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Menschen
in der Fabrik
Industriefotografie
in Konsumgüterfirmen
1895 bis 1970
Appel, Bahlsen, Sprengel, König & Ebhardt,
Pelikan, Continental und andere
ISBN 978-3-11-075823-8
e-ISBN (PDF) 978-3-11-075831-3
www.degruyter.com
Inhalt
Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
1 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
6 Arbeiterinnen gesucht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55
9 Feierabendbilder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77
10 Soziale Betriebsarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81
18 Kriegsjahre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141
Inhalt 5
ANHANG
A Archive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177
B Firmenschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177
F Abbildungsnachweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183
G Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185
6 Inhalt
Vorwort
Ein selbstbewusster Heizer neben der Dampfmaschine, eine elegante Arbeiterin an der
Stanze – die alten Fotografien aus Konsumgüterunternehmen gestatten einen unge-
wöhnlichen, weithin unbekannten Blick in die Fabriken um 1900.
Bei meinen Recherchen zur Unternehmensgeschichte der hannoverschen Firmen
Feinkost-Appel und B. Sprengel & Co.1 stieß ich auf alte Fotografien, die sich nicht in das
gängige Interpretationsschema einfügen, nach dem sich die Industriefotografie über
Jahrzehnte für die Arbeiter nicht interessiert habe. Fotografien aus den Werken von
Bahlsen, Pelikan, den Konsumgüterabteilungen der Conti, König & Ebhardt u. a. bestä-
tigten meine Vermutung, dass es in Markenfirmen, die mit hoher Qualität um die Gunst
der Verbraucher warben, einen anderen Blick auf die Beschäftigten gab. Zusätzlich hat-
ten Interviews mit etwa 100 ehemaligen Beschäftigten der Firmen Appel und Sprengel
einen selbstbewussten Blick auf ihre Arbeit in den Familienunternehmen offenbart,
der in der öffentlichen Wahrnehmung kaum präsent ist, wird doch Fabrikarbeit seit den
1970er Jahren überwiegend mit entfremdeter Arbeit assoziiert. Das Selbstverständnis,
verantwortlich zu sein für Qualität und gute Arbeit, bestimmte die Stellung der Stamm-
arbeiter in der betrieblichen Hierarchie und wird in der Firmenfotografie sichtbar. Aber
auch bei den ungelernten Arbeiterinnen gab es vielfach eine starke Bindung an die
Firma. Die Fotografien und Interviews dokumentieren eine weitgehend untergegange-
ne Welt der Industriearbeit, die von persönlichen Beziehungen zwischen Eigentümern
und Beschäftigten geprägt war, die aber heute noch in Familienunternehmen vor allem
ländlicher Regionen fortlebt.
Bisher wurden Fotografien aus Fabriken in der Regel in Form von Ausstellungskatalo-
gen veröffentlicht, oft mit einführenden allgemeinen Erläuterungen, aber ohne histori-
sche Einordnung der einzelnen Motive. Eine Ausnahme sind die sorgsam edierten Bände
›Bilder von Krupp‹ (Klaus Tenfelde) und ›Industrie und Fotografie‹ im Bochumer Verein
(Ralf Stremmel), die beide auf die umfangreichen Bestände des Krupp-Archivs zugreifen.
Ein weiterer Zugang zur Industriefotografie ist der ästhetisch-künstlerische, der seit
den späten 1920er Jahren bis heute die Fabrikbilder bekannter Fotokünstler wie August
Sander, Hein Gorny, Albert Renger-Patzsch und Paul Wolff u. a. präsentiert. Mein Interes-
se galt den Unterschieden und Gemeinsamkeiten der industriellen Auftragsfotos in den
jeweiligen Firmen, der Veränderung des Blicks auf Industriearbeit im zeitlichen Verlauf
und ihre Einordnung in den wirtschaftlichen und sozialen Kontext. Die künstlerische
Qualität der Aufnahmen stand bei der Auswahl nicht im Vordergrund.
1 Kristina Huttenlocher, Appel Feinkost. Ein Familienunternehmen im Wandel der Zeit, Springe 2013, und
dies., Sprengel. Die Geschichte der Schokoladenfabrik, Springe 2016
Vorwort 7
Bei der Recherche haben mich freundlich unterstützt Dr. Birgit Nachtwey aus dem
Bahlsen-Archiv, Jürgen Dittmer, langjähriger Mitarbeiter und Leiter des Pelikan-Archivs,
Dr. Nils Fehlhaber, Leiter Unternehmensarchiv Continental, Detlef Kasten, Stadtbiblio-
thek Hannover, Werner Heine, ehemals Stadtarchiv Hannover. Ihnen möchte hier herz-
lich danken. Clemens Wlokas, Springe, und Prof. Jens Jäger, Köln, danke ich für kritische
Einwürfe und anregende Vorschläge zum Manuskript-Entwurf, Hugo Thielen für die
redaktionelle Begleitung und die Umsetzung von Text und Fotos in ein ansprechendes
Layout. Nicht korrigierte Unzulänglichkeiten habe selbstverständlich ich als Autorin zu
verantworten.
Kristina Huttenlocher
Oberursel, September 2021
8 Vorwort
1 Einführung
Aufnahmen mächtiger Anlagen, Maschinen und Produkte der Schwerindustrie prägen
seit den 1980er Jahren die Wahrnehmung von Industriefotografie. Konsumgüter
hersteller dagegen sind in der Literatur und Dokumentation zur Industriefotografie
weitgehend eine Leerstelle geblieben. In den letzten vierzig Jahren ist nach Einspa-
rungsmaßnahmen, Schließung oder Verkauf von Konsumgüterbetrieben viel verloren
gegangen an archiviertem Material. Aber was erhalten blieb, stellt einiges in Frage, was
bisher über Industriefotografie veröffentlicht wurde.
Industrie und Fotografie – die Parallelität ihrer Entwicklung erscheint vielen Autoren
bemerkenswert. Die Fotografie habe die Industrie von Anfang an ins Bild gesetzt1 und
bis in die 1970er Jahre begleitet. Trifft die These zu? Die fotohistorische Forschung neigt
dazu, Pionierleistungen in den Vordergrund zu stellen und vor allem bedeutende Auf-
traggeber und Fotokünstler in den Blick zu nehmen. Die Alltagsarbeit eines städtischen
Ateliers und dessen mittelständische Kundschaft interessierte weniger.2 Dort stand am
Anfang die Porträtfotografie, nicht die Fotografie industrieller Anlagen. Lichtbildner
verdienten seit 1840 mit Daguerreotypien ihren Lebensunterhalt und porträtierten als
sesshafte oder umherziehende Fotografen wohlhabende private Auftraggeber.3 Die
Erfindung der Vervielfältigungsfotografie durch Talbot ermöglichte mehrere Abzüge pro
Aufnahme und erweiterte in den 1850er Jahren das Spektrum gewerblicher Nutzung.
Fotografen erschlossen sich nun mit Reproduktionsserien von Kunstwerken und Sammel-
bildern berühmter Persönlichkeiten einen größeren Markt. Der große Durchbruch zu ei-
nem Massenartikel kam zehn Jahre später mit der ›Visitphotographie‹. In großer Auflage
hergestellte Porträts wurden in Alben gesammelt und verschenkt.
Mitte der 1860er Jahre entdeckten Großunternehmen die Fotografie für ihre Unter-
nehmen. Krupp gründete 1861 eine ›Photographische Anstalt‹, ließ Eisenkunstguss
erzeugnisse für ein Musterbuch fotografieren und gab stattliche Panoramen des
Firmengeländes der Gussstahlfabrik in Auftrag. Die Hannoversche Maschinenbau AG
(Hanomag) fotografierte seit 1864 Lokomotiven und Lokomobile vor der Auslieferung.
Man könnte nun glauben, die Industriellen hätten die neue Bildtechnik begeistert
aufgenommen und breit genutzt. Denn die gewerbliche Fotografie verbreitete sich
rasch in deutschen Landen. 1867 gab es in Berlin bereits 123 selbstständige Fotografen,
1895 wurden im ganzen Deutschen Reich 4589 – überwiegend kleingewerbliche – fo-
tografische Betriebe gezählt. Das Hauptgeschäft bestand in der Personenfotografie.
»Die Eitelkeit und Eigenliebe des Menschen haben unserer Kunst mächtigen Vorschub
1 So bei Rolf Sachsse, Mensch – Maschine – …, 1999, S. 85; Reinhard Matz, Industriefotografie, 1987, S. 13;
Eva Moser, in: Bayerisches Wirtschaftsarchiv (Hrsg.): Arbeitswelten, 2004, S. 4
2 Vgl. Jens Jäger, Photographie. Bilder der Neuzeit. Einführung in die Historische Bildforschung, Tübingen
2000, S. 32
3 Im folgenden Absatz stützt sich die Einleitung auf Ludwig Hoerner, Das photographische Gewerbe in
Deutschland 1839–1914, Düsseldorf 1989, S. 15, 26f., 36, 187f.
Einführung 9
geleistet«4, resümierte ein erfahrener Fotograf und Verfasser eines Lehrbuchs. Später
kamen Landschaften, Städtebilder, Sehenswürdigkeiten und Gemäldereproduktionen
hinzu. Tatsächlich blieben aber die Fabrikanten zurückhaltend gegenüber der neuen
Technik. Die Qualität der Aufnahmen schien ihnen für ihre Zwecke ungeeignet. Ein Un-
ternehmer, der einige Versuche mit der Herstellung von Musterkarten gemacht hatte,
gab diese bald wieder auf, die Fotografie gebe die Sachen nicht richtig wieder.5
10 Einführung
die Damen einmal von irgendeinem gewissenlosen Fabrikanten unsorgfältig hergestell-
te, nicht wirklich tadellose Ware erhielten.«8 Die Kundinnen waren oft unsicher über
Herkunft und Beschaffenheit der Waren oder hatten schlechte Erfahrungen gemacht.
Einige Branchen vereinbarten freiwillige Qualitätsnormen,9 Hersteller von Qualitäts-
ware setzten für ihr Produkt auf Markenproduktion. Das Markenschutzgesetz von 1874
wurde 1896 novelliert und förderte vor allem unter den Nahrungsmittelherstellern die
Ausbreitung des Markengedankens.10 Diese garantierten mit ihrer Marke eine hygieni-
sche Verarbeitung vorzüglicher Rohware von gleichbleibend guter Qualität. Denn mit
einem einzigen schlechten Produkt war eine Kundin verloren. Um gegenüber der billige-
ren und meist schlechteren Konkurrenzware bestehen zu können, musste sie bekannt
gemacht werden. Betriebsbesichtigungen und fotografierte Betriebsrundgänge waren
eine Form der Werbung, sie machten die Herstellung transparent. »Solche Führungen
sind für uns das beste Werbemittel, denn wir haben ein gutes Gewissen und können
deswegen alle Zweige unseres Betriebes zeigen«, war sich Heinz Appel sicher.11 August
und Bernhard Sprengel waren mit Besichtigungen zurückhaltender. Die Schokoladen-
fabrikation war kapitalintensiv und wurde mit spezialisierten, z. T. selbst entwickelten
Maschinen betrieben. Die Fabrikanten versuchten Rezepturen der Konkurrenten auszu-
spähen. Die Furcht vor Betriebsspionage war durchaus keine unrealistische Furcht. Die
Vorstellung der Fabrikationsräume in einem Fotoband bot die Möglichkeit, den Kunden
dennoch ein anschauliches Bild von Qualitätsproduktion zu vermitteln. Die Fotografien
von qualitativ hochwertiger Arbeit sollten die Kunden von der Güte der Produkte über-
zeugen. Zur Erklärung der Gründe, weshalb zunehmend auch Frauen – oft ungelernte –
an ihrem Arbeitsplatz fotografiert wurden, mag hier der Hinweis auf das Kapitel »Arbei-
terinnen gesucht« (S. 55ff.) reichen.
Die vorliegende Untersuchung versucht zu zeigen, wie sich Motive und Bildkonzepte
abhängig vom unternehmerischen Führungsstil und den gesellschaftlichen und wirt-
schaftlichen Rahmenbedingungen unterschieden und entwickelten. Fotos, die Menschen
als Individuen bei ihrer Arbeit zeigen, waren zwischen 1900 und 1914 keine Ausnahmen,
sondern eher häufig. Schließlich hing der Erfolg des Unternehmens von der guten Arbeit
seiner qualifizierten Stammarbeiter und ›Beamten‹ ab. Diese waren sich dessen bewusst
und schauten entsprechend selbstbewusst in die Kamera. Waren die Arbeitsplätze weni-
ger attraktiv oder gering angesehen, was vor allem auf die Saisonarbeit zutraf, ist das an
der Mimik und Körperhaltung ablesbar. Mit expandierenden Absatzmärkten und Einstieg
in die Massenproduktion nahm die Bedeutung von Investitionen in rationelle Maschinen
zu. Das veränderte auch den Fokus der Industriefotografie. Gesellschaftliche Werthaltun-
gen und politische Einflüsse wirkten sich ebenfalls aus. Der Blick auf die Menschen war
1928 ein anderer als 1900, 1965 anders als 1935.
