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Kristina Huttenlocher

Menschen in der Fabrik


Industriefotografie
in Konsumgüterfirmen 1895 bis 1970
Kristina Huttenlocher

Menschen
in der Fabrik
Industriefotografie
in Konsumgüterfirmen
1895 bis 1970
Appel, Bahlsen, Sprengel, König & Ebhardt,
Pelikan, Continental und andere
ISBN 978-3-11-075823-8
e-ISBN (PDF) 978-3-11-075831-3

Library of Congress Control Number: 2021943126

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Einbandabbildung: Appel, Heizer der Betriebsmaschine, 1907
          (Quelle: Appel privat/Kristina Huttenlocher privat)
Satz: hugo thielen m. a. · Hannover
Druck und Bindung: CPI books GmbH · Leck

www.degruyter.com
Inhalt

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

1 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

2 Positionen zur Industriefotografie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

3 Die Eigentümer und ihre Mitarbeiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19

4 Dampf- und Kraftmaschinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27

5 Qualität und gute Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35

6 Arbeiterinnen gesucht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55

7 Directricen und weibliche Handlungsbeflissene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65

8 Maschinen verändern den Arbeitsplatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69

9 Feierabendbilder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77

10 Soziale Betriebsarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81

11 Fahrzeuge und Fahrer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87

12 Die werbende Kraft der Baukunst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95

13 Rationalisierung und die Schönheit der Maschinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105

14 Continental 1921 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113

15 Der arbeitende Mensch im Fokus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117

16 Firmenschriften in den 1930er Jahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123

17 Der Betrieb – dein Eigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133

18 Kriegsjahre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141

19 Zusammenhalt in der Betriebsfamilie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149

20 Der einzelne Mitarbeiter im Bild . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157

21 Automation und Handarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163

22 Der andere Blick – Fabrikbilder in der Konsumgüterindustrie . . . . . . . . . . . . . . . . . 175

Inhalt 5
ANHANG

A Archive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177

B Firmenschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177

C Aus dem Internet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178

D Zeitschriften · Zeitungen · Jahrbücher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178

E Buchpublikationen und Zeitschriftenbeiträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178

F Abbildungsnachweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183

G Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185

6 Inhalt
Vorwort
Ein selbstbewusster Heizer neben der Dampfmaschine, eine elegante Arbeiterin an der
Stanze – die alten Fotografien aus Konsumgüterunternehmen gestatten einen unge-
wöhnlichen, weithin unbekannten Blick in die Fabriken um 1900.
Bei meinen Recherchen zur Unternehmensgeschichte der hannoverschen Firmen
Feinkost-Appel und B. Sprengel & Co.1 stieß ich auf alte Fotografien, die sich nicht in das
gängige Interpretationsschema einfügen, nach dem sich die Industriefotografie über
Jahrzehnte für die Arbeiter nicht interessiert habe. Fotografien aus den Werken von
Bahlsen, Pelikan, den Konsumgüterabteilungen der Conti, König & Ebhardt u. a. bestä-
tigten meine Vermutung, dass es in Markenfirmen, die mit hoher Qualität um die Gunst
der Verbraucher warben, einen anderen Blick auf die Beschäftigten gab. Zusätzlich hat-
ten Interviews mit etwa 100 ehemaligen Beschäftigten der Firmen Appel und Sprengel
einen selbstbewussten Blick auf ihre Arbeit in den Familienunternehmen offenbart,
der in der öffentlichen Wahrnehmung kaum präsent ist, wird doch Fabrikarbeit seit den
1970er Jahren überwiegend mit entfremdeter Arbeit assoziiert. Das Selbstverständnis,
verantwortlich zu sein für Qualität und gute Arbeit, bestimmte die Stellung der Stamm-
arbeiter in der betrieblichen Hierarchie und wird in der Firmenfotografie sichtbar. Aber
auch bei den ungelernten Arbeiterinnen gab es vielfach eine starke Bindung an die
Firma. Die Fotografien und Interviews dokumentieren eine weitgehend untergegange-
ne Welt der Industriearbeit, die von persönlichen Beziehungen zwischen Eigentümern
und Beschäftigten geprägt war, die aber heute noch in Familienunternehmen vor allem
ländlicher Regionen fortlebt.
Bisher wurden Fotografien aus Fabriken in der Regel in Form von Ausstellungskatalo-
gen veröffentlicht, oft mit einführenden allgemeinen Erläuterungen, aber ohne histori-
sche Einordnung der einzelnen Motive. Eine Ausnahme sind die sorgsam edierten Bände
›Bilder von Krupp‹ (Klaus Tenfelde) und ›Industrie und Fotografie‹ im Bochumer Verein
(Ralf Stremmel), die beide auf die umfangreichen Bestände des Krupp-Archivs zugreifen.
Ein weiterer Zugang zur Industriefotografie ist der ästhetisch-künstlerische, der seit
den späten 1920er Jahren bis heute die Fabrikbilder bekannter Fotokünstler wie August
Sander, Hein Gorny, Albert Renger-Patzsch und Paul Wolff u. a. präsentiert. Mein Interes-
se galt den Unterschieden und Gemeinsamkeiten der industriellen Auftragsfotos in den
jeweiligen Firmen, der Veränderung des Blicks auf Industriearbeit im zeitlichen Verlauf
und ihre Einordnung in den wirtschaftlichen und sozialen Kontext. Die künstlerische
Qualität der Aufnahmen stand bei der Auswahl nicht im Vordergrund.

1 Kristina Huttenlocher, Appel Feinkost. Ein Familienunternehmen im Wandel der Zeit, Springe 2013, und
dies., Sprengel. Die Geschichte der Schokoladenfabrik, Springe 2016

Vorwort 7
Bei der Recherche haben mich freundlich unterstützt Dr. Birgit Nachtwey aus dem
Bahlsen-Archiv, Jürgen Dittmer, langjähriger Mitarbeiter und Leiter des Pelikan-Archivs,
Dr. Nils Fehlhaber, Leiter Unternehmensarchiv Continental, Detlef Kasten, Stadtbiblio-
thek Hannover, Werner Heine, ehemals Stadtarchiv Hannover. Ihnen möchte hier herz-
lich danken. Clemens Wlokas, Springe, und Prof. Jens Jäger, Köln, danke ich für kritische
Einwürfe und anregende Vorschläge zum Manuskript-Entwurf, Hugo Thielen für die
redaktionelle Begleitung und die Umsetzung von Text und Fotos in ein ansprechendes
Layout. Nicht korrigierte Unzulänglichkeiten habe selbstverständlich ich als Autorin zu
verantworten.

Kristina Huttenlocher
Oberursel, September 2021

8 Vorwort
1 Einführung
Aufnahmen mächtiger Anlagen, Maschinen und Produkte der Schwerindustrie prägen
seit den 1980er Jahren die Wahrnehmung von Industriefotografie. Konsumgüter­
hersteller dagegen sind in der Literatur und Dokumentation zur Industriefotografie
­weitgehend eine Leerstelle geblieben. In den letzten vierzig Jahren ist nach Einspa-
rungsmaßnahmen, Schließung oder Verkauf von Konsumgüterbetrieben viel verloren­
gegangen an archiviertem Material. Aber was erhalten blieb, stellt einiges in Frage, was
bisher über Industriefotografie veröffentlicht wurde.
Industrie und Fotografie – die Parallelität ihrer Entwicklung erscheint vielen Autoren
bemerkenswert. Die Fotografie habe die Industrie von Anfang an ins Bild gesetzt1 und
bis in die 1970er Jahre begleitet. Trifft die These zu? Die fotohistorische Forschung neigt
dazu, Pionierleistungen in den Vordergrund zu stellen und vor allem bedeutende Auf-
traggeber und Fotokünstler in den Blick zu nehmen. Die Alltagsarbeit eines städtischen
Ateliers und dessen mittelständische Kundschaft interessierte weniger.2 Dort stand am
Anfang die Porträtfotografie, nicht die Fotografie industrieller Anlagen. Lichtbildner
verdienten seit 1840 mit Daguerreotypien ihren Lebensunterhalt und porträtierten als
sesshafte oder umherziehende Fotografen wohlhabende private Auftraggeber.3 Die
Erfindung der Vervielfältigungsfotografie durch Talbot ermöglichte mehrere Abzüge pro
Aufnahme und erweiterte in den 1850er Jahren das Spektrum gewerblicher Nutzung.
Fotografen erschlossen sich nun mit Reproduktionsserien von Kunstwerken und Sammel-
bildern berühmter Persönlichkeiten einen größeren Markt. Der große Durchbruch zu ei-
nem Massen­artikel kam zehn Jahre später mit der ›Visitphotographie‹. In großer Auflage
hergestellte Porträts wurden in Alben gesammelt und verschenkt.
Mitte der 1860er Jahre entdeckten Groß­unternehmen die Fotografie für ihre Unter-
nehmen. Krupp gründete 1861 eine ›Photographische Anstalt‹, ließ Eisenkunstguss­
erzeugnisse für ein Musterbuch fotografieren und gab stattliche Panoramen des
Firmengeländes der Gussstahlfabrik in Auftrag. Die Hannoversche Maschinenbau AG
(Hanomag) fotografierte seit 1864 Lokomotiven und Lokomobile vor der Auslieferung.
Man könnte nun glauben, die Industriellen hätten die neue Bildtechnik begeistert
aufgenommen und breit genutzt. Denn die gewerbliche Fotografie verbreitete sich
rasch in deutschen Landen. 1867 gab es in Berlin bereits 123 selbstständige Fotografen,
1895 wurden im ganzen Deutschen Reich 4589 – überwiegend kleingewerbliche – fo-
tografische Betriebe gezählt. Das Hauptgeschäft bestand in der Personenfotografie.
»Die Eitelkeit und Eigenliebe des Menschen haben unserer Kunst mächtigen Vorschub

1 So bei Rolf Sachsse, Mensch – Maschine – …, 1999, S. 85; Reinhard Matz, Industriefotografie, 1987, S. 13;
Eva Moser, in: Bayerisches Wirtschaftsarchiv (Hrsg.): Arbeitswelten, 2004, S. 4
2 Vgl. Jens Jäger, Photographie. Bilder der Neuzeit. Einführung in die Historische Bildforschung, Tübingen
2000, S. 32
3 Im folgenden Absatz stützt sich die Einleitung auf Ludwig Hoerner, Das photographische Gewerbe in
Deutschland 1839–1914, Düsseldorf 1989, S. 15, 26f., 36, 187f.

Einführung 9
geleistet«4, resümierte ein erfahrener Fotograf und Verfasser eines Lehrbuchs. Später
kamen Landschaften, Städtebilder, Sehenswürdigkeiten und Gemäldereproduktionen
hinzu. Tatsächlich blieben aber die Fabrikanten zurückhaltend gegenüber der neuen
Technik. Die Qualität der Aufnahmen schien ihnen für ihre Zwecke ungeeignet. Ein Un-
ternehmer, der einige Versuche mit der Herstellung von Musterkarten gemacht hatte,
gab diese bald wieder auf, die Fotografie gebe die Sachen nicht richtig wieder.5

001 (links) Sprengel, Saal mit


Arbeits­geräten, um 1895

002 (rechts) Bahlsen,


Backsaal, 1894, Kopie aus
der Leipziger »­ Illustrirten
Zeitung« von 1894
Innenräume ohne Menschen ließen sich Ende der 1890er Jahre in mäßiger Qualität
ablichten, für Werbesachen und Musterbücher arbeiteten Fabrikanten erfolgreich mit
versierten Grafikern zusammen, die nach ihren Vorgaben Warenaufmachungen und
farbige Reklame entwarfen. Mit dem gut eingeführten Steindruck konnten die Entwürfe
in hoher Qualität vervielfältigt werden. Was konnte die Fotografie zusätzlich bieten?
Kurz nach der Jahrhundertwende gaben viele Fabrikanten ihre Zurückhaltung auf.
Innerhalb weniger Jahre veröffentlichte eine Reihe mittelständischer Konsumgüter­
unternehmen Fotobücher und gestattete einen Blick in ihre Produktion. Was waren die
Gründe? Seit den 1890er Jahren erlaubte die Magnesiumblitzlichtlampe Innenaufnah-
men, die Einführung von Gelantine-Trockenplatten gestattete Aufnahmen mit erheb-
lich kürzeren Belichtungszeiten, also auch Momentaufnahmen. Mit der Möglichkeit
in die Druckplatte Rasterklischees einzufügen, wurde seit Anfang der 1880er Jahre die
Fotografie für Zeitungen interessant, was zunächst illustrierte Wochenblätter wie die
Leipziger ›Illustrirte Zeitung‹ aufgriffen. Dort erschien zum Beispiel 1894 ein Artikel mit
fünf Aufnahmen aus Arbeitssälen der Bahlsen Cakes-Fabrik. Das Aufkommen der Pres-
sefotografie um 1900 war nun auch für mittelständische Konsumgüterfabrikanten ein
Grund, für ihre Öffentlichkeitsarbeit Fotografien aus ihrer Produktion anfertigen zu las-
sen. Hatte man eine Serie vorliegen, konnten einzelne Aufnahmen zu unterschiedlichen
Anlässen an die Presse gegeben werden.6 Zielgruppe waren die privaten Konsumenten,
die damals gegenüber der industriellen Herstellung vor allem von Nahrungsmitteln eine
weit verbreitete Skepsis zeigten. »Die deutschen Hausfrauen haben leider zum großen
Teil immer noch eine gewisse Abneigung gegen konservierte Lebensmittel aller Art«7,
klagte eine Broschüre der Einzelhändler. »Zum Teil beruht diese Abneigung darauf, dass

4 Ludwig Hoerner, 1989, S. 115


5 Ebd., S. 187
6 Helmut Gernsheim, Geschichte der Photographie, 1983, S. 641
7 Sonderdruck aus der Zeitung »Die Kolonialwaren-Woche«, Festnummer September 1909, S. 2

10 Einführung
die Damen einmal von irgendeinem gewissen­losen Fabrikanten unsorgfältig hergestell-
te, nicht wirklich tadellose Ware erhielten.«8 Die Kundinnen waren oft unsicher über
Herkunft und Beschaffenheit der Waren oder hatten schlechte Erfahrungen gemacht.
Einige Branchen vereinbarten freiwillige Qualitätsnormen,9 Hersteller von Qualitäts-
ware setzten für ihr Produkt auf Markenproduktion. Das Markenschutzgesetz von 1874
wurde 1896 novelliert und förderte vor allem unter den Nahrungsmittelherstellern die
Ausbreitung des Markengedankens.10 Diese garantierten mit ihrer Marke eine hygieni-
sche Verarbeitung vorzüglicher Rohware von gleichbleibend guter Qualität. Denn mit
einem einzigen schlechten Produkt war eine Kundin verloren. Um gegenüber der billige-
ren und meist schlechteren Konkurrenzware bestehen zu können, musste sie bekannt
gemacht werden. Betriebsbesichtigungen und fotografierte Betriebsrundgänge waren
eine Form der Werbung, sie machten die Herstellung transparent. »Solche Führungen
sind für uns das beste Werbemittel, denn wir haben ein gutes Gewissen und können
deswegen alle Zweige unseres Betriebes zeigen«, war sich Heinz Appel sicher.11 August
und Bernhard Sprengel waren mit Besichtigungen zurückhaltender. Die Schokoladen-
fabrikation war kapital­intensiv und wurde mit spezialisierten, z. T. selbst entwickelten
Maschinen betrieben. Die Fabrikanten versuchten Rezepturen der Konkurrenten auszu-
spähen. Die Furcht vor Betriebsspionage war durchaus keine unrealistische Furcht. Die
Vorstellung der Fabrikationsräume in einem Fotoband bot die Möglichkeit, den Kunden
dennoch ein anschauliches Bild von Qualitätsproduktion zu vermitteln. Die Fotografien
von qualitativ hochwertiger Arbeit sollten die Kunden von der Güte der Produkte über-
zeugen. Zur Erklärung der Gründe, weshalb zunehmend auch Frauen – oft ungelernte –
an ihrem Arbeitsplatz fotografiert wurden, mag hier der Hinweis auf das Kapitel »Arbei-
terinnen gesucht« (S. 55ff.) reichen.

Die vorliegende Untersuchung versucht zu zeigen, wie sich Motive und Bildkonzepte
abhängig vom unternehmerischen Führungsstil und den gesellschaftlichen und wirt-
schaftlichen Rahmenbedingungen unterschieden und entwickelten. Fotos, die Menschen
als Individuen bei ihrer Arbeit zeigen, waren zwischen 1900 und 1914 keine Ausnahmen,
sondern eher häufig. Schließlich hing der Erfolg des Unternehmens von der guten Arbeit
seiner qualifizierten Stammarbeiter und ›Beamten‹ ab. Diese waren sich dessen bewusst
und schauten entsprechend selbstbewusst in die Kamera. Waren die Arbeitsplätze weni-
ger attraktiv oder gering angesehen, was vor allem auf die Saisonarbeit zutraf, ist das an
der Mimik und Körperhaltung ablesbar. Mit expandierenden Absatzmärkten und Einstieg
in die Massenproduktion nahm die Bedeutung von Investi­tionen in rationelle Maschinen
zu. Das veränderte auch den Fokus der Industriefotografie. Gesellschaftliche Werthaltun-
gen und politische Einflüsse wirkten sich ebenfalls aus. Der Blick auf die Menschen war
1928 ein anderer als 1900, 1965 anders als 1935.

8 Ebd.
9 Vgl. Vera Hierholzer, Nahrung nach Norm. Regulierung von Nahrungsmitteln in der Industrialisierung
1871–1914, Göttingen 2010
10 Siehe Uwe Spiekermann, Warenwelten. Die Normierung der Nahrungsmittel in Deutschland
1850–1930, in: Ruth E. Mohrmann (Hrsg.), Essen und Trinken in der Moderne, Münster 2006, S. 109
11 Familienarchiv, jetzt Hanseatisches Wirtschaftsarchiv: Text der Rede Heinz Appels an die Besucher bei
Betriebsbesichtigungen

Einführung 11
Dabei ist die Recherche zu den Aufnahmen in diesem Buch durchaus von Zufälligkei-
ten bestimmt. Das betrifft den Bestand der archivierten Fotografien in den Unterneh-
men, die in der Regel nicht systematisch erhalten sind,12 und auch die Aufnahmen, die
die Autorin einsehen konnte.13 Sehr treffend bemerkt Karin Hartewig: »Oft wird das
historische Bildarchiv als eine Art Kellermagazin der Pressestelle betrachtet, als zuverläs-
siger Bilderlieferant, wenn Bedarf nach Fotos aus der ›guten, alten Zeit‹ besteht.«14 Eine
Auswahl alter Fotos wird dann dem Anlass entsprechend bearbeitet, hervorgeholt und in
Jubiläumsschriften, für Werbeanzeigen oder in Mitarbeiterzeitschriften veröffentlicht.15
Über die Fotografen vor 1920 ist nur in Ausnahmefällen etwas bekannt. Die Signatur
WR unter Aufnahmen aus dem Pelikanwerk 1906 verweist auf Willi Roerts, der auch
Dampfmaschinen und Lokomotiven für die Hanomag fotografierte.16 Der Berliner Licht-
bildner Franz Stoedtner hat seine Urheberschaft auf einigen Stereotypien aus der Firma
Bahlsen kenntlich gemacht. Im Archiv der Deutschen Fotothek Dresden sind von Stoedt-
ner außerdem zahlreiche Aufnahmen von Pelikan, König & Ebhardt und der Mechani-
schen Weberei Linden erhalten. Sonst sind bis Anfang der 1920er Jahre die Urheber der
hier dokumentierten Fotografien ebenso unbekannt wie ihre Beziehung zum Auftrag-
geber und ihre Gestaltungsmöglichkeiten. Liegen Informationen vor zum Kontext der
Entstehung und den dargestellten Personen und Räumen, werden sie in den Begleittext
aufgenommen.

12 Siehe Karin Hartewig, Silos und Krematorien, 2019, S. 20


13 Gut erhalten sind Fotografien der Schokoladenfabrik Sprengel. Die Handakten der Eigentümerfamilie
von 1851 bis 1975 hat Bernhard Sprengel dem niedersächsischen Hauptstaatsarchiv als Deposi-
tum übergeben. Das Rheinisch-Westfälische Wirtschaftsarchiv (RWWA) erhielt von Hans Imhoff, der
B. Sprengel & Co. 1979 von dem amerikanischen Eigentümer Nabisco kaufte, die für die Marken­
geschichte wichtigen Unterlagen und die historischen Fotografien. Fotos aus der Fabrikation von
Günther Wagner (Pelikan) und Bahlsen seit 1900 sind noch in den Firmenarchiven vorhanden, aber
nicht systematisch archiviert. Fotografien von Feinkost-Appel haben im Familiennachlass von Heinz
Appel und beim jetzigen Markeninhaber in Cuxhaven überdauert. Jubiläumsschriften und Mitarbeiter-
zeitungen sind in der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek (GWLB) und in der Stadtbibliothek Hannover
archiviert.
14 Karin Hartewig, Silos und Krematorien, 2019, S. 20
15 Der Zeitpunkt der Aufnahmen ist nicht selten unklar und die zeitliche Zuordnung der Fotografien feh-
lerbehaftet. Zu den Datierungsproblemen von Werksfotos vgl. auch Jürgen Bönig, Die Einführung von
Fließbandarbeit in Deutschland bis 1933. Zur Geschichte einer Sozialinnovation, Münster 1993, S. 222.
16 Diesen Hinweis gab Detlef Kasten, Stadtbibliothek Hannover.

12 Einführung
2 Positionen zur Industriefotografie
Erst mit dem Niedergang von Branchen industrieller Arbeit erwachte das Interesse an
ihren fotografischen Hinterlassenschaften. Hilla und Bernhard Becher dokumentierten
ab den 1970er Jahren die Monumente der Industriekultur in Nordrhein-Westfalen und
trugen mit ihrer Fotografie zum Erhalt von Industriedenkmälern bei. Mit Funden aus den
Unternehmensarchiven der Schwerindustrie des Ruhrgebietes wurden in den 1980er
und 1990er Jahren eine Reihe von Ausstellungen kuratiert und Veröffentlichungen he­
rausgegeben. Reinhard Matz1 und Rolf Sachsse2 kommentierten in mehreren Beiträgen
die Fotografien mit dem Sachverstand des professionellen Fotografen. Industriefotogra-
fie ziele, so ihr unternehmenskritisches Narrativ, vor allem auf Kontrolle, Disziplinierung
und Repräsentation und beschönige die tatsächlichen Ausbeutungsverhältnisse. Matz
urteilte über die von ihm durchgesehenen Fotos aus Archiven der Schwerindustrie des
Ruhrgebiets: »Jeder persönliche Ausdruck und alle individuellen Reaktionen werden
durch die Einordnung der entsprechenden Fotografie in übergeordnete Repräsenta­
tionszusammenhänge enteignet und erscheinen als werbewirksamer Eindruck des
Unternehmens. Derart entindividualisiert werden die Menschen zur leeren Projektions-
fläche für die Vorstellungen, mittels derer es der Industrie im Rahmen der Fotografie
gelingt, ihre destruktiven Momente nicht nur zu kaschieren, sondern womöglich noch
ins Positive zu kehren.«3 Danach beutet der Unternehmer die Arbeiter nicht nur aus, er
eignet sich obendrein ihr Bild am Arbeitsplatz an.
Die Projektgruppe um Matz hat »vielleicht eine halbe Million Fotos« vor allem aus den
Archiven von Thyssen, Haniel und Krupp durchgesehen. Unter den zahlreichen Fotos von
© Verlag Kulturstiftung Ruhr, Essen

weitausgreifenden Fabrikgebäuden, mächtigen Anlagen, Maschinen und Produkten der


schwerindustriellen Ruhrindustrie ist für ihn offenbar der arbeitende Mensch verlo-
ren gegangen. Noch zugespitzter als Matz formuliert Jörg Boström seine Kritik an der
Industriefotografie. »Ein fotografisches Wachs­figurenkabinett. Diese Menschen dienen.
Sie dienen nicht nur in der Realität. Sie dienen auch als Standfiguren in den Industrie­
fotografien. Wir haben es zu tun mit einer inszenierenden, inszenierten Fotografie. Man
muss gegenüber solcher Fotografie immer wieder festhalten, daß hier nicht Autorenfo-
tografie, selbstbestimmte Bildsuche [...] die Bildproduktion steuern, sondern Aufträge.«4
003 Friedrich-Wilhelms-
Dabei sind ausschließlich Aufträge der Industrie suspekt, also nicht »sozialdokumenta-
Hütte Mülheim, Gießerei 1,
rische Fotografie, nicht Arbeiterfotografie oder gewerkschaftliche orientierte Betriebs­
1930er Jahre
fotografie«.5 Nach Auffassung dieser Kritiker kann Industriefotografie wegen ihrer
Interessengebundenheit an die Auftraggeber ­generell Wirklichkeit nicht abbilden, weil

1 Reinhard Matz, Industriefotografie. Aus Firmenarchiven des Ruhrgebiets, Essen 1987


2 Rolf Sachsse: Mensch – Maschine – Material – Bild. Eine kleine Typologie der Industriefotografie, in: Lisa
Kosok; Stefan Rahner (Hrsg.), Industrie und Fotografie, Hamburg 1999
3 Matz, Industriefofografie, 1987, S. 55
4 Jörg Boström, Ruth Hallensleben. Eine Interpretin auf der Bühne der Industrie, in: ›Ruth Hallensleben‹,
Ruhrland Museum Essen (Ausstellungskatalog), Essen 1990, S. 57
5 Ebd., S. 62

Positionen zur Industriefotografie 13


sie als inszenierte Auftragsfotografie die Realität schöne. Die Erwartung an den Fotogra-
fen, »schöne« Fotos zu erhalten, ist von Krupp überliefert6 und wird für andere Fabrikan-
ten ebenso gelten wie für private Kunden. Die Fotografien für die Fabrikanten gewähren
indessen ohne deren Willen und Jahrzehnte später nicht selten Aspekte von Wirklichkeit,
die über die ursprüngliche Intention hinausreichen.7 Sie geben im Vergleich auch Auf-
schluss über das Interesse und die Sichtweise des Eigentümers auf das Unternehmen.
Das Ausbeutungsnarrativ der Kritiker von Industriefotografie ist im Zeitgeist der
damaligen Jahre begründet. Jäger stellt ein erstes Interesse der deutschen Geschichts-
wissenschaft an Fotografie »im Zusammenhang der Erforschung der Arbeiterbewe-
gung und sozialer Ungleichheit«8 fest. Studenten gingen Ende der 1960er Jahre in die
Betriebe und beeinflussten die Themensetzung der Geschichtswissenschaft, die sich in
den 1970er Jahren vermehrt der Sozialgeschichte und der Geschichte der kleinen Leute
zuwandte. Die Kommentierung der Industriefotografie durch Reinhard Matz ist bis
heute wirksam. Seine Interpretation gilt als grundlegend und wird entsprechend häufig
zitiert.9 Sie kam einerseits den nostalgischen Bedürfnissen der Rezipienten nach mo-
numentaler Industriearchitektur entgegen und befriedigte andererseits gesellschafts-
kritische Vorstellungen, die die entfremdete Arbeit der Arbeitermassen in den Fotos
wiederzufinden glaubten. Fabrikarbeit wurde und wird assoziiert mit Schwer­industrie,
Ruß, Staub, Lärm, dunklen lichtlosen Räumen, Schwerstarbeit. Vielleicht haben auch
deswegen Fabrikanten der Schwerindustrie mit dem Aufkommen der Fotografie die
Möglichkeit gesehen und genutzt, die Welt der Industrie mit dem neuen Medium zu
inszenieren. Es ist allerdings problematisch, daraus auf Motive und Interessen der Indus-
trie allgemein zu schließen.
Der Herausgeber des Bandes über die Industriefotografie bei Krupp, Klaus Tenfelde, sieht

© Historisches Archiv Krupp, Essen


wie Matz vor allem die Kontrolle und Disziplinierung der Belegschaft als Absicht hinter
den Fotos aus den Krupp’schen Werken. Für die »fotografische Dokumentation der Arbeits-
prozesse, also insbesondere der arbeitenden Menschen«, hätten die Firmenleiter »wenig
Interesse«10 gehabt. Menschen seien, wenn es um »möglichst imposante Maschinen geht
[…], eher als unentbehrliche Statisten« mitfotografiert worden. Die sogenannte Industrie-
fotografie sei vor 1914 eine »Fotografie von Werkshallen und F­ abriklandschaften, kaum
schon eine Fotografie der Arbeit, des arbeitenden Menschen«.11
Stefan Rahner vertritt nach Durchsicht von Fotografien aus Hamburger Unterneh-
004 Mittelschiff der
mensarchiven eine differenzierte Position, wohl vor allem deshalb, weil »die Unter-
Satzachsendreherei Friedrich
nehmen, deren Bildbestände wir gesichtet [haben], sehr heterogen [waren]: neben Krupp AG, Essen, um 1906
6 »Wenn sie [die Bilder] so schön werden, wie ich mir denke, mag die Aufnahme […] ein Paar Tausend
Taler kosten.« (Bodo von Dewitz, Zur Entstehungsgeschichte der Graphischen Anstalt, in: Klaus Tenfelde
(Hrsg.), Bilder von Krupp, S. 49)
7 Vgl. Roland Barthes, Die helle Kammer, Frankfurt 1985, S. 23: »Was die Gesellschaft mit meinem Bild
anstellt, was sie darin liest, weiß ich nicht.«
8 Jens Jäger, Photographie. Bilder der Neuzeit. Einführung in die Historische Bildforschung, Tübingen 2000,
S. 18
9 Z. B. bei Klaus Tenfelde (Hrsg.), Bilder von Krupp. Fotografie und Geschichte im Industriezeitalter. Vorwort
von Berthold Beitz, München 1994; Karsten Uhl, Humane Rationalisierung? Die Raumordnung der Fabrik
im fordistischen Zeitalter, Bielefeld 2014; Marianne Bieger-Thielemann, Albert Renger-Patzsch. Der Ingol-
städter Auftrag, Weimar 1995, S. 25
10 Klaus Tenfelde (Hrsg.), Bilder von Krupp, 1994, S. 313
11 Ebd.

14 Positionen zur Industriefotografie


Familien­unternehmen gab es auch Aktiengesellschaften [auch schon frühe], von
Managern geführt, ›alte‹ Unternehmen, mit langer Tradition ebenso wie neue Unter-
nehmen von Mitte des 20. Jahrhunderts«. Auch die Branche – ob Konsumgüterindustrie
oder ein Unternehmen, das nur gewerbliche Kunden hat – beeinflusse die Selbstdar-
© Museum der Arbeit Hamburg

stellung nach außen und das Bildprogramm.12 In den Archiven fand Rahner sowohl die
»Präsentation der schieren Größe, Vielfalt, Präzision der Produkte, Fortschrittlichkeit
und Rationalität der Arbeitsorganisation, aber auch Fürsorge für und Kontrolle über
die Beschäftigten. Nach innen gegenüber den Mitarbeitern sollten die Fotos integrie-
rend wirken, Stolz auf die eigene Firma erzeugen und die Zugehörigkeit zur Betriebs-
familie stärken.«13 Da die Konvolute der Hamburger Ausstellung aus verschiedenen
Zeiten stammen, lassen sich wohl gewisse epochentypische Merkmale erkennen,
005 Entparaffinierungs­ eine historische Entwicklung ist daraus aber nicht ablesbar. Der Betrachter kann nicht
anlage im Shell-Werk, unterscheiden, was unternehmenstypisch bzw. was zeittypisch ist. Eine historische
1940er Jahre Längsschnittbetrachtung fehlt bisher, aus der man ablesen könnte, wie sich in einzel-
nen Unternehmen im Verlauf des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wandels die
Bildkonzepte verändert haben.
Der Katalog »Arbeitswelten« aus bayerischen Archiven zeigt wie die Hamburger Fotos
eine Vielfalt von Fotos aus unterschiedlichen Branchen – auch mit Arbeitern im Bild.
Dennoch übernimmt Eva Moser in ihrem Vorwort die Lesart von Matz, Sachsse und
Tenfelde, wonach »in der Frühzeit der Industriefotografie Arbeiter eine unterge-
ordnete Rolle [spielten]«.14 Das Foto eines Arbeiters im Münchener Löwenbräu
aus dem Jahr 1910 in dem Katalog fügt sich nicht in die zitierte Aussage. Der ins
Zentrum des Bildes gerückte Arbeiter an der Flaschenabfüllanlage für Bier schaut
ernst und etwas melancholisch in die Kamera. Auch wenn möglicherweise eine
© Bayer. Wirtschaftsarchiv

neue Abfüllanlage Anlass für das Foto gewesen sein mag, strahlt der Mann, der
sie bedient, eine eigene Würde aus.
Alf Lüdtke wiederum ist der Auffassung, dass Fotografie in kleineren Fir-
men vor und nach 1900 »im Alltagsbetrieb von Produktion und Vermarktung
kaum Verwendung«15 gefunden habe. Lüdtke, lange in Hannover tätig, hat sich
­Fotografien der Hanomag angesehen,16 sich aber mit der mittelständischen
006 Arbeiter an einer halb­ Konsumgüter­industrie offenbar nicht befasst. Die Industriefotos des Großbetriebes
automatischen Flaschen- Hanomag entsprechen dem gängigen Muster der Fotografie in schwerindustriellen
abfüllanlage um 1910,
Groß­betrieben.
Löwenbräu AG München
Horst-Dieter Görg und Alfred Büllesbach haben Restbestände des Hanomag-Archivs
gesichtet, eine Fotodokumentation herausgegeben17 und festgestellt, dass sich unter
den noch vorhandenen Bildern der Hanomag nur sehr selten Aufnahmen von einzelnen

12 Stefan Rahner, Mail an Autorin vom 10. 12. 2019


13 Stefan Rahner, Glanzbilder, in: Lisa Kosok; Stefan Rahner (Hrsg.), Industrie und Fotografie, Hamburg
1999, S. 8
14 Bayerisches Wirtschaftsarchiv (Hrsg.), Arbeitswelten. Industriefotografien aus den Beständen des Bay-
erischen Wirtschaftsarchivs. Beitr. von Eva Moser, Richard Winkler, Harald Müller, München 2004
15 Alf Lüdtke, Industriebilder. Bilder der Industriearbeit? Industrie- und Arbeiterphotographie von der Jahr-
hundertwende bis in die 1930er Jahre, in: Historische Anthrolopogie 1 (1993), Heft 3, S. 396
16 Ebd.
17 Alfred Büllesbach, Horst-Dieter Görg, Fotografie bei Hanomag. Menschen & Maschinen in Hanno-
ver-Linden, München 2016

Positionen zur Industriefotografie 15


Mitarbeitern finden. »Sie werden meist in einer Gruppe gezeigt oder in relativ kleiner
Abbildungsgröße in einem weit gefassten Arbeitsumfeld in ihrer Funktion innerhalb des
Fertigungsprozesses.«18 Diese Fotos wurden vor allem in den 1920er Jahren aufgenom-
men. Aus der Frühzeit der Hanomag mit dem Lokomotivbau als tragender Säule des
Unternehmens seien kaum Fotos überliefert.19
Lüdtke faszinieren wie Matz und Tenfelde vor allem die Akteure auf den ›Kom-
mandohöhen‹ der industriellen Gesellschaft. So zitiert er aus dem Geleitwort von Albert

© Verlag Herm. Reckendorf, Berlin


Vögler, langjähriger Generaldirektor der Vereinigten Stahlwerke und einer der Repräsen-
tanten der Ruhr-Schwerindustrie: »Die in diesem Buch gezeigten Bilder [von Albert Ren-
ger-Patzsch] sollen dem Betrachtenden in der Schönheit der Formen – gleichgültig, ob es
sich um einen Bau von großer Zweckbestimmung handelt oder um einen Teil einer Ma-
schine oder einen alltäglichen Gegenstand – einen Eindruck von der wirtschaftlichen,
technischen und aufbauenden Bedeutung der deutschen Stahlindustrie vermitteln.«20
Die Funktion der Eisenkonstruktion auf dem Schutzumschlag des Foto-Bandes ist nicht
sichtbar und unwichtig. Entscheidend ist die von Vögler gepriesene ›Schönheit der
007 Eisen und Stahl, Cover
Form‹. Lüdtke folgert, die Industriellen seien vor allem an Innenansichten einer Großma-
von Albert Renger-Patzsch
schinenfabrik der AEG oder die Kanonenwerkstätten bei Krupp mit ihren kolossalen Aus-
1931, Werkbundbuch Bd. 1
maßen und am repräsentativen Nutzen der Fotos interessiert. Die Technik-Begeisterung
und die Faszination industrieller Großbauwerke haben in den späten 1920er Jahren die
Fotokünstler in derselben Weise ergriffen wie ihre industriellen Auftraggeber. »Sofern
lebendige Arbeit überhaupt auftrat, dann waren Spuren der Arbeitsmühe […] fast völlig
aus den Bildern getilgt.«21 Lüdtke hat mit seiner These vom »Eigen-Sinn« der
Arbeiter und dem Stolz auf ihre Arbeit das Standardnarrativ zur Industriefo-
tografie bereits erweitert,22 bezog sich dabei aber vor allem auf ihre (Selbst-)

© Historisches Archiv Krupp, Essen


Inszenierung vor der Kamera der ›Arbeiterfotografen‹.
Ralf Stremmel bezweifelt die Aussage von Matz und anderen, die Indus-
triefotografie habe vor 1930 den arbeitenden Menschen noch nicht abge-
lichtet.23 Auf frühen Fotos mit Stammarbeitern des Bochumer Vereins rücke
»zumindest auf einigen Bildern das Individuum in den Mittelpunkt: »Ein
Techniker prüft die Härte von Walzen. Die Gesichter der Arbeiter des Bo-
chumer Vereins zeugen von schwerer körperlicher Arbeit. Viele der Männer
wirken eher distanziert und verhärmt, ja etwas abgerissen und früh gealtert.
Dennoch versuchen sie, Haltung und Würde zu bewahren. Es handelt sich um Bilder mit 008 Härteprüfung von Wal-
Leben.«24 Stremmel nennt auch Gründe, weshalb sich das Bildprogramm des Bochumer zen beim Bochumer Verein
für Gussstahlfabrikation
Vereins von dem der Schwerindustrie üblicherweise zugeschriebenen unterscheidet.
Die Mitglieder der Familie Baare hätten über mehrere Jahrzehnte hinweg das Unter-
nehmen, obwohl Aktiengesellschaft, wie ein Familienunternehmen geführt und seien

18 Ebd., S. 15
19 Ebd., S. 5
20 Alf Lüdtke, Industriebilder, 1993, S. 395
21 Ebd., S. 413
22 Diesen Hinweis gab Jens Jäger, Mail an die Autorin vom 9. 3. 2021.
23 Ralf Stremmel, Industrie und Fotografie. Der ›Bochumer Verein für Bergbau und Gussstahlfabrikation‹
1854–1926, Münster 2017, S. 36
24 Ebd.

