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Inland Gesellschaft Studie der Kultusministerk

Studie der Kultusministerkonferenz

Das Fach Deutsch hat ein


Problem
Stand: 13.10.2023 20∶04 Uhr

Noch nie waren Neuntklässler so schlecht


im Fach Deutsch wie jetzt. Das zeigt eine
Studie der Kultusministerkonferenz. Die
Experten haben einen Verdacht.

Von Andre Kartschall, rbb

Die 383. Sitzung der Kultusminister ist eine


ganz besondere. Natürlich geht es - wie
sonst auch - darum, wie der Lehrerberuf
attraktiver gemacht werden kann, welche
Zusatzangebote für Bildung es geben sollte
und was aktuell sonst noch gerade ansteht.

Nach einer knappen halben Stunde ist das


Tagesgeschäft in der Pressekonferenz
allerdings erledigt. Dann ergreift Petra
Stanat, Chefin des IQB (Institut zur
Qualitätsentwicklung im Bildungswesen)
das Wort. Sie trägt die Ergebnisse einer
Studie vor, den Bildungstrend 2022. Erfasst
wurde das Leistungsvermögen von
Neuntklässlern in den Fächern Deutsch,
Englisch und Französisch.

13.10.2023
IQB-Bildungstrend 2022
Schlecht in Deutsch -
gut in Englisch

Kompetenzrückgang im Fach
Deutsch
Es sind die Ergebnisse für die
Deutschkenntnisse , die für Aufregung
sorgen. 2022 erreichten demnach 33
Prozent der Schülerschaft die
Mindeststandards für den Mittleren
Schulabschluss nicht, wenn es um die
Kompetenz in der Kategorie "Lesen" ging.
2015, bei der letzten Erhebung, waren es
nur 24 Prozent.

34 Prozent erreichen den Standard "Lesen"


nicht (2015: 18 Prozent). 22 Prozent
scheitern in Sachen "Orthografie" (2015: 13
Prozent). Die Studienmacher konstatieren
trocken: "Dies sind statistisch signifikante
und im Umfang erhebliche
Kompetenzrückgänge im Fach Deutsch."

Das Fach Deutsch - die Grundlage allen


Unterrichts - hat ein Problem. Und damit
auch die Kultusministerkonferenz. Denn die
Untersuchung ergibt auch: Ihr Interesse am
Fach geben nur 18 Prozent der
Schülerschaft mit "hoch" an ("niedrig": 44
Prozent). Studienmacherin Stanat: "Es hat
mich überrascht, wie stark die negativen
Entwicklungen im Fach Deutsch sind."

30.08.2023
Umfrage des ifo-
Bildungsbarometers
Bürger bemängeln
nachlassende Qualität
 der Schulen

Kaum Deutsch
Die Untersuchung zeigt auch, dass sich
bereits zuvor bekannte Zusammenhänge
bestätigen. Bildungsferne Elternhäuser und
Familien, in denen wenig Deutsch
gesprochen wird, sind der größte Nachteil
für Kinder. Ermittelt wurde etwa, ob mehr
oder weniger als 100 Bücher im elterlichen
Haushalt vorhanden sind - ein Indikator für
Bildungsferne oder -nähe. Auch wurde
gefragt, wie häufig zu Hause im Deutsch
gesprochen wird. Das Ergebnis bestätigt
wieder einmal, was bekannt war: mehr
Bücher - bessere Schulleistungen. Und je
weniger Deutsch - desto schlechtere
Bildungschancen.

Zwar ist der Anteil von bildungsfernen


Elternhäusern und solchen mit
Migrationshintergrund seit 2015 deutlich
gestiegen - dieser Zuwachs allein kann aber
den Verfall der Deutsch-Leistungen in dem
gemessenen Ausmaß nicht erklären. Das
haben die Forscher überprüft - mit Hilfe von
Kontrollrechnungen, in denen die 2022
gemessenen Werte vergleichbar mit denen
von 2015 gemacht wurden. Was also ist
sonst noch passiert in diesem Zeitraum?

