Sie sind auf Seite 1von 12

Tanatas Teeschale

Sie waren auf einer dieser öffentlichen Studentenpartys i n


Berlin. D o r t gab es immer ein paar Mädchen, die auf Jungs
aus Kreuzberg und Neukölln standen, einfach nur, weil sie
anders waren. Vielleicht zog sie es an, in ihnen das Verletz-
liche zu suchen. Auch diesmal schien Samir Glück zu haben:
Sie hatte blaue Augen und lachte viel.

Plötzlich tauchte ihr Freund auf, Samir solle verschwinden,


oder man würde das auf der Straße austragen. Samir ver-
stand nicht, was »austragen« hieß, aber er verstand die Ag-
gression. Sie wurden nach draußen gedrängt. Ein älterer
Student sagte zu Samir, der andere sei Amateurboxer und
Meister der Uni. Samir sagte: »Mir scheißegal.« Er war erst 17,
aber er hatte über 150 Straßenkämpfe hinter sich, und es gab
nur wenige Dinge, vor denen er Angst hatte - Schlägereien
gehörten nicht dazu.
Der Boxer war muskulös, einen Kopf größer und ein gan-
zes Stück breiter als Samir. Und er grinste blöde. U m die bei-

21
den bildete sich ein Kreis, und während der Boxer sich noch Özcan holte Samir nach den zwei Wochen v o m Gefängnis
die Jacke auszog, trat Samir mit der Schuhspitze i n seine Ho- ab. Özcan war Samirs bester Freund. Er war 18 Jahre alt, ein
den. Die Schuhe hatten auf der Innenseite Stahlkappen, der großer und langsamer Junge m i t teigigem Gesicht. Er hatte
Boxer gurgelte und wollte sich vor Schmerz zusammen- schon m i t zwölf eine Freundin gehabt und die Aktivitäten
krümmen. Samir packte seinen Kopf an den Haaren, riss ihn m i t ihr m i t dem Handy gefilmt. Das hatte i h m für alle Zeiten
runter und rammte i h m gleichzeitig das rechte Knie ins Ge- seinen Platz gesichert. Özcan hatte einen absurd großen Pe-
sicht. Obwohl es ziemlich laut auf der Straße war, konnte nis, und er stellte sich i n den Pissoirs immer so hin, dass die
man hören, wie der Kiefer des Boxers knackte. Er lag blutend anderen i h n sehen konnten. Er wollte unbedingt nach New
auf dem Asphalt, eine Hand vor dem Schoß, die andere vor York. Er war noch nie dort gewesen, er sprach kein Englisch,
dem Gesicht. Samir nahm zwei Schritte Anlauf; der Tritt aber er war besessen von der Stadt. Man sah i h n nie ohne
brach dem Boxer zwei Rippen. seine dunkelblaue Kappe m i t der Aufschrift »N.Y.«. Er wollte
in Manhattan einen Nachtclub m i t Restaurant und Go-go-
Samir fand, er habe sich fair verhalten. Er hatte nicht i n das Tänzerinnen betreiben. Oder so etwas Ähnliches. Er konnte
Gesicht getreten, und vor allem: Er hatte das Messer nicht nicht erklären, wieso es ausgerechnet New York sein sollte,
benutzt. Es war einfach gewesen, er war kaum außer Atem. aber er dachte auch nicht darüber nach. Sein Vater hatte sein
Er ärgerte sich, weil die Blonde nicht m i t i h m abhaute, son- Leben lang i n einer Glühbirnenfabrik gearbeitet, er war aus
dern heulte und sich u m den Mann am Boden kümmerte. der Türkei nur m i t einem Koffer eingewandert. Sein Sohn
»Scheiß Schlampe«, sagte er und ging nach Hause. war seine Hoffnung. Die New-York-Sache verstand er nicht.

Der Jugendrichter verurteilte Samir zu zwei Wochen Dau- Özcan sagte zu Samir, er habe jemanden kennengelernt, der
erarrest und zur Teilnahme an einem Antigewaltseminar. einen Plan habe. Er heiße Manolis, der Plan sei gut, aber
Samir war wütend. Er versuchte den Sozialarbeitern i n der Manölis »nicht ganz dicht«.
Jugendstrafanstalt zu erklären, dass das Urteil falsch sei.
Der Boxer habe angefangen, er sei nur schneller gewesen. Manolis stammte aus einer griechischen Familie, die eine
So etwas sei kein Spiel, man könne Fußball spielen, aber Reihe von Restaurants und Internetcafes i n Kreuzberg und
Boxen spiele niemand. Der Richter habe die Regeln nicht Neukölln betrieb. Er hatte Abitur gemacht, angefangen, Ge-
kapiert. schichte zu studieren, und sich nebenbei i m Drogenhandel
versucht. Vor ein paar Jahren war etwas schiefgelaufen. I n
dem Koffer waren anstelle von Kokain nur Papier und Sand
gewesen. Der Käufer schoss auf Manölis, als er m i t Wagen

