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GEDICHTE MIT GPS

Berlin

Berlin! Berlin! du großes Jammertal,


Bei dir ist nichts zu finden als lauter Angst und QuaL
Der Offizier ist hitzig, der Zorn und der ist groß:
Miserabel ist das Leben, das man erfahren muß.

Und wenns dann Sommer ist,


So ist eine große Hitz;
So müssen wir exerzieren,
Daß uns der Buckel schwitzt.

Komm ich auf Wachtparad


Und tu ein falschen Schritt.
So ruft der Adjutant:
»Den Kerl dort aus dem Glied!

Die Tasche herunter,


Den Säbel abgelegt,
Und tapfer drauf geschlagen.
Daß er sich nicht mehr regt!«

Und wenns dann Friede ist,


Die Kräfte sind dahin;
Die Gesundheit ist verloren,
Wo sollen wir denn nun hin?

Alsdann so wird es heißen:


Ein Vogel und kein Nest.
Nun, Bruder, häng den Schnappsack an,
Du bist Soldat gewest.

Dieses Volklied, welches, wie die Prügel-Erwähnung andeutet, aus früheren Zeiten herstammt,
ist im Hannövrischenaus dem Munde des Volkes aufgeschrieben worden.

Heinrich Heine
Nur eine Bettlerin in Berlin

Es war die Frau am Straßenrand,


die mich mit ihrem Blick gebannt.
Er war so leer, wie ausgebrannt.
Er war wie tot in dem Gesicht.
Ich sah sie wohl, sie sah mich nicht…
Der Asphalt glänzt im Abendlicht.

Schien es mir nicht - ganz ohne Frag -


die hätt´ geseh´n schon bess´ren Tag?
Ich rang mit mir, ob ich es wag,
sie anzusprechen auf das Leben,
was vom Schicksal ihr gegeben,
in der Torfahrt Schleim zu kleben.

Das Haar so stumpf; der Regen rinnt


vom Zettel, vor die Brust gepinnt,
und darauf steht: Seht, ich bin blind!
Ich tret zu ihr, die ohne Glanz,
so alt und wie in letzter Trance
sich doch erhofft noch mal `ne Chance.

Ich will ihr ihre Würde lassen,


und beuge mich, die Hand zu fassen.
„Mütterchen, ihr sitzt im Nassen!?“
Welch Schein - auf dem Gesicht erglommen:
„Kind, mein Kind, du bist gekommen!
Hab es nie für wahr genommen,

wenn ich geneckt wurd von den Leuten,


dass sie gehört sehr oft schon läuten,
dass du es warst, die mit den Beuten
ist enteilt, um dann vermessen
die eig´ne Mutter zu vergessen,
die bettelnd hier schon oft gesessen.

Ich seh dich jetzt zwar nur verschwommen.


Doch endlich bist du ja gekommen,
und werd von dir gleich mitgenommen.“
Ich seh der Frau in das Gesicht,
auf das scheint voll Laternenlicht.
Erkenn ich´s auch? Erkenn ich´s nicht?

Da steh ich nun, bin plötzlich Kind.


War lange Zeit ich selbst nicht blind?
Bis ich nun hier die Mutter find,
die man zur Bettlerin gemacht -
und niemals mehr an sie gedacht.
Wie gut, es ist noch nicht ganz Nacht…

Der böse Tag, er ist vorbei!


Gib mir die Hand. Lass gehn uns zwei…
Mir ist das Herz plötzlich so frei!

© Tilly Boesche-Zacharow, 2012


Rhadamant und Zamore - I.

Gedicht von Wilhelm Busch

1
O schönes Bild der Liebe!
Heil dir, Ägypterland!
Heil, Königin Zamore
Und König Rhadamant!

Sie löschten aus demselben


Pokale ihren Durst,
Sie aßen miteinander
Von einer Leberwurst.

Dem König ward so übel,


Der Königin noch mehr.
Sie mußten beide sterben
Und liebten sich so sehr.

In einer Pyramide,
Da ruhn sie Hand in Hand,
Die Königin Zamore
Und König Rhadamant.

Wilhelm Busch

Rhadamant und Zamore - II.

2
Es steht die Pyramide
Dicht an des Niles Bord,
Da ruhn die Mumienleiber,
Die Seelen wandern fort.

Und auf dem Nilgewässer,


Da schwimmt ein Gänserich,
In diesen fuhr die Seele,
Als Rhadamant verblich.

Zamore aber folgte


Den Spuren Rhadamants
Und fuhr zur gleichen Stunde
In eine wilde Gans.

Sie gickern und sie gackern


Und kosen miteinand;
Er gickert: Ach, Zamore!
Sie gackert: Rhadamant!

Wilhelm Busch
Rhadamant und Zamore - III.

3
Es stieg aus ihren Ufern
Des Niles gelbe Flut,
Da faßt die treuen Gänse
Gewaltger Wandermut.

Die Brust erfüllt ein Sehnen


So wonnig und so weh,
Sie heben ihre Schwingen
Und fliegen über See.

Sie flogen hin nach Pommern


Und hatten guten Wind,
Nach Pommern, wo zu Hause
Die besten Gänse sind.

Da legte ihre Eier


Zamore in den Sand,
Heut brütet sie Zamore
Und morgen Rhadamant.

Wilhelm Busch

Rhadamant und Zamore - IV.

4
Das Glück der treuen Gatten
Zerstörte ein Barbar;
Ein pommerischer Junker,
Der fing das Gänsepaar.

Er fing die treuen Gänse


Und mästet sie nach Brauch,
Und als er sie gemästet,
Hing er sie in den Rauch.

Da hängen sie nun beide


Getreu bis in den Tod:
Die vielgeprüften Seelen,
Die fahren durch den Schlot.

Die Seele fährt von dannen,


Der Leib, der wird versandt,
Als Pommerns Gänsebrüste
Bekannt im ganzen Land.

Wilhelm Busch
An die Tiroler

Bei Waldesrauschen, kühnem Sturz der Wogen,


Wo Herden einsam läuten an den Klüften,
Habt ihr in eurer Berge heitern Lüften
Der Freiheit Lebensatem eingesogen.

Euch selbst die Retter, seid ihr ausgezogen,


Wie helle Bäche brechen aus den Klüften;
Hinunter schwindelt Tücke nach den Schlüften,
Der Freiheit Burg sind eure Felsenbogen.

Hochherzig Volk, Genosse größrer Zeiten!


Du sinkst nun in der eignen Häuser Brande,
Zum Himmel noch gestreckt die freien Hände.

O Herr! laß diese Lohen wehn, sich breiten


Auffordernd über alle deutschen Lande,
Und wer da fällt, dem schenk so glorreich Ende!

Joseph Freiherr von Eichendorff, 1810

Der Tiroler Nachtwache

In stiller Bucht, bei finstrer Nacht,


Schläft tief die Welt im Grunde,
Die Berge rings stehn auf der Wacht,
Der Himmel macht die Runde,
Geht um und um,
Ums Land herum
Mit seinen goldnen Scharen,
Die Frommen zu bewahren.

Kommt nur heran mit eurer List,


Mit Leitern, Strick und Banden,
Der Herr doch noch viel stärker ist,
Macht euren Witz zuschanden.
Wie wart ihr klug! –
Nun schwindelt Trug
Hinab vom Felsenrande –
Wie seid ihr dumm! o Schande!

