Sie sind auf Seite 1von 4

di schwarzi chatz

Zeitung der Freien ArbeiterInnen Union in der Schweiz


www.faubern.ch | info@faubern.ch

Selbstverwaltete Fabriken
Der Traum von allen Arbeitenden: Einfach
arbeiten zu können, ohne dass der Chef rein-
redet. Arbeiten ohne, dass die da oben etwas Editorial
komplett Sinnloses befehlen. Arbeiten ohne
die da oben. Wir glücklichen! Die Talsohle an der Bör- Kredit ausgeweitet werden und die Leu-
se ist im März durchschritten worden. te einfach auf Pump weiterkonsumieren.
Doch die meisten die so etwas denken, kom- Alles ist wieder gut – oder wird es sicher Das SBB-Halbtax gibts jetzt sogar 25.- Fr.
men bald nachher zum Schluss, dass dies ein- bald. Licht am Ende des Tunnels! Alles günstiger, wenn man gratis eine Kredit-
fach nicht möglich sei. Doch ist das so? Kann wird wieder gut – oder wird es sicher bald. karte dazu nimmt. Doch die Verarmung
Arbeit wirklich nicht ohne Befehlende funk- So lese ich es fast jeden Tag in Leitarti- kommt aber nicht nur durch die Hintertür.
tionieren? keln, auf der Frontseite, bei Analysen auf Mit der 6. IV-Revision will das Parlament
Viele Schweizerinnen und Schweizer sind der zweiten Seite und erst recht im Wirt- 12›500 Leute aus der IV ausgliedern und
stolz darauf, dass die Schweiz ein Land von schaftsteil. Die rund 250›000 zusätzlichen wieder auf den Arbeitsmarkt werfen wird.
Genossenschaften ist. Die beiden grössten Arbeitslosen bis Ende Jahr? Das ist doch „Draussen warten genug, die die euren Job
Ladenketten, Migros und Coop, sind so orga- nicht wichtig! Hauptsache «unseren» Ak- auch liebend gerne haben würden“ – mit
nisiert. Dazu kommen noch die Landi und in tienkursen geht’s gut und die UBS und die dieser Drohung werden im Moment vie-
an vielen Orten Genossenschaftsbeizen- und CS müssen «unser» Bankgeheimnis nicht len Betrieben Leute unter Druck gesetzt,
restaurants. preisgeben. schlechtere Bedingungen zu akzeptieren.
Die Gewerkschaften, allen voran die Unia,
Die Genossenschaft wurde im 19. Jahrhun- In Wahrheit sind die saloppen Sprüche
machen auf Schadensbegrenzung und ver-
dert erfunden, damit sich die Arbeitenden, die von AktienanalystInnen, Börsenmakle-
suchen, den „notwendigen“ Umbau „sozi-
damals arm bis sehr arm waren selbst helfen rInnen und WirtschaftskapitänInnen vor
alvertäglich“ mitzugestalten.
konnten. allem Durchhalteparolen. Die Krise soll
politisch kein Thema mehr sein, deshalb Doch was wir für notwendig halten, kön-
Coop zum Beispiel ist das Produkt aus Fu- wird einfach behauptet, es sei vorbei. Als nen wir immer noch selbst bestimmen.
sionen von Konsumgenossenschaften: Die in der letzten Krise im Herbst 2000 von Wir müssen uns nicht alles bieten lassen.
Genossenschafter kauften die von ihnen be- „Bodenbildung“ gesprochen wurde, kam Und wir sind alles andere als hilflos! Wir
nötigten Waren, wie Esswaren Kleidung und das Schlimmste aber erst noch. haben viele Fähigkeiten, wir können uns
Möbel, zusammen in grossen Mengen und organisieren, wir können uns auch wehren.