22 23
und Geld fliehen wollte. Der Käufer war kein guter Schütze, Gegen zwei Uhr nachts holte Özcan die anderen ab. Manolis
von den neun Kugeln traf nur eine. Sie drang i n Manolis' war eingeschlafen, Samir und Özcan mussten zwanzig Minu-
Hinterkopf ein u n d blieb dort stecken. Manolis hatte das ten vor der Tür warten. Es war kalt, die Scheiben beschlu-
Projektil noch i m Kopf, als er m i t einem Funkstreifenwagen gen, sie verfuhren sich und schrien sich gegenseitig an. Kurz
zusammenstieß. Erst i m Krankenhaus entdeckten die Ärzte vor drei Uhr trafen sie i n Dahlem ein. I m Auto zogen sie die
es, und seitdem hatte Manolis ein Problem. Nach der Opera- schwarzen Wollmasken an, sie waren zu groß, verrutschten
tion verkündete er seiner Familie, dass er ab jetzt Finne sei, und kratzten, sie schwitzten darunter. Özcan hatte ein Wöll-
feierte jedes Jahr den 6. Dezember als finnischen National- knäuel i m Mund, er spuckte es auf das Armaturenbrett. Sie
feiertag u n d versuchte erfolglos, die Sprache zu lernen. Au- streiften sich Plastikhandschuhe über und liefen über den
ßerdem hatte er immer wieder Ausfälle, und vielleicht war Kiesweg z u m Eingang der Villa.
deshalb sein Plan auch kein wirklich vollständiger Plan.
Aber Samir fand, dass es immerhin so eine A r t Plan war: Manölis tippte den Code i n die Tastatur des Schlosses. Die
Manolis' Schwester hatte eine Freundin, die als Putzfrau i n Tür öffnete sich m i t einem Klicken. I m Eingang befand sich
einer Villa i n Dahlem arbeitete. Sie brauchte dringend Geld, die Alarmanlage. Nachdem Manolis auch dort eine Zahlen-
also hatte sie Manolis gegen eine kleine Beteiligung vor- kombination eingegeben hatte, wechselten die Lämpchen
geschlagen, i n das Haus einzubrechen. Sie kannte den Code ihre Farbe von Rot auf Grün. Özcan musste lachen. »Ozeans
der Alarmanlage und den des elektronischen Schlosses, sie Eleven«, sagte er laut, er liebte Kinofilme. Die Anspannung
wusste den O r t des Tresors und vor allem, dass der Besitzer löste sich. So leicht war es noch nie gewesen. Die Eingangs-
bald für vier Tage außerhalb Berlins sein würde. Samir und tür fiel ins Schloss, sie standen i m Dunkeln.
Özcan waren sofort einverstanden. Sie fanden den Lichtschalter nicht. Samir fiel über eine
Stufe und schlug sich die linke Augenbraue an einem Garde-
In der Nacht vor der Tat schlief Samir schlecht, er träumte robenständer auf. Özcan stolperte über Samirs Füße und
von Manölis und von Finnland. Als er erwachte, war es zwei stützte sich i m Fallen auf seinen Rücken. Samir ächzte unter
Uhr mittags. Er sagte »Scheiß Richter« und scheuchte seine seinem Gewicht. Manölis stand noch, er hatte die Taschen-
Freundin aus dem Bett. U m vier Uhr musste er beim Anti- lampen vergessen.
gewaltseminar sein. Ihre Augen gewöhnten sich an die Dunkelheit. Samir
wischte sich das Blut aus dem Gesicht. Endlich fand Manölis
den Lichtschalter. Das Haus war japanisch eingerichtet - Sa-
m i r und Özcan waren davon überzeugt, dass niemand so
wohnen könne. Sie brauchten nur ein paar Minuten, u m den

24 25
Tresor zu finden, die Beschreibung war gut. Sie hebelten ihn sehe, Samir würde die Uhren an einen Hehler verkaufen. Es
mit Brechstangen aus der Wand und schleppten ihn zum war ein einfacher und guter Einbruch gewesen, es würde
Auto. Manölis wollte nochmals zurück ins Haus, er hatte keine Probleme geben.
die Küche entdeckt, und er hatte Hunger. Sie diskutierten
das lange, bis Samir entschied, es sei zu gefährlich, man Sie täuschten sich.
könne auch unterwegs an einer Imbissbude halten. Manölis
murrte.