Gleichwie die Stämme in dem Wald


Wolln wir zusammenhalten,
Ein' feste Burg, Trutz der Gewalt,
Verbleiben treu die alten.
Steig, Sonne, schön!
Wirf von den Höhn
Nacht und die mit ihr kamen,
Hinab in Gottes Namen.

Joseph Freiherr von Eichendorff, 1810


Abend am Meer

Hinter der grauen Wolkenwand


Taucht in verglühenden
Die Sonn in rauschende Wogen hinab,
Und Abendwinde wehn mit Fächeln mit gelinden.

Das alte Meer braust über die Klippen,


Es rauschet seinen ewgen Sang,
Ich schau in die Sonne mit wehen Blicken.

"O großer Helios, willst du scheiden in dein Grab,


Wo stille Ruh ist und ewger Frieden,
So nimm auch mich mit dir hinab."

Georg Heym

Abend am See

Leis kommt die Nacht auf Dämmerwegen.


Du fühlst im Waldsee ein heimliches Regen.
Der Abendwind rauscht durch das Rohr so eigen
In des Sternengeflimmers tanzenden Reigen.

Still ruhn die Wogen in dem Silberschein


Des Monds, der sich erhebet wolkenrein.
Es öffnen die Seerosen ihren Silberkranz.
Ein nie geahnet Glück sie erfüllet ganz.

Georg Heym
Am Rand der Flut, auf dem Korallenriff...

I
Am Rand der Flut, auf dem Korallenriff
Lag der Taifun. Mit Basiliskenblick,
Aus kleinen Lidern, wog er das Geschick
Der Dschunken, langsam zählend Schiff bei Schiff.

Nun blies ein Wölkchen er und schob's ins Meer.


So sanft schwamm's auf den Wassern, und so weich.
Ein Federchen auf einem Ententeich,
Am Horizonte fuhr es leicht einher.

Da es die Perlenfischer ferne sahn,


Erschrak ihr tiefstes Mark. Sie rissen ein
Der ausgespannten Segel helle Reihn,
Es kappte schnell die Maste jeder Kahn.

Die Schätze warfen alle sie hinab.


Die Perlen rollten in das Meer zuhauf.
Und da sie wieder sahn zum Himmel auf,
Da war er grau, wie ein getünchtes Grab.

Nur im Zenit war noch ein rundes Tor,


Ein gelber Trichter, wie ein riesger Schlauch,
Draus blies zuerst ein nebelreicher Rauch,
Da sprang der Sturm aus seinem Loch hervor.

Ein blauer Drache sprang er auf die Flut.


Das Meer wuchs ihm entgegen riesengroß,
Im Kreise warf's zum Himmel seinen Schoß
Und bis zum Grunde fuhr des Sturmes Glut.

In innrem Feuer sogen Mund an Mund.


Sie brüllten laut in der Umarmung Kraft,
Blitzarmig hielt der Sturm das Meer
Und Feuer tanzten auf dem Wogenschlund.

Da sie gerast, und matt ward ihre Lust,


Ward still der Sturm und glatt der Wogen Kamm.
Doch, wo der Dschunken kleine Flotte schwamm,
Da trieben Trümmer auf des Meeres Brust.
II

Was tut uns dies, daß viele sterben sollen!


O unermeßnes Reich, o ungeheure Weiten,
Wo sich des gelben Stromes Wogen breiten,
Die langsam durch die großen Städte rollen.

Wohl manches Jahr sind wir auf ihm gefahren,


Wir kamen nie zum Untergang der Tage.
Wir kamen nie zu andrer Menschen Schlage.
Nie sahn die Männer wir mit Feuerhaaren.

So groß ist China! Unsres Stammes Zunge,


Wir hörten sie von jedem Schiffe nennen,
Wir hörten, wie den Ahnen ward gesungen,
Und sahn am Kiel der Götter Lämpchen brennen.

Wir sahn die Städte, sahn die Felder grünen,


Drauf Reis sie bauen für uns Millionen.
Wir sahn der Opiumesser Göttermienen,
Wenn nach dem Mahle sie in Wolken thronen.

Europa, kleiner Fleck, der in den Zeiten


Vor uns zergehn wird, wie im leeren Raume
Ein Bläschen platzt, das aus dem Seifenschäume
Ein Kind blies in der hohlen Lüfte Weiten.

O Abend, wenn ins Meer die Dschunken segeln,


Und wenn der Wind aus vollen Städten trägt
Des Feuerwerks Gelärm, der Priester schlägt
Die Tempeltrommeln mit den erznen Schlegeln.

Doch wunderbarer war als je ein Traum,


Da fern die Sonne sank im Wolkenreiche,
Und die Flamingos am Lagunenteiche
Erglänzten auf der Brust wie Rosenflaum.

Georg Heym
Das Landhaus

Ich sah vom Weg aus in ein Landhauszimmer,


drin eine junge Dame Karten legte ...
Sie war in Weiss ... und bei dem matten Schimmer
der Lampe kam's, dass mich ihr Bild bewegte ...

Du hast hier einst gewohnt! - Ich stand und dachte:


Dort hat sie also auch einmal gesessen ...
und unerlebt noch lag und undurchmessen
der Weg vor ihr, der sie zum Weibe machte ...

Begnügst du dich mit dem Gewinn der Reise?


Möchtst du der Jahre Zeiger rückwärts drehen?
Mein lieb fern Seitenbild zu jenem nahen!

Oh Teuerste, ich weiss, - nun wehrst du leise:


"Wie könnt ich das! Dann würd ja ungeschehen -!"
Doch war's dein Glück denn, dass wir - uns - geschahen? ...

Christian Morgenstern

Der Wiesenbach

Kühl-und-Klarer! Ohne Laut


Führst du über Moos und helle
Steine die bewegte Welle,
Busch und Wiese gleich vertraut.

Blätter, Blumen, Früchte schwanken


Dann und wann auf dir dahin,
Wie verlorene Gedanken
Einer grossen Träumerin.

Christian Morgenstern

Im Tal von Arosa

O Stern der Klarheit, mir vor allen fern,


des Berges Sattel, ein Demant, durchfunkelnd,
das dunkle Tal nur immer mehr verdunkelnd;
du meiner Abende geliebter Stern!

Ein Durst erfasst mich, da ich dich erblicke,


ein Durst, wie nach kristallnem Nass, nach Dir.
Wie bist du hell und kühl! Wie zeigst du mir,
was nie mir ward vom dumpferen Geschicke.

Und immer mehr des Dunkels bricht herein,


den kurzen Tag mit Schatten zu verschütten;
und hell erschimmern mehr und mehr der Hütten.
O Herz, genüge dir: Dies Licht ist Dein.

Christian Morgenstern
Casabianca

Am Berge weiß ich trutzen


ein Kirchlein mit rostigem Knauf,
wie Mönche in grauen Kapuzen
steigen Zypressen hinauf.

Vergessene Heilige wohnen


dort einsam im Altarschrein;
der Abend reicht ihnen Kronen
durch hohle Fenster hinein.

Rainer Maria Rilke

Bodensee

Die Dörfer sind wie ein Garten.


In Türmen von seltsamen Arten
klingen die Glocken wie weh.
Uferschlösser warten
und schauen durch schwarze Scharten
müd auf den Mittagsee.

Und schwellende Wellchen spielen,


und goldene Dampfer kielen
leise den lichten Lauf;
und hinter den Uferzielen
tauchen die vielen, vielen
Silberberge auf.