konnten so tiefere Preise von den Herstellern Und uns steht noch einiges bevor. Die
In dieser ersten Ausgabe der «Schwarzen
erreichen. Autoindustrie hat weltweit 20% Über-
Katze» haben wir einige Beiträge zusam-
kapazität (mindestens!), das Auto selbst
Später wurde diese Modell auch für die Orga- mengestellt, die hoffentlich dazu betragen
steckt meist im Stau. Es hat durch Um-
nisation von Handwerks- und anderen Betrie- können. Wir wünschen euch viel Spass
weltverschmutzung, Raumknappheit,
ben übernommen. Die Idee war, dass in die- beim lesen und einen schönen, wilden
Standardisierung etc. viel von seiner eins-
sem Betrieb alle Mitbesitzer sind und dass der Sommer.
tigen Attraktivität verloren. Und die Leute
Gewinn aus der Produktion an alle gleichmä- können es sich zunehmend auch gar nicht Eure FAUistas
ssig ausgeschüttet wird. Das wurde durch die mehr leisten. Immer mehr verarmen. Da-
68iger noch durch Basisdemokratie, alle ha- mit der Konsum nicht einbricht, soll der
ben gleich viel Entscheidungsmacht, ergänzt.
Nach diesem Prinzip funktionieren heute die die nach dem Beginn der Selbstverwaltung, die Besetzer oft nicht, wie sie nun vorgehen
meisten selbstverwalteten Betriebe. Die rie- und bis das Kohlevorkommen erschöpft war, sollen. Erst durch die Besetzung kommen Fra-
sigen Genossenschaftskonzerne, wie Mond- produktiver als vorher gearbeitet hat. Weite- gen auf, die weit über das unmittelbare Ziel,
ragon oder in der Schweiz Migros, Coop und re Beispiele sind die Keramikfabrik Zanon in den Erhalt der Arbeitsplätze, hinausgehen. Es
Landi sind aber nicht selbstverwaltet – bei ih- Argentinien mit rund dreihundert Arbeitenden geht um Politik, um Eigenverantwortung um
nen gibt es genau so Kader, wie in „normalen“ und die INNSE Presse, wo die Arbeitenden andere, freiere Gesellschaftsformen. Denn in
Konzernen. Ist Selbstverwaltung ab einer be- im laufenden Arbeitskampf erfolgreich die einer Fabrik ohne Chefs ist nichts mehr selbst-
stimmten Grösse nicht mehr möglich? Selbstverwaltung eingeführt hatten. verständlich, nichts muss mehr als gegeben
Wenn man sich mit dieser Frage auseinan- hingenommen werden.
Besetzungen von Fabriken und ähnliche Pro-
dersetzt, sieht man sehr bald, dass grössere jekte entstehen oft aus einer Notlage heraus.
selbstverwaltete Betriebe existieren. Es gibt Z.B. wurden die meisten Betriebe in Argenti-
an verschiedenen Orten auf der Welt sogar nien in der Staatskrise 2001/02 besetzt. In den
grosse Fabriken, die von den Beschäftigten meisten Fällen sind nur wenige Leute mit kla-
selbst verwaltet werden. Zum Beispiel gab es ren politischen Vorstellungen dabei – es wird
in Südwales die Kohlenmine Towers Colliery, spontan gehandelt. Am nächsten Tag wissen
Ein Beispiel dafür sind die ArbeiterInnen der on auf: Wie und wann soll produziert werden. Einige BesetzerInnen, vor allem in Argenti-
INNSE in Milano, die sich zuerst daran ge- Wen kann man als Investoren anfragen und zu nien, fordern die „Verstaatlichung unter Ar-
wöhnen mussten, dass der Ingenieur neben welchen Bedingungen? Und will man über- beitskontrolle“ was heissen würde, dass sie
dem Schweisser den Abwasch in der selbstver- haupt Investoren? weder Unternehmer noch Staatsangestellte
walteten Kantine macht. Gewinnmaximierung werden wollen. Sie verlangen vom Staat, dass
Die BesetzerInnen können das kapitalistische
und Profit sind innerhalb des Betriebs fast er Gebäude, Maschinen und Patente endgültig
Kommando innerhalb ihrer Betriebe ausschal-
Vergangenheit, das Einkommen für möglichst und ohne Entschädigung enteignet und ihnen
ten, ausserhalb der Fabriktore können sie
viele Menschen und die Herstellung nützlicher überlässt– ohne Bedingungen zu stellen, damit
es aber nicht. Dort sind sie wie jeder andere
Dinge unter erträglichen Bedingungen steht in Selbstverwaltung gesellschaftlich nützli-
Produzent der Konkurrenz ausgesetzt und ge-
im Vordergrund. che Produkte hergestellt werden können. Sie
zwungen Preise zu unterbieten um zu überle-
wollen die Produktionsmittel nicht kaufen, der
Oft kommen sehr bald auch Probleme, z. B. ben. In den meisten besetzten Betreiben sind
Staat soll sie zur Verfügung stellen und sich
wenn wie bei Zanon das ganze Kader abge- dadurch die Löhne eher tief und die Betriebe
ansonsten raushalten. Die Produktion von
sprungen ist und Know-how verloren ging, sind gezwungen, Abstriche an Arbeitsbedin-
„Gütern für die Allgemeinheit“ ist nicht nur
der Staat spielt mit seinen Muskeln oder es gungen und Sozialleistungen zu machen. Hier
eine moralische Forderung, sondern soll vor
treten rechtliche Probleme auf. Dann treten besteht eine grosse Gefahr keine Selbstverwal-
allem auch den Marktdruck auf die einzelnen
auch Fragen um den Betrieb und die Produkti- tung sondern Selbstausbeutung zu schaffen.
