitige wie z.B. nur auf
den Eschaton ausgerichtete Deutungsversuch, wäre m.E.
abwegig. „Diese Sicht des Todes ist nicht nur fromme Zu-
kunftserwartung, sondern ist Kraft für ein aus der Hoff-
nung gestaltetes Leben hier und jetzt. In dieser Sicht des
Glaubens wird das Leid des Menschen tragbares Leid,
wird ihre Trauer getröstete Trauer.“724
Schon aus diesem Kontext geht es ganz deutlich hervor,
daß R. KACZYNSKI unrecht hat, wenn er meint, daß Jesus
sich „nach der Bestattung des Lazarus auch ... [der To-
tenklage] anschloß, indem er weinte (Joh 11,35).“ 725 Ge-
gen diese Aussage spricht auch das an dieser Stelle ver-
wendete griechische Verbum δακρσω, das „Ausdruck des
stillen, sanften Schmerzes“726 ist und auf keinen Fall die
Totenklage meint.

720 Κ. Η. RENGSTORF: κλαιω, 722.


721 vgl. Lk 6,21
722 vgl. Mt 5,4
723 Diesen Hinweis verdanke ich Prof. Dr. theol. habil. J. ZMIJEWSKI

724 Bisher unveröffentlichter Vortrag von Prof. Dr. WERNER KATHREIN

725 R. KACZYNSKI: Die Sterbe- und Begräbnisliturgie, 203.

726 F. RIENECKER: Sprachlicher Schlüssel zum Griechischen Neuen

Testament, 226.
148
* * *

Auch Apg 8,2 ist mit Vorsicht zu genießen, da einerseits


die „frommen Männer“, die „eine große Totenklage“, d.h.
„eine öffentliche Trauerfeier“727, für Stephanus hielten,
„in jetzigem Zusammenhang nur Juden“728 und keine
Christen729 sein können, andererseits wird diese Perikope
„deutlich in Beziehung gesetzt zur Passion Jesu“730 und
dementsprechend soll die hier erwähnte Totenklage den
gleichen Charakter haben wie dies in der Schilderung der
Jesu-Passion in Lk 23,27 der Fall ist, wo nämlich gesagt
wird, daß Jesu eine große Menge folgte, „darunter auch
Frauen, die um ihn klagten und weinten.“ Mit dieser öf-
fentlichen Klage will aber der Evangelist ein Zweifaches
ausdrücken:

1. Die Frauen protestieren mit ihrer Klage ge-


gen die Verurteilung Jesu bzw. legen ein Be-
kenntnis ab, daß Jesus kein Verbrecher war. 731

2. Sie bekunden auch bewußt oder unbewußt,


daß Jesus doch der König und Herr ihres Vol-
kes ist.732

727 G. STÄHLIN: κοπετος, 846 mit Belegen; vgl. J. ZMIJEWSKI: Apostel-


geschichte, 341.
728 J. ZMIJEWSKI: Apostelgeschichte, 341.
729 vgl. V. 1b

730 J. ZMIJEWSKI: Apostelgeschichte, 340.

731 vgl. P. HEINISCH: Die Totenklage im Alten Testament, 82.; G.

STÄHLIN: κοπετος, 845.


732 vgl. J. ERNST: Das Evangelium nach Lukas, 482.

149
* * *

Damit soll aber keineswegs gesagt werden, daß bei den


Christen die Totenklage im konventionell-jüdisch-
heidnischen Sinn nicht mehr vorkam. In der Volksfröm-
migkeit lebte sie natürlich, wie andere heidnisch-
magische Elemente, weiterhin fort. 733 Es wird z.B. in ei-
nem zum großen Teil in irischer Sprache verfaßten, aus
dem 8. Jh. stammenden Pönitentiale, das uns einen gu-
ten Einblick in die irische Gesellschaft jener Zeit liefert,
die Totenklage ausdrücklich verboten.734 Ein weiteres
Zeugnis einer lebendigen Totenklage bieten uns z.B. die
Miniaturen des aus dem 11. Jh. stammenden Sakramen-
tals des Bischofs Warmundus, wo eines der Klageweiber
zu sehen ist, die sich auf den Brust schlägt, die Haare
rafft usw.735 Noch lange mußten Priester, Bischöfe und
Synoden dagegen kämpfen. Im Begräbnis der Byzantiner
haben sich bis heute zahlreiche antik-heidnische Bräuche
erhalten.736
Für die ersten drei Jahrhunderte läßt sich die Psalmodie
bei der christlichen Begräbnisfeier nicht nachweisen;
vermutlich haben aber wohl die Christen – so R.
KACZYNSKI – die Totenklage schon früher durch eigene
Hymnen ersetzt; später aber, als diese durch die Häreti-
ker mißbraucht wurden und demzufolge außer Übung

733 vgl. dazu: A. KEHL: Antike Volksfrömmigkeit und das Christen-


tum, 314-343.
734 vgl. M. RICHTER: Irland im Mittelalter, 69.