Rainer Maria Rilke

Der König von Münster

Der König war geschoren;


nun ging ihm die Krone zu weit
und bog ein wenig die Ohren,
in die von Zeit zu Zeit

gehässiges Gelärme
aus Hungermäulern fand.
Er saß, von wegen der Wärme,
auf seiner rechten Hand,

mürrisch und schwergesäßig.


Er fühlte sich nicht mehr echt:
der Herr in ihm war mäßig,
und der Beischlaf war schlecht.

Rainer Maria Rilke, 1908


An meine Herberge in Stuttgart.

Ihr habt mich reich und leise


Verwöhnt. Das mir geschenkte Glück –
In irgendwelcher Weise
Kehrt es gewiß zu euch zurück.

Wie ich Meinzeit durchhetze,


Geb ich euch keine Dankbarkeit.
Doch wirken sich Gesetze
Des Lebens aus in jeder Zeit.

Laßt lachen uns beim Scheiden.


Im Lachen zeigt sich Herz und Geist.
Ich mag euch ehrlich leiden,
Wär ich auch noch so weit verreist.

Joachim Ringelnatz, 1928

Chemnitzer Bußtag 1928.

Ich aber ging zum Tambour hin,


Weil ich nicht gern im Trüben bin,
Und weil im Tambour Lou verkehrt
Und immer vieler Männer harrt.
Und dennoch ist die Lou apart
Und wird von mir verehrt.

Die Lou hat hoch im Hinterbein


Flecken, die biß ein junger
Fratz von Kollegin ihr hinein,
Aus Liebe nicht, aus Hunger.

Wenn ich nicht mehr in Chemnitz bin,


Geht ihr einmal zum Tambour hin
Und schaut nach meiner Lou!
Doch wer mir diese Lou verführt,
Behandle sie, wie's ihr gebührt
Und zahle zehn Mark zu.

Joachim Ringelnatz, 1928


Drei Tage Tirol.

Ich bin nach Tirol gereist


Und hab das Zuhause vergessen.
Ich habe viel Freiheit gefressen
Und viel Gesellschaft gespeist.
Landschaften hab ich gesoffen
Und Illusionen geraucht.

Die Menschen, die ich getroffen,


Standen meist so zu den Sternen,
Daß man, um sie kennenzulernen,
Nicht erst zu verreisen braucht.

Das nennt man Drahtseilbahn: Es hing


Ein Zündholzschächtelchen an Zwirn.

Und ein Gewitter kam. – Das ging


Mir superior durch Herz und Hirn.

Wie tut ein wildes Wandern wohl,


Wenn man sein Einsamgehn durchleuchtet!

An allen Stellen angefeuchtet


Kam ich nach Hause aus Tirol.

Joachim Ringelnatz, 1929

Das Abendrot am Strand hinzieht

Das Abendrot am Strand hinzieht,


Ergibt den Wellen sich mit Lust,
Da schwellet die beklemmte Brust
Der unbewußten Sehnsucht Lied,
So kühn gewaltig zwingt das Lied
Die Trauer der beklemmten Brust,
In Lebensmut erstrebt sie Lust,
In Liebesflut sie Wolken zieht,
Und weckt in der beklemmten Brust
Der hohen Freiheit kühnes Lied.
Sein voller Klang
Das Herz durchdrang,
Das Lied sich schwang
In Liebesdrang.
Zu ihm, zu dem ich hin verlang,
Dort über die Berge mit der Lerche,
Ihm nach der Hymne zu singen dem Volk,
Dem von seinen Lippen sie sollte erklingen.
Bettina Arnim

Die Heimat

Ich lass von meiner Heimat nicht,


Was man auch sagen wollt‘,
Sie hebt vor allen Landen sich
Heraus wie echtes Gold.
Lass blüh’n das Glück auch anderwärts
In reich’rer Farbenpracht,
Ich weiß, wie in der Heimat mir
Die Sonne nirgends lacht.

Ich lass von meiner Heimat nicht,


Sie birgt das Elternhaus,
Vor diesem stillen Heiligtum
Zieh‘ ich die Schuhe aus.
Da ist ein jeder Ort geweiht,
Nichts Heil’gres gibt’s wie das,
Da wird auch ohne Priesterwort
Mein Aug‘ von selber nass.

Ich lass von meiner Heimat nicht,


Was kommen will und mag,
Und bräche jählings auch herein
Heut schon der jüngste Tag.
Ich weiß, es wird die ganze Welt
Zu Staub und Rauch verwehn,
Nur mein geliebtes Deutschland wird
Als Stern gen Himmel gehn.

Johanna Ambrosius

Mein Heimatland

Sie sagen all‘, Du bist nicht schön,


Mein trautes Heimatland,
Du trägst nicht stolze Bergeshöh’n
Nicht rebengrün Gewand;
In Deinen Lüften rauscht kein Aar,
Es grüßt kein Palmenbaum,
Doch glänzt der Vorzeit Träne klar *)
An Deiner Küste Saum.

Und gibst dem König auch kein Erz,


Nicht Purpur, Diamant,
Klopft in Dir doch das treueste Herz
Für’s heil’ge Vaterland.
Zum Kampfe lieferst Du das Ross,
Wohl Tonnen Goldes wert,
Und Männer, stark zum Schlachtentross,
Die kräft’ge Faust zum Schwert.

Und wenn ich träumend dann durchgeh‘


Die düst’re Tannennacht,
Und hoch die mächt’gen Eichen seh‘
In königlicher Pracht,
Wenn rings erschallt am Memelstrand
Der Nachtigallen Lied,
Und ob dem fernen Dünensand
Die weiße Möwe zieht:

Dann überkommt mich stolze Lust,


Dass ich’s nicht sagen kann,
Ich sing ein Lied aus voller Brust
Schlag froh die Saiten an.
Und trägst Du auch nur schlicht Gewand
Und keine stolzen Höh’n,
Ostpreußen, hoch! mein Heimatland,
Wie bist Du wunderschön!

*) Der Bernstein (NÃO LER!)

Johanna Ambrosius

Heimat oder Strand-Grasnelke

Sie ist nicht weiß nicht rot


und nicht für das Knopfloch!
Zum Gang auf das Schafott
ist sie auch nicht geeignet.
Sie ist auch keine Nelke,
auch wenn sie so heißt.
Zur Behandlung von Epilepsie
benötigt man sie zum Glück
auch nicht mehr!
Ich finde sie auf den
Ostfriesischen Inseln - und in
alten Gärten des Nordens -
auch in der Arktis soll
es sie geben!
Sie steht unter Naturschutz.
Für mich bedeutet sie Heimat!
Ich liebe sie - Ich sehe
sie zu selten!
Es ist die Strand-Gras-Nelke

Gabriele Weinschenk-Taapken, 2012


Im Garten

Eine Harke lehnt an Efeu berankter Wand

Gelockerte Erde duftet wie frisches Brot

Der Gärtner sitzt jätend auf Knien am Beetrand

Ich sehe seinen gekrümmten Rücken und denke -

Wie ein Gebet!

Gabriele Weinschenk-Taapken, 2012

Ein Freund ging nach Amerika

Ein Freund ging nach Amerika


Und schrieb mir vor einigen Lenzen:
Schick mir Rosen aus Steiermark,
Ich hab eine Braut zu bekränzen!

Und als vergangen war ein Jahr,


Da kam ein Brieflein gelaufen:
Schick mir Wasser aus Steiermark,
Ich hab ein Kindlein zu taufen!