8 Ebd.
9 Vgl. Vera Hierholzer, Nahrung nach Norm. Regulierung von Nahrungsmitteln in der Industrialisierung
1871–1914, Göttingen 2010
10 Siehe Uwe Spiekermann, Warenwelten. Die Normierung der Nahrungsmittel in Deutschland
1850–1930, in: Ruth E. Mohrmann (Hrsg.), Essen und Trinken in der Moderne, Münster 2006, S. 109
11 Familienarchiv, jetzt Hanseatisches Wirtschaftsarchiv: Text der Rede Heinz Appels an die Besucher bei
Betriebsbesichtigungen
Einführung 11
Dabei ist die Recherche zu den Aufnahmen in diesem Buch durchaus von Zufälligkei-
ten bestimmt. Das betrifft den Bestand der archivierten Fotografien in den Unterneh-
men, die in der Regel nicht systematisch erhalten sind,12 und auch die Aufnahmen, die
die Autorin einsehen konnte.13 Sehr treffend bemerkt Karin Hartewig: »Oft wird das
historische Bildarchiv als eine Art Kellermagazin der Pressestelle betrachtet, als zuverläs-
siger Bilderlieferant, wenn Bedarf nach Fotos aus der ›guten, alten Zeit‹ besteht.«14 Eine
Auswahl alter Fotos wird dann dem Anlass entsprechend bearbeitet, hervorgeholt und in
Jubiläumsschriften, für Werbeanzeigen oder in Mitarbeiterzeitschriften veröffentlicht.15
Über die Fotografen vor 1920 ist nur in Ausnahmefällen etwas bekannt. Die Signatur
WR unter Aufnahmen aus dem Pelikanwerk 1906 verweist auf Willi Roerts, der auch
Dampfmaschinen und Lokomotiven für die Hanomag fotografierte.16 Der Berliner Licht-
bildner Franz Stoedtner hat seine Urheberschaft auf einigen Stereotypien aus der Firma
Bahlsen kenntlich gemacht. Im Archiv der Deutschen Fotothek Dresden sind von Stoedt-
ner außerdem zahlreiche Aufnahmen von Pelikan, König & Ebhardt und der Mechani-
schen Weberei Linden erhalten. Sonst sind bis Anfang der 1920er Jahre die Urheber der
hier dokumentierten Fotografien ebenso unbekannt wie ihre Beziehung zum Auftrag-
geber und ihre Gestaltungsmöglichkeiten. Liegen Informationen vor zum Kontext der
Entstehung und den dargestellten Personen und Räumen, werden sie in den Begleittext
aufgenommen.
12 Einführung
2 Positionen zur Industriefotografie
Erst mit dem Niedergang von Branchen industrieller Arbeit erwachte das Interesse an
ihren fotografischen Hinterlassenschaften. Hilla und Bernhard Becher dokumentierten
ab den 1970er Jahren die Monumente der Industriekultur in Nordrhein-Westfalen und
trugen mit ihrer Fotografie zum Erhalt von Industriedenkmälern bei. Mit Funden aus den
Unternehmensarchiven der Schwerindustrie des Ruhrgebietes wurden in den 1980er
und 1990er Jahren eine Reihe von Ausstellungen kuratiert und Veröffentlichungen he
rausgegeben. Reinhard Matz1 und Rolf Sachsse2 kommentierten in mehreren Beiträgen
die Fotografien mit dem Sachverstand des professionellen Fotografen. Industriefotogra-
fie ziele, so ihr unternehmenskritisches Narrativ, vor allem auf Kontrolle, Disziplinierung
und Repräsentation und beschönige die tatsächlichen Ausbeutungsverhältnisse. Matz
urteilte über die von ihm durchgesehenen Fotos aus Archiven der Schwerindustrie des
Ruhrgebiets: »Jeder persönliche Ausdruck und alle individuellen Reaktionen werden
durch die Einordnung der entsprechenden Fotografie in übergeordnete Repräsenta
tionszusammenhänge enteignet und erscheinen als werbewirksamer Eindruck des
Unternehmens. Derart entindividualisiert werden die Menschen zur leeren Projektions-
fläche für die Vorstellungen, mittels derer es der Industrie im Rahmen der Fotografie
gelingt, ihre destruktiven Momente nicht nur zu kaschieren, sondern womöglich noch
ins Positive zu kehren.«3 Danach beutet der Unternehmer die Arbeiter nicht nur aus, er
eignet sich obendrein ihr Bild am Arbeitsplatz an.
Die Projektgruppe um Matz hat »vielleicht eine halbe Million Fotos« vor allem aus den
Archiven von Thyssen, Haniel und Krupp durchgesehen. Unter den zahlreichen Fotos von
© Verlag Kulturstiftung Ruhr, Essen
stellung nach außen und das Bildprogramm.12 In den Archiven fand Rahner sowohl die
»Präsentation der schieren Größe, Vielfalt, Präzision der Produkte, Fortschrittlichkeit
und Rationalität der Arbeitsorganisation, aber auch Fürsorge für und Kontrolle über
die Beschäftigten. Nach innen gegenüber den Mitarbeitern sollten die Fotos integrie-
rend wirken, Stolz auf die eigene Firma erzeugen und die Zugehörigkeit zur Betriebs-
familie stärken.«13 Da die Konvolute der Hamburger Ausstellung aus verschiedenen
Zeiten stammen, lassen sich wohl gewisse epochentypische Merkmale erkennen,
005 Entparaffinierungs eine historische Entwicklung ist daraus aber nicht ablesbar. Der Betrachter kann nicht
anlage im Shell-Werk, unterscheiden, was unternehmenstypisch bzw. was zeittypisch ist. Eine historische
1940er Jahre Längsschnittbetrachtung fehlt bisher, aus der man ablesen könnte, wie sich in einzel-
nen Unternehmen im Verlauf des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wandels die
Bildkonzepte verändert haben.
Der Katalog »Arbeitswelten« aus bayerischen Archiven zeigt wie die Hamburger Fotos
eine Vielfalt von Fotos aus unterschiedlichen Branchen – auch mit Arbeitern im Bild.
Dennoch übernimmt Eva Moser in ihrem Vorwort die Lesart von Matz, Sachsse und
Tenfelde, wonach »in der Frühzeit der Industriefotografie Arbeiter eine unterge-
ordnete Rolle [spielten]«.14 Das Foto eines Arbeiters im Münchener Löwenbräu
aus dem Jahr 1910 in dem Katalog fügt sich nicht in die zitierte Aussage. Der ins
Zentrum des Bildes gerückte Arbeiter an der Flaschenabfüllanlage für Bier schaut
ernst und etwas melancholisch in die Kamera. Auch wenn möglicherweise eine
© Bayer. Wirtschaftsarchiv
neue Abfüllanlage Anlass für das Foto gewesen sein mag, strahlt der Mann, der
sie bedient, eine eigene Würde aus.
Alf Lüdtke wiederum ist der Auffassung, dass Fotografie in kleineren Fir-
men vor und nach 1900 »im Alltagsbetrieb von Produktion und Vermarktung
kaum Verwendung«15 gefunden habe. Lüdtke, lange in Hannover tätig, hat sich
Fotografien der Hanomag angesehen,16 sich aber mit der mittelständischen
006 Arbeiter an einer halb Konsumgüterindustrie offenbar nicht befasst. Die Industriefotos des Großbetriebes
automatischen Flaschen- Hanomag entsprechen dem gängigen Muster der Fotografie in schwerindustriellen
abfüllanlage um 1910,
Großbetrieben.
Löwenbräu AG München
Horst-Dieter Görg und Alfred Büllesbach haben Restbestände des Hanomag-Archivs
gesichtet, eine Fotodokumentation herausgegeben17 und festgestellt, dass sich unter
den noch vorhandenen Bildern der Hanomag nur sehr selten Aufnahmen von einzelnen
18 Ebd., S. 15
19 Ebd., S. 5
20 Alf Lüdtke, Industriebilder, 1993, S. 395
21 Ebd., S. 413
22 Diesen Hinweis gab Jens Jäger, Mail an die Autorin vom 9. 3. 2021.
23 Ralf Stremmel, Industrie und Fotografie. Der ›Bochumer Verein für Bergbau und Gussstahlfabrikation‹
1854–1926, Münster 2017, S. 36
24 Ebd.
Sprengel 1901 zeigt die Arbeiterinnen der Abteilung, die auf ihre ›Directrice‹ schauen,
bei Sprengel eine selbstbewusst wahrgenommene Vorgesetztenposition (Abb. 87). Uhl
merkt dazu an: »Das Bildmotiv repräsentiert Ordnung und Hierarchie. […] Die Bildbe-
schriftung des Fotos dieses Arbeitsraums gibt an, dass es sich um die Abteilungsleiterin
und ihren Nachfolger handelt. Außerdem sind zwei weitere Männer im Bildhintergrund
009 Stollwerck-Arbeite- zu erkennen. Es war dem Unternehmen also wichtig, die gründliche Überwachung der
rinnen 1922 an Karamell Arbeiterinnen auf dem Foto festzuhalten.«27 Uhl schließt aus diesem Foto auf eine von
einschlagmaschinen Männern dominierte Hierarchie, obwohl die später zugefügte Bildunterschrift aus-
drücklich auf die »mütterliche Vorgesetzte« verweist, von »Überwachung« keine Spur.
Auf einem Foto von Arbeiterinnen an einer Kakaolesemaschine aus dem Jahr 1921
meint er den »kontrollierenden Blick des Meisters auf das Zwischenprodukt« wahrzu-
nehmen.28 Der Blick des Mannes ist aber nicht auf die Arbeiterinnen oder die Bohnen
gerichtet, sondern auf die mit Kakaobohnen gefüllte Tonne, die auszuwechseln ist. Die
leere Tonne steht schon bereit.
Marianne Bieger-Thielemann nähert sich der Industriefotografie29 mit der Fragestel-
lung, ob diese, wiewohl Auftragsfotografie, als Kunst anzusehen ist, und nimmt sie erst
zu einem Zeitpunkt in den Blick, als bekannte Fotokünstler Aufträge aus der Industrie
erhielten. Allerdings steht der künstlerische Gehalt der Fotografien für die Unternehmen
nicht an erster Stelle. Auch wenn sie in den 1930er Jahren an bekannte Fotokünstler
Aufträge vergaben, handelte es sich um Gebrauchsfotografie, die sie für Werbung, Be-
triebsbindung und das angestrebte Firmenselbstbild einsetzten. Das galt gleichermaßen
für die Werbegrafik, die – oft zum Leidwesen der Künstler – an Werbewirksamkeit ori-
entiert war, wenn sie auch, z. B. bei Pelikan, Continental und Bahlsen, sehr sehenswerte
Ergebnisse gezeitigt hat. Das von Bieger-Thielemann der Industriefotografie zugeschrie-
25 Ebd.
26 Karsten Uhl, Humane Rationalisierung?, 2014, S. 25
27 Karsten Uhl, Humane Rationalisierung?, 2014, S. 288. Vgl. dazu Abb. 087 (S. 68) in diesem Buch.
28 RWWA 208-0126-4, Karsten Uhl, Humane Rationalisierung?, 2014, S. 293
29 Marianne Bieger-Thielemann, Albert Renger-Patzsch. Der Ingolstädter Auftrag, 1995
30 Ebd., S. 79
31 Jens Jäger, Photographie. Bilder der Neuzeit, 2000, S. 98
32 Ebd., S. 32
33 Ebd.
34 Matz, Industriefotografie, 1987, S. 10
013 (links)
Hermann Bahlsen, um 1905
014 (rechts)
Bahlsen: Privat-Comptoir,
1894
Hermann Bahlsen, Sohn des hannoverschen Tuchhändlers Carl Bahlsen, hatte als Sieb-
zehnjähriger Hannover für eine kaufmännische Lehre in Genf verlassen und arbeitete
danach fünf Jahre im Zuckerhandel in London. Zurück in seiner Heimatstadt, war er als
kaufmännischer Angestellter in den Egestorff’schen Salzwerken und bei der Continental
Caoutschuk Compagnie tätig, bevor er eine Bäckerei in der Friesenstraße übernahm.
Schon sechs Jahre später, 1893, errichtete er seine erste eigene Fabrik mit Standort in
der List, wo die Verwaltung sich noch heute befindet.5 Er ist mit einem Porträt auf den
Veröffentlichungen der Firma präsent. In seinem reich dekorierten Privat-Comptoir und
auf späteren Fotografien aus Kontoren und Fabriksälen ist der Eigentümer dagegen ab-
wesend.6 Einen fotografischen Betriebsrundgang hat Hermann Bahlsen nicht in Auftrag
gegeben. Zwar erschien 1894 ein Artikel über die Cakes-Fabrik mit Fotos von Arbeits
sälen in der Leipziger »Illustrirten Zeitung«, für die Werbung und Produktgestaltung
setzte Hermann Bahlsen aber auf die Zusammenarbeit mit bekannten Grafikkünstlern
wie Änne Koken, Kurt Schwitters und Heinrich Mittag und nicht auf die Fotografie.
7 Redebeitrag Geheimer Regierungsrat von Rosnowski 1914 anlässlich der Eröffnung eines neuen Fabrikgebäudes in Hannover (Familienarchiv,
jetzt ›Hanseatisches Wirtschaftsarchiv‹)
8 Heinz Appel, Einiges über meine Mutter Anna, Lauenstein 1940 (Familienarchiv)
Löns, hannoverscher
Journalist und ›Hei-
dedichter‹, schrieb zu
den Bildern eine an-
schauliche Chronik der
Firmengeschichte. Sie
stellte die großzügigen
Räumlichkeiten und
die Beschäftigten vor
und präsentierte die
aufstrebende Firma
der Öffentlichkeit und
den Kunden.
9 Foto aus: Edwin Hein, 65 Jahre Deutsche Grammophon Gesellschaft, 1963. Dort wird Joseph Berliner als
fotografierte Person genannt. Wikipedia hält seinen Bruder Emil für den Chef auf dem Foto.
10 Waldmar R. Röhrbein, ›Seligmann, Siegmund‹, in: Hannoversches Biographisches Lexikon, 2002, S. 331f.,
bes. S. 332
Fotografien waren auch beliebte Geschenke, die Arbeiter und Angestellte ihrem ver-
ehrten Chef zu einem runden Geburtstag überreichten. Die Arbeiterinnen und Arbeiter
stellten sich zum sechzigsten Geburtstag des Firmengründers für eine Außenaufnahme
auf dem Fabrikhof auf (Abb. 022).
