Sie sind auf Seite 1von 145

Hartz IV und

Arbeitslosengeld II

Michael Baczko

9. Auflage
2

Inhalt

Grundsätzliche Fragen zum ALG II 5


 Wer erhält Unterstützung? 6
 Grundsicherung für Arbeitsuchende 9
 Auf welche Leistungen habe ich Anspruch? 23
 Welche Pflichten habe ich als Leistungsempfänger? 31
 Wie errechnet sich mein Bedarf? 41
 Muss ich mein Vermögen verwerten? 81
 Wann muss ich Zahlungen zurückerstatten? 99
3

So füllen Sie Ihren Antrag aus 101


 Das sollten Sie im Vorfeld beachten 102
 Hauptantrag und Zusatzblätter 103

Weitere Anträge und Rechtsmittel 119


 Sonstige Anträge im Zusammenhang mit
den Leistungen 120
 Wie überprüfe ich den Bescheid? 124
 So wehren Sie sich, wenn Ihr Antrag abgelehnt wird 127

 Stichwortverzeichnis 141
4

Vorwort
Zum 1. Januar 2005 wurde die Arbeitslosenhilfe abgeschafft
und für alle in der BRD Lebenden zwischen 15 und 65 Jahren
eine neue Grundsicherung, das SGB II (Grundsicherung für
Arbeitsuchende), eingeführt. Jeder, ob er nun arbeitslos, als
Arbeitnehmer beschäftigt oder selbstständig ist, erhält, wenn
er hilfebedürftig ist, Leistungen des Staates, damit das Exis
tenzminimum gesichert ist.
In diesem TaschenGuide, der nun in einer neu überarbeiteten
Auflage vorliegt, wurde der Gesetzesstand zum 1. April 2011
auf Basis des Vorabtextes des Gesetzesentwurfes (23. Februar
2011) und dem Beschluss des Bundestages vom 25. Februar
2011 verarbeitet. (Das neu verabschiedete Gesetz lag bei
Redaktionsschluss noch nicht im Wortlaut vor.) Weiterhin
wurden die bisherigen Erkenntnisse aus der Rechtsprechung
und Praxis eingearbeitet, insbesondere die neuesten Urteile
des Bundessozialgerichts (zuletzt Februar 2011). Im Unter
schied zu den Informationen auf den Merkblättern der Bun
desagentur für Arbeit erhalten Sie konkretere Erläuterungen
und Hinweise.
Sie erfahren, wann und in welcher Form Sie den Antrag auf
Leistungen nach dem SGB II stellen müssen, mit welchen
Leistungen Sie rechnen dürfen und welche Bedingungen Sie
für diese Leistungen erfüllen müssen. Sie bekommen ausführ
liche Hinweise, wie und warum Sie ab sofort gegen jeden
ALGIIBescheid Widerspruch einlegen sollten.
Erlangen, im März 2011 Michael Baczko
5

Grundsätzliche Fragen
zum ALG II

Schon bevor Sie den Antrag auf ALG II ausfüllen, stellen sich
Ihnen jede Menge Fragen, auf die Sie auf den folgenden
Seiten Antworten finden:

 Bin ich überhaupt anspruchsberechtigt? (S. 6 ff.)


 Wie viel Geld bekomme ich? (S. 41 ff.)
 Wie wird mein Einkommen ermittelt? (S. 61 ff.)
 Muss ich mein Vermögen verwerten? (S. 81 ff.)
6 Grundsätzliche Fragen zum ALG II

Wer erhält Unterstützung?


Hilfebedürftige erhalten zur Sicherung ihrer Existenz vom
Staat Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und für
die Kosten der Unterkunft. Je nachdem, ob bzw. in welchem
Umfang der Betroffene noch erwerbstätig sein kann, und
auch abhängig vom Alter erhalten diese Personen entweder
Grundsicherung für Arbeitsuchende, Grundsicherung im Alter
und bei Erwerbsminderung, oder Sozialhilfe. Hilfebedürftig
sind Personen, deren Bedarf durch eigenes Einkommen oder
Vermögen nicht gesichert ist. Der Bedarf setzt sich zusam
men aus dem Regelbedarf und den angemessenen Kosten der
Unterkunft. Ist eigenes Einkommen und Vermögen (unter
Berücksichtigung von Freibeträgen) nicht vorhanden oder
liegt dieses unter dem Bedarf, wird der Unterschiedsbetrag
als Grundsicherung oder Sozialhilfe gezahlt. Die Freibeträge
sind je nach Leistung unterschiedlich hoch.

Wann habe ich Anspruch auf Sozialhilfe?


Sind Sie voll erwerbsgemindert (s. S. 16), jedoch nicht auf
Dauer, so haben Sie, wenn Sie bedürftig sind, Anspruch auf
Sozialhilfe. Gehören Sie zu diesem Personenkreis und leben
mit einem ALGIIEmpfänger zusammen, haben Sie Anspruch
auf Sozialgeld nach dem SGB II. Entsprechendes gilt für Per
sonen, die ihr 15. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.
Wer erhält Unterstützung? 7

Wann habe ich Anspruch auf Grundsicherung


bei Erwerbsminderung?
Anspruch auf Grundsicherung bei Erwerbsminderung haben
Sie, wenn Sie hilfebedürftig, zwischen 18 und 65 bzw. 67
Jahre alt und auf Dauer voll erwerbsgemindert sind, d. h. auf
Dauer täglich weniger als drei Stunden arbeiten können. Zur
Altersgrenze siehe Tabelle auf Seite 8.

Andere nicht erwerbsfähige Personen, die nicht auf Dauer voll erwerbsge
mindert sind, haben Anspruch auf Sozialhilfe, wenn sie bedürftig sind.

Wann habe ich Anspruch auf Grundsicherung


im Alter?
Anspruch auf Grundsicherung im Alter haben Sie, wenn Sie
hilfebedürftig und das 65. bzw. das 67. Lebensjahr vollendet
haben.

Wer erhält die Grundsicherung für Arbeitsuchende?


„Hartz IV“ erhalten Hilfebedürftige, die das 18. (teilweise
schon das 15.) Lebensjahr vollendet haben und noch nicht
das 65. bzw. das 67. Lebensjahr und die noch mindestens drei
Stunden am Tag arbeiten können. Auch ihre mit ihnen zu
sammenlebenden Kinder/Partner erhalten die Grundsicherung
für Arbeitsuchende nach dem SGB II („SGB“ = „Sozialgesetz
buch“). Die Altersgrenze von 65 Jahren gilt für Personen, die
vor dem 1. Januar 1946 geboren sind. Für die später Gebore
nen wurde die Altersgrenze stufenweise bis zum 67. Lebens
jahr angehoben.
8 Grundsätzliche Fragen zum ALG II

Geburts Anhebung auf Vollendung


jahrgang um Monate eines Lebensalters von

1947 1 65 Jahren und 1 Monat


1948 2 65 Jahren und 2 Monaten
1949 3 65 Jahren und 3 Monaten
1950 4 65 Jahren und 4 Monaten
1951 5 65 Jahren und 5 Monaten
1952 6 65 Jahren und 6 Monaten
1953 7 65 Jahren und 7 Monaten
1954 8 65 Jahren und 8 Monaten
1955 9 65 Jahren und 9 Monaten
1956 10 65 Jahren und 10 Monaten
1957 11 65 Jahren und 11 Monaten
1958 12 66 Jahren
1959 14 66 Jahren und 2 Monaten
1960 16 66 Jahren und 4 Monaten
1961 18 66 Jahren und 6 Monaten
1962 20 66 Jahren und 8 Monaten
1963 22 66 Jahren und 10 Monaten
ab 1964 24 67 Jahren.
Grundsicherung für Arbeitsuchende 9

Welche Unterschiede gibt es zwischen den


verschiedenen Leistungen?
Die Grundleistungen der Sozialhilfe, des Sozialgeldes der
Grundsicherung für Arbeitsuchende und der Grundsicherung
im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem 4. Kapitel des
SGB XII sind im Wesentlichen gleich (Regelbedarf, Kosten für
Unterkunft, Mehrbedarfe), sodass es prinzipiell keinen Unter
schied macht, ob jemand Sozialgeld anstelle von Sozialhilfe
oder Grundsicherung im Alter oder bei Erwerbsminderung
erhält.
Während der Regelbedarf beim ALG II bundeseinheitlich
festgelegt wird, wird dieser bei der Sozialhilfe und der
Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung regional
festgelegt, orientiert sich aber am Regelbedarf, wie beim
ALG II. Geringe Abweichungen bei den regionalen Regelbe
darfen können sich ergeben.

Grundsicherung für Arbeitsuchende


Die Grundsicherung für Arbeitsuchende besteht nicht nur aus
der Zahlung von Geld für den Lebensunterhalt und der
Übernahme von Unterkunfts und Heizkosten (ALG II), son
dern beinhaltet eine Vielzahl sonstiger Leistungen.
Die Leistungen werden von der Bundesagentur für Arbeit und
den kreisfreien Städten und Kreisen erbracht. Aufgrund einer
Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts sind die bishe
rigen ARGEn nicht mehr zulässig, jedoch können die Bundes
agentur und die kreisfreien Städte und Kreise weiterhin zu
10 Grundsätzliche Fragen zum ALG II

sammenarbeiten. Die kreisfreien Städte und Kreise können


die Aufgaben des SGB II jedoch auch in alleiniger Verantwor
tung durchführen.
Zur besseren Verständlichkeit wird in diesem TaschenGuide
der Begriff ARGE weiterhin verwendet.

ALG II auch für Selbstständige und Beschäftigte


Arbeitslosigkeit ist nicht Voraussetzung für Leistungen nach
dem SGB II. Jeder, der nicht über genügend Einkommen
und/oder Vermögen verfügt, um für sich und ggf. seine Fami
lie, Kinder oder Partner den notwendigen Lebensunterhalt zu
bestreiten, hat Anspruch auf ALG II. Somit können also auch
Selbstständige, Arbeitnehmer, Bezieher von ALG I, einer Teil
erwerbsminderungsrente etc. Anspruch auf diese Leistungen
haben. Sonderregelungen bestehen teilweise für Ausländer
und Asylbewerber.
Ob und in welcher Höhe Sie Anspruch auf ALG II haben,
hängt teilweise auch vom Einkommen und Vermögen der
Personen ab, mit denen Sie zusammenwohnen. Zu unter
scheiden sind dabei die Begriffe
 Bedarfsgemeinschaft: Das Einkommen und Vermögen sämt
licher Mitglieder wird im Prinzip zusammengerechnet.
 Haushaltsgemeinschaft: Das Einkommen und Vermögen
der Mitglieder wird zusammengerechnet, wenn gewisse
Grenzen überschritten werden.
 Wohn/Zweckgemeinschaft: Das Einkommen und Vermö
gen der Mitglieder wird nicht zusammengerechnet.
Grundsicherung für Arbeitsuchende 11

Wer zählt zur Bedarfsgemeinschaft?


Nach § 7 Abs. 3 SGB II gehören zur Bedarfsgemeinschaft:
1 die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten,
2 die im Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt
lebende Elternteil eines unverheirateten erwerbsfähigen
Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet
hat, und die im Haushalt lebende Partnerin oder der im
Haushalt lebende Partner dieses Elternteils,
3 als Partnerin oder Partner der erwerbsfähigen Leistungs
berechtigten
a) die nicht dauernd getrennt lebende Ehegattin oder der
nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte,
b) die nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartnerin
oder der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner,
c) eine Person, die mit der erwerbsfähigen leistungsbe
rechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so
zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der
wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung
füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.
4 die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder
der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen, wenn
sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit
sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhaltes
nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen
können.
12 Grundsätzliche Fragen zum ALG II

Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu


tragen und füreinander einzustehen, wird entsprechend § 3a
SGB II vermutet, wenn Partner
 länger als ein Jahr zusammenleben,
 mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben,
 Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder
 befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen
zu verfügen.
Einkommen des Partners innerhalb einer Bedarfsgemein
schaft wird auch auf den Bedarf nicht leiblicher Kinder ange
rechnet, unabhängig davon, ob der Elternteil mit dem Partner
verheiratet ist oder nicht.
Die gesetzliche Vermutung, dass eine Bedarfsgemeinschaft
besteht, können Sie theoretisch als Betroffener widerlegen.
Sie müssen dann darlegen und nachweisen, dass die Kriterien
des Gesetzes sämtlich nicht erfüllt werden bzw. die Vermu
tung durch andere Umstände entkräftet wird. Dies zu bewei
sen ist teilweise schwierig bzw. fast unmöglich. Sie müssen
nachweisen, dass Sie nicht gemeinsam wirtschaften, einer für
den anderen nicht einsteht, jeder ein eigenes Zimmer hat etc.
Treffen Sie deshalb vor Stellung des Antrags auf Leistungen
nach dem SGB II entsprechende Vorsorge. Am sichersten ist
es – sofern tatsächlich keine Bedarfsgemeinschaft vorliegt –,
getrennte Wohnungen zu haben. Sich nur zum Schein in
einer anderen Wohnung anzumelden ist allerdings auf keinen
Fall ratsam, da Kontrollen erfolgen können und Sie aufgrund
Grundsicherung für Arbeitsuchende 13

einer solchen Vortäuschung mit einer Strafanzeige wegen


Betrugs rechnen müssen.

Wer zählt zur Haushaltsgemeinschaft?


Leben Sie in einer Haushaltsgemeinschaft, wird geprüft, ob
Mitglieder der Haushaltsgemeinschaft Sie unterstützen, was
zur Kürzung oder zum Wegfall des ALG II führen kann. Liegt
nur eine sogenannte Zweckgemeinschaft vor, wie z. B. bei
StudentenWGs, wird davon ausgegangen, dass keine gegen
seitige Unterstützung erfolgt.
Leben Personen mit Ihnen im Haushalt (Wohnung), die nicht
zur Bedarfsgemeinschaft gehören, können sie zur Haushalts
gemeinschaft gehören. Diese liegt jedoch im Gegensatz zu
Wohn oder Zweckgemeinschaft nur vor, wenn der erwerbs
fähige Hilfebedürftige mit Verwandten oder Verschwäger
ten in einem gemeinsamen Haushalt lebt und sie gemeinsam
wirtschaften. Zu einer Haushaltsgemeinschaft, nicht aber zu
einer Bedarfsgemeinschaft, gehören:
 Kinder, die das 25. Lebensjahr vollendet haben,
 Großeltern und Enkelkinder,
 Onkel, Tanten, Nichten und Neffen,
 Pflegekinder und Pflegeeltern,
 Geschwister, soweit sie ohne Eltern zusammenleben,
 sonstige Verwandte und Verschwägerte.
Nicht zu einer Haushaltsgemeinschaft gehören nicht ver
wandte Personen einer Wohngemeinschaft.
14 Grundsätzliche Fragen zum ALG II

Beispiel


Ein unverheiratetes Kind, das zusammen mit seinen erwerbs
fähigen Eltern in einer Bedarfsgemeinschaft lebt, vollendet das
25. Lebensjahr. Dies hat zur Folge, dass das Kind nun eine eige
ne Bedarfsgemeinschaft bildet. Es gehört jedoch weiterhin zur
Haushaltsgemeinschaft der Eltern.

Wenn Sie mit Verwandten oder Verschwägerten in einem ge


meinsamen Haushalt wohnen, geht das Gesetz davon aus,
dass eine gegenseitige finanzielle Unterstützung gewährt
wird. Dies gilt jedoch nur dann, wenn es nach den jeweiligen
Einkommens und Vermögensverhältnissen erwartet werden
kann.
Ist eine Person Mitglied einer Haushaltsgemeinschaft, ohne
der Bedarfsgemeinschaft seiner Mitbewohner anzugehören,
hat dies Auswirkungen auf die an die Bedarfsgemeinschaft zu
zahlenden Kosten der Unterkunft.
Beispiel


In einem Haushalt leben Vater, Mutter, Großvater und ein 17
Jahre altes Kind. Der Großvater erhält Rente und ist nicht
bedürftig. Die Kosten der Unterkunft betragen 400 Euro.
Der Großvater gehört der Haushaltsgemeinschaft, nicht aber der
Bedarfsgemeinschaft an. Der auf ihn entfallende Mietanteil von
100,00 Euro kann nicht im Rahmen der Grundsicherung für
Arbeitsuchende (ALG II) übernommen werden. Dieser Betrag ist
vom kommunalen Träger im Rahmen der Grundsicherung im
Alter zu zahlen.

Um nachzuprüfen, ob die Mitglieder einer Haushaltsgemein


schaft aus ihrem Einkommen und Vermögen zum Unterhalt
Grundsicherung für Arbeitsuchende 15

desjenigen, der Leistungen nach dem SGB II haben will, bei


tragen können, wird eine komplizierte Berechnung aufge
stellt. Hierzu werden das Einkommen des Angehörigen der
Haushaltsgemeinschaft, der kein ALG II bezieht, und der fik
tive Bedarf nach dem ALG II ermittelt.
Hierbei handelt es sich aber um die gesetzliche Vermutung,
dass der ALGIIAntragsteller unterstützt wird. Diese
Vermutung können Sie widerlegen. Z. B. wenn Sie beweisen
können, dass Sie von den Haushaltsangehörigen nichts oder
z. B. nur ein Darlehen zur Überbrückung einer Notlage
erhalten. Nach Ansicht der ARGE müssen jedoch noch
weitere Umstände hinzukommen, sodass die Mutter bzw. der
Vater bisher die Tochter nicht unterstützt haben, der
Familienzusammenhalt zerstört war oder ist etc. Ob im
Einzelfall die Vermutung der Unterstützung widerlegt werden
kann, muss im Streitfall durch die Gerichte entschieden
werden.

Die Zweck bzw. die Wohngemeinschaft


Von der Haushaltsgemeinschaft zu unterscheiden ist die
Zweck bzw. die Wohngemeinschaft. Hier wohnen Personen,
die nicht zu einer Haushalts oder Bedarfsgemeinschaft ge
hören, in einem „gemeinsamen Haushalt“. Ihr jeweiliges
Einkommen und Vermögen wird nicht zusammengerechnet,
jedoch werden, soweit gemeinsame Kosten für Unterkunft
etc. getragen werden, diese anteilsmäßig nach Kopfzahl
berücksichtigt. Leben also in einer Wohngemeinschaft z. B.
ein ALGIIEmpfänger und eine zweite Person, die kein ALG II
erhält, zusammen, so übernimmt die ARGE nur die Unter
16 Grundsätzliche Fragen zum ALG II

kunftskosten, welche anteilsmäßig auf den ALGIIEmpfänger


entfallen (bei zwei Personen i. d. R. die Hälfte).

Welche Bedingungen muss ich erfüllen?


Anspruch auf Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem
SGB II haben Sie, wenn Sie bedürftig sind sowie
 bereits das 15., aber noch nicht das 65. (bzw. 67.) Lebens
jahr vollendet haben,
 erwerbsfähig sind und
 Ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der BRD haben (siehe
Seite 19–21).

Erwerbsfähig ist jemand, der noch mindestens drei Stunden


täglich irgendeine Arbeit auf dem „allgemeinen Arbeits
markt“ verrichten kann. Ein sozialer Abstieg muss hinge
nommen werden, einen Berufsschutz gibt es nicht. Es müssen
auch keine konkreten Tätigkeiten benannt werden. Die Ent
scheidung, ob Sie erwerbsfähig sind, trifft in der Regel die
gesetzliche Rentenversicherung (DRV). Solange diese nicht
festgestellt hat, dass Sie voll erwerbsgemindert sind, also
weniger als drei Stunden täglich arbeiten können, haben Sie
bei Bedürftigkeit Anspruch auf ALG II. Sind Sie teilerwerbs
gemindert (Sie können aus gesundheitlichen Gründen täglich
weniger als sechs aber noch mindestens drei Stunden arbei
ten) oder berufsunfähig, haben Sie bei Bedürftigkeit ebenfalls
Anspruch auf ALG II. Entsprechendes gilt für die Mitglieder
der Bedarfsgemeinschaft. Wenn Sie zwar erwerbsfähig sind,
eine Erwerbstätigkeit jedoch vorübergehend unzumutbar ist
Grundsicherung für Arbeitsuchende 17

(z. B. wegen der Erziehung eines Kindes unter drei Jahren),


ändert dies nichts an Ihrem Leistungsanspruch.

Auf keinen Fall sollten Sie sich weigern, Arbeit anzunehmen bzw. Bewer
bungen zu schreiben, solange nicht amtlicherseits festgestellt worden ist,
dass Erwerbsunfähigkeit vorliegt. Verweigern Sie trotzdem die Arbeit,
kann das ALG II gekürzt oder vollkommen gestrichen werden (s. S. 37).

Von der Erwerbsunfähigkeit zu unterscheiden ist die (vo


rübergehende) Arbeitsunfähigkeit („Krankschreibung“). Bei
Arbeitsunfähigkeit haben Sie grundsätzlich Anspruch auf
ALG II.

Wann habe ich keinen Anspruch auf


Grundsicherung für Arbeitsuchende?
Keinen Anspruch auf Grundsicherung für Arbeitsuchende ha
ben Sie, wenn Sie
 nicht arbeitswillig sind und zumutbare Arbeit (s. S. 34)
oder Maßnahmen zur Eingliederung in den allgemeinen
Arbeitsmarkt ablehnen;
 das 65. bzw. 67. Lebensjahr bereits vollendet haben;
 als Auszubildender Anspruch auf Förderung über Berufs
ausbildungsbeihilfe oder nach dem BAFöG haben (in be
sonderen Härtefällen werden Leistungen zu Sicherung des
Lebensunterhalts als Darlehen sowie ein Zuschuss zu den
ungedeckten angemessenen Kosten für Unterkunft und
Heizung geleistet);
 Rente wegen Alters, Knappschaftsausgleichsleistung oder
ähnliche Leistungen öffentlichrechtlicher Art beziehen;
18 Grundsätzliche Fragen zum ALG II

 voll erwerbsgemindert sind;


 in einer stationären Einrichtung oder in einer Einrichtung
zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung
untergebracht sind, es sei denn, Sie sind unter den übli
chen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindes
tens 15 Stunden die Woche erwerbstätig oder voraus
sichtlich weniger als sechs Monate in einem Krankenhaus
oder einer Vorsorge oder Rehabilitationseinrichtung im
Sinne der gesetzlichen Krankenversicherung unterge
bracht.

Aufenthalt in stationären Einrichtungen


Sind Sie in einer stationären Einrichtung voraussichtlich
mehr als sechs Monate untergebracht, haben Sie grund
sätzlich keinen Anspruch auf ALG II. Nach der Rechtspre
chung des BSG gibt es jedoch Ausnahmefälle, z. B. wenn Sie
theoretisch mindestens 15 Stunden in der Woche einer Er
werbstätigkeit nachgehen können (BSG, Entscheidung vom
6. Juli 2007, Az: B 14/7b AS 16/07 R).
Eventuell sind Ansprüche nach dem SGB XII (Sozialhilfe
gesetz) oder sonstige Ansprüche gegen die ARGE gegeben.
Stellen Sie deshalb bei einer mehr als sechsmonatigen Unter
bringung sowohl einen Antrag nach dem SGB II als auch
einen auf Sozialhilfe (SGB XII).
Ist nicht voraussehbar, wie lange sie untergebracht sein
werden, oder wird ein unter sechs Monaten dauernder Auf
enthalt prognostiziert, haben Sie bei Bedürftigkeit für die
ersten sechs Monate Anspruch auf ALG II nach dem SGB II.
Grundsicherung für Arbeitsuchende 19

Es muss sich hierbei um ein Krankenhaus im Sinne der ge


setzlichen Krankenversicherung handeln. Einrichtungen der
medizinischen Rehabilitation sind Krankenhäusern gleichge
stellt. Der Aufenthalt in einem Fachkrankenhaus zur Alkohol
entwöhnung und der nachfolgende Aufenthalt in einer Jus
tizvollzugsanstalt werden nicht zusammengerechnet. Es zählt
nur die prognostische Dauer des Aufenthalts im Fachkran
kenhaus (BSG, Urteil vom 6. September 2007, Az: B 14/7b AS
60/06 R).

Ausländer mit gewöhnlichem Aufenthalt


in Deutschland
Als Ausländer mit gewöhnlichem Aufenthalt in der Bundesre
publik Deutschland haben Sie trotz Vorliegens aller anderen
Voraussetzungen keinen Anspruch auf ALG II, wenn
 Sie Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz er
halten (Asylbewerber, ausreisepflichtige Ausländer, Aus
länder mit einem geduldeten Aufenthalt);
 Ihnen der Zugang zum Arbeitsmarkt nach dem Ausländer
recht verwehrt ist;
 Sie sich aufgrund der Bleiberechtsregelung nach § 104a
Ausländergesetz in der BRD aufhalten können, jedoch un
ter bestimmten Voraussetzungen durch Ländergesetze von
den Leistungen des SGB II ausgeschlossen werden.
 Sie sich als EUBürger nur zum Zweck der Arbeitssuche in
Deutschland aufhalten.
20 Grundsätzliche Fragen zum ALG II

Nach einem Urteil des EuGH dürfte die letzte Bestimmung


nicht mehr gelten: Leistungen wie ALG II, die die Chancen
auf dem Arbeitsmarkt erhöhen sollen, dürfen nach dem Urteil
des Europäischen Gerichtshofes vom 4. Juni 2009 EUAuslän
dern nicht versagt werden (Az: C22/08/C23/08). EUAus
ländern, die zur Arbeitssuche nach Deutschland kommen,
steht deshalb wohl ALG II zu. Im Fall zweier Griechen kommt
es nach Ansicht des EuGH gar nicht auf ihre Arbeitssuche an,
weil beide Männer zunächst in Deutschland gearbeitet ha
ben. Dass die Tätigkeiten geringfügig oder kurzfristig waren,
hindere nicht daran, sie als Arbeitnehmer einzustufen. Sie
müssten schon deshalb Anspruch auf Hartz IV haben, nach
dem sie arbeitslos wurden.
Darüber weit hinausgehend weist der EuGH auch darauf hin,
dass Leistungen zur „Integration in den Arbeitsmarkt“ allen
EUBürgern zukommen müssen, die bereits eine „tatsächliche
Verbindung“ mit dem konkreten Arbeitsmarkt hergestellt
haben. Dazu genüge es, wenn der EUBürger „während eines
angemessenen Zeitraumes tatsächlich eine Beschäftigung in
dem Mitgliedstaat gesucht hat“.
Wenn Sie nicht verfügbar sind
Keine Leistungen nach dem SGB II erhalten Sie, wenn Sie sich
ohne Zustimmung Ihres persönlichen Ansprechpartners au
ßerhalb des in der Erreichbarkeitsanordnung definierten zeit
und ortsnahen Bereichs aufhalten.
Verfügbar sind Sie nur, wenn Sie für die ARGE/Kommune er
reichbar sind, d. h. Vorschlägen zur beruflichen Eingliederung
zeit und ortsnah Folge leisten können. Sie müssen insbeson
Grundsicherung für Arbeitsuchende 21

dere in der Lage sein, unverzüglich Mitteilungen der ARGE


persönlich zur Kenntnis zu nehmen, die ARGE aufzusuchen,
mit einem möglichen Arbeitgeber oder Maßnahmeträger in
Verbindung zu treten, eine Arbeit anzunehmen bzw. an einer
Eingliederungsmaßnahme teilzunehmen. Sie müssen persön
lich an jedem Werktag an Ihrem Wohnsitz oder unter einer
anderen mitgeteilten Anschrift im Nahbereich der Agentur
durch Briefpost erreichbar sein. Sie müssen sich auch tat
sächlich persönlich im Nahbereich aufhalten. Eine Entgegen
nahme und Weiterleitung der Post durch andere Personen
reicht – außer in Fällen der Krankheit etc. – nicht aus.
Anspruch auf Urlaub gibt es für ALGIIEmpfänger nicht. Sie
können sich aber mit vorheriger Zustimmung Ihres Bearbei
ters außerhalb ihres Wohnortes (auch im Ausland) aufhalten.
Nach Ihrer Rückkehr müssen Sie sich unverzüglich zurück
melden.

Haben Sie das 58. Lebensjahr vollendet, so kann eine Zustimmung zur
Ortsabwesenheit bis zu 17 Wochen im Kalenderjahr erteilt werden.

Wer hat Anspruch auf Sozialgeld?


Anspruch auf Sozialgeld haben bedürftige, nicht erwerbsfähi
ge Angehörige eines ALGIIBerechtigten,
 die mit einem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in Bedarfs
gemeinschaft leben (s. S. 11) und
 die keinen Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung
nach dem 4. Kapitel des SGB XII im Alter und bei dauer
hafter voller Erwerbsminderung haben.
22 Grundsätzliche Fragen zum ALG II

Zu den Anspruchsberechtigten gehören


 nicht erwerbsfähige Partner,
 Kinder des Erwerbsfähigen oder seines Partners bis zum
15. Lebensjahr,
 Kinder des Erwerbsfähigen oder seines Partners ab dem
15. Lebensjahr, die
– eine Schule besuchen und keinen Anspruch auf BAFöG
haben oder
– in einer Berufsausbildung sind und keinen Anspruch auf
BAFöG oder Berufsausbildungsbeihilfe haben.

