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ZSR 2018; 64(4): 563–591

Evelyn Sthamer*
Die AfD-Wahl als Antwort auf Statusängste?
Zum Einfluss ökonomischer Deprivation und Zukunftssorgen
auf AfD-Wahlabsichten

https://doi.org/10.1515/zsr-2018-0026

Abstract: In der folgenden Studie wird der Erklärungsbeitrag von Ungerechtig-


keitswahrnehmungen und negativen intra- und intergenerationalen Zu-
kunftserwartungen für den Erfolg der AfD in Deutschland betrachtet. Dabei
erweisen sich sogenannte „Abstiegsängste der Mitte“ sowie intergenerationale
Verfestigungserwartungen im unteren Einkommensbereich als relevant. Das
Ungerechtigkeitsempfinden wirkt sich indirekt über die Wahrnehmung, dass
der Staat zu wenig Geld für die eigene Bevölkerung ausgibt, statt auf andere
Gruppen zu achten, auf die AfD-Wahlabsicht aus. Die Ergebnisse verweisen
darauf, dass ein stärkerer sozialpolitischer Fokus auf das Thema soziale Sicher-
heit fruchtbar sein könnte, um dem Rechtspopulismus zu begegnen.

Schlüsselwörter: AfD, Abstiegsangst, Ungerechtigkeitsempfinden, intergenera-


tionale Mobilitätserwartungen

1 Einleitung
„Die Angst der Mittelschicht vor dem Abstieg droht die Republik zu zerreißen“
(Hagelüken 2018). Dieser Titel eines Essays in der Süddeutschen Zeitung vom 27.
Januar 2018 ist nur einer von vielen zum Thema Abstiegsangst. Der Erfolg der
Alternative für Deutschland (AfD) wird hier als Protestwahl derjenigen gedeu-
tet, die sich durch die Akademisierung, den Wertewandel oder die Postindustri-
alisierung der Gesellschaft an den Rand gedrängt sehen. Es seien diejenigen
„mit Abstiegssorgen, denen Status und Ordnung viel bedeuten“, die die Volks-
parteien zurückgewinnen müssen.1

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1 Ich danke Patrick Sachweh und Jan Brülle für ihre hilfreichen Anmerkungen sowie den
beiden anonymen Gutachterinnen oder Gutachtern für die konstruktive Kritik. Weiterhin dan-
ke ich den Teilnehmenden der Jahrestagung 2018 der Sektion Sozialpolitik für ihre hilfreichen
Kommentare sowie der DFG und allen voran den Teilnehmenden der Gruppendiskussionen

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*Kontaktperson: Evelyn Sthamer, Goethe-Universität Frankfurt am Main, Institut für Soziologie,
Theodor-W.-Adorno Platz 6, 60323 Frankfurt am Main, E-Mail : sthamer@soz.uni-frankfurt.de
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Bereits zu der Frage, ob Abstiegsangst tatsächlich ein aktuell relevantes


Phänomen ist, das bis in die Mitte der Gesellschaft hineinreicht, gibt es unter-
schiedliche Auffassungen. Während aktuelle Zeitdiagnosen von einer ganzen
„Gesellschaft der Angst“ (Bude 2016) bis hin zu einer stärker auf die untere
Mitte verengten Sichtweise einer „Abstiegsgesellschaft“ (Nachtwey 2016) rei-
chen, sind die empirischen Ergebnisse noch widersprüchlicher. Dabei wird
einerseits betont, dass vor allem langfristige und intergenerationale Abstiegs-
sorgen verbreitet seien (Kohlrausch 2018), andererseits seien Abstiegssorgen vor
allem für die Mitte konjunkturabhängig und somit aktuell auf einem „histori-
schen Tiefstand“ (Lengfeld/Ordemann 2017).
Derzeit vollzieht sich die Diskussion um Abstiegsängste meist vor dem Hin-
tergrund ihrer postulierten gesellschaftspolitischen Folgen, denn spätestens
nach den Wahlerfolgen der AfD werden diese als Ursache für den Aufstieg des
Rechtspopulismus erwogen (vgl. Bude 2016; Brinkmann et al. 2006; Nachtwey
2016; Kohlrausch 2018). Interessanterweise werden sie in quantitativen Analy-
sen aber kaum und allenfalls ergänzend berücksichtigt, wenn es um den Ein-
fluss der ökonomischen Lage auf die AfD-Parteiaffiliation geht. Vielmehr kreist
die Debatte dort um die (konkurrierende) Bedeutung ökonomischer und kultu-
reller Aspekte (Lux 2018a; Rippl/Seipel 2018; Lengfeld/Dilger 2018; Schröder
2018; Tutić/von Hermanni 2018).
Es zeigt sich dabei, dass Gruppen mit niedrigem bis mittlerem sozialen Sta-
tus zwar überproportional häufig die AfD als Parteipräferenz angeben (Lux
2018a; Tutić/von Hermanni 2018), allerdings bestehen deutliche Hinweise, dass
subjektive und objektive Deprivation nicht direkt, sondern lediglich indirekt auf
die AfD-Wahlabsicht wirken: Der positive Effekt eines niedrigen sozialen Status
vermindert sich deutlich oder schwindet sogar, wenn für Ausländerfeindlichkeit
bzw. die Ablehnung von Geflüchteten kontrolliert wird (Inglehart/Norris 2016;
Rippl/Seipel 2018; Lengfeld/Dilger 2018; Schröder 2018). Daraus wird geschluss-
folgert, dass die Kritik an der Flüchtlingszuwanderung der wichtigste Erklä-
rungsfaktor für die Unterstützung der AfD ist (Lengfeld 2018; Schröder 2018).
Die Trennlinie zwischen kulturellen und ökonomischen Einflüssen ist aber
faktisch unscharf, sodass nicht nur in aktuellen Zeitdiagnosen, sondern auch in
empirischen Studien betont wird, dass kulturelle Bedrohungsgefühle durch
Migration „ökonomisch eingefärbt“ sein können (Lux 2018b) oder sich etwa in
dem Gefühl von „Unvermögen, den erreichten Status an die nächste Generation
weiterzureichen“ (Koppetsch 2017: 217) niederschlagen können (Koppetsch