Seit den 1860er Jahren erfreuten sich die sog. ›Visitphotographien‹ großer Beliebtheit
und entwickelten sich zu einem Massenprodukt. Diese Porträts im Format von Visiten-
karten wurden mit einer Vielzahl von
Abzügen angefertigt, gern gesammelt
und getauscht. ›Visitphotographien‹ mit
Porträts von Freunden, Angehörigen oder
achtbaren Persönlichkeiten steckte man
in Bilderalben (Abb. 023), hatte selbst
Freude beim Betrachten und Erinnern
oder verschenkte sie. Das Geschenk des
kaufmännischen Personals an Bernhard
Sprengel entsprach ganz dem Geschmack
der Zeit.
Diese Gewohnheit war so prägend,
dass noch 40 Jahre später die Firma Peli-
kan der gefallenen Betriebsangehörigen
im Stil eines Albumblattes gedenkt. Die
Firma hat ihre Beschäftigten bei ihrem
Eintritt fotografieren lassen. Ab 1922 024 Aus der Werkszeitschrift
sind solche Aufnahmen im Verzeichnis der »Kleine Pelikan« Nr. 16,
des Werksfotografen dokumentiert.11 1919
025 König & Ebhardt: Bahlsen 1954 die alten Dampfmaschinen: »Im Maschinenhaus stehen noch die alten
(Dampf-)Maschinenhaus, Veteranen, die Dampfmaschinen, mit ihren großen 100 Zentner schweren Schwung
1895 rädern. Sie erinnern an die Zeit des Aufstiegs der Firma, deren Gründer schon vor über
40 Jahren die Energieversorgung mit eigenen Maschinen vorzog.«1 Die Dampfmaschi-
ne galt dem Gründer und seinen Nachfolgern als dauerhaftes Symbol des industriellen
028 Sprengel:
Dieselmaschine, 1921
Der Sohn und Nachfolger August Sprengel erwarb 1908 eine neue Dieselmaschine für
den Antrieb. Sie war Teil eines umfangreichen Investitionsprogramms, mit dem der
Gründersohn die Firma auf den modernsten technischen Stand bringen wollte. Sein
5 Noch 1857 wurden in Hannover nur 72 Dampfkessel gezählt, eine sehr geringe Zahl und Zeichen für die
geringe Industrialisierung. Vgl. Kl. Mlynek, W. R. Röhrbein (Hrsg.), Geschichte der Stadt Hannover, Bd. 2,
1994, S. 322
6 RWWA 208-560-1
1 Reinhard Matz, Augenblicke der Erinnerung, in: Theo Horstmann (Hrsg.), Elektrifizierung in Westfalen,
2000, S. 17
2 Zitiert bei Pogge von Strandmann, Krupp in der Politik, in: Tenfelde (Hrsg.), Bilder von Krupp, 1994, S. 183
3 Vgl. Jürgen Hannig, Kruppsche Werks- und Familienfotografie als Quelle, in: Klaus Tenfelde (Hrsg.), Bilder
von Krupp, 1994, S. 279
Die Fotografien in der Festschrift der Geschäftsbücherfabrik wurden nach der damals 038 König & Ebhardt:
hochmodernen Technik der Heliogravüre vervielfältigt, ein fotografisches Edeldruckver- Buchbinderei, 1895
fahren. Diese Vorläufer-Technik des heutigen Tiefdrucks konnte ohne Rasterung feinste
Tonabstufungen erzeugen und wurde vielfach angewandt beim Druck von Faksimiles,
Ansichtskarten und Briefköpfen. Die Firma präsentierte mit der prachtvollen Ausstat-
tung ihrer Festschrift die Leistungsfähigkeit ihrer Abteilungen Lithographie, Lichtdrucke-
rei und Fotografie.
4 Jost Amman, Hans Sachs, Eygentliche Beschreibung aller Stände … [›Ständebuch‹], Frankfurt 1568
7 Klaus Buchholz, Hannover, 1953 bis 1966 Liniierer bei König & Ebhardt, Telefoninterview 12/2019
8 Festschrift König & Ebhardt 1895, S. 19 (Buchbinderei).
Auch heute stehen in den Fabriken oft Maschinen unterschiedlicher Technologien nebeneinander, sei es,
weil die Neuinvestitionen nur nach und nach entsprechend der Abschreibung der alten Anlagen vorge-
nommen werden, sei es, weil die alten für bestimmte Produkte noch gut einsetzbar sind.
Schokoladenmacher Reinhard Petter schwört noch heute auf die alten Conchen vor der Errichtung des
Neubaus der Sprengel-Fabrik 1967 am Brinker Hafen, die speziell geeignet waren für die hochfeinen
Pralinen und die edelbitteren Schokoladen.
13 Interview der Autorin mit Reinhard Petter, Schokoladenmacher, später Geschäftsführer bei Sprengel
14 RWWA F 8008, Brief der Firma Lehmann, Aalen/Westfalen, vom 20. Juni 1951
Mancher mag sich heute an Bonbonautomaten und große Bonbongläser beim Kaufmann
um die Ecke erinnern, in die der Händler griff, um den Kleinen eine Freude zu machen –
billige Massenartikel für jedermann.
Vor 1918 gab es eine erlesene Zielgruppe: Der Kaiserliche Hof hatte beim kaiserlichen
Hoflieferanten B. Sprengel & Co. 400 feine Tafelbonbons bestellt, vermutlich zur Tisch-
dekoration. Die Kalkulation blieb erhalten. 245.– Reichsmark hatte der Hof für die Bon-
bons zu zahlen – das entsprach 10 Wochenlöhnen eines Facharbeiters. Nur 36,10 Mark
entfielen auf die Herstellung, 137 Mark auf aufwändige Verpackung und Zutaten
wie Bilder, Tüllauflagen, Silberpapiere, Silberrahmen und Beutel, bei einer Marge von
72 Mark.16 Die Bonbon-Vielfalt war groß: Sprengel-Preisbücher boten Rettich-, Malz-,
Waldmeister-, Gartenbohnen-, Kartoffel-, Radieschen-, Blumenkohl-, Gurken- und Hage-
butten-Dragees an.
16 RWWA 208-492-1
049 Pelikan: Abteilung Tinte und farbige Tusche, 050 Pelikan: Betriebslaboratorium für Farbenfabrikation,
Wissenschaftliches Laboratorium, 1906 1906
Fritz Beindorff verantwortete als versierter Kaufmann und Vertriebler eine effektive Organisation und erfolgreiche
wirtschaftliche Expansion, als Werbemaßnahme gab er 1906 nach dem Umzug in die neuen Gebäude in der List eine
bebilderte Chronik heraus, für die Hermann Löns den Text schrieb. Die Labore sind darin mehrfach im Bild; die Foto-
grafien aus den Abteilungen Einkauf, Export und ›Propaganda‹ würdigen die Arbeit der ›Beamten‹.
Beindorff beauftragte Willi Roerts mit den Aufnahmen.19 Dieser hatte drei Jahre zuvor Lokomotiven für die
Hanomag fotografiert und nach der Arbeit für Pelikan weitere Industrieaufträge übernommen. Ab 1907 warb er
In den Arbeitssälen ist der Meister – oben im Bild bei der Anfertigung von Notizen – im-
mer visuell präsent. Als unmittelbarer Vorgesetzter und Teil des betrieblichen Manage-
ments koordinierte, regelte und kontrollierte er den Arbeitsprozess und die Tätigkeit der
unterstellten Arbeiterinnen, damit die Produktion möglichst störungsfrei lief. Er berei-
tete die Lohnabrechnungen vor, wertete die Stempelkarten aus und machte dort, wo im
Akkord gearbeitet wurde, die entsprechenden Aufzeichnungen. Bei Pelikan hatten diese
Meister in der Regel eine kaufmännische Ausbildung.21
20 Adressbuch für Hannover, Jg. 1899–1911, Gewerbeverzeichnis Photographen. – Im Archiv der Firma
sind außer der Chronik weitere Fotografien aus derselben Zeit erhalten, vermutlich wurden sie ebenfalls
von Roerts aufgenommen. Einige sind unten abgedruckt.
21 Auskunft Jürgen Dittmer, 1948 bis 2019 bei Pelikan
Mit der Erfindung der Stahlfeder stellte Pelikan auch säurefreie Stahlfedertinte her, später
Blauholz- und Alizarintinte und noch später Kopiertinte.23 Die lichtechte Eisengallustinte
wurde aus Gallusäpfeln gewonnen, die durch den Stich der Gallwespe an E ichen ent-
stehen. Dem Tannin aus den Galläpfeln wird Eisensulfat und Farbstoff zugesetzt.
Das E
isensulfat oxidiert an der Luft, so dass die zunächst blaue Tinte sich schwarz verfärbt.
23 Ebd., S. 15
24 Max Rieck, Die deutsche Chocoladen- und Zuckerwaarenindustrie. Aus der Praxis für die Praxis, Heft 1, Hamburg 1895, S. 62
25 Familienarchiv Appel
Buchhalter prüfen die Eintragungen in den großen Geschäftsbücher-Folianten. Die kauf- 063 Appel: Vergleichsraum
männische doppelte Buchführung, bei der jeder finanzielle Geschäftsvorfall auf mindes- mit Geschäftsbüchern, 1907
tens zwei Konten gebucht wird, ermöglicht eine Plausibilitätskontrolle. Jedem Betrag im
Soll auf einem Konto müssen gleich hohe Beträge im Haben auf anderen Konten entge-
genstehen. Der Vergleich der Eintragungen war ein wichtiger Schutz vor Schreib- oder
Rechenfehlern.
30 Frau Beckmann, 1930 bis 1936 bei Appel, Interview 26. 1. 2012
064 Appel: Fischlagerhalle, zwischen 1900 und 1914 gesuchte Arbeitskräfte. Ihre Zahl nahm im genannten Zeitraum
1907 wegen des enorm gestiegenen Absatzes der deutschen Industrieprodukte um das Zwei-
einhalbfache zu, während die Zahl der männlichen Arbeitskräfte sich nur um ein Drittel
erhöhte. Auf 100 offene Stellen kamen zwischen 80 und 90 Arbeit suchende Frauen.3
Dennoch gab es um 1900 von unterschiedlichen Seiten Vorbehalte gegen die Arbeit
von Frauen in der Industrie, weil sie eine geringer entlohnte Konkurrenz für die Männer
1 Z. B. der Tarifvertrag Sprengel 1903: Wochenlohn Frauen 10 Mk gegenüber 18 Mk für männliche Hilfs
arbeiter (HStAH Dep.105 Acc 2/80, Nr. 601)
2 Verband der Bäcker, Konditoren und Verwandten Berufsgenossen Deutschlands (Hrsg.): Jahrbuch 1910,
Hamburg 1910, S. 106
3 Margit Grabas, Konjunktur und Wachstum in Deutschland von 1895 bis 1914 (Schriften zur Wirtschafts-
und Sozialgeschichte. Band 39), Berlin 1992 [www.gesis.org/home]
Arbeiterinnen gesucht 55
bedeutete, vielfach als ›sittlich gefährdend‹ angesehen wurde4 und auch weil die öko-
nomische Unabhängigkeit durch eigene Arbeit nicht jedem gefiel. Dass in den Unter-
nehmen der Konsumgüterindustrie so viele Fotografien von Frauenarbeit erhalten sind,
könnte mit der Knappheit von weiblichen Arbeitskräften zusammenhängen. Sie warben
mit angenehmen Arbeitsplätzen.
4 Emma Ihrer, Die Arbeiterinnen im Klassenkampf. Anfänge der Arbeiterinnen-Bewegung, ihr Gegensatz
zur bürgerlichen Frauenbewegung und ihre nächsten Aufgaben. Hamburg 1898, S. 10
5 Annemarie Schmidt, Die Arbeiterinnenfrage in der nordwestdeutschen Fischindustrie, 1929, S. 45
56 Arbeiterinnen gesucht
Arbeitsfreude gab es nur bei den äl-
teren Frauen. Bei jüngeren Mädchen
kann man stets eine innere Abwehr
gegen die schmutzige Arbeit fest-
stellen und den Wunsch, möglichst
nur vorübergehend hier beschäftigt
zu sein.«6
Wegen der unregelmäßigen
Anlandungen der Heringe und der
schnellen Verderblichkeit der Fische
war die Arbeit in der Fischindustrie
eine ausgesprochene Saisonarbeit.
1910 waren in der Gewerbeord-
nung als Ausnahmeregelung noch
13 Stunden am Tag möglich, bei
Appel arbeiteten die Fischfrauen
bis zu 10 ½ Stunden täglich. Zuver-
lässige Frauen konnten zur Vorar-
beiterin aufsteigen und waren dann
durchgehend und nicht mehr nur
als Saisonkräfte beschäftigt.