16 Positionen zur Industriefotografie


angesichts hoher Arbeitsfluktuation daran interessiert gewesen, einen Stamm qualifi-
zierter Stammarbeiter an sich zu binden. »Unter den Stammarbeitern bildete sich ein
Wir-Gefühl heraus. […] Der Stammarbeiter genoss Prestige, nach innen wie außen.«25
Ein familiengeführtes Unternehmen, so ist zu vermuten, hatte eine andere Sicht auf
fotografierte Mitarbeiter als große Kapitalgesellschaften.
Karsten Uhl folgt in seiner Schrift »Humane Rationalisierung?« dem Narrativ Tenfel-
des und Matz’, nach dem die frühen Industriefotos vor allem der Kontrolle und Diszi-
plinierung dienten. Das hängt mit seiner Fragestellung zusammen, die mit Hilfe der
Fotografien die »Entfaltung der Machtausübung« in der Fabrik erfassen will.26 Danach
wählt er die Fotos aus, und unter dieser Prämisse verengt sich sein Blick. Besonders
deutlich wird das auf dem ausgewählten Cover-Foto aus dem Jahr 1922, das zwei
endlose Reihen von Arbeiterinnen der Firma Stollwerck von hinten zeigt. Sie arbeiten an
Einschlagmaschinen für Bonbons und werden von einer Aufseherin am Stehpult beauf-
sichtigt als Beleg für Kontrolle und Entindividualisierung der Arbeitswelt. Ein weiteres
Beispiel der verengten Sichtweise: Eine Aufnahme aus dem Schokoladenwickelsaal bei
© transcript, Bielefeld

Sprengel 1901 zeigt die Arbeiterinnen der Abteilung, die auf ihre ›Directrice‹ schauen,
bei Sprengel eine selbstbewusst wahrgenommene Vorgesetztenposition (Abb. 87). Uhl
merkt dazu an: »Das Bildmotiv repräsentiert Ordnung und Hierarchie. […] Die Bildbe-
schriftung des Fotos dieses Arbeitsraums gibt an, dass es sich um die Abteilungsleiterin
und ihren Nachfolger handelt. Außerdem sind zwei weitere Männer im Bildhintergrund
009 Stollwerck-Arbeite- zu erkennen. Es war dem Unternehmen also wichtig, die gründliche Überwachung der
rinnen 1922 an Karamell­ Arbeiterinnen auf dem Foto festzuhalten.«27 Uhl schließt aus diesem Foto auf eine von
einschlagmaschinen Männern dominierte Hierarchie, obwohl die später zugefügte Bildunterschrift aus-
drücklich auf die »mütterliche Vorgesetzte« verweist, von »Überwachung« keine Spur.
Auf einem Foto von Arbeiterinnen an einer Kakaolesemaschine aus dem Jahr 1921
meint er den »kontrollierenden Blick des Meisters auf das Zwischenprodukt« wahrzu-
nehmen.28 Der Blick des Mannes ist aber nicht auf die Arbeiterinnen oder die Bohnen
gerichtet, sondern auf die mit Kakaobohnen gefüllte Tonne, die auszuwechseln ist. Die
leere Tonne steht schon bereit.
Marianne Bieger-Thielemann nähert sich der Industriefotografie29 mit der Fragestel-
lung, ob diese, wiewohl Auftragsfotografie, als Kunst anzusehen ist, und nimmt sie erst
zu einem Zeitpunkt in den Blick, als bekannte Fotokünstler Aufträge aus der Industrie
erhielten. Allerdings steht der künstlerische Gehalt der Fotografien für die Unternehmen
nicht an erster Stelle. Auch wenn sie in den 1930er Jahren an bekannte Fotokünstler
Aufträge vergaben, handelte es sich um Gebrauchsfotografie, die sie für Werbung, Be-
triebsbindung und das angestrebte Firmenselbstbild einsetzten. Das galt gleichermaßen
für die Werbegrafik, die – oft zum Leidwesen der Künstler – an Werbewirksamkeit ori-
entiert war, wenn sie auch, z. B. bei Pelikan, Continental und Bahlsen, sehr sehenswerte
Ergebnisse gezeitigt hat. Das von Bieger-Thielemann der Industriefotografie zugeschrie-

25 Ebd.
26 Karsten Uhl, Humane Rationalisierung?, 2014, S. 25
27 Karsten Uhl, Humane Rationalisierung?, 2014, S. 288. Vgl. dazu Abb. 087 (S. 68) in diesem Buch.
28 RWWA 208-0126-4, Karsten Uhl, Humane Rationalisierung?, 2014, S. 293
29 Marianne Bieger-Thielemann, Albert Renger-Patzsch. Der Ingolstädter Auftrag, 1995

Positionen zur Industriefotografie 17


bene »Desinteresse an individuellen Charakterzügen« und überwiegend »typischen und
klischeehaften« Arbeiterdarstellungen30 mag daran liegen, dass sie sich in ihrer Analyse
auf Fotoreihen berühmter Kunstfotografen beschränkt. Diese haben sich Ende der
1920er Jahre genau wie ihre industriellen Auftraggeber von serieller Massenfabrikation,
Technik und Maschinenwelt faszinieren lassen. Eine allgemeine Einschätzung der Indus-
triefotografie daraus abzuleiten, wäre einseitig.
Gegenüber der Neigung, Bildkonzepte der Industriefotografie in der großindustriel-
len Schwerindustrie generell auf die Fotografie der Industrie zu übertragen, weist Jens
Jäger auf die Einschränkung hin, dass »die überwiegende Mehrzahl der bisher analy-
sierten Industriephotographie in großen Unternehmen, insbesondere in der Eisen- und
Stahl­industrie, entstand, Büroarbeit, Nahrungs- und Genussmittelproduktion oder
Handwerk«31 dagegen fotografisch kaum dokumentiert seien. Warum ist das so? Groß­
unternehmen stehen allgemein mehr im Zentrum der öffentlichen Aufmerksamkeit
als mittlere Familien­unternehmen. Die Geschichte der Großen ist zudem besser archi-
viert und Historikern leichter zugänglich. Falls sie vom Markt verschwinden, gibt es ein
gewisses öffentliches Interesse an den Hinterlassenschaften. Kleinere Unternehmen
verschwinden nicht selten sang- und klanglos. Kaum jemand außer den Mitarbeitern
interessiert sich für alte Fotos und Dokumente, die in der Regel mit der Auflösung der
Unternehmen und dem schnellen Verkauf der werthaltigen Grundstücke entsorgt
werden. Jäger weist auch daraufhin, dass »vieles in der photohistorischen Forschung auf
Pionierleistungen fixiert«32 ist. Es hätten sich zudem »einige Pawlow’sche Reflexe ein-
geschliffen, d. h. zu einigen Themen finden sich sehr globale Aussagen oder sehr starke
Verkürzungen von Zusammenhängen, die dem Gegenstand nicht gerecht werden«. Es
bestünde die Gefahr, dass Historiker dann die vorgefundenen Aussagen jeweils reprodu-
zieren.33 Es ist an der Zeit, der Vermutung von Reinhard Matz nachzugehen, dass »sich
möglicherweise ein Zusammenhang zwischen Firmengröße, Branche und Eigentums-
form und fotografischer Praxis eines Unternehmens feststellen«34 lässt.

30 Ebd., S. 79
31 Jens Jäger, Photographie. Bilder der Neuzeit, 2000, S. 98
32 Ebd., S. 32
33 Ebd.
34 Matz, Industriefotografie, 1987, S. 10

18 Positionen zur Industriefotografie


3 Die Eigentümer und ihre Mitarbeiter
Die Vervielfältigungsfotografie hatte mit der Abbildung von Personen und Gruppen
ihren Aufschwung genommen.1 Auf diesem Markt der Eitelkeiten gab es eine lebhafte
Nachfrage, und die Firmeneigentümer ließen sich wie andere Privatpersonen im Por­
trät oder in Gruppenarrangements ablichten, bevor sie Anfang des 20. Jahrhunderts in
größerem Umfang Aufnahmen aus der Fabrika­
tion in Auftrag gaben. Wenn Reinhard Matz
nach Durchsicht der Fotografien aus der rhei-
nisch-westfälischen Schwerindustrie zu dem
Schluss kommt, dass »die Unternehmer selbst er-
staunlicherweise kein typisches Sujet der frühen
Industriefotografie gewesen zu sein«2 scheinen,
mag das für die an­onymen Kapitalgesellschaften
der Schwer­industrie gelten. Für Krupp konsta-
tiert Lothar Gall, dass die leitenden Personen der
Gründerfamilie als Symbole für die Identität und
Kontinuität des Unternehmens sehr wohl optisch
herausgestellt wurden.3 Das gilt auch für die
hier betrachteten Unternehmen. Die Eigentümer
sind in der Mehrheit durchaus »im Bilde« – im
Porträt, als Entscheider im Büro oder als Primus
inter Pares in Sitzungsraum oder Werkstatt. Ein
typisches Arrangement früher Mitarbeiterfotos
fand im Hof der Firma statt. Dazu brachte der
Fotograf ein Gestell für die Aufstellung mit, oder
man behalf sich mit Kisten und Stühlen.

Der Chef von B. Sprengel & Co. ließ Ende der


1850er Jahre von sich und seiner Frau ein reprä-
sentatives Foto anfertigen, das Würde, Willens-
kraft und Tatkraft ausstrahlt und im Gestus einer
Aufnahme von Alfred Krupp ähnlich ist.4 In der
010 Bernhard und würdevollen Haltung des erfolgreichen Unternehmers und seiner hart arbeitenden
­Wilhel­mine Sprengel, Ehefrau Wilhelmine ist jegliche Spur der Alltagsarbeit getilgt. Ein spätes Foto (Abb. 011)
1850er Jahre porträtierte ihn, ähnlich wie Heinrich Ebhardt 1895, als vollbärtigen, greisen Pariarchen.
Sprengel hatte seinen kleinen Familienbetrieb zur Herstellung von Trinkschoko­lade

1 Hoerner, Das photographische Gewerbe, 1989, S. 115


2 Matz, Industriefotografie, 1987, S. 31
3 Lothar Gall, Die Bilder von Krupp. Die Familie, in: Tenfelde (Hrsg.), Bilder von Krupp, 1994, S. 207
4 Ebd., S. 205

Die Eigentümer und ihre Mitarbeiter 19


1851 in Harburg bei Hamburg mit 011 Bernhard Sprengel,
tatkräftiger weiblicher Unterstützung Porträt des g
­ reisen ­Gründers
und geldlicher Zuwendung seines im Jubiläumsbüchlein
Vaters, des Pastors Sprengel, gegrün- von 1901

det, bevor er sechs Jahre später in die


Residenzstadt Hannover übersiedelte.
Die Mutter seines Kompagnons Fried-
rich Brandes stellte die Trinkschoko-
lade selbst her. Bernhards Schwester
Alwine und die vier Schwestern von
Brandes halfen im Betrieb; Wilhelmi-
ne Brandes wurde seine Ehefrau.

Im Jahr 1901 gab die Firma ein


Foto-Lepo­rello heraus, in rotes Leder
gebunden mit 22 Fotografien. Die
Beschäftigten versammelten sich in
ihren Abteilungen zu Erinnerungsfo-
tos – eine Bilderreihe als Jubiläums-
geschenk an den greisen Chef und
Gründer.

012 Der Gründer


­Heinrich Ebhardt, 1895
Auf der ersten Seite des Jubiläumsbuches zum 50-jährigen Bestehen der Geschäfts­
bücherfabrik König & Ebhardt 1895 begrüßt der Gründer der Firma mit einem wür-
digen Porträt den Betrachter und heißt ihn »zu einem Rundgange durch den Betrieb«
willkommen. Fein illustriert und mit aktuellen Fotos stellt er die Abteilungen und deren
Mitarbeiter vor. Bilder und Beschreibung würdigen die qualifizierte Arbeit und vermit-
teln den Eindruck, dass die neuesten technischen Errungenschaften und sorgfältige
Arbeit zusammenwirken, um ein Geschäftsbuch der Marke König & Ebhardt hochwer-
tig und als Massenprodukt zugleich preiswert herzustellen. Heinrich Ebhardt war in

20 Die Eigentümer und ihre Mitarbeiter


die Cichorien-Fabrik seines Stiefvaters Johann Christoph König eingetreten und 1833
Mitinhaber geworden. Er bereiste die Kundschaft und schaffte sich 1840 eine Buch-
druck-Handpresse für den Bedarf seiner Fabrik für Etiketten, Einwickelpapiere und Tüten
an. Dann fertigte er auch kaufmännische Formulare und konnte bald mit dem Einsatz
einer Feder-Liniermaschine saubere Liniaturen für Geschäftsbücher drucken. Mit diesem
Vorsprung vor der Konkurrenz entwickelte sich seine Firma schnell zur angesehenen und
größten deutschen Geschäftsbücherfabrik.

013 (links)
Hermann Bahlsen, um 1905

014 (rechts)
Bahlsen: Privat-Comptoir,
1894

Hermann Bahlsen, Sohn des hannoverschen Tuchhändlers Carl Bahlsen, hatte als Sieb-
zehnjähriger Hannover für eine kaufmännische Lehre in Genf verlassen und arbeitete
danach fünf Jahre im Zuckerhandel in London. Zurück in seiner Heimatstadt, war er als
kaufmännischer Angestellter in den Egestorff’schen Salzwerken und bei der Continental
Caoutschuk Compagnie tätig, bevor er eine Bäckerei in der Friesenstraße übernahm.
Schon sechs Jahre später, 1893, errichtete er seine erste eigene Fabrik mit Standort in
der List, wo die Verwaltung sich noch heute befindet.5 Er ist mit einem Porträt auf den
Veröffentlichungen der Firma präsent. In seinem reich dekorierten Privat-Comptoir und
auf späteren Fotografien aus Kontoren und Fabriksälen ist der Eigentümer dagegen ab-
wesend.6 Einen fotografischen Betriebsrundgang hat Hermann Bahlsen nicht in Auftrag
gegeben. Zwar erschien 1894 ein Artikel über die Cakes-Fabrik mit Fotos von Arbeits­
sälen in der Leipziger »Illustrirten Zeitung«, für die Werbung und Produktgestaltung
setzte Hermann Bahlsen aber auf die Zusammenarbeit mit bekannten Grafikkünstlern
wie Änne Koken, Kurt Schwitters und Heinrich Mittag und nicht auf die Fotografie.

5 Nach: Bahlsen 1889–1939, S. 22


6 In einer Mail vom 5. 12. 2019 äußert die Archivleiterin die Überzeugung, »dass es vom Gründer in Verbindung
mit dem Unternehmen nur klassische Porträtfotos gibt und keine Aufnahme, die ihn in der Fabrik zeigt«.

Die Eigentümer und ihre Mitarbeiter 21


015 Willy Appel mit
­Mitarbeitern, um 1885

Heinrich Wilhelm, genannt


Willy, Appel hatte die Firma
1879 als hannoversche
Niederlassung einer Braun-
schweiger Zuckerhandlung
gegründet und sich bald als
›Zuckerappel‹ selbststän-
dig gemacht. Er handelte
zusätzlich mit Kolonialwaren,
Fleisch- und Fischkonserven,
feinem Hummer und Caviar
und begann 1892 mit der
Senf- und Fischkonserven-
produktion. Erfolgreich war
ab 1905 die Mayonnaise­
herstellung. Der fotografi-
sche Blick auf die Mitarbeiter war in einem Fotobuch aus dem Jahr 1907 bestimmt von der zugewandten Personal­
führung des Gründers (Heinrich) Willy Appel, der »sich ein warmes Herz für seine Leute bewahrt«7 hatte.
In Auftrag gegeben hat die Fotoserie der Gründersohn Heinz Appel. Er war 1905 in das Geschäft eingetreten und
hat sich sogleich um Werbung und Reklame gekümmert. Adressaten des fotografierten Betriebsrundganges waren
wichtige Kunden. Für die eigenen Mitarbeiter hatte die Firma einige Motive als Postkarten vervielfältigt. Das Büchlein
bestand aus zusammengehefteten Originalabzügen, der Adressatenkreis war daher beschränkt.

Willy Appel (Abb. 016, Mitte) ließ sich im Gespräch mit


seinen engsten Mitarbeitern fotografieren; sein Sohn
Heinz machte stehend Notizen. So wird der Nachfolger
eingeführt und die Familienkontinuität optisch hervor-
gehoben. Willys Frau Anna unterstützte ihn tatkräftig
im Geschäft, kochte Kronsbeeren und kümmerte sich
zusätzlich um die Mitarbeiter, »denen es nicht so ging,
wie es sollte«.8 Obwohl in der Firma aktiv, gibt es von ihr
nur private Fotografien.

016 Sitzungszimmer H. W. Appel, 1907

7 Redebeitrag Geheimer Regierungsrat von Rosnowski 1914 anlässlich der Eröffnung eines neuen Fabrikgebäudes in Hannover (Familienarchiv,
jetzt ›Hanseatisches Wirtschaftsarchiv‹)
8 Heinz Appel, Einiges über meine Mutter Anna, Lauenstein 1940 (Familienarchiv)

22 Die Eigentümer und ihre Mitarbeiter


Fritz Beindorff und Joseph Berliner zeigten sich in der Werkstatt zusammen mit Mit-
arbeitern. Das Foto von Joseph Berliner (Abb. 017)9, Bruder von Emil, dem Erfinder der
Schallplatte und Investor in die Hackethal-Drahtwerke, mit Beschäftigten in den Fabri-
kationsräumen in der Kniestraße wurde um 1900 aufgenommen.

017 (rechts) J. Berliner, Fritz Beindorff hat die


Materialaufbereitung in der Firma Günther Wagner
Kniestraße, um 1900 ­(Pelikan) von seinem
Schwiegervater 1894
übernommen. Unter
seiner Leitung dehnte
sich das Geschäft, von der
allgemeinen deutschen
Wirtschaftskonjunktur
begünstigt, weit über die
Grenzen Deutschlands
hinaus aus. Er beauftragte
1906 nach dem Umzug der
Firma in die neuen, reprä-
sentativen Fabrikgebäude
in der List Willi Roerts
018 (unten) Fritz Beindorff mit einem fotografischen
mit Mitarbeitern in den Rundgang durch Gebäude,
Werksräumen (Ausschnitt) Produktionssäle, Labore
am Engelbosteler Damm und Kontore. Hermann

Löns, hannoverscher
Journalist und ›Hei-
dedichter‹, schrieb zu
den Bildern eine an-
schauliche Chronik der
Firmengeschichte. Sie
stellte die großzügigen
Räumlichkeiten und
die Beschäftigten vor
und präsentierte die
aufstrebende Firma
der Öffentlichkeit und
den Kunden.

9 Foto aus: Edwin Hein, 65 Jahre Deutsche Grammophon Gesellschaft, 1963. Dort wird Joseph Berliner als
fotografierte Person genannt. Wikipedia hält seinen Bruder Emil für den Chef auf dem Foto.

Die Eigentümer und ihre Mitarbeiter 23


Nach der Jahrhundertwende setzten sich die Chefs für ein Foto an ihren mächtigen
Schreibtisch im holzgetäfelten Chefbüro. Von Fritz Beindorff (1906), Willy (1914) und
Heinz Appel (1929) und Siegmund Seligmann (1921) sind solche Aufnahmen erhalten.

019 (links) Der älteste Sohn


Heinz Appel ließ sich 1929
selbstbewusst als ›General-
direktor‹ der Firma abbilden,
die 1923 in eine AG umge-
wandelt wurde und kräftig
expandierte.

020 (rechts) ›Direktor Geheimer Kommerzienrat‹ Siegmund


Seligmann (Aufnahme von 1921) »führte die Continental AG
mit kaufmännischem Weitblick und persönlicher Bescheiden-
heit« und verzichtete auf den Titel des Generaldirektors.10

Die Continental Caoutchouc und Guttaper­cha Compa-


gnie ließ 1899 Produktionssäle und Anlagen fotografie-
ren. Sie war 1871 als Aktiengesellschaft vom Bankhaus
Magnus unter Beteiligung weiterer Teilhaber gegründet
worden, geriet aber bald in wirtschaftliche Schwierig-
keiten. Der Kassenbeamte des Bankhauses Sigmund
­Seligmann prüfte die Finanzen und machte seine Sache
so gut, dass der Aufsichtsrat ihn einstellte. Seligmann
und dem Chemiker Adolf Prinzhorn als technischem
Direktor gelangen die Überwindung der Krise und der
wirtschaftliche Aufschwung.

10 Waldmar R. Röhrbein, ›Seligmann, Siegmund‹, in: Hannoversches Biographisches Lexikon, 2002, S. 331f.,
bes. S. 332

24 Die Eigentümer und ihre Mitarbeiter


021 Continental: Direktoren
und Arbeiter im Reifensaal,
1899
Techniker und Kaufleute stehen denn auch im Zentrum der frühen Conti-Fotografie.

Fotografien waren auch beliebte Geschenke, die Arbeiter und Angestellte ihrem ver-
ehrten Chef zu einem runden Geburtstag überreichten. Die Arbeiterinnen und Arbeiter
stellten sich zum sechzigsten Geburtstag des Firmengründers für eine Außenaufnahme
auf dem Fabrikhof auf (Abb. 022).

022 Dem Chef zu seinem


60. Geburtstag überreicht:
Schokoladen- und Konfekt-
macher bei Sprengel, 1885

Die Eigentümer und ihre Mitarbeiter 25


023 B. Sprengel & Co., 1885: Das
kaufmännische Personal, Seite aus
dem Album mit 89 Porträts

Das kaufmännische Personal der


Firma Sprengel widmete ihrem »sehr
geehrten Chef« zum selben Anlass
ein ganzes Album, fein in Leder ge-
bunden mit verzierten silbernen Be-
schlägen und insgesamt 89 Porträts.

Seit den 1860er Jahren erfreuten sich die sog. ›Visitphotographien‹ großer Beliebtheit
und entwickelten sich zu einem Massenprodukt. Diese Porträts im Format von Visiten-
karten wurden mit einer Vielzahl von
Abzügen angefertigt, gern gesammelt
und getauscht. ›Visitphotographien‹ mit
Porträts von Freunden, Angehörigen oder
achtbaren Persönlichkeiten steckte man
in Bilderalben (Abb. 023), hatte selbst
Freude beim Betrachten und Erinnern
oder verschenkte sie. Das Geschenk des
kaufmännischen Personals an Bernhard
Sprengel entsprach ganz dem Geschmack
der Zeit.
Diese Gewohnheit war so prägend,
dass noch 40 Jahre später die Firma Peli-
kan der gefallenen Betriebsangehörigen
im Stil eines Albumblattes gedenkt. Die
Firma hat ihre Beschäftigten bei ihrem
Eintritt fotografieren lassen. Ab 1922 024 Aus der Werkszeitschrift
sind solche Aufnahmen im Verzeichnis der »Kleine Pelikan« Nr. 16,
des Werksfotografen dokumentiert.11 1919

11 Hinweis Jürgen Dittmer, früher Pelikan

26 Die Eigentümer und ihre Mitarbeiter


4 Dampf- und Kraftmaschinen
Das (Dampf-)Maschinenhaus als Kraftzentrum der Fabrik war der Stolz der industriellen
Eigentümer und deshalb ein beliebtes Motiv früher Industriefotografien. Es scheint, als
hätten die Eigentümer zu ihren Kraftmaschinen ein besonderes, fast persönliches Ver-
hältnis gehabt. Mit nostalgischer Wehmut beschrieb die Mitarbeiterzeitung der Firma

025 König & Ebhardt: Bahlsen 1954 die alten Dampfmaschinen: »Im Maschinenhaus stehen noch die alten
(Dampf-)Maschinenhaus, Veteranen, die Dampfmaschinen, mit ihren großen 100 Zentner schweren Schwung­
1895 rädern. Sie erinnern an die Zeit des Aufstiegs der Firma, deren Gründer schon vor über
40 Jahren die Energieversorgung mit eigenen Maschinen vorzog.«1 Die Dampfmaschi-
ne galt dem Gründer und seinen Nachfolgern als dauerhaftes Symbol des industriellen

1 Leibnizblätter, Dezember 1954

Dampf- und Kraftmaschinen 27


Aufstiegs. Sie blieb stehen, auch wenn neue Dampfturbinen mit mehrfacher
Leistungs­fähigkeit bereits den Großteil der Energieversorgung übernommen hatten.

Bei König & Ebhardt setz-


ten zwei Dampfmaschinen
sämtliche Arbeitsmaschi-
nen mittels Transmissi-
onsriemen in Bewegung.
Sie dienten auch der
Lichterzeugung. »Seit
1889 bereits besitzt die
Firma eigene elektrische
Beleuchtung, die gegen-
wärtig 1300 Glühlampen
und 40 Bogenlampen
umfasst«, heißt es in der
Jubiläumsschrift von 1895.
Kesselhaus und Maschi-
nenhaus waren in eigenen
Gebäuden untergebracht,
mit der Fabrik »durch einen
unter­irdischen Gang ver-
bunden«.2
Das war eine Vorsichts-
maßnahme wegen der
damals nicht seltenen Kes-
selexplosionen, bei denen
jedes Jahr in Deutschland
eine zweistellige Zahl von
Toten und Schwerverletz- 026 (links) Die Heizer
ten zu beklagen war. Allein schaufelten die Kohle bei
im Jubiläumsjahr 1895 gab ­geöffneter Klappe in den
es reichsweit 23 Explosio- Ofen.
nen mit 20 Toten und 23 Schwerverletzten.3 Die Fabrikanten schlossen sich zu freiwilli-
gen »Dampfkessel-Überwachungsvereinen« zusammen, die die Anlagen von Fachleuten
einer regelmäßigen und amtlich beglaubigten Prüfung unterzogen.4 Daraus entstanden
Überwachungs­vereine, die mit der zunehmenden Technisierung immer mehr Aufgaben
übernahmen, die sog. Technischen Überwachungs­vereine, heute bekannt unter dem
Kürzel TÜV.

2 Festschrift König & Ebhardt, 1895, S. 6


3 Reinhard Güll, Segen und Fluch der Dampfmaschinen, in: Statistische Monatshefte Baden-Württemberg
2016, Heft 4, S. 43; s. auch: www.statistik-bw.de [18. 10. 2020]
4 Ebd., S. 42

28 Dampf- und Kraftmaschinen


027 (rechts) Sprengel: Bernhard Sprengel hatte
Dampfmaschinen, Kalender bereits 1856 eine Dampfma-
1914 schine von 5 PS aufgestellt,
damals noch selten in Hanno-
ver.5 Den »wertgeschätzten
in- und auswärtigen Ge-
schäftsfreunden« wurde per
Zeitungsinserat die Eröffnung
der neuen »Dampf-Choco-
laden-Fabrik« angezeigt.6
Obwohl der Dampf mit der
eigentlichen Schokoladenfabrikation nichts zu tun hatte, sondern dem Antrieb der Ma-
schinen diente, wurde von Sprengel wie auch von anderen Schokoladefabrikanten mit
»Dampf-Chocoladen« geworben. Was uns heute als nostalgische Reminiszenz an das
›Dampfzeitalter‹ erscheint, sollte vor 170 Jahren den Kunden die fortschrittliche Produk-
tionsweise der Firma demonstrieren.

028 Sprengel:
­Diesel­maschine, 1921
Der Sohn und Nachfolger August Sprengel erwarb 1908 eine neue Dieselmaschine für
den Antrieb. Sie war Teil eines umfangreichen Investitionsprogramms, mit dem der
Gründersohn die Firma auf den modernsten technischen Stand bringen wollte. Sein

5 Noch 1857 wurden in Hannover nur 72 Dampfkessel gezählt, eine sehr geringe Zahl und Zeichen für die
geringe Industrialisierung. Vgl. Kl. Mlynek, W. R. Röhrbein (Hrsg.), Geschichte der Stadt Hannover, Bd. 2,
1994, S. 322
6 RWWA 208-560-1

Dampf- und Kraftmaschinen 29


Sohn wiederum, Bernhard Sprengel jun., erinnerte 1940 in der Trauerrede für seinen 029 Abbruch der
verstorbenen Vater an die Aufstellung dieses ersten großen Dieselmotors. »Mir ist noch ­Diesel­maschine, 1941
ganz lebendig, welche Freude mein Vater hatte, bei dem ersten Probelauf des Diesel-
motors mir diese neue Maschine zu erklären.«7 Der Dieselmotor hatte der Firma wegen
Krach und Dieselgerüchen viel Ärger mit Anwohnern eingebracht. Auch die Gewerbe-
aufsicht drängte 1927 auf Verschrottung der Dieselmaschine.8 Aber August Sprengel
hielt allen Widerständen zum Trotz an der Nutzung der Maschine fest. Sein Sohn schloss
schließlich für die Energiegewinnung einen Vertrag mit den hannoverschen Stadtwerken
ab. Aber erst nach dem Tod des Vaters wagte er, die Maschine abzuwracken. Das denk-
würdige Ereignis ließ er 1941 fotografisch festhalten.

7 Trauerrede Bernhard Sprengels am 12. 2. 1940, RWWA 208-491-1


8 HStAH Dep. 105 Acc. 2/80, Nr. 560

30 Dampf- und Kraftmaschinen


030 Günther Wagner: Halle Die Kraftmaschinen bei Günther Wagner wurden wie Schaustücke in eine prächtig
mit Kraftmaschinen, 1906 ausgestattete Halle gestellt. Hermann Löns beschrieb 1906 das Maschinenhaus: »Es ist
ein hoher luftiger Saal, der auf den ersten Anblick eher an eine Festhalle erinnert, als an
eine rein praktischen Zwecken dienende Anlage.«9 Später errichtete man eigens eine
Glasfront, die den vorbeispazierenden Passanten erlaubte, einen Blick auf die Dampf­
maschinen zu werfen.

9 Hermann Löns, in: Günther Wagner 1838–1906, S. 53

Dampf- und Kraftmaschinen 31


Die Tätigkeit des Maschinisten in der Kraftzentrale wurde von den Leibnizblättern 031 Appel: Heizer der
gewürdigt: Vom ihm wird »stete Aufmerksamkeit, besonnenes Handeln und Umsichtig- ­Betriebsmaschine, 1907
keit« gefordert. »Sein rechtzeitiges Eingreifen kann unter Umständen verhindern, daß
Diese Betriebsmaschine
eine Unregelmäßigkeit im Lauf der Maschinen sich zu einer ernsten Betriebsstörung
lieferte Energie für die
ausweitet. […] Die Verantwortung des Heizers ist außerordentlich groß; es hängt wesent- Feinkostfabrik und von 1894
lich von seiner Erfahrung und von seinem Geschick ab, wie gründlich die in der Kohle bis 1904 auch Strom an die
schlummernde Energie in den wertvollen Heiz- und Kesselanlagen ausgenützt wird.«10 benachbarte Firma Günther
Die sorgfältige und umsichtige Arbeit des Heizers war auch unabdingbare Voraussetzung, Wagner.
um eine verheerende Kesselexplosion zu verhindern. Der Heizer der Firma Appel, der die
Betriebsmaschine für den Antrieb der Arbeitsmaschinen und der Dynamomaschinen
zur Lichterzeugung befeuerte und wartete, wusste um seine Bedeutung. Fiel die Dampf-
maschine aus, standen alle Maschinen still. Georg Herwegh mag diese Arbeit vor Augen
gehabt haben, als er seine berühmte Zeile dichtete: »Alle Räder stehen still, wenn dein
starker Arm es will.«

10 Leibnizblätter, Dezember 1954

32 Dampf- und Kraftmaschinen


Der uniformierte Heizer aus der Preiselbeer-
siederei bei Feinkost-Appel steht in aufrechter
Körperhaltung neben dem Dampfkessel, ein
korrekter Mitarbeiter. Während Bieger-Thiele­
mann auf industriellen Auftragsfotos all-
gemein ein »Desinteresse an individuellen
Charakterzügen« zu beobachten glaubt und
konstatiert, dass »demonstratives Wegschau-
en […] geradezu verbindlich für die Arbeiter-
darstellung der Industrie«11 sei, spiegelt sich
demgegenüber in diesen Aufnahmen der
höchst individuelle Charakter der Fotografier-
ten wider.

032 Appel: Heizer der Preiselbeersiederei, 1907

033 (links) Pelikan: Dampfkessel zur Stromerzeugung mit


­mechanisch beschickter Kohlenzufuhr, um 1910

Dieser Kessel erlaubte eine wirtschaftlichere Ausnutzung der


Brennstoffe und erleichterte dem Heizer die schwere Arbeit. Die
Ofentüren mussten für die Beschickung nicht geöffnet werden. Die
Absperrschieber eines jeden Auslaufs wurden mittels Ketten vom
Heizer bedient.12

11 Marianne Bieger-Thielemann, Albert Renger-Patzsch. Der Ingolstädter Auftrag, 1995, S. 79


12 Vgl. Carl Hoffmann, Mechanische Kohlenförderung und mechanisch beschickte Feuerungen im Kesselhaus der Schultheiss-Brauerei, in:
Sozial-Technik, 1913, Heft 1, S. 9

Dampf- und Kraftmaschinen 33


034 Continental:
­Dampf­maschine, 1899

Soigniert gekleidete ›Beamte‹ prä-


sentieren im feingekachelten Raum
die Dampf­maschine als Attribut
einer ökonomisch erfolgreichen Fir-
ma. Auch am Kesselraum steht nicht
der Heizer, sondern der Ingenieur
mit weißem Hemd und Krawatte im
Zentrum.