Betriebe verringern.

Illegale Arbeit
Touristenvisum. Nachdem ich besser Deutsch
gelernt habe und ein bisschen wusste, wie
die Schweiz funktioniert, habe ich meistens
schnell arbeit gefunden. Und zwar in fast allen
Bereichen: In der Industrie, auf dem Bau, im
Gastgewerbe, in kleinen und grossen Firmen.
Wie war das denn so mit der Sicherheit?
Wurdest du benachteiligt?
Sicherheit… Dort wo ich an gefährlich Or-
ten gearbeitet habe, wurde ich auch nicht gut
geschützt. Zum Beispiel habe ich einige Zeit
auf dem Bau gearbeitet und diese Firma war
wirklich nicht sauber. Ich habe zwanzig Fran-
ken verdient und davon konnte ich dem Chef
gleich wieder ein Teil für ein modriges Zim-
mer zurück geben. Und ich musste schwere,
schwere Arbeit machen. Ein Mal mussten ich
und ein Student mehrere Paletten 50x50cm
Steinplatten bis in den zweiten und dritten
Stock tragen, weil der Chef keinen Lift mieten
wollte. Das ist wirklich mühsam. Du kannst
am Morgen vielleicht eine bis eineinhalb Pa-
letten hoch tragen und wenn du nach dem Mit-
Schwarzi Chatz hat sich mit einem Südosteu- War die Arbeitssuche schwierig? tag wieder kommst dann schaffst du bis zum
ropäer getroffen und mit ihm über seine Er- Feierabend höchstens noch Mal soviel, weil
Ja, am Anfang war es schon schwierig. Du
fahrungen in der Schweiz, Schwarzarbeit und dich deine Knie nicht mehr halten. Ein ande-
kommst in ein Land mit anderen Gesetzen und
Sicherheit bei der Arbeit gesprochen. res Mal musste ich mit dem gleichen Studen-
Umgang und einer anderen Sprache und dann
Da sein Aufenthalt erst in absehbarer Zeit le- sollst du noch eine Arbeit finden, obwohl du ten eine Tiefkühlzelle eines Restaurants aus-
gal sein wird, bat er uns darum das Interview nicht arbeiten dürftest. Aber weil meine Ver- bauen. Das sind so Plättli und darunter zehn
anonym zu führen. wandten schon ein bisschen wussten, wie man bis zwanzig Zentimeter dick Kork, der im Teer
sich verhalten soll, konnten sie mir weiterhel- getränkt ist. Das musst du dann rauspickeln,
Wann und wieso bist du zum ersten Mal in anders geht es fast nicht. Und der Chef wollte
fen. Ich habe dann eine Stelle in einer kleinen
die Schweiz gekommen? uns noch nicht mal Staubschutzmasken geben.