2 Min

IQB-Bildungsstudie zeigt Leistungseinbruch im


Schulfach Deutsch
Tom Garus, RBB, tagesschau, 13.10.2023 20∶00 Uhr

Ursachenforschung: Corona-
Maßnahmen als Ursache?
Sowohl die Studienmacher als auch die
Kultusminister haben einen Verdacht: die
Schulschließungen während der Corona-
Maßnahmen. Die Studiendaten selbst sind
zwar nicht geeignet, die Ursache
zweifelsfrei zu klären. Dennoch sagt IQB-
Chefin Stanat: "Wir glauben, dass die
pandemiebedingten Einschränkungen im
Schulbetrieb eine Rolle gespielt haben."

Denn auffällig sei, dass sich die Ergebnisse


in allen Bundesländern negativ entwickelt
hätten. Also auch in jenen Bundesländern,
in denen der Migrantenanteil weniger stark
angestiegen ist als in anderen. Dies deute
auf einen anderen, flächendeckenden, alles
überlagernden Effekt hin: mutmaßlich eben
die Schulschließungen in der Coronazeit. "Es
spricht alles dafür, dass diese
Einschränkungen eine Rolle gespielt haben",
so Stanat.

16.05.2023
IGLU-Studie 2021
Jeder vierte
Viertklässler kann nicht
richtig lesen

Leistungseinbrüche im Bereich
Zuhören
Hessens Kultusminister Ralph Alexander
Lorz (CDU), hat den Verdacht ebenfalls - und
zitiert sich kurzerhand selbst. Er habe schon
vor Längerem gewarnt: "Wahrscheinlich
brauchen wir fünf Jahre, um die fünf
Monate Schulschließungen aufzuholen.
Und ich fürchte, das ist Teil des Effekts
gewesen."

Die Studienmacher weisen darauf hin, dass


die Leistungseinbrüche besonders stark den
Bereich "Zuhören" betreffen - also jene
Fähigkeiten, die besonders darunter leiden
dürften, wenn der Präsenzunterricht
ausfällt. "Lesen" und "Orthografie" seien
etwas weniger stark betroffen. Diese
könnten im Fernunterricht zu Hause ja auch
eher geübt werden als Hören und Sprechen.

In den Zahlenkolonnen der Studie findet


sich noch ein weiterer, zunächst paradox
anmutender Hinweis darauf, dass die
Corona-Schulschließungen den
Ausschlag für den heftigen Leistungsabfall
im Fach Deutsch gegeben haben: Die
Leistungen im Fach "Englisch" haben sich im
selben Zeitraum nämlich verbessert.

Besser Englisch durch Netflix & Co.?


Was auf den ersten Blick unlogisch
erscheinen mag, liefert laut den Forschern
einen möglicherweise entscheidenden
Hinweis darauf, was in der Corona-Zeit
passiert ist. Anstatt sich auf Deutsch zu
unterhalten - und damit ihr
Sprachvermögen zu schulen - hätten sich
viele Schüler offenbar anders die Zeit
vertrieben: und zwar auf Englisch.

"Wir glauben, dass die Pandemie hier


möglicherweise sogar positiv gewirkt hat",
sagt Stanat. Schülerinnen und Schüler seien
in dieser Zeit sehr viel im Internet
unterwegs gewesen. "Oder sie haben
Netflix geschaut - und das häufig eben auf
Englisch."

Sollten tatsächlich die Unterrichtsausfälle


die Hauptursache für den Leistungsabfall
gewesen sein, dürfte sich in den
Schreckensmeldungen eine gute Botschaft
verstecken - allerdings vor allem für
zukünftige Schüler. Denn die Zeit der
Schulschließungen ist ja vorbei. Ein
weiterer, noch tiefer führender Absturz der
Deutsch-Leistungen scheint daher für die
Zukunft nicht zu erwarten. Zumindest nicht
aus diesem Grund.

Kultusminister Bildung

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