6 Die Fischwaren und Feinkostindustrie. Fachblatt für alle Zweige der Fischverwertungstechnik, Hrsg. Peter Biegler, Hamburg-Altona 1930,
S. 69
7 Zitiert nach Lüdtke, Gesichter der Belegschaft, S. 82
Arbeiterinnen gesucht 57
Karl Hornemann, der Gründer der Pelikanwerke, hat in den 1860er Jahren acht bis zehn
junge Mädchen beschäftigt. Drei bis vier junge Frauen pressten die Farben. »Geschickte
Mädchen konnten« – schreibt Hermann Löns 1906 zu ihrer Arbeit – »neben dem Ausein-
anderbrechen und Einordnen etwa tausend Farben am Tag pressen. Sie besorgten neben-
bei auch noch das Einlegen in die Farbkasten.«8 Sie verdienten einen Taler in der Woche,
also 52 Taler im Jahr. Zum Vergleich: Der Chemiker – und spätere Firmenchef – Günther
Wagner erhielt 400 Taler. 1875 wurde eine erste Maschine zum Pressen der Farben auf- 067 (links) und 068 Pelikan:
gestellt. »Sie verursachte viel Unglück durch Abhacken von Fingern.«9 Günther Wagner Farben reiben, 1906
verlor selbst ein Glied des Zeigefingers, als er einen Arbeiter anlernen wollte. »Einer Arbei- Mit einem Glaszylinder
terin, die heute noch im Hause beschäftigt ist, ist der Finger immer kürzer geworden«10, werden die Farben auf der
schrieb Löns in der ›Pelikanchronik‹. In den 1870er Jahren beschäftigte die Firma Gün- Glasplatte gerieben und
ther Wagner vier Farbenreiber, die wegen »ziemlich bedeutender Forderungen, die nicht gleichzeitig gemischt.
bewilligt wurden«11, streikten und offenbar die Firma verließen. Daraufhin wurden zum
ersten Mal Frauen für diese Arbeit eingestellt. Farbmühlen erleichterten die Arbeit.
58 Arbeiterinnen gesucht
069 Pelikan: Frau stanzt Farbsteine aus, 1900
Arbeiterinnen gesucht 59
070 (oben) Pelikan: Füllen von Farbtuben, 1906
60 Arbeiterinnen gesucht
072 (unten) Bahlsen: Arbeiterin
an einer Ausstechmaschine für die
Leibnizkekse, um 1912
12 Manuskripttext, Bahlsen-Archiv
Arbeiterinnen gesucht 61
Die weiblichen und männ-
lichen Mitarbeiter kamen
sich oft auch persönlich nä-
her. »Poussieren« war aller-
dings von Heinz Appel nicht
gern gesehen. Die Appel-
Geschäftsordnung aus dem
Jahr 1914 verfügte: »Die
persönlichen Beziehungen
dürfen im Geschäfte nie
hervortreten […] Es sind vor
allen Dingen nicht ge-
schäftliche Unterhaltungen
zwischen weiblichen und
männlichen Angestellten
stets ganz unbedingt zu
vermeiden.«13 Trotzdem ha-
ben natürlich viele Beschäf-
tigte ihren Lebenspartner
in der Firma gefunden.
62 Arbeiterinnen gesucht
076 Appel: Mahlen der Gewürze, 1907 077 Appel: Mahlen der Pasten, 1907
078 Mechanische Weberei Linden: Sammetschneideraum, 079 Mechanische Weberei Linden: Sammetschneide-
ca. 1900/12 maschine, ca. 1900/12
Ein weiterer Bereich der Frauenarbeit hatte seine Wurzeln in der traditionellen Haus-
arbeit. Das Nachsehen und Stopfen der Stoffe in der Weberei gehörte dazu, ebenso das
Aufschlagen der Eier, das Mahlen der Gewürze und Pasten bei Appel Feinkost.
Arbeiterinnen gesucht 63
080 Mechanische Weberei Linden: Nachsehen
und Stopfen der Stoffe, ca. 1900/12
64 Arbeiterinnen gesucht
7 Directricen
und weibliche Handlungsbeflissene
Es sind nicht nur ungelernte Arbeiterinnen, sondern auch gut ausgebildete Frauen im
Bild. Sie wurden zunehmend im Kontor als selbstbewusste Mitarbeiterinnen geschätzt.
Von der späteren Direktorin Martha Hohmeyer wird folgende Anekdote erzählt: Sie wur-
de als junge Frau von Hermann Bahlsen getadelt, weil sie einen Bindfaden zerschnitt,
statt ihn aufzulösen. » ›Wir knüpfen die Verschnürung auf, jedes Stück Bindfaden kostet
Geld.‹ Die schlagfertige Antwort nach kurzer Überlegung: ›Wie Sie wünschen, Herr
Bahlsen, ich hatte geglaubt, daß heute gewonnene Zeit noch kostbarer sei, als ein Stück
Bindfaden.‹ Es ist ebenso bezeichnend für sie, daß sie die schlagfertige Antwort gab, wie
für Hermann Bahlsen, daß er die Antwort respektierte und bei der jungen Kontoristin ein
Wesentliches erkannte: die Fähigkeit zum selbständigen Denken.«1 Hermann Bahlsen
erteilte ihr und Dora Thieme 1919 Prokura, beide wurden 1923 Vorstandsmitglied.
Im linken Bild im Vordergrund ein Lehrling an der Kopierpresse; er musste den mit Tinte geschriebenen Brief zwischen
zwei Spezialpapiere schieben, eine Gummimatte unterlegen, das Paket in einer handbetriebenen Presse festklemmen
und dann kurbeln.
3 Ida Kisker: Die Frauenarbeit in den Kontoren einer Großstadt. Eine Studie über die Leipziger Kontoristinnen, Tübingen 1911, S. 20
Bei Bahlsen und Sprengel waren Frauen oft über Jahrzehnte als Directricen (Abteilungs-
leiterinnen) tätig.6 Sie hatten eine wichtige Vorgesetztenfunktion und leiteten – bei
Sprengel zusätzlich zu der Ehefrau und den Schwestern des Gründers – weibliche Ar-
beitskräfte an.
4 Ebd., S. 128
5 Jahrbuch Handelskammer Hannover, 1902, S. 46; zitiert nach Albert Lefèvre, 100 Jahre Industrie- und
Handelskammer Hannover, 1966, S. 188
6 Vgl. Bahlsen 1889–1939, passim
»Schokoladenformkeller
Leiterin Frau Hoppe (im karier-
ten Kleid und heller Schürze)
im Vordergrund rechts von der
Lampe Anna Rabe, das ›eiserne
Pferd‹.«8
7 Vgl. dazu die Sichtweise von Karsten Uhl; siehe oben Kapitel 2 »Positionen zur Industriefotografie«, S. 17
8 RWWA 208 F8205
Sieben Jahre nach dem ersten Foto aus der Senffabrikation gab H. W. Appel erneut eine Fotoschrift heraus. In der
Zwischenzeit war kräftig investiert, neu gebaut und erweitert worden. Diese Investitionen und Gebäude ins Bild zu
rücken, war Ziel der gedruckten Schrift.
Die arbeitenden Menschen rückten in
den Hintergrund. Warum? »Die blanken
Maschinen für das neuzeitliche Nah-
rungsmittelgewerbe […] sind nicht nur
billiger und geschickter, sondern auch
reinlicher als der sauberste Arbeiter. Ihr
stählerner Leib und ihre harten, hurtigen,
blitzenden Arme und Finger sind kein
Nährboden für Fäulnispilze und krank-
heitserregende Bakterien«3, betont der
begleitende Text. Er personalisiert die
Maschinen und entwertet die mensch-
liche Arbeit. Diese Bedeutungsverschie-
bung prägt die wirtschaftlichen Entschei-
dungen und Bildkonzepte bis Ende der
1920er Jahre.
2 Ebd.
3 ›Appels Delikatessen überall gegessen‹, Hrsg. H. W. Appel, Hannover 1914
Sieben Jahre später hat sich die Technik weiterentwickelt. Öl und Essig wurden über
ein Rohrleitungssystem transportiert und automatisch der Eigelbmasse tropfenweise
zugefügt. Der gewachsene Umfang der Fabrikation auf 50 Rührmaschinen wird in der
Beschriftung eigens stolz vermerkt. Die Mitarbeiterinnen sind nun von hinten fotogra-
fiert und nicht mehr als Individuen identifizierbar. Einheitliche weiße Kleidung steht für
Sauberkeit und Hygiene. Fünfzehn Jahre später fehlen auf dem Foto zum 50-jährigen
Jubiläum die Menschen ganz. Der 1905 eingetretene Sohn des Gründers, Heinz Appel,
entwickelte einen anderen Führungsstil als der Vater. Effektive Produktion und Organisa-
tion waren ihm wichtig.
Der Gründer der Schokoladenfabrik Bernhard Sprengel starb 1902, sein Sohn August
plante umfangreiche Investitionen in den Maschinenpark. Ohne Zustimmung der
Mitgesellschafter konnte er aber finanzielle Entscheidungen zum Kauf von Maschi-
nen nicht treffen. In jährlichen Berichten informierte er die Familienmitglieder über
den Geschäftsgang und warb: »Es sind Mittel nötig zur Aufstellung von Arbeits- und
Kraftmaschinen. Ich fordere die Gesellschafter auf, sich den Betrieb einmal anzusehen
und sich persönlich zu überzeugen, welche Fortschritte in der Fabrikationsweise gegen
früher gemacht sind.«4 Die Fotos der neuen Maschinen dokumentierten den Fortschritt.
»Stillstand gibt es nicht.«5
6 Walter Schwädtke, Die Schokoladenfabrikation Mauxion. Musterbetriebe Deutscher Wirtschaft 1931, über Gießmaschinen S. 29
9 Bahlsen 1889–1939, S. 40: »Bahlsen hat sie [die Fließarbeit] in seinem Betrieb im Jahre 1910 eingeführt«;
dagegen Bahlsen 1889–1964, S. 15: »So konnte […] schon 1905 die erste Fließ-Förderanlage aufgestellt
werden, mehrere Jahre also bevor Henry Ford diesen Vorläufer des Fließbandes zur Automontage in
Amerika einsetzte.«
10 Bahlsen 1889–1964, S. 15
11 Vgl. auch Jürgen Bönig, Zur Einführung von Fließbandarbeit in Deutschland bis 1933, S. 616ff., mit Aus-
führungen zum Einsatz von Fließförderung bei Bahlsen.
12 So z. B. Uhl, Humane Rationalisierung?, 2014, S. 41 und 293
13 Interview mit Karl-Heinz Brede, in: Huttenlocher, Sprengel, 2016, S. 242
Feierabendbilder 77
Das Feierabendmotiv wurde zu der Zeit, als die Fotos entstanden, wiederholt
auch Gegenstand der sozialkritischen Malerei. Edvard Munch malte 1913 ›Arbeiter
auf dem Heimweg‹ (s. Abb. 107), gestaltet als Arbeiterzug, um den Klassencha-
rakter zum Ausdruck zu bringen, kommentiert Klaus Türk dieses Bild. Baluschek,
der der ›Neuen Sezession‹ in Berlin angehörte, hat 1900 müde ›Proletarierinnen‹
(s. Abb. 108) auf dem Heimweg im Bild festgehalten. Türk sieht darin den Versuch,
ein »authentisches Bild proletarischer Lebenswirklichkeit zu zeichnen.«4 Den
Künstlern stand wie den Kommunisten 1931 am Feierabend der Anblick erschöpfter
Proletarier vor Augen. 107 Munch, 1913
Auch der Malergeselle und Arbeiterdichter Gerrit Engelke aus Hannovers Nord-
stadt verfasste kritische Zeilen:
»Die Fabrik5
[…]
Tausend Mann, Schicht um Schicht, Bis der Pfiff heiser gelt:
Saugt die laute Arbeits-Hölle auf. Aus offnem Tore strömen dann
Zwingt sie all in harte Pflicht Mädchen, Frauen, Mann und Mann –
Stunde um Stunde. Blasses Volk – müde – verquält – […]« 108 Baluschek, 1900
109 Sprengel: Vor dem Fabrikeingang, 1901 – Pförtner Seelemeyer in Uniform, Kuno, der
Bernhardiner des Chefs, und »vorn rechts der kleine Stift Ernst Rudolf« bildeten in einer Gruppe
von Mitarbeitern vor dem Eingang der Firma den Abschluss der Bilderreihe von 1901.
4 Vgl. zu diesem Absatz Klaus Türk, Bilder der Arbeit, 2000, S. 206f.
5 Zit. nach Henning Rischbieter, Hannoversches Lesebuch, Bd. 2, Velber 1978, S. 183
78 Feierabendbilder
110 Arbeitsschluss
bei Pelikan, 1906
(Foto der Lichtbild
anstalt Stoedtner)
Künstler neigen zur Dramatisierung sozialer Beziehungen, die Fotografien der Unternehmer dazu,
diese zu schönen. Die Beschäftigten selbst haben die Arbeitssituation unterschiedlich wahrge-
nommen, bei vielen war der Stolz auf die Firma und ihre Arbeit stärker als das Ausbeutungsnarra-
tiv der Kommunisten.
Feierabendbilder 79
111 Schichtwechsel Continental, 1921 (Fotografie Willi Roerts)
80 Feierabendbilder
10 Soziale Betriebsarbeit
112 Bahlsen: Kantine der Pelikan, Bahlsen, Continental und Appel hoben in ihren Veröffentlichungen und Foto-
Arbeiterinnen, veröffentlicht grafien nach der Jahrhundertwende die sozialen Leistungen für die Belegschaft hervor.
in: »Dies Blatt gehört der Teilweise mag es in der Person des Eigentümers gelegen haben, sich fürsorglich um
Hausfrau«, 27. 20. 1912 die Belange ihrer Mitarbeiter zu kümmern. Anna und Heinrich Wilhelm Appel kamen
aus einem Pfarrershaushalt und lebten nach den Grundsätzen christlicher Nächsten
Foto und Ort der Veröffent-
liebe. Anderen erschien es als Gebot der Vernunft, ihren Arbeitskräften eine angenehme
lichung sind von dem Motiv
bestimmt, unter den Haus- Arbeitsumgebung zu schaffen und Streikbewegungen entgegenzuwirken. Seit Mitte
frauen Arbeiterinnen für die der 1890er Jahre sahen sich viele Firmen mit einer starken Fluktuation der Arbeitskräfte
Tätigkeit in der Keksfabrik zu konfrontiert.1 Freiwillige soziale Leistungen konnten die Stammarbeiterschaft an den
gewinnen. Betrieb binden.