035 Continental: Dampfkessel­betrieb,


1899

34 Dampf- und Kraftmaschinen


5 Qualität und gute Arbeit
»Glaubt man der Industriefotografie begännen die Arbeiter erst um 1930 zu arbeiten.
Zuvor wurden sie in aller Regel nur zu Gruppen arrangiert, als die sprichwörtlichen
Arbeiterdenkmäler in Szene gesetzt als bildwürdig empfunden«1, urteilt Reinhard Matz
über die frühe Industriefotografie. Das wird richtig sein für Großunternehmen, die In-
vestitionsgüter und Anlagen an den Staat und industrielle Großkunden lieferten. Alfred
Krupp übersandte das Panoramafoto seiner Gussstahlfabrik dem preußischen König und
sah darin ein »wirksames und damals einzigartiges Mittel der Propaganda«2 für seine
Firma. Die Stilllegung eines mächtigen Dampfhammers, mit großem Aufwand fotogra-

036 Der Böttcher, Holz-


schnitt von Jost Amman,
1568

037 (rechts) Appel:


­Böttcherwerkstatt, 1907
fisch in Szene gesetzt, wurde zu einem Staatsakt.3 Völlig anders lagen die Interessen von
Fabrikanten der Konsumgüterbranchen, die Einzelhändler und Privatkunden bewerben
mussten. Sie legten in den Bildreihen aus der Produktion Wert auf die Abbildung quali-
tativ hochwertiger Arbeit. Das sollte die Kunden von der Güte der Produkte überzeugen.
Gleichzeitig wurden die Mitarbeiter und ihre Arbeit wertgeschätzt. Nicht zufällig be-

1 Reinhard Matz, Augenblicke der Erinnerung, in: Theo Horstmann (Hrsg.), Elektrifizierung in Westfalen,
2000, S. 17
2 Zitiert bei Pogge von Strandmann, Krupp in der Politik, in: Tenfelde (Hrsg.), Bilder von Krupp, 1994, S. 183
3 Vgl. Jürgen Hannig, Kruppsche Werks- und Familienfotografie als Quelle, in: Klaus Tenfelde (Hrsg.), Bilder
von Krupp, 1994, S. 279

Qualität und gute Arbeit 35


zogen sich die Fotos auf eine Bildtradition, die älter ist als Industriearbeit, einige Bilder
erinnern an die historischen Stiche in alten Ständebüchern. »Ich bin Böttcher und mache
stolz […] die Bütten und Weinfässer«, hatte Hans Sachs zu der Berufsdarstellung gedich-
tet, die den Böttcher mit Werkzeug und Produkt zeigte.4 Handwerkliche Arbeit war ange-
sehen, von der Qualität industrieller Waren mussten die Kunden erst überzeugt werden.

Die Fotografien in der Festschrift der Geschäftsbücherfabrik wurden nach der damals 038 König & Ebhardt:
hochmodernen Technik der Heliogravüre vervielfältigt, ein fotografisches Edeldruckver- ­Buchbinderei, 1895
fahren. Diese Vorläufer-Technik des heutigen Tiefdrucks konnte ohne Rasterung feinste
Tonabstufungen erzeugen und wurde vielfach angewandt beim Druck von Faksimiles,
Ansichtskarten und Briefköpfen. Die Firma präsentierte mit der prachtvollen Ausstat-
tung ihrer Festschrift die Leistungsfähigkeit ihrer Abteilungen Lithographie, Lichtdrucke-
rei und Fotografie.

4 Jost Amman, Hans Sachs, Eygentliche Beschreibung aller Stände … [›Ständebuch‹], Frankfurt 1568

36 Qualität und gute Arbeit


Die Firma König & Ebhardt wollte 1895 mit Produktionsfotos ausdrücklich die »weit ver-
breiteten Vorbehalte gegenüber fabrikmäßiger Produktion« widerlegen. Mit dem Blick in
die Buchbinderei (Abb. 038), in welcher die Geschäftsbücher »fabrikmäßig« hergestellt
werden, »mag ein vielverbreiteter Irrtum berichtigt werden. Die meisten glauben näm-
lich, wenn sie von einer ›Geschäftsbücher-Fabrik‹ hören, dass in derselben alle Massen-
arbeiten ausschließ-
lich von Maschinen
ausgeführt würden,
zu deren Bedienung
nur untergeordnete
Arbeitskräfte Ver-
wendung fänden,
und namentlich
stellt sich der
zünftige Meister,
der mit Recht auf
seine gründlichen
Fachkenntnisse stolz
ist, gern die Arbeiter
der Grossindustrie
als stumpfsinnige
Maschineneinleger
039 (rechts) König &
vor. Dem ist aber
­Ebhardt: Die »Liniirerei«,
durchaus nicht so.
1895
Beobachte nur hier
die sicher auftretende und mit Eifer thätige Arbeiterschaft bei den einzelnen Handgrif-
fen und Du wirst davon überzeugt sein, dass trotz aller Vollendung der verwendeten
maschinellen Hülfsmittel ein genaues Arbeiten derselben ohne die stete Aufmerksam-
keit technisch gut geschulter, wohlerfahrener Buchbinder nicht denkbar ist und jeder
Arbeiter an seiner Stelle ein durchaus gelernter Fachmann ist.«5 Sind Vorgesetzte oder
Meister im Bild, gilt dies heutigen Autoren als Zeichen von Kontrolle und Disziplin.6 Bei
König & Ebhardt sind sie – im Unterschied zu Pelikan – selten im Bild. Das Foto oben
(Abb. 039) ist eine Ausnahme. Im Text betont die Firma, dass jede Abteilung »einem Vor-
stande unterstellt« war, der »von seinem besonderen Zimmer den ganzen Saal überbli-
cken« und bei Bedarf telefonisch und per Klingelzeichen direkt mit dem Chef verbunden
werden konnte. Wichtig war der Firma offenbar weniger die Kontrolle der Mitarbeiter als
die Selbstdarstellung als gut funktionierender Betrieb, in dem bei Bedarf in Abstimmung
mit dem Chef zügig Entscheidungen getroffen werden können.

5 Festschrift König & Ebhardt 1895, S. 28


6 Siehe: Matz, Industriefotografie, S. 111: »In der Fotografie wiederholt sich die Anordnung des (selbst)
kontrollierenden Blicks.«; Tenfelde, Geschichte und Fotografie bei Krupp, S. 313: »[…] die dahinter stehen-
de Absicht zielten auch auf Kontrolle und Disziplin der Belegschaft.«; Lüdtke, Gesichter der Belegschaft,
S. 71: »Fortwährende Beobachtung aller ›Subjekte‹ war die Voraussetzung aller Disziplinierung.«; Uhl,
Humane Rationalisierung?, S. 288: »Es war dem Unternehmen wichtig, die gründliche Überwachung der
Arbeiterinnen auf dem Foto festzuhalten.«

Qualität und gute Arbeit 37


Als erste Firma in Deutschland hatte König & Ebhardt eine Feder-Liniiermaschine
ein­geführt, die sauberste Lineaturen herstellen konnte. Die anfangs nur mit Linien
versehenen Geschäftsbücher erhielten bald auch gedruckte Köpfe sowie die wichtigen
Seitenzahlen. Der Liniierer war eine Fachkraft mit dreijähriger Ausbildung und konnte
bis in die 1960er Jahre im Akkord »gut verdienen«.7 Damals richteten zehn Kollegen für
Einzelkunden mit Extrawünschen die Liniiermaschinen ein. Dabei wurde die Tinte über 040 (unten lks.) Buchdruck-
eine Gummiwalze auf das Papier übertragen. Geschäftsbücher waren in jener Zeit noch schnellpressen, 1895
wichtige Folianten, auf deren schmuckreiche Ausstattung mit angepasster Lineatur und
Beschriftung viele Traditionsunternehmen Wert legten. Daneben gab es aber auch schon 041 (unten) Buchdruck,
moderne Maschinen mit automatischem Anleger für die Massenproduktion. Handpressensaal, 1895

Zum Nebeneinander von Handpressen und Buchdruckschnellpressen in der Geschäfts-


bücherfabrik erfährt der Leser, dass die langsame Handpresse benötigt wird zum
­Drucken sehr sorgfältig auszuführender Prachtwerke und Wertpapiere.8
König & Ebhardt druckte auch an­spruchsvolle, fälschungsgefährdete Druckobjekte wie
Aktien und Wertpapiere.

7 Klaus Buchholz, Hannover, 1953 bis 1966 Liniierer bei König & Ebhardt, Telefoninterview 12/2019
8 Festschrift König & Ebhardt 1895, S. 19 (Buchbinderei).
Auch heute stehen in den Fabriken oft Maschinen unterschiedlicher Technologien nebeneinander, sei es,
weil die Neuinvestitionen nur nach und nach entsprechend der Abschreibung der alten Anlagen vorge-
nommen werden, sei es, weil die alten für bestimmte Produkte noch gut einsetzbar sind.
Schokoladenmacher Reinhard Petter schwört noch heute auf die alten Conchen vor der Errichtung des
Neubaus der Sprengel-Fabrik 1967 am Brinker Hafen, die speziell geeignet waren für die hochfeinen
Pralinen und die edelbitteren Schokoladen.

38 Qualität und gute Arbeit


»Im klaren Tageslicht führt ein Herr die Spitze des
Pantographen in der gravierten Zinkschablone,
und der Storchschnabel überträgt die Bewegung
in vielfach verkleinertem Maassstabe auf die
Spitze des den Stein gravierenden Diamanten, um
so für den Untergrund und bildlichen Schmuck
der Werthpapiere Gebilde zu schaffen, welche
Fälschungen und Nachahmungen fast unmöglich
erscheinen lassen.«9

Der fotografische Betriebsrundgang bei B. Sprengel


& Co. präsentiert die Fachkräfte stolz und wegen
der beschränkten Belichtungsmöglichkeiten in
Innenräumen ein bisschen steif mit ihren Maschi-
nen. Fotografiert wurden Produktionsabteilungen
mit Mitarbeitern und Meistern, die sich ihrer
Bedeutung für die Firma bewusst waren. Diese
Fachleute waren rar. Im Jubiläumsjahr 1951 erzähl-
te ein alter ›Sprengelaner‹ noch von dem Pariser
Chocolatier, den der Gründer einst »aus Frankreich
importiert« hatte, der kaum Deutsch, aber dafür
»sehr gut Schokolade machen« konnte.10
Roman Rossfeld hebt in seiner Untersuchung
über die Schweizer Schokoladenindustrie die große
Bedeutung des Erfahrungswissens der Werkmeis-
ter und Fachkräfte in der Schokoladenfabrikation
hervor. Besonders verlangten das Rösten der
Kakaobohnen und die Verarbeitung der Schoko-
ladenmasse in den Walzwerken und Conchen viel
Erfahrung. »Allein die Kontinuität der Mitarbeiter
ermöglichte auch die Kontinuität der Produktqua-
lität«11, beschreibt Rossfeld die Rolle der Fachkräf-
042 König & Ebhardt: te. Sie waren unverzichtbares Stammpersonal der Firma, eng mit dem Unternehmen
­Pantograph, 1895 verbunden und nicht als ›Maschinenanhängsel‹ fotografisch klein zu machen. Der Stolz
auf die Qualitäts­arbeit bestimmte auch ihr Verhalten. In den 1920er Jahren wehrten
sie sich erfolgreich gegen einen Betriebsleiter, der auf Kosten der Qualität die Kosten
senken wollte. »Er macht die Markenfirma kaputt.«12 Der Chef gab nach und kündigte
dem Betriebsleiter. Der Schokoladenmacher Reinhard Petter war 60 Jahre später un-
ter Hans Imhoff zum Geschäftsführer aufgestiegen. Seine Einstellung zur Firma war

9 Festschrift König & Ebhardt 1895, S. 42


10 Erinnerungen Alexander Sangiorgio, HStAH Dep. 105 Acc.2/80, Nr. 582
11 Roman Rossfeld, Schweizer Schokolade, 2007, S. 100
12 HStAH Dep. 105, Nr. 138: Betriebsversammlung 24. 10. 1929

Qualität und gute Arbeit 39


charakteristisch für viele Mitarbeiter. »Das war meine Firma. Imhoff hat gestaunt, als ich 043 Sprengel: Schoko­laden­
ihm das gesagt habe. Natürlich gehörte sie mir nicht. Aber ich war verantwortlich für die walzensaal, 1901
Qualität und gute Arbeit.«13
Zum Foto (Abb. 043) hatte der Enkel des Gründers 50 Jahre später anlässlich des
100. Firmen­jubiläums herausgefunden: »Schokoladenwalzensaal mit Rose, Weber,
Altmann (mit Brille), ganz rechts Bruhns«. Die Maschinen wurden lange genutzt. 1951
bestätigte die Herstellerfirma Lehmann: »Nach unseren Feststellungen hat die Granit-
Dreiwalzen­maschine die Bezeichnung Type 1. Gebaut wurde diese Maschine nach
unseren Unterlagen in den Jahren 1880 bis 1885. Wir haben an den Ständern der Ma-
schine sofort gesehen, daß es sich um eine von Lehmann hergestellte Originalmaschine
handelt.«14

13 Interview der Autorin mit Reinhard Petter, Schokoladenmacher, später Geschäftsführer bei Sprengel
14 RWWA F 8008, Brief der Firma Lehmann, Aalen/Westfalen, vom 20. Juni 1951

40 Qualität und gute Arbeit


044 Sprengel: Marzipan­ Zur Marzipanabteilung und ihrem Leiter gibt es die Erinnerung eines Nachbarkindes.
abteilung, 1901 Als Belohnung für eine kleine Gefälligkeit – das Mädchen hatte an einem Winterabend
Brötchen für die Beschäftigten geholt – durfte es mit dem alten Sprengel und seinem
Notiz auf dem Foto: Bernhardiner durch die Fabrik gehen. »Ich konnte vor Glück und Stolz kein Wort sagen,
»Marzipanabteilung mit ging doch ein Traum in Erfüllung. Meine kleine kalte Hand verschwand in der großen
Lehrling Dörrje, Wilhelm
warmen, und gefolgt von dem großen Hund ging die Reise los, durch alle Räume und
­Eicke, Böttcher, Leiter
Säle, in denen noch gearbeitet wurde. Ich sah, wie die Bonbons gekocht wurden, wie die
­Wilhelm Broos, ganz im
köstlichen Pralinen hergestellt wurden und die Schokoladenweihnachtsmänner in Reih
­Vordergrund mit weißer
und Glied auf die Verpackung warteten. Tannenbaumkeks wurde gebacken, Spekulatius
Schürze Frau Piepenbrink«
nach alten Formen, Christbaumringe – ach, so vieles mehr. ›So‹, sagte der alte Herr zu
mir, ›jetzt gehen wir ins Schlaraffenland, zu Herrn Broos, dem Marzipanmeister.‹ Da gab
es die Schinken und Würste jeder Art, Obst und Torten, alles, was Kinderherzen beson-
ders in der Vorweihnachtszeit erfreute. Herr Broos stellte wahre Kunstwerke aus Marzi-
pan her.«15

15 Gertrud Meyerdres, geb. Voß, in ›Blickpunkt Sprengel‹, Dezember 1969

Qualität und gute Arbeit 41


Marzipanartikel waren gern gekaufte kleine Geschenke. Der Vielfalt der Figuren entspra- 045 Sprengel: Marzipan-
chen die unterschiedlichsten Anlässe, Damen, Herren und Kindern ein kleines Präsent modelliersaal, 1908 (Ori-
zu machen. Die Preisliste von 1896 listete auf: Mutterglück, Wickelkind, Geldsäcke mit ginalabzug mit sichtbaren
Figuren, Eisernes Kreuz, Marzipan-Granate mit Soldat, Soldat in Wurst, Salzbrötchen mit Retouchen)
Schweizer Käse, Max und Moritz in Wurst, Rollmops, Teckel mit Heidestrauß, gebratene 046 (unten) Sprengel:
Gänse, Früchte, Schweine auf Geldsack, großes schlafendes Schwein, Schweinereiter, Dekor­abteilung mit Figur der
Harzkäse, Bartbinde, Portemonnaie. Germania

42 Qualität und gute Arbeit


047 Sprengel: Bonbon­ Die Dekorabteilung bei Sprengel fertigte repräsentative Tafelaufsätze an, Kunstwerke
abteilung mit Leiter Prillof, aus Zucker, Marzipan und Tragant. Diese schmückten Ende des 19. Jahrhunderts die
1901 Festtafeln betuchter Bürger, die gern wie bei Hofe speisten. Die arbeitsintensive Herstel-
lung und begrenzte Haltbarkeit machten die Tafelaufsätze zum Luxusgut.

Mancher mag sich heute an Bonbonautomaten und große Bonbongläser beim Kaufmann
um die Ecke erinnern, in die der Händler griff, um den Kleinen eine Freude zu machen –
billige Massenartikel für jedermann.
Vor 1918 gab es eine erlesene Zielgruppe: Der Kaiserliche Hof hatte beim kaiser­lichen
Hoflieferanten B. Sprengel & Co. 400 feine Tafelbonbons bestellt, vermutlich zur Tisch-
dekoration. Die Kalkulation blieb erhalten. 245.– Reichsmark hatte der Hof für die Bon-
bons zu zahlen – das entsprach 10 Wochenlöhnen eines Facharbeiters. Nur 36,10 Mark
entfielen auf die Herstellung, 137 Mark auf aufwändige Verpackung und Zutaten
wie Bilder, Tüllauflagen, Silberpapiere, Silberrahmen und Beutel, bei einer Marge von
72 Mark.16 Die Bonbon-Vielfalt war groß: Sprengel-Preisbücher boten Rettich-, Malz-,
Waldmeister-, Gartenbohnen-, Kartoffel-, Radieschen-, Blumenkohl-, Gurken- und Hage-
butten-Dragees an.

16 RWWA 208-492-1

Qualität und gute Arbeit 43


Die Kakaobohnen werden – ähnlich wie bei Kaffeebohnen – geröstet, »wodurch erst das 048 Sprengel: Kakao-Röst­
köstliche Aroma erschlossen wird.«17 Das Foto von Wilhelm Ackermann war Teil einer apparat, 1921
Serie, die Kunden über den Herstellungsprozess von Schokolade, Kakao und Pralinen
informierte.

17 Text zum Foto, RWWA 208-0126

44 Qualität und gute Arbeit


Das Geschäft der Firma Günther Wagner (Pelikan) hat
1838 mit der Fabrikation von Künstlerfarben begonnen.
Die deutsche Ware galt im 19. Jahrhundert im eigenen
Land noch wenig und es bedurfte »zäher Bemühungen«
des Gründers Karl Hornemann, allmählich das allgemeine
Vorurteil des Publikums zu überwinden und den Beweis
zu erbringen, dass sie »den fremden Erzeugnissen gleich-
stand. Am schwersten war es für ihn, das Vorurteil der
eigentlichen Künstler zu beseitigen.«18
1871 übernahm Günther Wagner das Geschäft. Der
Krieg mit Frankreich brachte einen Aufschwung, weil die
sonst nach Paris gelangten Aufträge nach Deutschland
gingen. Karl Hornemann hatte außer Farben verschiede-
ne Tinten auf den Markt gebracht. Die Tintenfabrikation
entwickelte sich bald zu einem Hauptzweig der Firma.
Hornemann und Wagner hatten als studierte Chemiker
mit den von ihnen entwickelten Produkten die Grundlage
für den Aufstieg der Firma gelegt.

049 Pelikan: Abteilung Tinte und farbige Tusche, 050 Pelikan: Betriebslaboratorium für Farbenfabrikation,
­Wissenschaftliches Labora­torium, 1906 1906

Fritz Beindorff verantwortete als versierter Kaufmann und Vertriebler eine effektive Organisation und erfolg­reiche
wirtschaftliche Expansion, als Werbemaßnahme gab er 1906 nach dem Umzug in die neuen Gebäude in der List eine
bebilderte Chronik heraus, für die Hermann Löns den Text schrieb. Die Labore sind darin mehrfach im Bild; die Foto-
grafien aus den Abteilungen Einkauf, Export und ›Propaganda‹ würdigen die Arbeit der ›Beamten‹.
Beindorff beauftragte Willi Roerts mit den Aufnahmen.19 Dieser hatte drei Jahre zuvor Lokomotiven für die
­Hanomag fotografiert und nach der Arbeit für Pelikan weitere Industrieaufträge übernommen. Ab 1907 warb er

18 Hermann Löns, in: Günther Wagner 1838–1906, S. 14


19 Die Initialen RW unten links weisen darauf hin, dass die Firmenchronik von Willi Roerts fotografiert wurde, ein kenntnisreicher Hinweis von
Detlef Kasten, Stadtbibliothek Hannover.

Qualität und gute Arbeit 45


im Gewerbeverzeichnis mit dem Eintrag »Spezialität: lebenswahre Innen-Aufnahmen 051 Pelikan: Einsortieren der
industrieller Anlagen in vollem Betriebe«.20 Farben in Tuschkästen, 1906

In den Arbeitssälen ist der Meister – oben im Bild bei der Anfertigung von Notizen – im-
mer visuell präsent. Als unmittelbarer Vorgesetzter und Teil des betrieblichen Manage-
ments koordinierte, regelte und kontrollierte er den Arbeitsprozess und die Tätigkeit der
unterstellten Arbeiterinnen, damit die Produktion möglichst störungsfrei lief. Er berei-
tete die Lohnabrechnungen vor, wertete die Stempelkarten aus und machte dort, wo im
Akkord gearbeitet wurde, die entsprechenden Aufzeichnungen. Bei Pelikan hatten diese
Meister in der Regel eine kaufmännische Ausbildung.21

20 Adressbuch für Hannover, Jg. 1899–1911, Gewerbeverzeichnis Photographen. – Im Archiv der Firma
sind außer der Chronik weitere Fotogra­fien aus derselben Zeit erhalten, vermutlich wurden sie ebenfalls
von Roerts aufgenommen. Einige sind unten abgedruckt.
21 Auskunft Jürgen Dittmer, 1948 bis 2019 bei Pelikan

46 Qualität und gute Arbeit


052 (oben) Pelikan: Walzen der ­Farben, 1906

053 (rechts) Pelikan, 1906

Nach dem Mahlen wurden die Rohfarben in


Kuchen gepresst, diese dann in Platten ausge-
walzt, in Stücke geschnitten und gepresst.

Qualität und gute Arbeit 47


Die abgewogenen Bestandteile wurden in riesigen, hermetisch geschlossenen, eisernen 054 Pelikan: Kochen der
und kupfernen Kesseln zu Tinte verarbeitet.22 Abb. 054 ist Teil der Serie, die Franz Stoedt- ­Tinten, 1906
ner für seine Kunden zusammengestellt hat, um sie über die Produktion von Farben und Foto Franz Stoedtner
Tinten zu informieren.

22 Hermann Löns, in: Günther Wagner 1838–1906, S. 54

48 Qualität und gute Arbeit


055 Pelikan: Pressen des
Knetgummis ›Nakiplast‹, 1906

Mit der Erfindung der Stahl­feder stellte Pelikan auch säurefreie Stahlfedertinte her, später
Blauholz- und Alizarintinte und noch später Kopiertinte.23 Die lichtechte Eisen­gallustinte
wurde aus Gallusäpfeln gewonnen, die durch den Stich der Gall­wespe an E ­ ichen ent-
stehen. Dem Tannin aus den Gall­äpfeln wird Eisensulfat und Farbstoff ­zugesetzt.
Das E
­ isensulfat oxidiert an der Luft, so dass die zunächst blaue Tinte sich schwarz verfärbt.

23 Ebd., S. 15

Qualität und gute Arbeit 49


056 Bahlsen: Teig formen für ›Queen­gebäck‹,
um 1900 – Fotografie vermutlich Franz
Stoedtner, Berlin

Die Firma Bahlsen suchte mit englischen


Namen für ihre ›Cakes‹ die Gunst des deut-
schen Publikums zu gewinnen. Denn die
Deutschen hatten damals eine »Vorliebe
für alles Ausländische« und dem Fabri-
kanten begegnete »auf Schritt und Tritt
das ungerechtfertigte Vorurteil« gegen
deutsche Ware.24

Die Fotos auf dieser Seite ähneln im Format, den


oben abgerundeten Ecken und leichter Unschärfe
anderen Fotografien Stoedtners, die im Bahlsen-Ar-
chiv und in der Fotothek Dresden archiviert sind. Sein
Verlags­katalog verzeichnet Aufnahmen aus der Keks­
fabrikation.

057 Bahlsen: Teigkneten, um 1910


Fotografie vermutlich Franz Stoedtner, Berlin

24 Max Rieck, Die deutsche Chocoladen- und Zuckerwaarenindustrie. Aus der Praxis für die Praxis, Heft 1, Hamburg 1895, S. 62

50 Qualität und gute Arbeit


Der Betriebsrundgang bei
Feinkost-Appel beginnt
mit einem Blick in die
Kontore und führt durch
Schreibmaschinenzimmer,
Registratur, Buchhalterei,
Fabrikationsräume, Lager-
und Warenräume.25
Neben der Fabrikation
von Senf, Fischkonserven
und Mayonnaise spielte
der Handel mit Delika­
tessen aus aller Welt, wie
z. B. Hummer und Kaviar,
eine wichtige Rolle und
blieb auch Teil des Mar-
kenzeichens, das Änne
Koken 1911 entworfen
hatte, den Hummer mit
einem Majonnäseglas in
seinen Zangen. Räucherer,
Fischwerker und Senfmül-
ler (Abb. 089) arbeiteten
als Fachkräfte in der Fein-
kostfabrik.

058 Appel: Räucherer, 1914

25 Familienarchiv Appel

Qualität und gute Arbeit 51


Überraschen mag bei den Betriebs-
rundgängen von Pelikan und Appel die
Vielzahl von Fotos aus der Verwaltung.
Reinhard Matz meint denn auch, dass
sich Verwaltungsarbeit wegen ihrer
Unanschaulichkeit nur schwer oder gar
nicht fotografieren lasse und merkt kri-
tisch an, dass sich die Industriefotografie
der dort arbeitenden Menschen lediglich
»als Blickfang« bediene.
Diese Kritik erscheint angesichts der
Fotos hier und auf den folgenden Seiten
nicht berechtigt. Sie zeigen Menschen
mit der Würde konzentrierter Kontor­
arbeit. Abbildungskriterium für die Foto-
grafien ist die Bedeutung der Abteilun-
gen für die Firma und nicht die Eignung
für ein gelungenes Foto:
»Ein so großer Betrieb macht auch ei-
nen umfangreichen Verwaltungsapparat
nötig«, betont die ›Pelikanchronik‹.

059 (oben) Appel: Hauptkontor II, 1907

060 (Mitte) Appel: Fabrikkontor, 1907

061 (unten) Bahlsen: Registratur, 1912


Lichtbild­anstalt Stoedtner, Stereoskopie

52 Qualität und gute Arbeit


Franz Stoedtner hat viele Aufnahmen von Fabrikarbeit in den Firmen Günther Wagner,
König & Ebhardt, der Mechanischen Weberei Linden26 und Bahlsen27 fotografiert. Er
hatte sich als Fotograf von Kunstwerken, Bauten, naturwissenschaftlichen und geogra-
phischen Phänomenen für Unterrichts- und Vortragszwecke einen Namen gemacht,
produzierte auf eigene Rechnung und verlieh die Fotoserien an interessierte Kunden,
vor allem an Schulen, Universitäten und Vereine.28 In den Jahren nach 1900 unternahm
Stoedtner ausgedehnte Reisen zur fotografischen Erfassung der Denkmäler der deut-
schen Backsteingotik, die ihn auch nach Hannover führten. Ob er dort im Auftrag der
Eigentümer oder lediglich mit einer Zutritts- und Fotografiergenehmigung fotografierte,
ist unklar. Stoedtners Kunden konnten sich jedenfalls Fotoserien aus der Keksfabrikation,
der Farben- und Tintenfabrikation, der Mechanischen Weberei, der Buchdruckerei und
Buchbinderei ausleihen, die unter dem Stichwort Technologie im Verlagskatalog ver-
zeichnet waren.29 So gelangten Industriefotografien aus Hannover in Vortragsräume und
Hörsäle.

062 Appel: ­Registratur, 1907


Ordnung herrschte in der Registratur. Fakturen (Rechnungen), Bestellungen und Rekla-
mationen konnten schnell gefunden und Geschäftsvorgänge zügig zurückverfolgt wer-
den. Die Registratur war in der Firma Appel der Ort, an dem jeder neu in das Geschäft
eintretende Kontorist seine Arbeit begann, nicht gerade zur Freude der Betroffenen. Die
Neuen lernten mit der Ablage der Schreiben aus allen Abteilungen die Vielfalt der Vor-
gänge des Geschäftes kennen und wurden mit dem Bringen oder Holen von Schreiben

26 Archiviert in der Deutschen Fotothek, Dresden


27 Im Bahlsenarchiv befinden sich noch alte Stoedtner-Fotos und Stereotypien.
28 Heinz Klemm, 45 Jahre Deutsche Lichtbildarbeit zum 70. Geburtstag Dr. Franz Stoedtners, Berlin 1940
29 Dr. Franz Stoedtner, Institut für wissenschaftliche Projektion, Verlagskatalog für Lichtbilder und Photo-
graphien, Berlin 1920, S. 44

Qualität und gute Arbeit 53


den Abteilungsleitern vorgestellt, die einen ersten Eindruck gewannen. »Herr Ulianow­
ski, der Chefbuchhalter, hat mich dann in seine Abteilung geholt und nicht wieder
hergegeben«30, erinnerte sich eine Appelanerin.

Buchhalter prüfen die Eintragungen in den großen Geschäftsbücher-Folianten. Die kauf- 063 Appel: Vergleichsraum
männische doppelte Buchführung, bei der jeder finanzielle Geschäftsvorfall auf mindes- mit Geschäftsbüchern, 1907
tens zwei Konten gebucht wird, ermöglicht eine Plausibilitätskontrolle. Jedem Betrag im
Soll auf einem Konto müssen gleich hohe Beträge im Haben auf anderen Konten entge-
genstehen. Der Vergleich der Eintragungen war ein wichtiger Schutz vor Schreib- oder
Rechenfehlern.

30 Frau Beckmann, 1930 bis 1936 bei Appel, Interview 26. 1. 2012

54 Qualität und gute Arbeit


6 Arbeiterinnen gesucht
Attraktiv für die Firmen war Frauenarbeit, weil Frauen nur etwa die Hälfte der männli-
chen Hilfsarbeiter verdienten1 und sie ›geschickte Hände‹ hatten. Ihr Lohn galt als Zuver-
dienst für die Familie. Die Fabrikanten der Nahrungs- und Genussmittelindustrie be-
schäftigten um die Jahrhundertwende überwiegend Frauen: 450 von 543 Arbeitskräften
bei Bahlsen und 520 von 597 Beschäftigten bei Sprengel waren weiblich.2 Frauen waren

064 Appel: Fischlager­halle, zwischen 1900 und 1914 gesuchte Arbeitskräfte. Ihre Zahl nahm im genannten Zeitraum
1907 wegen des enorm gestiegenen Absatzes der deutschen Industrieprodukte um das Zwei-
einhalbfache zu, während die Zahl der männlichen Arbeitskräfte sich nur um ein Drittel
erhöhte. Auf 100 offene Stellen kamen zwischen 80 und 90 Arbeit suchende Frauen.3
Dennoch gab es um 1900 von unterschiedlichen Seiten Vorbehalte gegen die Arbeit
von Frauen in der Industrie, weil sie eine geringer entlohnte Konkurrenz für die Männer

1 Z. B. der Tarifvertrag Sprengel 1903: Wochenlohn Frauen 10 Mk gegenüber 18 Mk für männliche Hilfs­
arbeiter (HStAH Dep.105 Acc 2/80, Nr. 601)
2 Verband der Bäcker, Konditoren und Verwandten Berufsgenossen Deutschlands (Hrsg.): Jahrbuch 1910,
Hamburg 1910, S. 106
3 Margit Grabas, Konjunktur und Wachstum in Deutschland von 1895 bis 1914 (Schriften zur Wirtschafts-
und Sozialgeschichte. Band 39), Berlin 1992 [www.gesis.org/home]

Arbeiterinnen gesucht 55
bedeutete, vielfach als ›sittlich gefährdend‹ angesehen wurde4 und auch weil die öko-
nomische Unabhängigkeit durch eigene Arbeit nicht jedem gefiel. Dass in den Unter-
nehmen der Konsumgüterindustrie so viele Fotografien von Frauen­arbeit erhalten sind,
könnte mit der Knappheit von weiblichen Arbeitskräften zusammenhängen. Sie warben
mit angenehmen Arbeitsplätzen.

065 Appel: Arbeiterinnen


beim Entgräten der Heringe
mit Werbeplakat für den
Evangelischen Arbeiterinnen-
verein, 1907
Die Tätigkeit der Frauen in der Fischfabrik war allerdings alles andere als angenehm.
Sie wird in dem Appel-Fotobüchlein nicht geschönt. Der grimmige Blick der Arbeiterin
(Abb. 064) zeigt Distanz zu ihrer Arbeit und zum Fotografen.
Die Fischarbeiterinnen bei Appel wurden beim Filettieren von Heringen mit einem
Aushang – in der Bildmitte über dem Kopf der Vorarbeiterin – über die Tätigkeit des
Evangelischen Arbeiterinnenvereins informiert. Der Verein befand sich damals in Han-
nover im Aufbau. Vier Jahre zuvor hatte es in Hannover bei Sprengel und Bahlsen eine
Streik­androhung gegeben. Der Verband der Zuckerbäcker und Konditoren verhandelte
erfolgreich und schloss – letztlich ohne Streik – einen Tarifvertrag ab. Der angedrohte
Streik in der benachbarten Firma Sprengel wird H. W. Appel aufgeschreckt haben. Ver-
mutlich unterstützte die Firma deshalb Arbeiterinnenvereine, die weniger kämpferisch
agierten.
Die Fischarbeiterinnen hatten eine »äußerst schmutzige und unangenehme Arbeit zu
tun. Außerdem bringt die Arbeit einen durchdringenden Geruch mit sich. Dieser Geruch
bleibt in den Kleidern sitzen und macht die Arbeiterinnen überall als Fischarbeiterinnen
kenntlich.«5 Ein Fachblatt für Fisch- und Feinkostindustrie bedauerte 1930: »Anklang an

4 Emma Ihrer, Die Arbeiterinnen im Klassenkampf. Anfänge der Arbeiterinnen-Bewegung, ihr Gegensatz
zur bürgerlichen Frauenbewegung und ihre nächsten Aufgaben. Hamburg 1898, S. 10
5 Annemarie Schmidt, Die Arbeiterinnenfrage in der nordwestdeutschen Fischindustrie, 1929, S. 45

56 Arbeiterinnen gesucht
Arbeitsfreude gab es nur bei den äl-
teren Frauen. Bei jüngeren Mädchen
kann man stets eine innere Abwehr
gegen die schmutzige Arbeit fest-
stellen und den Wunsch, möglichst
nur vorübergehend hier beschäftigt
zu sein.«6
Wegen der unregelmäßigen
Anlandungen der Heringe und der
schnellen Verderblichkeit der Fische
war die Arbeit in der Fischindustrie
eine ausgesprochene Saisonarbeit.
1910 waren in der Gewerbeord-
nung als Ausnahmeregelung noch
13 Stunden am Tag möglich, bei
Appel arbeiteten die Fischfrauen
bis zu 10 ½ Stunden täglich. Zuver-
lässige Frauen konnten zur Vorar-
beiterin aufsteigen und waren dann
durchgehend und nicht mehr nur
als ­Saisonkräfte beschäftigt.

Ihr Gruppenbild (Abb. 066) konnten die


Fischfrauen als Postkartenmotiv er-
werben. Die Aufnahme war vermutlich
außerhalb der Arbeitszeit entstanden.
So kamen die sonst unbeaufsichtigten
Kinder mit aufs Bild. Sich fotogra-
fieren lassen war damals ein außer­
ordentliches Ereignis. Ein Krupp-Arbei-
ter notierte in einem Erinnerungsbuch
für das Jahr 1911 als einen von sieben
Einträgen: »Habe mich das 1. Mal
fotografieren lassen.«7
Auch für viele der Frauen wird das Bild
wahrscheinlich die erste Fotografie
ihres Lebens gewesen sein.
066 Appel: Fischfrauen im Hof der Firma, 1907

6 Die Fischwaren und Feinkostindustrie. Fachblatt für alle Zweige der Fischverwertungstechnik, Hrsg. Peter Biegler, Hamburg-Altona 1930,
S. 69
7 Zitiert nach Lüdtke, Gesichter der Belegschaft, S. 82

Arbeiterinnen gesucht 57
Karl Hornemann, der Gründer der Pelikanwerke, hat in den 1860er Jahren acht bis zehn
junge Mädchen beschäftigt. Drei bis vier junge Frauen pressten die Farben. »Geschickte
Mädchen konnten« – schreibt Hermann Löns 1906 zu ihrer Arbeit – »neben dem Ausein-
anderbrechen und Einordnen etwa tausend Farben am Tag pressen. Sie besorgten neben-
bei auch noch das Einlegen in die Farbkasten.«8 Sie verdienten einen Taler in der Woche,
also 52 Taler im Jahr. Zum Vergleich: Der Chemiker – und spätere Firmenchef – Günther

Wagner erhielt 400 Taler. 1875 wurde eine erste Maschine zum Pressen der Farben auf- 067 (links) und 068 Pelikan:
gestellt. »Sie verursachte viel Unglück durch Abhacken von Fingern.«9 Günther Wagner Farben reiben, 1906
verlor selbst ein Glied des Zeigefingers, als er einen Arbeiter anlernen wollte. »Einer Arbei- Mit einem Glaszylinder
terin, die heute noch im Hause beschäftigt ist, ist der Finger immer kürzer geworden«10, werden die Farben auf der
schrieb Löns in der ›Pelikanchronik‹. In den 1870er Jahren beschäftigte die Firma Gün- Glasplatte gerieben und
ther Wagner vier Farbenreiber, die wegen »ziemlich bedeutender Forderungen, die nicht gleichzeitig gemischt.
bewilligt wurden«11, streikten und offenbar die Firma verließen. Daraufhin wurden zum
ersten Mal Frauen für diese Arbeit eingestellt. Farbmühlen erleichterten die Arbeit.