Und wieder ein Jahr, da wollte der Freund,


Ach, noch was anderes haben:
Schick mir Erde aus Steiermark,
Muss Weib und Kind begraben!

Uns so ersehnte der arme Mann


Auf fernsten, fremden Wegen
Für höchste Freud, für tiefstes Leid
Des Heimatlandes Segen.

Peter Rosegger

Weihnacht in Amerika

Dingeldang, Glockenklang,
Hektik jetzt schon wochenlang,
und zum Fest kommen Gäst‘,
Weihnachtsgänse, denk daran.

Ho, Ho, Ho, Kinder froh,


doch Erwachsene ebenso?
Weihnachtsfest ohne Stress,
wäre schöner, Herz wär‘ froh.

Jedes Jahr, wie es war,


Herzinfarkt wird zur Gefahr,
fliegen fort, ohne Wort‘,
heut‘ noch nach Amerika.

© Anna Haneken, 2012

„Abend in Lissabon“

Im frühen Abendgedränge der angestellten Heimkehrer


zwischen Herumtreibenden und Arbeitslosen
Tagedieben
Speien Schuhputzer , Strolche
auf das Pflaster ihrer Plätze
Erwarten
Herausgeputzte Frauen
stöckeln lockende Musik ihrer Schuhe
auf das Pflaster
Vielleicht in einer Ecke
einemTriangel
hört ein eleganter Alter
dem Klingeln einer Tram dem Lachen einer Frau
dem Stöckelstaccato ihrer klpfenden Musik
nocheinem sehenssüchtig
nach
in Verwirrung über
das Ende eines Tages
dem Anbruch einer Nacht
taucht ein in das Trilicht
dundigen Abendockers flackernder Laternentrübe
und wartender Nacht
Schon di ersten leichten Schritte
magerer Weiber
nervös ihre Körpfer verkaufen
an fllüchtige Heimkehrer
im billigen Tausch
hungrig
und danach noch eilig
im Stehen mit schlechtem
Gewissen
öliggebratenen Fisch mit
einem blauen Wein
hinunterspülen
Schon die ersten schweren Lieder
noch einmal übersungen
vom sirrenden Flirrgewisper einer
Jungen Schönen
an einem Fenster über den
Kellern der Weinschenken
Katzen kratzen hastig
den Rest Fisch von
Gräten im Tagesmüll
Gestank verweht in meerwissender
Abendbrise
verteilt besorgtes Mütterrufen
über den Gassen
zu spielstreunender Brut, noch
schnell einen Kinderkuß
raubend für den Traum im Familienbett
ungeteilt
mit Schwestern und schon
älteren Brüdern und dem angestellten
heimkehrenden Vater
dessen Atem nach
blauem Wein riecht,
die späte Hitze im Flügelschlag
des Venitlators und schlaffer Tauben
dreht sich endlich weiter
in Verwirrung über
das Ende eines Tages
und dem Anbruch einer Nacht
verlieren sich
die Herumtreiber und
vielleicht auch ener
mit fester Zeit und gleichem Tag
in einer Bar , einer Schenke
einer Gasse am Fluß auf einem Platz
bei einer Frau
und werden bleiben über
Nacht

Am Morgen öffent er den hölzernen Fensterladen


Die Sone silbert noch frisches Licht
Auf die schuppigen Ziegeldächer
Unter der Platane auf dem Platz
Jagt eine Katze ihren fliedenden Flöhen
nach.
© Peter Reik, 1981
Kiew in diesen Tagen

Weil immer noch die Sprache


als Band zu einer Heimat gilt,
weil internationale Sache
man noch als Nestbeschmutzung schilt,
weil Krieg nicht streng verworfen wird,
sieht diese Welt ihn auch geführt.

Wann lässt der Mensch sich nicht mehr fangen


vom national getrübten Geist?
Wann wird Vernunft die Geiferschlangen
vertreiben? Wann? Zu spät zumeist!

Ingo Baumgartner, 2014

An der Ostsee

Am Ufer, eh' der Tag anbricht,


Hört man die Welle klagen,
Zum Nix schleicht dann der Nebelwicht,
Erzählt von alten Tagen.

Wie Eis und Flut zusammenkracht,


Wie Nordlicht und Gewitter,
So trafen einst in scharfer Schlacht
Sich Heiden und Christenritter.

Da brach der drachengeflügelte Helm,


Ins Meer sank Herta's Wagen;
Den Starken zwang der kluge Schelm,
Die Helden wurden erschlagen.

Der Letzte, der der Schlacht entrann,


Es war ein wunder Skalde,
Er sprach: »O tragt mich sterbenden Mann
Zum kühlen grünen Walde!

Im kühlen Waldgrund möcht' ich ruhn,


An Wodan's letzter Eiche
Möcht' ich den letzten Atem tun,
Dorthin legt meine Leiche.«

Er sprach's, da kam das Heergesind


Siegreicher Christenboten,
Sie tauften ihn, sein Blick war blind,
Sie tauften einen Toten.

Nicht Runen grub man auf sein Grab,


Ein Kreuz stand auf den Dünen;
Da riß die Flut das Kreuz herab,
Herab vom Grab des Hünen.

Herrmann von Lingg

Damals an der Ostsee

Ich sah das Meer zum ersten Mal.


Ein Gefühl, dem Worte fehlten,
als Rauschen klang wie ein Choral,
Silbermöwen laut krakeelten.

Ostseeland wurde mein Zuhaus.


Am Wasser habe ich gewohnt,
erlebte der Wellen Gebraus,
sah die Segel am Horizont.

Lustig schaukelte Boot an Boot


in dem kleinen Fischerhafen.
Sie fuhren bei Dämmerungsrot
hinaus in den Meeres-Atem.

Morgens stand ein Nebelbogen


weiß der Sonne gegenüber.
Lichtschwach hat er sich verzogen,
schwebte wie Seidengefieder.

Da tat sich auf das Ostseetor


für die wohl schönste Küstenschau:
Aus kühlem Nebel trat hervor
der Tag in Meereswasserblau.

© Elisabeth Kreisl, 2015

Ostsee

Meine Spuren
Im Sand
Überspült
Von deinen Wellen

Du rauschst
Leise
Laut
Stürmisch

Dein Seegang
Ist
Ankunft
Und Abschied

Wogenweit
Trägst du
Meine
Gedanken

Schickst mir
Aus kühler Tiefe
Ein Geschenk der Götter

Bernstein
© Elisabeth Kreisl, 2012

Abend am See

Leise spielt das Wasser am Ufer,


kaum ein Windhauch über dem See.
Im Abendrot ein letzter Rufer:
Blaukehlchen singt in meiner Näh.

Unter der Weide am Uferrand


lausch ich in den Abend hinein.
Da steht eine kleine weiße Bank.
Sie wird besucht jahraus, jahrein.

Hier hör ich, was der Abend erzählt.


Wasservögel flüstern im Schilf.
Ich seh, wie eine Sternschnuppe fällt,
wie Mondlicht sanft den See erhellt.

Es ist die Zeit der zarten Töne.


Der Tag fließt lautlos in die Nacht.
Gedanken fangen an zu schweben,
fliegen wie Träume - mondbewacht.

© Elisabeth Kreisl, 2012

Zauber über Afrika

Der Ruf des Löwen durchdringt die Steppe,


ein Hauch Magie liegt über dem Land.