Kinder von Erwerbsfähigen oder Kinder des Partners ab dem 15. Lebens
jahr, die keine Schule besuchen oder keine Berufsausbildung machen oder
an berufsvorbereitenden Maßnahmen teilnehmen, haben keinen An
spruch auf Sozialgeld, sondern auf ALG II.

Diejenigen zwischen 15 und 65 bzw. 67 Jahren, die nur noch


unter drei Stunden arbeiten können, erhalten bei Bedürftig
keit, wenn sie nicht auf Dauer voll erwerbsgemindert sind,
Sozialhilfe nach dem SGB XII. Leben diese Personen jedoch
mit erwerbsfähigen Personen, die Anspruch auf Leistungen
nach dem SGB II haben, in einer Bedarfsgemeinschaft
(s. S. 11) zusammen, erhalten sie nach dem SGB II Sozialgeld.
Entsprechendes gilt für Personen, die das 15. Lebensjahr noch
nicht vollendet haben. Erwerbsfähige Hilfebedürftige in der
Bedarfsgemeinschaft sind Vater, Mutter und Kinder bis zum
25. Lebensjahr sowie Ehegatten oder Partner des Hilfebedürf
tigen, soweit diese noch mindestens drei Stunden täglich
arbeiten können.
Auf welche Leistungen habe ich Anspruch? 23

Auf welche Leistungen habe ich


Anspruch?
Wenn Sie selbst oder zusammen mit den Personen, mit denen
Sie in einer Bedarfsgemeinschaft leben, bedürftig sind (s. o.),
haben Sie nach dem SGB II unter anderem auf folgende Leis
tungen Anspruch (dies ist keine abschließende Aufzählung):
 Dienstleistungen, insbesondere Informationen, Beratung
und umfassende Unterstützung durch einen persönlichen
Ansprechpartner (sog. Fallmanager), wobei das Ziel Ihre
Eingliederung in Arbeit ist;
 Geldleistungen, insbesondere um Ihre Eingliederung in Ar
beit zu erreichen, sowie zur Sicherung Ihres Lebensunter
halts und der mit Ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft le
benden Personen (ALG II, Sozialgeld, Kosten für Unterkunft
und Heizung);
 Sachleistungen.
Insbesondere können Sie folgende Leistungen in Anspruch
nehmen:
 Vermittlung und Beratung;
 Fallmanagement: Für jeden ALGIIEmpfänger ist ein per
sönlicher Ansprechpartner, der sogenannte Fallmanager,
zuständig. Dessen Aufgabe ist insbesondere die Informati
on, Beratung und Unterstützung des Arbeitsuchenden mit
dem Ziel, diesen wieder in das Arbeitsleben einzugliedern;
 Erstattung von Bewerbungs und Reisekosten im Zusam
menhang mit Vorstellungsgesprächen;
24 Grundsätzliche Fragen zum ALG II

 Teilnahme an Trainingsmaßnahmen;
 Mobilitätshilfen;
 Förderung Ihrer beruflichen Weiterbildung;
 Förderung Ihrer Teilhabe am Arbeitsleben, wenn Sie behin
dert sind;
 Eingliederungszuschüsse;
 Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen;
 Arbeitsgelegenheiten;
 Beschäftigung schaffende Infrastrukturmaßnahmen;
 Vermittlungsgutscheine.
Darüber hinaus können Sie weitere Leistungen, auf die kein
Rechtsanspruch besteht, erhalten, wenn sie zu Ihrer Einglie
derung in das Erwerbsleben erforderlich sind. Dazu gehören
insbesondere die Betreuung minderjähriger oder behinderter
Kinder, die häusliche Pflege von Angehörigen, die Schuldner
und Suchtberatung, die psychosoziale Betreuung, das Ein
stiegsgeld und Leistungen nach dem Altersteilzeitgesetz.
Einstiegsgeld und sonstige Leistungen zur Eingliederung
können auch dann noch als Darlehen gefördert werden, wenn
die Hilfebedürftigkeit durch oder nach Aufnahme einer Be
schäftigung entfällt, dies wirtschaftlich erscheint und der Er
werbsfähige die Maßnahme voraussichtlich erfolgreich ab
schließen wird.

Bei einigen Leistungen zur Förderung der Teilhabe behinderter Menschen


am Arbeitsleben besteht ggf. bei Vorliegen entsprechender Voraussetzun
gen ein Rechtsanspruch.
Auf welche Leistungen habe ich Anspruch? 25

Arbeitgeber, die ALGIIEmpfänger beschäftigen, können


Zuschüsse erhalten. Die Höhe und Dauer hängt von den je
weiligen Verhältnissen des Arbeitslosen ab.
Personen, die innerhalb der letzten zwei Jahre weder nach
dem SGB III noch nach dem SGB II Leistungen zur Sicherung
des Lebensunterhalts bezogen haben, soll bei der Beantra
gung von Leistungen nach dem SGB II unverzüglich Leistun
gen zur Eingliederung in Arbeit angeboten werden. Durch
diese Vorschrift soll vor allem die tatsächliche Arbeitsbereit
schaft von Langzeitarbeitslosen getestet werden. Nehmen Sie
also ein solches Angebot unverzüglich an, da Sie sonst mit
weitreichenden Sanktionen (s. S. 37) rechnen müssen.

Welche Geldleistungen erhalte ich?


Das ALG II berechnet sich so, dass zunächst für Sie und die
mit Ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen je
nach den persönlichen Verhältnissen ein Grundbedarf (nicht
zu verwechseln mit dem Grundbetrag = Regelbedarf) ermittelt
wird.
Auf diesen Grundbedarf werden sämtliche Einnahmen und
Vermögen unter Berücksichtigung von Freibeträgen ange
rechnet. Der verbleibende Unterschiedsbetrag wird ausge
zahlt.
Sie und die mit Ihnen in der Bedarfsgemeinschaft Lebenden
erhalten als ALG II
 einen Grundbetrag, den sog. monatlichen Regelbedarf, zur
Sicherung des Lebensunterhalts. Er umfasst insbesondere
26 Grundsätzliche Fragen zum ALG II

Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushalts


energie ohne die auf die Heizung entfallenden Anteile,
Bedarfe des täglichen Lebens sowie in vertretbarem Um
fang auch Beziehungen zur Umwelt und eine Teilnahme
am kulturellen Leben,
 die angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung,
 eventuell einen Mehrbedarf für Alleinerziehende oder für
eine kostenaufwendige Ernährung bei bestimmten Krank
heiten.

Daneben haben Sie noch Anspruch auf folgende einmalige


Leistungen:
 Erstausstattungen für die Wohnung einschließlich Haus
haltsgeräten,
 Erstausstattungen für Bekleidung und Erstausstattungen
bei Schwangerschaft und Geburt sowie
 Anschaffung und Reparaturen von orthopädischen Schu
hen, Reparaturen von therapeutischen Geräten und Aus
rüstungen sowie die Miete von therapeutischen Geräten.

Diese Leistungen können auch erbracht werden, wenn kein


Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II besteht, aber
durch diese Kosten Hilfebedürftigkeit entsteht. Fallen sonsti
ge notwendige, unabwendbare Kosten an, z. B. Ersatz für eine
kaputte Waschmaschine, kann Ihnen ein Darlehen gewährt
werden.
Auf welche Leistungen habe ich Anspruch? 27

Neu: Individueller Mehrbedarf


Neu eingeführt wurde ein sogenannter individueller Mehrbe
darf für Bedürfnisse, die weder im Regelbedarf enthalten,
noch sonst ausdrücklich im Gesetz genannt sind.
§ 21 Abs. 6 SGB II, Absatz 6
Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Ein
zelfall ein unabweisbarer, nicht nur einmaliger besonderer Bedarf besteht.
Der Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die
Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglich
keiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheb
lich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht.

Neue Leistungen gemäß § 28 SGB II


Neu eingeführt wurden 2011 die zusätzlichen Bedarfe für
Bildung und Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in
der Gemeinschaft für Kinder, Jugendliche und junge Erwach
sene. Dabei werden Bedarfe für Bildung nur bei Personen
berücksichtigt, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet
haben, eine allgemein oder berufsbildende Schule besuchen
und keine Ausbildungsvergütung erhalten (Schülerinnen und
Schüler).
Nach Absatz 2 weden bei Schülerinnen und Schülern die
tatsächlichen Aufwendungen anerkannt für
1 Schulausflüge und
2 mehrtägige Klassenfahrten im Rahmen der schulrechtli
chen Bestimmungen.
Für Kinder, die eine Kindertageseinrichtung besuchen, gilt
Satz 1 entsprechend.
28 Grundsätzliche Fragen zum ALG II

Absatz 3 besagt, dass bei Schülerinnen und Schülern für die


Ausstattung mit persönlichem Schulbedarf 70 Euro zum
1. August und 30 Euro zum 1. Februar eines jeden Jahres be
rücksichtigt werden.
Bei Schülerinnen und Schülern, die für den Besuch der
nächstgelegenen Schule des gewählten Bildungsgangs auf
Schülerbeförderung angewiesen sind, werden laut Absatz 4
die dafür erforderlichen tatsächlichen Aufwendungen be
rücksichtigt, soweit sie nicht von Dritten übernommen wer
den und es der leistungsberechtigten Person nicht zugemutet
werden kann, die Aufwendungen aus dem Regelbedarf zu
bestreiten.
Eine schulische Angebote ergänzende angemessene Lernför
derung wird nach Absatz 5 berücksichtigt, soweit diese ge
eignet und zusätzlich erforderlich ist, um die nach den schul
rechtlichen Bestimmungen festgelegten wesentlichen Lern
ziele zu erreichen.
Absatz 6 behandelt die Teilnahme an einer gemeinschaftli
chen Mittagsverpflegung. Die entstehenden Mehraufwen
dungen werden berücksichtigt für
1 Schülerinnen und Schüler und
2 Kinder, die eine Tageseinrichtung besuchen, oder für die
Kindertagespflege geleistet wird.
Für Schülerinnen und Schüler gilt dies unter der Vorausset
zung, dass die Mittagsverpflegung in schulischer Verantwor
tung angeboten wird. In den Fällen des Satzes 2 ist für die
Ermittlung des monatlichen Bedarfs die Anzahl der Schultage
Auf welche Leistungen habe ich Anspruch? 29

in dem Land zu Grunde zu legen, in dem der Schulbesuch


stattfindet.
Bei Leistungsberechtigten bis zur Vollendung des 18. Lebens
jahres wird ein Bedarf zur Teilhabe am sozialen und kulturel
len Leben in der Gemeinschaft in Höhe von 10 Euro monat
lich berücksichtigt für
 Mitgliedsbeiträge in den Bereichen Sport, Spiel, Kultur und
Geselligkeit,
 Unterricht in künstlerischen Fächern (zum Beispiel Musik)
und vergleichbare angeleitete Aktivitäten der kulturellen
Bildung und
 die Teilnahme an Freizeiten.

Kranken und Pflegeversicherung


Als ALGIIEmpfänger sind Sie automatisch gesetzlich kran
ken, und pflegeversichert (dies gilt nicht, wenn Sie ALGII
als Darlehen erhalten). Ihre Familienangehörigen (Ehefrau,
Kinder) haben dann das Recht auf Familienversicherung in
der gesetzlichen Krankenversicherung. Dies gilt jedoch nur,
wenn Ihr Ehepartner nicht bereits gesetzlich krankenversi
chert ist. In diesem Fall haben Sie und Ihre Kinder das Recht,
sich bei der Krankenversicherung Ihres Ehepartners familien
zuversichern.
Wird Einkommen des mit Ihnen zusammenlebenden Partners,
mit dem Sie nicht verheiratet sind, Ihnen angerechnet bzw.
umgekehrt und ist deshalb der Bedarf gedeckt, sodass Sie
kein ALG II erhalten, gilt: Verringert sich durch den an die
30 Grundsätzliche Fragen zum ALG II

Kranken und Pflegeversicherung zu zahlenden Betrag das


zur Verfügung stehende Einkommen so weit, dass Sie theore
tisch Anspruch auf ALG II hätten, übernimmt die Bundes
agentur für Arbeit auf Antrag die notwendigen Beiträge für
Kranken und Pflegeversicherung. In diesem Fall ist es beson
ders wichtig, dass Sie sich von der Rentenversicherung bera
ten lassen und weiterhin bei der Arbeitsagentur arbeitsu
chend melden (s. u.).

Achtung: Keine Abführung von Rentenbeiträgen!


Ab 2011 werden für Bezieher von ALG II keine Beiträge zur
Rentenversicherung mehr abgeführt. Grundsätzlich gelten
zwar die Zeiten des ALGIIBezuges als sogenannte Anrech
nungszeiten. Sie sollten sich aber dennoch auf jeden Fall von
der Rentenversicherung beraten lassen, ob Sie etwas unter
nehmen müssen (und ggf. was), damit Ihre Rentenansprüche,
insbesondere für den Bezug einer vorzeitigen Rente wegen
Erwerbsminderung, Schwerbehinderung, Alter etc., nicht
verloren gehen.

Wenn Sie kein ALG I oder ALG II erhalten


Besonders wichtig ist es, dass Sie sich, wenn Sie kein ALG I
mehr erhalten, sofort von der Rentenversicherung beraten
lassen, was Sie unternehmen müssen, damit keine Lücke in
ihrem Versicherungsverlauf entsteht.
Melden Sie sich bei der Arbeitsagentur, wenn Sie kein ALG I
erhalten, unbedingt weiter als arbeitssuchend! Dann haben
Sie keine Nachteile in der Rentenversicherung. Die Arbeits
Welche Pflichten habe ich als Leistungsempfänger? 31

agentur muss Sie auch dann weiter als arbeitssuchend füh


ren, wenn sie ALG II beantragt haben, aber auch dann, wenn
Sie keine Leistungen beziehen und sich arbeitssuchend mel
den. Lassen Sie sich regelmäßig bestätigen, dass Sie bei der
Arbeitsagentur gemeldet sind.

Lassen Sie nicht zu, dass die Mitarbeiter der Arbeitsagentur Sie abmelden,
wehren Sie sich dagegen! Das „Abmelden“ bei der Arbeitsagentur kann zu
schweren versicherungsrechtlichen Nachteilen in der Rentenversicherung
führen.

So kann es passieren, dass Sie wegen fehlender Meldung bei


der Arbeitsagentur Jahre später keine Rente erhalten, obwohl
Sie erwerbsgemindert sind, da die entsprechenden Versiche
rungszeiten nicht (mehr) erfüllt sind, wenn Sie sich nicht
mehr regelmäßig bei der Arbeitsagentur als arbeitssuchend
gemeldet haben. Wichtig: Dies gilt auch, wenn Sie einen
400EuroJob haben.

Welche Pflichten habe ich


als Leistungsempfänger?
Wollen Sie Leistungen nach dem SGB II erhalten, sind Sie
verpflichtet, sich selbst intensiv darum zu bemühen, Ein
kommen zu erzielen, insbesondere wieder in Arbeit zu kom
men, sollten Sie nicht bereits in einem Arbeitsverhältnis
stehen oder Einkommen aus freiberuflicher oder selbststän
diger Tätigkeit erzielen.
32 Grundsätzliche Fragen zum ALG II

Haben Sie keine oder nur eine geringfügige Beschäftigung,


sind Sie also Arbeitsuchende/r, so sind Sie verpflichtet, eine
Eingliederungsvereinbarung abzuschließen.

Eingliederungsvereinbarung abschließen
Ziel und Zweck der Eingliederungsvereinbarung soll zunächst
sein, dass ein persönlicher Ansprechpartner – der sog. Fall
manager – mit Ihnen Ihre Situation bespricht und nach einer
gründlichen Analyse in einer Eingliederungsvereinbarung
festlegt, was Sie unternehmen müssen, um Probleme zu
überwinden und eine neue Chance auf eine Beschäftigung zu
bekommen. Hier wird festgelegt, dass und wie Sie alle Mög
lichkeiten zur Beendigung und Verringerung Ihrer Hilfe
bedürftigkeit nutzen und aktiv an allen von der ARGE für
notwendig gehaltenen Maßnahmen mitwirken müssen.
Grundsätzlich soll in der Eingliederungsvereinbarung be
stimmt werden (§ 15 Abs. 1 SGB II),
 welche Leistungen die oder der Erwerbsfähige zur Einglie
derung in Arbeit erhält,
 welche Bemühungen erwerbsfähige Leistungsberechtigte
in welcher Häufigkeit zur Eingliederung in Arbeit mindes
tens unternehmen müssen und in welcher Form diese Be
mühungen nachzuweisen sind,
 welche Leistungen Dritter, insbesondere Träger anderer
Sozialleistungen, erwerbsfähige Leistungsberechtigte zu
beantragen haben.
Welche Pflichten habe ich als Leistungsempfänger? 33

Kommt eine Eingliederungsvereinbarung nicht zustande,


sollen durch einen Bescheid die obigen Regelungen getroffen
werden.
Inhalt der Eingliederungsvereinbarung kann im Detail sein:
 Hilfe bei der Betreuung minderjähriger oder behinderter
Kinder,
 Schuldnerberatung,
 Suchtberatung,
 psychosoziale Betreuung,
 Übernahme von Mietschulden,
 auf welche Stellen und wie Sie sich bewerben sollen.
Die Eingliederungsvereinbarung ist, wie der Name sagt, eine
Vereinbarung und keine einseitige Festlegung des Fallmana
gers. Formularmäßig vorgelegte „Eingliederungsvereinbarun
gen“, die Ihnen mit der Drohung der Leistungskürzung zur
Unterschrift vorgelegt werden, dürften deshalb in der Regel
unzumutbar sein. Versuchen Sie, auf den Inhalt Einfluss zu
nehmen, und bestehen Sie darauf, dass für Sie unklare Ver
haltensregeln genauer beschrieben werden, z. B.
 auf welche Stellen Sie sich bewerben müssen,
 in welchem Umfang Bewerbungskosten erstattet werden,
 welche Tätigkeiten für Sie unzumutbar sind und
 ob Sie sich grundsätzlich schriftlich bewerben müssen
oder ob auch persönliche, telefonische und EMailBewer
bungen anerkannt werden.
34 Grundsätzliche Fragen zum ALG II

Der Nachweis persönlicher oder telefonischer Bewerbungen


kann zu Problemen führen. Versäumen Sie es hierbei nicht,
sich den genauen Namen Ihres Ansprechpartners und dessen
Telefonnummer geben zu lassen. Notieren Sie die angerufene
Telefonnummer, Zeit und Datum des Gesprächs. Am besten
beantragen Sie bei Ihrer Telefongesellschaft einen Einzelver
bindungsnachweis.

Was ist zumutbar und was nicht?


Haben Sie keine Arbeit, ist Ihnen jede Arbeit zumutbar (d. h.
Sie müssen jede Arbeit annehmen), zu der Sie geistig, see
lisch und körperlich in der Lage sind. Weigern Sie sich, zu
mutbare Arbeiten anzunehmen, werden Ihnen die Leistungen
gekürzt oder sogar ganz gestrichen.
Zumutbarkeit liegt nicht vor, wenn die Ausübung der Arbeit
 Ihnen die künftige Ausübung Ihrer bisherigen überwiegen
den Arbeit wesentlich erschweren würde, weil die bisheri
ge Tätigkeit besondere körperliche Anforderungen stellt
(eine Pianistin dürfte wohl nicht auf Arbeiten auf dem Bau
verwiesen werden);
 die Erziehung Ihres Kindes oder des Kindes Ihres Partners
gefährden würde. Die Erziehung eines Kindes, das das drit
te Lebensjahr vollendet hat, ist in der Regel nicht gefähr
det, soweit seine Betreuung sichergestellt ist (z. B. Kinder
garten);
 mit der Pflege eines Ihrer Angehörigen nicht vereinbar
wäre und die Pflege nicht auf andere Weise sichergestellt
werden kann.
Welche Pflichten habe ich als Leistungsempfänger? 35

Eine Entlohnung unterhalb des Tariflohns oder des ortsüb


lichen Entgelts steht der Zumutbarkeit der Arbeitsaufnahme
grundsätzlich nicht entgegen. Allerdings darf die Arbeit nicht
gegen Gesetz oder die guten Sitten verstoßen.

Bei einer Unterschreitung der ortsüblichen/tariflichen Löhne von mehr als


30 % kann ein Verstoß gegen die guten Sitten vorliegen. Bei besonderen
Fallgestaltungen kann jedoch eine Art Kombilohnmodell in Absprache mit
der ARGE zumutbar sein.

Was hat es mit den EinEuroJobs auf sich?


Unter „EinEuroJobs“ versteht man Arbeitsgelegenheiten im
Rahmen der sogenannten Eingliederungsleistungen. Es han
delt sich um zusätzliche Arbeitsgelegenheiten, die im öffent
lichen Interesse liegen, also gemeinnützig sind.
Beispiel


Soziale Betreuungsarbeiten in der Altenpflege und bei der Kin
derbetreuung sind gemeinnützig, da sie der Gesellschaft zugute
kommen. Sie sind zusätzlich, wenn sie nicht zu den Aufgaben
zählen, die die normalen Altenpflegekräfte und Erzieherinnen
leisten können.

Als gemeinnützig und zusätzlich werden auch Arbeiten für


Kommunen und sonstige öffentliche Einrichtungen betrach
tet, wenn es sich um notwendige Arbeiten handelt, diese
aber ohne öffentliche Förderung innerhalb der nächsten zwei
Jahre nicht durchgeführt werden können.
Bei den EinEuroJobs handelt es sich nicht um ein Arbeits
verhältnis im Sinne des Arbeitsrechts. Die Vorschriften über
den Arbeitsschutz und das Bundesurlaubsgesetz mit Aus
36 Grundsätzliche Fragen zum ALG II

nahme der Regelungen über das Urlaubsentgelt gelten je


doch; für Schäden bei der Ausübung einer solchen Tätigkeit
haften Sie nur wie normal beschäftigte Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmer auch.
Wenn Sie einen EinEuroJob ausüben, erhalten Sie das
ALG II weiter. Außerdem zahlt Ihnen der Träger eine Mehr
aufwandsentschädigung in Höhe von ein bis zwei Euro je
Stunde aus, die nicht auf das ALG II angerechnet wird.
Lehnen Sie das Angebot ab, wird Ihnen das ALG II gekürzt.
Ein Widerspruch gegen die Zuweisung eines EinEuroJobs
hat keine aufschiebende Wirkung, teilweise wird er sogar als
unzulässig angesehen. Weigern Sie sich also, den EinEuro
Job anzunehmen, riskieren Sie, dass Ihnen die Leistung ge
kürzt wird, selbst wenn Sie Widerspruch oder Klage eingelegt
haben. Wollen Sie dies vermeiden, können Sie parallel zum
Widerspruch beim Sozialgericht Antrag auf einstweilige
Anordnung stellen, mit dem Antrag, dass Sie einstweilen die
ungekürzte Leistung erhalten. Für alle Klagen im Zusammen
hang mit dem EinEuroJob ist das Sozialgericht und nicht
das Arbeitsgericht zuständig.

Da es sich bei EinEuroJobs um zusätzliche, im öffentlichen Interesse


liegende Arbeiten für Erwerbsfähige handelt, die keine Arbeit finden kön
nen, kann von Ihnen nicht verlangt werden, dass Sie z. B. einen Minijob
aufgeben und dafür einen EinEuroJob annehmen.
Welche Pflichten habe ich als Leistungsempfänger? 37

Wann werden Leistungen gekürzt?


Kommen Sie Ihren Pflichten nicht nach, können Ihnen nach
vorheriger Androhung Leistungen gekürzt werden. Weigern
Sie sich trotz dieser Androhung weiterhin,
 eine angebotene Eingliederungsvereinbarung abzuschlie
ßen,
 in der Eingliederungsvereinbarung festgelegte Pflichten zu
erfüllen, insbesondere in ausreichendem Umfang Eigen
bemühungen nachzuweisen,
 eine zumutbare Arbeit (hierzu gehört auch eine mit einem
Beschäftigungszuschuss geförderte Arbeit), Ausbildung
oder Arbeitsgelegenheit, ein zumutbares Angebot auf eine
Eingliederungsmaßnahme oder eine sonstige in der Ein
gliederungsvereinbarung festgelegte Maßnahme aufzu
nehmen oder fortzuführen, oder
 eine im öffentlichen Interesse liegende, zusätzliche zu
mutbare Arbeit aufzunehmen,
bzw. brechen Sie eine zumutbare Maßnahme zur Einglie
derung in Arbeit ab oder haben einen Anlass für den Abbruch
gegeben, wird Ihnen die Regelleistung zunächst für drei Mo
nate um 30 % gekürzt. Außerdem wird Ihnen der befristete
Zuschlag beim Übergang von ALG I zu ALG II gestrichen. Bei
einer weiteren Pflichtverletzung innerhalb eines Jahres er
folgt eine Kürzung der Regelleistung um 60 %, diesmal ein
schließlich des Mehrbedarfs, der Unterkunftskosten und der
einmaligen Leistungen. Verletzen Sie innerhalb eines Jahres
38 Grundsätzliche Fragen zum ALG II

zum dritten Mal Ihre Pflichten, wird Ihnen das ALG II ganz
gestrichen.
Bei Hilfebedürftigen unter 25 Jahren werden schon bei der
ersten Pflichtverletzung die Regelleistungen für mindestens
sechs Wochen völlig gestrichen und durch Sachleistungen
ersetzt.
Wird Ihnen das ALG II ganz gestrichen, kann der Träger unter
Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls die Minde
rung auf 60 % der Regelleistung begrenzen, wenn Sie sich
nachträglich bereit erklären, Ihren Pflichten nachzukommen.
Wird Ihnen das ALG II um mehr als 30 % gekürzt, kann der
zuständige Träger in angemessenem Umfang ergänzende
Sach oder geldwerte Leistungen – etwa in Form von Lebens
mittelgutscheinen – erbringen. Er soll dies tun, wenn Sie mit
minderjährigen Kindern in einer Bedarfsgemeinschaft leben.

Eine Kürzung erfolgt nicht, wenn Sie einen wichtigen Grund für Ihr Ver
halten nachweisen können. Sie müssen genaue Tatsachen vortragen und
nachweisen, die Sie berechtigen, Ihren Pflichten nicht nachzukommen.

Kommen Sie trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfol


gen einer Aufforderung der ARGE, sich bei ihr zu melden oder
bei einem ärztlichen oder psychologischen Untersuchungs
termin zu erscheinen, nicht nach und weisen Sie keinen
wichtigen Grund für Ihr Verhalten nach, wird Ihnen das
ALG II in einer ersten Stufe um 10 % der für Sie maßgebli
chen Regelleistung gekürzt.
Welche Pflichten habe ich als Leistungsempfänger? 39

Eine Kürzung darf jedoch nur erfolgen, wenn Sie vorher über
die Rechtsfolgen belehrt worden sind. Diese Belehrung muss
nicht schriftlich erfolgen. Ihnen soll jedoch in verständlicher
Form erläutert werden, welche unmittelbaren konkreten Aus
wirkungen eine Pflichtverletzung auf Ihren Leistungsan
spruch haben wird. Ob eine ordnungsgemäße Aufklärung
erfolgte, wird im Streitfall ggf. durch Anhörung des Sachbe
arbeiters entschieden.
Die oben genannten Sanktionen gelten entsprechend, wenn
 Sie nach Vollendung Ihres 18. Lebensjahres bewusst Ihr
Einkommen oder Vermögen vermindert haben, um Leis
tungen nach dem SGB II zu erhalten,
 Sie trotz Belehrung über die Kürzung Ihr unwirtschaftli
ches Verhalten fortsetzen (z. B. unverhältnismäßig hohe
Telefon oder Stromkosten, dadurch Gefährdung des Le
bensunterhalts, Schulden etc.),
 Ihr Anspruch auf ALG I zu erlöschen droht oder erloschen
ist, weil die Agentur für Arbeit den Eintritt einer Sperrzeit
oder das Erlöschen des Anspruchs festgestellt hat,
 Sie die Voraussetzungen für den Eintritt einer Sperrzeit
(etwa durch Kündigung des Arbeitsplatzes Ihrerseits oder
Nichtantritt einer vermittelten Stelle) erfüllt haben, die
das Ruhen oder Erlöschen des Anspruchs auf ALG I be
gründen.
40 Grundsätzliche Fragen zum ALG II

Sonderregelung für Personen zwischen dem 15. und


dem 25. Lebensjahr
Begehen junge erwerbsfähige Hilfebedürftige zwischen dem
vollendeten 15. und dem 25. Lebensjahr eine Pflichtverlet
zung, so werden schärfere Sanktionen verhängt. Diese Perso
nen erhalten, wenn sie
 Pflichten aus der Eingliederungsvereinbarung nicht erfül
len,
 sich weigern, eine zumutbare Arbeit, eine zumutbare Aus
bildung oder Arbeitsgelegenheit (Arbeitsbeschaffungs
maßnahme) aufzunehmen oder fortzuführen,
 sich weigern, eine im öffentlichen Interesse liegende zu
mutbare Arbeit auszuführen oder
 eine zumutbare Maßnahme zur Eingliederung in Arbeit
ablehnen oder Anlass für den Abbruch gegeben haben,
in angemessenem Umfang nur noch Sachleistungen oder
sonstige Leistungen wie Lebensmittelgutscheine. Die ange
messenen Kosten für Unterkunft und Heizung werden direkt
an den Vermieter gezahlt.