Firma bekommen, die mich miserabel bezahlt
Anfang der Neunzigerjahre. Nach dem Sturz hat. Aber ich war froh die Stelle zu haben Eigentlich hätten wir aber Atemschutzmasken
der kommunistischen Regierung habe ich mir und dass ich meiner Frau und meinem Sohn gebraucht, denn nach zwei Tagen dort drinnen
Geld zusammen gespart um in die Schweiz jeden Monat Geld schicken konnte. Das war war uns schwindlig und wir bekamen Kopf-
fahren zu können. Das war damals sehr teuer – auch der Grund wieso ich in die Schweiz kam, schmerzen, meine Augen waren geschwollen
Gut, das ist es für uns heute noch! denn in meinem Heimatland hatte ich keine und mir war übel. Aber ich konnte ja nicht auf-
Chance eine neue Arbeit zu bekommen. Die hören zu arbeiten. Das Geld ist schon so knapp
Warum? Na ja, ich war viele Jahre lang Koch und ausserdem wohne ich ja in einem Raum,
Umstellung hat ja die ganze Wirtschaft kaputt
auf einem Kreuzfahrtsschiff. Die Firma wurde der dem Chef gehört. Irgendwie habe ich das
gemacht.
aufgekauft und viele wurden entlassen. dann schon geschafft.
Wie lange konntest du denn jeweils in der
Warum gerade die Schweiz? weiter auf der letzten Seite
Schweiz bleiben und arbeiten?
Das ist sehr einfach: Ich hatte Familie in der
Drei Monate, immer nur drei Monate. Dann
Schweiz und konnte dort unterkommen – zu-
musste ich entweder für ein paar Tage ins
mindest bis ich Arbeit fand.
Ausland oder ab und zu für eine längere Zeit
zurück, sonst bekam ich kein neues Visum, ein
Heute schon den Chef geduzt?
nis, sich auszutauschen. Schon nur um zu se-
hen, dass man nicht alleine da steht.
An alle EisenbahnerInnen...
Urs: Und mit der Krise werden ja auch viele
entlassen oder bekommen mehr Druck am Ar- Aus Diskussionen zwischen ArbeiterIn-
beitsplatz zu spüren. Und nicht nur dort. Viele nen der SBB-Cargo in Bellinzona (Of-
die ich kenne sind Geldmässig immer mehr ficine) und Bahnangestellten aus anderen
oder weniger auf Null. Verdient man weniger, Landesteilen ist die Idee einer unabhängi-
muss man lernen zu verzichten oder Schulden gen GAV-Versammlung enstanden.
machen. Oder mehr arbeiten gehen. Es gibt
also grosse Probleme zu diskutieren. Darum Der SEV kann oder will nicht kämpfen
dachten wir: So ein Forum machen, das kön- und hat 2007 mit der SBB einen GAV
nen wir doch auch. abgeschlossen, der deutlich schlechter
ist als der alte. Und nichts deutet darauf
Das Portal Chefduzen.de existiert seit 2002 Was erhofft ihr euch denn von dem Forum? hin, das sich diesbezüglich bald etwas
und nutzt das Internet als Kampfwerkzeug. Ich meine, es gibt ja auch andere Möglich- ändert. Neben den bereits vollzogenen
Zielgruppe ist die überwiegende Mehrheit der keiten, mit denen das Thema Lebens- oder Umstrukturierungen und Schliessungen
Bevölkerung, alle Menschen, die nicht zu den Arbeitsbedingungen behandelt werden von vielen (Teil-)Bahnhöfen, werden also
GewinnerInnen des Kapitalismus gehören. kann. auch die nächsten GAV-Verhandlungen
Chefduzen nennt sich deshalb auch “das Fo- Verschlechterungen bringen und der SEV
rum der Ausgebeuteten”. Seit kurzem ist nun Urs: Die FAU zum Beispiel? *lacht* Ja natür-
lich gibt es andere Möglichkeiten, hoffentlich wird sie absegnen.
auch Chefduzen.ch online.