Romantik, und atemberaubende Schönheit,


- Faszination Afrika, die ich sonst nirgendwo fand.

Das Wunder Natur, hier wirst du´s erleben,


wenn die Sonne so glutrot im Meer versinkt.

Geniesse die Stille, dann wirst du es hören,


dieses Lied, von der Ewigkeit,

das der Wind zu dir bringt.

© Maria Kindermann
Hiddensee

Gäb es dich nicht, mein Hiddensee,


man müsste dich ersinnen:
In Meerblau, Weiß, Gelb, Grün, Rosè
für Inselmalerinnen.

Hier, wo Strände weithin so weiß


sich vor den Dünen strecken,
gibt Westwind Inselschätze preis.
Und ich will sie entdecken.

Urtiere, Muscheln, Donnerkeile


find ich zwischen Meer und Land,
goldgelb glänzende Bernsteine
liegen angespült im Sand.

Immerwährend Wellen gleiten


plätschernd an den Küstenstrand.
Über endlosen Seeweiten
spiegelt sich das Himmelsband.

Umtost vom Insel-Meeressturm


thront auf dem Dornbuschhügel
ein weithin sichtbarer Leuchtturm,
einstmals gebaut aus Ziegel.

Dörfer seh ich, still und verträumt


in der Nachmittagssonne,
einladend von Blumen gesäumt,
dass jeder gerne komme.

Hiddensee, du Ostseeschönheit,
du paradiesische Flur,
bist malerisch und inselweit
Traum aus Sonne, Strand, Natur.

© Elisabeth Kreisl, 2017


Der schönste Platz

Wo die weißen Tauben fliegen,


Wohnt mein Schatz und der ist schön;
Wo die weißen Tauben fliegen,
Muß ich immer wieder gehen.

Wo die roten Rosen blühen,


Hab’ ich sie zuerst geküßt;
Wo die roten Rosen blühen,
Meine liebste Weide ist.

Wo die grünen Büsche stehen,


Singt ein Vogel dies und das;
Wo die grünen Büsche stehen,
Ist zerdrückt das junge Gras.

Wo die klaren Quellen rauschen,


Liegt ein Rosenkränzelein;
Wo die klaren Quellen rauschen,
Ward das schönste Mädchen mein.

Hermann Löns

Afrika von oben

Der Fuchs, in dem er hauste, war verstorben,


wie das im Leben nun einmal so ist.
Sein Darminhalt war schließlich so verdorben,
dass selbst ein Fuchsbandwurm ihn nicht mehr frisst.

Im Darm von einem toten Fuchs zu hausen,


ging bald dem Bandwurm ziemlich auf den Keks.
Er rief um Hilfe, lauschte schön nach draußen.
Vielleicht war ein Schakal ja unterwegs.

Es half. Er musste gar nicht lange bitten.


War obendrein von äußerst schlankem Wuchs.
Zwei Geier, die sich um die Leiche stritten,
sie fraßen ihn mitsamt dem kranken Fuchs.

Geteilt, doch lebend und vom Glück besoffen,


wohnt er seitdem in Henne und in Hahn.
Der Bandwurm hat es richtig gut getroffen.
Und steht ein Geier hinten einmal offen,
genießt er still den Blick auf den Sudan.

© Andreas Kley, 2011

Rilke in Paris

Rilke ging für sein Leben gern flanieren,


auch im November 1902.
Ihn treibt wie stets die Jagd nach schönen Tieren.
Und heute ist ein solches Tier dabei.

Es ist gefleckt und ähnelt einer Katze,


wenn auf den zweiten Blick auch nur bedingt.
Das hebt, als es den Rilke sieht, die Tatze,
worauf Herr Rilke aus dem Wege springt.

Das wär jedoch nicht notwendig gewesen.


Das Tier ist ja in einem Käfig drin.
Und Rilke gibt sich, als er kurz gelesen,
wer dieses Tier ist, der Betrachtung hin.

Und steht dort unverändert spät um sieben


und guckt noch immer völlig fasziniert
das Tier sich an, das lautlos, ähnlich Dieben,
an seinen Gitterstäben langspaziert.

Dann wird er müd. Die schweren Lider fallen.


Sein Geist jedoch erfindet Reim auf Reim.
Er geht ins Wirtshaus. Später wird er lallen
und schleichen wie der Panther in uns allen,
so wie der Panther in uns allen heim.

© Andreas Kley, 2013

Der ewige Wald

Der Herrgott wohnt dort droben in den Bäumen,


wo durch das Grün der hohe Himmel blaut.
Sein Odem weht in diesen heilgen Räumen,
im schönsten Dom, den die Natur erbaut.

Am Morgen rauscht es leise in den Zweigen,


der Wald erwacht mit einem Lobgesang.
Am Abend klingt's, wenn sich die Wipfel neigen,
wie ferner Orgelton und Harfenklang.

Wenn deine Füße und dein Geist ermüden,


dann flieh die Welt für eine kurze Zeit.
Im Walde findest du den wahren Frieden,
hier liegt ein kleines Stück der Ewigkeit.

Im Walde kannst du beten oder träumen.


Wie schön und nah sind Sonne, Mond und Stern.
Der Herrgott wohnt dort droben in den Bäumen.
Die Vöglein preisen unsern Gott und Herrn.
Fred Endrikat

Schloß Ambras in Tirol

Nie sah ich Flammen je so rot erglühn,


Nie Purpurrosen je so glühend blühn,
Wie um Schloß Ambras heut' im Herbstesglanz
Das Weinlaub flammt, ein blutgetränkter Kranz.

Viel Liebe hat in diesem Schloß gehaust,


Viel Neid und Haß hat dieses Schloß umbraust,
Dem seine holde, bürgerliche Braut
Ein stolzer Habsburg einstens anvertraut.

Was raunt die Sage? Daß sie Lieb' und Lust


In feilen Mörderhänden büßen mußt'?
Die Sage lügt! Am Blut berauscht sie sich!
Sprich, Klio, du! Dich, Ernste, frage ich.

Mit strengem Antlitz steht die Muse da.


Kein Wort; kein Blick. Der Mauer tritt sie nah.
Mit Weinlaub kränzt sie sich. O greller Glanz!
Ich blicke schaudernd auf den blutigen Kranz...

Hugo Salus

Nachtbild aus London

Nau! du bist gut und redlich — hör’ mir zu!


Gott segnet den, der gut und treu wie du! —
Es meiden mich die Nachbarn auf den Gassen,
Nun, ich will Camden-Court gar bald verlassen!
Du hast ja meinen Red gekannt?
Den besten Burschen wohl im ganzen Land!
Uns segnete kein Priester am Altar,
Wie Manchen wohl aus seiner Henker Schar,
Doch liebten wir einander treu und warm.
Ein Bursch, sauft wie ein Lamm und ohne Harm,
Doch goss er einen Tropfen nur zu voll
Das Glas, erlosch der Sinne Licht.
Es tat’s der Trunk, — gereizt macht er ihn toll,
Und er war arm und Arme schont man nicht!
So gut und treu! O musst’ es dahin kommen?

Die Woche noch bevor ihm der Genuss


Des Branntweins die Vernunft benommen,
Und ihn auf bösen Weg gedrängt,
Führt’ er mich heim und gab mit einem Kuss
Das Mullkleid mir, das dort am Nagel hängt!
Der Trunk tat Alles, Nell, ‘s war nicht mein Wille!“
Da heult durchs Fenster unheimlich der Wind,
Es kreist um mich, — wie Jammern ringt sich’s los,
Mir ist als ob das ungeborene Kind
Aufschrie und stürb in meinem Schoß!