In einem Keller i n Neukölln versuchten sie, den Tresor zu Hiroshi Tanata stand i n seinem Schlafzimmer und betrach-
öffnen. Sie hatten Erfahrung m i t Panzerschränken, aber die- tete das Loch i n der Wand. Er war 76 Jahre alt, seine Familie
ser widerstand. Özcan musste den Hochleistungsbohrer sei- hatte Japan seit vielen hundert Jahren mitgeprägt, sie war i n
nes Schwagers ausleihen. Als der Tresor vier Stunden später Versicherungen, Banken und der Schwerindustrie engagiert.
offen war, wussten sie, dass es sich gelohnt hatte. Sie fanden Tanata schrie nicht, er gestikulierte nicht, er starrte nur in
120000 Euro i n bar und i n einer Schatulle sechs Uhren. Und das Loch. Aber sein Sekretär, der seit dreißig Jahren in seinen
dann war da noch eine kleine schwarz lackierte Holzkiste. Diensten stand, sagte abends seiner Frau, er habe Tanata
Samir öffnete sie. Sie war m i t roter Seide ausgeschlagen, i n noch nie so wütend gesehen.
ihr befand sich eine alte Schale. Özcan fand sie hässlich und
wollte sie wegschmeißen, Samir wollte sie seiner Schwester Der Sekretär hatte an diesem Tag viel zu tun. Die Polizei war
schenken, und Manölis war alles gleichgültig, er hatte immer i m Haus und stellte Fragen. Sie verdächtigte die Hausange-
noch Hunger. Schließlich einigten sie sich darauf, die Schale stellten - immerhin war die Alarmanlage ausgeschaltet und
Mike zu verkaufen. Mike hatte ein kleines Geschäft m i t ei- die Tür ohne Gewalt geöffnet worden - , aber der Verdacht
nem großen Schild, er nannte sich Antiquitätenhändler, aber ließ sich nicht konkretisieren. Tanata nahm seine Angestell-
er besaß eigentlich nur einen Mini-LKW und beschäftigte ten i n Schutz. M i t der Tatortarbeit kam man auch nicht wei-
sich mit Wohnungsauflösungen und Gerumpel. Er bezahlte ter, die Techniker des LKA fanden keine Fingerabdrücke, und
ihnen 30 Euro für die Schale. an DNA-Spuren war nicht zu denken - die Putzfrau hatte
gründlich sauber gemacht, bevor die Polizei gerufen wurde.
Als sie den Keller verließen, klopfte Samir Özcan auf die Der Sekretär kannte seinen Chef gut und beantwortete die
Schulter, wiederholte: »Ozeans Eleven«, und alle lachten. Fragen der Beamten ausweichend und einsilbig.
Manölis' Schwester würde für ihre Freundin 3000 Euro be-
kommen. Jeder von ihnen hatte fast 40000 Euro i n der Ta-

26 27
Wichtiger war es, die Presse und die großen Sammler zu in- an die Wand geworfen, war zu dem Kofferraum seines Wa-
formieren: Sollte jemandem die Tanata-Teeschale zum Kauf gens gegangen und m i t einem Baseballschläger zurückge-
angeboten werden, würde die Familie, i n deren Besitz sie kehrt. Der W i r t verlor die Sehkraft auf dem rechten Auge, die
seit mehr als 400 Jahren war, sie zu Höchstpreisen zurück- Milz und die linke Niere und verbrachte den Rest seines Le-
kaufen. I n diesem Fall bäte Tanata nur u m den Namen des bens i m Rollstuhl. Pocol wurde wegen versuchten Totschlags
Verkäufers. zu acht Jahren Freiheitstrafe verurteilt. A m Tag des Urteils
stürzte der W i r t m i t seinem Rollstuhl eine U-Bahn-Treppe
herunter. Er brach sich das Genick, und nachdem Pocol ent-
lassen wurde, musste er nie wieder ein Essen bezahlen.
Das Friseurgeschäft auf der Yorckstraße hieß wie sein Besit-
zer: »Pocol«. I m Schaufenster standen zwei ausgeblichene Pocol las i n der Zeitung von dem Einbruch. Nach einem
Wella-Reklamebilder aus den Achtzigerjahren: eine blonde Dutzend Anrufen bei Verwandten, Freunden, Hehlern und
Schönheit m i t Ringelpulli und zu vielen Haaren und ein anderen Geschäftspartnern wusste er, wer bei Tanata einge-
Mann m i t langem Kinn und Oberlippenbart. Pocol hatte das brochen war. Er schickte einen Torpedo los, einen aufstre-
Geschäft von seinem Vater geerbt. In seiner Jugend hatte Po- benden Jungen, der alles für ihn tat. Das Torpedo richtete
col noch selbst Haare geschnitten, das Handwerk hatte er zu Samir und Özcan aus, Pocol wolle sie sprechen. Sofort.
Hause gelernt. Jetzt betrieb er einige legale und viele illegale
Geldspielsalons. Er behielt den Laden, saß den ganzen Tag Die beiden erschienen kurze Zeit später i n dem Friseur-
auf einem der beiden bequemen Frisierstühle, trank Tee und salon, Pocol ließ man nicht warten. Es gab Tee und Süßig-
machte seine Geschäfte. M i t den Jahren war er fett gewor- keiten, man war guter Stimmung. Plötzlich begann Pocol zu
den, er liebte türkische Süßigkeiten. Sein Schwager betrieb schreien, packte Samir an den Haaren, schleifte ihn durch
drei Häuser weiter eine Konditorei und machte die besten den Laden und trat ihn i n einer Ecke zusammen. Samir
>balli elmalarc der Stadt, Apfelscheiben mit Honig, die i n hei- wehrte sich nicht und bot zwischen zwei Tritten dreißig Pro-
ßem Fett gebraten werden. zent an. Pocol nickte grunzend, wandte sich von Samir ab
und schlug Özcan m i t einem flachen Holzbrett, das er für
Pocol war cholerisch und brutal, und er wusste, dass das sein solche Fälle i m Laden hatte, auf die Stirn. Danach beruhigte
Kapital war. Jeder hatte schon einmal die Geschichte des Wir- er sich, setzte sich zurück auf den Friseurstuhl und rief seine
tes gehört, der zu Pocol gesagt hatte, er solle bezahlen, was er Freundin aus dem Nebenzimmer.
esse. Das war fünfzehn Jahre her. Pocol kannte den W i r t nicht, Pocols Freundin hatte vor einigen Monaten noch als Mo-
und der W i r t kannte Pocol nicht. Pocol hatte die Bestellung dell gearbeitet und es geschafft, das Septembermädchen des