8 Hermann Löns, in: Günther Wagner 1838–1906, S. 17


9 Ebd. S. 19
10 Ebd.
11 Ebd.

58 Arbeiterinnen gesucht
069 Pelikan: Frau stanzt Farbsteine aus, 1900

Arbeiterinnen gesucht 59
070 (oben) Pelikan: Füllen von Farbtuben, 1906

071 (unten) Pelikan: Etikettieren der Tuben,


um 1906

Das Füllen und Verpacken von Produkten


war in der Konsumgüterindustrie eine
typische Tätigkeit für Frauen.

60 Arbeiterinnen gesucht
072 (unten) Bahlsen: Arbeiterin
an einer Ausstech­maschine für die
­Leibnizkekse, um 1912

073 (oben) Bahlsen: Saal mit Handwaffel­eisen, 1906

»Mit diesen Handwaffeleisen wurden Formwaffeln herge-


stellt. Das Eisen war gasbeheizt. Die Bedienung Öffnen und
Schließen, Aufgeben des Teiges und Abnehmen des gebacke-
nen Blattes erfolgte per Hand.«12

12 Manuskripttext, Bahlsen-Archiv

Arbeiterinnen gesucht 61
Die weiblichen und männ-
lichen Mitarbeiter kamen
sich oft auch persönlich nä-
her. »Poussieren« war aller-
dings von Heinz Appel nicht
gern gesehen. Die Appel-
Geschäftsordnung aus dem
Jahr 1914 verfügte: »Die
persönlichen Beziehungen
dürfen im Geschäfte nie
hervortreten […] Es sind vor
allen Dingen nicht ge-
schäftliche Unterhaltungen
zwischen weiblichen und
männlichen Angestellten
stets ganz unbedingt zu
vermeiden.«13 Trotzdem ha-
ben natürlich viele Beschäf-
tigte ihren Lebenspartner
in der Firma gefunden.

074 (oben) Appel: Schließen


und Etikettieren von Konser-
vendosen, 1907

075 Appel: Etikettieren


von Dosen, 1907

13 Appel-Geschäftsordnung, Fassung Nr. 3 vom November 1913 (Privatunterlagen Jens Rösler)

62 Arbeiterinnen gesucht
076 Appel: Mahlen der Gewürze, 1907 077 Appel: Mahlen der Pasten, 1907

078 Mechanische Weberei Linden: Sammetschneideraum, 079 Mechanische Weberei Linden: Sammetschneide-
ca. 1900/12 maschine, ca. 1900/12

Ein weiterer Bereich der Frauenarbeit hatte seine Wurzeln in der traditionellen Haus-
arbeit. Das Nachsehen und Stopfen der Stoffe in der Weberei gehörte dazu, ebenso das
Aufschlagen der Eier, das Mahlen der Gewürze und Pasten bei Appel Feinkost.

Arbeiterinnen gesucht 63
080 Mechanische Weberei Linden: Nachsehen
und Stopfen der Stoffe, ca. 1900/12

Frauen übernahmen nicht nur die


»leichten Handarbeiten« für kleine
Serien, sondern wurden auch an
großen automatischen Maschinen
vor allem für das Einlegen und Ent-
nehmen von Zwischenpro­dukten
eingesetzt.

081 Günther Wagner: Stanzen


von Kasten, ca. 1900/12

64 Arbeiterinnen gesucht
7 Directricen
und weibliche Handlungsbeflissene
Es sind nicht nur ungelernte Arbeiterinnen, sondern auch gut ausgebildete Frauen im
Bild. Sie wurden zunehmend im Kontor als selbstbewusste Mitarbeiterinnen geschätzt.
Von der späteren Direktorin Martha Hohmeyer wird folgende Anekdote erzählt: Sie wur-
de als junge Frau von Hermann Bahlsen getadelt, weil sie einen Bindfaden zerschnitt,
statt ihn aufzulösen. » ›Wir knüpfen die Verschnürung auf, jedes Stück Bindfaden kostet
Geld.‹ Die schlagfertige Antwort nach kurzer Überlegung: ›Wie Sie wünschen, Herr
Bahlsen, ich hatte geglaubt, daß heute gewonnene Zeit noch kostbarer sei, als ein Stück
Bindfaden.‹ Es ist ebenso bezeichnend für sie, daß sie die schlagfertige Antwort gab, wie
für Hermann Bahlsen, daß er die Antwort respektierte und bei der jungen Kontoristin ein
Wesentliches erkannte: die Fähigkeit zum selbständigen Denken.«1 Hermann Bahlsen
erteilte ihr und Dora Thieme 1919 Prokura, beide wurden 1923 Vorstandsmitglied.

082 Appel: Buchhalterei,


1907
Von Willy Appel ist das Zeugnis für eine junge Kontoristin überliefert, die ihre Arbeit
bei Appel aufgab, weil sie ihrem Mann nach Übersee folgte: »Es sind ihr nach und nach
Arbeiten übertragen, die Nachdenken und selbständiges Handeln verlangten und diese
Selbständigkeit, die ihr stets zu eigen war, hat sie dann befähigt, an mehr und mehr wich-
tigere Arbeiten heranzutreten und diese ganz in meinem Sinne auszuführen. Ich trenne
mich deshalb sehr schwer von ihr.«2 Eine solche selbstbewusste junge Frau steht oben im
Zentrum der Aufnahme aus der Appel-Buchhaltung.

1 Leibnizblätter, September 1954


2 Zeugnis Thekla B., Cuxhaven-Archiv Appel Feinkost

Directricen und weibliche Handlungsbeflissene 65


083 Appel: Schreibmaschinenraum, 1907

Um die Jahrhundertwende nahm die Tätigkeit


der Frauen im Kontor stark zu. Die Schreibma-
schine hat nach 1900 in Deutschland in kürze-
ster Zeit die handschriftliche Korrespondenz in
Kurrentschrift beendet und die Heranziehung
der Frauen in die Kontorarbeit beschleunigt.3
Bedient wurden die Schreibmaschinen bei
Pelikan 1906 ausschließlich von Männern,
bei Sprengel war der Schreibraum gemischt
besetzt.

084 und 085 Sprengel: Kontor und Schreibmaschinenraum, 1908

Im linken Bild im Vordergrund ein Lehrling an der Kopierpresse; er musste den mit Tinte geschriebenen Brief zwischen
zwei Spezialpapiere schieben, eine Gummimatte unterlegen, das Paket in einer handbetriebenen Presse festklemmen
und dann kurbeln.

3 Ida Kisker: Die Frauenarbeit in den Kontoren einer Großstadt. Eine Studie über die Leipziger Kontoristinnen, Tübingen 1911, S. 20

66 Directricen und weibliche Handlungsbeflissene


086 (rechts) Pelikan: Heinz Appel führte 1905
Schreib­maschinenraum, Schreibmaschinen ein und
1906, den Männern vor­ beschäftigte ausschließlich
behalten Frauen als »Tippfräulein«.
Foto Willi Roerts
Die Schreibmaschine
revolutionierte die Ver-
vielfältigungstechniken:
Das mühselige Vervielfäl-
tigen von Briefen mit der
Kopierpresse wie auf der
Abbildung 84 wurde von
Durchschreibpapier und
Ma­trizendruck abgelöst.
Gegenüber weiblichen
kaufmännischen Ange-
stellten gab es teilweise
feind­selige Stimmungen.
Ida Kisker berichtet 1911
in ihrer Studie über die
Frauen­arbeit in den Konto-
ren einer Großstadt über
»maßlose Angriffe gegen
die Frauenarbeit, welche
1903/04 wegen des Wahl-
rechts zu den Kaufmanns-
gerichten ihren Höhepunkt
erreichten«.4
Die hannoversche
Handelskammer sah sich
zu einer energischen
Stellungnahme gegen die
Vorstellungen des Verbandes deutscher Handlungsgehilfen genötigt, der sich gegen die
kaufmännische Fortbildung weiblicher Personen ausgesprochen hatte. Die Kammer hob
dagegen hervor, dass sich die »weiblichen Handlungsbeflissenen vollkommen unentbehr-
lich gemacht und neben den männlichen durchaus bewährt haben«.5

Bei Bahlsen und Sprengel waren Frauen oft über Jahrzehnte als Directricen (Abteilungs-
leiterinnen) tätig.6 Sie hatten eine wichtige Vorgesetztenfunktion und leiteten – bei
Sprengel zusätzlich zu der Ehefrau und den Schwestern des Gründers – weibliche Ar-
beitskräfte an.

4 Ebd., S. 128
5 Jahrbuch Handelskammer Hannover, 1902, S. 46; zitiert nach Albert Lefèvre, 100 Jahre Industrie- und
Handelskammer Hannover, 1966, S. 188
6 Vgl. Bahlsen 1889–1939, passim

Directricen und weibliche Handlungsbeflissene 67


087 (links) Sprengel: Selbst-
bewusste Frauen, Abteilung
Schokoladenwickelsaal, 1901

Das Foto wurde 50 Jahre


später am Rand beschriftet
mit »Schokoladenwickelsaal
stehend mit gestreifter Bluse
und dunklem Rock Frl. Gelb-
fuß die Leiterin, mütter­liche
Vorgesetzte, ging nach Kanada
und schickte ihren Frauen zur
Inventur 1 Dollar für Kuchen.
Hinter dem ersten Tisch links
stehend mit weißem Kragen
Heinrich Clausen, Nachfolger
von Frl. Gelbfuß.«
Die Anordnung des Bildes ist
auf die Abteilungsleiterin hin
ausgerichtet.7

088 (links) Sprengel: Selbst-


bewusste Frauen, Abteilung
Schokoladenformkeller mit
Directrice

»Schokoladenformkeller
­Leiterin Frau Hoppe (im karier-
ten Kleid und heller Schürze)
im Vordergrund rechts von der
Lampe Anna Rabe, das ›eiserne
Pferd‹.«8

7 Vgl. dazu die Sichtweise von Karsten Uhl; siehe oben Kapitel 2 »Positionen zur Industriefotografie«, S. 17
8 RWWA 208 F8205

68 Directricen und weibliche Handlungsbeflissene


8 Maschinen verändern
den Arbeitsplatz

089 Appel: Senfmühlen,


1907
Das Foto aus der Senffabrikation scheint noch aus einer vorindustriellen Welt zu kom-
men. Männer hantieren mit großen Bottichen und Eimern, aber der Antrieb der Senf-
mühle erfolgt bereits mittels Transmissionsriemen durch die Dampfmaschine.

Das Bildkonzept knüpft an


die Bildauffassung der Ma-
ler des bürgerlichen Realis-
mus an. Max Liebermann
und Per Severin Kroeyer
malten die Arbeitswelt
nüchtern, ohne anklägeri-
schen oder beschönigen- 090 Liebermann: Konservenmacherinnen, 1879,
den Gestus.1 Während die 091 Kroeyer: Sardinenfabrik Concarneau, 1879

1 Klaus Türk, Bilder der Arbeit, 2000, S. 176ff.

Maschinen verändern den Arbeitsplatz 69


bekannten Bilder aus der Industrie von Menzel und Meyerheim ihre Motive vorwiegend in der Groß- und Schwer­
industrie fanden, die sich dramatisch und farbig inszenieren ließen, suchten Liebermann und Kroeyer Nahrungsmittel-
und Textilbetriebe auf. Ihre oben dokumentierten Bilder aus Konservenfabriken zeigen »Wert und Würde vermeintlich
einfacher diskreditierter Arbeit. Die Arbeitsverhältnisse werden so wenig angeklagt wie geschönt«.2

Sieben Jahre nach dem ersten Foto aus der Senffabrikation gab H. W. Appel erneut eine Fotoschrift heraus. In der
Zwischenzeit war kräftig investiert, neu gebaut und erweitert worden. Diese Investitionen und Gebäude ins Bild zu
rücken, war Ziel der gedruckten Schrift.
Die arbeitenden Menschen rückten in
den Hintergrund. Warum? »Die blanken
Maschinen für das neuzeitliche Nah-
rungsmittelgewerbe […] sind nicht nur
billiger und geschickter, sondern auch
reinlicher als der sauberste Arbeiter. Ihr
stählerner Leib und ihre harten, hurtigen,
blitzenden Arme und Finger sind kein
Nährboden für Fäulnispilze und krank-
heitserregende Bakterien«3, betont der
begleitende Text. Er personalisiert die
Maschinen und entwertet die mensch-
liche Arbeit. Diese Bedeutungsverschie-
bung prägt die wirtschaftlichen Entschei-
dungen und Bildkonzepte bis Ende der
1920er Jahre.

Ähnlich unterschieden sich die Fotos der


Mayonnaiseproduktion von 1907 und
1914.

In den Anfängen der Mayonnaiseproduk-


tion, mit der Appel 1905 begonnen hatte,
rührten die Frauen den Inhalt aus Gläsern
und Dosen verschiedener Ingredienzien
wie in einer Gutsküche zusammen. Das
elektrische Rührgerät und die engen
Räumlichkeiten erlaubten nur eine Pro-
duktion in kleinem Maßstab.

092 (oben) Appel: Senffabrikation, 1914

093 (unten) Appel: Mayonnaise-Rührma-


schine, 1907

2 Ebd.
3 ›Appels Delikatessen überall gegessen‹, Hrsg. H. W. Appel, Hannover 1914

70 Maschinen verändern den Arbeitsplatz


094 und 095 Appel: Mayonnaiseherstellung 1914 und 1929

Sieben Jahre später hat sich die Technik weiterentwickelt. Öl und Essig wurden über
ein Rohrleitungssystem transportiert und automatisch der Eigelbmasse tropfenweise
zugefügt. Der gewachsene Umfang der Fabrikation auf 50 Rührmaschinen wird in der
Beschriftung eigens stolz vermerkt. Die Mitarbeiterinnen sind nun von hinten fotogra-
fiert und nicht mehr als Individuen identifizierbar. Einheitliche weiße Kleidung steht für
Sauberkeit und Hygiene. Fünfzehn Jahre später fehlen auf dem Foto zum 50-jährigen
Jubiläum die Menschen ganz. Der 1905 eingetretene Sohn des Gründers, Heinz Appel,
entwickelte einen anderen Führungsstil als der Vater. Effektive Produktion und Organisa-
tion waren ihm wichtig.

Der Gründer der Schokoladenfabrik Bernhard Sprengel starb 1902, sein Sohn August
plante umfangreiche Investitionen in den Maschinenpark. Ohne Zustimmung der
Mitgesellschafter konnte er aber finanzielle Entscheidungen zum Kauf von Maschi-
nen nicht treffen. In jährlichen Berichten informierte er die Familienmitglieder über
den Geschäftsgang und warb: »Es sind Mittel nötig zur Aufstellung von Arbeits- und
Kraftmaschinen. Ich fordere die Gesellschafter auf, sich den Betrieb einmal anzusehen
und sich persönlich zu überzeugen, welche Fortschritte in der Fabrikationsweise gegen
früher gemacht sind.«4 Die Fotos der neuen Maschinen dokumentierten den Fortschritt.
»Stillstand gibt es nicht.«5

4 August Sprengel, Geschäftsbericht 1908


5 Ebd.

Maschinen verändern den Arbeitsplatz 71


096 Sprengel: Neue Gieß­
maschine für flüssige
Pralinen­einlagen, um 1908

Die Horden waren bis an


den Rand gefüllt mit Wei-
zenpuder. Die Gipsstempel
darin gaben die Form vor,
die die Pralinen erhalten
sollten. Flüssige Krem wur-
de in diese eingedrückten
Hohlformen gegossen.6

097 (links) Sprengel: Über­


ziehen der Desserts per
Hand, 1901

098 (unten) Sprengel:


Überzieh­maschine mit Fließ-
band, um 1908 (mit Origi-
nal-Retouchen)

Das Foto aus dem Jahr


1901 zeigt, wie die flüssige
Schokolade noch händisch
aus einer Kanne über
die Fondants gegossen
wurde. Sieben Jahre später
›fahren‹ die vorgeformten
Fondants automatisch
auf einem Fließband in
die Maschine und werden
mit flüssiger Schokolade
überzogen.

6 Walter Schwädtke, Die Schokoladenfabrikation Mauxion. Musterbetriebe Deutscher Wirtschaft 1931, über Gießmaschinen S. 29

72 Maschinen verändern den Arbeitsplatz


099 (oben) Bahlsen: Das händische Teigrühren wurde
bald darauf bei Bahlsen durch eine Maschine ersetzt.

100 (links) Bahlsen: Frauen beim Teigrühren, um 1900

Die Firma Bahlsen hat ihre Unfallschutzmaßnahmen mehrfach


fotografisch dokumentiert. Unfälle waren für die Unterneh-
men ein gravierendes Problem. Zur Überwachung der Fabriken
waren staatliche Gewerbeinspektoren und Aufsichtsbeamte der
Berufsgenossenschaften tätig. Sehr klug hatte das Unfallver­
sicherungsgesetz bestimmt, dass die Unternehmen allein die
Beiträge zur Unfallversicherung zu tragen hatten. Um die Ein-
stufung in eine höhere Gefahrenklasse zu vermeiden, bemühten
sie sich um die Verhütung von Betriebsunfällen und um Instruk-
tion ihrer Beschäftigten.7

Der Betriebsrundgang der Firma König & Ebhardt beschreibt


ausführlich Unfallschutzmaßnahmen wie die »fürsorglich
errichteten Schutzwände hinter den Maschinen« und »die er-
höhten Stände der Bogenanlegerinnen der Schnellpressen durch
Gitter und Umhüllungen der bewegten Räder«. Ein »Sicherungs-
stift« sperrte die Antriebsvorrichtung der Schnellpressen vor der
»unbeabsichtigten Ingangsetzung«, wenn unter der Maschine 101 Bahlsen: Mischmaschine mit Unfallschutz­
gearbeitet wurde.8 vorrichtung

7 Vgl. Ritter/Tenfelde, Arbeiter im deutschen Kaiserreich, 1992, S. 376, Fn. 246


8 Festschrift König & Ebhardt 1895, S. 19

Maschinen verändern den Arbeitsplatz 73


102 Bahlsen: Einschlagmaschine mit
­automatischem Transport, um 1912

Die Fotografien von Bahlsen und Sprengel


zeigen, dass beide Firmen bereits um 1910
für einzelne Produktionsabläufe Fließ-
bänder einsetzten. Die Firmenerzählung

von Bahlsen besagt, dass die Firma als erste


europäische Firma eine Fließförderanlage
eingeführt habe. Bahlsen nennt allerdings
zur Einführung von Fließbandfertigung
selbst widersprüchliche Daten, 1905 in der
Festschrift von 19649, 1910 dagegen im
älteren Jubiläumsbuch von 1939.
»Diese erste Bahlsen-Fließförderanlage
war noch einiger­maßen umständlich: Die
ausgestochenen Keks [sic] wurden auf Ein-
zelgittern durch die Kettenöfen, anschlie-
ßend durch einen Kühlturm ›gefahren‹, bis
schließlich Packerinnen sie von den vorbeig-
leitenden Gittern nahmen und die Kartons
taten.«10

103 Bahlsen: Ein Arbeiter schiebt die Bleche


mit den ausgestochenen Keksen zum Backen in
die Förderanlage.

9 Bahlsen 1889–1939, S. 40: »Bahlsen hat sie [die Fließarbeit] in seinem Betrieb im Jahre 1910 eingeführt«;
dagegen Bahlsen 1889–1964, S. 15: »So konnte […] schon 1905 die erste Fließ-Förderanlage aufgestellt
werden, mehrere Jahre also bevor Henry Ford diesen Vorläufer des Fließbandes zur Automontage in
Amerika einsetzte.«
10 Bahlsen 1889–1964, S. 15

74 Maschinen verändern den Arbeitsplatz


104 Bahlsen: Falten der
­Leibnizkeks-Schachtel,
um 1912

Die fertigen Leibnizkeks-Schachteln wurden für Abtransport und Weiterverarbeitung


auf das Laufband zwischen den Arbeitsplätzen gestellt, ein Beispiel für die Verknüpfung
verschiedener Arbeitsschritte durch ein laufendes Band.
Die Arbeitsumgebung mit geschmückten Wandfliesen sollte nicht nur zweckmäßig,
sondern auch ansprechend sein. Das entsprach der Philosophie des 1907 gegründeten
»Deutschen Werkbundes«, dem Bahlsen ebenso wie Beindorff und Appel beigetreten
waren.

Maschinen verändern den Arbeitsplatz 75


105 Sprengel: Kühl- und
Verpackungsanlage mit
Fließbandförderung, 1921
Auf dem Foto hat der Mann rechts neben dem Notausknopf die Anlage im Blick, um
bei einer Störung schnell eingreifen zu können. Die Frauen am Band liefen Gefahr, ihre
Finger in dem sich bewegenden Band einzuquetschen. Verpackungstätigkeiten am
Fließband waren typische Frauen­arbeitsplätze.11 Der ›Takt‹ war vorgegeben durch die
Geschwindigkeit des Bandes, die Arbeit auf wenige repetitive Handgriffe beschränkt.
Mehrere Fotografien aus der Schokoladenfabrik – vgl. oben Abb. 098 – zeigen männli-
che Facharbeiter wie Schlosser und Konfektmacher scheinbar unnütz neben dem Band.
Waren sie nur ›unproduktive‹ Vorgesetzte, die die Untergebenen kontrollieren sollten,
wie häufig unterstellt wird?12 Ein Betriebsrat, der als Schlosser im Betrieb arbeitete,
erinnerte sich viele Jahre später an ein Erlebnis mit Bernhard Sprengel: »Sprengel ging
regelmäßig durch den Betrieb. Einmal kam er in die Eintafelei. Ich stand an der Maschine
und hatte mich angelehnt. Der Meister wollte mich anmachen: ›Machen Sie doch ihre
Arbeit.‹ Sprengel sagte aber – das werde ich nie vergessen: ›Ich sehe den Schlosser lieber
an der Maschine stehen und die Frauen sind beschäftigt, als unter der Maschine liegen
und ich sehe nur die Beine.‹ «13

11 Vgl. auch Jürgen Bönig, Zur Einführung von Fließbandarbeit in Deutschland bis 1933, S. 616ff., mit Aus-
führungen zum Einsatz von Fließförderung bei Bahlsen.
12 So z. B. Uhl, Humane Rationalisierung?, 2014, S. 41 und 293
13 Interview mit Karl-Heinz Brede, in: Huttenlocher, Sprengel, 2016, S. 242

76 Maschinen verändern den Arbeitsplatz


9 Feierabendbilder
Mit Feierabendbildern schlossen viele Betriebsrundgänge. Seht her, die Herrschaft über
die Arbeitskraft ist begrenzt!, sagen sie dem Betrachter. Jenseits des Fabriktors sind die
Arbeitskräfte frei. Die Arbeitszeitfrage war umkämpft und neben der Forderung nach
höheren Löhnen ein wesentliches Aktionsfeld der erstarkenden Gewerkschaftsbewe-
gung. Fast 8 000 Streikbewegungen zwischen 1890 und 1914 forderten eine Verkürzung
der Arbeitszeit.1
Von der Firma Bahlsen ist zum Feierabend kein Foto überliefert, aber eine interessante
Erinnerung des früheren Betriebsratsvorsitzenden Heimberg. Es war im Krisenjahr 1931.
Die Kommunisten hatten eine eigene TET-Zeitung herausgebracht.2 Der langjährige
sozialdemokratische Betriebsratsvorsitzende wurde darin heftig angegriffen, weil er als
Betriebsrat nicht dafür sorgte, dass die Packerinnen der Firma Bahlsen wie echte Prole-

106 Appel: Feierabend


­würdiger Herren aus dem
Kontor mit Melone und
­Binder am Fahrradschuppen
tarierinnen aussahen. Man warf ihm vor, dass die Arbeiterinnen, die in der Lister Straße
die Fabrik verließen, in ihrem Äußeren nicht zu unterscheiden seien von den Angestell-
ten, die in der Podbielskistraße die Firma verließen. Heimberg war enttäuscht, hatte er
doch immer geglaubt, dass es die Aufgabe der Gewerkschaften sei, die Lebenshaltung
der arbeitenden Menschen zu verbessern.3

1 Ritter, Tenfelde, Arbeiter im deutschen Kaiserreich, 1992, S. 369


2 Vor den Toren der Firma Appel wurde im April 1932 ebenfalls eine kommunistische Betriebszeitung
verteilt und unter der Schlagzeile »Wir erobern die Betriebe!« außer dem Chef auch »der reformistische
Betriebsrat« angegriffen. »Wer für die Interessen der Arbeiter kämpfen will, der muß kämpfen gegen die
gesamte Front von Severing (SPD) bis Hitler.«, in: Beilage Neue Arbeiterzeitung vom 12. 4. 1932
3 Leibnizblätter 1956: Persönliche Erinnerungen an Richard Heimberg

Feierabendbilder 77
Das Feierabendmotiv wurde zu der Zeit, als die Fotos entstanden, wiederholt
auch Gegenstand der sozialkritischen Malerei. Edvard Munch malte 1913 ›Arbeiter
auf dem Heimweg‹ (s. Abb. 107), gestaltet als Arbeiterzug, um den Klassencha-
rakter zum Ausdruck zu bringen, kommentiert Klaus Türk dieses Bild. Baluschek,
der der ›Neuen Sezession‹ in Berlin angehörte, hat 1900 müde ›Proletarierinnen‹
(s. Abb. 108) auf dem Heimweg im Bild festgehalten. Türk sieht darin den Versuch,
ein »authentisches Bild proletarischer Lebenswirklichkeit zu zeichnen.«4 Den
Künstlern stand wie den Kommunisten 1931 am Feierabend der Anblick erschöpfter
Proletarier vor Augen. 107 Munch, 1913
Auch der Malergeselle und Arbeiterdichter Gerrit Engelke aus Hannovers Nord-
stadt verfasste kritische Zeilen:

»Die Fabrik5
[…]
Tausend Mann, Schicht um Schicht, Bis der Pfiff heiser gelt:
Saugt die laute Arbeits-Hölle auf. Aus offnem Tore strömen dann
Zwingt sie all in harte Pflicht Mädchen, Frauen, Mann und Mann –
Stunde um Stunde. Blasses Volk – müde – verquält – […]« 108 Baluschek, 1900

109 Sprengel: Vor dem Fabrikeingang, 1901 – Pförtner Seelemeyer in Uniform, Kuno, der
Bernhardiner des Chefs, und »vorn rechts der kleine Stift Ernst Rudolf« bildeten in einer Gruppe
von Mit­arbeitern vor dem Eingang der Firma den Abschluss der Bilderreihe von 1901.

4 Vgl. zu diesem Absatz Klaus Türk, Bilder der Arbeit, 2000, S. 206f.
5 Zit. nach Henning Rischbieter, Hannoversches Lesebuch, Bd. 2, Velber 1978, S. 183

78 Feierabendbilder
110 Arbeitsschluss
bei Pelikan, 1906
(Foto der Lichtbild­
anstalt Stoedtner)

Künstler neigen zur Dramatisierung sozialer Beziehungen, die Fotografien der Unternehmer dazu,
diese zu schönen. Die Beschäftigten selbst haben die Arbeits­situation unterschiedlich wahrge-
nommen, bei vielen war der Stolz auf die Firma und ihre Arbeit stärker als das Ausbeutungsnarra-
tiv der Kommunisten.

Feierabendbilder 79
111 Schichtwechsel Continental, 1921 (Fotografie Willi Roerts)

80 Feierabendbilder
10 Soziale Betriebsarbeit

112 Bahlsen: Kantine der Pelikan, Bahlsen, Continental und Appel hoben in ihren Veröffentlichungen und Foto-
Arbeiterinnen, veröffentlicht grafien nach der Jahrhundertwende die sozialen Leistungen für die Belegschaft hervor.
in: »Dies Blatt gehört der Teilweise mag es in der Person des Eigentümers gelegen haben, sich fürsorglich um
Hausfrau«, 27. 20. 1912 die Belange ihrer Mitarbeiter zu kümmern. Anna und Heinrich Wilhelm Appel kamen
aus einem Pfarrershaushalt und lebten nach den Grundsätzen christlicher Nächsten­
Foto und Ort der Veröffent-
liebe. Anderen erschien es als Gebot der Vernunft, ihren Arbeitskräften eine angenehme
lichung sind von dem Motiv
bestimmt, unter den Haus- Arbeitsumgebung zu schaffen und Streikbewegungen entgegenzuwirken. Seit Mitte
frauen Arbeiterinnen für die der 1890er Jahre sahen sich viele Firmen mit einer starken Fluktuation der Arbeitskräfte
Tätigkeit in der Keksfabrik zu konfrontiert.1 Freiwillige soziale Leistungen konnten die Stammarbeiterschaft an den
gewinnen. Betrieb binden.

1 Ritter/Tenfelde, Arbeiter im Deutschen Kaiserreich, 1992, S. 407

Soziale Betriebsarbeit 81
113 (oben) Appel: Kantine,
1914

114 (unten) Pelikan:


­Ruhesaal für Arbeiterinnen,
1906

Die Fabrikanten präsentierten ihre sozialen Leistungen wie Kantinen, B­ äder und Ruhesäle. Die Präsentation sanitärer
Anlagen war auch eine Antwort auf die im ausgehenden 19. Jahrhundert einflussreiche Hygienebewegung. Die Indus-
trie hatte arbeitssuchende Menschen in die Städte gelockt, die Verstädterung führte zu elenden Armutsvierteln, Woh-
nungsnot und zu einer allgegenwärtigen Seuchengefahr.
Mediziner entdeckten den Zusammenhang von Schmutz
und Krankheitskeimen, findige Unternehmer entwickel-
ten Produkte der persönlichen Hygiene wie Mundwässer,
Seifen und Shampoos mit antiseptscher Wirkung. Hygie-
neausstellungen – 1882 in Berlin und 1911 in Dresden –
klärten Millionen von Besuchern auf über die Notwendig-
keit täglicher Körperpflege, regelmäßigen Händewaschens
und wöchentlichen Duschens oder Badens. Die Chole-
ra-Epidemie in Hamburg 1892 mit 8600 Toten wirkte als
zusätzlicher Weckruf für Sauberkeit und Hygiene. 1912
wurde in Dresden das noch heute bestehende Hygiene­
museum gegründet. Initiiert hatte Ausstellung und
Museum der Odol-Fabrikant Karl-August Lingner. Fotos von
Duschen, Wasch- und Baderäumen demonstrierten, wie
wichtig den Unternehmen die persönliche Hygiene der Be-
schäftigten war. Mit der Einrichtung von Kantinen konnten
die Firmen bei knapper werdenden Arbeitskräften auch
Männer und Frauen mit längerem Anfahrtsweg gewinnen.

82 Soziale Betriebsarbeit
115 (links) Pelikan:
Dusche, 1906

116 (rechts) Appel:


­Baderaum, 1914

Etwas aus dem Rahmen fällt das Foto aus der Firma Pelikan. Hier haben die Ideen der
Lebensreform, die Natürlichkeit, gesunde Lebensweise und die Schönheit des nackten
Körpers priesen, Eingang in das Buch
gefunden.2
Die Pelikan-Badeordnung aus dem
Jahr 1900 sah vor, dass einmal in der
Woche während der Arbeitszeit geba-
det werden durfte und eigene Badeein-
richtungen für Mitarbeiter zur Verfü-
gung standen, die »schwarz angesetzt«
hatten.3
Die Firma Appel warb 1914 mit hygie­
nischen Arbeitsbedingungen: »Mit
117 Bahlsen: Duschen, 1912 Rücksicht auf die Käufer erließ die
Firma eine Arbeitsordnung, die das wöchentliche Reinigungsbad für alle mit der Her-
stellung von Nahrungsmitteln betrauten zur sorgfältig überwachten und bezahlten
Pflichtarbeit macht.« Dafür standen »10 mit weißen Fliesen ausgelegten Baderäume zur
Verfügung«.4 Gleichzeitig half es den Arbeiterinnen, die um 1900 in der Regel kein Bad in
ihrer Wohnung hatten.

2 Vgl. Klaus Wolbert (Hrsg.), Die Lebensreform. Entwürfe zur Neugestaltung von Leben und Kunst um 1900,
Darmstadt 2001
3 »Rund um den Pelikan‹. Werkszeitschrift, 1951–1959
4 Appel, maschinenschriftlicher Bericht zum 25. Jubiläum 1914, Familienarchiv

Soziale Betriebsarbeit 83
Continental hatte »mit unmittelbarer Leitung nach den einzelnen Arbeitsstellen eine 118 Continental: Eine
Anzahl von Kaffeeküchen [eingerichtet] und gab den Kaffee kostenlos ab«.5 Für die heiße Betriebskaffeeküche, 1921
Jahreszeit nahm die Firma die Herstellung von Brausewasser für Arbeiter und Ange- Fotografie Willi Roerts
stellte auf. 1 000 Angestellte konnten mit Arbeitgeberzuschuss preiswert in der Kantine
essen.

5 Karl W. Weigand (Red.), 50 Jahre Continental, Hannover 1921

84 Soziale Betriebsarbeit
119 Bahlsen: Nähstube Die Fabrik war nicht nur Ort der Arbeit, oft verbrachten die Beschäftigten auch ihre
Freizeit miteinander, z. B. im ›Gesangverein Pelikan‹ und in der ›Appel’schen Liedertafel‹,
in der auch der Juniorchef mitsang. Ausflüge in die nähere Umgebung mit Spaziergän-
gen und gemeinsamem Essen sorgten ebenfalls für Zusammenhalt. Die Firma Bahlsen
richtete eine Nähstube ein. Dort gab es Nähkurse und für die Frauen die Möglichkeit,
sich selbst ihre Kleidung zu schneidern.

Soziale Betriebsarbeit 85
Günther Wagner stellte 1906 zur Beratung und Unterstützung der Arbeiterinnen im
Krankheitsfall eine Sozialfürsorgerin ein, Bahlsen 1911 zwei Frauen. Teilweise übernah-
men Frauen aus der Inhaberfamilie oder nahestehende Verwandte soziale Aufgaben im
Betrieb.

Bei Appel begann die Frau des Gründers Anna Appel sich um Arbeiterinnen zu kümmern, 120 Pelikan: Sozial­
die Hilfe brauchten, und kochte auch für kranke Mitarbeiterinnen und deren Kinder sekretariat, 1906
warmes Essen.6 1922 stellte Appel eine Fürsorgerin ein. Heinz Appel hatte später seine
älteste Tochter für diese Tätigkeit vorgesehen, die aber bei ihrem Praktikum im Wohl-
fahrtsamt der Stadt Hannover ihren späteren Ehemann Werner Blunck kennenlernte,
heiratete und nicht in die Firma eintrat. Fritz Beindorff bat seine Schwiegertochter
Martha 1925 nach einer verletzten Arbeiterin zu sehen. Daraus entwickelte sich ein le-
benslanges ehrenamtliches Engagement in der Fürsorge für die Beschäftigten.7 »Sie war
außerordentlich beliebt«8, erinnert sich Jürgen Dittmer, 50 Jahre Pelikanmitarbeiter.