Wilhelmine Gräfin von Wickenburg-Almasy

M., als sie nach London ging

Könnt’ auf väterlichen Auen


Ein verkümmerter Poet,
Könnt’ er dir ein Hüttchen bauen,
Wie es vor dem Geist ihm steht.

In der Hütt’ ein frohes Stübchen,


Groß genug für Weib und Mann,
Und zwei Mädchen oder Bübchen,
Die Gott leicht bescheren kann;

In der Stub’ ein Speisetischchen,


Täglich bietend Wein und Brod,
Auch wol Brätchen oder Fischchen,
Unversalzt durch Schuldennoth;

Nebenan zur Gartenseite


Ein vertrautes Kämmerlein,
Drin ein Bett, an Läng’ und Breite,
Für ein Pärchen nicht zu kein,

Wo du gern hinein dich bettest,


Wo du ruhest weich und warm,
Mit dem Mann, den du gern hättest,
Fest verschlungen Arm in Arm;

Könnte Das, mein gutes Mädchen,


Ein verarmter Leiermann,
Der nur auf dies Spinnefädchen
Wunschkorallen reihen kann:

Heut noch brächt’ er froh den Schlüssel


Dir zu Stub’ und Kämmerlein,
Führte dich zu Krug und Schüssel,
Spräche: »Bleib, denn dies ist dein!«

»Bleib’!« würd’ er in’s Ohr dir raunen,


»Hier ist gut und besser sein,
Als sich mit des Hofes Launen
Zu St. James herumkastein.« –

Aber ach! durch Sturm und Regen


Muß er fort dich wandern sehn;
Nichts kann er, als Gottes Segen
Zum Begleiter dir erflehn.

Gottfried August Bürger


Japan

Perle Asiens, hör’ uns zu,


findest derzeit keine Ruh’.
Dramen hast Du zu ertragen,
die Dich unaufhörlich plagen.

Deine Seele ist lädiert,


viele Leiber blutverschmiert.
Verliere nur die Hoffnung nicht,
drum schenken wir Dir dieses Licht.

Norbert van Tiggelen, 2011

Nach Indien

Nun wird der Anker gelichtet, -


nun tut sich die Welt mir auf, -
ob sich mein Leben schlichtet
nach rasendem Sturmeslauf?

Und werden's die Wogen zerschellen


im wütenden Lebensmeer,
zittert auf Todeswellen
drüber die Sehnsucht her.

Hermione von Preuschen

Frankfurt am Main

Frankfurt, du mein Quell der Inspiration,


du dörfliche Großstadt im Herzen dieses Kontinents,
du Bienenkorb vieler Kulturen und Ethnien,
deine Zeil ist dein pulsierendes Herz,
der Römer der Kopf, das Haupt der Stadt,
du Stadt des Geistes, der Universität und von Goethe,
du Stadt des Geldes, der Banken und der Börse.
Oh mein stolzes Frankfurt,
Heimat und Sehnsucht,
Deutschland und die Welt,
du Verkehrsknotenpunkt der Melancholie ferner Völker,
du katholische Diaspora,
dein Dom, ohne Bischof, doch ein Dom,
ist die Krone Frankfurts, weil hier die Kronen gemacht wurden.
Ich flaniere über die Zeil, die im bunten Leben treibt,
im Sonnenlichte der Fressgass beobachte ich den Menschenstrom,
am Opernplatz sinniere ich über die Kunst und deine eigene Kultur,
mit einem Glas "Ebbelwoi" und der "Grie Soß" durchschreite ich
in Gedanken das alte Sachsenhausen und seine Kneipen.
In Frankforterisch denk ich, ganz gleich wo ich ach bin uff diese Welt,
so bleibst nur du, mei Frankfort, ach mei Held!

© Thomas Fix

Vor Straßburgs Münster

Ich stand vertieft in Schauen


Bei sternenklarer Nacht,
O Erwin, deutscher Meister,
Vor deines Münsters Pracht.

Ich sah ihn aufwärts streben,


Wie lichtwärts strebt ein Baum,
Und mächtig sich entfalten
Im freien Himmelsraum.

Hoch oben in dem Blauen


Ging heimliches Geraun;
Mir war, als käm' ein Rauschen
Aus Deutschlands weiten Gau'n.

Ein geisterhaftes Wehen,


Vorbote eines Sturms,
Ob auch die Sterne blinkten
Hindurch den Helm des Turms.

Da glaubt' ich dich zu sehen


Am hohen Münstertor;
Dein Haupt, ich sah es ragen
Zur Rose stolz empor.

Und herrlich sich entfalten


Sah ich den Wunderbau,
Zwei schlanke Wipfelkronen
Sich wiegen in dem Blau.

Vom Herzen eingegeben,


Wohl war das nur ein Traum;
Mir kam's wie Geisterlaute
Aus fernem Himmelsraum:

Der Erbfeind mußt' dich lassen;


Und Deutschlands Edelstein,
O Straßburg, bist du wieder
Und sollst es ewig sein.

Doch o, wie säumt so lange


Die deutsche Kunst und Kraft,
Die mit dem zweiten Turme
Des Werkes Krone schafft?

O, mahnt umsonst der Meister


Aus seines Münsters Pracht;
Kann keiner nun vollenden,
Was er so groß gedacht?

Johannes Rothensteiner

In einem Dorf

In einem Dorf, fern einer Stadt


wo Füchse jeden Hasen grüßen.
Nahm sich ein Kind ein Ahornblatt,
das lag genau zu ihren Füßen.

Sie griff zu einem Federkiel.


Und hat, nach eigenem Belieben,
in einem kindlich, klaren Stil,
dem lieben Weihnachtsmann geschrieben.

'Du hast ganz sicher viel zu tun.


Doch meine Wünsche sind bescheiden.
Lass jeden Streit zu hause ruh'n,
bei Vater, Mutter und bei beiden.

Die Nachbarin braucht Hustensaft,


denn sie ist nicht mehr auf der Höhe.
Es fehlt ihr scheinbar jede Kraft
vom Kopf bis hin zur kleinen Zehe.

Was du mir schenken willst, das gib


den armen und den kranken Kindern.
Und hab' sie bitte doppelt lieb.
Denn das wird ihre Sorgen lindern.

Ich hoffe, dieser Brief kommt an.


Gedanken wollte ich nicht scheuen.
Und sag', ob ich dir helfen kann.
Da würde ich mich riesig freuen.'

© Roman Herberth, 2011

Junge Liebe in Frankreich

Ein Jüngling, er wollte zur Liebsten hin laufen,


zuvor aber noch einen Blumenstrauß kaufen,
damit er der Liebsten Herz auch erobre.
Es war an der Seine und es war im Octobre.
Der Blumenmann riet dem Jüngling zu Rosen.
Die dufteten schön und erlaubten zu kosen.
Und gleich nach dem Kosen, so gab er zu wissen,
erreiche man Küssen durch gelbe Narzissen.

Der Jüngling, der wollte nicht raus mit der Sprache.


Und da kam der Blumenmann einfach zur Sache
und reichte ihm lächelnd ein Sträußchen mit Wicken:
Du weißt schon, mein Kleiner, die braucht man zum ...