Wie wehre ich mich gegen eine Kürzung?


Gegen eine Kürzung können Sie Widerspruch und dann Klage
erheben. Diese „Rechtsmittel“ haben aber keine aufschieben
de Wirkung. Gekürzt wird also zunächst unabhängig davon,
ob die von Ihnen verlangte Mitwirkung (Arbeitsangebot, Ab
schluss einer Eingliederungsvereinbarung etc.) erfolgt oder
nicht. Wollen Sie einstweilen, bis über den Widerspruch und
Wie errechnet sich mein Bedarf? 41

ggf. die Klage entschieden wurde, die ungekürzte Leistung


erhalten, können Sie beim Sozialgericht parallel zum Wider
spruch oder zur Klage Antrag auf einstweilige Anordnung
stellen, mit dem Antrag, dass die volle Leistung so lange
gezahlt wird, bis das Gericht ein Urteil gefällt hat. Ob das
Gericht diesem Antrag stattgibt, hängt von den Umständen
des Einzelfalls ab.

Wie errechnet sich mein Bedarf?


An nachstehenden Beispielen möchte ich Ihnen die Grund
sätze der Berechnung des ALG II darstellen.
Zunächst wird der Bedarf unabhängig vom früheren Einkom
men ermittelt. Er errechnet sich wie folgt:
Schritt 1:
Zunächst wird der für Sie und für die in der Bedarfsgemein
schaft lebenden Personen zutreffende Regelbedarf ermittelt.
Zu diesem wird ein eventueller Mehrbedarf hinzugezählt und
zum Schluss noch die Kosten für Unterkunft und Heizung.
Das Ergebnis ist der Betrag, der Ihnen bzw. der Bedarfsge
meinschaft zur Verfügung stehen muss.
Entsprechend den nachfolgenden Tabellen würde sich z. B.
der Bedarf bei einer Familie mit einem Kind im Alter von 13
Jahren wie folgt errechnen:
42 Grundsätzliche Fragen zum ALG II

Regelbedarf je Partner
(90 % des Regelbedarfes von 364 Euro) = 2 × 328 Euro = 656 Euro
Sozialgeld Kind + 251 Euro
insgesamt 907 Euro
abzüglich Kindergeld – 164 Euro
Bedarf 743 Euro

Dazu kommen noch die Kosten für Unterkunft und Heizung,


die durch die Anzahl der im Haushalt lebenden Personen
geteilt werden. Näheres zur Berechnung siehe ab Seite 48.

Schritt 2:
Beziehen Sie oder Mitglieder Ihrer Bedarfsgemeinschaft Geld,
haben Sie also Einnahmen, so sind diese vermindert um Frei
beträge von Ihrem Bedarf abzuziehen. Ausgezahlt wird dann
der Unterschiedsbetrag.
Nicht alle Einnahmen, die Sie als Arbeitsuchender bzw. die
Personen, die mit Ihnen zusammenleben, erzielen, werden als
Einnahmen berücksichtigt. Außerdem werden von den Ein
nahmen, soweit diese aus Arbeitseinkommen oder einer
selbstständigen Tätigkeit erzielt werden, noch Freibeträge
abgezogen.
Soweit anderes Einkommen (z. B. Rente) bezogen wird,
können zumindest Freibeträge, z. B. für notwendige Versiche
rungen, berücksichtigt werden. Bei Renteneinkünften muss
zumindest ein Pauschalbetrag in Höhe von 30 Euro abgezo
gen werden.
Wegen der Nichtberücksichtigung gewisser Einnahmen und
aufgrund der Gewährung von Freibeträgen ist es durchaus
Wie errechnet sich mein Bedarf? 43

möglich, dass Sie unter dem Strich mehr Geld zur Verfügung
haben, als Ihrem Bedarf entspricht (s. S. 74 ff.).

Übersicht über die Regelsätze


Leistungsempfänger Betrag
Alleinstehende oder alleinerziehende Leistungsberechtigte 364 Euro
Ehegatten und Lebenspartner sowie andere erwachsene 328 Euro
Leistungsberechtigte, die in einem gemeinsamen Haushalt
leben und gemeinsam wirtschaften.
Erwachsene Leistungsberechtigte, die keinen eigenen Haus 291 Euro
halt führen, weil sie im Haushalt anderer Personen leben.

Kinder und Jugendliche erhalten ein eigenständig berechne


tes Sozialgeld:
Leistungsempfänger Betrag
Jugendliche von 14 bis unter 18 Jahren 287 Euro
Kinder von 6 bis unter 14 Jahren 251 Euro
Kinder unter 6 Jahren 215 Euro

Aufwandsentschädigungen für ehrenamtliche Tätigkeit und


Übungsleiter werden bis 175 Euro monatlich nicht auf den
Regelbedarf angerechnet. Die neuen Regelsätze werden ab
1. April 2011 zusammen mit der Nachzahlung seit 1. Januar
2011 von der Bundesagentur für Arbeit ausgezahlt.

Sonderregelung bei unter 25Jährigen


Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben,
müssen bei erstmaligem Bezug einer Wohnung die Zustim
mung des kommunalen Leistungsträgers einholen. Diese soll
44 Grundsätzliche Fragen zum ALG II

erteilt werden, wenn aus schwerwiegenden sozialen Gründen


ein Verweis auf die elterliche Wohnung nicht möglich oder
wegen Arbeitsaufnahme die Notwendigkeit des Umzugs
gegeben ist.
Die Zustimmung kann nach Abschluss des Mietvertrags aus
wichtigem Grund erfolgen, wenn es nicht zumutbar war, die
Zustimmung vorher einzuholen. Wird die Zustimmung zum
Auszug nicht erteilt oder wird diese nicht eingeholt und fin
det dennoch ein Umzug statt, werden bis zur Vollendung des
25. Lebensjahres keine Leistungen für Unterkunft und Hei
zung erbracht. Leistungen für die Erstausstattung einer Woh
nung werden ebenfalls nur dann erbracht, wenn der kom
munale Träger dem Umzug zugestimmt hat.
Zieht ein Jugendlicher ohne Zustimmung der ARGE in eine
eigene Wohnung, erhält er nicht den vollen Regelbedarf,
sondern den gleichen Betrag, als würde er noch bei den
Eltern wohnen.

Mehrbedarf
Zusätzlich erhalten Sie in bestimmten Fällen einen soge
nannten Mehrbedarf. Näheres können Sie nachfolgender
Tabelle entnehmen:

Mehrbedarf für Prozent vom Betrag


Regelsatz
Schwangere ab Beginn 17 % alleinstehend 62 Euro
13. Woche Paar 56 Euro
unter 25 J. *) 50 Euro
Wie errechnet sich mein Bedarf? 45

Mehrbedarf für Prozent vom Betrag


Regelsatz
Alleinerziehende mit einem 36 % 131 Euro
Kind unter 7 oder zwei und
mehr Kindern unter 16 J.
Alleinerziehende mit minder 12 % 44 Euro
jährigen Kindern/pro Kind
12 % max. 60 %
Erwerbsunfähige Sozialgeld 17 % 56 Euro
bezieher mit Schwerbehinder
tenausweis mit Merkzeichen G
erwerbsfähige Behinderte, die 35 % 127 Euro
Leistungen zur Teilhabe am
Arbeitsleben gem. § 33 SGB IX
erhalten
kostenaufwendige Ernährung 10–20 % 36–73 Euro
*) unter 25jährige siehe Seite 43

Bei einer kostenaufwendigen Ernährung wird ein pauschaler


Mehrbedarf abhängig von der Krankheit gezahlt. Besteht ein
Mehrbedarf für kostenaufwendige Ernährung, so ist das
Formular MEB – Antrag auf Mehrbedarf für eine kostenauf
wändige Ernährung – auszufüllen und vom Arzt eine entspre
chende Bescheinigung auszustellen.
Wird Warmwasser nicht durch zentrale Versorgung geliefert,
sondern in der Wohnung bereitgestellt (Durchlauferhitzer,
Warmwasserspeicher), so wird eine Pauschale in Höhe eines
bestimmten Prozentsatzes des entsprechenden Regelbedarfs
(je nach Alter) erbracht. In besonderen Fällen kann ein höhe
rer Betrag gewährt werden.
46 Grundsätzliche Fragen zum ALG II

Individueller Regelbedarf Prozent vom Betrag


Regelsatz
364,00 Euro 2,3 % 8,37 Euro
328,00 Euro 2,3 % 7,54 Euro
291,00 Euro 2,3 % 6,69 Euro
287,00 Euro 1,4 % 4,02 Euro
251,00 Euro 1,2 % 3,01 Euro
215,00 Euro 0,8 % 1,72 Euro

Sonstige Leistungen
Kommunale Eingliederungsleistungen (§ 16a SGB II)
Zur Verwirklichung einer ganzheitlichen und umfassenden
Betreuung und Unterstützung bei der Eingliederung in Arbeit
können die folgenden Leistungen, die für die Eingliederung
der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in das Erwerbsle
ben erforderlich sind, erbracht werden:
 die Betreuung minderjähriger oder behinderter Kinder oder
die häusliche Pflege von Angehörigen,
 die Schuldnerberatung,
 die psychosoziale Betreuung,
 die Suchtberatung.

Einstiegsgeld (§ 16b SGB II)


Für erwerbsfähige Leistungsberechtigte, die arbeitslos sind,
kann bei Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen oder
selbstständigen Erwerbstätigkeit zur Überwindung von Hilfe
bedürftigkeit ein Einstiegsgeld erbracht werden, wenn dies
Wie errechnet sich mein Bedarf? 47

zur Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt erforder


lich ist. Dieses Einstiegsgeld kann auch erbracht werden,
wenn die Hilfebedürftigkeit durch oder nach Aufnahme der
Erwerbstätigkeit entfällt.
Das Einstiegsgeld wird für höchstens 24 Monate erbracht,
soweit für diesen Zeitraum eine Erwerbstätigkeit besteht. Bei
der Bemessung der Höhe des Einstiegsgeldes sollen die
vorherige Dauer der Arbeitslosigkeit sowie die Größe der
Bedarfsgemeinschaft berücksichtigt werden, in der der er
werbsfähige Leistungsberechtigte lebt.

Leistungen zur Eingliederung von Selbstständigen


(§ 16c SGB II)
Leistungen zur Eingliederung von erwerbsfähigen Leitungsbe
rechtigten, die eine selbstständige, hauptberufliche Tätigkeit
aufnehmen oder ausüben, können nur gewährt werden, wenn
zu erwarten ist, dass die selbstständige Tätigkeit wirtschaftlich
tragfähig ist und die Hilfebedürftigkeit durch die selbstständi
ge Tätigkeit innerhalb eines angemessenen Zeitraums dauer
haft überwunden oder verringert wird. Zur Beurteilung der
Tragfähigkeit der selbstständigen Tätigkeit soll die Agentur für
Arbeit die Stellungnahme einer fachkundigen Stelle verlangen.
Erwerbsfähige Leistungsberechtigte, die eine selbstständige,
hauptberufliche Tätigkeit aufnehmen oder ausüben, können
Darlehen und Zuschüsse für die Beschaffung von Sachgütern
erhalten, die für die Ausübung der selbstständigen Tätigkeit
notwendig und angemessen sind. Zuschüsse dürfen einen
Betrag von 5000 Euro nicht übersteigen.
48 Grundsätzliche Fragen zum ALG II

Förderung bei Wegfall der Hilfebedürftigkeit


(§ 16g SGB II)
Entfällt die Hilfebedürftigkeit des Erwerbsfähigen während
einer Maßnahme zur Eingliederung, kann sie weiter gefördert
werden, wenn dies wirtschaftlich erscheint und der Erwerbs
fähige die Maßnahme voraussichtlich erfolgreich abschließen
wird. Die Förderung soll als Darlehen erbracht werden.

Unterkunftskosten
Zu den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Re
gelbedarf) und ggf. Zuschlag und Mehrbedarf kommen noch
die angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung sowie
die Kosten für die Warmwasserversorgung. Beim Einzug in
eine Wohnung kann neben den Unterkunftskosten Anspruch
auf Erstausstattung gegeben sein.
Zu den Kosten der Unterkunft gehören bei Hilfesuchenden
und den Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft, die zur Miete
wohnen, die tatsächlichen Miet und Nebenkosten, jedoch
ggf. nach einer Übergangszeit nur, soweit sie angemessen
sind. Auch laufende Leistungen für Heizung und Warmwasser
sind zu übernehmen.
Wohnen Sie in Ihrem eigenen Haus oder Ihrer eigenen Eigen
tumswohnung, gehören zu den Kosten der Unterkunft die
damit verbundenen Belastungen (z. B. Schuldzinsen für Hy
potheken, Grundsteuer und sonstige öffentliche Abgaben,
Wohngebäudeversicherung, Erbbauzins sowie Nebenkosten
wie bei Mietwohnungen, nicht berücksichtigt werden Til
gungsleistungen). Leistungen des SGB II dienen nicht der
Wie errechnet sich mein Bedarf? 49

Vermögensbildung (BSG, Urteil vom 7. November 2006, Az:


B 76 AS 8106 R), aber Tilgungsleistungen sind als Bestandteil
der Finanzierungskosten einer vom Hilfebedürftigen selbst
genutzten Eigentumswohnung vom Grundsicherungsträger
bis zur Höhe der angemessenen Kosten einer Mietwohnung
als Kosten der Unterkunft zu übernehmen, wenn der Hilfe
bedürftige andernfalls gezwungen wäre, seine Wohnung
aufzugeben (BSG, Urteil vom 18. Juni 2008, Az: B 14/11b AS
67/06 R).
Bei selbst bewohntem angemessem Wohneigentum werden
auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und
Reparatur übernommen, soweit diese unter Berücksichtigung
der im laufenden sowie den darauf folgenden elf Kalender
monaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen
sind. Werden unabweisbare Aufwendungen für Instandhal
tung und Reparatur nicht mehr als angemessen angesehen,
kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der
Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert
werden soll.

Angemessenheit der Unterkunftskosten


Die Frage der Angemessenheit der Unterkunftskosten hat die
Gerichte im hohen Maße beschäftigt. Das Bundessozial
gericht hat in seinen letzten Entscheidungen deutliche Worte
dazu gefunden und festgestellt, dass fast alle sogenannten
„Richtlinien zur Angemessenheit der Unterkunftskosten“
rechtswidrig sind. Die „Richtlinien“ der ARGEn oder Kommu
nen unterliegen voll der gerichtlichen Überprüfung und ha
ben keine endgültige bindende Wirkung.
50 Grundsätzliche Fragen zum ALG II

Hinsichtlich der Angemessenheit der Unterkunftskosten hat


das Bundessozialgericht folgende Kritierien aufgestellt:
Die Bemessung der angemessenen Unterkunftskosten muss
auf einem schlüssigen nachvollziehbaren Konzept beruhen.
In einer ersten Stufe ist zu überprüfen, ob die allgemein als
angemessenen anerkannten Unterkunftskosten aufgrund
einer enstprechenden Datenlage und eines schlüssigen Kon
zepts ermittelt worden sind. Sodann ist in einer zweiten
Stufe zu überprüfen, ob, wenn im konkreten Fall dieser
Richtwert überschritten wird, aufgrund der individuellen
Situation doch höhere als die allgemein festgesetzten Unter
kunftskosten zu übernehmen sind.

Aufgrund der aktuellen Rechtsprechung und des neuen Gesetzes darf –


anders als bisher – nicht nur auf eine allgemeine Richtlinie verwiesen
werden, sondern es muss ggf. ermittelt werden, ob nicht aufgrund der
Besonderheit des Einzelfalls höhere Unterkunftskosten angemessen sind.

Die Gerichte haben sich mehrfach damit befasst, ob die je


weiligen „Richtlinien für die Bestimmung der angemessenen
Unterkunftskosten“ gültig sind. Hier hat das BSG zuletzt in
seinem Urteil vom Oktober 2010 deutlich gemacht, dass
diese „Richtlinien“ in BerlinBrandenburg – und wohl zum
Großteil im gesamten Bundesgebiet – nicht der Rechtspre
chung (und nach der aktuellen Reform wohl auch nicht dem
Gesetz) entsprechen und somit rechtswidrig sind. Somit be
stehen gute Aussichten, die Übernahme der vollen Unter
kunftskosten oder zumindest höhere, als bisher zugestanden,
vor Gericht einzuklagen.
Wie errechnet sich mein Bedarf? 51

Das Bundessozialgericht hat in seinem Urteil vom


20. August.2009 ausgeführt (Az: B 14 AS 65/08 R):
Leistungen für die Unterkunft werden in Höhe der tatsächlichen Aufwen
dungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Der unbestimmte Rechts
begriff der Angemessenheit ist unter Zugrundelegung der sog. Produktthe
orie in einem mehrstufigen Verfahren zu konkretisieren:
Nach der in einem ersten Schritt vorzunehmenden Bestimmung der abs
trakt angemessenen Wohnungsgröße und des Wohnungsstandards ist in
einem zweiten Schritt festzustellen, welcher räumliche Vergleichsmaßstab
für die Beurteilung der Angemessenheit maßgebend ist.
Sodann ist zu ermitteln, wie viel für eine abstrakt angemessene Wohnung
auf dem für den Hilfebedürftigen maßgeblichen Wohnungsmarkt im streit
gegenständlichen Zeitraum aufzuwenden gewesen ist (Ermittlung der
Angemessenheitsgrenze auf Grund eines schlüssigen Konzepts des Grund
sicherungsträgers).
Abschließend ist zu prüfen, ob der Hilfesuchende eine solchermaßen abs
trakt angemessene Wohnung auch tatsächlich hätte anmieten können, ob
also eine konkrete Unterkunftsalternative bestanden hat.
Zugrunde zu legen ist ein einfacher, im unteren Marktsegment liegender
Standard die Wohnung muss hinsichtlich ihrer Ausstattung, Lage und
Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen genügen. Um
ausgehend davon den angemessenen Quadratmeterpreis zu ermitteln, ist
es nicht erforderlich, auf einfache oder qualifizierte Mietspiegel i.S. der §§
558c und 558d BGB abzustellen bzw. solche Mietspiegel erstellen zu las
sen, soweit sie insbesondere im ländlichen Raum fehlen. Die vom Grundsi
cherungsträger gewählte Datengrundlage muss allerdings auf einem
schlüssigen Konzept beruhen, das eine hinreichende Gewähr dafür bietet,
dass es die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Wohnungsmarktes wieder
gibt Dabei müssen die Faktoren, die das Produkt »Mietpreis" bestimmen, in
die Auswertung eingeflossen sein. Zu diesen Faktoren zählen im Regelfall
zumindest der Standard, die Größe und die Ausstattung der Wohnung,
wobei sich der Standard nach Lage der konkreten Verhältnisse auch im
Jahr des ersten Bezugs bzw. der letzten Renovierung ausdrücken kann.
Die am Einzelfall orientierte Angemessenheitsprüfung hat grundsätzlich
getrennt von der Prüfung der Angemessenheit der Unterkunftskosten zu
erfolgen (vgl. BSG, Urteil vom 2. Juli 2009 – B 14 AS 36/08 R).
52 Grundsätzliche Fragen zum ALG II

Wichtig: Widerspruch bei Nichtübernahme


der Unterkunftskosten
Wenn nicht die vollen tatsächlichen Unterkunftskosten aner
kannt werden, empfiehlt es sich in Hinblick auf die Recht
sprechung des BSG und der Neuregelung der Unterkunftskos
ten in § 20 SGB II dringend, sowohl Widerspruch bei der
ARGE einzulegen als auch gleichzeitig beim Sozialgericht
einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu
stellen, verbunden mit dem Antrag, dass bis zu einer rechts
kräftigen Entscheidung in der Hauptsache die tatsächlichen,
hilfsweise die vom Gericht als angemessen erachteten Unter
kunftskosten übernommen werden. (Zum Antrag auf einst
weilige Anordnung siehe S. 137 und zur Formulierung des
Widerspruches siehe S. 132.)

Stellen Sie keinen Antrag auf einstweilige Anordnung, kann es bis zu


3 Jahre dauern, bis das Gericht entschieden hat. Eine positive Entschei
dung kommt dann möglicherweise zu spät, wenn Ihnen wegen Mietrück
ständen bereits gekündigt worden ist.

Sie brauchen hierzu keinen Anwalt, sondern können den


Antrag auf einstweilige Anordnung direkt bei der Rechtsan
tragsstelle des Sozialgerichts mündlich zu Protokoll der Ge
schäftstelle stellen. Der Rechtspfleger formuliert dies schrift
lich für Sie, dies gilt auch für die Einreichung einer Klage. Es
empfiehlt sich, gleichzeitig den Antrag auf Prozesskostenhilfe
und Beiordnung eines Anwalts zu stellen.
Wie errechnet sich mein Bedarf? 53

Wenn die Wohnung zu teuer ist


Wohnen Sie nach Anlegung all dieser Kriterien in einer zu
teuren Wohnung, kann die zu hohe Miete längstens bis zu
sechs Monate in voller Höhe übernommen werden, solange
es für Sie und Ihre Haushaltsangehörigen nicht möglich oder
nicht zumutbar ist, die Mietkosten zu senken. Zu einem Um
zug können Sie nicht gezwungen werden. Ziehen Sie aber
trotz Aufforderung nicht um, müssen zumindest die Unter
kunftskosten für angemessenen Wohnraum weitergezahlt
werden. Der Grundsicherungsträger ist nicht verpflichtet,
über die Angabe des von ihm als angemessen anzusehenden
Mietpreises hinaus den Leistungsempfänger „an die Hand zu
nehmen“ und ihm im Einzelnen aufzuzeigen, auf welche
Weise er die Kosten der Unterkunft senken bzw. welche
Wohnungen er anmieten kann (BSG, Urteil vom 27. Februar
2008, Az: B 14/7b).

Wenn Sie in einer zu großen Immobilie wohnen und Vermögen besitzen


und deshalb grundsätzlich kein Anspruch mehr auf ALG II besteht, kann
Ihnen allenfalls ein Darlehen gewährt werden.

Energiekostenrückstände für Strom sind, wenn der Bedarf


unabweisbar ist und nicht auf andere Weise gedeckt werden
kann, auf dem Weg der Darlehensgewährung zu übernehmen
(LSG NRW, 24. Juni 2005, Az: L 12 B 15/05 AS ER).

Angemessenheit der Heizkosten


Leistungen für die Heizung werden gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1
SGB II in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen übernom
men, soweit diese angemessen sind. Die Prüfung der Ange
54 Grundsätzliche Fragen zum ALG II

messenheit der Heizkosten ist an den Wohnverhältnissen der


Hilfesuchenden im jeweiligen Einzelfall auszurichten. (Hierbei
ist wie bei den Aufwendungen für die Unterkunft ein konkret
individueller Maßstab anzulegen.) Eine Pauschalierung der
Leistungen für die Heizung, die nur auf Grundlage einer Ver
ordnung nach § 27 Nr. 1 SGB II möglich wäre, lässt § 22
Abs. 1 SGB II nicht zu und sie entspricht nicht dem gesetz
geberischen Konzept (BSG Urteil vom 20 August 2009, Az:
B 14 AS 41/08 R).

Ist eine Wohnung von ihren Mietkosten her nach der sogenannten Pro
dukttheorie angemessen, so sind die angemessenen Heizkosten grund
sätzlich zu erstatten.

Nicht erstattungsfähig sind Heizungskosten jedoch, wenn sie


unangemessen sind. Das ist dann der Fall, wenn bei sachge
rechter und wirtschaftlicher Beheizung die Kosten in dieser
Höhe nicht erforderlich erscheinen.
Um dies beurteilen zu können, muss jedoch eine konkrete
Prüfung im Einzelfall vorgenommen werden.
Der Grundsicherungsträger kann ein Überschreiten der obe
ren Grenzwerte des lokalen bzw., soweit ein solcher nicht
existiert, des bundesweiten Heizspiegels als Indiz für fehlende
Erforderlichkeit ansehen; wobei die Grenzwerte im Interesse
der Gleichbehandlung von Mietern und Wohnungs bzw
Hauseigentümern nach der jeweils angemessenen Woh
nungsgröße zu bestimmen sind (BSG, Az: B 14 AS 36/08 R ).
Es muss aber, wie bei der Ermittlung der angemessen Unter
kunftskosten, eine zweistufige Prüfung erfolgen, also zu
Wie errechnet sich mein Bedarf? 55

nächst eine abstrakte Prüfung aufgrund eines nachvollzieh


baren schlüssigen Konzepts, sodann eine individuelle Prü
fung. So können höhere Heizkosten z. B. aufgrund der Beson
derheiten des Einzefalles (pflegebedürftige Personen, Klein
kinder, schlechte Wärmedämmung etc.) gegeben sein.

Achtung, neue Rechtslage!


Wenn das betreffende Bundesland sie ermächtigt, ist es den
Kreisen und kreisfreien Städten seit der Gesetztesreform
2011 erlaubt, Pauschalen für Unterkunft und Heizung in
einer Satzung festzulegen. Aber selbst bei Festlegung einer
Pauschale muss immer noch eine individuelle Prüfung erfol
gen. Solange jedoch nicht Pauschalen auf Grundlage einer
solchen zulässigen Satzung festgelegt wurden, sind entspre
chende Richtlinien oder Pauschalen zur Bestimmung der
angemessenen Heizkosten nicht verbindlich und von den
Sozialgerichten voll überprüfbar. Derzeit kann davon ausge
gangen werden, dass in den meisten Fällen die als angemes
sen anerkannten Heizkosten nicht rechtmäßig sind. Sollten
die tatsächlichen Heizkosten höher als die zugestandenen
sein, empfiehlt es sich auch hier, Widerspruch bzw. Klage zu
erheben und einen Antrag auf einstweilige Anordnung bzw.
Neuantrag zu stellen (siehe S. 52).

Umzugskosten
Werden Sie aufgefordert umzuziehen, können auf vorherigen
Antrag Wohnbeschaffungskosten, Mietkaution und Umzugs
hilfe übernommen werden.
56 Grundsätzliche Fragen zum ALG II

Umzugskosten können nur übernommen werden, wenn diese vor dem


Umzug beantragt wurden. Stellen Sie nach einem (auch erforderlichen)
Umzug Antrag auf Übernahme der Umzugskosten, können diese im Re
gelfall nicht mehr übernommen werden.

Wenn Sie Antrag auf Übernahme der Umzugskosten gestellt


haben und die Behörde diesen ablehnt, sollten Sie gegen
dieses Entscheidung Widerspruch und ggf. Klage vor dem
Sozialgericht erheben. In der Zwischenzeit können Sie beden
kenlos umziehen.
Lehnt die Behörde einen Umzug ab bzw. „genehmigt“ sie
einen Mietvertrag nicht, muss sie trotzdem zumindest die
Miete in der neuen Wohnung bis zur Höhe der alten Miete
übernehmen. Soweit nicht die vollen Unterkunftskosten
übernommen werden, können Sie Widerspruch bei der Be
hörde einlegen. Es empfiehlt sich, gleichzeitig mit Erhebung
des Widerspruches beim Sozialgericht einen Antrag auf
einstweilige Anordnung zu stellen, mit dem beantragt wird,
dass die vollen Unterkunftskosten vorläufig übernommen
werden (Näheres siehe Seite 52).
Die Übernahme der angemessenen Unterkunftskosten kann
nicht mit der Begründung verweigert werden, dass der Um
zug bzw. der Abschluss des neuen Mietvertrages nicht ge
nehmigt wurde. Ist die neue Wohnung jedoch teurer, können
die Mehrkosten verweigert werden, es sei denn es besteht ein
triftiger Grund für den Umzug.
In seinem Urteil vom 6. Mai 2010 führt das Bundessozialge
richt zu den Umzugkosten aus (Az: B 14 AS 7/09 R):
Wie errechnet sich mein Bedarf? 57

Der erwerbsfähige Hilfebedürftige ist grundsätzlich gehalten, die Kosten


eines Umzugs im Wege der Selbsthilfe zu minimieren.
Im Rahmen eines aus Steuermitteln finanzierten Fürsorgesystems ist der
Hilfebedürftige gehalten, einen Umzug grundsätzlich selbst zu organisieren
und durchzuführen. Als notwendige Umzugskosten könnten daher insbe
sondere die Aufwendungen für einen erforderlichen Mietwagen, die An
mietung von Umzugskartons, die Kosten für Verpackungsmaterial und
Sperrmüllentsorgung und die üblichen Kosten für die Versorgung mithel
fender Familienangehöriger und Bekannter zu übernehmen sein. Lediglich
dann, wenn der Leistungsberechtigte den Umzug etwa wegen Alters, Be
hinderung, körperlicher Konstitution oder wegen der Betreuung von
Kleinstkindern nicht selbst vornehmen oder durchführen kann, kann auch
die Übernahme der Aufwendungen für einen gewerblich organisierten
Umzug in Betracht kommen.