28 29
Playboy zu werden. Sie träumte von Laufstegen oder einer die Jahre i m Solarium gelb geworden, seine Haare waren
Karriere bei einem Musiksender, bis Pocol sie entdeckte, braun gefärbt und am Ansatz einige Zentimeter grau heraus-
ihren Freund zusammenschlug und ihr Manager wurde. Er gewachsen. Wagners Wohnung war ein Klischee der Achtzi-
nannte das »pflücken«. Er ließ ihre Brüste vergrößern und gerjahre. Sie erstreckte sich über zwei Etagen, das Schlaf-
ihren M u n d aufspritzen. Anfangs glaubte sie i h m seine Pläne, zimmer m i t Spiegelschränken, Flokatiteppichen und einem
und Pocol bemühte sich wirklich, sie bei einer Agentur un- enormen Bett lag i m oberen Stock. Das Wohnzimmer unten
terzubringen. Als es i h m zu mühsam wurde, folgten Auftritte war eine Landschaft weißer Ledersofas, weißer Marmorbö-
in Diskotheken, später in Stripshows, und am Ende waren es den, weißer Lackwände und Couchtischchen i n Diamanten-
Pornos, die man in Deutschland nicht legal erwerben konnte. form. Wagner liebte alles, was glitzert, selbst sein Funktele-
Irgendwann setzte Pocol ihr den ersten Schuss Heroin, jetzt fon war mit Glassteinchen überzogen.
war sie von i h m abhängig und liebte ihn. Pocol hatte keinen Vor einigen Jahren hatte er Privatinsolvenz angemeldet,
Sex mehr mit ihr, seit seine Freunde sie i n einem Film als Uri- seinen Besitz auf Verwandte verteilt, und weil die Justiz i n
nal benutzt hatten. Sie war nur noch da, weil er sie nach Bei- diesen Dingen träge ist, gelang es ihm, immer weiter Schul-
rut verkaufen wollte - Menschenhandel funktionierte auch den zu machen. Tatsächlich besaß Wagner nichts mehr; die
i n diese Richtung - , und schließlich musste das Geld für den Wohnung gehörte seiner Exehefrau, seine Krankenversiche-
Schönheitschirurgen wieder reinkommen. rung konnte er seit Monaten nicht bezahlen, und die Rech-
nung des Schönheitssalons für das Permanent-Make-up sei-
Die Freundin verband Ozeans Platzwunde, und Pocol machte ner Freundin war noch immer offen. Das Geld, das er früher
Witze, dass er jetzt wie ein Indianer aussehe, »Verstehste, leicht verdient hatte, hatte er für Autos und Champagner-
wie Rothaut«. Es gab erneut frischen Tee und Süßigkeiten, Koks-Partys auf Ibiza ausgegeben. Jetzt waren die Invest-
die Freundin wurde weggeschickt, und die Verhandlungen mentbanker, m i t denen er damals gefeiert hatte, verschwun-
konnten fortgesetzt werden. Man einigte sich auf fünfzig Pro- den, und er konnte sich die neuen Reifen für den zehn Jahre
zent, die Uhren und die Schale sollten an Pocol gehen. Samir alten Ferrari nicht mehr leisten. Wagner wartete seit Langem
und Özcan gestanden ihre Fehler ein, Pocol betonte, es sei auf die eine große Gelegenheit, die alles z u m Guten wenden
nicht persönlich gemeint, und zur Verabschiedung umarmte würde. In Cafes bestellte er bei Kellnerinnen »'ne Latte« und
er Samir und küsste ihn herzlich. brüllte dann jedes Mal wieder vor Lachen über den Alther-
renwitz; Wagner litt schon sein ganzes Leben unter seiner
Kurz nachdem die beiden den Laden wieder verlassen hat- Bedeutungslosigkeit.
ten, rief Pocol Wagner an. Wagner war ein Betrüger und
Hochstapler. Er war 1,60 Meter groß, seine Haut war durch

