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Expertengespräch
zum Wolf, Herden-
schutzhunden und
Mutterkühen
Im Val Surses gibt es zurzeit 4
Alpen mit Herdenschutzhun-
den, Mutterkühe hat es auf 13
Alpen und vermehrt werden
Wölfe gesichtet. Was be-
deutet das für Wanderer oder
Spaziergänger? Wir sprechen
dazu mit unseren Experten. Experten im Gespräch: v.l.n.r. Armando Janett (Wildhüter), Gion-Franzestg Schaniel (Präsident Bauernverein Albula und
Landwirt) sowie Batist Spinatsch (Leiter Beratung und Weiterbildung Plantahof Landquart sowie Leiter Herdenschutz)
Expertengespräch
Tiere für eine Intervention gesenkt, den Kleintieren werden nun höhere
das bedeutet, dass bereits bei weniger Zäune eingesetzt: Statt 90 cm sind sie
heute meist 105 cm hoch. In den drei Sommerausgaben Nr. 4,
Batist Spinatsch Batist: Die bereits im Einsatz ste- Nr. 5 und Nr. 6 unseres Magazins
henden jungen Herdenschutzhunde erfahren Sie jeweils Aktuelles und Hin-
(15 – 18 Monate alt) konnten im Mai tergründe zum Wolf, Herdenschutz-
hunden und Mutterkühen von:
> Armando Janett,
«Vor einer Tour sollte man Wildhüter im Surses
> Batist Spinatsch, Leiter Beratung
sich über mögliche Stand- und Weiterbildung Plantahof Land-
orte der Herdenschutz- quart sowie Leiter Herdenschutz
hunde informieren.» > Gion-Franzestg Schaniel,
Präsident des Bauernverbandes
Batist Spinatsch Albula und Landwirt in Tinizong
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WANDERN UND SPORT – SPORT E VIANDAR
Tierarzt und die Beschaffung der fehle, nicht mit einem Hund durch
Hunde. Die Zäune müssen sehr genau eine geschützte Herde zu laufen. Und
aufgebaut und mit genügend Strom auch ohne Hund nur, wenn man keine «Wichtig ist, dass alle mit-
versorgt werden Angst hat. Denn die Tiere spüren dies.
Wie soll man sich verhalten bei einer Begeg-
Begegnet man einem Herdenschutz- einander kommunizieren
nung mit einem Wolf? hund ausserhalb des Zauns, sind sie und Rücksicht nehmen.»
Armando: Wölfe, die in freier Wild- nicht bei der Arbeit und werden ande-
bahn aufwachsen und leben, sind re Hunde und Menschen ignorieren. Gion-Franzestg Schaniel
uns Menschen nach allen bisherigen Und wenn man Mutterkühen begegnet?
Erkenntnissen nicht grundsätzlich Gion-Franzestg: Bei Mutterkühen
gefährlich. Sie meiden den Kontakt sollte man sich in keinem Fall den Käl-
zu Menschen und fliehen. Wölfe, bern nähern. Mutterkühe verteidigen
auch Welpen, sollten aber nie verfolgt ihren Nachwuchs. Allgemein verhält
werden, weder zum Beobachten noch sich Rindvieh nach einem Kontakt mit
zum Fotografieren. Wölfe können Grossraubtieren anders als gewohnt.
aggressiv reagieren, wenn sie krank Gerade gegenüber Hunden ist das
oder verletzt sind, angefüttert wurden Verhalten aggressiv und abwehrend,
oder wenn man sie in die Enge treibt. denn sie können einen Hund nicht von
Besonders Hunde können von den einem Wolf unterscheiden. Hunde
Wölfen als Eindringlinge oder Beute- sind an der Leine zu führen. Mutter-
tiere betrachtet werden und sollten kuhherden am besten immer gross-
immer unter Kontrolle oder an der räumig umgehen, allenfalls umdrehen.
Leine gehalten werden. Dies gilt vor allem bei einer unruhigen
Und bei einer Begegnung mit einem Herden- Herde. Die Landwirte sind bemüht,
schutzhund? die Wanderer gut zu informieren.
Gion-Franzestg Schaniel
Batist: Der erste Grundsatz ist: Ruhe Was tun, wenn man auf ein totes Nutztier
bewahren! Stehen bleiben und nicht trifft – ob abgestürzt, überfahren oder vom
rennen. Biker sollen vom Bike steigen. Wolf getötet? gibt es aus meiner Sicht keinen Grund,
Hunde sind anzuleinen. Der Herden- Armando: Sofort Hilfe benachrich- irgendein Gebiet im Tal zu meiden.
schutzhund verteidigt seine Herde tigen, am besten den Polizeinotruf
Batist: Wanderungen und Bergtouren
und muss die Situation zuerst mal 117. Die Polizei wird den zuständigen
können problemlos gemacht werden.
kontrollieren. Wenn sich der Herden- Wildhüter sowie nach Bedarf weitere
Damit es keine Überraschungen gibt
schutzhund beruhigt hat, kann die Stellen informieren bzw. aufbieten.
oder die geplante Tour abgebrochen
Schafherde dann weiträumig umgan- Die Wildhut entnimmt am toten
werden muss, sollten sich vor allem
gen werden. Beruhigen sich die Hun- Nutztier jeweils DNA-Proben und
Familien oder Wanderer mit Hund auf
de nicht, bleibt einem nichts anderes beurteilt die Situation vor Ort. Deshalb
www.swisstopo.ch über die Standorte
übrig als umzukehren. darf diese durch Drittpersonen nicht
der Alpen mit Herdenschutzhunden
verändert und das Tier nicht berührt
Gion-Franzestg: Es ist ein grosser vorgängig informieren. Dann steht
werden. Besonders mitgeführte Hun-
Unterschied, ob man einem Herden- unbeschwerten, schönen Ausflügen
de sollten daran gehindert werden,
schutzhund innerhalb eines Zauns nichts im Wege.
den Tier-Kadaver zu beschnuppern.
oder ausserhalb begegnet. Ich emp-
Sollte das Tier stark verletzt, jedoch Gion-Franzestg: Ja, eine gute Pla-
nicht tot sein, muss genügend Ab- nung ist wichtig. Um Unannehmlich-
«Die Wölfe sind nun den stand gehalten und das Tier in Ruhe keiten zu vermeiden, würde ich in Ge-
gelassen werden. Auch tote, verletzte biete mit Herdenschutzhunden keine
Wildtieren in die höheren oder kranke Wildtiere sollten sofort eigenen Hunde mitnehmen. Wichtig
Lagen gefolgt.» gemeldet werden. für alle: Verhaltensregeln einhalten,
gegenüber den Weidetieren Respekt
Armando Janett Was rät ihr den Wandernden und Spazier-
gänger*innen bei der Planung ihrer Tour? zeigen, keine gefährliche Situation
Armando: Aufgrund der Wolfspräsenz provozieren und Herden weiträumig
umgehen. Und natürlich: Die Wan-
derung und die schöne Landschaft
Armando Janett geniessen.
Allgemeine Verhaltenstipps:
www.valsurses.ch/natur