Erstausstattung
Ein Erstausstattungsbedarf kann auch beim Umzug von einer
Mietwohnung in eine andere entstehen, wenn ein Einrich
tungsgegenstand (hier: Küchenschränke) in der alten Woh
nung mitvermietet und deshalb bislang nicht angeschafft
worden war (Sozialgericht Hamburg, 24. Juni 2005, Az: S 62
AS 406/05 ER).

Kosten der Einzugsrenovierung


Das BSG hat entschieden, dass in bestimmten Fällen die
Kosten der Einzugsrenovierung – im konkreten Fall die Aus
stattung mit Teppichböden, das Streichen und Tapezieren der
Wände – als Kosten der Unterkunft in bestimmten Fällen zu
übernehmen sind. Das gilt aber natürlich nur, wenn der Um
zug/Einzug vorher beantragt und (ggf. in einem Gerichtsver
fahren) ihm zugestimmt wurde.
58 Grundsätzliche Fragen zum ALG II

So sind die Kosten einer Einzugsrenovierung dann angemes


sene Kosten der Unterkunft – keine Erstausstattung –, wenn
die Einzugsrenovierung ortsüblich und erforderlich zur Her
stellung des Wohnstandards im unteren Wohnsegment ist. Ist
die Einzugsrenovierung mietvertraglich vereinbart, handelt es
sich um Nebenkosten, die vom kommunalen Träger in tat
sächlicher Höhe, begrenzt durch die Angemessenheit, zu
übernehmen sind. Im Rahmen des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II
können grundsätzlich auch weitere einmalige Leistungen
erbracht werden, soweit die Aufwendungen angemessen sind.
Angemessen sind die Kosten einer Einzugsrenovierung,
 wenn die Maßnahme/Renovierung erforderlich ist, um die
Bewohnbarkeit der Wohnung herzustellen,
 wenn die Einzugsrenovierung ortsüblich ist, weil keine
renovierten Wohnungen im unteren Wohnsegment in
nennenswertem Umfang zur Verfügung stehen und
 soweit sie der Höhe nach zur Herstellung des Standards
einer Wohnung im unteren Wohnsegment erforderlich ist
(BSG, 16. Dezember 2008, Az: B 4 AS 49/07 R).

(Miet)Schulden und Räumungsklage


Sofern Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht wer
den, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies
zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer ver
gleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Natürlich müssen Sie
auch in diesem Fall vorrangig Ihr Vermögen (auch Schon
vermögen), sofern vorhanden, einsetzen. Geldleistungen
sollen als Darlehen erbracht werden.
Wie errechnet sich mein Bedarf? 59

Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohn
raum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses gegen Sie
als ALGIIEmpfänger ein, so erhält die ARGE vom Gericht
eine entsprechende Mitteilung. Dies ist damit begründet,
dass eine Kündigung wegen Zahlungsverzugs beim ersten
Mal unwirksam wird, wenn die Mietschulden spätestens im
Lauf des Gerichtsverfahrens gezahlt werden. Die ARGE kann in
solchen Fällen die Mietschulden übernehmen (als Darlehen).
Die Mitteilung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete
nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf
Ihrer Zahlungsunfähigkeit beruht.
Schüler und Auszubildende, die nicht bei ihren Eltern woh
nen, können einen angemessenen Zuschuss zur ihren unge
deckten Kosten für Unterkunft und Heizung bekommen,
wenn sie einer der folgenden Personengruppen angehören:

 Auszubildende, die Berufsausbildungsbeihilfe oder Ausbil


dungsgeld nach dem SGB III erhalten,
 Schüler, die Abendhauptschulen, Berufsaufbauschulen,
Abendrealschulen und Fachoberschulklassen, deren Be
such eine abgeschlossene Berufsausbildung voraussetzt,
besuchen,
 Studierende, die Leistungen nach dem Bundesausbil
dungsförderungsgesetz erhalten.
60 Grundsätzliche Fragen zum ALG II

Neu: Festlegung der Unterkunftskosten


durch die Leistungsträger
Mit der Reform 2011 hat der Gesetzgeber den Kreisen und
kreisfreien Städten die Möglichkeit eingräumt, die Höhe und
Bemessung der Unterkunftskosten durch eine Satzung zu
regeln. Es sind jedoch dabei die Regeln einzuhalten, die das
BSG festgelegt hat.
SGB II § 22a:
(3) Die Bestimmung der angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und
Heizung soll die Verhältnisse des einfachen Standards auf dem örtlichen
Wohnungsmarkt abbilden. Sie soll die Auswirkungen auf den örtlichen
Wohnungsmarkt berücksichtigen hinsichtlich:
1. der Vermeidung von Mietpreis erhöhenden Wirkungen,
2. der Verfügbarkeit von Wohnraum des einfachen Standards,
3. aller verschiedenen Anbietergruppen und
4. der Schaffung und Erhaltung sozial ausgeglichener Bewohnerstrukturen.

SGB II § 22 b
(1) In der Satzung ist zu bestimmen
1. welche Wohnfläche entsprechend der Struktur des örtlichen Woh
nungsmarktes als angemessen anerkannt wird und
2. in welcher Höhe Aufwendungen für die Unterkunft als angemessen
anerkannt werden.
In der Satzung kann auch die Höhe des als angemessen anerkannten
Verbrauchswertes oder der als angemessen anerkannten Aufwendungen
für die Heizung bestimmt werden. Bei einer Bestimmung nach Satz 2 kann
sowohl eine Quadratmeterhöchstmiete als auch eine Gesamtangemessen
heitsgrenze unter Berücksichtigung der in den Sätzen 1 und 2 genannten
Werte gebildet werden. Um die Verhältnisse des einfachen Standards auf
dem örtlichen Wohnungsmarkt realitätsgerecht abzubilden, können die
Kreise und kreisfreien Städte ihr Gebiet in mehrere Vergleichsräume unter
teilen, für die sie jeweils eigene Angemessenheitswerte bestimmen.
Wie errechnet sich mein Bedarf? 61

(2) Der Satzung ist eine Begründung beizufügen. Darin ist darzulegen, wie
die Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung ermit
telt wird. Die Satzung ist mit ihrer Begründung ortsüblich bekannt zu
machen.
(3) In der Satzung soll für Personen mit einem besonderen Bedarf für
Unterkunft und Heizung eine Sonderregelung getroffen werden. Dies gilt
insbesondere für Personen, die einen erhöhten Raumbedarf haben wegen
1. einer Behinderung oder
2. der Ausübung ihres Umgangsrechts.

Werden die Unterkunfskosten nicht durch eine Satzung fest


gelegt, was wohl für eine Übergangszeit noch der Fall sein
wird, so gelten hinsichtlich der „Unterkunftsrichtlinien“ je
doch die gleichen Kriterien. Ist keine Satzung erlassen wor
den, so ist die Bestimmung der angeblich angemessen Unter
kunftskosten in jedem einzelnen Fall nicht verbindlich. Ist
eine Satzung erlassen worden und man ist der Meinung, dass
diese nicht richtig ist, muss man die Rechtswidrigkeit der
Satzung vor Gericht geltend machen, wenn man höhere
Unterkunftskosten erhalten will.

Ermittlung des Einkommens


Haben Sie Einnahmen, so ist zunächst zu fragen, ob bzw. in
welcher Höhe diese Einnahmen auf das ALG II angerechnet
werden. Weiterhin können Sie von Ihren Einnahmen Abzüge
vornehmen. Maßgeblich für die Anrechnung Ihres Einkom
mens ist derjenige Betrag, der nach Abzug berücksichti
gungsfähiger Ausgaben und Freibeträge von Ihrem Einkom
men tatsächlich übrig bleibt.
Zum Einkommen zählen grundsätzlich alle Einkünfte in Geld
oder Geldeswert (Sachbezüge), unabhängig davon, ob sie zu
62 Grundsätzliche Fragen zum ALG II

den Einkunftsarten im Sinne des Einkommensteuergesetzes


gehören und ob sie der Steuerpflicht unterliegen.
Die Grundlage des Einkommens bilden die Bruttoeinnahmen.

Einkommen aus nichtselbstständiger


Arbeit
Auszug aus der Arbeitslosengeld II / SozialgeldVerordnung
(Alg IIV § 2)
(1) Bei der Berechnung des Einkommens aus nichtselbständiger Arbeit
(§ 14 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch) ist von den Bruttoeinnahmen
auszugehen.
(2) Laufende Einnahmen sind für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie
zufließen. Zu den laufenden Einnahmen zählen auch Einnahmen, die an
einzelnen Tagen eines Monats auf Grund von kurzzeitigen Beschäftigungs
verhältnissen erzielt werden. Für laufende Einnahmen, die in größeren als
monatlichen Zeitabständen zufließen, gilt Absatz 4 entsprechend.
(3) Ist bei laufenden Einnahmen im Bewilligungszeitraum zu erwarten,
dass diese in unterschiedlicher Höhe zufließen, kann als Einkommen ein
monatliches Durchschnittseinkommen zu Grunde gelegt werden. Als mo
natliches Durchschnittseinkommen ist für jeden Monat im Bewilligungs
zeitraum der Teil des Einkommens zu berücksichtigen, der sich bei der
Teilung des Gesamteinkommens im Bewilligungszeitraum durch die Anzahl
der Monate im Bewilligungszeitraum ergibt. Soweit über die Gewährung
von Leistungen zum Lebensunterhalt nach § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1a des
Zweiten Buches Sozialgesetzbuch vorläufig entschieden wurde, ist das bei
der vorläufigen Entscheidung berücksichtigte monatliche Durchschnitts
einkommen bei der abschließenden Entscheidung als Einkommen zu Grun
de zu legen, wenn das tatsächliche monatliche Durchschnittseinkommen
das bei der vorläufigen Entscheidung zu Grunde gelegte monatliche Durch
schnittseinkommen um nicht mehr als 20 Euro übersteigt.
(4) Einmalige Einnahmen sind von dem Monat an zu berücksichtigen, in
dem sie zufließen. Abweichend von Satz 1 ist eine Berücksichtigung der
Einnahmen ab dem Monat, der auf den Monat des Zuflusses folgt, zulässig,
wenn Leistungen für den Monat des Zuflusses bereits erbracht worden
Wie errechnet sich mein Bedarf? 63

sind. Einmalige Einnahmen sind, soweit nicht im Einzelfall eine andere


Regelung angezeigt ist, auf einen angemessenen Zeitraum aufzuteilen und
monatlich mit einem entsprechenden Teilbetrag zu berücksichtigen.
(5) Bei der Berechnung des Einkommens ist der Wert der vom Arbeitgeber
bereitgestellten Vollverpflegung mit täglich 1 Prozent der nach § 20 des
Zweiten Buches Sozialgesetzbuch maßgebenden monatlichen Regelbedarf
anzusetzen. Wird Teilverpflegung bereitgestellt, entfallen auf das Früh
stück ein Anteil von 20 Prozent und auf das Mittag und Abendessen
Anteile von je 40 Prozent des sich nach Satz 1 ergebenden Betrages.
(6) Sonstige Einnahmen in Geldeswert sind mit ihrem Verkehrswert als
Einkommen anzusetzen. Ist die Einnahme in Geldeswert auch als Bedarf im
Regelbedarf nach § 20 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch berücksich
tigt, ist als Wert der Einnahme in Geldeswert höchstens der Betrag anzu
setzen, der sich aus der Zusammensetzung des Eckregelsatzes in der Sozi
alhilfe nach § 2 Absatz 2 der Regelsatzverordnung ergibt.
(7) Das Einkommen kann nach Anhörung geschätzt werden, wenn
1. Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende einmalig oder für
kurze Zeit zu erbringen sind oder Einkommen nur für kurze Zeit zu be
rücksichtigen ist oder
2. die Entscheidung über die Erbringung von Leistungen der Grundsiche
rung für Arbeitsuchende im Einzelfall keinen Aufschub duldet.

Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit, Gewerbe


betrieb sowie Land und Forstwirtschaft
Als Einnahmen gelten sämtliche Betriebseinahmen im Bewilli
gigungszeitraum. Sind diese noch nicht zu ermitteln, ist der
Betrag anzusetzen, den Sie für den Bewilligungsabschnitt als
Betriebseinnahmen schätzen. Grundlage Ihrer Schätzung sollen
frühere Betriebsergebnisse sein. Belegen können Sie diese
anhand einer Steuerentscheidung über das Vorjahresergebnis
oder, falls eine solche noch nicht vorliegt (z. B. bei Neugrün
dung), durch andere geeignete Unterlagen (z. B. Prognose Ihres
Steuerberaters). Das Einkommen wird so ermittelt, dass von
64 Grundsätzliche Fragen zum ALG II

den Einnahmen die notwendigen Betriebsausgaben, ungeach


tet der steuerlichen Berücksichtigung, abgezogen werden.
Auszug aus der Arbeitslosengeld II / SozialgeldVerordnung
(Alg IIV § 3)
(1) Bei der Berechnung des Einkommens aus selbständiger Arbeit, Gewer
bebetrieb oder Land und Forstwirtschaft ist von den Betriebseinnahmen
auszugehen. Betriebseinnahmen sind alle aus selbständiger Arbeit, Gewer
bebetrieb oder Land und Forstwirtschaft erzielten Einnahmen, die im
Bewilligungszeitraum (§ 41 Abs. 1 Satz 4 des Zweiten Buches Sozialge
setzbuch) tatsächlich zufließen. Wird eine Erwerbstätigkeit nach Satz 1
nur während eines Teils des Bewilligungszeitraums ausgeübt, ist das Ein
kommen nur für diesen Zeitraum zu berechnen.
(2) Zur Berechnung des Einkommens sind von den Betriebseinnahmen die
im Bewilligungszeitraum tatsächlich geleisteten notwendigen Ausgaben
mit Ausnahme der nach § 11 Abs. 2 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch
abzusetzenden Beträge ohne Rücksicht auf steuerrechtliche Vorschriften
abzusetzen.
(3) Tatsächliche Ausgaben sollen nicht abgesetzt werden, soweit diese
ganz oder teilweise vermeidbar sind oder offensichtlich nicht den Lebens
umständen während des Bezuges der Leistungen zur Grundsicherung für
Arbeitsuchende entsprechen. Nachgewiesene Einnahmen können bei der
Berechnung angemessen erhöht werden, wenn anzunehmen ist, dass die
nachgewiesene Höhe der Einnahmen offensichtlich nicht den tatsächlichen
Einnahmen entspricht. Ausgaben können bei der Berechnung nicht abge
setzt werden, soweit das Verhältnis der Ausgaben zu den jeweiligen Erträ
gen in einem auffälligen Missverhältnis steht.
(4) Für jeden Monat ist der Teil des Einkommens zu berücksichtigen, der
sich bei der Teilung des Gesamteinkommens im Bewilligungszeitraum
durch die Anzahl der Monate im Bewilligungszeitraum ergibt. Im Fall des
Absatzes 1 Satz 3 gilt als monatliches Einkommen derjenige Teil des Ein
kommens, der der Anzahl der in den in Absatz 1 Satz 3 genannten Zeit
raum fallenden Monate entspricht. Von dem Einkommen sind die Beträge
nach § 11 Abs. 2 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch abzusetzen.
(5) Ist auf Grund der Art der Erwerbstätigkeit eine jährliche Berechnung
des Einkommens angezeigt, soll in die Berechnung des Einkommens nach
den Absätzen 2 bis 4 auch Einkommen nach Absatz 1 Satz 1 einbezogen
Wie errechnet sich mein Bedarf? 65

werden, das der erwerbsfähige Hilfebedürftige innerhalb eines Zeitraums


von sechs Monaten vor wiederholter Antragstellung erzielt hat, wenn der
erwerbsfähige Hilfebedürftige darauf hingewiesen worden ist. Dies gilt
nicht, soweit das Einkommen bereits in dem der wiederholten Antragstel
lung vorangegangenen Bewilligungszeitraum berücksichtigt wurde oder
bei Antragstellung in diesem Zeitraum hätte berücksichtigt werden müs
sen.
(6) Soweit über die Gewährung von Leistungen zum Lebensunterhalt nach
§ 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1a des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch vorläufig
entschieden wurde, kann das Einkommen im Bewilligungszeitraum für die
abschließende Entscheidung geschätzt werden, wenn das tatsächliche
Einkommen nicht innerhalb eines Zeitraums von zwei Monaten nach Ende
des Bewilligungszeitraums nachgewiesen wird.
(7) Wird ein Kraftfahrzeug überwiegend betrieblich genutzt, sind die tat
sächlich geleisteten notwendigen Ausgaben für dieses Kraftfahrzeug als
betriebliche Ausgabe abzusetzen. Für private Fahrten sind die Ausgaben
um 0,10 Euro für jeden gefahrenen Kilometer zu vermindern. Ein Kraftfahr
zeug gilt als überwiegend betrieblich genutzt, wenn es zu mindestens 50
Prozent betrieblich genutzt wird. Wird ein Kraftfahrzeug überwiegend
privat genutzt, sind die tatsächlichen Ausgaben keine Betriebsausgaben.
Für betriebliche Fahrten können 0,10 Euro für jeden mit dem privaten
Kraftfahrzeug gefahrenen Kilometer abgesetzt werden, soweit der er
werbsfähige Hilfebedürftige nicht höhere notwendige Ausgaben für Kraft
stoff nachweist.

Bei der Berücksichtigung der Ausgaben wird nicht auf die


Berücksichtigung im Steuerrecht abgestellt, sondern es er
folgt durch den Sozialleistungsträger eine eigene Prüfung der
Notwendigkeit von Ausgaben.
Sind die Einnahmen auf diese Weise ermittelt, so sind hier
von die Steuern, notwendige Versicherungen, Beiträge zur
Renten und Krankenversicherung etc. wie oben aufgeführt
abzuziehen. Hierbei ist allerdings zu beachten, dass ALGII
Empfänger in der Regel gesetzlich kranken und rentenversi
66 Grundsätzliche Fragen zum ALG II

chert sind, und insofern die Beiträge vom Sozialleistungsträ


ger gezahlt werden.

Eine einwandfreie regelmäßige kaufmännische und steuerlich korrekte


Buchführung, die strikt zwischen betrieblichen und privaten Ausgaben
trennt, ist unabdingbare Voraussetzung für die Darstellung der (betriebli
chen) wirtschaftlichen Situation.

Einkommen aus Kapitalerträgen


Einkommen aus Kapitalvermögen (nach § 20 Abs. 1 bis 3 EStG),
vermindert um die Kapitalertragsteuer sowie um die mit der
Erzielung verbundenen notwendigen Ausgaben, wird als
einmalige Einnahme berücksichtigt.

Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung


Bei der Vermietung von Räumen wird der Überschuss der Ein
nahmen über die mit ihrer Erzielung verbundenen notwendi
gen Ausgaben als Einkommen angesetzt.
Als notwendige Ausgaben werden anerkannt:

 anteilige Grund und Gebäudesteuern, sonstige öffentliche


Abgaben (z. B. für Straßen und Schornsteinreinigung,
Müllabfuhr, Kanalbenutzung), soweit diese Aufwendungen
nicht zusätzlich zur Miete erhoben werden, und Versiche
rungsbeiträge;
 anteilige Schuldzinsen (z. B. für Hypothekendarlehen), auf
besonderen Verpflichtungen beruhende Renten und dauern
de Lasten (z. B. Altenteillasten aufgrund von Überlassungs
verträgen), Tilgungsleistungen bleiben außer Betracht;
Wie errechnet sich mein Bedarf? 67

 Ausgaben für die Instandsetzung und Instandhaltung (z. B.


Einbau einer Zentralheizung oder behindertengerechter
Einrichtungen), nicht aber für Verbesserungen des Haus
und Grundbesitzes über eine Anpassung an den üblichen
Standard hinaus.
Zu den Roheinnahmen gehören nicht die Beträge, die vom
Mieter wieder ersetzt werden, wie z. B. Stromgeld und antei
liges Wassergeld.
Führen Sie die Vermietung und Verpachtung gewerbsmäßig
durch, handelt es sich bei den erzielten Einnahmen um Ein
künfte aus selbstständiger Tätigkeit.

Sonstige Einkünfte
Beziehen Sie für minderjährige Kinder Kindergeld, so wird
dieses dem Kind als Einkommen zugeordnet, soweit es für die
Sicherung von dessen Lebensunterhalt benötigt wird. Ein
eventuell den Bedarf des Kindes übersteigender Betrag wird
hingegen Ihnen als Einkommen zugeordnet. Dies trifft jedoch
nur für das Kindergeld zu. Ist der Bedarf des Kindes durch
Unterhaltszahlungen, eigenes Einkommen des Kindes (Ausbil
dungsvergütung etc.) und Kindergeld gedeckt, so wird Ihnen
nur der Teil des Kindergeldes angerechnet, der den Bedarf des
Kindes überschreitet. Der Unterhalt und das eigene Einkom
men des Kindes verbleibt bei diesem.
 Das Kindergeld für volljährige Kinder wird den Eltern bzw.
dem Elternteil als Einkommen zugeordnet. Wird jedoch
das Kindergeld direkt an das Kind ausgezahlt, so erfolgt
68 Grundsätzliche Fragen zum ALG II

keine Anrechnung bei den Eltern, wenn dieses Kind voll


jährig ist und außerhalb des elterlichen Haushalts wohnt.
 Ein Kind vor Vollendung des 12. Lebensjahres, das einen
Anspruch auf Unterhalt hat, der von dem Unterhaltsver
pflichteten nicht oder nur teilweise erfüllt wird, kann An
spruch auf einen Unterhaltsvorschuss (Unterhaltsvor
schusskasse des zuständigen Jugendamtes) haben. Dieser
Betrag mindert als Einkommen ausschließlich den Bedarf
des Kindes.
 Der Kinderzuschlag nach § 6a des Bundeskindergeldge
setzes ist als Einkommen dem jeweiligen Kind zuzurech
nen. Dies gilt auch für das Kindergeld für zur Bedarfsge
meinschaft gehörende Kinder, soweit es bei dem jeweiligen
Kind zur Sicherung des Lebensunterhalts, mit Ausnahme
der Bedarfe nach § 28 (Bedarf für Bildung und Teilhabe),
benötigt wird.
 Erhalten Sie Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem
SGB II, so haben Sie grundsätzlich keinen Anspruch auf
Wohngeld, da die Kosten für Unterkunft bereits mit dem
ALG II übernommen werden.
 Einkommen eines Inhaftierten ist grundsätzlich zu berück
sichtigen. Ausnahme: Nach dem Strafvollzugsgesetz
(StVollzG) erhält jeder Inhaftierte Geldbeträge (Hausgeld/
Taschengeld) zur eigenen Verwendung innerhalb der Justiz
vollzugsanstalt. Erzielt der Gefangene zusätzlich während
der Inhaftierung Arbeitsentgelt (§ 39 und § 43 StVollzG),
so kann er nicht frei darüber verfügen. Es wird von der
Vollzugsanstalt in der Regel als
Wie errechnet sich mein Bedarf? 69

– Hausgeld (§ 47 a. a. O.),
– Überbrückungsgeld (§ 51 a. a. O.),
– Haftkostenbeitrag (§ 50 a. a. O.) oder ggf. auch als
– Unterhaltsbeitrag (zur Erfüllung titulierter Unterhalts
ansprüche, § 49 a. a. O.)
verwendet bzw. in Anspruch genommen. Die Geldbeträge
bzw. die Bezüge stellen in diesen Fällen kein berücksichti
gungsfähiges Einkommen dar.
Das Überbrückungsgeld soll den Lebensunterhalt der ers
ten vier Wochen nach Haftende sichern. Es wird dem In
haftierten erst bei Haftende in einem Betrag ausgezahlt.
Es ist entweder als einmaliges Einkommen (wenn es im Be
darfszeitraum ausgezahlt wird) oder als Vermögen (wenn es
vor Antragstellung ausgezahlt wird) anzurechnen.
 Während der Zeit des Grundwehrdienstes/Zivildienstes
werden dem Grundwehr/Zivildienstleistenden und dessen
Angehörigen Leistungen nach dem Wehrsold (WSG), dem
Zivildienst (ZDG) und dem Unterhaltssicherungsgesetz
(USG) gewährt, mit denen er seinen Lebensunterhalt und
den seiner Angehörigen bestreiten kann. Stellen der
Grundwehr/Zivildienstleistende oder Angehörige dennoch
einen Antrag auf Leistungen nach dem SGB II, werden die
Leistungen nach dem USG angerechnet.
 Das sogenannte MeisterBAföG wird nach den Vorschrif
ten des Aufstiegsfortbildungsgesetzes (AFBG) gezahlt. Es
setzt sich aus einem Maßnahme und einem Unter
haltsbeitrag zusammen. Der Maßnahmebeitrag (Lehr
gangs und Prüfungsgebühren) wird in voller Höhe, der
70 Grundsätzliche Fragen zum ALG II

Unterhaltsbeitrag teilweise als Darlehen gezahlt. Alleiner


ziehende können darüber hinaus einen monatlichen Zu
schuss zu den notwendigen Kosten der Kinderbetreuung
erhalten.
Der Maßnahmebeitrag und der Zuschuss zu den Kosten
der Kinderbetreuung sind zweckbestimmt. Die Zahlung
von ALG II ist daneben gerechtfertigt; eine Berücksichti
gung als Einkommen scheidet nach § 11 Abs. 3 Nr. 1a
SGB II aus.
Der Unterhaltsbeitrag dient demselben Zweck wie die
Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II. Er ist daher
in voller Höhe als Einkommen zu berücksichtigen. Eine An
rechnung ist aber – dem Zweck entsprechend – nur auf
den Bedarf des Auszubildenden vorzunehmen. Dies gilt
auch für die familienbezogenen Bestandteile des Unter
haltsbeitrags. Die Anrechnung (als fiktives Einkommen) ist
auch dann vorzunehmen, wenn der Auszubildende sich
weigert, das Darlehen in Anspruch zu nehmen.
 Wird ein Bildungskredit im Rahmen des Regierungspro
gramms in Zusammenarbeit mit der Deutschen Aus
gleichsbank und dem Bundesverwaltungsamt gewährt, ist
zu prüfen, welchem Zweck dieser dient. Ziel des Bildungs
kredits ist die Sicherung und Beschleunigung der Ausbil
dung oder die Finanzierung außergewöhnlichen, nicht
durch das Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) er
fassten Aufwands, um die Ausbildung zu verkürzen bzw.
den Abbruch der Ausbildung aufgrund fehlender finanziel
ler Mittel zu vermeiden.
Wie errechnet sich mein Bedarf? 71

Soweit gleichzeitig Leistungen nach dem BAföG bezogen


werden, wird dies angerechnet, wenn im Einzelfall ein An
spruch auf Leistungen nach dem SGB II gegeben ist.
 Die Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversiche
rung wird voll als Einkommen auf das ALG II angerechnet
(BSG, 5. September 2007, Az: B 11b AS 15/06 R)

Was zählt nicht zum Einkommen?