6 Huttenlocher, Appel Feinkost, 2013, S. 12


7 Pelikan-Zeitung 1/1973, Tante Martha 70 Jahre
8 Interview der Autorin mit Jürgen Dittmer am 6. 11. 2019

86 Soziale Betriebsarbeit
11 Fahrzeuge und Fahrer
Die Geschichte des Lastkraftwagens beginnt um 1895. Anders als der Pkw, der von der
mon­dänen Gesellschaft begeistert aufgenommen wird, sind die Fabrikanten anfangs sehr
skep­tisch, in selbstfahrende Lastwagen zu investieren. 16 Hersteller haben in Deutsch-
land 1901 gerade mal 39 Lkws produ-
ziert. Seit 1908 subventionierte die
deutsche Armeeführung die Einfüh-
rung von zivilen Motorlastwagen, um
sie im Kriegsfall beschlagnahmen und
für militärische Zwecke einsetzen zu
können. Sie schrieb technische Stan-
121 (rechts) »Kraftwagen dards vor und gewährte den Käufern
der Firma Günther ­Wagner, 4 000 Reichsmark Beschaffungsprämie
seit Kriegsausbruch im sowie bis 1 000 Reichsmark Betrieb-
Felde« (Werkszeitschrift ›Der sprämie. Die staatliche Subvention war
Pelikan‹, 1916) erfolgreich: Die Produktion stieg bis
1914 auf knapp 10 000 Fahrzeuge pro Jahr.1 Wie heute setzten sich Neuerungen oft erst
122 Sprengel: Fabrikhof mit mit staatlicher Unterstützung am Markt durch. Jahrzehntelang übernahmen die neuen
Pferdefuhrwerk, 1901 Lkws zusammen mit den traditionellen Pferdefuhrwerken den regionalen Verteilerver-
kehr. Sie fuhren die Waren zum nächsten
Bahnhof und zu den Kunden, während die
Bahn die industriellen Zentren miteinander
verband.

»Das Pferd am Zügel haltend: Heinrich


Spangenberg, früher Kutscher, später erster
Chauffeur August Sprengels, auf dem Spren-
gelwagen sitzend Pingel, beim Pferdepacken
Heinrich Winsel, fuhr ebenfalls den Wagen
von August Sprengel«2, lautete die spätere
Beschriftung (von 1950). Die Kutscher lenkten
in den Familien­unternehmen die Kutsche des
Chefs und lieferten auch Waren aus. Diese
doppelten Aufgaben blieben erhalten, als
Autos angeschafft wurden.

1 Vgl. https://media.daimler.com [29.10.2020]


2 RWWA 208 - F 80

Fahrzeuge und Fahrer 87


123 Vor der Ausfahrt – frisch gestriegelte Pferde und blank geputzte Kutsche des Chefs August Sprengel mit Kutscher
­Heinrich Winsel

124 Viersitziger Adlerwagen, erstes Kraftfahrzeug der Firma


Günther Wagner, mit Fahrer Hans Bischoff, 1902

Bischoff hatte auf der Kaiserlichen Werft in Kiel und als


Maschinist auf Hochseedampfern gearbeitet und konnte das
gute Zeugnis eines Kapitäns vorweisen, dessen Kraftfahrzeug
er zur vollen Zufriedenheit gefahren und gepflegt hatte. Zum
Kauf des Autos hat er Fritz Beindorff begleitet und wurde
dann der erste Fahrer der Firma Günther Wagner. (Aus:
Werkszeitschrift ›Rund um den Pelikan‹, 1951)

88 Fahrzeuge und Fahrer


125 (oben) »Erstes Ber-
liner (Firmen-)Auto, ein
­Adler-Wagen 1910 mit
zwei Fahrern«

126 (unten) Sprengel:


­Fabrikhof mit Pferdewagen
und Kraftwagen, 1910

Der Blick auf den Fuhrpark im Fabrikhof wurde ein beliebtes Fotomotiv.

Fahrzeuge und Fahrer 89


127 Appel: Fabrikhof, 1929
Auslieferungsfahrzeuge der Konsumgüterproduzenten waren bis in die 1970er Jahre
wichtiger Werbeträger im Straßenbild.

128 Bahlsen: Liefer­wagen


mit expressionistischem
Reklamedesign von Martel
Schwichtenberg, um 1920

90 Fahrzeuge und Fahrer


Heinz Appel beauftragte 1926 den Hannoveraner Gebrauchsgraphiker Hermann Peffer
mit dem Entwurf für die Appel-Lieferwagen. »Großer Lieferwagen Appel: Ein solcher
Wagen muß vorsichtig behandelt werden, da er leicht unförmig wirken kann. Die Gefahr
129 (unten) Appel: Fahrer ist hier gut umgangen und der Wagen in seinem Ultramarinblau mit den goldenen Plas-
Creutzkam mit Kollegen, tikbuchstaben läuft als leuchtender Farbfleck durch die Straßen«3, kommentierte eine
1926 Fachzeitschrift den Entwurf.

3 Hellmuth Ulienowski, Geschäftswagen und Graphiker, in: Zeitschrift für Gebrauchsgrafik Jg. 4, 1927,
Nr. 1, S. 77

Fahrzeuge und Fahrer 91


130 Bahlsen: »150 PS«,
1939

Die Lastwagenflotte war in den 1920er und 1930er Jahren der Stolz einer Firma wie
40 Jahre früher die Dampfmaschine. Die Fahrt der großen Lkws schilderte eine Spren-
gel-Werbeschrift: »Es entbehrt nicht der Romantik, wenn diese Kolonnen donnernd und
fauchend durch das Fabriktor einrollen, hochbeladen mit den Produkten ferner Zonen, die
mit ihren östlichen Aromen einen Hauch der Fremde hereintragen.«4 »150 PS«-Lkws von
Bahlsen und Feinkost-Appel waren als rollende Reklame unterwegs.

131 Appel: Firmen-Lkw,


1930er Jahre

4 Sprengel-Werbeschrift 1923, RWWA 208-478-9

92 Fahrzeuge und Fahrer


Unfälle waren noch seltene Ereignisse, und das Ungeschick des Fahrers wurde im Bild
dokumentiert. Ein Reklamebild der Firma Sprengel hatte um 1900 den Aufprall eines
Pkw auf einen Birkenbaum als Alltagsmissgeschick farbig illustriert. Nun war 30 Jahre
später ein solches Ereignis eingetreten und wurde als Déjà-vue-Erlebnis im Foto fest-
gehalten. Folgende Fahrzeuge hatte August Sprengel für seine Firma in jenen Jahren
versichert: »Lastkraftwagen: 4 Audi, 1 Benz,1 Presto, 1 Daimler, 1 MAN, 1 Büssing, Perso-
nenfahrzeuge: 1 Maybach, 3 Audi, 3 Nash.«5

132 Sprengel: Reklamebild


für Sammelalbum,
um 1900

133 Sprengel: Unfall­auto,


1930er Jahre

5 HStAH Dep. 105 Nr. 727

Fahrzeuge und Fahrer 93


134 (rechts) Auslieferung
mit dem Kraft­rad, Kradfahrer
Ebbecke am Klages­markt in
Hannover, 1930er Jahre

135 (links) »Dimitrios Zaios, einer der dienstältesten Griechen


bei ­Sprengel«, 1970

Die Mitarbeiterzeitung warb 1970 mit Wort und Bild für gute
Zusammenarbeit mit den ausländischen Kollegen.6

136 (rechts) Foto zum 40-jährigen Dienst­


jubiläum von Jean Durret, ehemaliger Zwangs-
arbeiter, dann Bahlsen-Fuhrunternehmer

Veröffentlicht 1982 in den Leibnizblättern,


sollte es zeigen, dass sich ausländische
Zwangsarbeiter7 bei Bahlsen wohlgefühlt
haben und blieben.

6 ›Blickpunkt Sprengel‹ 1970, Heft 6. – Weiteres zu ausländischen Arbeitern siehe S. 166f.


7 Zur Zwangsarbeit in hannoverschen Betrieben siehe auch S. 144f.

94 Fahrzeuge und Fahrer


12 Die werbende Kraft der Baukunst
»Wenn jemand Qualität sucht, so tut er es dort, wo ihm die Herstellungsart dafür zu
bürgen scheint. Es ist eine bekannte Tatsache, daß […] der Eindruck der Herstellungs-
stätte und des ganzen Unternehmens für den Entschluß maßgebend ist. Darum ist auch
nicht zu bezweifeln, daß die Baukunst und die Ingenieurästhetik als werbende Kräfte
für die Herstellung von hoher Bedeutung sind«1, schrieb Peter Behrens 1920, Architekt
bedeutender Industriebauten. Den repräsentativen Continental-Verwaltungsbau in
Hannover-Vahrenwald hat er entworfen.
Die hannoverschen Fabrikanten hatten vorgemacht, was Behrens beschrieb. Sie zeig-
ten ihren wachsenden geschäftlichen Erfolg mit dem Bau ansehnlicher Verwaltungs-
und Fabrikgebäude, die mit hellen, freundlichen, gut belüfteten Arbeitsplätzen nicht nur

137 Das neue Bahlsen- funktional waren, sondern auch ästhetischen Ansprüchen genügten. Industriebauten
Verwaltungsgebäude in der hatten um 1900 den Ruf, düster und hässlich zu sein. Dem wollten die Fabrikanten der
List, Farbzeichnung von Konsumgüterindustrie, die sich daran machten, eine Marke zu entwickeln, entgegen­
Änne Koken, 1911 treten. Hermann Bahlsen, Fritz Beindorff und Heinz Appel waren im Deutschen Werk-
bund aktiv und verfolgten die Idee, beim Bauen und Werben Kunst und Wirtschaft
zusammenzubringen.

1 Peter Behrens, Werbende Künstlerische Werte im Fabrikbau, in: Das Plakat 1920, Heft 7, S. 273

Die werbende Kraft der Baukunst 95


138 Bahlsen: Fabrikbau in
der Lister Straße, Farbzeich-
nung von Änne Koken, 1911
Der Frankfurter Autor Martin Mosebach staunte 1988 über die Pracht hannover-
scher Industriebauten der Jahrhundertwende: »Als die Fabrikanten von Continental,
Hanomag, Pelikan und Bahlsen ihre Hallen und Verwaltungstrakte bauten, müssen
sie sich wie die Schöpfer eines neuen Zeitalters gefühlt haben. Mit staunenerregender
Phantasie schufen sie Paläste der Arbeit, die den Palästen feudaler Repräsentation im
künst­lerischen Aufwand nicht nachstanden. […] Bei Bahlsen wurde der Teig in Hallen
geknetet, die mit Mosaiken, Fresken und Majoliken ge- 139 Bahlsen: Werbe­plakat
schmückt waren. Pelikan-Füllfederhalter wurden in ei- von Otto Obermeier, 1911,
nem Tudor-Schloß von höchsteigenwilliger Jugendstil­
Obermeier integrierte 1911
verfremdung produziert.«2
Bahlsens Verwaltungs­
Mosebach hat recht. Die »Paläste der Arbeit« erin-
gebäude in ein Werbe­
nerten nicht nur an feudale Repräsentationsbauten,
plakat – sichtbarer Beleg,
sie wurden sogar von denselben Architekten erbaut. dass das Unternehmen mit
Das Gebäude von König & Ebhardt ein »mächtiger dem ästhetischen Bau die
rother Ziegelbau in einfacher gothischer Stylart mit positive Wirkung auf die
netten gepflegten Anlagen« wurde von dem Mann Kunden im Blick hatte.
entworfen, der die Bauausführung der Marienburg
geleitet hat. Heinrich Gottlieb Louis Frühling baute die
neugotische Burg im Auftrag des letzten hannover-
schen Königs und zehn Jahre später – der König hatte
inzwischen abdanken müssen – das Geschäftsgebäude
am Königsworther Platz (vgl. Abb. 147). »Überall in der gesammten Anlage«, hieß es in
der Firmenschrift von 1895, »tritt das Bestreben zu Tage, den unschönen Eindruck eines
riesigen Fabrikbacksteinbaues wesentlich abzuschwächen, so durch die gefällige Glie-
derung und die angenehmen Größenverhältnisse des gesammten Gebäudecomplexes,
durch die reichere Durchbildung der Facaden, durch die stete Pflege der umgebenden
Gartenanlagen, und durch die gänzliche Vermeidung von Rauch am Schornstein.«3 Die

2 Martin Mosebach, Stimmen einer Stadt oder der Versuch, Hannover wahrzunehmen, in: FAZ Magazin,
27. 2. 1988, S. 26f.
3 »Wille und Weg«, in: J. C. König & Ebhardt (Hrsg.) Geschäftsbücherfabrik, Buch- u. Steindruckerei London,
Hannover, Wien, Hannover 1895

96 Die werbende Kraft der Baukunst


140 Pelikan: Firmen­gelände, »gothische Stylart« des Fabrikbaus von König & Ebhardt war um die Jahrhundertwende
1906 in Hannover ein beliebter Rückgriff auf die Architektur vergangener, vorindustrieller Zei-
ten. Geprägt hatte diesen Stil der Architekt Conrad Wilhelm Hase, der in Hannover viele
öffentliche und private Bauten und Geschäftsbauten entwarf.
Während die Fotografie von Fabrikanlagen der rheinisch-westfälischen Schwer­
industrie, so Matz und Tenfelde, von einem »dominierenden Interesse an Werkshallen
und Fabriklandschaften«4 und »bildbestimmenden, übermächtig erscheinenden Bau-
massen«5 geprägt war, haben die hannoverschen Fabrikanten bis in die 1930er Jahre vor
allem Maler und Grafiker mit der Darstellung ihrer gefälligen Bauten beauftragt, nicht
Fotografen.

4 Klaus Tenfelde, Geschichte und Fotografie bei Krupp, In: Klaus Tenfelde (Hrsg.): Bilder von Krupp, 1994,
S. 313
5 Reinhard Matz, Industriefotografie, 1987, S. 130

Die werbende Kraft der Baukunst 97


Auch die in der Schwerindustrie ab 1925 beliebten »Flugaufnahmen für eine imponie-
rende Gesamterscheinung des Betriebsgeländes«6 haben die Konsumgüterhersteller für
die repräsentative Darstellung ihrer Gebäude nicht genutzt. Pelikan hat zwar 1925 Licht-
bildaufnahmen des Werksgeländes anfertigen lassen, für das Jubiläumsbuch 1938, das
zahlreiche Fotografien von Hein Gorny enthielt, allerdings den traditionellen gezeichne-
ten Blick aus der Vogelperspektive bevorzugt. Dieser konnte farbig gestaltet werden und
sich auf Wesentliches konzentrieren.
141 Pelikan: Fabrik-
gelände aus der Vogel-
perspektive, Lithografie aus
dem Jubiläumsband, 1938

Bis in die 1930er Jahre blieb die Darstellung des Fabrikgeländes von Weeser-Krell aus
der Vogelperspektive bei Hannovers Fabrikanten beliebt. Heinz Appel und Fritz Beindorff
beauftragten die in Österreich ansässige Kunstanstalt mit einer repräsentativen Ge-
samtsicht auf das Werk. Ferdinand und sein Vater Jakob Weeser-Krell galten als bedeu-
tende Vertreter der Industriemalerei.
142 Appel: Fabrikgelände
aus der Vogelperspektive,
dargestellt von Weeser-Krell,
1925

6 Matz, Industriefotografie, 1987, S. 128

98 Die werbende Kraft der Baukunst


143 Continental: Verwal-
tungsbau Vahrenwald, 1912
Architekt Peter Behrens

Der monumentale Beh-


rens-Bau der Conti-Haupt-
verwaltung (1912) mit
stattlichen Bronzestand-
bildern dokumentiert
unzweifelhaft das Reprä-
sentationsinteresse eines
erfolgreichen Unterneh-
mens.7

144 Bronzebildwerk »Werkarbeiter« von Eberhard Encke,


Haupteingang Verwaltungsgebäude – Fotografie Willi Roerts

Auf Roerts’ Foto im Jubiläumsband von 1921 wird durch


den Größenkontrast des kleinen Kindes zum Standbild
dessen martialische Wirkung ironisch gebrochen.

7 Marianne Bieger-Thielemann kritisch zu den »repräsentativen Ansprüchen von Auftraggebern«, in: Bieger-Thielemann, Albert Renger-
Patzsch. Der Ingolstädter Auftrag, 1995, S. 40.; ebenso Reinhard Matz, Industriefotografie, 1987, S. 130

Die werbende Kraft der Baukunst 99


145 Bahlsen: Fabrikbau Lister Straße 146 Bahlsen: Verwaltungsbau Podbielskistraße

Repräsentative Fotos der Fabrik- und Verwaltungs-


bauten gab Bahlsen erst in den späten 1930er
Jahren aus Anlass des 50-jährigen Jubiläums in
Auftrag.

Das Firmengebäude von König & Ebhardt erinnert


nicht zufällig mit spitzbogigem Tor und Türmen an
die neugotische Marienburg, die der hannoversche
König Georg V. zwischen 1857 und 1865 für seine
Frau Marie hatte bauen lassen. Heinrich Gottlieb
Louis Frühling leitete die Bauausführung des
Schlosses und entwarf 10 Jahre später den Fabrik-
bau am Königworther Platz.

147 Eingangsportal der Firma König & Ebhardt,


um 1900 – Foto­grafie Stoedtner

100 Die werbende Kraft der Baukunst


148 (oben) Appel-Verwal- Im traditionellen Baustil norddeutscher Backsteinbauten waren die Gebäude der Firma
tungsgebäude in Hannover, Appel in Hannover gehalten, »ein Triumph der neuzeitlichen Gesundheitslehre wie ein
1909 Zeugnis praktischen Denkens und kunstsinnigen Empfindens«8, so das Eigenlob der
Firma.
149 (oben rechts) Appel:
Kontorgebäude in Hannover,
1907

150 Appel: Verwaltungs­


gebäude in Altona, 1925
Für den Hamburger Neubau hat sich Heinz Appel vermutlich vom Vorbild des Beh-
rens-Baus der Conti inspirieren lassen.

Der Fabrikbau von B. Sprengel & Co., den der Gründersohn August Sprengel 1898
in der Schaufelder Straße errichten ließ (ohne Abbildung), ist ein funktionaler Nutz-
bau und ähnelt den Kasernenbauten in der Nachbarschaft. Die Kunstleidenschaft

8 ›Appels Delikatessen überall gegessen‹, Heftchen aus dem Jahr 1914

Die werbende Kraft der Baukunst 101


Bernhard Sprengels jun. hat sich in wertvollen Gemälden der klassischen Moderne in
Gängen und Räumen seiner Fabrik, aber nicht im Fabrikbau niedergeschlagen. Als 1967
der Neubau am Brinker Hafen eingeweiht wurde, war die Zeit für ästhetische Industrie-
bauten schon vorüber.

Für die Neubauten der 1950er und frühen 1960er Jahre beauftragten die Fabri-
kanten renommierte Architekten und knüpften an die ästhetischen Ansprüche der

151 Continental:
­Firmen­gebäude, 1953

152 Con­tinental: ­Treppe


im Foyer des neuen
­Verwaltungsgebäudes, 1953

102 Die werbende Kraft der Baukunst


Jahrhundertwende an. Ernst Zinsser entwarf im leichten, transparenten Stil der fünf-
ziger Jahre das Verwaltungsgebäude der Conti am Königsworther Platz, das Verwal-
tungs- und Fabrikgebäude von Feinkost-Appel am Engelbosteler Damm und weitere
hannoversche Gewerbebauten. Eine elegant geschwungene Treppe ins Obergeschoss
und lichtdurchlässige Glasfronten charakterisieren beide Foyers. Die neuen Bauten prä-
sentierten die Eigentümer gern in Nachtaufnahmen mit hell erleuchteten Fenstern, wie
sie Ende der 1920er Jahre aufkamen.

153 Appel: Firmen­gebäude,


1958

154 Appel: ­Foyer mit


Fischbrunnen von Ludwig
Vierthaler, 1958

Die werbende Kraft der Baukunst 103


155 Bahlsen: Werk
in Barsinghausen, 1958

156 Günther Wagner


Verpackungswerke:
­Nachtaufnahme 1928
Foto Hein Gorny

104 Die werbende Kraft der Baukunst


13 Rationalisierung und
die Schönheit der Maschinen
Nach 1914 und in den fortschrittsgläubigen Jahren der Rationalisierung treten die
Menschen hinter den Maschinen zurück. Bis Ende der 1920er Jahre üben neue Technik
und Maschinen im Zusammenwirken mit effektiver Organisation eine Faszination aus,
die in einer Sprengel-Werbeschrift aus dem Jahr 1923 zum Ausdruck kommt: »Eine
eigene elektrische Kraftanlage spendet Energie, um den gewaltigen Maschinenpark der

157 Sprengel: Tanks für die ›­ Sprengelwerke‹ in Bewegung zu halten. […] In den weiten Arbeitssälen, in denen alles
Schokoladenmasse, 1921 nach den Gesichtspunkten produktiver Technik und den Erfordernissen äußerster Wirt-
schaftlichkeit angeordnet ist, herrscht emsiges Leben. Wohin das Auge dort auch trifft,
überall erhält es den Eindruck blendender Sauberkeit. […] Rastlos ist die Firma Sprengel

Rationalisierung und die Schönheit der Maschinen 105


158 Sprengel: Hydraulische
Presse, 1921

»Das Bild zeigt eine große


hydraulische Presse, die
von der Kakaomasse das
überflüssige Kakaofett, die
Kakaobutter, abpresst. Die
flüssige Kakaobutter läuft in
der Mitte heraus, während
rechts die zurückbleibenden
Preßkuchen zu sehen sind,
aus denen das Kakaopulver
gewonnen wird.« (Fotobuch,
1921)

tätig, ihre Leistungsfähigkeit durch Nutzbarmachung aller technischen Fortschritte stän-


dig zu erhöhen, um edle Ware wohlfeil liefern zu können.«1
Ein Fotobuch aus dem Jahr 1921, Fotograf Wilhelm Ackermann, stellt auf zwanzig
Bildern den Herstellungsprozess von Schokolade und Kakao vor.2 Im Zentrum stehen die
Verarbeitungsmaschinen, mehrere Fotos zeigen ausschließlich Maschinensäle. Für den
Wandel der Bildkonzepte gibt es persönliche und allgemeine Gründe. Das vorrangige
Interesse des Gründersohnes August Sprengel lag auf den Investitionen in Anlagen.
Er konnte sehr ärgerlich werden, wenn seine neuen Maschinen von den Mitarbeitern
nicht gewürdigt und vor allem nicht angewandt wurden.3 Allgemein war der Druck
auf die Unternehmen groß, sich nach dem Krieg auf dem Markt zu behaupten, den

1 HStAH Dep. 105 Nr. 727


2 RWWA 208-0126
3 »Es ist also die neue Walze so gut wie gar nicht benutzt worden. Es ist das wieder ein sprechendes
Beispiel für die geistige Trägheit, mit der im Betriebe gearbeitet wird.« Schreiben August Sprengel an die
Belegschaft vom 21. 3. 1916, HStAH Dep. 105, Nr. 304

106 Rationalisierung und die Schönheit der Maschinen


die ausländische Konkurrenz in den schwierigen Nach-
kriegsjahren zu erobern drohte. Das 1921 gegründete
›Reichskuratorium für Wirtschaftlichkeit in Industrie und
Handwerk‹ sollte mit Unterstützung der Regierung die
deutsche Wirtschaft nach dem Ersten Weltkrieg mög-
lichst schnell wieder international wettbewerbsfähig
machen. Dazu sammelte und verbreitete das RKW Me-
thoden und Instrumente zur Steigerung der Wirtschaft-
lichkeit von Unternehmen.4 Die Unternehmen nahmen
in den 1920er Jahren wegen steigender Lohnkosten um-
fangreiche (lohn-)kostensparende Rationalisierungsin-
vestitionen vor. Was die Fotografie betrifft, so spielte sie
bei Bahlsen und Pelikan in den 1920er Jahren – anders
als Bieger-Thielemann dies vermutet5 – keine Rolle für
Selbstdarstellung und Produktwerbung.6 159 Sprengel: Kakaomühle, 1921
Die Fotografien aus der Produktion von Feinkost-Appel »Kakaomühle mit gewichtigen Mahl­gängen. Die gerösteten
rückten wie bei Bahlsen und Sprengel rationelle Ferti- Kakaokerne werden in ihnen zu ­brauner, dickflüssiger Kakao-
gung und Expansion ins Bild. masse zermahlen.« (Fotobuch, 1921)

160 Appel: Räucherei 1929 mit 15 Öfen – Vgl. dagegen


oben Seite 51, Abb. 058

Die ›Allgemeine Nahrungs- und Genussmittel-Ausstel-


lung‹ (Anuga) wird seit 1919 ausgerichtet. Auf dieser
bedeutenden Fachmesse präsentiert die Ernährungswirt-
schaft neue Produkte und Herstellungstechniken. Die
Fotografie der Leibnizkeksbäckerei steht für hygienische
Massenproduktion mit moderner Fließbandtechnik. Die 161 Bahlsen: Leibnizbäckerei 1929 – Veröffentlicht in: Anuga.
Deutsche Feinkost. Abreißkalender, 1931
Beschäftigten sind nicht als Individuen erkennbar.
Die Visualisierung effektiver rationeller Massenproduk­
tion bestimmte auch die Fotografien in der Schriftenreihe ›Musterbetriebe deutscher Wirtschaft‹. Der Verlag ›Organi-
sation‹ gab sie ab 1928 heraus, um nach dem »gewaltigen Umgestaltungsprozeß des letzten Jahrzehntes« vorbildli-
che Unternehmen vorzustellen, die zeigen »daß es der deutschen Industrie und dem deutschen Handel gelungen ist,

4 www.rkw-kompetenzzentrum.de/das-rkw/das-rkw/unser-leitbild/die-geschichte [23. 1. 2020]


5 Bieger-Thielemann, Ingolstädter Auftrag, S. 25
6 Werner Spieker, Das Werben für den Pelikan, Hannover 1963

Rationalisierung und die Schönheit der Maschinen 107


wieder in der ersten Reihe 162 (links) Reemtsma:
der Weltwirtschaft zu ­Verpackungssaal, 1928
stehen«7.
Die Firma Reemtsma
präsentierte im zweiten
Band der Reihe die »enor-
men Umstellungen« ihrer
Fabrikation, »die alle das
Ziel haben, Wirtschaftlich-
keit mit dem Optimum in
Bezug auf die Eigenschaf-
ten der Erzeugnisse zu
verbinden.«8 Der günstige
Preis, auf den der Verbraucher Wert legt, ist nur durch hochrationelle Massenproduk­
tion möglich. Sie wird mit dem Blick in große Produktionssäle visualisiert. Nur wenn auf
die Qualität des Produkts abgehoben wird, kommen einzelne Menschen, z. B. bei Kon­
trolltätigkeiten und bei der Klassierung von Tabaksorten, ins Bild. Sie vermitteln glaub- 163 (unten) Reemtsma:
würdiger als Maschinen das Qualitätsversprechen der Firma, dass der Raucher seine Feuchtigkeitskontrolle, 1928
Zigarette stets überall in
der »genau gleich Qualität
vorfinde«.9
Zur gleichen Zeit wurden
»Technik und Industrie
von den Künstlern der
1920er Jahre als künst-
lerisch reizvolle Themen
entdeckt«.10
Die Fotografen expe-
rimentierten bei den
Aufnahmen von Industrie-
anlagen und Bauwerken
mit extremen Auf- und
Untersichten, Gegenlicht-
aufnahmen und starken
Kontrasten, heute unter
dem Stichwort ›Neue
Sachlichkeit‹ vor allem
nach ästhetischen Kriterien
bewertet und geschätzt.

7 Martin Voigt, Musterbetriebe Deutscher Wirtschaft. Die Zigarettenindustrie Reemtsma, Berlin 1928,
Vorwort des Verlags
8 Ebd., S. 9
9 Ebd., S. 6
10 Bieger-Thielemann, Albert Renger-Patzsch. Der Ingolstädter Auftrag, 1995, S. 9

108 Rationalisierung und die Schönheit der Maschinen


164 Borsig: Lokomotiv­ Der Fotoband »Deutsche Arbeit« von E. O. Hoppé aus dem Jahr 1930 versammelt über-
werke, 1928 wiegend Fotografien von gewaltigen Industriemonumenten, eindrucksvollen Baukon-
Foto Emil Otto Hoppé struktionen und bizarren Details und – anders als der Titel suggeriert – kaum Arbeiter,
stattdessen Produktionsmittel und Produkte. Das »Schaubuch Technische Schönheit«
aus dem Jahr 1929 mit Fotografien von Hoppé, Roerts und Renger-Patzsch wollte »die
dynamische Spannung, die das wahre Wesen der technischen Gebilde ausmacht, das
Lebendige [sic!] in ihnen künstlerisch gestalten«.11
Ein ähnliches Programm verfolgt der Band »Das Werk« aus dem Jahr 1931 ebenfalls
mit Aufnahmen von Paul Wolff, Renger-Patzsch, Roerts u. a. »Der neue Lebensbereich der
Maschinen«, heißt es im Vorwort, zeigt sich in »Konstruktionen, Fahrzeugen, Metallen,
blanken Flächen, Verschraubungen, Retorten, Kesseln, Brücken, Behältern«.12 Menschen
fehlen.

11 Hanns Günther, Vorwort zum ›Schaubuch Technische Schönheit‹, Zürich 1929, S. 8


12 Eugen Diesel, Vorbemerkung zu ›Das Werk. Technische Lichtbildstudien‹, Königstein 1931

Rationalisierung und die Schönheit der Maschinen 109


165 Continental: Arbeiter
und Riesenreifen, 1928
Foto Emil Otto Hoppé

166 (unten) Arbeiterin bei


Pelikan, 1928
Foto Emil Otto Hoppé

Die Fotos von Hoppé (Abb. 165 und Abb. 166) gehören
zu jenen ästhetisch komponierten Detailansichten des
Maschinenzeitalters, die Menschen nur schemenhaft,
oft bewusst unscharf, zeigen, während die Maschinen
gestochen scharf sind. Der Kontrast von scharfkonturier-
ter Maschine und verschwommener Arbeiterin erinnert
an die frühen Industriefotos um 1900, als Bewegung
nur unscharf fotografiert werden konnte. Hier aber ist
es ästhetisches Programm. Auch der Conti-Arbeiter ver-
schwindet als ­undeutliche Figur hinter dem markanten
Profil der Reifen.

110 Rationalisierung und die Schönheit der Maschinen


167 (links) Schönheit der Maschinen: ›Schaufeln am Laufrad
einer Peltonturbine‹, Fotografie: Industriebericht GmbH
Berlin, 1929

168 (rechts) Schönheit der Maschinen: ›Kümpelwerk‹


Foto Willi Roerts, 1931

Ganz anders die Fotografien auf dieser und der folgen-


den Seite: Allein die »eigentümliche Schönheit, Kühle
und Sachlichkeit des neuen Lebensraums«13 Maschine
ist Gegenstand der Fotografien.

13 Eugen Diesel, Vorbemerkung zu ›Das Werk. Technische Lichtbild-


studien‹, Königstein 1931

Rationalisierung und die Schönheit der Maschinen 111


169 »Dynamische Spannung
technischer Gebilde«:
Flugzeughalle mit
­Junkers-Lamellendach –
Foto: Junkers Flugzeugwerke
AG Dessau, 1929

Die Ästhetik der Maschinenwelt wurde fast ausnahmslos in den großen Kapitalgesell-
schaften der Schwerindustrie fotografiert. Der amerikanische Wirtschaftshistoriker
­Arthur Pound, Verfasser u. a. einer Unternehmensgeschichte von General Motors und
der RCA (Radio Corporation of America), äußerte sich schon 1922 skeptisch zu den Fol-
gen der automatischen Maschinenwelt und der häufig damit verbundenen räumlichen
Trennung der Welt der Eigentümer und der Beschäftigten.14 »Die beste und zweckent-
sprechendste Wohlfahrtsarbeit, die ein Arbeitgeber verrichten kann«, so sein Diktum,
»ist persönliches Interesse an den menschlichen Problemen seiner Fabrik.« Trennen sich
die Welten, so wie neuerdings »unsere amerikanischen Herzöge ihre Betriebe in den
Händen ihrer Assistenten belassen und nach New York wandern, wo sie dem König Kapi-
tal ebenso den Hof machen, wie seiner Zeit die französischen Herzöge den Bourbonen«,
zerschneidet diese Trennung »die letzten Bande der Sympathie zwischen dem Arbeiter
und seinem Brotgeber, und damit wird das Gefühl der gemeinsamen Verantwortlichkeit
als Bürger derselben Gemeinde getötet«.15 Wenn die Eigentümer der Konsumgüter-
firmen in der Industriestadt leben und arbeiten und sich als Bürger mitverantwortlich
fühlen für das gemeine Wohl, spiegeln sich die Beziehungen zwischen ihnen und den
Beschäftigten auch in den Fotografien von Fabrikarbeit wider.

14 Arthur Pound, The Iron Man in Industry. An Outline of the Social Significance of Automatic Machinery,
Boston 1922
15 Aus der deutschen Übersetzung: Arthur Pound, Der eiserne Mann in der Industrie. Die soziale Bedeu-
tung der automatischen Maschine, München/Berlin 1925, S. 67

112 Rationalisierung und die Schönheit der Maschinen


14 Continental 1921
Ein wenig aus dem Rahmen der technikbegeisterten Industriefotografie der 1920er Jah-
re fallen die Fotografien aus dem Contiwerk. Willi Roerts, Grafiker und Fotograf aus
Hannover, gestaltete für das Continental-›Gedenkbuch zum 50-jährigen Bestehen‹
1921 ästhetisch beeindruckende Aufnahmen aus der Produktion und den sozialen

170 Zuschneiderei
für Regenmäntel

Continental 1921 113


171 Arbeiterinnen beim
Reifenwickeln

Einrichtungen. Die Conti wurde mit der Reifenfertigung für Kraftwagen und Fahrräder
groß, fertigte aber auch vielfältige Gummiwaren für Konsumenten. Die Herstellung von
Tennisbällen, Fußbällen, Gummihandschuhen, Saugern, Gesundheitsartikeln, Regenmän-
teln und anderen Produkten hielt Roerts im Bild fest. Obwohl allein das Werk Hannover

114 Continental 1921


172 Reifenproduktion

1921 bereits 10 000 Arbeiter beschäftigte und Continental zu einem Großbetrieb ange-
wachsen war, fehlt den Fotografien das Monumentale, das die Aufnahmen in der Groß-
industrie häufig charakterisierte. Besonders die Fotos aus Abteilungen der Konsumgüter-
produktion gewähren einen Blick auf konzen­trierte menschliche Arbeit in überschaubaren
Werk­stätten.

Continental 1921 115


173 Saugerfertigung

174 Herausnehmen der


Bälle aus der Heizform

116 Continental 1921


15 Der arbeitende Mensch im Fokus
Der Rationalisierungsoptimismus wurde gebrochen in den Jahren der Krise. Nun muss-
ten sich die Ingenieure und Rationalisierer vorwerfen lassen, das »Streben nach Rationa-
lisierung und Arbeitsersparnis [habe] die Arbeitslosigkeit, wenn nicht verursacht, dann
175 (links) Lewis Hine, jedoch gewiß verschärft«.1 In der Bewertung von Rationalisierungsprozessen setzte
­Powerhouse mechanic, 1920 ein Paradigmenwechsel ein. ›Der Mensch und die Rationalisierung‹ stand ab 1929 im
Fokus der wissenschaftlichen und betriebswirtschaftlichen Aufmerksamkeit.2 Auch das
176 (rechts) E. O. Hoppé, ›Reichskuratorium für Wirtschaftlichkeit‹ (RKW) nahm sich ab 1929 vermehrt der Kritik
Stromerzeuger im Bau, 1930 an den Arbeitsbedingungen des Menschen im Betrieb an.3 Der Paradigmenwechsel blieb
nicht ohne Folgen für die Industriefotografie.

In den USA hatte der Fotograf Lewis Hine schon vor 1914
die Arbeitswelt abgelichtet, sich aber – anders als später
die Fotografen der ›Neuen Sachlichkeit‹ – nicht von den
monumentalen Bauten und Anlagen der Industrie und
der seriellen Reihung von Produkten faszinieren lassen,
sondern die Menschen im Blick gehabt – mit sozialem
Anspruch, allerdings wenig geschäftlichem Erfolg.