Soziale Betriebsarbeit 81
113 (oben) Appel: Kantine,
1914
Die Fabrikanten präsentierten ihre sozialen Leistungen wie Kantinen, B äder und Ruhesäle. Die Präsentation sanitärer
Anlagen war auch eine Antwort auf die im ausgehenden 19. Jahrhundert einflussreiche Hygienebewegung. Die Indus-
trie hatte arbeitssuchende Menschen in die Städte gelockt, die Verstädterung führte zu elenden Armutsvierteln, Woh-
nungsnot und zu einer allgegenwärtigen Seuchengefahr.
Mediziner entdeckten den Zusammenhang von Schmutz
und Krankheitskeimen, findige Unternehmer entwickel-
ten Produkte der persönlichen Hygiene wie Mundwässer,
Seifen und Shampoos mit antiseptscher Wirkung. Hygie-
neausstellungen – 1882 in Berlin und 1911 in Dresden –
klärten Millionen von Besuchern auf über die Notwendig-
keit täglicher Körperpflege, regelmäßigen Händewaschens
und wöchentlichen Duschens oder Badens. Die Chole-
ra-Epidemie in Hamburg 1892 mit 8600 Toten wirkte als
zusätzlicher Weckruf für Sauberkeit und Hygiene. 1912
wurde in Dresden das noch heute bestehende Hygiene
museum gegründet. Initiiert hatte Ausstellung und
Museum der Odol-Fabrikant Karl-August Lingner. Fotos von
Duschen, Wasch- und Baderäumen demonstrierten, wie
wichtig den Unternehmen die persönliche Hygiene der Be-
schäftigten war. Mit der Einrichtung von Kantinen konnten
die Firmen bei knapper werdenden Arbeitskräften auch
Männer und Frauen mit längerem Anfahrtsweg gewinnen.
82 Soziale Betriebsarbeit
115 (links) Pelikan:
Dusche, 1906
Etwas aus dem Rahmen fällt das Foto aus der Firma Pelikan. Hier haben die Ideen der
Lebensreform, die Natürlichkeit, gesunde Lebensweise und die Schönheit des nackten
Körpers priesen, Eingang in das Buch
gefunden.2
Die Pelikan-Badeordnung aus dem
Jahr 1900 sah vor, dass einmal in der
Woche während der Arbeitszeit geba-
det werden durfte und eigene Badeein-
richtungen für Mitarbeiter zur Verfü-
gung standen, die »schwarz angesetzt«
hatten.3
Die Firma Appel warb 1914 mit hygie
nischen Arbeitsbedingungen: »Mit
117 Bahlsen: Duschen, 1912 Rücksicht auf die Käufer erließ die
Firma eine Arbeitsordnung, die das wöchentliche Reinigungsbad für alle mit der Her-
stellung von Nahrungsmitteln betrauten zur sorgfältig überwachten und bezahlten
Pflichtarbeit macht.« Dafür standen »10 mit weißen Fliesen ausgelegten Baderäume zur
Verfügung«.4 Gleichzeitig half es den Arbeiterinnen, die um 1900 in der Regel kein Bad in
ihrer Wohnung hatten.
2 Vgl. Klaus Wolbert (Hrsg.), Die Lebensreform. Entwürfe zur Neugestaltung von Leben und Kunst um 1900,
Darmstadt 2001
3 »Rund um den Pelikan‹. Werkszeitschrift, 1951–1959
4 Appel, maschinenschriftlicher Bericht zum 25. Jubiläum 1914, Familienarchiv
Soziale Betriebsarbeit 83
Continental hatte »mit unmittelbarer Leitung nach den einzelnen Arbeitsstellen eine 118 Continental: Eine
Anzahl von Kaffeeküchen [eingerichtet] und gab den Kaffee kostenlos ab«.5 Für die heiße Betriebskaffeeküche, 1921
Jahreszeit nahm die Firma die Herstellung von Brausewasser für Arbeiter und Ange- Fotografie Willi Roerts
stellte auf. 1 000 Angestellte konnten mit Arbeitgeberzuschuss preiswert in der Kantine
essen.
84 Soziale Betriebsarbeit
119 Bahlsen: Nähstube Die Fabrik war nicht nur Ort der Arbeit, oft verbrachten die Beschäftigten auch ihre
Freizeit miteinander, z. B. im ›Gesangverein Pelikan‹ und in der ›Appel’schen Liedertafel‹,
in der auch der Juniorchef mitsang. Ausflüge in die nähere Umgebung mit Spaziergän-
gen und gemeinsamem Essen sorgten ebenfalls für Zusammenhalt. Die Firma Bahlsen
richtete eine Nähstube ein. Dort gab es Nähkurse und für die Frauen die Möglichkeit,
sich selbst ihre Kleidung zu schneidern.
Soziale Betriebsarbeit 85
Günther Wagner stellte 1906 zur Beratung und Unterstützung der Arbeiterinnen im
Krankheitsfall eine Sozialfürsorgerin ein, Bahlsen 1911 zwei Frauen. Teilweise übernah-
men Frauen aus der Inhaberfamilie oder nahestehende Verwandte soziale Aufgaben im
Betrieb.
Bei Appel begann die Frau des Gründers Anna Appel sich um Arbeiterinnen zu kümmern, 120 Pelikan: Sozial
die Hilfe brauchten, und kochte auch für kranke Mitarbeiterinnen und deren Kinder sekretariat, 1906
warmes Essen.6 1922 stellte Appel eine Fürsorgerin ein. Heinz Appel hatte später seine
älteste Tochter für diese Tätigkeit vorgesehen, die aber bei ihrem Praktikum im Wohl-
fahrtsamt der Stadt Hannover ihren späteren Ehemann Werner Blunck kennenlernte,
heiratete und nicht in die Firma eintrat. Fritz Beindorff bat seine Schwiegertochter
Martha 1925 nach einer verletzten Arbeiterin zu sehen. Daraus entwickelte sich ein le-
benslanges ehrenamtliches Engagement in der Fürsorge für die Beschäftigten.7 »Sie war
außerordentlich beliebt«8, erinnert sich Jürgen Dittmer, 50 Jahre Pelikanmitarbeiter.
86 Soziale Betriebsarbeit
11 Fahrzeuge und Fahrer
Die Geschichte des Lastkraftwagens beginnt um 1895. Anders als der Pkw, der von der
mondänen Gesellschaft begeistert aufgenommen wird, sind die Fabrikanten anfangs sehr
skeptisch, in selbstfahrende Lastwagen zu investieren. 16 Hersteller haben in Deutsch-
land 1901 gerade mal 39 Lkws produ-
ziert. Seit 1908 subventionierte die
deutsche Armeeführung die Einfüh-
rung von zivilen Motorlastwagen, um
sie im Kriegsfall beschlagnahmen und
für militärische Zwecke einsetzen zu
können. Sie schrieb technische Stan-
121 (rechts) »Kraftwagen dards vor und gewährte den Käufern
der Firma Günther Wagner, 4 000 Reichsmark Beschaffungsprämie
seit Kriegsausbruch im sowie bis 1 000 Reichsmark Betrieb-
Felde« (Werkszeitschrift ›Der sprämie. Die staatliche Subvention war
Pelikan‹, 1916) erfolgreich: Die Produktion stieg bis
1914 auf knapp 10 000 Fahrzeuge pro Jahr.1 Wie heute setzten sich Neuerungen oft erst
122 Sprengel: Fabrikhof mit mit staatlicher Unterstützung am Markt durch. Jahrzehntelang übernahmen die neuen
Pferdefuhrwerk, 1901 Lkws zusammen mit den traditionellen Pferdefuhrwerken den regionalen Verteilerver-
kehr. Sie fuhren die Waren zum nächsten
Bahnhof und zu den Kunden, während die
Bahn die industriellen Zentren miteinander
verband.
Der Blick auf den Fuhrpark im Fabrikhof wurde ein beliebtes Fotomotiv.
3 Hellmuth Ulienowski, Geschäftswagen und Graphiker, in: Zeitschrift für Gebrauchsgrafik Jg. 4, 1927,
Nr. 1, S. 77
Die Lastwagenflotte war in den 1920er und 1930er Jahren der Stolz einer Firma wie
40 Jahre früher die Dampfmaschine. Die Fahrt der großen Lkws schilderte eine Spren-
gel-Werbeschrift: »Es entbehrt nicht der Romantik, wenn diese Kolonnen donnernd und
fauchend durch das Fabriktor einrollen, hochbeladen mit den Produkten ferner Zonen, die
mit ihren östlichen Aromen einen Hauch der Fremde hereintragen.«4 »150 PS«-Lkws von
Bahlsen und Feinkost-Appel waren als rollende Reklame unterwegs.
Die Mitarbeiterzeitung warb 1970 mit Wort und Bild für gute
Zusammenarbeit mit den ausländischen Kollegen.6
137 Das neue Bahlsen- funktional waren, sondern auch ästhetischen Ansprüchen genügten. Industriebauten
Verwaltungsgebäude in der hatten um 1900 den Ruf, düster und hässlich zu sein. Dem wollten die Fabrikanten der
List, Farbzeichnung von Konsumgüterindustrie, die sich daran machten, eine Marke zu entwickeln, entgegen
Änne Koken, 1911 treten. Hermann Bahlsen, Fritz Beindorff und Heinz Appel waren im Deutschen Werk-
bund aktiv und verfolgten die Idee, beim Bauen und Werben Kunst und Wirtschaft
zusammenzubringen.
1 Peter Behrens, Werbende Künstlerische Werte im Fabrikbau, in: Das Plakat 1920, Heft 7, S. 273
2 Martin Mosebach, Stimmen einer Stadt oder der Versuch, Hannover wahrzunehmen, in: FAZ Magazin,
27. 2. 1988, S. 26f.
3 »Wille und Weg«, in: J. C. König & Ebhardt (Hrsg.) Geschäftsbücherfabrik, Buch- u. Steindruckerei London,
Hannover, Wien, Hannover 1895
4 Klaus Tenfelde, Geschichte und Fotografie bei Krupp, In: Klaus Tenfelde (Hrsg.): Bilder von Krupp, 1994,
S. 313
5 Reinhard Matz, Industriefotografie, 1987, S. 130
Bis in die 1930er Jahre blieb die Darstellung des Fabrikgeländes von Weeser-Krell aus
der Vogelperspektive bei Hannovers Fabrikanten beliebt. Heinz Appel und Fritz Beindorff
beauftragten die in Österreich ansässige Kunstanstalt mit einer repräsentativen Ge-
samtsicht auf das Werk. Ferdinand und sein Vater Jakob Weeser-Krell galten als bedeu-
tende Vertreter der Industriemalerei.
142 Appel: Fabrikgelände
aus der Vogelperspektive,
dargestellt von Weeser-Krell,
1925
7 Marianne Bieger-Thielemann kritisch zu den »repräsentativen Ansprüchen von Auftraggebern«, in: Bieger-Thielemann, Albert Renger-
Patzsch. Der Ingolstädter Auftrag, 1995, S. 40.; ebenso Reinhard Matz, Industriefotografie, 1987, S. 130
Der Fabrikbau von B. Sprengel & Co., den der Gründersohn August Sprengel 1898
in der Schaufelder Straße errichten ließ (ohne Abbildung), ist ein funktionaler Nutz-
bau und ähnelt den Kasernenbauten in der Nachbarschaft. Die Kunstleidenschaft
Für die Neubauten der 1950er und frühen 1960er Jahre beauftragten die Fabri-
kanten renommierte Architekten und knüpften an die ästhetischen Ansprüche der
151 Continental:
Firmengebäude, 1953
157 Sprengel: Tanks für die › Sprengelwerke‹ in Bewegung zu halten. […] In den weiten Arbeitssälen, in denen alles
Schokoladenmasse, 1921 nach den Gesichtspunkten produktiver Technik und den Erfordernissen äußerster Wirt-
schaftlichkeit angeordnet ist, herrscht emsiges Leben. Wohin das Auge dort auch trifft,
überall erhält es den Eindruck blendender Sauberkeit. […] Rastlos ist die Firma Sprengel
7 Martin Voigt, Musterbetriebe Deutscher Wirtschaft. Die Zigarettenindustrie Reemtsma, Berlin 1928,
Vorwort des Verlags
8 Ebd., S. 9
9 Ebd., S. 6
10 Bieger-Thielemann, Albert Renger-Patzsch. Der Ingolstädter Auftrag, 1995, S. 9
Die Fotos von Hoppé (Abb. 165 und Abb. 166) gehören
zu jenen ästhetisch komponierten Detailansichten des
Maschinenzeitalters, die Menschen nur schemenhaft,
oft bewusst unscharf, zeigen, während die Maschinen
gestochen scharf sind. Der Kontrast von scharfkonturier-
ter Maschine und verschwommener Arbeiterin erinnert
an die frühen Industriefotos um 1900, als Bewegung
nur unscharf fotografiert werden konnte. Hier aber ist
es ästhetisches Programm. Auch der Conti-Arbeiter ver-
schwindet als undeutliche Figur hinter dem markanten
Profil der Reifen.