auch. Aber es ist schon so, dass gerade in der Eine unabhängige Versammlung von
Chefduzen bietet den NutzerInnen Raum für Schweiz diesbezüglich oft eine grosse Ratlo- SBB-Angestellten könnte stattdessen
das Schreiben eigener Erlebnisse mit ge- sigkeit herrscht. Es gibt hier eben schon lange unzensiert eigene wichtige Forderungen
ringem Lohn und miserablen Arbeitsbedin- keine Tradition von Streiks mehr. Solche Din- aufstellen und so versuchen, aus dieser
gungen. Außerdem werden Erfahrungen aus ge sind für viele völlig unbekannt und müssen gefährlichen Abwärtsspirale auszubre-
Arbeitskämpfen und Tipps zum Umgang mit erst neu gelernt werden. Und es ist offensicht- chen. Dafür müssen aber viele Eisenbah-
Behörden ausgetauscht. lich, dass die grossen Gewerkschaften kein In- nerInnen erstens von dieser Idee wissen
Über 8’000 registrierte Mitglieder und zahl- teresse daran haben, die Kämpfe zu organisie- und zweitens den Mut aufbringen, sie zu-
reiche unregistrierte Gäste produzieren über ren, die jetzt nötig wären. Und hier bietet das sammen konsequent umzusetzen.
200’000 Seitenzugriffe pro Tag und diskutie- Internetforum einen einfachen und anonymen
Zugang. Hier können Leute über Dinge reden, Sagt es weiter, wenn ihr jemanden kennt!
ren in mehr als 15’000 Themensträngen. Dass
das den Bossen nicht gefällt, ist klar. So kam es über die sie z.B. an ihrem Arbeitsplatz aus
Angst oder Vorsicht nicht reden würden. Mehr Informationen demnächst auf dem
recht schnell zu juristischen Auseinanderset-
Blog der Basisgruppe Bahn:
zungen mit Firmen wie z.B. freenet, der Zeitar- Chrigu: Chefduzen sollte aber mehr werden
beitsfirma alpha oder dem Callcenter Tectum. als ein Ort, an dem sich Leute mit der gleichen http://zugumzugvoran.blogsport.de
Chefduzen.de wurde mit Unterlassungsklagen Meinung treffen. Wir sollten Geduld mitein-
und Schadensersatzforderungen in absurden ander haben und bereit sein, voneinander zu Urs: Auch die Struktur des Forums ist noch
Höhen überzogen. Doch es geht weiter. lernen. Schlussendlich geht es aber darum, provisorisch. Wir können sie je nach Entwick-
“praktisch zu werden”, also die Diskussionen lung der Diskussionen verändern und es gibt
2006 wurde das österreichische Chefduzen.at
im Netz mit mutigen Handlungen im wirkli- auch einen Bereich, wo man direkt Rückmel-
eingerichtet und auch in der Schweiz existierte
chen Leben zu verbinden. dungen und Verbesserungsvorschläge geben
eine Chefduzen-Seite, allerdings nur für kurze
kann.
Zeit. Nun hat ein neues Team Chefduzen.ch ins Welche Diskussionen laufen denn schon auf
Leben gerufen. Um zu sehen, wie es mit dem Chefduzen.ch? Wollt ihr sonst noch was loswerden?
Projekt steht, haben wir mit zwei Leuten aus
dem Chefduzen.ch-Team gesprochen. Chrigu: Tja, das musst du dir schon selbst Urs: Ja. Schaut rein und diskutiert mit!
anschauen... Nein, bisher läuft noch nicht
Was hat euch dazu bewogen, Chefduzen für Danke für das Interview.
viel, dafür ist es auch noch zu unbekannt.
die Schweiz einzurichten? Von Chefduzen.de wissen wir: Der Start des
Chrigu: Also mich hat der Erfolg der Chefdu- Projekts verlief sehr, sehr schleppend, bis es
zen-Foren in Deutschland und Österreich sehr irgendwann bekannter wurde und sich zu-
begeistert. Da diskutieren die unterschied- nehmend verselbstständigte. Davon sind wir
lichsten Leute zusammen über ihre Lebens- hier noch weit entfernt. Das Projekt ist davon
bedingungen und versuchen, sich gegenseitig abhängig, dass Leute helfen, Diskussionen in
zu helfen, wie sie halt können. Auch in der Gang zu bringen, an denen andere sich beteili-
Schweiz machen immer mehr Leute Erfah- gen können. Dieses Interview kann auch dazu
rungen mit schlecht bezahlten oder einfach beitragen, dass Leute auf das Forum aufmerk-
beschissenen Jobs. Oder mit Arbeitslosigkeit. sam werden und sich anschliessen. Oder du
Ich denke es gibt auch hier ein grosses Bedürf- sagst es einem Kollegen und der sagts weiter...