30 31
Während der durchschnittliche Betrüger nur hochstapelt, Eine Garotte ist ein dünner Draht, an dessen Enden kleine
war Wagner geschickter. Er gab sich als »harter Berliner Holzgriffe angebracht sind. Sie entwickelte sich aus einem
Junge von ganz unten«, der »es geschafft« habe. Menschen mittelalterlichen Folter- und Henkersinstrument - bis 1973
aus bürgerlicheren Schichten fassten Vertrauen zu ihm. Sie wurden damit i n Spanien Todesurteile vollstreckt - , und sie
glaubten, er sei zwar grob, laut und unangenehm, aber ge- ist noch heute ein beliebtes Mordwerkzeug. Ihre Bestandteile
rade deshalb unverstellt und ehrlich. Wagner war weder hart lassen sich i n jedem Baumarkt erwerben, sie ist preiswert,
noch ehrlich. Er hatte es - auch nach seinen Maßstäben - leicht zu transportieren und effektiv: Die Schlinge w i r d dem
nicht »geschafft«. Er war nur auf eine verschlagene A r t intel- Opfer von hinten u m den Hals gelegt und m i t Kraft zugezo-
ligent, und weil er selbst schwach war, erkannte er die Schwä- gen, es kann nicht schreien und stirbt schnell.
chen anderer Menschen. Er nutzte sie auch dann aus, wenn
er keinen Vorteil davon hatte. Vier Stunden nach dem A n r u f bei Tanata läutete es an
Wagners Wohnungstür. Wagner öffnete die Tür einen Spalt
Manchmal bediente sich Pocol Wagners. Er verprügelte weit. Die Pistole, die er sich in den Hosenbund gesteckt hatte,
Wagner, wenn er frech wurde, es das letzte Mal zu lange her rettete i h n nicht. Schon der erste Schlag gegen seinen Kehl-
war oder er einfach Lust dazu hatte. Ansonsten hielt er i h n kopf nahm i h m die Luft, und als die Garotte eine Dreiviertel-
für Abfall. Für diesen Job aber schien Wagner i h m der Rich- stunde später sein Leben beendete, war er dankbar, sterben
tige zu sein. Pocol hatte die Erfahrung gemacht, dass er au- zu dürfen.
ßerhalb seiner Kreise wegen seiner Herkunft und Sprache Wagners Putzfrau stellte am nächsten Morgen die Ein-
nicht ernst genommen wurde. käufe i n die Küche und sah zwei abgeschnittene Finger in der
Spüle kleben. Sie rief die Polizei. Wagner lag in seinem Bett,
Wagner erhielt den Auftrag, sich bei Tanata zu melden und seine Oberschenkel waren m i t einer Schraubzwinge zusam-
i h m anzubieten, dass er Schale und Uhren zurückkaufen mengepresst, i n der linken Kniescheibe steckten zwei, i n der
könne, Einzelheiten sollte er noch offenlassen. Wagner sagte rechten drei Zimmermannsnägel. Eine Garotte lag u m sei-
zu. Er bekam die Telefonnummer Tanatas heraus und sprach nen Hals, seine Zunge hing aus dem Mund. Wagner hatte
zwanzig Minuten m i t dem Sekretär. Wagner wurde versi- sich vor seinem Tod eingenässt, und die ermittelnden Beam-
chert, dass die Polizei nicht eingeschaltet würde. Nachdem ten rätselten, welche Informationen er dem Täter preisgege-
er aufgelegt hatte, freute er sich, streichelte die beiden Chi- ben hatte.
huahuas, die er Dolce u n d Gabbana getauft hatte, und über- I m Wohnzimmer, zwischen Marmorboden und Z i m -
legte, wie er Pocol doch noch ein wenig betrügen könnte. merwand, lagen die beiden Hunde; ihr Kläffen musste den
Besucher gestört haben, er hatte sie zertreten. Die Spuren-