Die Ästhetik der Maschinenwelt wurde fast ausnahmslos in den großen Kapitalgesell-
schaften der Schwerindustrie fotografiert. Der amerikanische Wirtschaftshistoriker
Arthur Pound, Verfasser u. a. einer Unternehmensgeschichte von General Motors und
der RCA (Radio Corporation of America), äußerte sich schon 1922 skeptisch zu den Fol-
gen der automatischen Maschinenwelt und der häufig damit verbundenen räumlichen
Trennung der Welt der Eigentümer und der Beschäftigten.14 »Die beste und zweckent-
sprechendste Wohlfahrtsarbeit, die ein Arbeitgeber verrichten kann«, so sein Diktum,
»ist persönliches Interesse an den menschlichen Problemen seiner Fabrik.« Trennen sich
die Welten, so wie neuerdings »unsere amerikanischen Herzöge ihre Betriebe in den
Händen ihrer Assistenten belassen und nach New York wandern, wo sie dem König Kapi-
tal ebenso den Hof machen, wie seiner Zeit die französischen Herzöge den Bourbonen«,
zerschneidet diese Trennung »die letzten Bande der Sympathie zwischen dem Arbeiter
und seinem Brotgeber, und damit wird das Gefühl der gemeinsamen Verantwortlichkeit
als Bürger derselben Gemeinde getötet«.15 Wenn die Eigentümer der Konsumgüter-
firmen in der Industriestadt leben und arbeiten und sich als Bürger mitverantwortlich
fühlen für das gemeine Wohl, spiegeln sich die Beziehungen zwischen ihnen und den
Beschäftigten auch in den Fotografien von Fabrikarbeit wider.
14 Arthur Pound, The Iron Man in Industry. An Outline of the Social Significance of Automatic Machinery,
Boston 1922
15 Aus der deutschen Übersetzung: Arthur Pound, Der eiserne Mann in der Industrie. Die soziale Bedeu-
tung der automatischen Maschine, München/Berlin 1925, S. 67
170 Zuschneiderei
für Regenmäntel
Einrichtungen. Die Conti wurde mit der Reifenfertigung für Kraftwagen und Fahrräder
groß, fertigte aber auch vielfältige Gummiwaren für Konsumenten. Die Herstellung von
Tennisbällen, Fußbällen, Gummihandschuhen, Saugern, Gesundheitsartikeln, Regenmän-
teln und anderen Produkten hielt Roerts im Bild fest. Obwohl allein das Werk Hannover
1921 bereits 10 000 Arbeiter beschäftigte und Continental zu einem Großbetrieb ange-
wachsen war, fehlt den Fotografien das Monumentale, das die Aufnahmen in der Groß-
industrie häufig charakterisierte. Besonders die Fotos aus Abteilungen der Konsumgüter-
produktion gewähren einen Blick auf konzentrierte menschliche Arbeit in überschaubaren
Werkstätten.
In den USA hatte der Fotograf Lewis Hine schon vor 1914
die Arbeitswelt abgelichtet, sich aber – anders als später
die Fotografen der ›Neuen Sachlichkeit‹ – nicht von den
monumentalen Bauten und Anlagen der Industrie und
der seriellen Reihung von Produkten faszinieren lassen,
sondern die Menschen im Blick gehabt – mit sozialem
Anspruch, allerdings wenig geschäftlichem Erfolg.
1 Jürgen Bönig, Die Einführung der Fließbandarbeit bis 1933, 1993, S. 201–204
2 So beschrieb der Geschäftsbericht die zukünftige Aufgabe der Arbeit des ›Reichskuratoriums für Wirt-
schaftlichkeit in Industrie und Handwerk‹ (RKW)
3 Bönig, Die Einführung der Fließbandarbeit bis 1933, 1993, S. 205
4 Eckart Pasche: August Sander – Chronist mit der Kamera, in: VDI-Nachrichten, 16. 5. 2014
5 Vgl. Gabriele Conrath-Scholl, in: August Sander, Antlitz der Zeit. Hrsg. Photographische Sammlung/SK
Stiftung Kultur, Köln o. J., S. 144
6 Matz, Industriefotografie, 1987, S. 36
179 (oben) Paul Wolff, 1930 erschien auch, ebenfalls mit Foto-
Ein-Flaschenabfüllanlage grafien von Paul Wolff, das bebilderte
für Wein, 1930 Büchlein aus den Adlerwerken »So
entsteht ein Auto«. »Typisch für Wolffs
180 (rechts) Paul Wolff, […] Darstellung von Arbeitsprozessen
Schade & Füllgrabe, Im [war] ein dichtes, oft distanzloses
Käsekeller, 1930
Herangehen an die Protagonisten. Die
Arbeitenden sind in ihr Tun vertieft, die
Anspannung steht ihnen ins Gesicht geschrieben. Mensch und Maschine scheinen zu
verschmelzen.«8
10 Sachsse, Mensch – Maschine – Material – Bild, 1999, S. 90. – Gegenüber Sachsses Diktum ist auch festzu-
halten, dass die DAF in die – mittelständischen – Unternehmen hineinregierte und bis in den Krieg hinein
durchaus erfolgreich Maßnahmen zugunsten der Beschäftigten durchsetzte.
11 Vgl. auch Alf Lüdtke, Industriebilder, 1993, S. 427.
12 Lüdtke, Industriebilder, S. 428
die hohe Arbeitslosigkeit der Krise nach 1929.«13 Die KPD hatte Ende der 1920er Jahre den 184 (links) Arbeiterfotograf
Plan, durch die Bildberichterstattung von Arbeiterfotografen Volksaufklärung im Sinne des Hans Bresler, Metallarbeiter
proletarischen Klassenkampfes zu betreiben. 1927 wurde die Vereinigung der Arbeiter bei Anton Reiche, 1930
fotografen Deutschlands gegründet. Das Ziel: »Wir kennen keine Vertuschung, Verschlei- 185 (rechts) Theo Gaudig
erung, Ästhetisierung, wir belichten hart und zeigen keine Retusche, wir knipsen dort, wo an der Drehbank bei Krupp,
das proletarische Dasein am härtesten, die Bourgeoisie am verfaultesten ist.«14 Die agitato- Essen 1927
rische Fotografie entsprach aber nicht der Lebenswirklichkeit der meisten Mitglieder.15 Die
wenigen Fotos von Arbeiterfotografen aus den Betrieben zeigen weniger verelendete als
selbstbewusste Arbeiter wie das oben abgebildete oder das bekannte, auf dem Titelblatt
der AIZ16 erschienene Foto von Theo Gaudig an der Drehbank bei Krupp 1927.
13 Wolfgang Hesse, Der Unterricht muß auch auf der Straße erteilt werden. Stadtraum – Schriftraum –
Bildraum, in: Ders. (Hrsg.), Die Eroberung der beobachtenden Maschinen, Leipzig 2012, S. 191
14 Edwin Hoernle, Das Auge des Arbeiters, in: Der Arbeiterfotograf, 4. Jg., 1930, S. 154
15 Wolfgang Hesse, Rolf Sachsse, Das Auge des Arbeiters. Arbeiterfotografie und Kunst um 1930, Leipzig
2014, S. 24
16 AIZ: Abk. für »Arbeiter-Illustrierte-Zeitung«
Die Firma Bahlsen hatte in den 1920er Jahren aus wirtschaftlichen Gründen Arbeits-
kräfte abgebaut. Nur noch 480 Mitarbeiter waren beschäftigt.2 Dann wurde »als neuer,
gerade für die breiten Schichten unseres Volkes bestimmter Markenartikel von Qualität
die Expressdose herausgebracht«.3 Die preiswerte Keksdose verkaufte sich mit großem
Erfolg und passte in das Wirtschaftsprogramm der NS-Regierung, die mehrfach von den
Konsumgüterunternehmen Preissenkungen verlangte und durchsetzte. Bahlsen redu-
zierte als »stolzes Bekenntnis zur eigenen Kraft« 1933/34 zweimal die Preise und förder-
te so den Absatz.4 Der gute Verkauf der Expressdose steigerte Bahlsens Produktion und
machte kostensparende Arbeitsorganisation und die Entwicklung neuer Maschinen und
Automaten nötig. Trotz der Rationalisierung waren wegen der gestiegenen Nachfrage
mehr Hände nötig. Das Foto mit eng sitzenden Arbeiterinnen zeigt, dass Bahlsen nach
der großen Krise Menschen wieder in Lohn und Brot brachte. Arbeitsbeschaffungsmaß-
nahmen und schuldenfinanzierte Aufrüstung ließen nach der großen Depression die
Wirtschaft wachsen. 1936 war die Vollbeschäftigung erreicht. Mit rauchenden Schloten
wurde ein Motiv aus der Jahrhundertwende wieder aufgegriffen.5 Die Wirtschaft florier-
te und die Firmen verdienten gut. Sie vergaben in den 1930er Jahren vielfach Aufträge
für bebilderte Firmenschriften. Viele Unternehmen waren in der Gründerzeit entstanden und
konnten nun ein Jubiläum feiern, was oft Anlass für eine Buchproduktion war. Bahlsen und Pelikan
haben Hein Gorny mit den Fotografien für die Jubiläumsschriften beauftragt
Im Profil am rechten
Bildrand mit konzentrier-
tem Blick auf Maschine
und Produkt bildet Gorny
den perfekten Arbeiter
und sorgfältige Präzisions
arbeit ab.
In der Kampagne ›Leistungskampf deutscher Betriebe‹ verlangte die DAF die Beantwor-
tung umfangreicher Fragebögen zur Volksgesundheit, Schönheit der Arbeit, Erhaltung
und Gewährung des sozialen Friedens. Die Einrichtung von Werkskantinen, Lehrwerk-
stätten, Betriebssportgemeinschaften, betrieblicher Altersversorgung, Verschönerung
Situation der Beschäftigten deutlich verbessert. Die subjektive Wahrnehmung der Ar- 210 (links) Pelikan: Gulasch-
beitnehmer war ebenfalls, dass es Ihnen in der NS-Vorkriegszeit besonders gut gegangen kanone für Betriebsausflüge
sei.13 Die Firma Sprengel zahlte 1938 – trotz des von den Nationalsozialisten verfügten 211 (rechts) Sprengel:
Lohnstopps – Zulagen für Facharbeiter, die 10 % über den Stundenlöhnen von 1933 Betriebsausflug
lagen. Die neu eingeführte Gruppe der angelernten Arbeiter wurde höher eingruppiert
und erhielt ebenfalls knapp 10 % höhere Löhne.14 Der Werkstarif der Firma Appel vom
Mai 1938 sah höhere Löhne und Kinderzuschläge vor.15 Mehr Urlaubstage, Lohnfortzah-
lung im Krankheitsfall für Jugendliche, Verbot ausbildungsfremder Tätigkeiten, Zuschlä-
ge für Schicht- und Nachtarbeit waren weitere Regelungen, die die DAF durchgesetzt
hat. Heinz Appel hatte Respekt vor der DAF. Seinem Krebsbetrieb in Ostpreußen stattete
er einen unangemeldeten Besuch ab und fand alles in Ordnung: »Die Arbeitsfront, die
verschiedenes zu bemängeln hatte, wird nach den neuen Änderungen zufrieden sein«,
notierte er in seinem Reisebericht.16
12 HStAH Dep. 105 Acc. 2/80, Nr. 582: Erinnerungen zum Jubiläum 1951
13 Das ergaben lebensgeschichtliche Interviews, vgl. Hartmut Berghoff, Gefälligkeitsdiktatur oder Tyrannei
des Mangels?, in: GWU, 2007, S. 508
14 HStAH Dep. 105, Nr. 1496: Anlage zum Bericht Leistungskampf deutscher Betriebe
15 Appel-Geschäftsbericht 1938
16 Heinz Appel, Reisebericht Berlin, Mai 1939, Familienarchiv, heute Hanseatisches Wirtschaftsarchiv
Hamburg
17 Fritz Müller-Partenkirchen, Soziale Einrichtungen der Pelikan-Werke, in: Der Pelikan, Mai 1933
18 HStAH Dep. 105 Nr. 1607: Schreiben Sprengel an die DAF vom 14. 12. 1938
19 RWWA 208-549-5-1509
20 Siehe Annemone Christians, Tinte und Blech, 2018, S. 16
Die Firma Sprengel erwarb im selben Jahr ein Erholungsheim in Braunlage. »Kauf eines
Ferienheimes, neues Arztzimmer, Einstellung eines Betriebsarztes«, berichtete Bernhard
Sprengel an die DAF. Bahlsen und Pelikan hatten ebenfalls Erholungseinrichtungen für
die Belegschaft. Wirtschaftlich rechneten sich solche Ausgaben. Die Nationalsozialisten
hatten schon 1934 die Ausschüttung von Gewinnen begrenzt; die Unternehmen hatten
gut verdient, erhöhten die stillen Reserven und suchten für ihre Liquidität steuerlich
begünstigte Anlagemöglichkeiten.
Kriegsjahre 141
221 Sprengel: Frontpäck-
chen packen, ca. 1941
Wie im 1. Weltkrieg versorgten die Unternehmen ihre Mitarbeiter an der Front mit ›Liebesgaben‹. Zu Weihnachten er-
hielten Sprengel-Frontsoldaten Schokolade, Zigaretten, Spielkarten, Bücher und einen halben Liter Weinbrand ›West-
wallwärmer‹.2 Fotos von Bahlsen und Sprengel beim Päckchen-Packen dokumentierten, wie vom Regime gewünscht,
die Verbundenheit der ›Heimatfront‹ mit den Soldaten.