Nicht als Einkommen gelten gemäß der Arbeitslosengeld II /
SozialgeldVerordnung (Alg IIV)
(1) ...
1. einmalige Einnahmen und Einnahmen, die in größeren als monatlichen
Zeitabständen anfallen, wenn sie 50 Euro jährlich nicht übersteigen,
2. Zuwendungen Dritter, die einem anderen Zweck als die Leistungen nach
dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch dienen, soweit sie die Lage des Emp
fängers nicht so günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen der Grund
sicherung für Arbeitsuchende nicht gerechtfertigt wären,
3. Zuwendungen der freien Wohlfahrtspflege, die dem gleichen Zweck wie
die Leistungen des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch dienen, soweit sie die
Lage des Empfängers nicht so günstig beeinflussen, dass daneben Leistun
gen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch nicht gerechtfertigt wären,
4. nicht steuerpflichtige Einnahmen einer Pflegeperson für Leistungen der
Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung,
5. bei Soldaten der Auslandsverwendungszuschlag und der Leistungszu
schlag,
6. die aus Mitteln des Bundes gezahlte Überbrückungsbeihilfe nach Artikel
IX Abs. 4 des Abkommens zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrages
über die Rechtsstellung ihrer Truppen (NATOTruppenstatut) vom 19. Juni
1951 (BGBl. 1961 II S. 1190) an ehemalige Arbeitnehmer bei den Statio
nierungsstreitkräften und nach Artikel 5 des Gesetzes zu den Notenwech
seln vom 25. September 1990 und 23. September 1991 über die Rechts
stellung der in Deutschland stationierten verbündeten Streitkräfte und zu
72 Grundsätzliche Fragen zum ALG II

den Übereinkommen vom 25. September 1990 zur Regelung bestimmter


Fragen in Bezug auf Berlin vom 3. Januar 1994 (BGBl. 1994 II S. 26) an
ehemalige Arbeitnehmer bei den alliierten Streitkräften in Berlin,
7. die Eigenheimzulage, soweit sie nachweislich zur Finanzierung einer
nach § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch nicht
als Vermögen zu berücksichtigenden Immobilie verwendet wird,
8. Kindergeld für Kinder des Hilfebedürftigen, soweit es nachweislich an das
nicht im Haushalt des Hilfebedürftigen lebende Kind weitergeleitet wird,
9. bei Sozialgeldempfängern, die das 15. Lebensjahr noch nicht vollendet
haben, Einnahmen aus Erwerbstätigkeit, soweit sie einen Betrag von 100 Euro
monatlich nicht übersteigen,
10. Leistungen der Ausbildungsförderung, soweit sie für Fahrtkosten zur
Ausbildung oder für Ausbildungsmaterial verwendet werden; ist bereits
mindestens ein Betrag nach § 11 Abs. 2 Satz 2 des Zweiten Buches Sozial
gesetzbuch von der Ausbildungsvergütung absetzbar, gilt dies nur für den
darüber hinausgehenden Betrag,
11. Verpflegung, die außerhalb der in den §§ 2, 3 und 4 Nummer 4 ge
nannten Einkommensarten bereitgestellt wird,
12. Geldgeschenke an Minderjährige anlässlich der Firmung, Kommunion,
Konfirmation oder vergleichbarer religiöser Feste sowie anlässlich der
Jugendweihe, soweit sie den in § 12 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1a des Zwei
ten Buches Sozialgesetzbuch genannten Betrag nicht überschreiten,
13. vom Taschengeld nach § 2 Absatz 1 Nummer 3 des Jugendfreiwilligen
dienstegesetzes, das ein Teilnehmer an einem Jugendfreiwilligendienst
erhält, ein Betrag in Höhe von 60 Euro.
(2) Bei der § 9 Abs. 5 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch zugrunde
liegenden Vermutung, dass Verwandte und Verschwägerte an mit ihnen in
Haushaltsgemeinschaft lebende Hilfebedürftige Leistungen erbringen, sind
die um die Absetzbeträge nach § 11 Abs. 2 des Zweiten Buches Sozialge
setzbuch bereinigten Einnahmen in der Regel nicht als Einkommen zu
berücksichtigen, soweit sie einen Freibetrag in Höhe des doppelten Satzes
der nach § 20 Abs. 2 Satz 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch maßge
benden Regelbedarf zuzüglich der anteiligen Aufwendungen für Unter
kunft und Heizung sowie darüber hinausgehend 50 Prozent der diesen
Freibetrag übersteigenden bereinigten Einnahmen nicht überschreiten. § 11
Abs. 1, 3, 3a und 4 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch gilt entsprechend.
Wie errechnet sich mein Bedarf? 73

(3) Für Bewilligungszeiträume, die vor dem 1. Januar 2009 begonnen ha
ben, ist Kindergeld nicht als Einkommen zu berücksichtigen, soweit es die
bis zum 31. Dezember 2008 geltenden Beträge nach § 66 Absatz 1 des
Einkommensteuergesetzes und § 6 Absatz 1 und 2 des Bundeskindergeld
gesetzes übersteigt. Satz 1 gilt bis zum Ende des Bewilligungszeitraums,
längstens jedoch bis zum 31. Mai 2009.
(4) Nicht als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen von Schüle
rinnen und Schülern allgemein oder berufsbildender Schulen, die das
25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, aus Erwerbstätigkeiten, die in
den Schulferien für höchstens vier Wochen je Kalenderjahr ausgeübt wer
den, soweit diese einen Betrag in Höhe von 1.200 Euro kalenderjährlich
nicht überschreiten. Für die Bemessung des Zeitraums nach Satz 1 bleiben
in den Schulferien ausgeübte Erwerbstätigkeiten mit einem Einkommen,
das monatlich den in § 11 Absatz 2 Satz 2 des Zweiten Buches Sozialge
setzbuch oder in Absatz 1 Nummer 9 genannten monatlichen Betrag nicht
übersteigt, außer Betracht. Satz 1 gilt nicht für Schülerinnen und Schüler,
die einen Anspruch auf Ausbildungsvergütung haben. Die Bestimmungen
des Jugendarbeitsschutzgesetzes bleiben unberührt.
(5) Nicht als Einkommen zu berücksichtigen ist Elterngeld in Höhe von 150
Euro je Lebensmonat eines Kindes, der vor dem 1. Januar 2011 begonnen
hat, soweit es auf Grund einer vor dem 1. Januar 2011 widerrufenen Ver
längerungsmöglichkeit (§ 6 Satz 2 des Bundeselterngeld und Elternzeitge
setzes) nachgezahlt wird.

Weiterhin ist nicht als Einkommen zu berücksichtigen (§ 11a


SGB II):
(1) ...
2. die Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz und nach den Ge
setzen, die eine entsprechende Anwendung des Bundesversorgungsgeset
zes vorsehen,
3. die Renten oder Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für
Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit erbracht werden, bis zur
Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz.
(2) Entschädigungen, die wegen eines Schadens, der kein Vermögensscha
den ist, nach § 253 Absatz 2 BGB geleistet werden,
74 Grundsätzliche Fragen zum ALG II

(3) Leistungen, die auf Grund öffentlichrechtlicher Vorschriften zu einem


ausdrücklich genannten Zweck erbracht werden, sind nur soweit als Ein
kommen zu berücksichtigen, als die Leistungen nach diesem Buch im
Einzelfall demselben Zweck dienen. Abweichend sind als Einkommen zu
berücksichtigen
1. die Leistungen nach § 39 SGB VIII, die für den erzieherischen Einsatz
erbracht werden,
a) für das dritte Pflegekind zu 75 Prozent,
b) für das vierte und jedes weitere Pflegekind vollständig,
2. Leistungen für die Förderung in einer Kindertagespflege
Zuwendungen der freien Wohlfahrtspflege sind nicht als Einkommen zu
berücksichtigen, soweit sie die Lage der Empfängerinnen und Empfänger
nicht so günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen nach diesem Buch
nicht gerechtfertigt wären.
(4) Zuwendungen, die ein anderer erbringt, ohne hierzu eine rechtliche
oder sittliche Pflicht zu haben, sind nicht als Einkommen zu berücksichti
gen, soweit
1. ihre Berücksichtigung für die Leistungsberechtigten grob unbillig wäre
oder
2. sie die Lage der Leistungsberechtigten nicht so günstig beeinflussen,
dass daneben Leistungen nach diesem Buch nicht gerechtfertigt wären.

Welche Beträge Sie von Ihrem anzurech


nenden Einkommen abziehen können
Grundlage für die Berechnung bzw. die Anrechnung des Ein
kommens auf das ALG II ist das Bruttoeinkommen abzüglich
notwendiger Ausgaben. Folgende Beträge können Sie von Ih
rem Einkommen absetzen (dies gilt nicht nur für „normale“
ALGIIEmpfänger, sondern auch für Selbstständige, die An
spruch auf ALG II haben):
Wie errechnet sich mein Bedarf? 75

Steuern
 Lohn/Einkommensteuer
 Solidaritätszuschlag
 Kirchensteuer
 Gewerbesteuer
 Kapitalertragsteuer

Nicht absetzbar sind die sog. Verkehrssteuern (Mehrwert


steuer, Vermögensteuer etc.).

Pflichtbeiträge
Die Beiträge zu Pflichtversicherungen können Sie in der ge
setzlich vorgeschriebenen Höhe von Ihrem Einkommen abzie
hen. Hierzu gehören
a) die Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung:
– Krankenversicherung,
– Pflegeversicherung,
– Rentenversicherung,
– Beiträge zur Arbeitsförderung,
b) die von versicherungspflichtigen Selbstständigen im Rahmen
der Sozialversicherung gezahlten Pflichtbeiträge für die
– Altershilfe für Landwirte,
– Handwerkerversicherung,
– Unfallversicherung,
c) die Pflichtbeiträge zur Pflegeversicherung von freiwillig
Krankenversicherten.
76 Grundsätzliche Fragen zum ALG II

Gesetzlich vorgeschriebene und private


Versicherungen
Ähnliche Einrichtungen sind Gemeinschaftseinrichtungen, die
vergleichbare Risiken abdecken (z. B. Betriebsgemeinschafts
kassen für zusätzliches Ruhegeld, Sterbekassen).
Gesetzlich vorgeschrieben sind
 Pflegeversicherung für privat Krankenversicherte (§ 23
SGB XI),
 KfzHaftpflichtversicherung,
 Haftpflichtversicherungen bei bestimmten Berufsgruppen,
wie z. B. Anwaltshaftpflichtversicherung und Arzthaft
pflichtversicherung.
Beiträge für diese Versicherungen können Sie in nachgewie
sener Höhe von Ihrem Einkommen absetzen.
Bei der Gebäudeversicherung handelt es sich nicht um eine
gesetzlich vorgeschriebene Versicherung, eine Absetzung der
Versicherungsbeiträge vom Einkommen ist daher nicht mög
lich. Beiträge hierfür können als Bedarf anerkannt und im
Rahmen der Leistungen für Kosten der Unterkunft (§ 22)
übernommen werden, soweit sie angemessen sind.
Vom Einkommen eines jeden Mitglieds einer Bedarfsgemein
schaft (auch Renten etc.) werden für angemessene private
Versicherungen pauschal mindestens 30 Euro monatlich ab
gesetzt, bei Nachweis höherer Kosten diese.
Zusätzlich können Sie vom Einkommen Aufwendungen für
angemessene Versicherungen abziehen, die die Gesundheits
Wie errechnet sich mein Bedarf? 77

und Altersvorsorge der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft


sichern, die nicht der gesetzlichen Krankenversicherungs
pflicht unterliegen und die von der gesetzlichen Rentenversi
cherung befreit sind. Denn diese Aufwendungen fallen nicht
unter die Pauschale.
Hierzu gehören z. B. freiwillige/private Krankenversicherung,
Rentenversicherung, Unfallversicherung, Berufs und Er
werbsunfähigkeitsabsicherung für Selbstständige/Freiberuf
ler, Lebensversicherungen. Die Ausgaben für entsprechende
freiwillige Versicherungen werden jedoch nur anerkannt,
wenn diese anstatt einer sonstigen Pflichtversicherung ge
zahlt werden. Nicht anerkannt werden freiwillige Zusatzver
sicherungen.

Beiträge zur Altersvorsorge


Beiträge für die staatliche Altersvorsorge (RiesterRente)
können vom Einkommen abgezogen werden. Dies gilt jedoch
nur für die zertifizierten Altersvorsorgeverträge (Altersvorsor
geverträgeZertifizierungsgesetz). Es kann nur der sogenann
te Mindesteigenbeitrag nach § 86 EStG berücksichtigt wer
den. Grundsätzlich beträgt dieser Mindesteigenbeitrag ab
2008 4 % der Einnahmen des vorangegangenen Kalenderjah
res. Von diesen Einnahmen sind die Grundzulage und Kinder
zulagen abzuziehen.

Über den Mindesteigenbeitrag hinaus gezahlte Beiträge werden nicht


mehr staatlich gefördert und können daher nicht mehr berücksichtigt
werden.
78 Grundsätzliche Fragen zum ALG II

Beiträge für eine persönliche Leibrente nach § 10 Abs. 1


Nr. 2b EStG (sog. „RürupRente“) sind nicht abzugsfähig, da
§ 86 EStG ausschließlich die nach dem AltersvorsorgeZerti
fizierungsgesetz vorgesehenen Verträge enthält.

Unterhaltszahlungen
Aufwendungen zur Erfüllung gesetzlicher Unterhaltsver
pflichtungen bis zu dem in einem Unterhaltstitel oder in
einer notariell beurkundeten Unterhaltsvereinbarung festge
legten Betrag können Sie von Ihrem Einkommen abziehen.
Ein Unterhaltstitel ist entweder ein gerichtliches Urteil, ein
gerichtlicher Vergleich oder eine Jugendamtsurkunde.

Werbungskosten – Versicherungen
Werbungskosten können Sie nur dann abziehen, wenn Sie Er
werbseinkommen erzielen.
Der Bezugspunkt für den Freibetrag ist das Bruttoeinkom
men, bei Selbstständigen der Überschuss der Einnahmen über
die Ausgaben. Für Werbungskosten, Beiträge zu privaten Ver
sicherungen, Beiträge zur RiesterRente (§ 11 SGB II) wird
ein Grundfreibetrag in Höhe von 100 Euro gewährt. Beziehen
Sie Erwerbseinkommen, sind in diesem Freibetrag auch Wer
bungskosten enthalten. Weist man nach, dass die Kosten
höher sind, müssen die tatsächlichen Kosten berücksichtigt
werden. Dies gilt jedoch nur, wenn das (Netto)Erwerbsein
kommen höher als 400 Euro im Monat ist. Hat jemand meh
rere Jobs, gibt es den Grundfreibetrag von 100 Euro nur ein
mal.
Wie errechnet sich mein Bedarf? 79

Die Freibeträge errechnen sich wie folgt:


 20 % des Brutto von 100,01 Euro bis 1.000,00 Euro
 10 % des Brutto von 1.000,01 Euro bis 1.200,00 Euro

Leben Sie entweder mit mindestens einem minderjährigen


Kind in Bedarfsgemeinschaft oder haben Sie mindestens ein
minderjähriges Kind, erhöht sich der Betrag von 1.200 Euro
auf von 1.500 Euro.
Steuerfreie Einnahmen aus einer nebenberuflichen Tätigkeit
bleiben bis 175 Euro pro Monat anrechenfrei (anstatt bis zu
einem Betrag von 100 Euro pro Monat). In diesem Fall wird
ein weiterer Freibetrag gewährt:
 20 % des Brutto von 175,00 Euro (anstatt von 100,00
Euro) bis 1000,00 Euro.

Steuerlich anzuerkennende Werbungskosten können in un


abwendbar notwendigem Umfang berücksichtigt werden,
jedoch nur bei der Person, die das Erwerbseinkommen erzielt.
Darunter fallen beispielsweise
 Kosten der doppelten Haushaltsführung: Kosten für Unter
kunft und Heizung am auswärtigen Ort sind grundsätzlich
voll absetzbar, wenn sie erforderlich sind,
 Beiträge zu Berufsverbänden und Gewerkschaften,
 Aufwendungen für Arbeitsmaterial, Berufskleidung, Ar
beitsmittel,
 Kinderbetreuungskosten,
 Bewerbungskosten,
80 Grundsätzliche Fragen zum ALG II

 Fahrtkosten, Fachliteratur, Fortbildung, IT/Telefon, Reise


kosten, Umzugskosten, Unfallkosten und Werkzeuge.
Absetzbar sind auch die Beiträge zur RiesterRente und die
KfzHaftpflichtversicherung. Bei einem Einkommen von über
400 Euro sind auch Steuern und Beiträge zu Sozialversiche
rungen absetzbar.
Die Kilometerpauschale beträgt 20 Cent je Entfernungskilo
meter. Ist dem Hilfeempfänger die Nutzung öffentlicher
Verkehrsmittel zumutbar und ist dies billiger, werden nur
noch die Kosten für das öffentliche Verkehrsmittel gezahlt.
Bei Selbstständigen ist Grundlage der Berechnung des Frei
betrags der erwirtschaftete Überschuss (Gewinn vor Steuern).
Hierzu siehe Seite 63 f.

Anrechnung von Einkommen


Einmalige Einnahmen werden auf 6 Monate verteilt ange
rechnet, wenn die Anrechnung im Monat des Zuflusses den
Wegfall des ALG II zur Folge hätte.
Rückzahlungen und Guthaben, die den Kosten für Unterkunft
und Heizung zuzuordnen sind, werden auf die Kosten der
Unterkunft angerechnet. Rückzahlungen, die sich auf die
Kosten für Haushaltsenergie beziehen, werden nicht ange
rechnet.
Muss ich mein Vermögen verwerten? 81

Muss ich mein Vermögen


verwerten?
Achtung: Es kursieren sehr gefährliche Ratschläge zur Siche
rung des Vermögens. Beachten Sie unbedingt:
 Solange sich der Hilfebedürftige (insbesondere bei Dro
gen oder Alkoholabhängigkeit sowie im Falle unwirt
schaftlichen Verhaltens) als ungeeignet erweist, mit der
Regelleistung seinen Bedarf zu decken, kann die Regelleis
tung in voller Höhe oder anteilig in Form von Sachleis
tungen erbracht werden (§ 23 Abs. 2 SGB II).
 „Wer nach Vollendung des 18. Lebensjahres vorsätzlich
oder grob fahrlässig die Voraussetzungen für seine Hilfe
bedürftigkeit oder die Hilfebedürftigkeit von Personen, die
mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft leben, oder die Zah
lung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts
an sich oder an Personen, die mit ihm in einer Bedarfsge
meinschaft leben, ohne wichtigen Grund herbeigeführt
hat, ist zum Ersatz der deswegen gezahlten Leistungen
verpflichtet.“ (§ 34 Abs. 1 SGB II)
Haben Sie Vermögen, das über dem Freibetrag liegt (s. S. 83),
so hilft es nichts, dieses schnell zu verbrauchen (indem Sie
z. B. eine Weltreise machen) oder zu verschenken, außer Sie
beachten die legalen Möglichkeiten. Es dürfte wohl nur mög
lich sein, Vermögen über dem Freibetrag in geschütztes Ver
mögen umzuschichten (s. S. 85).
82 Grundsätzliche Fragen zum ALG II

Achtung: Schulden werden vom Vermögen nicht abgezogen,


es sei denn, Sie haben Vermögen, z. B. eine Lebensversiche
rung, Sparbriefe etc., zur Sicherheit für Ihre Schulden, z. B.
ein Immobiliendarlehen, abgetreten. Bevor Sie also Leistun
gen nach dem SGB II beantragen, sollten Sie zunächst, so
weit zutreffend, mit dem den Freibetrag übersteigenden Ver
mögen Ihre Schulden abzahlen.
Achtung: Haben Sie Geld als Darlehen erhalten oder verwal
ten Sie treuhänderisch Vermögen, z. B. Grundstücke, die auf
Ihren Namen eingetragen sind, oder lauten Bankkonten oder
Depots auf Ihren Namen, wird dies nur anerkannt, wenn
schriftliche Verträge mit den Darlehens bzw. Treuhandge
bern bestehen, die auch von den Steuerbehörden anerkannt
werden.

Verschenken Sie Vermögen, um Leistungen nach dem SGB II zu erhalten,


müssen Sie nicht nur Ersatz leisten, sondern das Amt kann das Geld vom
Beschenkten zurückfordern (§ 33 SGB II). Besteht der Verdacht, dass Sie
Vermögen verschenkt bzw. beiseite gebracht haben, um Leistungen nach
dem SGB II zu erhalten, kann dies strafrechtlich als Betrug verfolgt wer
den.

Das Gesetz unterscheidet zwischen geschütztem Vermögen,


das Sie überhaupt nicht verwerten müssen, und Vermögen,
dessen sofortige (!) Verwertung unzumutbar ist.
 Ist das Vermögen geschützt, darf es überhaupt nicht be
rücksichtigt werden,
 ist nur die sofortige Verwertung unzumutbar, wird ALG II
als Darlehen gewährt; das Vermögen dient dann als Pfand
bzw. Sicherheit und fällt irgendwann dem Staat zu.
Muss ich mein Vermögen verwerten? 83

Ist verwertbares Vermögen vorhanden, so ist auf jeden Fall


das den Freibetrag übersteigende Vermögen einzusetzen. Es
empfiehlt sich deshalb, zunächst das Vermögen bis auf den
Freibetrag zu verbrauchen bzw. in geschütztes Vermögen
umzuschichten. Besitzen Sie z. B. ein Auto im Wert von über
7.500 Euro, sollten Sie dieses verkaufen und sich ein Auto
anschaffen, das maximal 7.500 Euro wert ist (Näheres siehe
unten).

Welche Freibeträge werden gewährt?


Als Freibetrag wird gewährt:
 Der Grundfreibetrag beträgt jeweils 150 Euro je vollende
tes Lebensjahr des Arbeitsuchenden und seines Partners
und minderjährige Kinder mindestens je 3.100 Euro. Sind
Sie vor dem 1. Januar 1958 geboren, beträgt der Grund
freibetrag höchstens 9.750 Euro, sind Sie nach dem
31. Dezember 1957 und vor dem 1. Januar 1964 geboren,
höchstens 9.900 Euro, für nach dem 31. Dezember 1963
Geborene, höchstens 10.000 Euro.
 Für erwerbsfähige ALGIIEmpfänger und deren Partner,
die bis zum 1. Januar 1948 geboren sind, beträgt der
Grundfreibetrag jeweils 520 Euro je vollendetes Lebens
jahr, höchstens jeweils 33.800 Euro.
 Ein weiterer Freibetrag für die Altersvorsorge beträgt
750 Euro je vollendetes Lebensjahr des erwerbsfähigen
Hilfebedürftigen und seines Partners. Voraussetzung ist
aber, dass das Vermögen nicht vor Eintritt in den Ruhe
stand ausgezahlt, übertragen, verpfändet oder sonst ge
84 Grundsätzliche Fragen zum ALG II

nutzt werden kann. Sind Sie vor dem 1. Januar 1958 ge
boren beträgt der Grundfreibetrag höchstens 48.750 Euro,
sind Sie nach dem 31. Dezember 1957 und vor dem 1. Ja
nuar 1964 geboren, höchstens 49.500 Euro, für nach dem
31. Dezember 1963 Geborene, höchstens 50.250 Euro.
 Bei der „RiesterRente“ ist zu beachten, dass nur der ge
förderte Betrag geschützt ist, nicht darüber hinausgehen
de freiwillige Zahlungen.
 Der Freibetrag für einmalige Bedarfe (Kleidung, Möbel,
Hausrat, Haushaltsgeräte) beträgt 750 Euro für jede Per
son der Bedarfsgemeinschaft.
Leben Sie in einer Bedarfsgemeinschaft, sind auch das Ein
kommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Bei
unverheirateten Kindern, die mit ihren Eltern oder einem
Elternteil in einer Bedarfsgemeinschaft leben und die ihren
Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen oder Vermö
gen sichern können, sind auch das Einkommen und Vermögen
der Eltern oder des Elternteils und dessen in Bedarfsgemein
schaft lebender Partnerin oder lebenden Partners zu berück
sichtigen.
Wollen Sie die Freibeträge voll ausschöpfen, beachten Sie
Folgendes:
 Bei bestehenden Lebens oder eine Unfallversicherung
verträgen mit Beitragsrückgewähr, müssen Sie vor Antrag
stellung auf Leistungen nach dem SGB II mit dem Versi
cherer schriftlich einen Ausschluss der Verwertung vor
dem Rentenbeginn vereinbaren. Dies ist nur notwendig,
Muss ich mein Vermögen verwerten? 85

wenn Sie den zusätzlichen Altersvorsorgebeitrag in An


spruch nehmen wollen.
 Haben Sie keine weiteren Vermögenswerte, prüfen Sie, ob
der Rückkaufswert Ihrer Lebensversicherung den Grund
freibetrag und den Freibetrag für Altersvorsorge über
steigt. Nur der übersteigende Betrag ist verwertbares Ver
mögen. Kündigen Sie nicht vorschnell ihre Versicherung.
Machen Sie eine Bestandsaufnahme Ihres gesamten Ver
mögens und lassen Sie sich dann beraten.

Was ist „geschütztes Vermögen“?


Folgendes Vermögen ist geschützt (als Vermögen ist nicht zu
berücksichtigen):
 angemessener Hausrat,
 ein angemessenes Kraftfahrzeug für jeden in der Bedarfs
gemeinschaft lebenden erwerbsfähigen Hilfebedürftigen.
Ein Kfz wird als angemessen betrachtet, wenn der Wert
zum Zeitpunkt der Gewährung von ALG II nicht mehr als
7.500 Euro beträgt (BSG, Urteil vom 6. September 2007,
Az: B 14/7b AS 66/06 R),
 vom Inhaber als für die Altersvorsorge bestimmt bezeich
nete Vermögensgegenstände in angemessenem Umfang,
wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige oder sein Partner
von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten
versicherung befreit sind,
86 Grundsätzliche Fragen zum ALG II

Beispiel


Bei einer 1950 geborenen schwerbehinderten Klägerin, die über
wiegend selbstständig tätig war, ohne Beiträge zur gesetzlichen
Rentenversicherung entrichtet zu haben, hat das BSG entschie
den, dass bei langjährig Selbstständigen eine Pflicht zur Verwer
tung von Lebensversicherungen wegen Vorliegens eines Härte
falls ausscheiden kann, wenn eine Kumulation von Umständen
vorliegt (BSG, Urteil vom 7. Mai 2009, Az: B 14 AS 35/08 R).

 ein selbst genutztes Hausgrundstück von angemessener


Größe oder eine entsprechende Eigentumswohnung,
 Vermögen, solange es nachweislich zur baldigen Beschaf
fung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks von angemes
sener Größe bestimmt ist, soweit dieses zu Wohnzwecken
behinderter oder pflegebedürftiger Menschen dient oder
dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die
Verwertung des Vermögens gefährdet würde,
 Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung offensichtlich
unwirtschaftlich ist oder für den Betroffenen eine beson
dere Härte bedeuten würde,
 Vermögensgegenstände, die zur Aufnahme und Fortset
zung der Berufsausbildung oder der Erwerbstätigkeit un
entbehrlich sind.
Für die Angemessenheit sind die Lebensumstände während
des Bezugs der Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsu
chende maßgebend.
Das Vermögen wird mit seinem Verkehrswert berücksichtigt.
Für die Bewertung ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem der
Muss ich mein Vermögen verwerten? 87

Antrag auf Bewilligung oder erneute Bewilligung der Leistun


gen der Grundsicherung für Arbeitsuchende gestellt wird, bei
späterem Erwerb von Vermögen der Zeitpunkt des Erwerbs.
Wesentliche Änderungen des Verkehrswerts werden be
rücksichtigt.

Hausrat
Was zum Hausrat gehört, bemisst sich nach den Lebenser
fahrungen unter Berücksichtigung der besonderen Lage des
Einzelfalls. Es muss sich um Gegenstände handeln, die zur
Haushaltsführung und zum Wohnen notwendig oder zumin
dest üblich sind.