32 33
Sicherung versuchte, in den Kadavern einen Abdruck des die beiden Eimer mit dem Automatengeld standen fast unbe-
Sohlenprofils zu nehmen, erst in der Pathologie konnte ein rührt i m Eingang. Eine Münze hatte Pocol i m Mund, als er
Stückchen Plastik aus einem der Hunde gesichert werden. starb, und eine weitere fand man i n seiner Speiseröhre.
Der Täter hatte offensichtlich über seinen Schuhen Plastik-
tüten getragen. Die Ermittlungen liefen ins Leere. Die Fingerabdrücke i n Po-
cols Laden konnten allen möglichen Straftätern i n Neukölln
In der gleichen Nacht, i n der Wagner starb, brachte Pocol ge- und Kreuzberg zugeordnet werden. Die Folter m i t dem Be-
gen fünf Uhr morgens das Münzgeld aus seinen Spielhallen senstiel deutete auf arabische Täter hin, sie galt als beson-
in zwei Plastikeimern i n das Friseurgeschäft. Er war müde, dere Form der Demütigung. Es gab ein paar Festnahmen und
und als er sich nach vorne beugte, u m die Tür aufzuschlie- Vernehmungen i m Umfeld, die Polizei glaubte an Revier-
ßen, hörte er ein hell surrendes Geräusch. Er kannte es. Sein streitigkeiten, aber sie hatte nichts i n der Hand. Pocol und
Gehirn konnte es nicht schnell genug einordnen, aber eine Wagner waren nie zusammen polizeilich i n Erscheinung ge-
hundertstel Sekunde bevor die Kugel am Ende der Teleskop- treten, die Mordkommission konnte keinen Zusammenhang
stahlrute auf seinen Hinterkopf klatschte, wusste er, was zwischen den Taten herstellen. Und am Ende gab es nur eine
es war. Menge Theorien.

Seine Freundin fand ihn i m Laden, als sie ihn u m Heroin an-
betteln wollte. Er lag mit dem Gesicht nach unten auf einem
der beiden Friseurstühle, die Arme hatte er u m den Stuhl ge- Pocols Laden und der davor liegende Bürgersteig waren mit
legt, als wollte er ihn umarmen. Seine Hände waren auf der weiß-rotem Flatterband gesichert, Scheinwerfer leuchteten
Unterseite m i t Kabelbindern gefesselt, der massige Körper den Raum aus. Jeder in Neukölln, den es interessierte, wusste
klemmte zwischen den Armlehnen. Pocol war nackt, aus sei- noch während der Tatortarbeit der Polizei, wie Pocol gestor-
nem After ragte ein abgebrochener Besenstiel. Der Gerichts- ben war. Und nun hatten Samir, Özcan und Manölis wirklich
mediziner stellte bei der Obduktion fest, dass die Wucht, m i t Angst. Sie standen u m 11 Uhr m i t dem Geld, den Uhren und
der das Holz eingeführt worden war, auch die Blase perfo- der Teeschale vor Pocols Laden i n der Menschenmenge.
riert hatte. Pocols Körper wies am Rücken und Kopf insge- Mike, der Antiquitätenhändler, dem sie die Schale verkauft
samt 117 Platzwunden auf, die Stahlkugel des Totschlägers hatten, kühlte sich vier Straßen weiter sein rechtes Auge. Er
hatte vierzehn Knochen gebrochen. Welcher der Schläge i h n hatte die Schale zurückgeben und eine Aufwandsentschädi-
am Ende getötet hatte, konnte nicht m i t Sicherheit festge- gungbezahlen müssen. Das blaue Auge gehörte dazu, so wa-
stellt werden. Pocols Tresor war nicht aufgebrochen worden, ren die Regeln.

34 35
Manolis sprach aus, was alle dachten: Pocol war gefoltert ehe. Der Sekretär war freundlich und ernst. Er brachte mich
worden, und falls es dabei u m sie gegangen war, hatte er sie i n einen Raum m i t erdfarbenen Wänden und einem Boden
natürlich verraten. Wenn sich jemand traute, Pocol zu töten, aus schwarzem Holz. W i r setzten uns an einen Tisch auf
gab es für ihr eigenes Leben wenig Hoffnung. Samir sagte, harte Stühle, ansonsten war das Zimmer leer, nur ein dunkel-
dass die Sache mit der Schale schnell geregelt werden müsse. grünes Ikebana-Arrangement stand in der Wandnische. Das
Die anderen stimmten zu, und schließlich kam Özcan auf indirekte Licht war w a r m und gedämpft.
die Idee, zu einem Anwalt zu gehen.
Ich öffnete meine Aktentasche und breitete die Gegenstände
aus. Der Sekretär legte die Uhren auf ein bereitstehendes Le-
dertablett, das geschlossene Kästchen m i t der Teeschale be-
Die drei jungen Männer erzählten m i r die Geschichte; das rührte er nicht. Ich bat ihn, die vorgefertigte Quittung zu
heißt, Manölis sprach, er schweifte immer wieder ins Philo- unterschreiben. Er entschuldigte sich und verschwand hinter
sophische ab und hatte Schwierigkeiten, sich zu konzentrie- einer Schiebetür.
ren. Das Ganze dauerte ziemlich lange. Dann sagten sie, sie
seien sich nicht sicher, ob Tanata wüsste, wer eingebrochen Es wurde vollkommen still.
sei. Sie legten Geld, Uhren und das Lackkästchen m i t der
Teeschale auf den Besprechungstisch und baten mich, die Dann kam er zurück, unterschrieb die Quittung für die
Gegenstände dem Eigentümer zurückzugeben. Ich ver- Uhren und die Teeschale, nahm das Tablett m i t und ließ
zeichnete alles so genau wie möglich, das Geld nahm ich mich wieder allein. Noch immer war das Kästchen unge-
nicht an, es wäre Geldwäsche gewesen. Ich telefonierte m i t öffnet.
Tanatas Sekretär und vereinbarte für den Nachmittag einen
Termin. Tanata war klein und sah irgendwie vertrocknet aus. Er be-
grüßte mich auf westliche Art, war offensichtlich gut gelaunt
Tanatas Haus lag i n einer ruhigen Straße i n Dahlem. Es gab und erzählte von seiner Familie in Japan.
keine Türklingel, eine unsichtbare Lichtschranke löste ein Nach einiger Zeit ging er zum Tisch, öffnete das Kästchen
Signal aus, einen dunklen Gong, wie i n einem Zenkloster. und hob die Schale heraus. Er fasste sie m i t einer Hand am
Der Sekretär übergab m i r m i t beiden Händen und spitzen Boden und drehte sie langsam m i t der anderen vor seinen
Fingern seine Visitenkarte, was ein wenig sinnlos schien, Augen. Es war eine Matcha-Schale, i n der mit einem kleinen
da ich bereits da war. Dann fiel m i r ein, dass der Visitenkar- Bambusbesen leuchtend grünes Teepulver geschlagen wird.
tenaustausch in Japan ein Ritual war, und ich tat das Glei- Die Schale war schwarz, über dunklem Scherben glasiert.