Bahlsen lieferte 40 Prozent
der Gesamtproduktion an
die Wehrmacht und wurde
zum Rüstungsbetrieb
erklärt. Nahrhafte Flieger-
nahrung ging an die Luft-
waffe und wurde 1942 vom
Flughafen Langenhagen
direkt nach Stalingrad an
die eingeschlossenen Trup-
pen geflogen.3
142 Kriegsjahre
223 Französische Fremd
arbeiter, 1943 (aus privatem
Nachlass im Bahlsen-Archiv)
Die fröhlichen Franzosen, die junge Frau beim Packen und der konzentrierte Arbeiter
wurden dem Bahlsen-Archiv aus privatem Nachlass überlassen.4 Die Aufnahmen sind
von der Sympathie eines Bahlsen-Mitarbeiters geprägt, der unter den ausländischen
Arbeitern Freunde gefunden hat, und lassen nur begrenzt auf die tatsächlichen Arbeits-
bedingungen schließen. Die Firma notierte noch 1964 erfreut und erstaunlich wenig
4 Fotos zu Abb. 223, 224 und 225 aus Nachlass Rolf Schober, Bahlsen-Archiv
Kriegsjahre 143
selbstkritisch, dass sich als Rüstungsbetrieb »manche kleine Hilfen [ergaben], wie z. B. die
Möglichkeit, Kriegsgefangene als Arbeitskräfte zu bekommen«.5 Die bisher von der Firma
vertretene Auffassung, die Zwangsarbeiter seien gut behandelt und bezahlt worden, wird 226 Pelikan-Arbeiterinnen
inzwischen bezweifelt. Werner Bahlsen beauftragte deshalb 2019 den Historiker Manfred beim Packen von Front-
Grieger, das Verhalten der Unternehmensleitung im Nationalsozialismus aufzuarbeiten. Päckchen; darunter eine
Aktivisten haben bei ›FragDenStaat‹ veröffentlicht, dass ukrainische Arbeiterinnen polnische Zwangsarbeiterin
aus dem von Bahlsen treuhänderisch verwalteten Werk in Kiew unter falschen Verspre- (2. von oben), 1942
chungen per LKW und dann per Bahn nach Hannover verfrachtet und dort wie
Sträflinge in bewachten Lagern untergebracht worden seien.6 Die ursprüng
lichen Zusagen über Arbeitseinsatz, Bezahlung und Unterbringung seien nicht
eingehalten und die U krainerinnen wie Zwangsarbeiter behandelt worden.7
Die Entschädigungsforderung von 60 Betroffenen hat das Landgericht Han-
nover im Jahr 2000 wegen Verjährung zurückgewiesen.
Pelikan entschied sich 2016 zu einer Untersuchung durch das Institut für
Zeitgeschichte München, als in Hannover der ›Wissenschaftliche Beirat na-
mensgebender Persönlichkeiten‹ die Umbenennung der Fritz-Beindorff-Allee
empfahl. Eine Buchveröffentlichung von Janet Anschütz und Irmtraud Heike8
hatte bereits im Jahr 2000 den Einsatz von Zwangsarbeiterinnen bei Pelikan
rekonstruiert. Die befragten Zeitzeuginnen hatten »von zum Teil verheerend
schlechten Zuständen in den Arbeitserziehungslagern und auch in einigen
Zwangsarbeiterbaracken«9 in den Günther Wagner Verpackungswerken
berichtet. Die von Pelikan beauftragte Pilotstudie von Annemone Christians
erschien 2018. Die Autorin hat die Lage der in den Günther Wagner Verpa-
ckungswerken beschäftigten Zwangsarbeiterinnen kritisch aufgearbeitet.
Während Füller und Schreibgeräte im Krieg als entbehrlich galten und wegen
Kontingentierung der Rohstoffe kaum mehr produziert werden konnten, wei-
tete die Firma die kriegswichtige Produktion in den Verpackungswerken stark
aus.10 Immer mehr erfahrene deutsche Arbeiter wurden zum Kriegsdienst einberufen 227 Zwangsarbeiterinnen
und als Ersatz zunehmend ausländische Arbeitskräfte beschäftigt.11 Das nebenstehende der Günther Wagner
Foto (Abb. 227) zeigt Zwangsarbeiterinnen, die in einem Straflager »oben in der Fabrik«12 Verpackungswerke im Lager
des Werks in der Hansastraße 10 untergebracht waren. Wie ihre deutschen Kolleginnen Hansastraße 10
packten Zwangsarbeiterinnen Liebesgabenpäckchen für die deutschen Soldaten an der
Front (Abb. 226), ein typisches Motiv aus den Kriegsjahren (vgl. auch Abb. 221).
5 Bahlsen 1889–1964, S. 33
6 FragDenStaat, 15. 5. 2019: »Zwangsarbeit bei Bahlsen: Im Viehtransport ins Deutsche Reich, unterge-
bracht in bewachten Lagern«; im Internet unter: https://fragdenstaat.de/blog/2019/05/15/zwangsar-
beiterinnen-bei-bahlsen [10. 3. 2021]
7 Ebd.
8 Janet Anschütz, Irmtraud Heike, Feinde im eigenen Land. Zwangsarbeit in Hannover im 2. Weltkrieg,
Bielefeld 2000
9 Zit. nach A. Christians, Tinte und Blech, S. 86
10 Ebd., S. 73
11 Ebd., S. 81
12 Rozalia Ciesielska, zit. nach Christians, S. 89
144 Kriegsjahre
228 Bahlsen-»Fremd-
arbeiterinnen« mit dem
Aufnäher ›Ost‹
und Schülerinnen:
»Neue Gesichter in der
Fabrik«, aus dem
Bahlsen-Jubiläumsbuch
1964
Kriegsjahre 145
229 Sprengel:
Werkluftschutz, 1941
Ironische Distanz spricht aus dem Foto (Abb. 229) zu den verlangten Luftschutzübungen.
Andere machen deutlich, dass die Luftschutzübungen tatsächlich »Ernstfallübungen«
waren.
230 Sprengel:
Luftschutzübungen, 1941
146 Kriegsjahre
231 (links) und 232 (rechts) Als die Luftangriffe bitterer Ernst wurden, mussten die Firmen für schnelle Reparatur der
Sprengel: Reparatur von Schäden sorgen, sonst gab es Ärger mit amtlichen Stellen.16 Ein Brief des Reichsministers
Bombenschäden, 1943 für Rüstung und Kriegsproduktion an die Firma Bahlsen kritisierte im März 1945 den
Stand der Aufräumarbeiten von »Terror-Schutthalden auf dem Fabrikgrundstück« als
»untragbar«.Sie entsprächen »keineswegs den nötigen Voraussetzungen Ihrer Ferti-
gung«.17 Die Wiederherstellungsarbeiten wurden dokumentiert. Für Anträge auf Ersatz
der Schäden war eine detaillierte Auflistung der Schäden vorgeschrieben. Fotos erleich-
terten die Beweiskraft.
Kriegsjahre 147
Das Kontorhaus von Appel zwischen Engelbosteler Damm und Eisenbahn am Möhrings- 233 Zerstörtes Appel-
berg war gänzlich zerstört, auch die Fischfabrik in der Schöneworth schwer beschädigt. Kontorhaus Engelbosteler
»Auf dem Damm fuhren große Loren, wir haben den ganzen Sommer Steine abgeklopft Damm, 1946
und für den Wiederaufbau aufgeschichtet.«18
148 Kriegsjahre
19 Zusammenhalt
in der Betriebsfamilie
Nach dem Krieg gab es in den meisten Unternehmen eine enge Bindung an den Be-
trieb, der »Stützpfeiler des Überlebens«1 war. Die Belegschaften machten die Sache
des Betriebes zu ihrer eigenen und auch die Werksleitungen
wussten, dass »weitaus wichtiger noch als Kapitalzustrom
und Maschinenausstattung das Humankapital ihrer Fach
arbeiter war.«2 Mit dem Wissen und der Loyalität der Stamm-
belegschaft begann der Wiederaufbau. Die Betriebe halfen,
so gut es ging, bei den Alltagsproblemen, gewährten Darle-
hen für eine Wohnungseinrichtung, einen Vorschuss für die
Beerdigung des verstorbenen Mannes, unterstützten bei der
Wohnungssuche und verteilten Kleidung und Schuhe, die die
Fürsorgeabteilung vom Schwedischem Rotem Kreuz erhalten
hatte.3 »Die Nachkriegszeit zwang uns zum Zusammenhalt
und ist mit schönen Erinnerungen verbunden.«4
Ausreichendes Essen war bis in die 1950er Jahre ein Thema.
Der Urenkel von Frau Kirschke hat das Foto seiner Urgroß-
mutter aus der Nachkriegszeit aufgehoben. Die Werksküchen
der Firma Appel in Hannover und Hamburg sorgten in der
Hungerzeit nach dem Krieg täglich für eine warme Mahl-
zeit. »Beide Werksküchen bedeuteten eine wertvolle Hilfe
für die Ernährungslage der Werksangehörigen«5, hieß es im
Appel-Jahresbericht 1946. »Man bekam zu essen. Nach dem
Krieg war es nicht schlecht in einem Lebensmittelbetrieb zu
arbeiten.«6 Im Hungerwinter 1946/47 sanken die täglichen
Essensrationen auf 850 Kalorien. Der Hunger war mächtig
und die Verlockung groß in einem Lebensmittelbetrieb: »Wir
234 Emma Kirschke, bitten alle, dafür zu sorgen, dass die Diebstähle von Betriebsangehörigen und Fremden
Appel-Werksköchin aufhören. Es muß auch in der Beziehung zu einer neuen, richtigen Moral-Auffassung
kommen trotz aller Not,«7 mahnte 1947 ein Rundschreiben der Firma Appel.
8 Stadtarchiv Hannover, Schreiben des Wirtschafts- und Ernährungsamts Hannover (WEA) vom 2. 8. 1946
12 Interview der Autorin mit Frauke Eue, 1966 bis 1992 bei Sprengel; die Autorin erinnert sich an Märchen-
spiele und süße Tütchen für Appel-Mitarbeiterkinder in der »Brücke«, Hindenburgstraße.
13 RWWA 208-479-2
14 Leibnizblätter, Dezember 1955
15 Das berichtet Klaus Buchholz, tätig 1961 bis 1966 bei König & Ebhardt.
16 Interview der Autorin mit Peter Beck, 1962 bis 2001 bei Sprengel
Betriebsausflüge der
gesamten Belegschaft in
die nähere Umgebung
blieben in den Familienun-
ternehmen lange wichtiger
Bestandteil der Unterneh-
menskultur. Bei Spren-
gel begannen sie in den
1930er Jahren. Heinz Appel
wollte das Zusammenge-
hörigkeitsgefühl stärken
und gleichzeitig – er war
Vorsitzender des ›Nieder-
sächsischen Heimatbun-
des‹ – den Mitarbeitern die
Schönheit der niedersäch- 240 (oben) Betriebsausflug Sprengel, ›Auf der Weser‹, 1953
sischen Heimat nahebrin-
241 (unten) Ausflug bei Appel, ›Belegschaft vor der Porta Westfalica‹, 1953
gen. Die Betriebsausflüge
schliefen Ende der 1960er Jahre schließlich ein, weil »viele samstags nicht mehr mit Kollegen einen Ausflug machen
wollten«, wie sich ein ehemaliger Vertriebsmitarbeiter bedauernd erinnert.18
17 Angelika Mollenhauer, Betriebsrätin, 1964 bis 1973 bei Appel, Mail Januar 2012
18 Interview Gerhard Haupt, 1960 bis 1975 bei Appel
19 Leibnizblätter, 1956
puhlen (Abb. 250) oder Bauarbeiter auf dem Fabrikneubau ab. »Wenn man bei Appel 246 25-jähriges Betriebs-
anfing, war das eine Lebensstellung«, erinnert sich Karl-Heinz Hartje, früher Betriebsrat jubiläum bei Appel: Familie
bei Appel, dann Gewerkschaftssekretär. Hartje schätzte das persönliche Kümmern und Baumgarten, 1951
den respektvollen Umgang mit den Beschäftigten.
Bahlsen und Pelikan begannen Anfang der 1950er Jahre wieder mit der Verteilung von Werk-
zeitschriften an die Mitarbeiter. ›Rund um den Pelikan‹ und die ›Leibnizblätter‹ unterstützten
mit Fotografien die ›Corporate Identity‹. Abteilungen und Produkte wurden vorgestellt und ein-
zelne verdiente Mitarbeiter gewürdigt. Auf Anregung eines Mitarbeiters im Lager lud die Firma
Pelikan Interessierte zu einer Werksbesichtigung ein. »Jeder Einzelne durfte einmal ganz Gast
unseres eigenen Werkes sein. Es war erstaunlich und erfreulich, festzustellen, daß im Grunde
jeder an seiner Abteilung hängt, an die er sich gewöhnt hat. Auch die Kollegen aus der Kohle-
papierfabrik wollen nicht mit einem Mann aus der Abteilung Goldfedern oder mit dem Ein-
schreiber tauschen.«3 Zehn Jahre
später kündigte die Werkzeitung
regelmäßige Kamera-Bummel
durchs Werk an. »Wir werden für
Sie von jetzt ab mit der Kamera
und dem Notizblock durch das
Werk bummeln und Ihnen in
jeder Ausgabe von ›Rund um den
Pelikan‹ eine andere Abteilung
vorstellen. Heute beginnen wir
251 Pelikan: mit der Federnproduktion. Hätten
Arbeitsplätze Sie gedacht, dass für jede Goldfe-
Goldfedernabteilung, der rund 30 Arbeitsgänge not-
1952 wendig sind?«4
255 Patronenherstellung »Tintenpatronenfertigung: Ein bisschen weißes Pulver kommt oben rein [Abb. oben,
bei Pelikan, 1962 Bild 1] Alles andere macht drinnen die Maschine. Was am Ende rauskommt, sind Tusche-
patronen. Eine knappe Minute dauert dieser Prozeß. Wie beinahe jedes Kunststoffer-
zeugnis müssen die Patronen [Abb. oben, Bild 3] anschließend entgratet werden.«5
256 Pelikan-Tochterfirma
Rotowerke, Königslutter:
Werner Nowak an der
Revolverdrehbank, 1974
6 »Scharfe Augen, feine Zungen in unseren Labors«, in: Leibnizblätter, Juli 1956
Die Notiz zum Bild (oben) »abdecken der Frau links, nur den Lehrling zeigen«6 weist auf
den Verwendungszweck hin, die Werbung um Auszubildende. »Es war körperlich sehr
schwere Arbeit, wir haben kiloweise Mandelsäcke geschleppt. Aber wir hatten eine
exzellente Ausbildung im gewerblichen Bereich, waren in jeder Abteilung ein Vierteljahr:
Ananasraum, Schokoladenkeller, Fabrikation von Schokolade (Conchen), in der Krokant-
küche, bei der Nougatherstellung, Überziehanlagen von Pralinen, Herstellung von Einla-
gen für Pralinen-Füllungen. Wir waren in jeder Hinsicht stolz auf unseren Lehrherrn.«7
Die Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten kommentierte besorgt: »Die Konser- 263 Bahlsen: Backstraße
ven-, Süßwaren- und Fleischwaren-Industrie im Bereich unserer Gewerkschaft sind 1964 mit spanischem
scheinbar geeignete Industriezweige für weibliche ausländische Arbeitskräfte, obwohl Warnhinweis: »No tocar
der Einsatz mit erheblichen Kosten verbunden ist.«10 máquinas en movimiento«
Nach dem Fall der Preisbindung für Schokoladentafeln boomte die Nachfrage. Jede
Firma wollte auf diesem wachsenden Markt ihre Marktanteile sichern, und so inves-
tierten die Schokoladenfabriken in großem Umfang in vollautomatische Fertigungs-
straßen. Die »völlig neuen Verfahren der Behandlung und Verarbeitung von Rohstoffen
der Nahrungs- und Genußmittelindustrie« beunruhigten die Gewerkschaft. Sie sah in
267 (unten) Bahlsens
der zunehmenden Automatisierung des Arbeitsablaufs eine stärker werdende geistige
automatische Teigmacherei, und nervliche Belastung und fürchtete die Einsparung von Arbeitskräften.15 Bahlsen
1964 – Foto Schneiders hatte schon 1959, deutlich früher als Sprengel, in verfahrenstechnische Großanlagen im
neuen Werk in Barsinghausen investiert. Für die Überwachung der Steueranlage wurden
268 (unten rechts) Bahlsen: auch Frauen eingesetzt. Wie die Herstellung im Einzelnen funktioniert, lässt sich im
Instrumentenblock, 1964 – Bild immer weniger abbilden. Aber das Foto vermittelt, dass der Mensch verantwortlich
Foto Schneiders bleibt, die Produktionsvorgänge zu steuern und zu kontrollieren.