Fortsetzung von Seite 2: so geht. Das ist mir zum Glück nie passiert.
Wenn ich eine Busse bezahlen müsste, wäre
Das klingt nicht gerade schön! Hast du in
ich wirklich pleite – und in der Schweiz arbei- Über uns...
dieser Firma lange gearbeitet?
ten könnte ich dann ja auch nicht mehr.
Ohne die Unterbrüche wegen der Visa waren Das Ziel der AnarchosyndikalistInnen ist
Hast du eigentlich Freunde gefunden in der eine ausbeutungsfreie, herrschaftslose und
es ungefähr anderthalb Jahre. Heute arbeite
Schweiz? Und was hast du in der Freizeit auf Selbstverwaltung begründete Gesell-
ich nicht mehr dort, denn wegen der Krise hat
gemacht? schaft.
der Chef fast die Hälfte der Leute entlassen.
Ja, ich habe einige Freunde hier in der Wir denken, dass es unmöglich ist, unsere
Wussten deine Mitarbeiter, dass du illegal
Schweiz, aber es sind eigentlich alles Leute Interessen mit StellvertreterInnen-Politik,
warst? Und wie haben sie darauf reagiert?
aus meinem Heimatland. Zu SchweizerInnen wie sie zum Beispiel von Parteien, Kirchen
Einige wussten es, mit wenigen habe ich auch habe ich fast keinen Kontakt. Das hat auch ei- und reformistische Gewerkschaften betrie-
darüber gesprochen. Vielen war es auch egal, nen Grund: Ich wollte nicht wegen irgendeiner ben wird, durchzusetzen. Daher lehnen wir
solange ich gut gearbeitet habe. Ich habe aber Kleinigkeit Probleme mit dem Staat bekom- die Vertretung unserer Interessen in zent-
selten in Betrieben gearbeitet in denen es ande- men. Deswegen blieb ich eigentlich die meiste ralistisch aufgebauten Organisationen ab,
re SchwarzarbeiterInnen hatte und deswegen Zeit in meinem Zimmer. da es in solchen Organisationen immer ein
fühlte ich mich eigentlich nie ganz frei, um Machtgefälle zwischen „einfachen“ Mit-
Besten Dank für das Interview und alles
mit anderen darüber zu sprechen. Du musst gliedern und der Zentrale gibt.
Gute für die Zukunft!
immer davor Angst haben, dass der, dem du
von dir erzählt hast, dann zum Arbeitsamt oder Uns schwebt viel mehr eine lokal veran-
kerte Gewerkschaft ohne FunktionärInnen

§§§§§
vor, die allen, die ihre Dienste nötig haben,
Hilfe zur Selbsthilfe bietet.
Um unsere Ziele durchzusetzen, dienen
uns die Mittel der Direkten Aktion, wie
z.B. Streiks, Besetzungen, Boykotte, etc.
Im Gegensatz dazu lehnen wir die parla-
mentarische Tätigkeit in jeglicher Form
ab.
Arbeitsbewilligungen in der Da das gegenwärtige kapitalistische Wirt-
schaftssystem seine Macht aus der Kont-
Schweiz rolle über die Produktionsmittel und der
tagtäglichen Ausbeutung der Arbeitenden
bezieht, trifft die revolutionäre Arbeit in
Für AusländerInnen gibt es verschiedene Be- Familiennachzug den Betrieben den Kapitalismus an seiner
willigungsformen mit sehr unterschiedlichen Wurzel. Damit die Kämpfe Erfolg haben
Menschen aus EU/EFTA-Ländern können ihre
Rechten und Pflichten. Es gibt auch unter- können, müssen sie aber mit Kämpfen in
Familienmitglieder ohne Probleme nachkom-
schiedliche Rechte je nach dem ob man aus anderen gesellschaftlichen Bereichen ver-
men lassen. AusländerInnen mit der Nieder-
einem Land der EU/EFTA oder aus einem an- knüpft werden.
lassungsbewilligung C haben Anspruch darauf
deren Land kommt.