1 Jürgen Bönig, Die Einführung der Fließbandarbeit bis 1933, 1993, S. 201–204
2 So beschrieb der Geschäftsbericht die zukünftige Aufgabe der Arbeit des ›Reichskuratoriums für Wirt-
schaftlichkeit in Industrie und Handwerk‹ (RKW)
3 Bönig, Die Einführung der Fließbandarbeit bis 1933, 1993, S. 205

Der arbeitende Mensch im Fokus 117


Das Motiv des Stromerzeugers im Bau (Abb. 176), im Fotoband »Deutsche Arbeit«
(1930) eins der wenigen Fotos mit Menschen im Fokus, scheint E. O. Hoppé direkt von
Lewis Hine übernommen zu haben Das Buch enthält sonst überwiegend Fotografien
von gewaltigen Industriemonumenten, eindrucksvollen Baukonstruktionen und bizarren
Details, aber – anders als der Titel suggeriert – kaum Arbeiter.
Von der Porträtfotografie herkommend, fotografierte August Sander ebenfalls einzelne
Arbeiter. Den ›Handlanger‹ (Abb. 177) reihte Sander in seiner Publikation ›Antlitz der
Zeit‹ (1929) als selbstbewussten Proletarier zwischen den ›Arbeiterrat aus dem Ruhrge-
biet‹, den Kommunisten Paul Fröh-
lich und den Revolutionär Mühsam
und zeigt insofern Gemeinsamkeiten
mit der zeitgenössischen Arbeiter-

177 (links) August ­Sander,


Handlanger, 1927

178 (rechts) Pelikan: Produk-


tion von Dauerschablonen,
um 1930
Foto vermutl. Willi Roerts
fotografie (vgl. S. 121), unterscheidet sich von ihr aber im Programm. Sander setzt »das
Individuelle in Beziehung zum Typischen der Gesellschafts- und Berufsgruppe«4 und ist
Ende der 1920er Jahre Wegbereiter einer Fotografie, die den arbeitenden Menschen ins
Zentrum stellt. Der ›Handlanger‹ schaut direkt in die Kamera, während üblicherweise
die Arbeiter von der Seite aufgenommen werden; die besondere »individuelle Physiog-
nomie«5 des Arbeiters ist wichtiger als seine Arbeit.
»Bedingungen für eine neue, an mehr lebendigen Sujets orientierte Darstellung der
Industrie« ermöglichten ab 1926 Neuerungen in der fotografischen Technik wie die Leica
und die Ermanox«6, schreibt Matz. Tatsächlich gewinnen allmählich Aufnahmen leben-
diger Arbeit wieder an Bedeutung.

4 Eckart Pasche: August Sander – Chronist mit der Kamera, in: VDI-Nachrichten, 16. 5. 2014
5 Vgl. Gabriele Conrath-Scholl, in: August Sander, Antlitz der Zeit. Hrsg. Photographische Sammlung/SK
Stiftung Kultur, Köln o. J., S. 144
6 Matz, Industriefotografie, 1987, S. 36

118 Der arbeitende Mensch im Fokus


Ab 1930 nehmen die von professionellen Fotografen gestalteten Firmenschriften
stark zu. Paul Wolff fotografierte 1930 mit seiner Leica für den Lebensmittelfilialisten
Schade & Füllgrabe in Frankfurt. »Die Reihenfolge der Bilder ist so gewählt, daß aus
ihr der Aufbau und der Weg der Ware zum Verbraucher sich ergibt.«7 Damit knüpft das
Bildkonzept an die Firmen-Fotobücher des ersten Jahrzehnts an, allerdings gestaltet
mit modernen grafischen Elementen, wie den schwarzen Blockstreifen an den Seiten-
rändern.

179 (oben) Paul Wolff, 1930 erschien auch, ebenfalls mit Foto-
­Ein-Flaschen­abfüllanlage grafien von Paul Wolff, das bebilderte
für Wein, 1930 Büchlein aus den Adlerwerken »So
entsteht ein Auto«. »Typisch für Wolffs
180 (rechts) Paul Wolff, […] Darstellung von Arbeitsprozessen
Schade & Füll­grabe, Im [war] ein dichtes, oft distanzloses
­Käsekeller, 1930
Herangehen an die Protagonisten. Die
Arbeitenden sind in ihr Tun vertieft, die
Anspannung steht ihnen ins Gesicht geschrieben. Mensch und Maschine scheinen zu
verschmelzen.«8

7 Paul Wolff, Schade & Füllgrabe, Frankfurt a. M., Düsseldorf o. J. (1930)


8 Thomas Wiegand, Made in Germany. Die Firmenschriften von Dr. Paul Wolff & Tritschler, in: Hans-Mi-
chael Koetzle (Hrsg.), Dr. Paul Wolff & Trischler. Licht und Schatten, 2019, S. 291

Der arbeitende Mensch im Fokus 119


Das Foto ›Montage der Hinterachse‹ stellte der Langewiesche Verlag 1931 seiner Ver-
öffentlichung »Das Werk« voran mit der Bildunterschrift »Ein Deutscher Arbeiter«. Da
in dem Buch sonst fast ausschließlich Maschinen, Bauwerke und Großanlagen gezeigt
werden, wirkt das Foto wie eine Beschwörung der Arbeit gegen die Übermacht der
Maschinen. Im Zentrum des Büchleins aus den Adlerwerken steht die anspruchsvolle
Arbeit: »Nur jahrzehntelange Tradition vermag die Arbeitskräfte zu entwickeln, die
den Adler-Fabrikaten jenes Höchstmaß der Präzision sichern, das ihren Ruf in der Welt
begründet«9, kommentiert der Text die Qualifikation der Mitarbeiter. Es fehlen Fotos von
weitläufigen Produktions­sälen.

181 (oben) Adlerwerke: Prüfung


des Motors, 1930

182 (links) Adlerwerke:


Montage der Hinterachse, 1930
Foto Paul Wolff

9 Adlerwerke (Hrsg.), So entsteht ein Auto, 1930, S. 101

120 Der arbeitende Mensch im Fokus


Wolff experimentierte mit der Anordnung seiner Fotografien; er montierte Maschinen,
Teile und Arbeiter zu ganz­seitigen Collagen, die Bildteile, wie in der zeitgenössischen Kunst,
auseinanderschneidet und neu zusammensetzt.

183 ›Präzision‹ Adler­ Dass ab 1930 Firmenschriften


werke, Collage von Paul wieder die Beschäftigten in den
Wolff, 1930 Mittelpunkt der Industriefotos
stellen, zeigt die Wertschät-
zung der Arbeit als Antwort auf
das in der Krise gewachsene
Misstrauen gegen Rationalisie-
rung und Fließbandmonotonie.
Die Nationalsozialisten griffen
diese Stimmung auf, heroisier-
ten die Arbeit und gewannen
so Anhänger, deren Arbeit
im Prozess der industriellen
Rationalisierung entwertet
worden war. Die Auftraggeber
der Industriefotografie haben
ebenso wie die Fotografen –
und auch die porträtierten Ar-
beiter selbst – die Aufwertung
der Arbeit mitgetragen. Sachsse
irrt, wenn er meint, dass »die
handwerkliche Darstellungs-
form« in der Fotografie erst im
Nationalsozialismus »wieder­
entdeckt« wurde, als es um
die Selbstdarstellung des national­sozialistischen Regimes und seine miserablen Lohn- und
Krankheitszahlungen ging.10 Die Wertschätzung von Körperkraft, Konzentration, Erfahrungs-
sicherheit und Handfertigkeit11 entsprach dem traditionellen Selbstbild des selbstbewussten
Arbeiters. Die individuellen Darstellungen der Arbeiter in den 1930er Jahren, so Alf Lüdtke, »zi-
tierten das Bild eines erfahrungssicheren Kontrolleurs von Werkzeug und Maschine, verwiesen
also auf Arbeits- und Arbeiterstolz«.12 Lüdtke hat diese Wertschätzung der Arbeit vor allem in
der ›Arbeiterfotografie‹ verortet. Die Fotos der ›Arbeiterfotografen‹, die Ende der 1920er Jahre
den Anspruch entwickelten, im Gegensatz zur Industriefotografie die ungestellte Wirklichkeit
auf der Straße und in den Betrieben abzubilden, unterschieden sich aber trotz dieses An-
spruchs kaum von den zeitgenössischen Fotos aus den Unternehmen.

10 Sachsse, Mensch – Maschine – Material – Bild, 1999, S. 90. – Gegenüber Sachsses Diktum ist auch festzu-
halten, dass die DAF in die – mittelständischen – Unternehmen hineinregierte und bis in den Krieg hinein
durchaus erfolgreich Maßnahmen zugunsten der Beschäftigten durchsetzte.
11 Vgl. auch Alf Lüdtke, Industriebilder, 1993, S. 427.
12 Lüdtke, Industriebilder, S. 428

Der arbeitende Mensch im Fokus 121


Wolfgang Hesse erläutert, warum
eine eigene Arbeiter-Betriebsfotogra-
fie sich nicht hat entwickeln können.
»Drei Gründe standen dagegen: Poli-
tisch die Gefahr, gegen ausdrückliche
Fotografierverbote zu verstoßen und
das Schutzinteresse der fotografierten
Kollegen zu verletzen, fotografisch die
Schwierigkeit, mit den relativ einfachen
Apparaturen technisch einwandfreie
Bilder von bewegten Szenen in Innen-
räumen zu erzeugen und nicht zuletzt

die hohe Arbeitslosigkeit der Krise nach 1929.«13 Die KPD hatte Ende der 1920er Jahre den 184 (links) Arbeiter­fotograf
Plan, durch die Bildberichterstattung von Arbeiterfotografen Volksaufklärung im Sinne des Hans Bresler, Metall­arbeiter
proletarischen Klassenkampfes zu betreiben. 1927 wurde die Vereinigung der Arbeiter­ bei Anton Reiche, 1930
fotografen Deutschlands gegründet. Das Ziel: »Wir kennen keine Vertuschung, Verschlei- 185 (rechts) Theo Gaudig
erung, Ästhetisierung, wir belichten hart und zeigen keine Retusche, wir knipsen dort, wo an der Drehbank bei Krupp,
das proletarische Dasein am härtesten, die Bourgeoisie am verfaultesten ist.«14 Die agitato- Essen 1927
rische Fotografie entsprach aber nicht der Lebenswirklichkeit der meisten Mitglieder.15 Die
wenigen Fotos von Arbeiterfotografen aus den Betrieben zeigen weniger verelendete als
selbstbewusste Arbeiter wie das oben abgebildete oder das bekannte, auf dem Titelblatt
der AIZ16 erschienene Foto von Theo Gaudig an der Drehbank bei Krupp 1927.

13 Wolfgang Hesse, Der Unterricht muß auch auf der Straße erteilt werden. Stadtraum – Schriftraum –
Bildraum, in: Ders. (Hrsg.), Die Eroberung der beobachtenden Maschinen, Leipzig 2012, S. 191
14 Edwin Hoernle, Das Auge des Arbeiters, in: Der Arbeiterfotograf, 4. Jg., 1930, S. 154
15 Wolfgang Hesse, Rolf Sachsse, Das Auge des Arbeiters. Arbeiterfotografie und Kunst um 1930, Leipzig
2014, S. 24
16 AIZ: Abk. für »Arbeiter-Illustrierte-Zeitung«

122 Der arbeitende Mensch im Fokus


16 Firmenschriften in den 1930er Jahren
Die Werkszeitschrift von Pelikan kam im August 1932 mit neuem Layout heraus und
auch die Produkte wurden modern präsentiert mit Produktfotografien im Stil der neuen
Sachlichkeit. Zu diesem Zeitpunkt begann die Zusammenarbeit mit künstlerisch ambiti-
onierten Fotografen. Ein halbes Jahr später kamen die Nationalsozialisten an die Macht.
Statt eines nachdenklichen jungen Mannes war jetzt Tatkraft angesagt. »Abwracken und
Aufbauen, das ist der Ruf des jungen deutschen Tages!«, heißt es in der Pelikan-Werks-
zeitschrift im Dezember 1933. »Man geht an die Dinge heran, man wagt zu handeln.
Man packt zu.«1

186 & 187 Modern gestaltete Seiten aus der


­Pelikan-Werkszeitschrift, 1932

Die Firma Bahlsen hatte in den 1920er Jahren aus wirtschaftlichen Gründen Arbeits-
kräfte abgebaut. Nur noch 480 Mitarbeiter waren beschäftigt.2 Dann wurde »als neuer,
gerade für die breiten Schichten unseres Volkes bestimmter Markenartikel von Qualität
die Expressdose herausgebracht«.3 Die preiswerte Keksdose verkaufte sich mit großem
Erfolg und passte in das Wirtschaftsprogramm der NS-Regierung, die mehrfach von den
Konsumgüterunternehmen Preissenkungen verlangte und durchsetzte. Bahlsen redu-
zierte als »stolzes Bekenntnis zur eigenen Kraft« 1933/34 zweimal die Preise und förder-
te so den Absatz.4 Der gute Verkauf der Expressdose steigerte Bahlsens Produktion und
machte kostensparende Arbeitsorganisation und die Entwicklung neuer Maschinen und
Automaten nötig. Trotz der Rationalisierung waren wegen der gestiegenen Nachfrage

1 Pelikanblätter, Dezember 1933


2 Bahlsen 1889–1964, S. 25
3 Bahlsen 1889–1939, S. 100
4 Ebd., S. 106

Firmenschriften in den 1930er Jahren 123


188 Bahlsen: Express­dosen-
Verpackung, 1939

mehr Hände nötig. Das Foto mit eng sitzenden Arbeiterinnen zeigt, dass Bahlsen nach
der großen Krise Menschen wieder in Lohn und Brot brachte. Arbeitsbeschaffungsmaß-
nahmen und schuldenfinanzierte Aufrüstung ließen nach der großen Depression die
Wirtschaft wachsen. 1936 war die Vollbeschäftigung erreicht. Mit rauchenden Schloten
wurde ein Motiv aus der Jahrhundertwende wieder aufgegriffen.5 Die Wirtschaft florier-
te und die Firmen verdienten gut. Sie vergaben in den 1930er Jahren vielfach Aufträge

5 »Eine Wanderung durch H. Bahlsens Keks-Fabrik AG‹, Hannover [1939], 6 Seiten

124 Firmenschriften in den 1930er Jahren


189 Bahlsen:
›Rauchender
Schornstein im
Abendhimmel‹,
1939

für bebilderte Firmenschriften. Viele Unternehmen waren in der Gründerzeit entstanden und
konnten nun ein Jubiläum feiern, was oft Anlass für eine Buchproduktion war. Bahlsen und Pelikan
haben Hein Gorny mit den Fotografien für die Jubiläumsschriften beauftragt

Firmenschriften in den 1930er Jahren 125


190 (links) Bahlsen:
­Marmelade kochen, 1939
Foto Hein Gorny

191 (rechts) Bahlsen: Eier


­prüfen und aufschlagen,
1939
Foto Hein Gorny
Handarbeit blieb in der Nahrungsmittelbranche trotz in Teilen automatisierter Produk-
tion für bestimmte Tätigkeiten lange unverzichtbar. Erst in den 1960er Jahren wurden
Maschinen entwickelt, die Eier sensorisch auf faule Eier prüfen und Eigelb und Eiweiß
trennen konnten. Die Beschäftigten an ihrem Arbeitsplatz stehen im Mittelpunkt der
Bahlsen-Jubiläumsschrift (Abb. 190 und 191). Das Ergebnis ihrer Arbeit, appetitlich foto-
grafierte Kekse, ist am Ende ihrer Arbeit und des Buches zu betrachten.

Fotos von Anlagen und Maschinen experimentierten mit Lichtreflexen an Stellrädern


und Geräten und erzeugten eine plastische dreidimensionale Wirkung.

192 (links) Pelikan:


­Tintenprüfung, 1939
Foto Hein Gorny

193 (rechts) Bahlsen:


­Kessel­anlage, 1939
Foto vermutl. Hein Gorny

126 Firmenschriften in den 1930er Jahren


Im Zentrum der Fotografien aus dem Pelikanwerk stehen akkurat diago-
nal arrangierte Produkte, auch Details von Maschinen. Hier hat der Jubi-
läumsband den Charakter eines Produktkataloges, der die Vielzahl und
Verschiedenartigkeit der hergestellten Waren dem Betrachter präsentiert.
Die Arbeitsplätze der Beschäftigten reihen sich ebenfalls in diagonaler
Ausrichtung. Die Fotografien der Beschäftigten und Produkte gleichen sich
im Bildaufbau. 194 (links) Pelikan: Prüfung
des ­Kohle­papiers, 1939
Foto Hein Gorny

195 (rechts) Pelikan: Pelikanol


in Tuben, Dosen, Gläsern, 1939
Foto Hein Gorny

196 (unten) Pelikan: Kontrolle


fertiger Füllfederhalter, 1939
Foto Hein Gorny

Die Produktion von Füllfederhaltern hat-


te Pelikan nach dem Erwerb hochwerti-
ger Patente 1929 begonnen und wurde
für die Firma ein großer Erfolg.

Firmenschriften in den 1930er Jahren 127


Das Zentrallabor von 1938 zeigte sich zentralperspektivisch in beeindruckender Größe. 197 Pelikan: Zentrallabor,
Seine Bedeutung für die Entwicklung von Pelikan-Produkten wurde so hervorgehoben. 1938
Bieger-Thielemann sieht in der zentralsymmetrischen Raumdarstellung eine »ma- Foto Hein Gorny
gische Überhöhung der modernen Produktionsstätte, vor allem dort, wo es um reprä-
sentative Ansprüche von Auftraggebern ging«.6 Noch deutlicher ist diese Wirkung auf
dem Foto des Kameradschaftsabends 1938 (Abb. 218) sichtbar. Das Hakenkreuz im
Fluchtpunkt verstärkt dabei die ideologische Aussage. Im Hause Pelikan gab es – im
Unterschied zu den anderen, hier untersuchten Firmen – bereits ältere Aufnahmen mit
zentralperspektivischer Darstellung, wie die Abbildung 051 (oben S. 46) zeigt.

6 Bieger-Thielemann, Albert Renger-Patzsch. Der Ingolstädter Auftrag, S. 40

128 Firmenschriften in den 1930er Jahren


198 (rechts) Günther Wagner Verpackungswerke: Dosen
löten, 1939 – Foto Hein Gorny

199 (unten) Pelikan: Montage Rotafix, 1939


Foto Hein Gorny

Im Profil am rechten
Bildrand mit konzentrier-
tem Blick auf Maschine
und Produkt bildet Gorny
den perfekten Arbeiter
und sorgfältige Präzisions­
arbeit ab.

Firmenschriften in den 1930er Jahren 129


Völlig anders angelegt waren die kleinen Werbeschriften, die Feinkost-Appel mit Rezep-
ten für Krebse und Rügenaal in den 1930er Jahren herausgab. In Prostken/Ostpreußen
hatte Heinz Appel 1931 einen kleinen Krebsbetrieb erworben. Seine Werbeschriften
informierten auch über die Schönheit und Eigenart der Region und gaben einen kleinen
Einblick in die Arbeit der Krebsfischer. In Lauterbach auf Rügen wurden Ostseeheringe
und Aal verarbeitet.

200 Appel/Prost­ken: Fischer


beim Krebsfang, um 1935

130 Firmenschriften in den 1930er Jahren


201 Appel: Krebse sortieren, »Krebse essen ist gesund, denn sie enthalten viele leicht verdauliche Kalk- und
1935 Phosphor­stoffe. Krebse essen ist kein Vorrecht mehr, sie sind gegen früher sehr viel
preiswerter geworden. Krebssuppen aus ›Triumph‹-Krebssuppenwürfeln sind sättigend,
wohlschmeckend und billig.«7 Luxusgüter waren tabu, man warb in der NS-Zeit mit
gesunden Lebensmitteln für jedermann.

202 Appel: Krebse w


­ erden
ausgebrochen und zur
­Konservierung vorbereitet,
1935

7 Appel Cuxhaven Archiv

Firmenschriften in den 1930er Jahren 131


203 Appel: Aallieger im Hafen von Lauterbach auf Rügen, um 1935 – In den Aalliegern
­wurden die Aale bis zu ihrer ­Verarbeitung gehalten.

132 Firmenschriften in den 1930er Jahren


17 Der Betrieb – dein Eigentum
Gegen die Grammophonwerke, deren Gründer Emil und Josef Berliner und weitere
Vorstandsmitglieder Juden waren, gingen SA und Gestapo aggressiv vor. Sie stellten
zeitweise SA-Posten vor die Tore und machten Passanten auf den ›jüdischen‹ Charakter
der Firma aufmerksam.1 Parteiorganisationen nötigten 1933 das Unternehmen, wie dies
auch bei Sprengel dokumentiert ist,2 Parteigenossen einzustellen. »Einige taten sich als
besonders heftige Nazianhänger unliebsam hervor.«3 Auf dem Foto (Abb. 204) ließen sie
sich teilweise in SA-Montur fotografieren. Die ›Nationalsozia­listische Betriebsorganisa­
tion‹ (NSBO) drängte im März 1933 während
der Betriebsratswahlen in die Betriebe. Der
Druck auf Gewerkschafter in den Betriebsräten
stieg von Woche zu Woche. NSBO-Mitglieder
hissten Ende März 1933 bei Appel die Haken-
kreuzflagge.4 Mitte April stimmten in der Firma
Sprengel schon zwei Drittel der Angestellten
für die NSBO. Mitglieder der Freien Gewerk-
schaften trauten sich nicht mehr zu kandidie-
ren oder zogen ihr Mandat zurück.
Die NSBO verlor gegenüber der Deutschen
Arbeitsfront an Bedeutung und ging 1935 in
ihr auf. Die DAF verlangte Mitsprache in den
Betrieben und sah sich als »größte Selbsthil-
feorganisation der Welt«. Der Betrieb sei zwar
rechtlich Eigentum eines einzelnen, »aber mo-
ralisch [hat] die Gemeinschaft des deutschen
Volkes ein höheres Anrecht an den Betrieb […]
204 Versammlung der NSBO als der einzelne Volksgenosse, der Inhaber oder Mitinhaber dieses Betriebes ist. Somit
in der Deutschen Grammo- ist der Betrieb, weil er dem ganzen deutschen Volke gehört, auch mit Dein Eigentum.«5
phon Gesellschaft, Juni 1933 Sie trat gegenüber den Unternehmern mit dem Selbstbewusstsein einer im NS-System
verankerten Massenorganisation auf, deren Forderungen sich die mittelständischen
Betriebseigner nur schwer entziehen konnten.6

1 Edwin Hein, 65 Jahre Deutsche Grammophon Gesellschaft 1898–1963, Oldenburg 1963, S. 65


2 HStAH Dep. 105, Nr. 1489: Schreiben NSDAP
3 Edwin Hein, 65 Jahre Deutsche Grammophon Gesellschaft 1898–1963, 1963, S. 65
4 Huttenlocher, Appel Feinkost, 2013, S. 160f., nach Zeitungsmitteilungen der ›Niedersächsischen Tageszei-
tung‹ (NTZ)
5 Rechenschaftsbericht der DAF 1934 (HStAH Dep 105, Nr. 1225)
6 Die Fachgruppe Süßwarenindustrie in der DAF verlangte die Änderung von Missständen wie Besorgung
von Männerarbeit durch minderentlohnte Frauen, von Missständen in der Akkordberechnung, bei Hilfs-
arbeiterlohn für Beschäftigung bei schwerer Arbeit und großer Hitze etc. Siehe: Das goldene Buch des
Süßwarengewerbes, Berlin 1937, S. 75

Der Betrieb – dein Eigentum 133


Die Arbeitsfront weitete
ihren Einfluss stetig aus,
begann mit der Beitragskas-
sierung im Betrieb, setzte
1936 die DAF-Mitgliedschaft
als Einstellungsvorausset-
zung durch und konnte bei
Sprengel 1938 als Erfolg
verbuchen, dass alle Beleg-
schaftsmitglieder Zwangs-
mitglied in der DAF waren.7
Bernhard Sprengel ließ in
Fotoalben die Umsetzung der
DAF-Forderungen im Betrieb
dokumentieren.
Die DAF verlangte Verbes-
serungen im Arbeitsumfeld,
die Unternehmen kamen
diesen Forderungen nach
und freuten sich, wenn
sie meinten, diese bereits
erfüllt zu haben. »Helle und
freundliche Räume lassen 205 (links) Sprengel: »Dieser
die Seele im Rhythmus der Betrieb ist geschlossen in
Arbeit mitschwingen. Bevor der Deutschen Arbeitsfront«,
diese Erkenntnis Gemeingut 1938
wurde und die Losung ›Schönheit der Arbeit‹ aufkam, gehörte sie bereits zu den festen
Grundsätzen des Hauses Günther Wagner.«8 Bernhard Sprengel hatte eine Veranstal-
tung des DAF-Amtes ›Schönheit der Arbeit‹ besucht und sich handschriftliche Notizen
gemacht: »Waschbecken neu aus Porzellan [Abb. 207], Baderaum, Badezeit, Fliesen statt
Zement, zugfreie Belüftung, Kantine«9 etc. Die Forderungen setzte er unverzüglich um.
Wie Anfang des Jahrhunderts wurden in den 1930er Jahren Hygieneeinrichtungen in
den Betrieben fotografiert. »Saubere Menschen im sauberen Betrieb. Dreck gehört oft
zur Arbeit, aber nicht zum deutschen Arbeiter«10, erklärte der Katalog der Ausstellung
»Schönheit der Arbeit« 1937. Die DAF gab Handreichungen für die Betriebe heraus mit
Titeln wie ›Der Umkleideraum, Wasch- und Baderaum in gewerblichen Betrieben‹, die
›Abortanlagen in gewerblichen Betrieben‹ und ›Speiseräume und Küchen in gewerb­
lichen Betrieben‹.11

7 HStAH Dep. 105, Nr. 1366: Bericht vom 12.2.1938


8 ›Der Pelikan‹, Mai 1933
9 HStAH Dep. 105, Nr. 1616
10 Führer durch die Ausstellung »Schönheit der Arbeit und Die Arbeit in der Kunst«, München (Ausstel-
lungspark) 16. Oktober 1937 bis 6. November 1937, München o.  J. (1937), S. 11
11 Karin Hartewig, Kunst, 2018, S. 247, Anm. 467

134 Der Betrieb – dein Eigentum


206 (oben links) Sprengel:
­Renovierung der Arbeits­
räume

207 (oben rechts) »Wasch-


becken neu aus Porzellan«

208 (inks) Sprengel: Trink-


wasserspender, 1938

209 (rechts) Bahlsen: neue


Trinkwasserspender

In der Kampagne ›Leistungskampf deutscher Betriebe‹ verlangte die DAF die Beantwor-
tung umfangreicher Fragebögen zur Volksgesundheit, Schönheit der Arbeit, Erhaltung
und Gewährung des sozialen Friedens. Die Einrichtung von Werkskantinen, Lehrwerk-
stätten, Betriebssportgemeinschaften, betrieblicher Altersversorgung, Verschönerung

Der Betrieb – dein Eigentum 135


von Werksräumen war nachzuweisen. Den Beschäftigten war es recht. Ein alter Spren-
gelaner erinnerte sich 1951 an die Verbesserungen aus den 1930er Jahren, als Bernhard
Sprengel »die Führung in die Hand nahm, sie um Bedeutendes verbesserte und auch im
Sinne der Volkswohlfahrt ein Herz für die Belegschaft hatte, indem die Pensionskasse
zustandekam, die Sterbeversicherung für seine alten Jubilare und er die Werksküche und
den Kindergarten errichtete, sowie Arzträume mit allen hygienischen Einrichtungen und
alles fürs Beste der Belegschaft.«12 Materiell hat sich in der Nazi-Konjunktur bis 1939 die

Situation der Beschäftigten deutlich verbessert. Die subjektive Wahrnehmung der Ar- 210 (links) Pelikan: Gulasch-
beitnehmer war ebenfalls, dass es Ihnen in der NS-Vorkriegszeit besonders gut gegangen kanone für Betriebs­ausflüge
­
sei.13 Die Firma Sprengel zahlte 1938 – trotz des von den Nationalsozialisten verfügten 211 (rechts) Sprengel:
Lohnstopps – Zulagen für Facharbeiter, die 10 % über den Stundenlöhnen von 1933 ­Betriebsausflug
lagen. Die neu eingeführte Gruppe der angelernten Arbeiter wurde höher eingruppiert
und erhielt ebenfalls knapp 10 % höhere Löhne.14 Der Werkstarif der Firma Appel vom
Mai 1938 sah höhere Löhne und Kinderzuschläge vor.15 Mehr Urlaubstage, Lohnfortzah-
lung im Krankheitsfall für Jugendliche, Verbot ausbildungsfremder Tätigkeiten, Zuschlä-
ge für Schicht- und Nachtarbeit waren weitere Regelungen, die die DAF durchgesetzt
hat. Heinz Appel hatte Respekt vor der DAF. Seinem Krebsbetrieb in Ostpreußen stattete
er einen unangemeldeten Besuch ab und fand alles in Ordnung: »Die Arbeitsfront, die
verschiedenes zu bemängeln hatte, wird nach den neuen Änderungen zufrieden sein«,
notierte er in seinem Reisebericht.16

12 HStAH Dep. 105 Acc. 2/80, Nr. 582: Erinnerungen zum Jubiläum 1951
13 Das ergaben lebensgeschichtliche Interviews, vgl. Hartmut Berghoff, Gefälligkeitsdiktatur oder Tyrannei
des Mangels?, in: GWU, 2007, S. 508
14 HStAH Dep. 105, Nr. 1496: Anlage zum Bericht Leistungskampf deutscher Betriebe
15 Appel-Geschäftsbericht 1938
16 Heinz Appel, Reisebericht Berlin, Mai 1939, Familienarchiv, heute Hanseatisches Wirtschaftsarchiv
Hamburg

136 Der Betrieb – dein Eigentum


Die Fotos aus der Firma Sprengel und die Werkszeitschrift ›Pelikan‹ priesen den Wert
gemeinsamen Freizeitsports. »Der Sportplatz neben der Fabrik, der nach der Arbeit sich
erbietet, seine Körperkraft zu stählen [und] damit auch der Widerstand gestählt wird,
wenn die graue Frau der Krankheit anklopft. […] Jede Firma in der Stadt, die auf sich hält,
hat ihre Fußballmannschaft.«17

212 Sprengel: Betriebssport

213 (links) Sprengel:


­Kinder-Boxkampf

214 (rechts) Pelikan: Das


Kindererholungsheim
­›Gelbensande‹ bei Rostock
Das Kindererziehungsheim ›Gelbensande‹ bei Rostock hatte Pelikan 1938 für 125 Kinder
und jugendliche Betriebsangehörige zur Erholung erworben. Die sozialen Leistungen
wurden von der DAF mit der Plakette ›Vorbildliche Sorge um die Volksgesundheit‹ ge-
würdigt.

17 Fritz Müller-Partenkirchen, Soziale Einrichtungen der Pelikan-Werke, in: Der Pelikan, Mai 1933

Der Betrieb – dein Eigentum 137


215 Sprengel: Kinder
vor der Höhensonne
Im Dezember 1938 regte die DAF die Einrichtung von Betriebskindergärten an. Bernhard
Sprengel beeilte sich zu antworten: »Auf Ihre Anregung vom 14. Dezember teile ich Ihnen
mit, dass der Gedanke, für die Kinder der im Betriebe tätigen Mütter einen Kindergarten
zu schaffen, bei uns seit mehreren Monaten in der Verwirklichung begriffen ist.«18

216 Sprengel: NS-Symbole


bei Jubilarehrung, 1940er
Jahre
NS-Symbole sind auf den Sprengel-Fotos aus den 1930er Jahren selten. Unter 1000 Foto­
grafien gibt es nur zwei mit Hakenkreuz. Das änderte sich allerdings im Krieg, als
Bernhard Sprengel in die Partei eintrat und die Wehrmacht der dominierende Abnehmer
wurde. Die Abhängigkeit von Aufträgen der Wehrmacht, der Zuweisung von

18 HStAH Dep. 105 Nr. 1607: Schreiben Sprengel an die DAF vom 14. 12. 1938

138 Der Betrieb – dein Eigentum


Rohstoffen und Arbeitskräften
durch das NS-Wirtschaftsregime ist
ablesbar an der innerbetrieblichen
Fotodokumen­tation. Das Fotoalbum
aus den 1940er Jahren zeigt deutlich
mehr Fotos mit Nazisymbolen. Jetzt
wehen sogar bei einer Jubilarehrung
Hakenkreuzfahnen im Hintergrund.19
Das Jubi­läumsbuch von Bahlsen
dokumentiert das Hakenkreuz eher
beiläufig, aber in der Bildmitte un-
übersehbar anlässlich des Besuchs
einer italienischen Delegation am
Ärmel eines Uniformträgers. Pelikan
ließ einen ›Kameradschaftsabend‹
in großem Saal mit dem Nazisymbol
im Fluchtpunkt ­fotografieren und
in das Jubiläumsbuch aufnehmen.
Das war ein Statement. Es ist nicht
verwunderlich, dass die Firma die
kompromittierende Seite nach dem
Krieg heraustrennte und durch ein un-
verfängliches Foto ohne Hakenkreuze
ersetzte.20

217 (oben) Bahlsen: Besuch des Dopola-


voro, 1939 – Foto Hein Gorny

218 (unten) Pelikan: Kameradschafts-


abend, 1938 – Foto Hein Gorny

19 RWWA 208-549-5-1509
20 Siehe Annemone Christians, Tinte und Blech, 2018, S. 16

Der Betrieb – dein Eigentum 139


Der Vergleich der beiden Fotos der Bahlsenkantine von 1912 (Seite 81, Abb. 112) und 219 Bahlsen: Speise­saal
1939 macht deutlich, wie die Nazi-Ästhetik auch ohne NS-Symbole die Bildsprache für die ›Gefolgschaft‹, 1939
veränderte. Zeigt das Foto vom Anfang des Jahrhunderts einen dicht besetzten Raum, in Foto Hein Gorny
dem Arbeiterinnen mit Essen und Gesprächen beschäftigt sind, dominiert auf dem Foto
1939 der hohe Raum mit fast sakraler Wirkung. Die Menschen werden klein in diesem
Raum.

140 Der Betrieb – dein Eigentum


18 Kriegsjahre
›Der Krieg ist weit weg‹ vermittelt das Foto mit dem hübschen Häuschen aus dem
3. Kriegsjahr, Heinz Appel hatte aber damals schon den ersten seiner drei Söhne an der
Front verloren. Das Regime suggierte Normalität und ermöglichte den Menschen kleine
Fluchten aus dem Kriegsalltag. Eine positive Stimmung in der Bevölkerung sollte die
Kriegsmoral in schwierigen Zeiten aufrechterhalten.
Das ›Wietzeheim‹ in Bissendorf bei Hannover kaufte Appel 1941. Für die Beschäftigten
hatte die Firma das Motiv als Postkarte drucken lassen. Sie schätzten das ›Wietzeheim‹
für Kurzurlaube und Wochenenden. »Da sind wir als Lehrlinge hingefahren, es war ein
herrlich hübsches Häuschen. Wir haben uns selbst versorgt. Zwanzig Leutchen konnten
da unterkommen.«1

220 Wietzeheim-Idylle als


Postkarte, ca. 1941

Die Firma Sprengel erwarb im selben Jahr ein Erholungsheim in Braunlage. »Kauf eines
Ferienheimes, neues Arztzimmer, Einstellung eines Betriebsarztes«, berichtete Bernhard
Sprengel an die DAF. Bahlsen und Pelikan hatten ebenfalls Erholungseinrichtungen für
die Belegschaft. Wirtschaftlich rechneten sich solche Ausgaben. Die Nationalsozialisten
hatten schon 1934 die Ausschüttung von Gewinnen begrenzt; die Unternehmen hatten
gut verdient, erhöhten die stillen Reserven und suchten für ihre Liquidität steuerlich
begünstigte Anlagemöglichkeiten.