16 »Für mich waren Porträt und Mensch immer interessant.« Und: »Jedes Thema ist mir recht, wenn es wichtig genug ist, aber unerschöpflich
und immer wieder verpflichtend steht das Bild des Menschen im Mittelpunkt meiner Bemühungen.« Gespräch mit Christoph Bauer. Im
Zentrum oder an der Peripherie, in: Landesmuseum Koblenz (Hrsg.), Toni Schneiders, Ostfildern 2008, S. 63, Anm. 12
Die Anlage füllt eine ganze Halle. Die beiden Mitarbeiter und das Fahrrad verdeutlichen 275 Bahlsen: Waffelback-,
die Größendimensionen, die auch in der Lebensmittelindustrie jetzt großindustrielle -füll-, -schneideanlage, 1959
Ausmaße angenommen haben.
19 Sigrid Schneider, Vorwort zu Timm Rautert, Gehäuse des Unsichtbaren, Heidelberg 1992
20 Vgl. Daniel Sollner, Sabrina Holzheimer, Werbewirkung im Intermediavergleich. Studie zum Vergleich
der Werbewirkung eines audiovisuellen Imagefilms und einer klassischen Imagebroschüre, Mün-
chen 2008, S. 26. – 1982 gab es den ersten Wirtschaftsfilmtag in Oberhausen, international fand das
1. Industriefilm-Festival in Mexiko 1986 statt, 1988 folgte ein zweites in Buenos Aires.
1 Georg Herpertz, Ruth Hallensleben. Gestellte Arbeit, bestellte Bilder, in: Ruth Hallensleben. Industrie und
Arbeit, Ruhrlandmuseum 1990 (Kat. zur Ausstellung im Ruhrlandmuseum Essen, Juni/Juli1990), S. 8; Jörg
Boström: Ruth Hallensleben. Eine Interpretin auf der Bühne der Industrie, in: ebd., S. 61; Rolf Sachsse, Eine
deutsche Fotografin, in: Ursula Peters (Hrsg.), Ruth Hallensleben. Frauenarbeit in der Industrie. Fotografien
aus den Jahren 1938–1967, Berlin 1985; Rolf Sachsse, Mensch – Maschine – Material – Bild, 1999, S. 90
178 Anhang
duktion von Collection Regard und Foto/ Nationalsozialismus. Hrsg.: Frauke Wandrey
Industria, 2015. – Siehe auch: https:// und Detmar Schäfer, Hannover 2018
www.collectionregard.de/ausstellun- Conrath-Scholl, Gabriele In: August Sander,
gen-in-der-collection-regard-1/archiv-3 [28. Antlitz der Zeit. Hrsg. Photographische
9. 2020] Sammlung/SK Stiftung Kultur, Köln o. J.
Berghoff, Hartmut Gefälligkeitsdiktatur oder Dewitz, Bodo von Arbeit, Belegschaft, Betrieb,
Tyrannei des Mangels? Neue Kontroversen in: Klaus Tenfelde (Hrsg.), Bilder von Krupp,
zur Konsumgeschichte des Nationalsozia- München 1994
lismus, in: Geschichte in Wissenschaft und Diesel, Eugen (Hrsg.) Das Werk. Technische
Unterricht (GWU) 2007, Heft 9, S. 502–518 Lichtbildstudien, Königstein 1931
Bieger, Marianne, u. a. (Hrsg.) Albert Ren- Ellerbrock, Karl-Peter Geschichte der deut-
ger-Patzsch. Späte Industriephotographie. schen Nahrungs- und Genußmittelindustrie
Ausstellung im Rahmen der Fototage 1993 1750–1914, Stuttgart 1993
im Deutschen Architekturmuseum in Ellerbrock, Karl-Peter Im Fokus der Kamera.
Frankfurt am Main. [Ausstellungskatalog], Menschen und Fabrikhallen. Anmerkungen
Frankfurt a. M. 1993 zur Industriefotografie im Ruhrgebiet, in:
Bieger-Thielemann, Marianne Albert Ren- Geschichte – Unternehmen – Archive: Fest-
ger-Patzsch. Der Ingolstädter Auftrag. Über- schrift für Horst A. Wessel zum 65. Geburts-
legungen zur Architekturfotografie nach tag, hrsg. von Wilfried Feldenkirchen et al.,
1945, Weimar 1995 (Diss. Köln 1995) Essen 2008, S. 495–514
Bönig, Jürgen Die Einführung der Fließbandar- Ellerbrock, Karl-Peter (Red.) Profile. Ty-
beit bis 1933. Zur Geschichte einer Sozial pen der Arbeitswelt in der historischen
innovation, Bd. 1, Münster 1993 Werksfotografie. Hrsg. Friedrich Krupp AG
Boström, Jörg Ruth Hallensleben. Eine Inter- Hoesch-Gruppe
pretin auf der Bühne der Industrie, in: Ruth Ellguth-Malakhov, Ulrike (Hrsg.) Albert Ren-
Hallensleben [Ausstellung], Ruhrlandmuse- ger-Patzsch. Industriefotografien für Schott.
um Essen, Essen 1990 [Katalog zur Ausstel- Begleitband zur Ausstellung der Schott AG,
lung] Weimar 2011
Boström, Jörg Von Rembrandt die Licht- Eskildsen, Ute Fotografie in deutschen
führung. Arbeiterfotografie, in: Ruppert, Zeitschriften 1924–1933, Hrsg. Institut für
Wolfgang (Hrsg.) Die Arbeiter. Lebensfor- Auslandsbeziehungen, Stuttgart 1982
men. Alltag und Kultur von der Frühindus- Eskildsen, Ute; Horak, Jan-Christopher Film
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180 Anhang
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182 Anhang
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Imagebroschüre, München 2008 Wengenroth, Ulrich Die Fotografie als Quelle
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Spieker, Werner Das Werben für den Pelikan. Tenfelde (Hrsg.), Bilder von Krupp, 1994,
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sche Anthologie, Wiesbaden 2000 Appel privat/Kristina Huttenlocher pri-
Türk, Klaus Konstruktionen und Diskurse. Das vat Abb. 015f., 019f., 031f., 037, 059f.,
Industriebild als gesellschaftsgeschichtliche 062–066, 074–077, 082f., 089, 093,
Quelle, in: Sabine Beneke, Hans Ottomeyer 095, 106, 127, 129, 149, 150, 153f., 160,
(Hrsg.), Die zweite Schöpfung. Wolfratshau- 233f., 236, 238f., 241, 246, 249, 250
sen 2002, S. 34–39 Appel 75 Jahre 1879–1954 Abb. 248, 258
Uhl, Karsten Humane Rationalisierung? Die Bahlsen-Archiv Abb. 014, 056f., 061, 072f.,
Raumordnung der Fabrik im fordistischen 099–104, 112, 117, 119, 128, 136, 155,
Jahrhundert, Bielefeld 2014 161, 188, 193, 223–225, 263, 267–269,
Ulienowski, Hellmuth Geschäftswagen und 271–275
Graphiker, in: Zeitschrift für Gebrauchsgrafik Bahlsen 1889–1939 Abb. 013, 130, 145, 146,
Jg. 4, 1927, Nr. 1 190, 191, 209, 217, 219
Voigt, Martin Das Werk Altona-Bahrenfeld Bahlsen 1889–1964 Abb. 137–139, 222, 228,
der Reemtsma Cigarettenfabrik, Berlin 1928 270
(Musterbetriebe Deutscher Wirtschaft. Die Eine Wanderung durch H. Bahlsens Keks-
Zigarettenindustrie: Reemtsma) Fabrik 1939 (GWLB) Abb. 189
Wehler, Hans-Ulrich Deutsche Gesellschafts- Bahlsen Leibnizblätter 1954 Abb. 235, 242f.,
geschichte vom Beginn des 1. Weltkriegs bis 257
184 Anhang
G. Personen- und Firmenregister Hesse, Wolfgang 122
Berücksichtigt sind Namen (gegliedert nach Hine, Lewis 117
Personen und Firmen) im Text und in den Hoppé, Emil Otto 109f., 117f.
Bildunterschriften, mit Ausnahme von Namen Hornemann, Karl 45, 58
in den bibliografischen Angaben der Fußnoten
Imhoff, Hans 12, 40
und des Anhangs.
Jäger, Jens 8, 14, 17
Personen
Keetman, Peter 170, 176
Ackermann, Wilhelm 44, 106
Koken, Änne 21, 51, 95, 96
Appel, Heinrich Wilhelm (›Willy‹) 22, 24, 56,
Kroeyer, Per Severin 69f.
65, 81
Krupp, Alfred 19, 35
Appel, Heinz 11f., 22, 24, 62, 67, 71, 75, 86,
Kuki, Dieter 163
91, 95, 98, 101, 136, 141, 149, 153, 157
Liebermann, Max 69f.
Bahlsen Hermann 21, 65, 75, 95
Löns, Hermann 23, 31, 45, 58
Bahlsen, Werner 144
Lüdtke, Alf 15f., 121
Becher, Hilla 13
Becher, Bernhard 13 Matz, Reinhard 13–16, 19, 35, 52, 97, 118
Beck, Peter (Mitarbeiter, Betriebsrat bei Menzel, Adolph 70
Sprengel) 152 Meyerheim, Paul 70
Behrens, Peter 95, 99, 101 Mittag, Heinrich 21
Beindorff, Fritz 23f., 45, 75, 86, 88, 95, 98 Mollenhauer, Angelika (Betriebsrätin bei
Berliner, Emil 23, 133 Appel) 153
Berliner, Joseph 23, 133 Mosebach, Martin 96
Bieger-Thielemann, Marianne 17, 33, 107, Moser, Eva 15
128 Munch, Edvard 78
Blunck, Werner 86, 156
Petter, Reinhard 38, 40, 163, 172
Boström, Jörg 13
Brede, Karl-Heinz 76 Rahner, Stefan 14, 157
Bresler, Hans 122 Renger-Patzsch, Albert 7, 16, 109
Büllesbach, Alfred 15 Roerts, Willi 12, 23, 45, 46, 67, 80, 99, 109,
111, 113f., 118, 175
Christians, Annemone 144
Sachsse, Rolf 13, 15, 121, 176
Dittmer, Jürgen 7, 26, 46. 86
Sander, August 7, 118
Ebhardt, Heinrich 19f. Schneiders, Toni 169–171, 173
Engelke, Gerrit 78 Schwichtenberg, Martel 90
Eue, Frauke (Sprengel-Mitarb.) 152, 155 Schwitters, Kurt 21
Frühling, Heinrich Gottlieb Louis 96, 100 Seligmann, Siegmund 24
Sprengel, … (Pastor, Vater von Bernhard
Gaudig, Theo 122
Sprengel, sen.) 20
Görg, Horst-Dieter 15
Sprengel, August 11, 29f., 71, 87f., 93, 101,
Gorny, Hein 7, 98, 104, 125, 126–129, 139f.
106
Hallensleben, Ruth 175 Sprengel, Bernhard, jun. 11f., 30, 76, 101,
Hartje, Karl-Heinz (Betriebsrat bei Appel) 134, 136, 138, 141, 145, 155, 157, 176
156 Sprengel, Bernhard, sen. 19f., 26, 29, 41, 71
Hase, Conrad Wilhelm 97 Sprengel, Wilhelmine, geb. Brandes 19f.
Hauschild, Wilhelm 163 Stoedtner, Franz 12, 46, 48, 50, 52f., 79, 100
Heimberg, Richard (Betriebsratsvorsitzender Strack, Peter 163f.
bei Bahlsen) 77 Stremmel, Ralf 7, 16
186 Anhang