36 37
Solche Schalen wurden nicht auf Scheiben hergestellt, son- ich fragte nicht nach Pocol und Wagner. N u r die Polizei stellte
dern von Hand geformt, keine glich der anderen. Die älteste Fragen; ich konnte mich z u m Schutz meiner Mandanten auf
Töpferschule signierte die Keramik m i t dem Zeichen Raku. die anwaltliche Schweigepflicht berufen.
Ein Freund hatte m i r einmal gesagt, dass i n diesen Schalen
das alte Japan lebe.
Tanata stellte sie behutsam wieder i n das Kästchen und
sagte: »Die Schale wurde 1581 von Chojiro für unsere Fami- Samir, Özcan und Manölis überlebten.
lie geschaffen.« Chojiro war der Gründer der Raku-Tradi-
tion. Die Schale starrte aus der roten Seide wie ein schwar- Samir bekam einen A n r u f und wurde m i t seinen Freunden in
zes Auge. »Wissen Sie, es hat schon einmal einen Krieg ein Cafe auf dem Kurfürstendamm gebeten. Der Mann, der
wegen dieser Schale gegeben. Das ist sehr lange her, der sie empfing, war höflich. Er zeigte ihnen auf dem Display
Krieg dauerte fast fünf Jahre. Ich bin froh, dass es diesmal eines Mobiltelefons die letzten Minuten von Pocol und Wag-
schneller ging.« Er ließ den Deckel des Kastens zuschnap- ner, entschuldigte sich für die Qualität der Aufnahme und
pen. Es hallte. lud die drei zu einem Kuchen ein. Den Kuchen ließen sie ste-
hen, aber sie gaben am nächsten Tag die 120000 Euro zu-
Ich sagte, dass auch das Geld zurückbezahlt würde, er schüt- rück. Sie wussten, was sich gehört, und bezahlten zusätzlich
telte den Kopf. »Welches Geld?«, fragte er. 28 000 Euro »für die Auslagen«, mehr hatten sie nicht auftrei-
»Das aus Ihrem Tresor.« ben können. Der freundliche Herr sagte, das sei doch nicht
»Da war kein Geld.« nötig gewesen, und steckte das Geld ein.
Ich verstand ihn nicht sofort.
»Meine Mandantschaft sagte ...« Manolis zog sich zurück, er übernahm ein Restaurant seiner
»Wenn dort Geld gewesen wäre«, unterbrach er mich, Familie, heiratete und wurde ruhiger. I n seinem Restaurant
»wäre es vielleicht unversteuert gewesen.« hängen Bilder von Fjorden und Fischerbooten, es gibt finni-
»Ja?« schen Wodka, und er plant, m i t seiner Familie nach Finnland
»Und da Sie eine Quittung der Polizei werden vorlegen auszuwandern.
müssen, würden Fragen gestellt. Auch bei der Anzeige habe
ich nicht angegeben, dass Geld gestohlen worden sei.« Özcan und Samir wandten sich dem Drogenhandel zu; sie
W i r vereinbarten schließlich, dass ich die Polizei über die stahlen nie wieder etwas, was sie nicht zuordnen konnten.
Rückführung der Schale und der Uhren informieren würde.
Natürlich fragte Tanata mich nicht, wer die Täter seien, und