735 siehe die Beschreibung und die Illustrationen dazu bei J.-C.

SCHMITT: Raţiunea Gesturilor în Occidentul medieval, 268-280.


736 vgl. B. SINOGOWITZ: Begräbnis, 117.

150
* * *

kam, begannen sie Psalmen zu singen.737 Sie wurden zu


einem „typisch christlichen Element der Bestattung.“738
In Mk 15, 20b-38 wird „in der Sprache der Klagepsalmen
... der Tod Jesu dargestellt und darin die Betroffenheit
des ‟Autors‟ manifestiert.“739 Bei Johannes Chrysostomus,
der die menschliche Trauer unterdrücken will, 740 war
aber dies schon ganz anders, denn er meinte: „Die Psal-
men sind ein Symbol der inneren Freude“741 und wenn
man beim Psalmensingen weinte, war das eigentlich
Theater und Heuchelei.

737 vgl. R. KACZYNSKI: Die Psalmodie bei der Begräbnisfeier, 803f.


738 R. KACZYNSKI: Die Psalmodie bei der Begräbnisfeier, 796.
739 vgl. K. LÖNING: Konfrontationen mit der Gewalt des Todes, 166.

740 vgl. R. KACZYNSKI: Die Psalmodie bei der Begräbnisfeier, 802.


741 Hom. de Ss. mert. Bernicae, Prosdocae et Domnina 3 (PG 50, 634)

151
* * *

5. Zusammenfassung

Nach einer Analyse mit facettenreichen Teilaspekten fällt


eine einfache Zusammenfassung schwer. Dennoch sollen
die Leser nicht mit der Synthese der Einzelergebnisse
völlig allein gelassen werden. Der Schlußteil gliedert sich,
wie die Arbeit selbst, in vier Punkten, um einen besseren
Überblick zu vermitteln.
Hier kann keine bloß thesenartige Aneinanderreihung
der Analysenergebnisse das Ziel sein. Der Nutzen eines
solchen Unterfangens wäre gering. Vielmehr soll dafür
auf die Arbeit selbst zurückgewiesen werden. Es kann
aber ebenfalls nicht darum gehen, jetzt am Ende der Ar-
beit zu einem großen Wurf auszuholen und die erarbeite-
ten Bausteine zu einem lückenlosen Mosaikbild des To-
tenkultes zusammenzufügen. Dies würde sowohl am An-
satzpunkt als auch an der Zielformulierung der Arbeit
vorbeigehen. Es war nicht das Ziel, eine weitere Abhand-
lung zum Thema „Totenkult“ zu erarbeiten, sondern das
Thema des Totenkults vom Aspekt der „Übernahme“ jü-
discher und heidnischer Trauergebräuche in die römisch-
christliche Sterbe- und Begräbnisliturgie her zu reflektie-
ren.
Im ersten Teil habe ich in einem allgemein-
religionsphänomenologischen Abriß die verschiedenen
Bestattungsformen analysiert. Diese zusammenfassende
Darstellung schien mir am Anfang der Studie von höch-
stem Belang zu sein, um das Christentum in den passen-
den Kontext richtig einordnen zu können.