Altersvorsorge bei Befreiung von der


Versicherungspflicht
Sind Sie oder Ihr Partner von der Versicherungspflicht in der
gesetzlichen Rentenversicherung befreit und weisen Sie
nach, dass bestimmte Sachen und Rechte der Alterssicherung
dienen, ist dieses Vermögen nicht zu berücksichtigen. Es
muss klar erkennbar sein, dass das Vermögen für die Alters
sicherung bestimmt ist. Ein Nachweis kann z. B. die Vorlage
einer Versicherungspolice über eine kapitalbildende Le
bensversicherung sein. Ist der Nachweis der Alterssicherung
erbracht, wird das Vermögen unabhängig von der Höhe nicht
berücksichtigt. Darüber hinaus muss die Befreiung von der
Versicherungspflicht vorliegen.
88 Grundsätzliche Fragen zum ALG II

Immobilien
Eine selbst genutzte Eigentumswohnung ist geschütztes Ver
mögen, wenn bei bis zu zwei Bewohnern eine Wohnungs
größe von 80 qm nicht überschritten wird, für jede weitere
Person kommen 20 qm hinzu (BSG, Urteil vom 7. November
2006, Az: B 7b AS 2/05 R). Entsprechendes gilt für ein selbst
genutztes Haus. Hier gilt für vier Personen eine Wohnfläche
von maximal 130 qm als angemessen (BSG, Urteil vom
16. Mai 2004, Az: B 11b AS 37/06R).
Bei der Grundstücksgröße wurde bei frei stehenden Häusern
eine Fläche von bis zu 500 qm im städtischen und 800 qm im
ländlichen Bereich als angemessen angesehen, bei einem
Reihenhaus bis zu 250 qm, bei einer Doppelhaushälfte bzw.
einem Reihenendhaus bis zu 350 qm, soweit nicht der maß
gebliche Bebauungsplan höhere Werte festlegt.
Ist die Größe einer selbst genutzten Immobilie nicht ange
messen, besteht grundsätzlich kein Anspruch auf ALG II. Es
wird zunächst die Verwertung von eigentumsrechtlich ab
trennbaren Gebäude oder Grundstücksbestandteilen vorrangig
durch Verkauf oder Beleihung verlangt, z. B. durch Bildung in
sich abgeschlossener Eigentumswohnungen oder Teilung des
Grundstücks. Ist die Wohnfläche nicht in abgeschlossene
Wohneinheiten aufgeteilt, muss der Hilfebedürftige eine sons
tige Verwertung nutzen (z. B. zimmerweise Vermietung).
Sind Verkauf oder Beleihung nicht oder nicht sofort möglich
bzw. sind sofortiger Verbrauch oder Verwertung zu berück
sichtigenden Vermögens nicht möglich oder stellt dies eine
besondere Härte dar, sind Leistungen als Darlehen zu erbrin
Muss ich mein Vermögen verwerten? 89

gen. Das Darlehen kann davon abhängig gemacht werden,


dass der Anspruch auf Rückzahlung dinglich (Grundschuld)
oder in anderer Weise gesichert wird. Eine nicht geschützte
Immobile kann natürlich nur dann als Vermögen berücksich
tigt werden, wenn sie auch tatsächlich verwertbar ist.
„Verwertbarkeit“ ist ein rein wirtschaftlicher Begriff und
beurteilt sich sowohl nach den tatsächlichen als auch nach
den rechtlichen Verhältnissen. Tatsächlich nicht verwertbar
sind Vermögensbestandteile, für die in absehbarer Zeit kein
Käufer zu finden sein wird, sei es, dass Gegenstände dieser
Art nicht (mehr) marktgängig sind oder dass z. B. ein Grund
stück infolge sinkender Immobilienpreise über den Marktwert
hinaus belastet ist. Rechtlich nicht verwertbar ist ein Ver
mögensgegenstand, für den Verfügungsbeschränkungen
bestehen, deren Aufhebung der Hilfebedürftige nicht errei
chen kann. Miteigentumsanteile gelten grundsätzlich als
verwertbar. Der Verwertbarkeit steht nicht der Umstand
entgegen, dass der Erwerb eines bestimmten Vermögensteils
steuerlich gefördert wurde (z. B. mithilfe der Eigenheimzula
ge erworbener Wohnraum). Ein mit Nießbrauch belastetes
Haus ist kein verwertbares Vermögen (BSG, Urteil vom
6. Dezember 2007, Az: B 14/7b AS 46/06 R).
Die Verwertung eines Grundstücks ist in mehrfacher Form
möglich, etwa durch Veräußerung, aber auch durch Belas
tung. Dem Hilfebedürftigen ist es grundsätzlich selbst über
lassen, wie ein Vermögensgegenstand zu verwerten ist. Er
kann jedoch nur zwischen den Verwertungsarten wählen, die
den Hilfebedarf in etwa gleicher Weise decken. Er hat regel
90 Grundsätzliche Fragen zum ALG II

mäßig die Verwertungsart zu wählen, die den höchsten Er


trag bringt. Es ist zu prüfen, ob eine Verwertung in der Weise
erfolgen kann, dass ein Grundstück zur Erlangung eines Dar
lehens belastet werden kann (dessen Zins und Tilgungszah
lungen ggf. für einen Zeitraum auszusetzen wären, in dem
noch nicht mit einer Besserung der Einkommens oder Ver
mögensverhältnisse gerechnet werden kann). Es ist nicht
Aufgabe der Behörde, Verwertungsmöglichkeiten aufzuzeigen
bzw. nachzuweisen (BSG, Urteil vom 16. September 2007, Az:
B 11b AS 37/06 R).
In der Rechtsprechung sind Tendenzen ersichtlich, die darauf
hindeuten, dass ALG II nicht dem Erhalt von Wohneigentum
(Haus) dient (BSG, Urteil vom 7. November 2006, Az: B 76
AS 8106 R; Urteil vom16. Mai 2007, Az: B 116 AS 37106 R).
Grundsätzlich werden deshalb Tilgungsleistungen nicht über
nommen. Das BSG hat jedoch in seinem Urteil vom 2. Juli
2009 (Az: B 14 AS 32/07) entschieden, dass Finanzierungs
kosten eines Eigenheims in Höhe der Kosten einer angemes
senen Mietwohnung zu übernehmen sind. Hier wurde jedoch
nur über die Frage der Zinsen entschieden, nicht über Til
gungsleistungen.
Wird eine Immobilie nicht selbst bewohnt, ist sie vorrangig
durch Verkauf (Verkehrswert abzüglich dinglich gesicherter
Verbindlichkeiten) oder Beleihung zu verwerten. Es wird also
kein ALG II gezahlt, allenfalls kann man von der Behörde ein
Darlehen erhalten, wenn der sofortige Verkauf nicht möglich
oder unzumutbar ist. Erhält man nur ein Darlehen, muss man
auch die Kosten für die Kranken, Renten und Pflegeversi
Muss ich mein Vermögen verwerten? 91

cherung selbst zahlen, ist also nicht über die ARGE pflicht
versichert.
Sofern Sie ein Wochenendhaus (eine Datscha) besitzen, ge
pachtet oder gemietet haben, kann dies als Vermögen nur
unter Wertung aller Umstände im Einzelfall erfolgen (für den
in den neuen Ländern aufgrund des Schuldrechtsanpassungs
gesetzes geltenden Sonderfall, nach dem das Grundstück und
die Datscha verschiedene Eigentümer haben können, muss im
Einzelfall geprüft werden, ob eine Kündigung des Nut
zungsvertrags überhaupt zu möglichen Vermögenszuwächsen
führen kann).
Auch für Kleingartenanlagen ist eine Einzelfallprüfung erfor
derlich.

Beschaffung und Erhaltung einer Immobilie für


behinderte oder pflegebedürftige Menschen
Die Beschaffung eines Hausgrundstücks einschließlich einer
Eigentumswohnung ist nicht nur der Kauf oder der Neubau,
sondern auch der Aus oder Anbau, der Abschluss eines Erb
bauvertrags oder der Erwerb eines Dauerwohnrechts sowie
die zweckentsprechende Ausstattung. Die Erhaltung umfasst
das Instandsetzen und Instandhalten, worunter auch zweck
dienliche Verbesserungen (z. B. umweltgerechte Heizungsan
lage, Wärmeisolierung) fallen, nicht aber reine Verschöne
rungsmaßnahmen.
Die Beschaffungs oder Erhaltungsmaßnahme muss in einem
absehbaren Zeitraum geplant sein, in dem sie den begünstig
ten Personen aller Voraussicht nach auch wirksam zugute
92 Grundsätzliche Fragen zum ALG II

kommen wird. Ein Kaufvertrag sollte jedoch spätestens


innerhalb eines Jahres abgeschlossen werden bzw. die Erhal
tungsmaßnahme sollte in dieser Zeitspanne begonnen wer
den. Der Jahreszeitraum ist entsprechend zu verlängern,
solange zwingende rechtliche Gründe der Maßnahme entge
genstehen.
Die konkrete Absicht und Planung müssen plausibel darge
stellt werden. Als Nachweis kommen z. B. in Betracht: Bau
pläne, Finanzierungspläne und zusagen, Verträge mit Bau
gesellschaften, Aufträge an Handwerker, Architekten.
Der Vermögensschutz entfällt, wenn der Wohnzweck für die
behinderte Person nicht mehr erreichbar ist, z. B. weil sie
dauernd in einer Einrichtung aufgenommen werden muss
oder die Bauabsicht aufgegeben wird.
Eine Gefährdung des geplanten Zwecks (Beschaffung und
Erhaltung einer Immobilie für Wohnzwecke behinderter oder
pflegebedürftiger Menschen) liegt insbesondere vor, falls
ohne die Privilegierung des Vermögens das Vorhaben auf
nicht absehbare Zeit aufgeschoben werden müsste, die lau
fenden Belastungen unzumutbar erhöht oder die Kosten
erheblich steigen würden.

Unwirtschaftlichkeit/besondere Härte
Die Verwertung von Sachen und Rechten ist nicht offensicht
lich unwirtschaftlich, wenn im Ergebnis unter Berück
sichtigung der Verwertungskosten der Verkehrswert nur ge
ringfügig (bis 10 %) unter dem Substanzwert (Summe der
Muss ich mein Vermögen verwerten? 93

eingezahlten Beträge) liegt. Zukünftige Gewinn/Renditeaus


sichten können nicht berücksichtigt werden.
Bei einer Vermögensanlage in Aktien, Aktienfonds oder ähn
lichen Anlagen (insbesondere solche mit Tageskurs) ist aber
aus der Anlageform heraus ein gewisses Risiko gegeben. Die
Übernahme dieses Risikos würde bei einer Nichtberücksichti
gung praktisch durch die Grundsicherung für Arbeitsuchende
erfolgen. Solche Anlagen sind daher unabhängig vom frühe
ren Kaufpreis als Vermögen zu berücksichtigen.
Von der Verwertung von Vermögenswerten, die nicht schon
durch die o. g. Freibeträge und Privilegierung geschützt sind,
kann abgesehen werden, wenn dies für den Hilfebedürftigen
eine besondere Härte bedeuten würde.
Wann von einer „besonderen Härte“ auszugehen ist, richtet
sich nach den Umständen des Einzelfalls, wobei maßgebend
nur außergewöhnliche Umstände sein können, die nicht
durch die ausdrücklichen Freistellungen über das Schonver
mögen und die Vermögensfreibeträge (s. S. 83) erfasst wer
den. Dabei gilt im SGB II ein strengerer Maßstab als im Sozi
alhilferecht. Es müssen daher außergewöhnliche Umstände
vorliegen, die dem Betroffenen ein deutlich größeres Opfer
abverlangen als eine einfache Härte und erst recht als die mit
der Vermögensverwertung stets verbundenen Einschnitte. Ein
Härtefall liegt z. B. dann vor, wenn ein erwerbsfähiger Hilfe
bedürftiger kurz vor dem Rentenalter seine Ersparnisse für
die Altersvorsorge einsetzen müsste, obwohl seine Renten
versicherung Lücken wegen selbstständiger Tätigkeit auf
weist. Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers stellt nicht
94 Grundsätzliche Fragen zum ALG II

allein der Verlust der Altersvorsorge und dessen Zeitpunkt,


sondern beides zusammen mit der Versorgungslücke eine
besondere Härte dar.

Es sind also nur besondere, bei anderen Hilfebedürftigen regelmäßig nicht


anzutreffende Umstände in ihrem Zusammenwirken zu berücksichtigen
(BSG, Urteil vom 16. Mai 2007, Az: B 11b AS 3706 R, Urteil vom 7. Mai
2009, Az: B 14 AS 35/08 R).

Eine Rentenversicherungspolice scheidet als verwertungs


pflichtiges Vermögen aus, wenn eine Verwertung angesichts
der drohenden hohen Verluste bei einem Rückkauf offensicht
lich unwirtschaftlich ist (BSG, Urteil vom 6. September 2007,
Az: B 14/7b AS 66/06 R).

Berufsausbildung/Erwerbstätigkeit
Geschützt sind auch Vermögensgegenstände, die nicht schon
im Rahmen der o. g. Freibeträge und sonst als geschütztes
Vermögen gelten und die für die Aufnahme oder Fortsetzung
einer Berufsausbildung oder der Erwerbstätigkeit unentbehr
lich sind.

Der Verkehrswert
Das Vermögen ist ohne Rücksicht auf steuerrechtliche Vor
schriften mit seinem Verkehrswert zu berücksichtigen. Unter
dem Verkehrswert ist der Geldbetrag zu verstehen, der durch
eine Verwertung des Vermögensgegenstands im freien Ge
schäftsverkehr zu erzielen ist.
Muss ich mein Vermögen verwerten? 95

Bei kapitalbildenden Lebensversicherungen ist demnach der


aktuelle Rückkaufswert (Auszahlungsbetrag unter Berück
sichtigung von Gebühren und Kosten) anzusetzen.
Bei der Feststellung des Werts einer Immobilie sind dingliche
Belastungen (Grundschulden, Hypotheken und Nießbrauch)
zu berücksichtigen. Andere Verbindlichkeiten bleiben außer
Betracht.
Als Nachweis für den Verkehrswert von Immobilien sind nur
Kaufverträge oder Verkehrswertgutachten zu akzeptieren, die
nicht älter als drei Jahre sind. Ist der Verkehrswert einer
Immobilie nicht auf diese Weise nachzuweisen, kann bei
unbebauten Grundstücksflächen auch auf die von den Kom
munen herausgegebenen Bodenrichtwerttabellen zurückge
griffen werden. Bei bebauten Grundstücksflächen oder einer
Eigentumswohnung sind Auskünfte aus der Kaufpreissamm
lung der Gutachterausschüsse bei den Kataster und Vermes
sungsämtern einzuholen. Ausnahmsweise kann auch der
zuständige kommunale Gutachterausschuss um ein Ver
kehrswertgutachten ersucht werden.
Legt der Antragsteller Unterlagen vor, die als Nachweis für
die Verkehrswertermittlung nicht geeignet sind, und ergibt
sich aus der Bodenrichtwerttabelle/Kaufpreissammlung ein
bis zu zehn Prozent abweichender Verkehrswert, sind die
Angaben des Antragstellers zu akzeptieren. Solche Unterla
gen können z. B. die Vorlage von Schätzungen von Immobi
lienmaklern etc. sein.
96 Grundsätzliche Fragen zum ALG II

Der Zeitpunkt der Bewertung richtet sich nach der Antrag


stellung. Wird die Verwertung eines Vermögensgegenstands
erst später möglich, so ist der Zeitpunkt maßgebend, von
dem an alle Voraussetzungen für eine Verwertung vorliegen.
In diesen Fällen kann eine Gewährung von Darlehen in Be
tracht kommen. Dies kann z. B. der Fall sein, wenn ein nicht
selbst bewohntes Grundstück derzeit keinen Käufer findet
und eine Beleihung durch ein Kreditinstitut auch nicht mög
lich ist.

Wenn die sofortige Verwertung unzumutbar ist


Vermögen, das über dem Freibetrag liegt, müssen Sie grund
sätzlich verwerten. Ist die sofortige Verwertung unzumutbar,
müssen Sie dieses Vermögen zwar nicht verwerten (verkau
fen), aber das ALG II wird Ihnen dann womöglich nur als
Darlehen gewährt (s. S. 88).
Beispiel


Die sofortige Verwertbarkeit einer Lebensversicherung, bei deren
Auflösung man einen Verlust von mehr als zehn Prozent er
leiden würde, ist nicht zumutbar. Entsprechendes gilt für einen
Bausparvertrag, der noch nicht aufgelöst werden kann.

Einsatz des Vermögens zum Lebensunterhalt


Verfügen Sie über Vermögen, das über dem Freibetrag liegt,
müssen Sie dieses zunächst zu Ihrem eigenen Unterhalt und
zum Unterhalt der Bedarfsgemeinschaft verwenden, bis es
auf den Freibetrag abgeschmolzen ist. Das den Freibetrag
übersteigende Vermögen müssen Sie auch für den Unterhalt
Muss ich mein Vermögen verwerten? 97

Ihres Partners der Bedarfsgemeinschaft einsetzen. Eltern


müssen ihr Vermögen auch für den Unterhalt ihrer im selben
Haushalt lebenden Kinder verwenden. Leben nicht verheira
tete Partner zusammen, so muss auch der Partner, der nicht
Elternteil des im Haushalt lebenden Kindes ist, das über dem
Freibetrag vorhandene Vermögen für den Unterhalt des Kin
des verwenden.
Sind im Haushalt Kinder vorhanden und haben diese Vermö
gen, das über dem Freibetrag liegt, darf dieses nicht für den
Unterhalt der Eltern eingesetzt werden. Das Kind hat so lange
keinen Anspruch auf ALG II (bzw. Sozialgeld), bis sein Vermö
gen bis auf den Freibetrag verbraucht ist.
Bei der Prüfung der Bedürftigkeit wird Vermögen des An
tragstellers selbst und des nicht dauernd getrennt lebenden
Ehepartners (Lebenspartners) oder des Partners der Bedarfs
gemeinschaft ebenso berücksichtigt wie unter Umständen
Vermögen von Verwandten und Verschwägerten, die mit dem
Bedürftigen in einer Haushaltsgemeinschaft leben, soweit auf
grund derer Einkommensverhältnisse erwartet werden kann,
dass sie dem Hilfebedürftigen Unterhalt leisten (s. S. 14).
Beim Sozialgeld (s. S. 21 ff.) für minderjährige unverheiratete
Kinder, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer
Bedarfsgemeinschaft leben, wird berücksichtigt:
 das Vermögen der Eltern oder des Elternteils und/oder des
Partners der Bedarfsgemeinschaft,
 das Vermögen von Verwandten und Verschwägerten, die
mit dem Bedürftigen einen gemeinsamen Haushalt teilen,
98 Grundsätzliche Fragen zum ALG II

soweit von deren Einkommensverhältnissen her erwartet


werden kann, dass diese dem Hilfebedürftigen Unterhalts
leistungen zukommen lassen (s. S. 14).

Das Vermögen der Eltern oder des Elternteils ist nicht zu berücksichtigen,
wenn das Kind schwanger ist oder sein Kind (das Enkelkind) bis zum
sechsten Lebensjahr betreut.

Bei vorhandenem Vermögen:


Vorsorge treffen
Besitzen Sie Vermögen, das über dem Freibetrag liegt, oder
leben Sie mit Personen zusammen, deren Einkommen bzw.
Vermögen bei der Gewährung des Leistungen nach dem
SGB II berücksichtigt wird, sollten Sie den Antrag auf ALG II
erst dann stellen, wenn kein anrechenbares Vermögen mehr
vorhanden ist und/oder (falls möglich) Sie nicht mehr mit
Personen zusammenleben, deren Einkommen bzw. Vermögen
angerechnet wird.
Achtung: Haben Sie Geld „verschleudert“ bzw. Vermögen an
andere Personen übertragen, um bedürftig zu werden, müs
sen Sie das ALG II in der Regel zurückzahlen bzw. die Perso
nen, denen Sie etwas gegeben haben, müssen es zurückge
ben, wenn die „Schenkung“ innerhalb der letzten zehn Jahre
erfolgte. Die Behörde kann von den Personen, die Ihnen Geld
schulden, selbst das Geld fordern und ggf. einklagen. Nach
§ 60 SGB I müssen Sie alle Tatsachen angeben, die für Leis
tungen nach dem SGB II von Bedeutung sind. Bedenken Sie,
dass die Behörde umfassend Daten von anderen Behörden
etc. anfordern darf. Sie müssen auch damit rechnen, dass der
Wann muss ich Zahlungen zurückerstatten? 99

Ermittlungsdienst bei Verdachtsmomenten auf beiseite ge


brachtes oder verschwiegenes Vermögen dies aufdeckt. In
diesem Fall müssen sie mit der Einleitung eines Strafver
fahrens wegen Betrugs gegen Sie rechnen.

Wann muss ich Zahlungen


zurückerstatten?
Wenn Sie vorsätzlich oder grob fahrlässig Ihre Hilfebedürf
tigkeit herbeigeführt haben, müssen Sie das ALG II und die in
diesem Zusammenhang geleisteten Zahlungen zurückerstat
ten. Hier ist wohl an die Fälle gedacht, in denen jemand sein
Vermögen verschleudert oder wegen Alkohol oder Drogen
konsums bedürftig wird. Haben Sie mit jemandem ein ge
meinsames Konto und haben Sie dies nicht angegeben (in der
Regel erfährt die Behörde davon), wird grundsätzlich vermu
tet, dass Ihnen dieses Geld zumindest teilweise gehört. Lautet
ein Konto, Sparguthaben etc. auf Ihren Namen und gehört
das Geld aber jemand anderem, so wird grundsätzlich auch
vermutet, dass es Ihr Geld ist. Sie müssen dann schlüssig
beweisen können, dass es wirklich nicht Ihr Geld ist.
Außerdem müssen Sie Zahlungen zurückerstatten, wenn sich
nachträglich herausstellt, dass Einkommen oder Vermögen
zum Zeitpunkt der Antragstellung bzw. Hilfegewährung vor
handen war und Sie deshalb keinen Anspruch auf ALG II
hatten. Dies kann z. B. der Fall sein, wenn Sie für einen zu
rückliegenden Zeitraum Rente oder Krankengeld erhalten. In
diesem Fall kann die Behörde das Geld direkt von der Kran
100 Grundsätzliche Fragen zum ALG II

ken oder Rentenversicherung fordern. Haben Sie Einkommen


oder Vermögen verschwiegen, müssen Sie in der Regel das
ALG II auch zurückzahlen. Sollten Sie es absichtlich ver
schwiegen haben, müssen Sie sogar mit einem Strafverfahren
rechnen.

Was geschieht beim Tod eines Hilfebedürftigen?


Stirbt ein Hilfeempfänger und hat dieser Vermögen hinterlas
sen, z. B. im Rahmen der Freibeträge oder geschütztes Ver
mögen (s. S. 85), etwa ein geschütztes Haus oder eine ge
schützte Eigentumswohnung, so müssen die Erben die Leis
tungen, die in den letzten zehn Jahren erbracht worden sind,
zurückzahlen. Dies gilt jedoch nur, wenn die erbrachten Leis
tungen mehr als 1.700 Euro betragen haben.
Der Schutz des Vermögens bezieht sich auf den ALGII
Empfänger selbst, nicht auf dessen Erben. Mit dem Tod des
ALGIIEmpfängers wird aus dem geschützten Vermögen
ungeschütztes.
Der Umfang der Ersatzleistungen ist auf die Höhe der Erb
schaft beschränkt. Ist der Erbe des verstorbenen Leistungs
empfängers dessen Partner gewesen oder mit diesem ver
wandt und hat er mit diesem nicht nur vorübergehend bis zu
dessen Tod in häuslicher Gemeinschaft gelebt und ihn ge
pflegt, so wird ein Freibetrag von 15.500 Euro gewährt.
Auf die Erben darf nicht zugegriffen werden, wenn nach der
Besonderheit des Einzelfalls eine besondere Härte vorliegt
(s. S. 92).
101

So füllen Sie Ihren


Antrag aus

Der Antrag auf Leistungen nach dem SGB II ist aufgrund


seiner Komplexität zu trauriger Berühmtheit gelangt. In die
sem Kapitel erfahren Sie, wie Sie es richtig machen:

 Allgemeine Daten des Antragstellers/der Antragstellerin


(S. 102)
 Das Antragsformular im Einzelnen mit Zusatzblättern
(S. 104 ff.)
102 So füllen Sie Ihren Antrag aus

Das sollten Sie im Vorfeld beachten


Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Tag des Antrags
nicht erst das Datum der Abgabe des ausgefüllten Formulars
ist, sondern der Tag der Antragstellung. Sie können diesen
Antrag formlos (s. S. 129), mündlich oder schriftlich stellen.
Da Sie Leistungen erst ab Antragstellung erhalten, sollten Sie
auf jeden Fall einen formlosen schriftlichen Antrag stellen.
Diesen können Sie bei der Poststelle der Behörde abgeben
(lassen Sie sich auf einer Kopie des Antrages den Eingang
bestätigen) oder unter Anwesenheit eines Zeugen in den
Briefkasten einwerfen. Der Zeuge soll auf der Kopie des An
trages Tag und Zeitpunkt des Einwurfes bestätigen. Parallel
dazu empfiehlt es sich, den Antrag auch per Telefax zu stel
len.

Auf der Internetseite der Arbeitsagentur www.arbeitsagentur.de finden


Sie Formulare zum OnlineAusfüllen. Folgen Sie dazu dem Pfad  For
mulare  Formulare für Bürgerinnen & Bürger  Arbeitslosengeld II.
Über den Pfad  Veröffentlichungen  Weisungen  Arbeitslosen
geld II gelangen Sie zu den Handlungsempfehlungen und Geschäftsan
weisungen der Bundesagentur.

Kommen Sie mit den Fragen nicht zurecht, empfiehlt es sich,


alle Angaben zum Einkommen, Vermögen und zu den in
Ihrem Haushalt lebenden Personen (einschließlich deren Ein
kommen und Vermögen) auf einem extra Blatt zu notieren
und mit den entsprechenden Belegen (Kontoauszügen, Lohn/
Gehaltszetteln, Mietverträgen etc.) beim Amt abzugeben.
Wenn Sie sich nicht sicher sind, wie Sie eine Frage beant
worten sollen, müssen Sie den Mitarbeiter des Amtes fragen.
Hauptantrag und Zusatzblätter 103

Lassen Sie sich aber schriftlich bestätigen, was Sie gesagt


und welche Angaben Sie gemacht haben.
Nachfolgend finden Sie Erläuterungen zu problematischen
Punkten, auf die anderen wird nicht eingegangen. Auf jeden
Fall müssen Sie alle Fragen beantworten. Trifft eine Frage auf
Sie nicht zu bzw. verneinen Sie diese, können Sie zur Ver
deutlichung die entsprechende Antwort auch durchstreichen.

Hauptantrag und Zusatzblätter


Allgemeine Daten des Antragstellers/
der Antragstellerin
Achtung: Wenn Sie die Spalte „Straße, HausNr. ggf. bei wem –“ aus
füllen, jedoch keine näheren Angaben zu II „Persönliche Verhältnisse“
machen bzw. bei III „Persönliche Verhältnisse der mit dem Antragstel
ler/der Antragstellerin in einem Haushalt lebenden weiteren Personen“
(Seite 3 des Antrags) Nein ankreuzen, müssen Sie damit rechnen, dass
nachgeforscht oder nachgefragt wird, da zunächst davon ausgegangen
wird, dass Sie in einer Haushalts oder Bedarfsgemeinschaft wohnen.

Vermögen oder Einkommen der Personen, mit denen Sie in


einer Wohnung leben, werden in der Regel bei der Berech
nung des ALG II mit berücksichtigt. Das Gesetz unterscheidet
zwischen Bedarfsgemeinschaft und Haushaltsgemeinschaft.
104 So füllen Sie Ihren Antrag aus

Hauptantrag Arbeitslosengeld II
Im Folgenden erfahren Sie, was Sie beim Ausfüllen des
Hauptantrags alles beachten müssen. Beachten Sie auch die
Ausfüllhinweise im Internet unter http://arbeitslosengeld2.
arbeitsagentur.de sowie die Arbeitshinweise der Bundesagen
tur für Arbeit. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialge
richts (BSG) sind diese Hinweise jedoch nicht verbindlich und
binden die Gerichte nicht. Das BSG ist zugunsten und zulas
ten von ALGIIEmpfängern von den Hinweisen der Bundes
agentur abgewichen.
Je nach Beantwortung der Fragen sind ggf. entsprechende
Zusatzformulare auszufüllen. Dies sind:


 Hauptantrag Arbeitslosengeld II
 Anlage WEP – Weitere Personen der Bedarfsgemeinschaft
 Anlage KI – Kinder
 Weiterbewilligungsantrag Arbeitslosengeld II
 Anlage KDU – Kosten der Unterkunft und Heizung
 Anlage EK – Einkommenserklärung
 Einkommensbescheinigung
 Arbeitsbescheinigung
 Anlage EKS – Erklärung zum Einkommen Selbstständiger
 Abschließende Angaben zum Einkommen Selbstständiger
 Anlage VM – Vermögen
 Anlage VE – Verantwortungs und Einstehensgemeinschaft
 Anlage SV – Sozialversicherung Bezieher Arbeitslosengeld II
 Anlage HG – Hilfebedürftigkeit bei Haushaltsgemeinschaft
Hauptantrag und Zusatzblätter 105


 Anlage MEB – Ärztl. Bescheinigung wegen Mehrbedarf für
Ernährung
 Anlage UH1 – Unterhaltsansprüche getrennt lebende Ehe
gatten/Lebenspartner bzw. Geschiedene
 Anlage UH2 – Unterhaltsansprüche Schwangerschaft/
Betreuung eines nichtehelichen Kindes
 Anlage UH3 – Unterhaltsansprüche Elternteile außerhalb der
Bedarfsgemeinschaft
 Anlage UF – Unfallfragebogen
 Anlage BEBE
 Schweigepflichtentbindung
 Mitteilung über Veränderungen Arbeitslosengeld II

Wenn Sie sich unsicher sind, wie Sie das Antragsformular


und die Zusatzformulare ausfüllen sollen, fragen Sie den
Mitarbeiter der Behörde und bestehen Sie darauf, dass ein
Aktenvermerk gemacht wird. Am besten nehmen Sie einen
Zeugen mit.

