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Mehr als nur ein Hobby: die Imkerei

Immer mehr Menschen möchten Bienen halten und damit zum Naturschutz
beitragen. Doch Experten warnen: Bienenhaltung setzt Fachwissen voraus.
Sonst kann aus der guten Tat schnell Tierquälerei werden.

Sie sorgen unter anderem dafür, dass Pflanzen bestäubt werden und Menschen etwas zu
essen haben: die Insektengruppe der Apiformes, der Bienen. In der Umgangssprache wird
darunter meist nur die Honigbiene verstanden. In Deutschland aßen nach statistischen
Angaben im Jahr 2014 mehr als elf Millionen Menschen über 14 Jahren mehrmals pro
Woche Honig. Das Interesse an Imkerei, also der Haltung und Pflege von Bienen zur
Honigproduktion, steigt. War die Bienenhaltung bislang eher auf Imker beschränkt, die das
hauptberuflich machten, hat sich vor allem in deutschen Städten ein neuer Trend
entwickelt: das „Urban Beekeeping“. Hobbyimker stellen eine Bienenkiste auf den Balkon
oder die Dachterrasse und haben ein gutes Gefühl, etwas für den Umweltschutz und den
Erhalt der Pflanzenvielfalt zu tun. Zu ihnen gehört auch Jürgen. 2010 begann er, sich für
Honigbienen zu interessieren. Er fand es spannend und fühlt sich der Natur sehr
verbunden. Die Tiere bleiben ganz friedlich, als er den Deckel von der quadratischen
Holzkiste nimmt, in der sein Bienenvolk wohnt und an der Honigproduktion „arbeitet“. Er
erklärt, dass er ihnen auch hilft, über den Winter zu kommen:

„Das hier ist die sogenannte Futtertasche. Im Herbst wird die aufgefüllt mit Sirup, dass
die im Winter, wenn man den Honig weggenommen hat, dann nicht verhungern.“

Wer Honig ernten will, benötigt einen sogenannten Bienenstock – ein mit einem Deckel und
einer Öffnung versehener Holzkasten. Von oben werden Holzrahmen eingeschoben, in die
die Bienen ihre Waben, sechseckige Zellen aus Wachs, bauen. In den Waben wird der
Pflanzennektar, den die Bienen sammeln und mit eigenen Körperstoffen vermischen,
gespeichert und reift zu Honig heran. Sind die Waben voll und der Honig reif, erntet der
Imker ihn. Damit die Bienen im Winter nicht verhungern, werden leere Waben, sogenannte
Futterwaben beziehungsweise Futtertaschen an den Ort gehängt, an dem sich die
meisten Bienen aufhalten. Dann werden die Taschen mit einer dickflüssigen Zuckerlösung,
einem Sirup, angefüllt. Es ist zwar sehr faszinierend, den Bienen zuzuschauen, aber auch
Hobbyimker haben Pflichten und brauchen manchmal sogar den Rat vom Fachmann, meint
Jürgen:

„Man ist zwangsläufig auch im Imkerverein. Und es gibt dann auch sehr viele offizielle
Regularien, Tierseuchenkasse und so was alles. Also, man muss das anmelden, wenn
man so ‘n Volk hat, auch eins. – Sobald ich irgendwie ‘ne Frage habe oder ‘n Problem habe,
rufe ich den an. Und dann kommt der oder gibt mir am Telefon ‘n Rat – je nachdem. Das ist
nicht weit von hier. Und das klappt prima.“
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Hobbyimker sollten sich nach Jürgens Ansicht einem Imkerverein anschließen – auch um
wichtige Tipps und Ratschläge von erfahrenen Imkern zu bekommen. Er sieht es als
zwangsläufig, absolut notwendig, an. Außerdem bedeutet Bienenhaltung auch, dass
bestimmte gesetzliche Bestimmungen, Regularien, eingehalten werden müssen. Dazu
gehört, dass man bei der zuständigen Behörde der Stadt oder Gemeinde, dem Veterinäramt,
anmeldet, wie viele Bienenvölker man hat und wo die Bienenstöcke stehen. In einigen
Bundesländern ist es zudem Pflicht, für die Bienen Beiträge an die Tierseuchenkasse zu
zahlen. Tritt eine Seuche, also eine sehr ansteckende Krankheit, auf, bekommen die
Tierhalter eine Entschädigung. Wer die Imkerei betreibt, sollte sich in entsprechenden
Lehrgängen informieren. Jürgen hat einen anderen Weg gewählt:

„Also, Lehrgänge hab ich nicht gemacht, obwohl das sicherlich sinnvoll ist. Man kann sich
da viel Fragerei ersparen. Was ich gemacht habe, ist viel gelesen, ne. Da kriegt man dann
vom Imkerverein so ‘ne Art Bibel, wo alles drin steht, was man wissen muss. Und
muss sich halt die Mühe machen, dass mal ‘n bisschen studieren. Und was die Sache
leichter macht ist, dass es höllisch spannend ist.“

Obwohl Jürgen Lehrgänge als sinnvoll empfindet, weil man sich notwendige Informationen
nicht erfragen muss, hat er nur ein Handbuch gelesen, das der Imkerverein zur Verfügung
gestellt hat. Weil dort alle wichtigen Informationen und Regeln aufgeführt sind, vergleicht
er das Handbuch mit dem wichtigsten Buch der Christen. Es ist so ‘ne Art Bibel. Jürgen
findet, dass man sich nur die Mühe machen muss, es intensiv zu lesen, es zu studieren.
Und weil die Informationen so interessant sind, ist es sehr, höllisch, spannend. Während
Jürgen „Urban Beekeeping“ als Hobby betreibt, sieht das bei Klaus Maresch anders aus. Der
Bonner Bio-Imker ist seit den 1980er Jahren im Geschäft. Er hat an mehreren Standorten
Bonns seine Bienenvölker stehen. Die Hobbyimkerei betrachtet Klaus Maresch sehr
kritisch:

„Uns Berufsimkern gefällt das eigentlich nicht wirklich. Ich sag’s ganz brutal: Jeder Depp
kann sich ‘n Bienenvolk kaufen. Hurra, ich bin Imker! Ich kann mit so etwas auch
unbewusst zum Tierquäler und Naturfrevler werden. So weit würde ich gehen.“

Klaus Maresch drückt es mit einer ziemlich deutlichen Formulierung, ganz brutal, aus,
was er von Hobbyimkern hält: gar nichts. Seiner Meinung nach ist es jedem Depp, also
jemandem, der absolut keine Ahnung hat, möglich, ein Bienenvolk zu kaufen und sich als
Imker zu fühlen. Das fehlende Fachwissen kann dann sogar dazu führen, dass man – ohne
es zu wollen – Negatives tut: Tiere zu quälen und die Natur zu schädigen, zum
Naturfrevler zu werden. So müssen Imker beispielsweise wissen, was zu tun ist, wenn ihre
Bienen krank werden. Bei falscher oder nicht ausreichender Behandlung kann das
ganze Bienenvolk sterben. Im Gegensatz zu Klaus Maresch freut sich der Leiter des Instituts
für Nutzpflanzenwissenschaften und Ressourcenschutz an der Rheinischen Friedrich-
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Wilhelms-Universität Bonn, Andreé Hamm, über das große Interesse an den Bienen. Für
den Wissenschaftler ist zwar auch wichtig, dass man sich mit Bienen auskennen sollte.
Andererseits legt er Wert darauf, das Interesse der Menschen an den Bienen zu fördern. So
eignen sich inzwischen – wie Andrée Hamm schildert – immer mehr Studentinnen und
Studenten, auch aus dem Ausland, nicht nur theoretisches Wissen an. In der angegliederten
Forschungsimkerei lernen sie auch das praktische Handwerk:

„Sehr viele ausländische Studentinnen und Studenten haben an diesen Bienenkursen – will
ich mal vereinfachend sagen – teilgenommen und dieses Wissen mit in ihre Heimatländer,
nach Afrika, nach Südamerika und sonst wo auf der Welt, genommen. Das heißt, die Bienen
leisten einen wichtigen Beitrag dafür, dass wir täglich was auf ‘m Teller haben.“

Überall auf der Welt spielen Bienen als Bestäuber eine große Rolle. Sie sorgen dafür, so
Andrée Hamm, dass wir was auf dem Teller haben, was zu essen haben. Allerdings
verwaltet sich ein Bienenvolk nicht von selbst – und die Imkerei ist ein Handwerk, das
gelernt sein will.

Autorinnen: Julia Vergin, Beatrice Warken


Redaktion: Ingo Pickel

Arbeitsauftrag
Ihr wollt euren eigenen Honig herstellen. Informiert euch zunächst grundsätzlich, was ihr
dafür braucht: ob zum Beispiel in eurem Land Regularien gelten und einzuhalten sind, ob es
Fachleute gibt, mit denen ihr Gespräche führen könnt. Verteilt dann die notwendigen
Aufgaben innerhalb eurer Lerngruppe. Jede Kleingruppe erstellt einen Bericht über die
Ergebnisse in ihrem Aufgabenbereich.

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