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Usch Luhn

Nele räumt auf


Mit Illustrationen von Carola Sturm
Im Kinderzimmer ist heute Sturm. Überall türmen sich Berge von T-Shirts,
Bilderbüchern und Spielsachen wie Wellen in einem tosenden Meer.
Nele hat aus Davids Legokran, ihrem Kinderstuhl und der Bettdecke eine
sichere Höhle gebaut.
Darin hat sie sich mit Bertha verschanzt.

Mama guckt zur Tür herein. „Ojemineh“, ruft sie. „Hier sieht es ja schlimm
aus.“ Sie stolpert über das knallrote Feuerwehrauto.
„Hoppla!“, schimpft sie. „Ständig lasst ihr alles liegen.“
Sie sammelt ein paar Bauklötze auf und wirft sie in die Spielzeugkiste.
„Höchste Eisenbahn, dass du und dein Bruder mal wieder aufräumt.“
„Keine Zeit, Mama“, sagt Nele. „Ich finde es ordentlich genug. Und Bertha
mag auch keine Ordnung.“
Der Kuschelhund nickt eifrig mit dem Kopf.
„Umpf.“ Mama schnaubt durch die Nase wie ein Walross. „Wenn ich gleich
wiederkomme, ist hier alles tiptop“, sagt sie und rauscht davon.
„Aber aufräumen macht keinen Spaß“, wiederholt Nele laut. Vorsichtig lugt
sie aus ihrer Höhle heraus. Ein Glück. Mama ist wieder weg. „Ich male
lieber ein schönes Bild für Mama“, sagt sie zu Bertha. Malen ist tausendmal
lustiger als aufräumen.
Leider kann Nele ihren Zeichenblock nicht finden. Und auch die neuen
Buntstifte sind nicht in der Schublade, wo sie hingehören. Wie ein
Maulwurf wühlt sich Nele durch das verstreute Spielzeug, das überall auf
dem Boden liegt. Aber die Malsachen bleiben einfach wie vom Erdboden
verschluckt. Dafür findet sie ihren Schnuffelhasen wieder. Den hat sie
schon lange vermisst. Dem armen Hasen fehlt ein Ohr.
„Na, du Zwerg?“ Plötzlich steht David vor Nele.
„Mama hat gesagt, ich soll dir beim Aufräumen helfen.“
Er schaut sich staunend um. „Hier ist ja echt Chaos.
Aber die Höhle ist cool!“
Er robbt auf Knien über den Fußboden. „Autsch!“
Ein Legostein bohrt sich schmerzhaft in seine nackte Haut.
„Doofes Lego!“ Er wirft den Legokran um.
„Selber doof!“, ruft Nele. Sie wirft David ihren Schnuffelhasen an den
Kopf.
„Ihhh!“, brüllt David. „Der ist ja voller Wollmäuse!“, und flüchtet aus dem
Zimmer.
Nele bleibt alleine in dem Durcheinander zurück und schaut sich um. Der
ganze Boden liegt voller Sachen.
Mit einem lauten Seufzer macht sie sich daran aufzuräumen. Als Erstes
findet sie ihre lang vermisste Lieblingstasse. Sie sieht aus wie eine
Erdbeere.
Dann entdeckt sie das Bilderbuch mit den vielen Hunden. Es ist schon ganz
zerfleddert, so oft hat Nele es sich angeschaut.
„Komm, Bertha, wir gucken uns die süßen Hunde an“, sagt sie.
Sie schiebt ein paar Spielzeugautos zur Seite und macht es sich mit Bertha
gemütlich. Aufmerksam blättert sie das Bilderbuch durch.
Als Nele fertig ist, sucht sie alle Bücher zusammen und legt sie auf einen
Stapel. Das Hundebuch kommt ganz oben darauf. Mit Feuereifer räumt sie
weiter. Aber so sehr sie sich auch anstrengt: So richtig ordentlich will es
einfach nicht werden. Und ihre Malsachen findet sie auch nicht.
Nach einer Weile ist Nele ganz erschöpft.
„Manno“, jammert Nele. „Ich schaff das nicht.“
Plötzlich kullern Tränen aus ihren Augen.
Sie presst ihr heißes Gesicht in Berthas Fell.
„Das sieht doch schon ganz gut aus!“, hört Nele Mama sagen.
„Gar nicht“, schluchzt Nele. Sie linst hinter Bertha hervor.
„Komm, Nele“, muntert Mama sie auf. „Zusammen schaffen wir den Rest
im Nu.“
Und schon legt sie los.
Die Hosen wandern in den Kleiderschrank. Davids Sportschuhe in den Flur.
Die Pullover faltet Mama sorgfältig und verstaut sie in der Kommode. Die
sauberen Socken kommen in die unterste Schublade. Die Schmutzwäsche
stopft Nele ganz alleine in den rosa Wäschesack.
„Die Bauklötze sammelst du ein und legst sie in die blaue Spielzeugkiste“,
erklärt Mama. „Die Legosachen in die rote. Und die Bilderbücher stellst du
nebeneinander ins Regal.“
Unter einem Berg Duplos findet Nele schließlich ihren Buntstiftschatz, der
Zeichenblock hat sich zwischen die Bücher geschmuggelt. „Juchuh!“, ruft
Nele und macht einen Luftsprung.
Gerade als sie ihre Puppe Emma in den Stubenwagen setzt, taucht David
auf. „Pech gehabt“, grinst er. „Ist ja gar nichts mehr zu tun.“ Aber dann
entdeckt David auf der Fensterbank das zweite Ohr vom Schnuffelhasen.
„Schau mal, was ich gefunden habe!“
„Fertig!“, ruft Mama und wirft die Schranktür zu. „Das hast du toll gemacht
mein Schatz.“ Sie gibt Nele einen lauten Schmatz. „David darf das
Kinderzimmer staubsaugen und dann gibt es für alle eine kleine Stärkung.“
Und während Papa leckeren Kakao kocht, näht Mama dem Schnuffelhasen
das Ohr wieder ganz fest an.
„Aufräumen macht durstig!“, strahlt Nele.
„... und gute Laune“, sagt Papa. „Ich habe beim Aufräumen gerade den
tollen Holzbohrer vom Flohmarkt wiedergefunden.“
„... und ich meinen Schnuffelhasen, meinen Erdbeerbecher und mein
Hundebuch.“
„Das ist ja die reinste Schatzsuche!“, sagt Papa beeindruckt und gießt Neles
Erdbeerbecher randvoll mit Kakao.
Nele nickt stolz und trinkt die Tasse bis auf den letzten Tropfen leer.
Dann holt Nele ihren Zeichenblock hervor. Mit ihren wiedergefundenen
Schätzen will sie für Mama ein schönes Bild malen.
cbj ist der Kinder- und Jugendbuchverlag in der Verlagsgruppe Random House

1. Auflage 2013
© 2013 cbj, München
Alle Rechte vorbehalten
Umschlagbild und Innenillustrationen: Carola Sturm
Umschlaggestaltung: schwecke.mueller
Werbeagentur GmbH, München
cl · Herstellung: UK
Satz: dtp im Haus, UK
Reproduktion: ReproLine Mediateam, München
ISBN 978-3-641-09520-8

www.cbj-nele.de
www.cbj-verlag.de

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