1. Persönliche Daten
106 So füllen Sie Ihren Antrag aus

Staatsangehörigkeit
Die Angabe der Staatsangehörigkeit ist notwendig, da Aus
länder nur unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf
ALG II haben (s. S. 19)
Name des Kontoinhabers
Achtung: Geben Sie hier einen anderen Namen als Ihren ei
genen als Kontoinhaber an, riskieren Sie ebenfalls Fragen
nach einem Partner/einer Partnerin bzw. Haushaltsgemein
schaft. Richten Sie ein eigenes Konto ein, ggf. bei einer ande
ren Bank, sollte das bisherige Konto überzogen sein.
Familienstand
Hinsichtlich der Angabe „dauernd getrennt lebend“ ist auf die
Ausführungen auf Seite 11 hinzuweisen. Die Angaben zum
Familienstand sollen dazu dienen zu überprüfen, ob Unter
haltsansprüche des Hilfeempfängers gegeben sind (auch
Witwer/Witwenrente).
Achtung: Erhalten Sie Unterhalt, müssen Sie diese Zahlungen
in der Anlage EK (Zusatzblatt) angeben. Das Amt fragt auto
matisch nach Zahlungen bzw. Ansprüchen, wenn Sie Anga
ben zum Familienstand machen, die einen Unterhaltsan
spruch vermuten lassen

2. Persönliche Angaben zur Leistungsgewährung


Hauptantrag und Zusatzblätter 107

Die Zeile 2b „Berechtigte nach Asylbewerberleistungsgesetz“


ist ein typisches Beispiel für missverständliche Formulare. Die
Kästchen „ja“ bzw. „nein“ beziehen sich eigentlich nur auf
Ausländer. Haben Sie die deutsche Staatsangehörigkeit, kön
nen Sie diese Zeile durchstreichen.
Zeile 2c: „Sind Sie – ihrer Einschätzung nach – gesundheit
lich noch in der Lage ein Tätigkeit von mindestens 3 Stunden
täglich auszuüben?“
Leistungen nach dem SGB II erhalten Sie nur, wenn Sie er
werbsfähig sind (s. S. 16). Geben Sie an, nicht mindestens
drei Stunden täglich erwerbstätig sein zu können, haben Sie
keinen Anspruch auf ALG II,
Zeile 2d: Schüler/Student/berufliche Ausbildung

Je nach Fallgestaltung können in Ausbildung Befindliche


Anspruch auf ALG II haben. In Zweifelsfällen reicht ein
Nachweis über die Ausbildung nicht aus und es muss eine
nähere Beschreibung gegeben werden. Wohnt der Auszubil
dende teilweise bei den Eltern, die ALG II beziehen, ist dies
auch anzugeben. In Zweifelsfällen empfiehlt es sich, dass der
Auszubildende einen eigenen Antrag abgibt, auch wenn der
Mitarbeiter der ARGE meint, der Auszubildende habe keinen
Anspruch. Gibt er keinen Antrag ab, kann er nämlich (vom
Sozialgericht) nicht überprüfen lassen, ob er Anspruch auf
ALG II hat.
108 So füllen Sie Ihren Antrag aus

Zeile 2e: Unterbringung in einer stationären Einrichtung

Sind Sie länger als sechs Monate in einer stationären Ein


richtung untergebracht, haben Sie keinen Anspruch auf
ALG II (Näheres s. S. 18).
Zeile 2f: Bedarfsgemeinschaft

Der Begriff „Bedarfsgemeinschaft“ ist ein juristischer Begriff


und kann von Ihnen nicht juristisch korrekt beantwortet
werden. Wenn Sie nicht allein leben und die Frage 2 f „ Leben
Sie zusammen mit Ihrer Partnerin, Ihrem Partner in Verant
wortungs und Einstehensgemeinschaft?“ verneinen, müssen
Sie bei Frage 2g „Ja“ ankreuzen und die Anlage VE ausfüllen
(siehe weiter unten).
Die Fragen nach Familienstand, Staatsangehörigkeit, Er
werbsfähigkeit etc. sind für jeden einzelnen Familienange
hörigen zu beantworten. Beachten Sie, dass Familienangehö
Hauptantrag und Zusatzblätter 109

rige, die das 25. Lebensjahr vollendet haben, einen eigenen


Antrag stellen müssen. Dasselbe gilt für Personen, die das
18. Lebensjahr vollendet haben und in einem gemeinsamen
Haushalt oder einer Wohngemeinschaft mit Menschen woh
nen, als deren Partner sie sich nicht betrachten.
Zeile 2g: Haushaltsgemeinschaft

Näheres zur Haushaltsgemeinschaft siehe S. 13. Entspre


chende Angaben zu den Personen die in einem gemeinsamen
„Haushalt“ wohnen sind in der Anlage VE zu machen. Der
Begriff „Haushalt“ ist missverständlich, da bei einer Wohn,
bzw. Zweckgemeinschaft nicht von einem gemeinsamen
Haushalt gesprochen werden kann. Dies sollten Sie näher in
der Anlage VE schildern.

3. Mehrbedarfe
Hinsichtlich eines eventuellen Mehrbedarfs, siehe S. 44 ff.
110 So füllen Sie Ihren Antrag aus

Zeile 3b „Sind Sie alleinerziehend?“


Man muss nicht geschieden sein, um alleinerziehend zu sein,
eine Trennung genügt. Es werden jedoch Nachweise für die
Trennung verlangt. Ob Ehegatten dauernd getrennt leben,
richtet sich im Zweifelsfall nach dem Nichtvorliegen einer
Wirtschaftsgemeinschaft. Eine nur berufs oder krankheits
bedingte räumliche Trennung reicht für die Feststellung eines
dauernden Getrenntlebens nicht aus.
Der Umzug in ein Frauenhaus ist als Manifestation eines
Trennungswillens zu werten, sodass hier regelmäßig von
einer dauernden Trennung auszugehen ist. Die Frau gehört
demnach nicht mehr zur Bedarfsgemeinschaft ihres Ehe
manns, sondern bildet eine eigene Bedarfsgemeinschaft. Das
Gleiche gilt, wenn ein Partner mittels „Wegweisung“ aus der
gemeinsamen Wohnung verwiesen wurde.
Schwieriger ist es in den Fällen, in denen die Ehegatten in
getrennten Wohnungen leben oder gar innerhalb der Woh
nung getrennt leben. Als Nachweis der Trennung können Sie
die Kopie eines Scheidungsantrags oder eines anwaltlichen
Schreibens oder einer Klage auf Getrenntlebensunterhalt vor
legen. Gegebenfalls ist es notwendig, ein (möglichst anwalt
liches) Schreiben vorzulegen, aus dem hervorgeht, dass die
Trennung zur Herbeiführung der Scheidung eingereicht wurde.

4. Angaben zu den Einkommensverhältnissen


Hauptantrag und Zusatzblätter 111

Hier ist das Formular EK für Sie und jede Person der Bedarfs
gemeinschaft auszufüllen, für Selbstständige das Formular
EKS. Diese Fragen beziehen sich nur auf Personen, die in
einer Bedarfsgemeinschaft mit Ihnen als ALGIIEmpfänger
leben (s. S. 11). Näheres zum Einkommen siehe S. 61 ff.

Achtung: Erhalten Sie oder Ihre Kinder Unterhalt, müssen Sie die entspre
chenden Formulare, wie in Ziff. 9 des Hauptantrages angeführt, ausfüllen.

5. Angaben zu den Vermögensverhältnisse

Es gibt unterschiedliche Auffassungen hinsichtlich der Frei


beträge und des zu berücksichtigenden Vermögens. Daher
müssen Sie alles (!) Vermögen angeben, das Ihnen gehört
oder Ihnen formal zugeordnet wird. Bevor Sie den Antrag auf
Leistungen nach dem SGB II abgeben, überprüfen Sie zu
nächst, ob Vermögen vorhanden ist, aufgrund dessen Sie
keine Leistungen nach dem SGB II erhalten. Stellen Sie den
Antrag erst dann, wenn kein einsetzbares Vermögen mehr
vorhanden ist.
Vermögen ist grundsätzlich alles, was Ihnen gehört und einen
gewissen Wert hat, z. B. auch ein Auto, das auf Sie zuge
lassen ist, jedoch von Ihrem Kind genutzt wird.
Die Anlage VM ist teilweise schwierig auszufüllen. Es kann
eventuell einfacher sein, auf einem extra Blatt eine ent
sprechende Übersicht zu fertigen. In diesem Fall vermerken
Sie auf auf der Anlage VN: „siehe ExtraAufstellung“.
112 So füllen Sie Ihren Antrag aus

Bitte machen Sie die Aufstellung sehr sorgfältig und lassen


Sie sich von Ihrer Bank einen Ausdruck sämtlicher Guthaben
auf Girokonten, Sparkonten etc. fertigen und bestätigen, dass
die Aufstellung vollständig ist. Schreiben Sie die Lebens,
Renten und sonstigen Kapitalversicherungen an und lassen
Sie sich den aktuellen Rückkaufswert sowie den Betrag der
bisher eingezahlten Prämien/Beiträge bestätigen. Wenn Sie
hier etwas vergessen, kann dies fatale Folgen haben. Es wird
nicht nur das ALG II zurückgefordert, sondern Sie müssen
auch mit einer Strafanzeige rechnen. Soweit Sie Frei
stellungsanträge gestellt haben, erfährt dies die Behörde
über einen Datenabgleich.

7. Weitere Angaben die für die Leistungsgewährung


von Bedeutung sein können

Unter bestimmten Voraussetzungen können gewisse Ansprü


che gegen andere Träger aufgrund der Verhältnisse innerhalb
der letzten 5 Jahre gegeben sein oder auch gemindert sein.
Hauptantrag und Zusatzblätter 113

Zur Prüfung, ob dies der Fall ist, müssen entsprechende An


gaben gemacht werden.

8. Angaben zur Sozialversicherung

Krankenversicherung
Seit 1. April 2007 ist jeder, der nicht krankenversichert ist
und zuletzt gesetzlich krankenversichert war, bei der Kran
kenkasse, bei der er zuletzt versichert war, gesetzlich kran
kenversichert.
Seit 1. Januar 2009 besteht für alle, auch die, die nicht ge
setzlich krankenversichert waren und nicht krankenversichert
sind, die Pflicht, sich (privat) krankenzuversichern. Die priva
ten Krankenkassen müssen diese Personen versichern. Waren
Sie nicht gesetzlich krankenversichert (auch nicht familien
versichert) und sind Sie auch nicht privat krankenversichert,
so sind Sie gesetzlich krankenversichert, wenn Sie ALG II be
114 So füllen Sie Ihren Antrag aus

ziehen. Ausnahmen bestehen für Personen, die das 55. Lebens


jahr vollendet haben.
Angaben zur Rentenversicherung

Erkundigen Sie sich unverzüglich bei der Rentenversicherung,


ob und was Sie unternehmen müssen, damit Sie auch in der
Zeit des Bezugs von ALG II weiter retnenversichert sind bzw.
die Zeit des ALG IIBezuges in der Rentenversicherung mit
zählt, damit Sie im Fall der vorzeitigen Rente, z. B. wegen
Erwerbsminderung, nicht Ihre Ansprüche auf Rente verlieren.

9. Sonstige Ansprüche gegenüber Dritten

Geben Sie an, dass Sie verheiratet sind, dauernd getrennt


leben oder geschieden sind, so beachten Sie, dass Unterhalts
zahlungen auf das Amt übergehen. Das Amt fordert nun beim
Unterhaltsschuldner den Unterhalt ein. Wenn Sie einen soge
nannten Titel (vollstreckbares Urteil), also gerichtlich eine
Zahlung durchgesetzt haben, kann das Amt diesen fordern.
Erhalten Sie für sich oder die bei Ihnen lebenden Kinder Un
Hauptantrag und Zusatzblätter 115

terhalt, haben dies verschwiegen und erhalten gleichzeitig


ALG II ohne Anrechnung von Unterhalt, erfährt dies die Be
hörde auf jeden Fall. Dies ist Betrug und wird von den Ge
richten bestraft.
Haben Sie tatsächliche oder mögliche Unterhaltsansprüche,
sind die Anlagen UH 1, UH 2, UH 3 auszufüllen.

Die entsprechenden Anlagen UH 1, UH 2, UH 3 sind auch dann auszufül


len, wenn ein solcher Anspruch theoretisch besteht!

Aber: Der Unterhaltsanspruch von Kindern unter 25 Jahren,


wenn diese eine Berufsausbildung abgeschlossen haben,
sowie der von Kindern über 25 Jahren gegen ihre Eltern geht
nicht auf den Träger des ALG II über (Arbeitsagentur und
Kommune), ebenso nicht der Unterhaltsanspruch von Eltern
gegenüber ihren Kindern.
Haben Sie oder die Mitglieder Ihrer Bedarfsgemeinschaft
gegen Arbeitgeber, Behörden usw. irgendwelche Ansprüche,
so geben Sie dies hier an. Die Aufzählung im Formular ist nur
beispielhaft, sie müssen also auch Ansprüche angeben, die
hier nicht extra aufgeführt sind. Sind solche Ansprüche ge
geben, müssen Sie die Anlage UF ausfüllen.

10. Angaben zu den Kosten der Unterkunft


und Heizung
Unabhängig davon, ob Sie im eigenen Haus bzw. der eigenen
Eigentumswohnung oder zur Miete in einer Bedarfs, Haus
halts, Wohngemeinschaft wohnen, ist die Anlage KDU aus
zufüllen.
116 So füllen Sie Ihren Antrag aus

Geben Sie hier unter Beifügung von Unterlagen (Mietvertrag,


Nebenkostenabrechnung, ggf. Rechnungen über Kohle, Gas)
an, wie hoch die Miete, die Nebenkosten und die Kosten für
Heizung sind. Leben mehrere Personen in einer Haushalts
oder Wohngemeinschaft zusammen, so erläutern Sie, wie die
Kostenteilung erfolgt (ggf. Untermietvertrag beilegen). Woh
nen Sie in der eigenen Immobilie (Haus oder Eigentumswoh
nung), geben Sie hier alle Kosten außer den Stromkosten
(soweit diese nicht zur Heizung gehören) an. Näheres zu den
Unterkunftskosten siehe S. 48.

Wohnen Sie zur Miete und besteht keine zentrale Warmwas


serversorgung (siehe Seite 45), geben Sie in der Spalte „Höhe
der sonstigen Wohnkosten“ an, welchen Betrag Sie für die
Warmwasserversorgung zahlen, bzw. vermerken Sie „keine
zentrale Warmwasserversorgung“.
Hauptantrag und Zusatzblätter 117

Erst prüfen, dann unterschreiben

Bevor Sie unterschreiben, vergewissern Sie sich, dass wirklich


alle Angaben richtig sind. Haben Sie Zweifel oder wissen Sie
nicht, wie Sie etwas richtig ausfüllen sollen, fragen Sie den
Mitarbeiter der Arbeitsagentur. Nehmen Sie unbedingt einen
Zeugen mit oder stellen Sie die Fragen schriftlich und lassen
Sie sich den Eingang der schriftlichen Anfrage auf einer Ko
pie derselben bestätigen.
Hilfreich ist es auch, wenn Sie in einem Anschreiben ergän
zende Angaben machen oder Fragen stellen. Wissen Sie nicht
genau, wie Sie eine Frage beantworten sollen, schreiben Sie
118 So füllen Sie Ihren Antrag aus

in die betreffende Spalte „siehe Beiblatt“ und machen Sie auf


einem extra Blatt, welches Sie dem Bogen beifügen, die ent
sprechenden Angaben, so, wie Sie es können.
Haben Sie unrichtige Angaben gemacht und erhalten Sie
deshalb zu viele Leistungen, müssen Sie nicht nur das zu viel
erhaltene Geld zurückzahlen, sondern auch damit rechnen,
dass ein Strafverfahren gegen Sie eingeleitet wird.
Ändern sich Ihre wirtschaftlichen bzw. finanziellen Verhält
nisse, so sind Sie verpflichtet, dies sofort zu melden. Eine te
lefonische Mitteilung genügt nicht. Und auch auf den nor
malen Postversand sollten Sie sich nicht verlassen. Am besten
sprechen Sie persönlich vor und lassen sich sowohl Vorspra
che als auch Inhalt bestätigen (höheres Nebeneinkommen,
billigere Wohnung etc.). Nehmen Sie einen Zeugen mit.
Haben Sie bewusst eine Änderung nicht rechtzeitig mitgeteilt
und kommt es deshalb zu einer Überzahlung, darf nicht nur
die Überzahlung mit dem ALG II verrechnet, sondern es kann
auch ein Strafverfahren eingeleitet werden.
Versuchen Sie nunmehr, schnellstmöglich Ihre Unterlagen
zusammenzustellen und den Antrag, soweit Sie können, aus
zufüllen. Vereinbaren Sie dann einen Termin bei der Arbeits
agentur und klären Sie dort noch offene Fragen. Je gründli
cher Ihre Unterlagen zusammengestellt sind, desto schneller
erhalten Sie Ihr Geld.
119

Weitere Anträge und


Rechtsmittel

Ist es mit dem Antrag auf Leistungen nach dem SGB II getan
oder werden von Ihnen noch weitere Schritte erwartet?
Neben zahlreichen Musterbriefen finden Sie Antworten auf
die folgenden Fragen:
 Müssen Sie vielleicht noch andere Leistungen beantragen
(S. 120)?
 Und was ist, wenn Ihr Antrag abgelehnt wird? Was können
Sie dann tun (S. 127)?
120 Weitere Anträge und Rechtsmittel

Sonstige Anträge im Zusammen


hang mit den Leistungen
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass spätestens innerhalb
von 3 Monaten über Ihren Antrag entschieden sein muss.
Geschieht dies nicht, setzen Sie der Behörde eine kurze Frist
von ca. 10 Tagen per Einschreiben mit Rückschein. Wird diese
Frist nicht eingehalten, können Sie bei der Rechtsantragstelle
des zuständigen Sozialgerichts eine Untätigkeitsklage einrei
chen, verbunden mit einem Antrag auf einstweilige Anord
nung, dass Sie vorläufig Leistungen erhalten.
Alternativ sollten Sie zunächst versuchen, entweder Vor
schusszahlungen oder ein Darlehen zu erhalten. Werden
Ihnen diese Leistungen vorenthalten, bleibt Ihnen kein anderer
Weg, als die Untätigkeitsklage und der Antrag auf einstweili
ge Anordnung. Bedenken Sie, dass der Bewilligungszeitraum
immer nur maximal 6 Monate umfasst und Sie rechtzeitig
vor Ablauf des Bewilligungszeitraums jeweils einen neuen
Antrag stellen müssen. Dies gilt auch, wenn Sie Widerspruch
oder Klage eingereicht haben. Der Widerspruch oder die
Klage beziehen sich immer nur auf den Bewilligungszeitraum.
Eventuell müssen Sie gegen jeden neuen Bescheid Wider
spruch bzw. Klage erheben sowie einen Antrag auf einstwei
lige Anordnung stellen.
Da Leistungen nach dem SGB II nur gezahlt werden, soweit
andere Leistungen nicht gewährt werden, müssen Sie sich
gegebenenfalls darum bemühen, zunächst andere Leistungen
zu beantragen.
Sonstige Anträge im Zusammenhang mit den Leistungen 121

Da alle Leistungen (Geldleistungen zur Sicherung des Le


bensunterhalts, Kosten für die Unterkunft und Heizung) aus
einer Hand gezahlt werden (ARGE), können Sie keinen Antrag
mehr auf Wohngeld oder Hilfe zum Lebensunterhalt nach
dem 3. Kapitel des SGB XII (Regelbedarf, Kosten der Unter
kunft, Mehrbedarf) stellen, da diese Leistungen bereits durch
die ARGE erbracht werden. Sie haben jedoch Anspruch auf
alle sonstigen Leistungen der Sozialhilfe.
Wird Ihr Antrag auf ALG II abgelehnt, können Sie noch nach
träglich Antrag auf Wohngeld stellen. Dies müssen Sie aber
unverzüglich nach Ablehnung des ALG II tun, auch wenn Sie
gegen den ablehnenden Bescheid Widerspruch und ggf. Klage
erheben.
Einen Antrag auf Rente, sowohl wegen voller als auch wegen
teilweiser Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit, stellen
Sie bei der zuständigen Rentenversicherung.
Da Sie Anspruch auf Grundsicherung für Arbeitsuchende ha
ben, wenn Sie mindestens drei Stunden täglich arbeiten kön
nen, sollten Sie, wenn Sie zwar mindestens drei, jedoch we
niger als sechs Stunden täglich arbeiten können, neben dem
Antrag auf ALG II einen Antrag auf Rente wegen teilweiser
Erwerbsminderung bei Ihrer Rentenversicherung stellen.
Sind Sie der Meinung, Sie können nur noch unter drei Stun
den arbeiten, sollten Sie unverzüglich einen Rentenantrag bei
Ihrer gesetzlichen Rentenversicherung stellen. Diesen Antrag
können Sie zunächst formlos oder auch durch persönliche
122 Weitere Anträge und Rechtsmittel

Vorsprache bei der Gemeinde bzw. Stadtverwaltung oder im


Landratsamt stellen.
Jede Gemeinde bzw. Stadtverwaltung muss bei der Renten
antragstellung Unterstützung leisten und beim Ausfüllen der
Formulare behilflich sein. Es genügt nicht, wenn Sie im An
tragsformular für Leistungen nach dem SGB II angeben, Sie
können keine drei Stunden erwerbstätig sein; vielmehr müs
sen Sie, solange noch nicht geschehen, einen extra Renten
antrag stellen. Solange die volle Erwerbsminderung amtli
cherseits nicht festgestellt ist, gelten Sie als erwerbsfähig.
Stellt die Rentenversicherung fest, dass Sie voll erwerbsge
mindert sind, erhalten Sie jedoch keine Rente, weil Ihnen
entsprechende Versicherungszeiten fehlen, oder erhalten Sie
eine Rente, die unter dem Sozialhilfesatz liegt, können Sie
einen Antrag auf Grundsicherung wegen dauerhafter Er
werbsminderung bei dem für Sie zuständigen Träger der
Sozialhilfe (Sozialamt) stellen. Da diese Grundsicherung nur
gezahlt wird, wenn Sie auf Dauer voll erwerbsgemindert sind
(also nur noch unter drei Stunden täglich arbeiten können),
können Sie gegebenenfalls, wenn die Erwerbsunfähigkeit
voraussichtlich nur vorübergehend besteht, Antrag auf Sozi
alhilfe beim zuständigen Träger der Sozialhilfe stellen. Kön
nen Sie noch mehr als drei, aber weniger als sechs Stunden
arbeiten, haben Sie grundsätzlich Anspruch auf ALG II.
Achtung: Wenn Sie einen Antrag auf Grundsicherung für Ar
beitsuchende bei der ARGE bzw. bei der Kommune, die vom
Optionsrecht Gebrauch gemacht hat, abgeben und im Antrag
angeben, nur noch unter drei Stunden täglich arbeiten zu
Sonstige Anträge im Zusammenhang mit den Leistungen 123

können, wird dies nicht automatisch an das Sozialamt oder


die Rentenversicherung weitergeleitet. Da Sie nur Anspruch
auf Grundsicherung für Arbeitsuchende haben, wenn Sie
mehr als drei Stunden täglich arbeiten können, kann es zu
erheblichen Verzögerungen bei der Auszahlung der Geldleis
tungen kommen.
Stellen Sie deshalb, wenn Sie der Meinung sind, nur noch
unter drei Stunden täglich arbeiten zu können, und (noch)
keine Rente erhalten, gleichzeitig mit dem Antrag auf Grund
sicherung für Arbeitsuchende (Leistungen nach dem SGB II)
sowohl einen Antrag auf Sozialhilfe als auch einen auf Grund
sicherung bei dauernder Erwerbsminderung bei der für Sie
zuständigen Sozialhilfebehörde sowie einen Rentenantrag.

Da die Bearbeitung einige Zeit in Anspruch nehmen kann, sollten Sie von
der Möglichkeit Gebrauch machen, im Rahmen der Sozialhilfe einen An
trag auf Darlehen wegen einer vorübergehenden Notlage zu stellen.

Sollten Sie aufgrund von Krankheit oder Behinderung die


Durchführung einer Rehabilitationsmaßnahme wünschen, so
empfiehlt es sich, diesen Antrag durch persönliche Vorspra
che direkt bei Ihrer Krankenkasse zu stellen. Gegebenenfalls
leitet die Krankenkasse ihn an die zuständige Stelle weiter.
Wenn ein Behördenmitarbeiter Ihren Antrag nicht annehmen
will, stellen Sie diesen formlos mit einem einfachen Schrei
ben, geben Sie Anschreiben und Antrag am besten persönlich
ab und lassen Sie sich den Eingang bestätigen.
124 Weitere Anträge und Rechtsmittel

Wie überprüfe ich den Bescheid?


Teilweise ist die Gestaltung der Bescheide unterschiedlich.
Unproblematisch ist es, wenn Sie und die Mitglieder Ihrer
Bedarfsgemeinschaft über keinerlei anrechenbares Einkom
men und Vermögen verfügen. In diesem Fall überprüfen Sie
anhand der obigen Ausführungen, ob Ihr Bedarf zutreffend
berechnet ist. Beachten Sie, dass die Unterkunfts und Heiz
kosten durch die Anzahl der Bewohner geteilt werden, unab
hängig, ob sie Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft sind.
Aufgrund eines derzeit (Stand: März 2011) noch vorhandenen
Fehlers in der Software, die von den ARGEn verwendet wird,
sind alle Bescheide, in denen nicht die vollen Unterkunftskos
ten anerkannt werden, unrichtig (formell rechtswidrig). Dassel
be gilt, wenn Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft Einkommen
erzielen und deshalb nicht der volle ALGIISatz gezahlt wird.
Der Bescheid ist immer dann rechtswidrig, wenn nicht die
vollen Unterkunfts, Heiz und Nebenkosten übernommen
werden und nicht begründet wird, warum diese nicht voll
übernommen werden. Aufgrund der Rechtsprechung des BSG
und der neuen Gesetzeslage ist jedoch davon auszugehen, dass
solche Bescheide sehr oft rechtswidrig sind. Es empfiehlt sich
deshalb gegebenenfalls, Widerspruch einzulegen und gleich
zeitig einen Antrag auf einstweilige Anordnung zu stellen. Dies
gilt natürlich nicht, wenn die anerkannten Unterkunftskosten
erheblich überschritten werden. Letzteres ist jedoch immer am
Einzelfall entsprechend dem Wohnungsmarkt und der indivi
duellen Gegebenheiten zu beurteilen.
Wie überprüfe ich den Bescheid? 125

Wenn Ihnen oder einem Mitglied der Bedarfsgemeinschaft


Einkommen angerechnet wird, sollten Sie auf jeden Fall auch
Widerspruch einlegen, wenn dem Bescheid nicht nachvollzieh
bar zu entnehmen ist, wie das Einkommen angerechnet bzw.
ermittelt wird. In vielen Bescheiden ist die Einkommensan
rechnung und Bereinigung unrichtig.
Da die neue Festsetzung des Regelbedarfes nach wohl über
wiegender Meinung nicht der Rechtsprechung des Bundesver
fassungsgerichtes entspricht und als verfassungwidrig angese
hen wird, wird teilweise empfohlen, grundsätzlich gegen jeden
ALGIIBescheid Widerspruch einzulegen und einen Antrag auf
einstweilige Anordnung beim Sozialgericht zu stellen, mit dem
beantragt wird, dass folgende Mindestbedarfe festgesetzt
werden:
Mindestbedarf für Betrag
alleinstehende oder alleinerziehende Leistungsberechtigte 420 Euro
Ehegatten und Lebenspartner sowie andere erwachsene Leis 378 Euro
tungsberechtigte, die in einem gemeinsamen Haushalt leben
und gemeinsam wirtschaften
erwachsene Leistungsberechtigte, die keinen eigenen Haushalt 336 Euro
führen, weil sie im Haushalt anderer Personen leben
Jugendliche von 14 bis unter 18 Jahren 330 Euro
Kinder von 6 bis unter 14 Jahren 289 Euro
Kinder unter 6 Jahren 247 Euro

Gemäß Pressemeldungen sind zwei Drittel der Klagen bzw.