152
* * *

Der zweite Teil der Untersuchung befaßt sich mit der Be-
stattung in Israel. Zusammenfassend ist folgendes fest-
zustellen: Die offizielle Erklärung der Jahwe-Religion ist
eindeutig: Der kultische Ausschließlichkeitswille Jahwes
duldet neben sich keine andere Toten-Gottheit. Er ist ein
lebendiger Gott und kein Gott der Toten. Wer mit dem
Totenkult in Berührung kam, war für Jahwe unrein bzw.
kultunfähig. Es wurde dieser Bereich durch Verbote ta-
buisiert. So wird es nicht überraschend sein, daß keiner
der Trauerriten mit Jahwe in Verbindung gebracht wur-
de.
In der Volksfrömmigkeit sah aber alles anders aus. Hier
haben wir mit einem tiefverwurzelten Aschera-Kult oder
mindestens mit einer gewissen Aschera-Frömmigkeit zu
rechnen. Fruchtbarkeits- und Totenkult sind eng mitei-
nander verbunden. Auch die Klagefrauen mit entblößten
Brüsten könnten vielleicht mit der Fruchtbarkeitsvorstel-
lung in Verbindung gebracht werden. So ist es leicht zu
verstehen, daß jede Berührung mit ihnen als Abfall von
Jahwe bzw. als Mißachtung des Ausschließlichkeitsans-
pruchs Jahwes galt.
Im alttestamentlichen Israel ist das Erdbegräbnis die Re-
gelbestattung, weil es, gemäß der weltweit und in ver-
schiedenen Kulturen verbreiteten Mutter-Erde-
Vorstellung, als Rückkehr des Menschen in den Mutter-
schoß verstanden wurde. Diese Auffassung hat ihren Nie-
derschlag auch in den biblischen Texten gefunden. Auch
wenn die Klagefrauen während der Totenklage auf dem
Boden saßen, könnte das auf die Kontaktaufnahme mit
der Erde hindeuten.

153
* * *

Im dritten Teil wurde versucht, kurz und knapp den Um-


gang mit den Toten bei den Römern darzustellen. In die-
sem Zusammenhang sind drei wichtige Punkte festzuhal-
ten: 1. Die Römer kannten auch die Angst vor der Verun-
reinigung durch die Toten.
2. Der Leichenzug wurde von keinem Priester begleitet;
das gehörte nicht zu seinen Aufgaben.
3. Bei den Römern herrschte die Auffassung, daß das Blut
den Verstorbenen neue Lebenskraft zu schenken ver-
mochte.
Der vierte Teil der Arbeit beschäftigte sich schließlich mit
der christlichen Bestattung. Es sind einige Elemente auf-
gezeichnet worden, die das Christentum von den Heiden
bzw. Juden übernommen hat. Die Bestattung bei den
Christen war eine der Aufgaben des Diakons, wenngleich
sie nicht eine gottesdienstliche Form hatte. Es ging hier-
bei nur um ein Werk der Barmherzigkeit. Die Christen
folgten den Begräbnissitten ihrer Länder. Inwieweit die
christliche Heiligenverehrung mit dem heidnischen He-
roenkult zusammenhängt ist umstritten. Sie läßt sich
aber auf keinen Fall ohne weiteres aus dem heidnischen
Heroenkult ableiten. Dabei wurden einzelne Unterschie-
de in vier Punkten aufgelistet. Einzelne Formen wurden
von den Christen übernommen, so z.B. die Inkubation,
die ich in diesem Kapitel ausführlich behandelt und auf
deren relevante Unterschiede ich hingewiesen habe.
Die literarischen Quellen der ersten drei Jahrhunderte
kennen weder ein kirchliches Begräbnisritual noch er-
wähnen sie irgendeinen Kleriker, der der Beerdigung im
Sinne einer liturgischen Feier vorsteht. Diese Tatsache
läßt sich bei den Christen mit der Auffassung von der Un-
154
* * *

reinheit der Toten, wie dies bei den Juden bzw. den Hei-
den bekannt war, nicht erklären. Der Grund muß tiefer
liegen. Jesus wurde nach der jüdischen Begräbnissitte
bestattet. Das Verhalten der Christen war geprägt von der
Imitatio Christi, die eben unter vielen anderen Punkten
die Teilnahme eines Priesters nicht vorsah.
Kennzeichen der Urgemeinde war der unmittelbare Ein-
bruch der Parusie. Die konventionelle Trauer mußte von
der eschatologischen Erwartung her umgedeutet und in-
haltlich anders gefüllt werden. Die Gebete der Christen
waren aber nicht nur allein auf die Heilsvollendung bezo-
gen, sondern auch auf das „Jetzt“. Beide Dimensionen des
Glaubens spielten eine wichtige Rolle. Damit soll aber auf
keinen Fall behauptet werden, daß bei den Christen die
konventionell-jüdisch-heidnischen Trauerformen, wie
z.B. die Totenklage, nicht vorkamen. Sie lebten natürlich
in der Volksfrömmigkeit weiter.

155
* * *

6. Literaturverzeichnis

Adam, A./Berger, R.: Pastoralliturgisches Handlexikon, Freiburg


1986.
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