© Andreas Kley, 2009

Abschied vom Walde

O welkes Laub, du schnöde Zier,


Was rauschest du mir trüben Gruß,
Als wüsst' ich nicht, wie bald mit dir
Das schöne Leben scheiden muss.

Und hätt' ich's nimmer im Gemüt,


Mein Herz doch mahnte müd und schwer;
Wohl fröhlich ging es einst zur Blüt',
Und nun wie zieht es still und leer.

Und wüsst' ich's nicht, mir sagt' es auch


Das Schifflein dort im Niedergang,
Und ach im Wind ein leiser Hauch,
Darin ein „Lebewohl" verklang.

Georg Scheurlin

Abschied vom Walde

Wie liegst du fromm gebreitet,


Du lichter grüner Wald!
Im Gras ein Rehlein weidet,
Der Schlag der Amsel hallt.
Wie oft hab` ich geschwärmet
In dir, du duft`ger Tann,
Und wenn ich mich gehärmet,
Du warst nicht schuld daran.

O schau` mit deinen Augen


Mich nicht so innig an;
Laß deinen Duft nur hauchen,
Wie immer du getan;
Laß deine Wipfel wehen,
Die stets von Märchen voll —
Ich muß, ach! weitergehen,
Mein Wald, so lebe wohl!

O einsam süße Stunden,


Wo find` ich je euch mehr!
Von Schmerzen und von Wunden
Wie ist die Welt so schwer!
Wo ist des Himmels Auge
So blau und kindesklar,
Wie es bei deinem Hauche,
O Wald, mein lieber, war?

Der Wald liegt fromm gebreitet,


Im Grase ruht das Reh;
Wie meine Seele leidet,
Da flüstert`s in mein Weh;
„Ich werde dir schon rauschen,
Wenn wir geschieden sind,
Willst du auf mich nur lauschen,
Mein liebes, liebes Kind!” —

Franz Alfred Muth

Am Walde

Am Waldsaum kann ich lange Nachmittage,


Dem Kukuk horchend, in dem Grase liegen;
Er scheint das Tal gemaechlich einzuwiegen
Im friedevollen Gleichklang seiner Klage.

Da ist mir wohl, und meine schlimmste Plage,


Den Fratzen der Gesellschaft mich zu fuegen,
Hier wird sie mich doch endlich nicht bekriegen,
Wo ich auf eigne Weise mich behage.

Und wenn die feinen Leute nur erst daechten,


Wie schoen Poeten ihre Zeit verschwenden,
Sie wuerden mich zuletzt noch gar beneiden.

Denn des Sonetts gedraengte Kraenze flechten


Sich wie von selber unter meinen Haenden,
Indes die Augen in der Ferne weiden.

Eduard Mörike

Wider England

Von Bayern Rupprecht, der Kronprinz, sprach:


„Nun drauf, meine braven Soldaten!
Ihr steht an dem Feind, der den Frieden brach,
Der Recht und Treue verraten.
Hier habt ihr England, den Erbfeind, gewahrt,
Nun gebt ihm Hiebe besonderer Art
Für seine schmählichen Taten!“

Dies Wort aus dem deutschen Fürstenmund,


Es hat wie ein Schwertlied geklungen,
Und weithin ist’s durch den Erdenrund
Gleich einer Fanfare gedrungen.
Ja, England, daß du dich zugesellt,
Die Blutschuld, die große, nun auf dich fällt,
Wie wenn du die Schergen gedungen!
Drum drauf, Kameraden! Der Zorn ist erwacht,
Der Erzfeind muß uns erliegen,
Der englische Neid soll die lautere Macht
Der Deutschen nicht unterkriegen.
Und sei’s, daß der Tod hinweg uns rafft —
Der deutsche Geist und die deutsche Kraft,
Sie werben uns rächen und siegen!

Josef Huggenberger, 1914

Trutz England!

Weise: Der Gott, der Eisen wachsen ließ...


Ich weiß ein Volk in Teufels Sold
Und tu's ihm kund zum Hohne.
Der Teufel schuf aus Katzengold
Die brit'sche Königskrone.
Weh, England, weh und aber weh!
Du bist um Gold verschworen
Und hast auf Gottes Land und See
Dein Menschenrecht verloren.

Es steht ein Volk in Gottes Sold


Und dient dem höchsten Throne.
Gott schuf aus lautrem Sonnengold
Die deutsche Kaiserkrone.
Mein deutsches Volk, mein deutsches Land.
Dich will ich kindlich preisen.
Gold ohne Ehre gilt dir Tand.
Mein heil'ges Volk in Eisen!

Voran dem feilen Völkertroß


Buntscheck'ger Söldnerhorden.
Ist Englands König Blutgenoss'
Schlitzäug'ger Diebe worden.
Mag alle Welt dem Recht zum Spott
Mietling der Hölle werden,
Ihr wißt's: Wir Deutschen fürchten Gott,
Sonst niemand auf der Erden!

Nun, Teufelsgold und Gottessold,


Tut eure Kraft erweisen!
Soweit die lichte Sonne rollt,
Steht Eisen wider Eisen.
Ich aber weiß und tu' es kund:
Das deutsche Schwert wird richten
Und wird das weite Erdenrund
Dem deutschen Gott verpflichten.
Walter Flex

Am Rhein

1.
O Strom, wie ziehst du
Vorüber mir!
So eilend fliehst du,
Und bleibst doch hier.
So still gebettet
So wunderbar,
So sanft geglättet
Und spiegelklar.

Der Himmel sinket


In dich hinein,
Der Himmel winket
Aus dir, o Rhein!
Er flammt so prächtig
In deinem Schooß,
Darum so mächtig
Bist du, so groß.

O Strom, ich blicke


Auf dich, auf dich,
Fast von der Brücke
Verlockst du mich.

Ein Meer von Funken


In Rosengluth!
Fast zieht michs trunken
In deine Fluth.

2.
Fischlein, Fischlein im Rhein,
Spielen im Sonnenschein,
Scherzen so wohlgemuth
Still in der grünen Fluth;
Fischlein im Rhein.
Fischlein, Fischlein im Rhein,
Könnt ich wie ihr doch sein
Sorgenlos, kummerlos,
Selig im Wellenschoos,
Fischlein im Rhein!

Fischlein, Fischlein im Rhein,


Einsam wand'r ich, allein.
Lebt wohl, muß weiter gehn,
Werd' euch nie wiedersehn,
Fischlein am Rhein!

Ludwig Bechstein

Der deutsche Rhein

Sie sollen ihn nicht haben,


Den freien deutschen Rhein,
Ob sie wie gier´ge Raben
Sich heiser danach schrei´n,
So lang er ruhig wallend
Sein grünes Kleid noch trägt,
So lang ein Ruder schallend
In seine Woge schlägt!

Sie sollen ihn nicht haben,


Den freien deutschen Rhein,
So lang sich Herzen laben
An seinem Feuerwein;
So lang in seinem Strome
Noch fest die Felsen stehn,
So lang sich hohe Dome
In seinem Spiegel sehn!

Sie sollen nicht haben,


Den freien deutschen Rhein,
So lang dort kühne Knaben
Um schlanke Dirnen frei´n;
So lang die Flosse hebet
Ein Fisch auf seinem Grund,
So lang ein Lied noch lebet
In seiner Sänger Mund!

Sie sollen ihn nicht haben,


Den freien deutschen Rhein,
Bis seine Flut begraben
Des letzten Manns Gebein!