Widersprüche erfolgreich!
Da über Widersprüche oder Klagen erst nach Monaten oder
Jahren entschieden wird, empfehle ich, wenn für Sie nicht
126 Weitere Anträge und Rechtsmittel

nachvollziehbare Kürzungen oder Ablehnungen erfolgen,


gleichzeitig mit Einlegung des Widerspruches einen Antrag
auf einstweilige Anordnung beim Sozialgericht zu stellen
(s. S. 52). Gleichzeitig können Sie den Antrag stellen, dass
Ihnen Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Anwaltes
Ihrer Wahl gewährt wird.
Wenn nicht innerhalb von 3 Monaten über Ihren Antrag oder
Widerspruch entscheiden wurde, können Sie Untätigkeitskla
ge erheben (s. S. 120). Ist eine Kürzung erfolgt, so müssen Sie
neben der Untätigkeitklage anstatt eines Antrages auf einst
weilige Anordnung einen Antrag auf Wiederherstellung der
aufschiebenden Wirkung des von Ihnen gegen den Kürzungs
bescheid eingelegten Widerspruches stellen. Dies sollten Sie
auch gleichzeitig mit der Einlegung des Widerspruches tun.

Wenn Ihr Bescheid Fehler enthält, Sie Zweifel an der Richtigkeit haben
oder Ihnen Informationen verweigert werden, legen Sie Widerspruch ein
– insbesondere, wenn in Ihrem Bescheid keine nachvollziehbare Berech
nung enthalten ist, wie Ihr Einkommen oder Vermögen angerechnet wird.
Die Widerspruchsfrist von einem Monat beginnt mit Erhalt des Bescheids.

Wird ALG II vollkommen abgelehnt, so müssen Sie auch,


wenn Sie Widerspruch und/oder Klage eingereicht haben, alle
sechs Monate einen neuen Antrag auf ALG II stellen, da der
Bewilligungszeitraum immer maximal sechs Monate umfasst.
(Hilfen, Mustertexte für Widersprüche und Hinweise zum
Rechtsweg finden Sie ab Seite 129).
So wehren Sie sich, wenn Ihr Antrag abgelehnt wird 127

So wehren Sie sich, wenn Ihr Antrag


abgelehnt wird
Erhalten Sie einen Bescheid, mit dem Sie nicht einverstanden
sind, so können Sie hiergegen sogenannte Rechtsmittel ein
legen:
 Gegen einen Bescheid können Sie Widerspruch einlegen.
 Wird dieser Widerspruch abgelehnt, können Sie hiergegen
Klage einreichen.

Welche Fristen muss ich beachten?


Widerspruch und Klage müssen innerhalb eines Monats ab
Zugang des Bescheids bzw. Widerspruchsbescheids eingelegt
werden. Um die Frist zu wahren, ist es nicht nötig, dass Sie
den Widerspruch direkt bei der Behörde einlegen oder die
Klage direkt beim zuständigen Gericht einreichen (in Angele
genheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende ist das So
zialgericht zuständig). Es reicht aus, wenn Sie dies bei Ihrer
Gemeinde bzw. Stadtverwaltung tun.

Welche Formvorschriften gibt es?


Die Erhebung des Widerspruchs bzw. der Klage muss nicht
schriftlich erfolgen, es genügt auch, wenn Sie bei der Behör
de, die den Bescheid erlassen hat, dem Sozialgericht oder in
Ihrer Gemeinde bzw. Stadtverwaltung vorsprechen und un
ter Vorlage des Bescheids oder Widerspruchsbescheids münd
lich zu Protokoll erklären, dass Sie Widerspruch bzw. Klage
128 Weitere Anträge und Rechtsmittel

erheben wollen. Lassen Sie sich unbedingt schriftlich be


stätigen, dass Sie vorgesprochen und ein entsprechendes
Rechtsmittel eingelegt haben.
Selbstverständlich können Sie einen Widerspruch oder eine
Klage auch schriftlich erheben. Widerspruch und Klage sind
nicht an eine besondere Form gebunden, jedoch ist eine Be
gründung sinnvoll, damit man weiß, warum Sie mit dem für
Sie ungünstigen Bescheid nicht einverstanden sind.
Aus der Klage bzw. dem Widerspruch muss hervorgehen, dass
Sie mit dem Bescheid nicht einverstanden sind und eine
Änderung bzw. Aufhebung des Bescheids wünschen. Sie
müssen keine juristischen Ausführungen machen, es genügt
vollkommen, wenn Sie mit Ihren eigenen Worten schildern,
was Sie wollen.
Nachstehend einige Muster für einen formlosen Antrag,
Widerspruch und Klage.
So wehren Sie sich, wenn Ihr Antrag abgelehnt wird 129

Formloser Antrag auf Grundsicherung


für Arbeitsuchende

An die [Absender]
ARGE
Musterstadt

Antrag auf Grundsicherung für Arbeitsuchende

Hiermit stelle ich Antrag auf Grundsicherung für Arbeitsuchende. Ich bin
alleinstehend/in meinem Haushalt wohnen folgende Personen:
(Vorname, Name, Geburtsdatum, Verwandtschaftsverhältnis)
Ich habe derzeit folgendes Einkommen: …
Die in meinem Haushalt lebenden Personen haben kein bzw. folgendes
Einkommen: …
Ich/wir verfüge/n über folgendes Vermögen: …
Ich/wir zahle/n folgende Miete und Heizkosten: …
Entsprechende Belege sind beigefügt bzw. werden nachgereicht.

Datum, Unterschrift

Grundmuster für einen Widerspruch gegen die Höhe


des Regelsatzes

An die [Absender]
ARGE
Musterstadt

Betr.: Bescheid zum SGB II vom …


Nummer
BG: …
Gegen o. g. Bescheid lege ich hiermit
Widerspruch
ein.
130 Weitere Anträge und Rechtsmittel

Ich beantrage, den Bescheid vom … aufzuheben und einen Regelbedarf


von mindestens ... (hier den Betrag entsprechend der Tabelle auf Seite
125 einsetzen) festzusetzen.
(Anmerkung: Wenn es sich um mehrere Mitglieder der Bedarfsgemein
schaft handelt, dann ist jedes Mitglied der Bedarfsgemeinschaft nament
lich zu nennen und für jedes der entsprechende Regelbedarf einzusetzen,
also z. B.: für Herrn Karl Müller einen Regelbedarf von 378 Euro, für Frau
Lieschen Müller (Partnerin) einen Regelsatz von 378 Euro, für das 15
jährige Kind Hans einen Regelsatz von 330 Euro)

Begründung:
Bei der Neufestlegung des diesem Bescheides zugrunde liegenden Regel
bedarfs hat der Gesetzgeber willkürlich eine neue Statistik zugrunde
gelegt, die er entsprechend dem gewünschten Ergebnis angepasst hat.
Dies ist auch offenbar durch die Erklärung des Bundesfinanzministers
einen Tag nach Verkündung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts
vom 9. Februar 2010. So hat der Bundesfinanzminister in einem Fernseh
interview erklärt, dass das Bundesverfassungsgericht nicht ausgesagt
habe, dass ein höherer Regelsatz gewährt werden muss. Wertet man
jedoch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Februar 2010
aus (1 BvL 1/09  1 BvL 3/09  1 BvL 4/09), so gelangt man zu dem Er
gebnis, dass unter Beachtung dieses Urteils und der Anwendung der da
maligen statistischen Erhebungen sich ein Regelbedarf bei 100 % von
mindestens 420,00 Euro errechnet. Dies wird durch zahlreiche renom
mierte Gutachten/Gutachter bestätigt.
Wie im o. g. Urteil des Bundesverfassungsgerichts ausgeführt, hat „der
Verordnungsgeber einen Anteil angeblich nicht der Sicherung des Exis
tenzminimums dienender Ausgaben ohne hinreichende Tatsachengrund
lage „ins Blaue hinein“ geschätzt und abgezogen, so dass von einer
schlüssigen Ermittlung des regelbedarfsrelevanten Verbrauchs insoweit
keine Rede sein kann ...“
Dadurch, dass in einem neuen Statistikmodell gewisse Ausgaben, wie
z. B. für Alkohol oder Rauchen, nicht berücksichtigt worden sind, hat der
Verordnungsgeber bzw. Gesetzgeber von einer „Verschleierungstaktik“
Gebrauch gemacht. Er hat, um auf das gewünschte Ergebnis zu kommen,
nunmehr Postionen herausgenommen, die zum gewünschten rechneri
schen Ergebnis führten, so dass sich kaum eine Erhöhung des Regelbe
darfes ergibt. Es verstößt jedoch gegen Art. 1 GG und gegen Art. 2 GG,
wenn der Gesetzgeber seinen Bürgern vorschreibt, wie diese ihre Lebens
So wehren Sie sich, wenn Ihr Antrag abgelehnt wird 131

bedürfnisse zu gestalten haben, soweit diese nicht gegen das Gesetz


verstoßen. Solange der Alkoholgenuss und das Rauchen nicht verboten
sind, darf der Verordnungs/Gesetzgeber solche Bedürfnisse, die für viele
zu den Grundbedürfnissen gehören, nicht verweigern. Es stellt eine Dis
kriminierung und somit einen Verstoß gegen den in Art. 3 GG niederge
legten Gleichbehandlungsgrundsatz dar, wenn jemandem, der von Leis
tungen der Grundsicherung nach dem SGB II abhängig ist, verweigert
wird, ebenfalls an den Bedürfnissen des Lebens, hier Alkohlgenuss und
Rauchen, teilzunehmen, im Gegensatz zu jemanden der nicht von diesen
Leistungen abhängig ist. Unabhängig davon bestand kein sachlicher
Grund ein neues Statistikmodell zu entwickeln. Auf Grundlage des bisher
verwendeten Statistikmodells hätte sich bei konsequenter Anwendung
der im Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Februar 2010 aufge
stellten Grundsätze unschwer der Regelbedarf errechnen können. Offen
sichtlich hat man dieses Modell aber nicht mehr gewählt, da es dem
Gesetz/Verordnungsgeber „zu teuer“ kam, wie auch aus vielfachen Er
klärungen von Politikern hervorging.
Es wurden jedoch auch die Grundsätze der Statistik verlassen. Aufgabe
des Statistikmodells war es, die Ausgaben eines bestimmten Bevölke
rungsteils zu erfassen. Danach hätte dann unter Zugrundelegung eines
Abschlages (Lohnabstand) ermittelt werden sollen, wie hoch das Exis
tenzminimum ist. Da jedoch vor Abzug dieses Abschlages willkürlich
zunächst Abzüge bzw. Streichungen vorgenommen wurden, hat man die
anerkannten Grundsätze der Statistik verlassen. Somit wurde also, wie
das Bundesverfassungsgericht bereits gerügt hat, ein Anteil angeblich
nicht der Sicherung des Existenzminimums dienender Ausgaben ohne
hinreichende Tatsachengrundlage „ins Blaue hinein“ geschätzt und abge
zogen. Somit ist die Festsetzung des diesem Bescheids zugrunde gelegten
Regelbedarfes verfassungswidrig.
In seinem Urteil vom 9. Februar 2010 hat das Bundesverfassungsgericht
dem Gesetzgeber jedoch aufgegeben, rückwirkend zum 1. Januar 2011
ein neues Gesetz zur Festsetzung des Regelbedarfs/Regelsatzes unter
Beachtung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu verab
schieden. Eine Rückwirkung der Verfassungswidrigkeit mit der Folge, dass
für die Vergangenheit ein höherer Regelsatz gewährt werden muss, wur
de verneint. Hieraus folgt jedoch, dass, wenn kein entsprechendes Gesetz
innerhalb der vom Bundesverfassungsgericht bestimmten Frist erlassen
wurde, nunmehr ein höherer, verfassungsgemäßer Regelbedarf zu zahlen
ist. Dadurch, dass der Gesetz/Verordnungsgeber offensichtlich ein ver
132 Weitere Anträge und Rechtsmittel

fassungswidriges Gesetz bzw. eine verfassungswidrige Regelung zur


Festsetzung des Regelbedarfs verabschiedet hat, ist er der Vorgabe des
Bundesverfassungsgerichts nicht gefolgt. Ein verfassungswidriges Gesetz
steht der Nichtverabschiedung eines Gesetzes gleich. Hieraus folgt, dass
nunmehr entsprechend den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts ein
entsprechender (höherer) Regelsatz/Regelbedarf zu zahlen ist. Bei An
wendung der Grundsätze des Bundesverfassungsgerichts errechnet sich
mindestens der hier geltend gemachte Regelbedarf.

Datum, Unterschrift

Grundmuster für einen Widerspruch gegen die nicht


volle Übernahme der Unterkunftskosten

An die [Absender]
ARGE
Musterstadt
Betr.: Bescheid zum SGB II vom …
Nummer
BG: …

Gegen o. g. Bescheid lege ich hiermit


Widerspruch
ein.

Begründung:
Für mich ist die Berechnung (bitte nur jeweils Zutreffendes ausführen)
– der Kosten der Unterkunft sowie
nicht nachvollziehbar.

Es wurden nur Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von … aner
kannt. Tatsächlich betragen meine Kosten für Unterkunft (Kaltmiete,
Nebenkosten), Heizung und Warmwasser insgesamt …

Die anerkannten, als angemessen angesehenen Unterkunftskosten sind


nicht verbindlich und rechtsunwirksam, da diese nicht auf einem schlüs
So wehren Sie sich, wenn Ihr Antrag abgelehnt wird 133

sigen nachvollziehbaren Konzept beruhen. Nach der Rechtsprechung des


Bundessozialgerichtes (Urteil vom 20. August 2009 (Az: B 14 AS 65/08 R)
muss die vom Grundsicherungsträger gewählte Datengrundlage auf ei
nem schlüssigen Konzept beruhen, das eine hinreichende Gewähr dafür
bietet, dass es die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Wohnungsmarktes
wiedergibt. Dabei müssen die Faktoren, die das Produkt „Mietpreis“
bestimmen, in die Auswertung eingeflossen sein. Zu diesen Faktoren zäh
len im Regelfall zumindest der Standard, die Größe und die Ausstattung
der Wohnung. Diesen Anforderungen genügen die hier anerkannten Un
terkunftskosten nicht. Selbst wenn dies der Fall wäre, so hätte in einem
zweiten Schritt eine individuell am Einzelfall orientierte Angemessen
heitsprüfung getrennt von der Prüfung der Angemessenheit der Unter
kunftskosten erfolgen müssen. Dies ist nicht geschehen. Eine Wohnung
zu den sogenanten angemessen Kosten ist derzeit auf dem allgemeinen
Wohnungsmarkt nicht bzw. nicht für mich verfügbar.

(Anmerkung: Sollten noch besondere persönliche Gründen vorliegen,


welche einen größeren Wohnbedarf erfordern, wie eine Behinderung
oder Ausübung des Umgangsrechts oder Kinder in der Pubertät, die ei
gene Zimmer benötigen, so ist dies gesondert etwa wie folgt geltend zu
machen.)

Bei mir bzw. der Bedarfsgemeinschaft liegen besondere Gründe vor, die
einen größeren Wohnbedarf erfordern. (Dies näher ausführen, z. B. ich
bin schwerbehindert und schwer gehbehindert. Oder: Meine minderjähri
ge Tochter wohnt bei der von mir geschiedenen Ehefrau. In Ausübung des
Umgangsrechtes besucht mich meine Tochter jedes zweite Wochenende.
Ich benötige deshalb ein zusätzliches Zimmer für sie.)

Datum, Unterschrift
134 Weitere Anträge und Rechtsmittel

Grundmuster für einen Widerspruch, wenn


Einkommen angerechnet wird

An die [Absender]
ARGE
Musterstadt

Betr.: Bescheid zum SGB II vom …


Nummer
BG: …
Gegen o. g. Bescheid lege ich hiermit
Widerspruch
ein.

Begründung:
Die von Ihnen vorgenommene Einkommensanrechnung/berechnung und
bereinigung ist für mich nicht nachvollziehbar. Bitte erläutern Sie mir
diese. Sobald eine entsprechende nachvollziehbare Berechnung vorliegt,
werde ich meinen Widerspruch weiter begründen.

Datum, Unterschrift
So wehren Sie sich, wenn Ihr Antrag abgelehnt wird 135

Grundmuster für einen Widerspruch bei


Einkommensanrechnung bei einer angeblichen
Partnerschaft

An die [Absender]
ARGE
Musterstadt

Betr.: Bescheid zum SGB II vom …


Nummer
BG: …
Gegen o. g. Bescheid lege ich hiermit
Widerspruch
ein.

Begründung:
Soweit Einkommen meines Mitbewohners/meiner Mitbewohnerin ange
rechnet wird, da wir als Partner betrachtet werden, ist die Anrechnung
willkürlich. Es wird die Vermutung aufgestellt, dass ich von meinem
Mitbewohner/meiner Mitbewohnerin als Partner/in unterstützt werde
und umgekehrt. Ich werde von meinem Mitbewohner/meiner Mitbewoh
nerin nicht unterstützt bzw. umgekehrt. Wir haben getrennte Konten,
getrennte Haushaltsführung, jeder sorgt für sich selbst.
Im Übrigen ist für mich nicht nachvollziehbar, wie Sie die Anrechnung
vorgenommen haben.
Bitte teilen Sie mir mit, aufgrund welcher Annahmen Sie davon ausge
hen, dass wir Partner im Sinne einer Bedarfsgemeinschaft sind. Außer
dem bitte ich Sie, Ihre Berechnung zu erläutern.
Nach Eingang Ihrer entsprechenden Erklärung werde ich meinen Wider
spruch weiter begründen.

Datum, Unterschrift
136 Weitere Anträge und Rechtsmittel

Grundmuster für einen Widerspruch bei Einkommens


anrechnung bei einer Haushaltsgemeinschaft

An die [Absender]
ARGE
Musterstadt
Betr.: Bescheid zum SGB II vom …
Nummer
BG: …
Gegen o. g. Bescheid lege ich hiermit
Widerspruch
ein.

Begründung:
Soweit Einkommen von Mitgliedern der Haushaltsgemeinschaft ange
rechnet wird, widerspreche ich dieser Anrechnung, da ich von dem
Mitglied/den Mitgliedern der Haushaltsgemeinschaft keine Leistungen
erhalte. Soweit das Gesetz eine Vermutung aufstellt, wird diese durch
meinen Vortrag widerlegt, dass ich keine Leistungen erhalte. Insofern ob
liegt der ARGE die Beweislast, dass ich Leistungen erhalte. Zur Glaub
haftmachung, dass ich keine Leistungen erhalte, lege ich die Erklärung
des Mitglieds/der Mitglieder der Haushaltsgemeinschaft vor.
Im Übrigen ist für mich nicht nachvollziehbar, wie Sie die Anrechnung
vorgenommen haben.
Nach Übersendung der Berechnung werde ich meinen Widerspruch
weiter begründen.

Datum, Unterschrift
So wehren Sie sich, wenn Ihr Antrag abgelehnt wird 137

Muster für eine Klage

An das [Absender]
Sozialgericht …
(Welches Sozialgericht zuständig ist, steht im Widerspruchsbescheid. Sie
können die Klage bei Ihrer Stadt bzw. Gemeindeverwaltung abgeben.)

Betrifft: Widerspruchsbescheid vom …


Hiermit erhebe ich gegen den Widerspruchsbescheid der ARGE, Aktenzei
chen: … vom … (Datum des Widerspruchsbescheids)
Klage.

Eine Begründung werde ich nachreichen. Eine Kopie des Wider


spruchsbescheids habe ich beigefügt.

Datum, Unterschrift

Muster für einen Antrag auf einstweilige Anordnung

An das [Absender]
Sozialgericht …

Antrag auf einstweilige Anordnung


Hiermit stelle ich Antrag auf einstweilige Anordnung.
Ich beantrage
die ARGE XY wird bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung verpflichtet,
in der Hauptsache die Unterkunftskosten der Bedarfsgemeinschaft in
voller Höhe, … Euro monatlich, zu übernehmen.
Wenn die vollen Unterkunftskosten nicht übernommen werden, kann ich
(können wir) meine (unsere) Miete nicht zahlen und muss (müssen) be
fürchten, dass mir (uns) die Wohnung gekündigt wird. Eine Wohnung zu
den von der ARGE als angemessen angesehenen Kosten ist derzeit nicht
zu bekommen (bzw. hier einen besonderen Bedarf schildern und Be
138 Weitere Anträge und Rechtsmittel

weismittel wie Schwerbehindertenbescheid, ärztliches Attest, Gerichts


urteil o. dgl. über das Umgangsrecht etc. beifügen).

Zur Begründung beziehe ich mich auf den in der Anlage beigefügten
Widerspruch sowie die Kopie des ALGIIBescheides. Sollte das Gericht
weitere Darlegungen und Beweismittel für erforderlich halten, wird um
einen umgehenden Hinweis gebeten.

Datum, Unterschrift

Muster für eine Untätigkeitsklage


(Diese gleichzeitig mit einem Antrag auf einstweilige Anord
nung einreichen.)

An das [Absender]
Sozialgericht XY
Klage

Hans Müller – Kläger


./.
ARGE Musterstadt – Beklagte
hiermit erhebe ich Klage und stelle den Antrag, die ARGE zu verpflichten,
meinen Antrag vom … zu verbescheiden.

Begründung:
Ich bin im Sinne des Gesetzes bedürftig und habe am …., also vor mehr
als einem Monat bei der ARGE Musterstadt meinen vollständigen Antrag
auf Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II abgegeben. Trotz
mehrfacher Bitten hat man bis heute noch keinen Bescheid erlassen. Ich
weiß nicht, wovon ich leben soll, ich bin dringend auf die Leistungen der
Grundsicherung nach dem SGB II angewiesen.

Datum, Unterschrift
So wehren Sie sich, wenn Ihr Antrag abgelehnt wird 139

Brauchen Sie einen Anwalt? Was kostet


das Verfahren?
Um einen Widerspruch einzulegen oder eine Klage zu erhe
ben, brauchen Sie keinen Rechtsanwalt (s. S. 126). Derzeit
werden sowohl für das Widerspruchs als auch für das Klage
verfahren keine Kosten erhoben.
Beauftragen Sie einen Rechtsanwalt, so betragen die Kosten
für das Widerspruchsverfahren ca. 300 bis 400 Euro und die
Kosten für das Gerichtsverfahren ca. 500 bis 700 Euro. Verfü
gen Sie nicht über ausreichendes Einkommen oder Vermögen,
so können Sie für das Widerspruchsverfahren über das für
Ihren Wohnort zuständige Amtsgericht Beratungshilfe er
halten, wenn dies nach dem für Sie geltenden Landesgesetz
möglich ist. Die Verweigerung der Bewilligung von Bera
tungshilfe ist vom Bundesverfassungsgericht als grund
rechtswidrig erklärt worden (BVerfG, Urteil vom 11. Mai 2009,
Az: 1BvR 1517/08). Wollen Sie sich vor dem Sozialgericht von
einem Anwalt vertreten lassen, so können Sie, wenn Sie nicht
über genügend Einkommen und Vermögen verfügen und die
Klage hinreichende Aussicht auf Erfolg hat, Prozesskostenhil
fe erhalten.
Beachten Sie, dass der Anwalt einen Schriftsatz anfertigen
muss, damit das Gericht überhaupt entscheiden kann, ob
Prozesskostenhilfe gewährt wird. Wird Ihr Antrag auf Pro
zesskostenhilfe abgelehnt, müssen Sie die Anwaltsgebühren
auf jeden Fall selbst zahlen. Daher können Sie vom Anwalt
nicht fordern, dass er für Sie kostenlos einen Antrag auf
Prozesskostenhilfe stellt. Tut er dies, ohne zunächst Geld von
140 Weitere Anträge und Rechtsmittel

Ihnen zu fordern, ist dies ein Entgegenkommen. Er darf einen


Vorschuss verlangen.
Haben Sie eine Rechtsschutzversicherung abgeschlossen,
übernimmt diese in der Regel die Kosten für das Ge
richtsverfahren einschließlich Anwalt. Für die anwaltliche
Beratung im Zusammenhang mit dem Antrag auf Leistungen
nach dem SGB II und für das Widerspruchsverfahren zahlen
die meisten Rechtsschutzversicherungen nichts. Am besten
stellen Sie sofort, wenn Sie einen für Sie ungünstigen Wider
spruchsbescheid erhalten haben, einen Antrag bei Ihrer
Rechtsschutzversicherung auf Kostendeckung für das ge
richtliche Verfahren.
141

Stichwortverzeichnis
Ablehnung des Antrags 127 Pflegeversicherung 29
Abzüge vom Einkommen 74 Pflichtbeiträge 75
Altersvorsorge 77, 87 Pflichten des Arbeitsuchenden
BAföG 69 f. 31
Bedarfsgemeinschaft 11 Räumungsklage 58
Behinderte 91 Rechtsanwalt 139
Bescheid 124 Rente 121
Bildung, zusätzlicher Bedarf 27 Rentenversicherung 114
Eigentumswohnung 86 Schüler 27, 73
EinEuroJobs 35 Selbstständige 47, 63, 74, 78,
Eingliederungsvereinbarung 32 80
Einkommen 61, 111 Sozialgeld 22
Einstiegsgeld 24, 46 f. Steuern 75
Elterngeld 73 Teilhabe am sozialen und
Erwerbsfähigkeit 16 kulturellen Leben,
Fallmanager 23 zusätzlicher Bedarf 27
Freibeträge bei Vermögen 83 Umzugskosten 55, 57
Geldleistungen 25 Unterhaltsverpflichtung 68
Geschütztes Vermögen 85 Unterkunftskosten 48
Grundsicherung für Unterkunftskosten,
Arbeitsuchende 6 f. Angemessenheit 49 f.
Hausgrundstück 86 Unwirtschaftlichkeit 92
Haushaltsgemeinschaft 13 Verkehrswert 94
Hausrat 87 Vermögen 81
Immobilien 88 Versicherungen 76
Klage 127 Werbungskosten 78
Muster 137 f. Widerspruch
Kommunale Eingliederungs Muster 129, 132, 134 ff.
leistungen 46 Widerspruch gegen Ablehnung
Krankenversicherung 29 127
Leistungen nach dem SGB II 23 Wohngeld 68
Leistungskürzung 37 Wohngemeinschaft 13
Mietkosten 48 Zumutbare Arbeit 34
Mittagsverpflegung 28 Zurückerstattung von Zahlungen
Musterschreiben 129 99
Nebenkosten 48 Zusätzliche Bedarfe 27
142

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek


Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National
bibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de
abrufbar.

ISBN 9783648004906
BestellNr. 085370009

9., aktualisierte Auflage 2011

© 2011, HaufeLexware GmbH & Co. KG, Munzinger Straße 9, 79111 Freiburg
Redaktionsanschrift: Fraunhoferstraße 5, 82152 Planegg/München
Telefon: (089) 895 170
Telefax: (089) 895 17290
www.haufe.de
online@haufe.de
Lektorat: Text+Design Jutta Cram
Redaktion: Jürgen Fischer
Redaktionsassistenz: Christine Rüber

Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, der fotomechanischen


Wiedergabe (einschließlich Mikrokopie) sowie der Auswertung durch Datenbanken oder
ähnliche Einrichtungen vorbehalten.

Umschlaggestaltung: Kienle gestaltet, Stuttgart


Umschlagentwurf: Agentur Buttgereit & Heidenreich, 45721 Haltern am See
DesktopPublishing: Agentur: Satz & Zeichen, Karin Lochmann, 83071 Stephanskirchen
Druck: freiburger graphische betriebe, 79108 Freiburg

Zur Herstellung der Bücher wird nur alterungsbeständiges Papier verwendet.


143

Der Autor
Michael Baczko,
ist seit vielen Jahren Fachanwalt für Sozialrecht mit eigener,
traditionsreicher Kanzlei in Erlangen. 2010 erfolgte der Zu
sammenschluss mit der Anwalts und Steuerkanzlei richter &
partner in Erlangen. Rechtsanwalt Michael Baczko ist Vor
standsmitglied zahlreicher sozialer Institutionen und Vereine
sowie Vertrauensanwalt der Stiftung Gesundheit. Beim An
waltsRanking 2002 der Zeitschrift „Focus“ war er als einer
der besten deutschen Anwälte für Sozialrecht gelistet. Er
wirkt seit Jahren in TVSendungen als Experte mit und ist
Verfasser zahlreicher Ratgeber im Bereich des Senioren und
Sozialrechts.

Weitere Literatur
„Sozialleistungen von AZ“ von Michael Baczko, 128 Seiten,
€ 6,90.
ISBN 9783448087352, BestellNr. 00973
„Gekündigt – was nun?“ von Thomas Muschiol und Friederike
DeCoite, 128 Seiten, € 6,90.
ISBN 9783448099706, BestellNr. 00335
„Gründungszuschuss  erfolgreich in die Selbstständigkeit“
von Mandy Zeh und Reinhard Schnell, 128 Seiten, € 6,90.
ISBN 9783448093940, BestellNr. 00827

Das könnte Ihnen auch gefallen