1 Interview Ingeborg Lauterbach, 1943 bis 1975 bei Appel

Kriegsjahre 141
221 Sprengel: Frontpäck-
chen packen, ca. 1941

Wie im 1. Weltkrieg versorgten die Unternehmen ihre Mitarbeiter an der Front mit ›Liebesgaben‹. Zu Weihnachten er-
hielten Sprengel-Frontsoldaten Schokolade, Zigaretten, Spielkarten, Bücher und einen halben Liter Weinbrand ›West-
wallwärmer‹.2 Fotos von Bahlsen und Sprengel beim Päckchen-Packen dokumentierten, wie vom Regime gewünscht,
die Verbundenheit der ›Heimatfront‹ mit den Soldaten.
Bahlsen lieferte 40 Prozent
der Gesamtproduktion an
die Wehrmacht und wurde
zum Rüstungsbetrieb
er­klärt. Nahrhafte Flieger-
nahrung ging an die Luft-
waffe und wurde 1942 vom
Flughafen Langen­hagen
direkt nach Stalingrad an
die eingeschlossenen Trup-
pen geflogen.3

222 Bahlsen: ›Notverpfle-


gung‹ für die Soldaten in
Stalingrad, 1942

2 HStAH Dep. 105, Nr. 1697


3 Bahlsen 1889–1964, S. 139

142 Kriegsjahre
223­  Französische Fremd­
arbeiter, 1943 (aus privatem
Nachlass im Bahlsen-Archiv)

Die fröhlichen Franzosen, die junge Frau beim Packen und der konzentrierte Arbeiter
wurden dem Bahlsen-Archiv aus privatem Nachlass überlassen.4 Die Aufnahmen sind
von der Sympathie eines Bahlsen-Mitarbeiters geprägt, der unter den ausländischen
Arbeitern Freunde gefunden hat, und lassen nur begrenzt auf die tatsächlichen Arbeits-
bedingungen schließen. Die Firma notierte noch 1964 erfreut und erstaunlich wenig

224 (links) Französische


Zwangsarbeiterin beim
­Packen, 1943

225 (rechts) Französischer


Zwangsarbeiter bei der
­Arbeit, 1943

4 Fotos zu Abb. 223, 224 und 225 aus Nachlass Rolf Schober, Bahlsen-Archiv

Kriegsjahre 143
selbstkritisch, dass sich als Rüstungsbetrieb »manche kleine Hilfen [ergaben], wie z. B. die
Möglichkeit, Kriegs­gefangene als Arbeitskräfte zu bekommen«.5 Die bisher von der Firma
vertretene Auffassung, die Zwangsarbeiter seien gut behandelt und bezahlt worden, wird 226 Pelikan-Arbeiterinnen
inzwischen bezweifelt. Werner Bahlsen beauftragte deshalb 2019 den Historiker Manfred beim Packen von Front-
Grieger, das Verhalten der Unternehmens­leitung im Nationalsozialismus aufzuarbeiten. Päckchen; darunter eine
Aktivisten haben bei ›FragDenStaat‹ veröffentlicht, dass ukrainische Arbeiterinnen polnische Zwangsarbeiterin
aus dem von Bahlsen treuhänderisch verwalteten Werk in Kiew unter falschen Verspre- (2. von oben), 1942
chungen per LKW und dann per Bahn nach Hannover verfrachtet und dort wie
Sträflinge in bewachten Lagern untergebracht worden seien.6 Die ursprüng­
lichen Zusagen über Arbeitseinsatz, Bezahlung und Unterbringung seien nicht
eingehalten und die U ­ krainerinnen wie Zwangsarbeiter behandelt worden.7
Die Entschädigungsforderung von 60 Betroffenen hat das Landgericht Han-
nover im Jahr 2000 wegen Verjährung zurückgewiesen.

Pelikan entschied sich 2016 zu einer Untersuchung durch das Institut für
Zeitgeschichte München, als in Hannover der ›Wissenschaftliche Beirat na-
mensgebender Persönlichkeiten‹ die Umbenennung der Fritz-Beindorff-Allee
empfahl. Eine Buchveröffentlichung von Janet Anschütz und Irmtraud Heike8
hatte bereits im Jahr 2000 den Einsatz von Zwangsarbeiterinnen bei Pelikan
rekonstruiert. Die befragten Zeitzeuginnen hatten »von zum Teil verheerend
schlechten Zuständen in den Arbeitserziehungslagern und auch in einigen
Zwangsarbeiterbaracken«9 in den Günther Wagner Verpackungswerken
berichtet. Die von Pelikan beauftragte Pilotstudie von Annemone Christians
erschien 2018. Die Autorin hat die Lage der in den Günther Wagner Verpa-
ckungswerken beschäftigten Zwangsarbeiterinnen kritisch aufgearbeitet.
Während Füller und Schreibgeräte im Krieg als entbehrlich galten und wegen
Kontingentierung der Rohstoffe kaum mehr produziert werden konnten, wei-
tete die Firma die kriegswichtige Produktion in den Verpackungswerken stark
aus.10 Immer mehr erfahrene deutsche Arbeiter wurden zum Kriegsdienst einberufen 227 Zwangsarbeiterinnen
und als Ersatz zunehmend ausländische Arbeitskräfte beschäftigt.11 Das nebenstehende der Günther Wagner
Foto (Abb. 227) zeigt Zwangsarbeiterinnen, die in einem Straflager »oben in der Fabrik«12 Verpackungswerke im Lager
des Werks in der Hansastraße 10 untergebracht waren. Wie ihre deutschen Kolleginnen Hansastraße 10
packten Zwangsarbeiterinnen Liebesgabenpäckchen für die deutschen Soldaten an der
Front (Abb. 226), ein typisches Motiv aus den Kriegsjahren (vgl. auch Abb. 221).

5 Bahlsen 1889–1964, S. 33
6 FragDenStaat, 15. 5. 2019: »Zwangsarbeit bei Bahlsen: Im Viehtransport ins Deutsche Reich, unterge-
bracht in bewachten Lagern«; im Internet unter: https://fragdenstaat.de/blog/2019/05/15/zwangsar-
beiterinnen-bei-bahlsen [10. 3. 2021]
7 Ebd.
8 Janet Anschütz, Irmtraud Heike, Feinde im eigenen Land. Zwangsarbeit in Hannover im 2. Weltkrieg,
Bielefeld 2000
9 Zit. nach A. Christians, Tinte und Blech, S. 86
10 Ebd., S. 73
11 Ebd., S. 81
12 Rozalia Ciesielska, zit. nach Christians, S. 89

144 Kriegsjahre
228 Bahlsen-»Fremd-
arbeiterinnen« mit dem
Aufnäher ›Ost‹
und Schülerinnen:
»Neue Gesichter in der
Fabrik«, aus dem
Bahlsen-Jubiläumsbuch
1964

Die Firma Feinkost-Appel hat in Hannover keine Zwangsarbeiter eingesetzt, in Hamburg


allerdings belgische Zwangsarbeiter und Russinnen beschäftigt, die von der Hamburger
›Fachgruppe Fisch­industrie‹ 23 Hamburger Fischverarbeitungsbetrieben zugewiesen
wurden.13

Sprengel-Mitarbeiter sagten nach dem Krieg im Entnazifizierungsverfahren des Ge-


schäftsführers aus: »Die ausländischen Arbeiter bekamen aus der gleichen Küche wie
die deutschen Arbeiter das Essen und anfänglich saßen sie auch mit uns an einem Tisch,
bis es offiziell verboten wurde.«14 Bernhard Sprengel hatte sich beim Regierungspräsi-
dium für eine bessere Unterbringung der polnischen Arbeiterinnern eingesetzt und au-
ßerdem erreicht, dass eine Mitarbeiterin aus Oberschlesien, die fließend polnisch sprach,
statt einer von der DAF vorgesehenen Frau die Lagerleitung übernahm.15

13 Vgl. Kristina Huttenlocher, Appel Feinkost, S. 201


14 HStAH Nds. 171 Hannover Nr. 44072, Entnazifizierungsakte Hans-Heinrich von der Wettern, Aussagen
der Betriebsräte Meyer und Berger
15 RWWA 208-570-6, Werkfrauen 1938–1942

Kriegsjahre 145
229 Sprengel:
­Werkluftschutz, 1941

Ironische Distanz spricht aus dem Foto (Abb. 229) zu den verlangten Luftschutzübungen.
Andere machen deutlich, dass die Luftschutzübungen tatsächlich »Ernstfallübungen«
waren.

230 Sprengel:
­Luft­schutz­übungen, 1941

146 Kriegsjahre
231 (links) und 232 (rechts) Als die Luftangriffe bitterer Ernst wurden, mussten die Firmen für schnelle Reparatur der
­Sprengel: Reparatur von Schäden sorgen, sonst gab es Ärger mit amtlichen Stellen.16 Ein Brief des Reichsministers
Bomben­schäden, 1943 für Rüstung und Kriegsproduktion an die Firma Bahlsen kritisierte im März 1945 den
Stand der Aufräumarbeiten von »Terror-Schutthalden auf dem Fabrikgrundstück« als
»untragbar«.Sie entsprächen »keineswegs den nötigen Voraussetzungen Ihrer Ferti-
gung«.17 Die Wiederherstellungs­arbeiten wurden dokumentiert. Für Anträge auf Ersatz
der Schäden war eine detaillierte Auflistung der Schäden vorgeschrieben. Fotos erleich-
terten die Beweiskraft.

16 Vgl. Bahlsen 1889–1964, S. 141


17 Ebd.

Kriegsjahre 147
Das Kontorhaus von Appel zwischen Engelbosteler Damm und Eisenbahn am Möhrings- 233 Zerstörtes Appel-­
berg war gänzlich zerstört, auch die Fischfabrik in der Schöneworth schwer beschädigt. Kontorhaus Engelbosteler
»Auf dem Damm fuhren große Loren, wir haben den ganzen Sommer Steine abgeklopft Damm, 1946
und für den Wiederaufbau aufgeschichtet.«18

18 Interview Ingeburg Lauterbach, bei Appel von 1943 bis 1975

148 Kriegsjahre
19 Zusammenhalt
in der Betriebsfamilie
Nach dem Krieg gab es in den meisten Unternehmen eine enge Bindung an den Be-
trieb, der »Stützpfeiler des Überlebens«1 war. Die Belegschaften machten die Sache
des Betriebes zu ihrer eigenen und auch die Werksleitungen
wussten, dass »weitaus wichtiger noch als Kapitalzustrom
und Maschinenausstattung das Humankapital ihrer Fach­
arbeiter war.«2 Mit dem Wissen und der Loyalität der Stamm-
belegschaft begann der Wiederaufbau. Die Betriebe halfen,
so gut es ging, bei den Alltagsproblemen, gewährten Darle-
hen für eine Wohnungseinrichtung, einen Vorschuss für die
Beerdigung des verstorbenen Mannes, unterstützten bei der
Wohnungssuche und verteilten Kleidung und Schuhe, die die
Fürsorgeabteilung vom Schwedischem Rotem Kreuz erhalten
hatte.3 »Die Nachkriegszeit zwang uns zum Zusammenhalt
und ist mit schönen Erinnerungen verbunden.«4
Ausreichendes Essen war bis in die 1950er Jahre ein Thema.
Der Urenkel von Frau Kirschke hat das Foto seiner Urgroß-
mutter aus der Nachkriegszeit aufgehoben. Die Werksküchen
der Firma Appel in Hannover und Hamburg sorgten in der
Hungerzeit nach dem Krieg täglich für eine warme Mahl-
zeit. »Beide Werksküchen bedeuteten eine wertvolle Hilfe
für die Ernährungslage der Werksangehörigen«5, hieß es im
Appel-Jahresbericht 1946. »Man bekam zu essen. Nach dem
Krieg war es nicht schlecht in einem Lebensmittelbetrieb zu
arbeiten.«6 Im Hungerwinter 1946/47 sanken die täglichen
Essensrationen auf 850 Kalorien. Der Hunger war mächtig
und die Verlockung groß in einem Lebensmittelbetrieb: »Wir
234 Emma Kirschke, bitten alle, dafür zu sorgen, dass die Diebstähle von Betriebsangehörigen und Fremden
­Appel-Werksköchin aufhören. Es muß auch in der Beziehung zu einer neuen, richtigen Moral-Auffassung
kommen trotz aller Not,«7 mahnte 1947 ein Rundschreiben der Firma Appel.

1 Hans-Ulrich Wehler, Deutsche Gesellschaftsgeschichte, 2008, S. 930


2 Ebd., S. 964
3 Interview mit Ingeborg Lauterbach, 1945 bis 1975 bei Appel
4 Interview HAZ mit Frieda T., 9. 10. 1974: Gute Erinnerung an die Zeit der Not. 50 Jahre einer Firma ge-
dient.
5 Appel Jahresbericht 1946, Familienarchiv, jetzt: Hanseatisches Wirtschaftsarchiv
6 Interview Ellen Liedtke, 1947 bis 1951 bei Appel
7 Heinz Appel, Rundschreiben zur Abschlussvergütung vom 20. 3. 1947, Familienarchiv, jetzt: Hanseati-
sches Wirtschaftsarchiv

Zusammenhalt in der Betriebsfamilie 149


235 Bahlsen: Küche, 1954
Die Bahlsen-Mitarbeiterzeitung ›Leibnizblätter‹ stellte die Damen aus der Küche vor.
Satt zu essen haben, war auch 1954 noch ein Thema.

236 Appel: Rohstoff-


mangel – Heringe salzen in
Lauterbach auf Rügen, 1945
Essig war streng rationiert und kaum zu erhalten. Noch 1946 verfügte das Ernährungs-
amt Hannover: »Wegen Essigknappheit besteht die Fischzuteilung fast ausschließlich
aus Salzheringen.«8

8 Stadtarchiv Hannover, Schreiben des Wirtschafts- und Ernährungsamts Hannover (WEA) vom 2. 8. 1946

150 Zusammenhalt in der Betriebsfamilie


237 (rechts) Rohstoffmangel: Deutsche Grammophon Gesell-
schaft, 1946 – »Schallplattenbruch war in Notzeiten ein
wichtiger Rohstoff für die Neuproduktion.«9

Lebensmittelbetriebe erhielten schon im Mai 1945 die


Produktionserlaubnis der Militärregierung. Schallplatten
waren weniger lebensnotwendig. Die Deutsche Grammo-
phon durfte erst ab August 1946 wieder mit der Produk­
tion beginnen.10
Die Mangelsituation änderte sich – für die Zeitgenos-
sen unerwartet – schnell. Bereits 1951 erreichte der reale
Pro-Kopf-Verbrauch wieder das Niveau des Vorkriegsjahres
von 1936 und Konsumgüter fanden raschen Absatz. Arne
Andersen beschreibt die Konsumseite des Wirtschaftswun-
ders eindrücklich.11 Die Konsumgüterindustrie boomte, in
den hier untersuchten Firmen stand fotografisch allerdings
weniger die florierende Produktion als die »Betriebsfami-
lie« im Vordergrund.

238 Sprengel: Weihnachtsfeier, um 1953

9 Edwin Hein, 65 Jahre Deutsche Grammophon Gesellschaft 1898–1963, 1963, S. 69


10 Ebd.
11 Arne Andersen: Der Traum vom guten Leben. Alltags- und Konsumgeschichte vom Wirtschaftswunder bis heute, Frankfurt 1997, S. 14

Zusammenhalt in der Betriebsfamilie 151


In den 1950er Jahren richteten die Firmen Weihnachtsfeiern für die Kinder der Beschäf-
tigten aus mit Märchentheater oder Krippenspiel und für jeden eine Tüte mit süßen
Leckereien.12 Pelikan, Bahlsen und Sprengel boten zusätzlich für Mitarbeiterkinder
Erholungswochen in Ferienheimen an, bis in den 1960er Jahren die Familien mit dem
eigenen Auto selbst an die Adria oder in die Berge fuhren. »Uns geht es hier gut. Das
Essen schmeckt gut, nur Lebertran nicht. Wir gehen jeden Tag spazieren«, lautete 1951
ein Kartengruß aus dem Sprengel-Erholungsheim in Braunlage. Ein anderer: »Jeden Tag
ist bei uns Sonntag. So ein schönes Essen!«13
Renate, 7 Jahre, war mit der Bahlsen-Kindererholung auf Langeoog. »Ich habe mich
so gefreut und deshalb habe ich gleich ein Bildchen vom Strand in Langeoog gemalt.
Ich habe viereinhalb Pfund zugenommen.«14 Die Hungerjahre waren noch in frischer
Erinnerung.

239 Sprengel: Hochzeits-


service für die künftige
Hausfrau
Zur Hochzeit überreichte die Firma Sprengel der jungen Frau ein Hochzeitsservice, Gele-
genheit für ein Abteilungsfoto. In den Betrieben schwanden die Vorbehalte gegenüber
privaten Fotos am Arbeitsplatz. Mit der Verbreitung preiswerter Kameras hielten die
Bundesbürger der Nachkriegszeit nicht nur Familienfeiern und Reisen mit der Kamera
fest, sondern auch Betriebsfeste, Jubiläen und besondere Firmenereignisse. Mitarbeiter
wurden gebeten, und machten das gern,15 Jubilare und Firmenfeste zu fotografieren.
Ehemalige Mitarbeiter schwärmen von den sozialen Leistungen und dem Betriebsklima
bei Sprengel. Peter Beck, fast 40 Jahre als Schlosser und Betriebsrat in der Firma tätig,
findet noch heute: »Dieser Familienbetrieb ist sehr fair geführt worden.«16 An ihre Jahre

12 Interview der Autorin mit Frauke Eue, 1966 bis 1992 bei Sprengel; die Autorin erinnert sich an Märchen-
spiele und süße Tütchen für Appel-Mitarbeiterkinder in der »Brücke«, Hindenburgstraße.
13 RWWA 208-479-2
14 Leibnizblätter, Dezember 1955
15 Das berichtet Klaus Buchholz, tätig 1961 bis 1966 bei König & Ebhardt.
16 Interview der Autorin mit Peter Beck, 1962 bis 2001 bei Sprengel

152 Zusammenhalt in der Betriebsfamilie


in der Firma Appel erinnert sich Angelika Mollenhauer, Betriebsrätin im Feinkostbetrieb, 40 Jahre später: »Wir waren
wie eine große Familie – man kannte sich und ging freundlich miteinander um. Ich bin heute 63 Jahre alt und habe
solch eine Kultur im Arbeitsleben nie wieder erlebt.«17

Betriebsausflüge der
gesamten Belegschaft in
die nähere Umgebung
blieben in den Familienun-
ternehmen lange wichtiger
Bestandteil der Unterneh-
menskultur. Bei Spren-
gel begannen sie in den
1930er Jahren. Heinz Appel
wollte das Zusammenge-
hörigkeitsgefühl stärken
und gleichzeitig – er war
Vorsitzender des ›Nieder-
sächsischen Heimatbun-
des‹ – den Mitarbeitern die
Schönheit der niedersäch- 240 (oben) Betriebsausflug Sprengel, ›Auf der Weser‹, 1953
sischen Heimat nahebrin-
241 (unten) Ausflug bei Appel, ›Belegschaft vor der Porta Westfalica‹, 1953
gen. Die Betriebsausflüge
schliefen Ende der 1960er Jahre schließlich ein, weil »viele samstags nicht mehr mit Kollegen einen Ausflug machen
wollten«, wie sich ein ehemaliger Vertriebsmitarbeiter bedauernd erinnert.18

17 Angelika Mollenhauer, Betriebsrätin, 1964 bis 1973 bei Appel, Mail Januar 2012
18 Interview Gerhard Haupt, 1960 bis 1975 bei Appel

Zusammenhalt in der Betriebsfamilie 153


242 Bahlsen: Dachterrasse,
1956

Die Leibnizblätter stellten Pausengestaltung und Gesundheitspflege vor. Geschäftslei-


tung und Betriebsrat bei Bahlsen ermutigten gemeinsam zur »aktiven Gesundheitspfle-
ge durch Kneipp-Behandlung. Die Betriebsleitung hat auf dem Dachgarten eine Mög-
lichkeit zur Erfrischung des ermüdeten Körpers geschaffen. Wassertreten nach Pfarrer
Kneipp ist ein hervorragendes Mittel zur Kräftigung und Anregung des Kreislaufes.
Erproben Sie selbst die Heilkraft des Wassers. Geschäftsleitung Klaus Bahlsen, Betriebs-
rat Heimberg.«19

243 Bahlsen: Dachgarten


mit Kneipp­anlage, 1956

19 Leibnizblätter, 1956

154 Zusammenhalt in der Betriebsfamilie


244 Heile Betriebs-
welt: ­Gratulation eines
­ausgezeichneten Lehrlings,
1961
Im Hintergrund Otto
­Muellers ›Liebespaar‹
aus der Sammlung
von Bernhard Sprengel
Bei Auszeichnungen und Würdigungen ließ sich Bernhard Sprengel gern mit den Mit-
arbeitern fotografieren. Er überreichte, wie andere Firmenchefs bei Arbeitsjubiläen,
versilberte oder vergoldete Anstecknadeln mit dem Firmenlogo, von den Jubilaren zu
festlichen Anlässen getragen und bis heute aufbewahrt. »Dr. Sprengel konnte mit Leuten
umgehen; man hatte Respekt vor ihm. Wenn man ihm auf dem Flur begegnete, sprang
man zur Seite. Er konnte auch sehr volksnah anderen begegnen und mit den Bandarbei-
terinnen reden. Die waren dann Feuer und Flamme für ihn.«20

245 Directrice Dorothea


Rust 50 Jahre bei Sprengel,
1953

20 Mail Frauke Eue an Autorin

Zusammenhalt in der Betriebsfamilie 155


Die Familie hat sich fein angezogen. Sie schaut an diesem bedeutungsvollen Tag im
­Arbeitsleben ernst und feierlich in die Kamera. Die Firmenleitung ist nicht im Bild,
sie hat Blumen, einen Geschenkkorb mit Delikatessen hannoverscher Unternehmen
und eine blau-silberne Anstecknadel mit dem Appel-Logo überreicht. Der Chef Wer-
ner Blunck griff gelegentlich auch selbst zur Kamera, lichtete Frauen beim Krabben-

puhlen (Abb. 250) oder Bauarbeiter auf dem Fabrikneubau ab. »Wenn man bei Appel 246 25-jähriges Betriebs-
anfing, war das eine Lebensstellung«, erinnert sich Karl-Heinz Hartje, früher Betriebsrat jubiläum bei Appel: Familie
bei Appel, dann Gewerkschaftssekretär. Hartje schätzte das persönliche Kümmern und Baumgarten, 1951
den respektvollen Umgang mit den Beschäftigten.

156 Zusammenhalt in der Betriebsfamilie


20 Der einzelne Mitarbeiter im Bild
In den späten 1950er und 1960er Jahren treten die »Einzeldarstellungen von Personen
in den Vordergrund«. Arbeit wird weniger als Gruppenarbeit dargestellt, sondern in ihrer
Ausführung durch »Einzelindividuen«1, hat Rahner auf Fotos aus Hamburger Unterneh-
mensarchiven wahrgenommen. Was mögen die Gründe sein? Sicher spielt eine gewisse
Skepsis gegenüber Masseninszenierungen eine Rolle, denen man in den Jahren des Na-
tionalsozialismus bis zum Überdruss ausgesetzt war. Mit der Vollbeschäftigung ab 1957
erhielt außerdem die Arbeit des einzelnen Mitarbeiters zusätzlichen Wert. Die Unter-
nehmen warben um Arbeitskräfte und bemühten sich, zuverlässige Arbeiter zu halten.
Manchem Unternehmen erschien der Rückgriff auf traditionelle Formen der Industrie­
fotografie nicht mehr zeitgemäß. Bernhard Sprengel verzichtete 1951 für das Jubiläums-
buch zum 100-Jährigen völlig auf Fotografien aus der Produktion und beschränkte sich
auf experimentell gestaltete Produktfotografien mit Überblendungen und Collagen von
Maschinen, Automaten und laufenden Bändern. Seine Werbung gestaltete Sprengel in
diesen Jahren u. a. mit Arbeiten von K. O. Goetz, einem Hauptvertreter der abstrakten
Kunst und des ›Informel‹ in Deutschland. Die Mitarbeiter wurden nicht mit Fotos, son-
dern durch die vierseitige Auflistung der Beschäftigten mit langjähriger Betriebszugehö-
rigkeit gewürdigt.

247 Sprengel: Produktions- Die Fotos aus der Produktion im Jubilä-


foto, 1951 umsbändchen zum 75-jährigen Bestehen
der Firma Appel knüpfen an das Bildkon-
zept der Betriebsrundgänge der Firma aus
den 1920er Jahren an. Die Fische wurden
als empfindliche Ware per Hand in die
Dosen gelegt, lebendige Krebse händisch
sortiert. Heinz Appel war ein Mann der
Tradition, der nach dem Krieg in Werbung,
Gestaltung und Produktion am Gewohn-
ten festhielt. Die Mayonnaise wurde bis
Anfang der 1960er Jahre in einzelnen
Schüsseln angerührt. »An dem Rezept
wird nichts geändert, hat Heinz Appel
gesagt. Andere Firmen haben längst mit
Kolloidmühlen gearbeitet.«2

1 Rahner, Glanzbilder, 1999, S. 114


2 Interview Hans-Jürgen Horn, Cuxhaven, 1961 bis 1964 bei Appel

Der einzelne Mitarbeiter im Bild 157


248 Appel: Sortieren von
Edelkrebsen

Das Fotomotiv ›Sortieren der Edelkrebse‹ war die Vor-


lage für einen Teil eines mehrteiligen Wandfreskos im
Sitzungssaal der Firma. Der hannoversche Künstler Kurt
Sohns malte den Werdegang der Fisch-Feinkost vom
Fischfang über das Sortieren und Verpacken der Seetiere
bis zum feinen Abendessen. In den Wirtschaftswun-
derjahren galten Krebse neben Kaviar als kulinarisches
Statussymbol der gehobenen Gesellschaft. Der Handel
mit feinen Delikatessen war bis zum Niedergang der
Feinkostgeschäfte für die Firma Appel ein wichtiges
Standbein.

249 Kurt Sohns’ Wandfresko im Appel-Sitzungssaal


­(Ausschnitt), 1957

158 Der einzelne Mitarbeiter im Bild


250 Appel:
­Krustentiere puhlen,
1950er Jahre

Bahlsen und Pelikan begannen Anfang der 1950er Jahre wieder mit der Verteilung von Werk-
zeitschriften an die Mitarbeiter. ›Rund um den Pelikan‹ und die ›Leibnizblätter‹ unterstützten
mit Fotografien die ›Corporate Identity‹. Abteilungen und Produkte wurden vorgestellt und ein-
zelne verdiente Mitarbeiter gewürdigt. Auf Anregung eines Mitarbeiters im Lager lud die Firma
Pelikan Interessierte zu einer Werksbesichtigung ein. »Jeder Einzelne durfte einmal ganz Gast
unseres eigenen Werkes sein. Es war erstaunlich und erfreulich, festzustellen, daß im Grunde
jeder an seiner Abteilung hängt, an die er sich gewöhnt hat. Auch die Kollegen aus der Kohle-
papierfabrik wollen nicht mit einem Mann aus der Abteilung Goldfedern oder mit dem Ein-
schreiber tauschen.«3 Zehn Jahre
später kündigte die Werkzeitung
regelmäßige Kamera-Bummel
durchs Werk an. »Wir werden für
Sie von jetzt ab mit der Kamera
und dem Notizblock durch das
Werk bummeln und Ihnen in
jeder Ausgabe von ›Rund um den
Pelikan‹ eine andere Abteilung
vorstellen. Heute beginnen wir
251 Pelikan: mit der Federnproduktion. Hätten
­Arbeits­plätze Sie gedacht, dass für jede Goldfe-
Goldfedern­abteilung, der rund 30 Arbeitsgänge not-
1952 wendig sind?«4

3 ›Rund um den Pelikan‹, 1953


4 Pelikanzeitung, Nr. 43, 1964

Der einzelne Mitarbeiter im Bild 159


252 (oben) Werner Sommerfeld beim Tintenkochen, 1953

253 (oben) Patronenschweißer Karl-Uwe Friedrich

254 (links) Frieda Huffwälder, Stanzerei C, bei ihrer Arbeit,


1952

160 Der einzelne Mitarbeiter im Bild


1 2 3

255 Patronenherstellung »Tintenpatronenfertigung: Ein bisschen weißes Pulver kommt oben rein [Abb. oben,
bei Pelikan, 1962 Bild 1] Alles andere macht drinnen die Maschine. Was am Ende rauskommt, sind Tusche-
patronen. Eine knappe Minute dauert dieser Prozeß. Wie beinahe jedes Kunststoffer-
zeugnis müssen die Patronen [Abb. oben, Bild 3] anschließend entgratet werden.«5

256 Pelikan-Tochterfirma
Rotowerke, Königslutter:
Werner Nowak an der
­Revolverdrehbank, 1974

5 ›Rund um den Pelikan‹, August 1962

Der einzelne Mitarbeiter im Bild 161


Fotos aus den Laboren zeigen qualifizierte Frauentätigkeiten. Lebensmittelchemikerin- 257 (links) Bahlsen: Labor,
nen und Laborantinnen nehmen Proben von Rohstoffen und prüfen die Produktqualität 1964
in sorgfältiger Handarbeit. »Unter der Bezeichnung ›Verfahrenskontrolle‹ sind in unse- 258 (rechts) Appel: Labor,
rem Werk alle Laboratorien zusammengefaßt. […] Der Aufgaben­bereich dieser Abteilung 1954
umfaßt Sicherung, Überwachung und Verbesserung der Fabrikationsmethoden und
­Arbeitsverfahren. Er beginnt mit der Kontrolle aller eingehenden Rohstoffe und endet
mit der ›Erfindung‹ einer für die Haltbarkeit bestgeeigneten Verpackung. […] Viel Kum-
mer bereiten die Gewürze. Sie enthalten häufig Verunreinigungen, die einem flüchtigen
Beobachter leicht entgehen können«6, beschreiben die Leibnizblätter die Arbeit des
Labors.

6 »Scharfe Augen, feine Zungen in unseren Labors«, in: Leibnizblätter, Juli 1956

162 Der einzelne Mitarbeiter im Bild


21 Automation und Handarbeit
Sprengel gab nach dem Verkauf von 49 % an Nabisco ab 1968 die Mitarbeiterzeitung
›Blickpunkt Sprengel‹ heraus, die u. a. mit zahlreichen Fotos von Mitarbeitern und neuen
Produkten für den Zusammenhalt sorgen sollte. Bernhard Sprengel beschäftigte einen
Werksfotografen, der vor allem die Dekorationsentwürfe für die Einzelhandelsgeschäfte
zu fotografieren hatte und die Neuerwerbungen von Kunstwerken.1 Für Produktions­
fotos der 1960er Jahre beauftragte Sprengel die Fotografen Peter Strack, Wilhelm Hau-
schild, Dieter Kuki und Otto Umbehr (UMBO).2

Im Zentrum der Fotografien aus den 1960er Jahren steht


in der Firma Sprengel die Pralinenproduktion. Die feinen
Pralinen symbolisieren den Qualitätsanspruch des Hau-
ses und ihre Fertigung ist für Fotografen ein geeignetes
Motiv. Täglich kamen zehn ausgesuchte Feinschmecker,
darunter Prokuristen, Buchhalter und Raumpflegerinnen
259 (links) Pralinen zu einem Probierkreis zusammen und verkosteten ›India‹-Pralinen, ›Privileg‹-Schokolade
­dekorieren, 1964 oder Ostereier. Jeder Mitarbeiter konnte sich für die Probierrunde bewerben, vorausge-
260 (rechts) Weinbrand- setzt er verfügte über einen feinen Geschmack.3
bohnen schablonieren, 1964
Foto P. Strack 1 Interview Helmut Bischoff, Werksfotograf bei Sprengel
2 Die im RWWA erhaltenen Fotos lassen sich nur in wenigen Fällen eindeutig einem Fotografen zuordnen.
3 Interview mit Schokoladenmacher Reinhard Petter, später Geschäftsführer

Automation und Handarbeit 163


In der Werkszeitschrift ermutigte die Firma Frauen, Verantwortung zu übernehmen.
»Um unsere Band- und Gruppenführerinnen bei der Lösung ihrer sicher nicht ganz leich-
ten Arbeit zu unterstützen, haben wir in diesem Sommer angefangen, mit ihnen in klei-
nen Arbeitsgruppen über Mitarbeiterbeziehung und Mitarbeiterführung zu sprechen.«4
Betriebliche Kurse zur Mitarbeiterführung gab es mit beginnender Vollbeschäftigung
auch bei der Firma Bahlsen. »Der Mensch braucht Befriedigung in der Arbeit, Anerken-
nung der Leistung, Bewußtsein des eigenen Wertes, Gefühl der Existenzsicherheit. Von
größtem Wert sind Menschen, die fähig sind, andere zu leiten«, hieß es in den Leibniz-
blättern.5 Die Wertschätzung der Mitarbeiterinnen drückte sich auch in den Fotos aus.

261 Sprengel: »Füllen von


Pralinen-Hohlkörpern mit
Giess-Trichter, Konfekt­
macherin und Lehrling«
Foto P. Strack, Bonn

Die Notiz zum Bild (oben) »abdecken der Frau links, nur den Lehrling zeigen«6 weist auf
den Verwendungszweck hin, die Werbung um Auszubildende. »Es war körperlich sehr
schwere Arbeit, wir haben kiloweise Mandelsäcke geschleppt. Aber wir hatten eine
exzellente Ausbildung im gewerblichen Bereich, waren in jeder Abteilung ein Vierteljahr:
Ananasraum, Schokoladenkeller, Fabrikation von Schokolade (Conchen), in der Krokant-
küche, bei der Nougatherstellung, Überziehanlagen von Pralinen, Herstellung von Einla-
gen für Pralinen-Füllungen. Wir waren in jeder Hinsicht stolz auf unseren Lehrherrn.«7

4 Blickpunkt Sprengel, Heft 3, 1968


5 Leibnizblätter, Juli 1956
6 RWWA 208 F7508
7 Interview Juni 2014 mit Rita Müller, Konfektmacherin 1963 bis 1969 bei Sprengel

164 Automation und Handarbeit


Mitarbeiterinnen erinnern sich an
die Pralinenproduktion Ende der
1960er Jahre mit »viel Handarbeit,
z. B. beim Verzieren der Pralinen
mit Dekoren und der Produktion
von Weinbrandkirschen.« Die
Vorarbeiterinnen bestimmten die
Anordnung der Pralinen, so dass
sie für die Frauen am Band gut zu
greifen und einzuordnen war. Die
Fotografien warben für die Attrak-
tivität des Arbeitsplatzes: »Ein
Band voll neuer Mitarbeiterinnen
für die Herstellung von Schokola-
de und Pralinen. Wäre das auch
etwas für Sie?«, hieß es auf dem
Titelblatt der Werkzeitschrift
unter dem Foto aus der Pralinen-
packabteilung.8 Sprengel versuch-
te brachliegende Arbeitskräfte am
heimischen Arbeitsmarkt zu rekru-
tieren. Frau Tinschert erinnert sich
an die ›Hausfrauenschichten‹ im
Saisongeschäft vor Ostern und vor
Weihnachten. Sie arbeitete mit
40 bis 50 weiteren Damen mor-
gens von 8 bis 12 Uhr am Band.
»Wir haben am Schnellband jede
Minute einen Karton vollgepackt.
Wir waren begeistert, denn es gab
ein tolles Zusammengehörigkeits-
gefühl.«9

262 Sprengel: Weinbrandbohnen


ein­sortieren, 1964

8 Zitate: Blickpunkt Sprengel, 1971


9 Interview März 2014 mit Frau Tinschert, 1965 bis 1970 bei Sprengel

Automation und Handarbeit 165


Seit Ende der 1950er Jahre herrschte in der Bundesrepublik Vollbeschäftigung und nach
dem Mauerbau 1961 war Fachkräften aus der DDR der Weg in den Westen versperrt. In
Hannover hatte VW 1956 ein Werk errichtet, zahlte gut und zog Arbeitskräfte an. Die Fir-
men begannen angesichts eines leergefegten Arbeitsmarktes ausländische Arbeiter/-in-
nen anzuwerben. Sprengel und Appel beschäftigten Griechinnen, Bahlsen Spanierinnen.

Die Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten kommentierte besorgt: »Die Konser- 263 Bahlsen: Backstraße
ven-, Süßwaren- und Fleischwaren-Industrie im Bereich unserer Gewerkschaft sind 1964 mit spanischem
scheinbar geeignete Industriezweige für weibliche ausländische Arbeitskräfte, obwohl Warnhinweis: »No tocar
der Einsatz mit erheblichen Kosten verbunden ist.«10 máquinas en movimiento«

10 NGG-Jahrbuch, 1960/61, S. 214

166 Automation und Handarbeit


Die Vollbeschäftigung hatte die Gewerkschaften in eine günstige Verhandlungsposition
gesetzt. Mit Anwerbemaßnahmen im Ausland und gleichzeitig arbeitssparenden Ratio-
nalisierungsinvestitionen verschafften sich die Unternehmen Luft auf dem angespann-
ten Arbeitsmarkt. Kosten fielen vor allem bei der Unterbringung der ausländischen
Mitarbeiterinnen an. Sprengel brachte die Griechinnen in eigenen Häusern unter.