Nikolaus Becker
Schönes Hamburg

Wirst warmgehalten du von einem Rotlicht,


verfällst du, wenn er einmal kommt, dem Tod nicht.

Drum schalte gleich ein warmes Rotlicht ein.


Du wirst zwar alt, doch richtig tot nicht sein.

Nur suche Rotlicht nicht in Santa Paul.


Da gibt es nämlich häufig was aufs Maul.

Und wenn du Pech hast, wird man dich ermorden,


lang schon, bevor du wirklich alt geworden.

© Andreas Kley, 2010

Abschied vom Rhein

Nun gute Nacht! mein Leben,


Du alter, treuer Rhein.
Deine Wellen schweben
Klar im Sternenschein;
Die Welt ist rings entschlafen,
Es singt den Wolkenschafen
Der Mond ein Lied.

Der Schiffer schläft im Nachen


Und träumet von dem Meer;
Du aber, Du mußt wachen
Und trägst das Schiff einher.
Du führst ein freies Leben,
Durchtanzest bei den Reben
Die ernste Nacht.

Wer dich gesehen, lernt lachen;


Du bist so freudenreich,
Du labst das Herz der Schwachen
Und machst den Armen reich.
Du spiegelst hohe Schlösser
Und füllest große Fässer
Mit edlem Wein.

Auch manchen lehrst du weinen.


Dem du sein Lieb entführt;
Gott wolle die vereinen,
Die solche Sehnsucht rührt:
Sie irren in den Hainen,
Und von den Echosteinen
Erschallt ihr Weh.

Und manchen lehret beten


Dein tiefster Felsengrund;
Wer dich im Zorn betreten,
Den ziehst du in den Schlund:
Wo deine Strudel brausen,
Wo deine Wirbel sausen,
Da beten sie.

Mich aber lehrst du singen:


Wenn dich mein Aug ersieht,
eine freudeselig Klingen
Mir durch den Busen zieht;
Treib fromm mir meine Mühle,
Jetzt scheid ich in der Kühle
Und schlummre ein.

Ihr lieben Sterne, decket


Mir meinen Vater zu.
Bis mich die Sonne wecket,
Bis dahin mahle du:
Wirds gut, will ich dich preisen,
Dann sing in höhern Weisen
Ich dir ein Lied.

Nun werf ich dir zum Spiele


Den Kranz in deine Flut:
Trag ihn zu seinem Ziele,
Wo dieser Tag auch ruht.
Gut Nacht, ich muß mich wenden,
Muß nun mein Singen enden,
Gut Nacht, mein Rhein!

Clemens Brentano

AM RHEIN

Jahrtausende schon deine Wasser fließen


zur Nordsee hin, Europa-Strom, mein Rhein.
Ich sitz an deinem Ufer, halt die Füße
in deine Wellen, die mich sanft begrüßen,
lass mich auf deine kühnen Träume ein.

Erzählst vom Hochgebirge, deiner Flüsse Quellen,


von Alpenschluchten und vom Bodensee,
auch von Schaffhausen, deinen Wasserfällen,
die rauschend in die Tiefe stürzen, schnellen
ins flache Tal hinab aus großer Höh‘.

Noch klingen Lieder aus den alten Zeiten,


von tapfren Schwarzwaldflößern, rauhen Kehlen.
Die Pfälzer Weine immer noch beseelen.
Rheinhessen und der Rheingau sie begleiten;
der Römer Erbe mag man nicht verhehlen.

Und hier am Mittelrhein webt weise, leise


die Sage fein noch ihren Zaubersang.
Auf hohen Felsen Rittermacht beweisen
die Burgen den Touristen, die hier reisen,
und auf dem Schiff lockt Loreleyen-Klang.
Am Abend, wenn die Sonne glühend sinkt,
der Himmel und der Fluss in Röte glänzen,
und auch der Wein im Glase golden blinkt,
so manchem hier ein Sommermärchen winkt,
ein liebes Lächeln lädt das Glück zu Tänzen.

© Ingrid Herta Drewing, 2021

Dortmund gegen Bayern

Gott sprach, so kann's nicht weitergeh'n,


nun habt ihr es zu weit getrieben!
Die Welt wird kläglich untergeh'n,
nächsten Freitag um halb sieben!

Da erhob sich Wehgeschrei,


in den deutschen Landen:
Oh Herr, belass es nicht dabei,
mach uns nicht zu Schanden!

Um Gotte willen, weißt du nicht,


wie sehr wir Fußball lieben?
Wir bitten dich, den Untergang,
auf Samstag zu verschieben.

Oh Herr, gönn' uns zum letzten Mal,


die ganze Nacht zu feiern...
Am Freitag geht's um den Pokal,
Dortmund gegen Bayern.

© Günter Fritsch, 2017

Blick auf Hamburg

In Hamburgs Wappen stehn drei feste Türme,


die mit den Zinnen zu den Sternen ragen.
In Hamburgs Hafen liegen tausend Schiffe,
die mit den Masten all dasselbe wagen.
Auf Hamburgs Mauern sitzen tausend Schlote,
die jedem Sturmwind trotzen mit Behagen.
Durch Hamburgs Landschaft fahren tausend Züge,
die mit den Wolken um die Wette jagen.
An Hamburgs Ufern schwimmen tausend Schwäne,
die hälsereckend mit den Flügeln schlagen.
In Hamburgs Straßen schreiten tausend Menschen,
die auch bei Unwetter den Kopf hoch tragen.
Und hohe Bäume stehn in Hamburgs Gärten,
die über tausend Flaggen ragen, ragen.

Richard Dehmel, 1913

Mein Hamburg

Mein Hamburg hat mich in die Welt eingeführt,


dorthin wo das Leben pulsiert.
In Hamburg erst hab ich das Leben gespürt,
vor dem ich mich bisher geziert.

Mein Hamburg hat mir das Rauchen verboten,


ich habe es niemals bereut.
Doch Hamburg hat mir viel andres geboten,
das mich und mein Herz hat erfreut.

Mein Hamburg erst hat mich zum Manne gemacht,


mir gerne gezeigt, was es hat.
Ich lernte es lieben bei Tag und bei Nacht,
hab Dank, meine lehrreiche Stadt.

Mein Hamburg am Ende Gewissheit mir gab:


"Wohin dich das Leben auch schickt,
belohnt wird auch der mit dem Holzwanderstab,
wenn froh er vom Lebensbaum pflückt."

© Willi Grigor, 2019


Heiß ist es im Haus

Gewitterschwüle!
Die Luft ist so still,
während ich fühle,
daß entladen will,

was sich angestaut.


Von ferne es grollt.
Und was aufgebaut,
kommt wohl angerollt?

Man wartet gespannt


bei Tropenhitze.
Ob es fulminant
etwa bald blitze?

Zeit langsam vergeht.


Der Regen bleibt aus.
Kein Lüftchen mal weht!
Heiß ist es im Haus.

Lechzende Erde
verlangt nach Regen.
Dass ihr dies werde,
wäre ein Segen.

Versteht sich ja wohl! -


Doch fällt mir dann ein
und mir scheint es hohl
im Blick auf die Pein

derer, die warten.


Vertrocknetes Land -
kein grüner Garten -
dagegen viel Sand.
© Irmgard Adomeit, 2017

https://gedichte.xbib.de/

Goethe - https://www.lernhelfer.de/sites/default/files/lexicon/pdf/BWS-DEU2-0388-21.pdf

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