Ehegatten und Kinder (unter 18 Jahren) in die Alle Menschen, die in diesem Sinne mit
Für Leute aus Nicht-EU/EFTA-Ländern gel- Schweiz nachziehen zu lassen. uns zusammenarbeiten wollen, sind uns
ten zurzeit folgende Bewilligungsarten: willkommen.
AusländerInnen mit der Aufenthaltsbewilli-
A)Einreise als Asylsuchende/Flüchtlinge gung B können einen Nachzug von Ehegat-
ten und ledige Kinder (unter 18 Jahren) in Klage gegen Arbeitgeber
Bewilligung N: Asylsuchende
die Schweiz beantragen, wenn für die Familie Sie müssen beweisen können, dass Sie für Ih-
Bewilligung F: Vorläufige Aufnahme eine genügend grosse Wohnung und ein aus- ren Arbeitgeber gearbeitet haben, und dass er
reichendes Einkommen (keine Sozialhilfe!) seine Pflicht verletzt hat. Es ist deshalb wich-
Bewilligung S: Vorläufiger Schutz
vorhanden sind. In der Praxis sind diese Be- tig, dass Sie vorher Beweise sammeln, damit
Anerkannte Flüchtlinge (Bewilligungen B, C dingungen oft schwer zu erfüllen. Von Kanton Sie die Klage belegen können:
und F) zu Kanton gelten unterschiedliche Richtwerte.
Lassen Sie sich frühzeitig beraten, damit sie Alle schriftlichen Belege, die Ihr Arbeitsver-
B)Einreise aus anderen Gründen auf eine Lösung hin arbeiten können. hältnis belegen, aufbewahren.
Bewilligung L: Kurzaufenthalter Ohne Papiere / Sans Papiers Täglich die Arbeitszeiten, die Vorfälle und die
Bewilligung B: Jahresaufenthalter* Art Ihrer Arbeit notieren.
Keine Aufenthaltsbewilligung zu haben heisst
Bewilligung C: Niederlassung nicht, keine Rechte zu haben. Menschenrech- Mit Bekannten und KollegInnen über Ihr Ar-
te, wie Schutz vor Ausbeutung, Recht auf Ge- beitsverhältnis sprechen, damit diese bei Ge-
Bewilligung G: Grenzgänger sundheit, etc. gelten eigentlich für alle Men- richt als ZeugInnen auftreten können.
* Die Jahresaufenthaltsbewilligung B kann zu schen. Auch über Lohn und Arbeitszeiten gibt Falls Ihre Wohnsituation unsicher oder/und
unterschiedlichen Aufenthaltszwecken erteilt es Vorschriften, die für alle Menschen gelten. auch vom Chef abhängig ist: Machen Sie Ko-
werden und ist je nach Aufenthaltszweck mit Sie können diese Rechte vor Gericht einkla- pien der Aufzeichnungen und geben Sie diese
anderen Rechten und Pflichten verbunden, gen, auch wenn Sie keine Aufenthaltsbewil- an eine Vertrauensperson oder die FAU, damit
z.B. Aufenthaltszeck Erwerbstätigkeit oder ligung haben. Es gibt allerdings ein grosses die Beweise nicht verloren gehen.
Familiennachzug bzw. Heirat Problem: Unbewilligter Aufenthalt ist in der
Schweiz ein Delikt. Falls die Fremdenpolizei
Für Leute aus EU/EFTA-Ländern gibt es davon erfährt, kann sie Sie dafür bestrafen und
grundsätzlich dieselben Bewilligungsarten (L, ausweisen. Es ist daher wichtig, dass Sie nicht
B, C, G mit dem Zusatz EU/EFTA), aber es alleine vorgehen. Die FAU berät Sie und hilft
gelten viel grosszügigere Bestimmungen. Ihnen die richtige Unterstützung zu finden.

Das könnte Ihnen auch gefallen