264 Foto aus ›Blickpunkt


Sprengel‹, 1971
In Werkzeitungen wurde für ein gutes Miteinander geworben. ›Blickpunkt Sprengel‹
interviewte eine griechische Mitarbeiterin und fragte, wie sie sich mit den Kolleginnen
versteht: »Die junge Griechin hört aufmerksam zu und überlegt: ›Sie sind sehr freund-
lich und hilfsbereit, aber sie sollten uns etwas mehr achten.‹ «11

11 ›Blickpunkt Sprengel‹, Juni 1971

Automation und Handarbeit 167


265 Sprengelstand auf der Hannover-Messe,
Ende 1950er Jahre

Der Verkauf auf der Messe war beliebt. »Wir


wurden ausgesucht, wer verkaufen durfte.
Die Messe war damals noch 14 Tage lang,
wir trugen ein rotes Kostüm – sprengelrot
mit Käppi und wurden geschult, schön zu
verpacken.«12 Noch aus der Erinnerung
spricht der Stolz, die Produkte der Firma zu
präsentieren.

266 Überwachung des


­Fertigungsablauf bei
­Sprengel, 1967

12 Frau Göbel, 1960 bis 1967 bei Sprengel

168 Automation und Handarbeit


Gegenbild zur Pralinenherstellung im alten Werk in der Schaufelder Straße ist die
moderne Produktionstechnik im hochautomatisierten Vinnhorster Werk für die Tafel-
produktion. »Steueranlage – Das Gehirn der neuen Fabrik. Ein einziger Mann überwacht
auf Leuchtschaltbildern den Fertigungsablauf. Die vollautomatische Steuerung beginnt
bei der Beschickung der Vorratsbunker und endet im Fertigwarenlager.«13 Eine Lochkarte
steuert den gesamten Produktionsablauf, »ruft die Kakaomasse aus den Rührwerks­
behältern ab, schickt sie über den Kneter zu den Walzen und weiter in die Conchen«.14

Nach dem Fall der Preisbindung für Schokoladentafeln boomte die Nachfrage. Jede
Firma wollte auf diesem wachsenden Markt ihre Marktanteile sichern, und so inves-
tierten die Schokoladenfabriken in großem Umfang in vollautomatische Fertigungs-
straßen. Die »völlig neuen Verfahren der Behandlung und Verarbeitung von Rohstoffen
der Nahrungs- und Genußmittelindustrie« beunruhigten die Gewerkschaft. Sie sah in
267 (unten) Bahlsens
der zunehmenden Automatisierung des Arbeitsablaufs eine stärker werdende geistige
automatische Teigmacherei, und nervliche Belastung und fürchtete die Einsparung von Arbeitskräften.15 Bahlsen
1964 – Foto Schneiders hatte schon 1959, deutlich früher als Sprengel, in verfahrenstechnische Großanlagen im
neuen Werk in Barsinghausen investiert. Für die Überwachung der Steueranlage wurden
268 (unten rechts) Bahlsen: auch Frauen eingesetzt. Wie die Herstellung im Einzelnen funktioniert, lässt sich im
Instrumentenblock, 1964 – Bild immer weniger abbilden. Aber das Foto vermittelt, dass der Mensch verantwortlich
Foto Schneiders bleibt, die Produktionsvorgänge zu steuern und zu kontrollieren.

13 Blickpunkt Sprengel, Heft 1, 1968


14 Blickpunkt Sprengel, Heft 3, 1968
15 NGG-Jahrbuch, 1964/65, S. 8/9

Automation und Handarbeit 169


269 Hartkeks­ausstecher,
1964 – Foto Schneiders

Für das Jubiläumsbuch 1964 beauftragte Bahlsen Toni Schnei-


ders und Peter Keetman als Fotografen. Visualisiert wird, wie
das ­Unternehmen durch Rationalisierung den Anteil der Arbeit
reduziert hat. Es bleiben Kontroll- und Bedienfunktionen. Die
anstrengende Arbeit erledigt die Maschine. Die Arbeiterinnen
und Arbeiter werden höchst individuell und konzentriert dar-
gestellt. Der Betrachter spürt das Interesse des Fotografen Toni
Schneiders für die Menschen.16

270 Eins der ersten Farbfotos aus der Produktion, um 1964:


­Prüfung der frisch gebackenen Leibnizkekse

16 »Für mich waren Porträt und Mensch immer interessant.« Und: »Jedes Thema ist mir recht, wenn es wichtig genug ist, aber unerschöpflich
und immer wieder verpflichtend steht das Bild des Menschen im Mittelpunkt meiner Bemühungen.« Gespräch mit Christoph Bauer. Im
Zentrum oder an der Peripherie, in: Landesmuseum Koblenz (Hrsg.), Toni Schneiders, Ostfildern 2008, S. 63, Anm. 12

170 Automation und Handarbeit


271 Produktfüll-Deckelmaschine, 1964 – Foto Schneiders
Das Foto lässt noch deutlich die Funktion der Maschinentätigkeit erkennen.

Automation und Handarbeit 171


Die Bearbeitungsvorgänge bleiben in der vollautomatischen Mischanlage verborgen. 272 Bahlsen, Stamm-
Die Mitarbeiterin ist ganz an den Rand gerückt, die automatische Anlage steht im Zen­ werk: Vollauto­matische
trum. Wie die Anlage arbeitet, ist für den Betrachter nicht mehr nachvollziehbar. ­Misch­anlage, 1958
Mit zunehmendem Arbeitskräftemangel für typische Frauenarbeitsplätze und dem
­Gewinn an technischem Know-how wurden auch kompliziertere Verpackungsarbeiten
automatisiert. Sprengel gelingt in den 1970er Jahren die Konstruktion einer Maschi-
ne, die empfindliche Pralinen automatisch ansaugt und einsortiert.17 Die Maschinen
werden aus Gründen des Unfallschutzes und des Lärmschutzes häufig verkleidet und
sind immer weniger attraktives Motiv für eine Aufnahme. Die zunehmende Unanschau­
lichkeit automatischer Produktionsprozesse führte zu einem Rückgang der Aufträge
für Indus­triefotografen.18

17 Interview Reinhard Petter, Schokoladenmacher


18 Vgl. Rahner, Glanzbilder, 1999, S. 12; Sachsse, Mensch – Maschine – Material – Bild, 1999, S. 86

172 Automation und Handarbeit


273 Bahlsen: Verpackungs­
maschine für Leibnizkekse,
1964 – Foto Schneiders

274 Bahlsen: Ver­packungs­


maschine für Leibnizkekse,
1964

Automation und Handarbeit 173


Die große Zeit der Industriefotografie war Ende der 1960er Jahre vorbei. »Als Indivi-
duen sind die arbeitenden Menschen weitgehend von der ­Apparatetechnik und den
im doppelten Sinne schützenden Vermummungen verdeckt. Was bleibt ist die kalte
Schönheit der Apparatewelt.«19 Neben der Industriefotografie gewannen Imagefilme an
Bedeutung für Werbung und Unternehmenskultur.20

Die Anlage füllt eine ganze Halle. Die beiden Mitarbeiter und das Fahrrad verdeutlichen 275 Bahlsen: Waffelback-,
die Größendimensionen, die auch in der Lebensmittelindustrie jetzt großindustrielle -füll-, -schneideanlage, 1959
Ausmaße angenommen haben.

19 Sigrid Schneider, Vorwort zu Timm Rautert, Gehäuse des Unsichtbaren, Heidelberg 1992
20 Vgl. Daniel Sollner, Sabrina Holzheimer, Werbewirkung im Intermediavergleich. Studie zum Vergleich
der Werbewirkung eines audiovisuellen Imagefilms und einer klassischen Imagebroschüre, Mün-
chen 2008, S. 26. – 1982 gab es den ersten Wirtschaftsfilmtag in Oberhausen, international fand das
1. Industriefilm-Festival in Mexiko 1986 statt, 1988 folgte ein zweites in Buenos Aires.

174 Automation und Handarbeit


22 Der andere Blick – Fabrikbilder
in der Konsumgüterindustrie
Die historischen Fotografien aus Unternehmen der Konsumgüterindustrie belegen, dass
dort anders fotografiert wurde als in der großindustriellen Schwerindustrie des Ruhr-
gebietes, deren Archive bisher vor allem ausgewertet wurden. Entgegen der These, die
Industriefotografie habe die menschliche Arbeit erst 1930 entdeckt, standen im Gegen-
teil in nicht wenigen Betrieben der mittelständischen Konsumgüterindustrie zwischen
der Jahrhundertwende und dem 1. Weltkrieg die Mitarbeiter und ihre Arbeit im Zentrum
der Fotografie. Das waren die Zeiten, in denen der Gründer und Chef die meisten seiner
Leute selbst eingestellt hatte, jedenfalls sie persönlich kannte. Das änderte sich teilwei-
se, als die Söhne in die Geschäfte übernahmen, das Geschäft ausbauten und in neue
Maschinen und Anlagen investierten. Jetzt standen moderne Produktionsverfahren im
Vordergrund der fotografischen Dokumentation, nicht zuletzt um auch die Geldgeber
von den Investitionen zu überzeugen. An den Fotografien zwischen 1905 und 1914 lässt
sich der rasante technologische Wandel ablesen, den die Massenproduktion und das
Vordringen auf die internationalen Märkte mit sich brachten.
Nach dem 1. Weltkrieg wurde der Achtstundentag eingeführt. In allen Branchen gab
es nun Tarifverträge und die Lohnkosten stiegen. Die deutsche Industrie wirtschaftete
nach dem verlorenen Krieg und dem Verlust aller Auslandsvermögen unter schwierigen
Rahmenbedingungen und hatte Mühe, sich gegenüber der ausländischen Konkurrenz
zu behaupten. Die enorme Rationalisierungswelle, die den arbeitenden Menschen im
Bewusstsein der Zeitgenossen zu einem Anhängsel der Maschinen machte, lässt sich
an den Fotografien ablesen. Sie visualisierten in den Unternehmen die serielle Massen-
produktion. Daneben entdeckten Fotokünstler den Reiz technischer Anlagen und von
Industriebauwerken. Sie experimentierten mit ungewöhnlichen Perspektiven, Licht- und
Schatten­effekten, raffinierten Detailausschnitten und monumentalen Industrieansich-
ten. Menschen am Arbeitsplatz waren zwischen 1920 bis 1930 für viele Künstler ästhe-
tisch uninteressant, die Aufnahmen von Willi Roerts für Continental zeigen allerdings
auch in diesen Jahren noch ausdrucksstarke Fotos menschlicher Arbeit.
In der Bewertung von Rationalisierungsprozessen setzte ab 1928 ein Paradigmen-
wechsel ein. Der Vorteil der Rationalisierung verlor an Überzeugungskraft, der Wert
menschlicher Arbeit war wieder geschätzt. Fotografien von Paul Wolff und Ruth Hallens-
leben, oft abfällig als »Verhandwerklichung entfremdeter Industriearbeit«1 kommen-
tiert, waren Ausdruck einer fälligen Rückbesinnung auf die Wertschätzung von Arbeit.

1 Georg Herpertz, Ruth Hallensleben. Gestellte Arbeit, bestellte Bilder, in: Ruth Hallensleben. Industrie und
Arbeit, Ruhrlandmuseum 1990 (Kat. zur Ausstellung im Ruhrlandmuseum Essen, Juni/Juli1990), S. 8; Jörg
Boström: Ruth Hallensleben. Eine Interpretin auf der Bühne der Industrie, in: ebd., S. 61; Rolf Sachsse, Eine
deutsche Fotografin, in: Ursula Peters (Hrsg.), Ruth Hallensleben. Frauenarbeit in der Industrie. Fotografien
aus den Jahren 1938–1967, Berlin 1985; Rolf Sachsse, Mensch – Maschine – Material – Bild, 1999, S. 90

Der andere Blick – Fabrikbilder in der Konsumgüterindustrie 175


Die Nationalsozialisten haben die Wiederentdeckung der Arbeit vorgefunden und für
ihre politischen Zwecke genutzt.
Die Industriefotografie der 1950er Jahre wird nicht selten als »konservativ, ja reak-
tionär« kritisiert, da die künstlerische Fotografie in diesen Jahren auf der Suche nach
»subjektiven Ausdrucksmöglichkeiten und Experimenten« war.2 Bernhard Sprengel ging
dann auch ein paar Jahre lang in der Werbung und 1951 im Jubiläumsband neue Wege.
Doch Mitarbeiter zum Gegenstand künstlerischer Experimente zu machen, wäre bei
den Beschäftigten kaum auf Verständnis gestoßen. Für sie sind wertschätzende Einzel­
darstellungen bei der Arbeit, wie sie Mitarbeiterzeitungen oft zeigen, ein Zeichen der
Anerkennung, während Fotokünstler eher interessiert sind, sich durch neue ungewöhn-
liche ästhetische Zugriffe einen Namen zu machen. Nicht zufällig sind viele Fotografien
aus der Produktion der 1960er Jahre nahe am Mitarbeiter. Ende der 1950er Jahre haben
sich die Methoden der Personalführung hin zur ›sozialen Betriebsgestaltung‹ geändert;3
­Arbeitskräfte waren rar und wurden umworben. Das persönliche Interesse der Eigentü-
mer hannoverscher Konsumgüterfirmen an ihren Beschäftigten blieb bis in die 1970er
Jahre erhalten. Die Fabrikanten lebten und arbeiteten in ihrer Stadt und fühlten sich als
Bürger mitverantwortlich für das gemeine Wohl. Die persönlichen Beziehungen zwischen
ihnen und den Beschäftigten spiegeln sich wider in den Fotografien von Fabrikarbeit.
In seinen Fotografien aus dem Volkswagenwerk verzichtete Peter Keetman 1953 fast
völlig auf Menschen. Sachsse sieht darin eine positive »Reaktion auf ein schwieriges,
weil in der NS-Zeit mißbrauchtes und in der BRD gefragtes Genre: die Industriepho-
tographie«.4 Mir scheint dagegen darin ein Zugriff auf Industriebilder zu liegen, wie
er für Groß­unternehmen typisch ist: endlose Reihen von Produkten, ästhetische Ver-
vielfachung von Teilen und experimentelle abstrakte Formen. Interessant ist, dass der
begleitende Text einer Foto-Sammlung aus dem Volkswagenwerk von 1948 bis 1974
fotografierte Mitarbeiter nur als Repräsentanten der Gesamtbelegschaft betrachtet:
»Ihre persönliche Identität ist unklar und – wie bei den Werksfotografen – ohne kom-
munikativen Belang«5, lautet der offizielle Kommentar. In diesem Großunternehmen
erscheint der Einzelne nicht als Individuum. Damit wären wir bei der Ausgangsfrage: Die
»Verlorenheit des vereinzelten Menschen angesichts der überwältigenden industriellen
Maschinerie«6 ist weniger ein Charakteristikum der Industriefotografie als offenbar ein
spezifisches Merkmal der Fotografie in der Großindustrie. Die Fotografien aus mittel-
ständischen U ­ nternehmen folgten den Moden und den wirtschaftlichen Rahmenbedin-
gungen ihrer Zeit und unterschieden sich untereinander je nach Führungsstil, Unterneh-
menskultur und der Rolle, die Industriefotografie in der Kommunikationsstrategie des
Unternehmens jeweils spielte. Die Mitarbeiter waren dabei keine Randfiguren.

2 Bieger-Thielemann, Albert Renger Patzsch. Der Ingolstädter Auftrag, 1995, S. 18


3 Ruth Rosenberger, Experten für Humankapital. Die Entdeckung des Personalmanagements in der Bun-
desrepublik Deutschland, München 2008, S. 117ff.
4 Rolf Sachsse, Paul Keetman, VW und die fünfziger Jahre, in: Peter Keetman, Eine Woche im Volkswagen-
werk. Fotografien aus dem Jahr 1953, Berlin 1985
5 Werkschau 1. Fotografiert aus dem Volkswagenwerk 1948–1974, Wolfsburg 2004, Text Dirk Schlinkert,
Mitarbeiter in der Historischen Kommunikation der Volkswagen AG
6 Jürgen Hannig, Kruppsche Werks- und Familienfotografie als Quelle, in: Tenfelde, Bilder von Krupp, 1995,
S. 287

176 Der andere Blick – Fabrikbilder in der Konsumgüterindustrie


Anhang
A. Archive Leibnizblätter, Werkzeitschrift der Firma
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Niedersächsisches Landesarchiv, Haupt- Heft Dezember 1954; Heft Dezember 1955;
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Nachlass Bernhard Sprengel in unseren Labors«; Heft September 1954)
Rheinisch-Westfälisches Wirtschaftsarchiv
Continental
(RWWA): Bestand Abt. 208 Stollwerck AG,
Weigand, Karl Wigo (Red.), 50 Jahre Continen-
Köln
tal 1879–1921. Fotos Friedrich Karl Lippert
SLUB Dresden / Deutsche Fotothek und Willi Roerts, Hannover 1921
Stadtarchiv Hannover: Akten Wirtschafts-
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Stadtbibliothek Hannover, Hermann-Löns- Günther Wagner 1838–1906. Text/Chronik
Archiv von Hermann Löns, Hannover 1906 – Zitiert
auch als »Pelikanchronik«
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Appel: Cuxhaven Archiv ner Pelikan-Werke, Hannover 1912–1971
Appel: Familienarchiv (heute: Hanseatisches (insbes. Heft Mai 1933: Fritz Müller-Parten-
Wirtschaftsarchiv Hamburg): Heinz Appel, kirchen, Soziale Einrichtungen der Peli-
Reisebericht, 1939; Appel: Rundschreiben kan-Werke)
zur Abschlussvergütung vom 20. 3. 1947 Pelikan-Zeitung, Nr. 43, 1964; Nr. 1, 1973
Bahlsen: Bahlsen-Archiv Pelikanblätter, 1923–1952 (insbes. Heft De-
Hanseatisches Wirtschaftsarchiv Hamburg, zember 1933)
s. Appel: Familienarchiv Rund um den Pelikan. Werkzeitschrift für die
Krupp: Historisches Archiv Krupp, Essen Betriebsgemeinschaft der Firma Günther
Museum der Arbeit Hamburg Wagner, 1939–1968 (insbes. Jg. 1953)
Pelikan: Pelikan-Archiv Spieker, Werner, Das Werben für den Pelikan.
Thyssen AG Archiv Hrsg.: Pelikan AG Hannover, 1963
Unternehmensarchiv Continental AG Spieker, Werner, Es begann vor 150 Jahren.
Hrsg.: Pelikan AG Hannover, 1988
B. Firmenschriften
Hanomag
Appel
Hannoversche Maschinenbau-Aktien-Gesell-
Appels Delikatessen überall gegessen. Hrsg. H.
schaft, vormals Georg Egestorff, zur Erin-
W. Appel Hannover, 1914
nerung an die Fertigstellung der 4000sten
Bahlsen Lokomotive und des 5000sten ortsfesten
Eine Wanderung durch H. Bahlsens Keks-Fa­ Dampfkessels, Hannover-Linden 1903
brik AG, Hannover [1939], 6 Seiten
H. Bahlsens Keksfabrik KG (Hrsg.), 1889–1964 J. C. König & Ebhardt
Bahlsen/TET. Texte: Hansi Kessler, Zusam- König & Ebhardt (Hrsg.): Festschrift zum
menstellung u. graph. Gestaltung: Nikolai 50jährigen Jubiläum der Firma J. C. König
Borg. (Hannover) o. J. [1964] – Zitiert als und Ebhardt, Hannover; Zweiggeschäft
»Bahlsen 1889–1964« Wien, London, 1845–1895. Redaktion: Ernst
H. Bahlsens Keksfabrik 1889–1939. Redaktion: Müller, Hannover 1895 – Zitiert als »Fest-
Norbert Jacques u. Otto Bredt, Hannover schrift König & Ebhardt 1895«
1939 – Zitiert als »Bahlsen 1889–1939«

Archive · Firmenschriften 177


Sprengel E. Buchpublikationen
Blickpunkt Sprengel, 1968–1974   und Zeitschriftenbeiträge
Adlerwerke (Hrsg.) So entsteht ein Auto.
Sonstige Firmenschriften Fotografien: Paul Wolff, Text: Paul Georg
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ein Auto. Fotografien: Paul Wolff, Text: Paul Adlerwerke)
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Stoedtner: Dr. Franz Stoedtner, Institut für wis-und nidriger, geistlicher und weltlicher,
senschaftliche Projektion, Verlagskatalog aller Künsten, Handwercken und Händeln,
für Lichtbilder und Photographien, Berlin Frankfurt 1568
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gen AG eigenen Land. Zwangsarbeit in Hannover im
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178 Anhang
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Aus dem Internet · Zeitschriften · Buchpublikationen und Zeitschriftenbeiträge 179


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180 Anhang
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Buchpublikationen und Zeitschriftenbeiträge 181


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Politik, in: Tenfelde, Klaus, Bilder von Krupp, Rossfeld, Roman Schweizer Schokolade. Indus-
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Nachw. von Hartmut Böhme, Essen 1992 (Hrsg.), Industrie und Fotografie, Hamburg
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Bd. 2: 1850–1950, Velber 1978 Schwädtke, Walter Schokoladenfabrik Mau­
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182 Anhang
Vergleich der Werbewirkung eines audio- zur Gründung der beiden deutschen Staaten
visuellen Imagefilms und einer klassischen 1914–1949, München 2008
Imagebroschüre, München 2008 Wengenroth, Ulrich Die Fotografie als Quelle
Sontag, Susan Über Fotografie, München 1978 der Arbeits- und Technikgeschichte, in: Klaus
Spieker, Werner Das Werben für den Pelikan. Tenfelde (Hrsg.), Bilder von Krupp, 1994,
Hrsg.: Pelikan AG Hannover, Hannover 1963 S. 89–104
Spieker, Werner Es begann vor 150 Jahren. Werner, Rudolph (Hrsg) Spuren im Werk. In-
Hrsg.: Pelikan AG Hannover, Hannover 1988 dustriebauten von damals. Fotogr. von Claus
Spiekermann, Uwe Warenwelten. Die Normie- Militz, 1984
rung der Nahrungsmittel in Deutschland Wiegand, Thomas Made in Germany. Die
1850–1930, in: Ruth E. Mohrmann (Hrsg.), Firmenschriften von Dr. Paul Wolff &
Essen und Trinken in der Moderne, Münster Tritschler, in: Hans-Michael Koetzle, (Hrsg.),
2006 Dr. Paul Wolff & Trischler. Licht und Schatten.
Stadtlexikon Hannover. Hrsg. von Kl. Mlynek Fotografien 1920 bis 1960, Heidelberg 2019
und W. R. Röhrbein mit D. Boettcher und H. (Katalog zur Ausstellung vom 28. 6. 2019 bis
Thielen, Hannover 2009 26. 1. 2020, Ernst Leitz Museum, Wetzlar)
Steinorth, Karl Internationale Ausstellung Wolff, Paul Schade & Füllgrabe, Frankfurt a.
des Deutschen Werkbundes. Film und Foto, M., Düsseldorf o. J. [ca. 1930]
Stuttgart 1929 Zeising, Andreas Dramatik und Distanz. Positi-
Steinorth, Karl (Hrsg.) Lewis Hine. Die Kamera onen der Industriefotografie im 20. Jahr-
als Zeuge. Fotografien 1905–1937, Kilcher- hundert, in: Sabine Beneke, Hans Ottomeyer
berg/Zürich 1996 (Hrsg.), Die zweite Schöpfung. Bilder der
Stremmel, Ralf Industrie und Fotografie. Der industriellen Welt vom 18. Jahrhundert bis
›Bochumer Verein für Bergbau und Guss- in die Gegenwart, Wolfratshausen 2002
stahlfabrikation‹, 1854–1926, Münster 2017
Tenfelde, Klaus (Hrsg.) Bilder von Krupp. Foto- F. Abbildungsnachweise
grafie und Geschichte im Industriezeitalter. Jost Amman,-Hans Sachs, Eygentliche Be-
Vorwort von Berthold Beitz. München 1994, schreibung aller Stände Abb. 036
2. Aufl. 2000 Appel Cuxhaven, Firmenarchiv Abb. 131,
Türk, Klaus Bilder der Arbeit. Eine ikonografi- 142, 148, 200–203, 220
sche Anthologie, Wiesbaden 2000 Appel privat/Kristina Huttenlocher pri-
Türk, Klaus Konstruktionen und Diskurse. Das vat Abb. 015f., 019f., 031f., 037, 059f.,
Industriebild als gesellschaftsgeschichtliche 062–066, 074–077, 082f., 089, 093,
Quelle, in: Sabine Beneke, Hans Ottomeyer 095, 106, 127, 129, 149, 150, 153f., 160,
(Hrsg.), Die zweite Schöpfung. Wolfratshau- 233f., 236, 238f., 241, 246, 249, 250
sen 2002, S. 34–39 Appel 75 Jahre 1879–1954 Abb. 248, 258
Uhl, Karsten Humane Rationalisierung? Die Bahlsen-Archiv­ Abb. 014, 056f., 061, 072f.,
Raumordnung der Fabrik im fordistischen 099–104, 112, 117, 119, 128, 136, 155,
Jahrhundert, Bielefeld 2014 161, 188, 193, 223–225, 263, 267–269,
Ulienowski, Hellmuth Geschäftswagen und 271–275
Graphiker, in: Zeitschrift für Gebrauchsgrafik Bahlsen 1889–1939 Abb. 013, 130, 145, 146,
Jg. 4, 1927, Nr. 1 190, 191, 209, 217, 219
Voigt, Martin Das Werk Altona-Bahrenfeld Bahlsen 1889–1964 Abb. 137–139, 222, 228,
der Reemtsma Cigarettenfabrik, Berlin 1928 270
(Musterbetriebe Deutscher Wirtschaft. Die Eine Wanderung durch H. Bahlsens Keks-
Zigarettenindustrie: Reemtsma) Fabrik 1939 (GWLB) Abb. 189
Wehler, Hans-Ulrich Deutsche Gesellschafts- Bahlsen Leibnizblätter 1954 Abb. 235, 242f.,
geschichte vom Beginn des 1. Weltkriegs bis 257

Buchpublikationen und Zeitschriftenbeiträge · Abbildungsnachweise 183


Bayerisches Wirtschaftsarchiv München 023 (208-578-1 Seite 3), 027 (208-350-7),
Abb. 006 (»Arbeitswelten, 2004) 028 (208-0126), 029 (208-549-5-1619),
Christians, Tinte und Blech, 2018 Abb. 226f. 043 (208-F8206), 044 (208-F8176), 045
Unternehmensarchiv Continental AG Abb. (208-F7597), 048 (208-0126), 084 und 085
020 (Con Fo 6.1.1_74), 021 (Con Fo (208-F7596), 087 (208-F8198), 088 (208-
6.1.1_67.6), 034 (Con Fo 6.1.1_67.12), F8205), 096 (208-F7591), 098 (208-F7594),
035 (Con Fo 6.1.1_67.11), 111 (Con Fo 105 (208-0126), 109 (208-F8194), 123
6.1.1_76), 143 (Con Fo 6.1.1_70), 151, 152 (208-8044), 125 (208-F8034), 126 (208-
(Con Fo 6.1.5_86), 171 (Con Fo 3.1.3_29), 0126), 132 (208-0571), 133 (208-F8049),
172 (Con Fo 3.1.3_12) 134 (208-F8034), 157 (208-F4245), 158
50 Jahre Continental Abb. 020, 116, 134, (208-0126), 159 (208-0126), 205 (20-573-
170, 173f. 5), 206 (20-573-5), 207 (20-573-5), 208
65 Jahre Deutsche Grammophon Gesell- (20-573-5), 211 (20-573-5), 212 (20-573-
schaft, 1963 Abb. 017, 204, 237 5), 213 (20-573-5), 215 (20-573-5), 216
Archiv Ernst Schmidt / Fotoarchiv Ruhr (208-549-5-1509), 221 (208-549-5), 229
Museum, Theo Gaudig an der Drehbank (208-549-5), 230 (208-549-5), 231 (208-
bei Krupp, Essen 1927 Abb. 185 549-5-1570), 232 (208-549-5-1571),
Festschrift König & Ebhardt, 1895 Abb. 012, 238 (208-F7563), 240 (20-573-5), 244
025f., 038–042 (208- F9201), 259 (208-F9201), 260 (208-
Werner Heine, privat Abb. 011, 047, 097, 122 F7506), 261 (208-F7508)), 262 (208-F7618),
Lewis Hine, Die Kamera als Zeuge, Fotogra­ 265 (208-F8022)
fien 1905–1937, 1996 Abb. 175 SLUB Dresden / Deutsche Fotothek / Hans
Emil Otto Hoppé, Deutsche Arbeit Abb. 164 Bresler Abb. 184 ­(df_pos-2014-a_0000051)
bis 166, 176 SLUB Dresden / Deutsche Fotothek /
Historisches Archiv Krupp, F45/1159, Werks- Franz Stoedtner (Lichtbildverlag)
fotograf Ernst Topp Abb. 008 Abb. 054 (df_st_0084638), 068 (df_
Museum der Arbeit Hamburg Abb. 005 st_0084607), 071 (df_st_0084620), 078
Pelikan-Archiv Abb. 030, 033, 051–053, 055, (df_st_0078947), 079 (df_st_0078948),
067, 069f., 120, 178 080 (df_st_0078960), 081 (df_
Pelikan. Es begann vor 150 Jahren, 1988 st_0084646), 110 (df_st_0084655), 147
Abb. 018 (df_st_0076766)
Günther Wagner 1838–1906 (= Pelikan- Blickpunkt Sprengel 1970, 1971, 1976
chronik 1906), Stadtbibliothek Hannover, Abb. 046, 135, 264, 266
Hermann-Löns-Archiv Abb. 049f., 86, 114f. 100 Jahre Sprengel 1851–1951 Abb. 247
Günther Wagner 1838–1938 Abb. 140, 141, Schaubuch Technische Schönheit, Zürich
145, 192, 194–199, 210, 218 1929 Abb. 167, 169
Der Pelikan 1916, Der kleine Pelikan 1919, Klaus Türk, Bilder der Arbeit, 2000 Abb. 90f.,
Rund um den Pelikan 1951, 1952, 1962, 107f.
Pelikanblätter 1932 und 1933, Der Pelikan Die Photographische Sammlung, SK Kul-
1974 (GWLB) Abb. 024, 121, 124, 186f., tur, August Sander, Antlitz der Zeit, 2019
214, 251–256 Abb. 177
Hartwig Pudor, privat Abb. 058, 092, 094, Thyssen AG A ­ rchiv Abb. 003
113, 116 Das Werk. Technische Lichtbildstudien,
Reemtsma, Die Zigarettenindustrie Reemts- ­Königstein 1931 Abb. 168
ma, Berlin 1928 Abb. 162, 163 Paul Wolff, Schade & Füllgrabe, 1930
RWWA, Bestand Abt. 208 Stollwerck AG, Abb. 179f.
Köln Abb. 001 (208-F8243), 009 (208- Paul Wolff, Adlerwerke, 1930 Abb. 181–183
GN474), 010 (208-F5346), 022 (208-F8209),

184 Anhang
G. Personen- und Firmenregister Hesse, Wolfgang 122
Berücksichtigt sind Namen (gegliedert nach Hine, Lewis 117
Personen und Firmen) im Text und in den Hoppé, Emil Otto 109f., 117f.
Bildunterschriften, mit Ausnahme von Namen Hornemann, Karl 45, 58
in den bibliografischen Angaben der Fußnoten
Imhoff, Hans 12, 40
und des Anhangs.
Jäger, Jens 8, 14, 17
Personen
Keetman, Peter 170, 176
Ackermann, Wilhelm 44, 106
Koken, Änne 21, 51, 95, 96
Appel, Heinrich Wilhelm (›Willy‹) 22, 24, 56,
Kroeyer, Per Severin 69f.
65, 81
Krupp, Alfred 19, 35
Appel, Heinz 11f., 22, 24, 62, 67, 71, 75, 86,
Kuki, Dieter 163
91, 95, 98, 101, 136, 141, 149, 153, 157
Liebermann, Max 69f.
Bahlsen Hermann 21, 65, 75, 95
Löns, Hermann 23, 31, 45, 58
Bahlsen, Werner 144
Lüdtke, Alf 15f., 121
Becher, Hilla 13
Becher, Bernhard 13 Matz, Reinhard 13–16, 19, 35, 52, 97, 118
Beck, Peter (Mitarbeiter, Betriebsrat bei Menzel, Adolph 70
Sprengel) 152 Meyerheim, Paul 70
Behrens, Peter 95, 99, 101 Mittag, Heinrich 21
Beindorff, Fritz 23f., 45, 75, 86, 88, 95, 98 Mollenhauer, Angelika (Betriebsrätin bei
Berliner, Emil 23, 133 Appel) 153
Berliner, Joseph 23, 133 Mosebach, Martin 96
Bieger-Thielemann, Marianne 17, 33, 107, Moser, Eva 15
128 Munch, Edvard 78
Blunck, Werner 86, 156
Petter, Reinhard 38, 40, 163, 172
Boström, Jörg 13
Brede, Karl-Heinz 76 Rahner, Stefan 14, 157
Bresler, Hans 122 Renger-Patzsch, Albert 7, 16, 109
Büllesbach, Alfred 15 Roerts, Willi 12, 23, 45, 46, 67, 80, 99, 109,
111, 113f., 118, 175
Christians, Annemone 144
Sachsse, Rolf 13, 15, 121, 176
Dittmer, Jürgen 7, 26, 46. 86
Sander, August 7, 118
Ebhardt, Heinrich 19f. Schneiders, Toni 169–171, 173
Engelke, Gerrit 78 Schwichtenberg, Martel 90
Eue, Frauke (Sprengel-Mitarb.) 152, 155 Schwitters, Kurt 21
Frühling, Heinrich Gottlieb Louis 96, 100 Seligmann, Siegmund 24
Sprengel, … (Pastor, Vater von Bernhard
Gaudig, Theo 122
Sprengel, sen.) 20
Görg, Horst-Dieter 15
Sprengel, August 11, 29f., 71, 87f., 93, 101,
Gorny, Hein 7, 98, 104, 125, 126–129, 139f.
106
Hallensleben, Ruth 175 Sprengel, Bernhard, jun. 11f., 30, 76, 101,
Hartje, Karl-Heinz (Betriebsrat bei Appel) 134, 136, 138, 141, 145, 155, 157, 176
156 Sprengel, Bernhard, sen. 19f., 26, 29, 41, 71
Hase, Conrad Wilhelm 97 Sprengel, Wilhelmine, geb. Brandes 19f.
Hauschild, Wilhelm 163 Stoedtner, Franz 12, 46, 48, 50, 52f., 79, 100
Heimberg, Richard (Betriebsratsvorsitzender Strack, Peter 163f.
bei Bahlsen) 77 Stremmel, Ralf 7, 16

Abbildungsnachweise · Personen- und Firmenregister 185


Tenfelde, Klaus 7, 14–16, 97 Feinkost-Appel s. Appel Feinkost
Türk, Klaus 78
Günther Wagner 12, 86–88, 134
Uhl, Karsten 16 Günther Wagner Verpackungswerke 144
Umbehr, Otto (UMBO) 163
Hannoversche Maschinenbau AG (= Hano-
Wagner, Günther 58 mag) 9, 12, 14–16, 96
Weser-Krell, Ferdinand 98
König & Ebhardt 7, 12, 73, 96, 100
Weser-Krell, Jakob 98
Krupp 9, 13f., 16, 122
Wolff, Paul 7, 109, 119–121, 175
Mechanische Weberei Linden 12
Zinsser, Ernst 102
Münchener Löwenbräu 15

Firmen Nabisco 12, 163


Adlerwerke 119f.
Pelikan 7, 12, 17, 81, 83, 96, 98, 107, 123,
Appel Feinkost 7, 12, 70, 81, 83, 86, 91f., 101,
125, 127–129, 137, 139, 141, 144, 152,
107, 130, 131, 136, 141, 145, 148f., 156,
159, 161
157, 158, 166
Reemtsma 108
Bahlsen (Bahlsen Cakes-Fabrik) 7, 10, 12, 17,
Rotowerke 161
73f., 77, 81, 85f., 92, 94–96, 100, 107, 123,
125f., 133, 139–145, 147, 150, 152–154, Schade & Füllgrabe, Frankfurt 119
159, 164, 166, 169, 170, 174 Sprengel (B. Sprengel & Co.) 7, 10, 12, 74, 93,
Bochumer Verein 16 101, 105, 107, 133, 134, 136–138, 141f.,
145, 151–153, 157, 163f., 166–169, 172
Continental 7, 17, 81, 84, 95f., 99, 101, 110,
113–116, 175 Thyssen 13
Deutsche Grammophon Gesellschaft 133,
Vereinigte Stahlwerke 16
151
Volkswagenwerk 176

186 Anhang

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