38 39
Tanatas Putzfrau, die den Tipp z u m Einbruch gegeben hatte, Samir: »Du klingst wie ein Grieche.«
machte zwei Jahre später Ferien i n Antalya; die Sache hatte Manölis: »Na und. N u r weil meine Mutter und mein Vater
sie längst vergessen. Sie ging schwimmen. Obwohl das Meer und meine Großmütter und Großväter und überhaupt alle i n
an diesem Tag ruhig war, schlug sie m i t dem Kopf gegen meiner Familie Griechen sind, muss ich doch nicht mein gan-
einen Felsen und ertrank. zes Leben als Grieche herumlaufen. Ich hasse Ölbäume und
Tzaziki und diesen bescheuerten Tanz. Ich bin Finne. Alles i n
Tanata sah ich noch einmal i n der Philharmonie i n Berlin, er mir ist finnisch. Ich bin Finne von innen.«
saß vier Reihen hinter mir. Als ich mich umdrehte, grüßte er Özcan zu Samir: »Er sieht auch aus wie ein Grieche.«
freundlich und stumm. Er starb ein halbes Jahr später. Seine Samir zu Özcan: »Lass ihn doch Finne sein, wenn er Finne
Leiche wurde nach Japan überführt, das Haus in Dahlem ver- sein will.«
kauft, und auch der Sekretär kehrte i n seine Heimat zurück. Özcan zu Samir: »Er sieht nicht einmal wie ein Schwede
aus.« Özcan kannte einen Schweden aus der Schule.
Die Schale ist heute der Mittelpunkt eines Museums der Ta- Samir: »Warum bist du Finne?«
nata-Stiftung i n Tokyo. Manölis: »Wegen der Sache m i t den Griechen.«
Samir:»...«
Özcan:»...«
Nachtrag Manölis: »Bei den Griechen läuft das seit Jahrhunderten
so: Stellt euch vor, ein Schiff geht unter.«
Als Manölis Samir und Özcan kennenlernte, stand er i m Ver- Özcan: »Warum?«
dacht, m i t Drogen zu handeln. Der Verdacht war unbegrün- Manölis: »Weil es ein Leck hat oder weil der Kapitän besof-
det, und die richterlich angeordnete Telefonüberwachung fen ist.«
wurde kurz darauf abgeschaltet. Aber der erste Kontakt zwi- Özcan: »Aber w a r u m hat das Schiff ein Leck?«
schen Manölis und Samir wurde aufgezeichnet. Özcan hörte Manölis: »Scheiße, das ist nur ein Beispiel.«
über den Lautsprecher des Handys m i t und beteiligte sich an Özcan: »Hmm.«
dem Gespräch. Manölis: »Das Schiff geht einfach unter. O.k.?«
Özcan: »Hmm.«
Samir: »Bist du Grieche?« Manölis: »Alle ertrinken. Alle. Versteht ihr? N u r ein einzi-
Manölis: »Ich bin Finne.« ger Grieche überlebt. Er schwimmt und schwimmt und
Samir: »Du hörst dich nicht an wie ein Finne.« schwimmt und erreicht endlich das Ufer. Er kotzt sich das
Manölis: »Ich bin Finne.« ganze Salzwasser aus der Kehle. Er kotzt aus dem Mund. Aus

40 41
der Nase. Aus jeder Pore. Er rotzt alles raus, bis er endlich
halb tot einschläft. Der Typ hat als Einziger überlebt. Alle an-
deren sind tot. Er liegt am Strand und pennt. Als er aufwacht,
begreift er, dass nur er überlebt hat. Also steht er auf und er- Das Cello
schlägt den nächsten Spaziergänger, den er trifft. Einfach so.
Erst wenn der Spaziergänger tot ist, ist alles ausgeglichen.«
Samir:»?«
Özcan:»?«
Manolis: »Versteht ihr? Er muss einen anderen erschlagen,
damit der eine, der beim Ertrinken fehlt, auch tot ist. Der
andere für ihn. Minus eins, plus eins. Kapiert?«
Samir: »Nein.«
Özcan: »Wo war das Leck?« Tacklers Smoking war hellblau, sein H e m d rosa. Sein Dop-
Samir: »Wann treffen w i r uns?« pelkinn quoll über Hemdkragen und Fliege, die Jacke spannte
am Bauch und w a r f über der Brust Falten. Er stand zwischen
seiner Tochter Theresa und seiner vierten Ehefrau, beide
überragten ihn. Die schwarz behaarten Finger seiner linken
Hand hielten die Hüfte seiner Tochter umklammert. Sie la-
gen dort wie ein dunkles Tier.
Der Empfang hatte i h n viel Geld gekostet, aber er fand,
dass es sich gelohnt hatte, denn sie waren alle gekommen:
der Ministerpräsident, die Bankiers, die Einflussreichen und
die Schönen, vor allem aber der berühmte Musikkritiker. A n
mehr wollte er jetzt nicht denken. Es war Theresas Fest.

Theresa war damals zwanzig Jahre alt, eine klassische


schmale Schönheit m i t einem Gesicht von fast vollständiger
Symmetrie. Sie wirkte ruhig und gefasst, und nur eine dünne
Ader an ihrem Hals zeigte den aufgeregten Schlag ihres Her-
zens.

43

Das könnte Ihnen auch gefallen