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und der quantitativen Befragung für die Einblicke in ihre persönlichen Einstellungs- und Er-
fahrungswelten.
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2017; Reckwitz 2018). Gleichzeitig erscheint es plausibel, dass das Ausmaß, in


dem eine ökonomische Einfärbung kultureller Aspekte eine Rolle spielt, sozial-
strukturell variiert. Entsprechend zeigen Lengfeld und Dilger (2018) in einer
differenzierten Betrachtung des Zusammenspiels kultureller und ökonomischer
Faktoren, dass die Ablehnung von Geflüchteten einen stärkeren Effekt für sta-
tushöhere Gruppen hat als für statusniedrigere Gruppen und danach „die Wich-
tigkeit von wirtschaftlichen und kulturellen Faktoren für die AfD-Identifikation
sich je nach Bildung, Einkommen und Abstiegssorgen unterscheidet“ (Leng-
feld/Dilger 2018: 194).
Die folgende Studie setzt an den unterschiedlichen Wichtigkeiten verschie-
dener Faktoren für die AfD-Wahlabsicht an, legt den Fokus jedoch auf subjekti-
ve ökonomische Faktoren, d. h. Gerechtigkeitswahrnehmungen und Zu-
kunftserwartungen, und ihre unterschiedlichen Effekte nach objektivem
ökonomischem Status. Neben „Abstiegsängsten der Mitte“ werden dabei inter-
generationale Mobilitätserwartungen sowie für niedrige Statuslagen die Sorge
vor einer intra- oder intergenerationalen „Verfestigung“ in schlechten ökonomi-
schen Lagen berücksichtigt. Gerade vor dem Hintergrund der „Verfestigung von
Armut“ (Groh-Samberg 2014; Groh-Samberg/Hertel 2015) als Kernbefund der
Armuts- oder Mobilitätsforschung stellt sich dabei die Frage, ob auch enttäusch-
te Aufstiegshoffnungen einen wichtigen Erklärungsbeitrag in der Debatte um
den Erfolg der AfD leisten. Bisher wurden diese Aspekte noch kaum betrachtet.
Wenn sie sich als relevant für die Erklärung von AfD-Wahlabsichten erweisen,
stellen sie mögliche Ansatzpunkte sozialpolitischer und gesellschaftspolitischer
Maßnahmen zur Prävention rechtspopulistischer Präferenzen dar.
Im Folgenden werden die theoretischen Überlegungen und der Forschungs-
stand sowie daraus abgeleitete Hypothesen dargelegt (Kapitel 2). Dann be-
schreibe ich die zugrunde liegenden Daten der Untersuchung und die Operatio-
nalisierung der Variablen (Kapitel 3). Es handelt sich um Daten einer im
Frühjahr/Sommer 2017 durchgeführten Primärerhebung im DFG-Projekt „Un-
gleichheitsdeutungen und Gerechtigkeitsorientierungen in Deutschland“. Es
folgt die Darstellung der Ergebnisse zum Einfluss von subjektiv ökonomischen
Lagebeurteilungen auf AfD-Wahlabsichten (Kapitel 4). Der Artikel endet mit
einer Diskussion der Ergebnisse und einigen Anregungen für zukünftige For-
schungsarbeiten zum Thema (Kapitel 5).
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2 Theoretische Überlegungen, Forschungsstand


und Hypothesen
Wenngleich der aktuelle Forschungsstand einerseits kulturelle Aspekte, allen
voran die Kritik an der Zuwanderung Geflüchteter, als ausschlaggebend für
AfD-Parteiidentifikationen betont (Lengfeld/Dilger 2018; Schröder 2018), be-
steht andererseits – inzwischen – große Einigkeit darüber, dass die ökonomi-
sche Lage ebenfalls von Bedeutung für die AfD-Wahlabsicht ist (Lengfeld 2018;
Lengfeld/Dilger 2018; Lux 2018a; Rippl/Seipel 2018; Tutić/von Hermanni 2018).
Unklar ist aber noch, in welcher Weise und über welche Mechanismen (neben
der Ausländerfeindlichkeit bzw. Kritik an der Flüchtlingszuwanderung) sich
diese auf die AfD-Wahlabsicht auswirkt.
Als gesichert gilt: Die Eigenschaften der AfD-Wähler/-innen haben sich (pa-
rallel zu einer Verschiebung nach rechts in der politischen Selbstverortung) von
einer Partei der Besserverdienenden zu einer Partei der ökonomisch schlechter
gestellten Gruppen verschoben (Bieber et al. 2018). Gleichzeitig machen diejeni-
gen, die sich selbst der Unterschicht zugehörig fühlen, einen bedeutsamen Teil
der AfD-Wählerschaft aus (Bieber et al. 2018: 449).
Im Folgenden theoretischen Teil wird bewusst auf die bereits häufig vorge-
nommene Gegenüberstellung kultureller und ökonomischer Faktoren verzichtet
und stattdessen versucht zu erklären, wie sich ökonomische Faktoren über
subjektive Lagebeurteilungen – worunter sowohl Ungerechtigkeitswahrneh-
mungen als auch negative Zukunftserwartungen (Prekaritätserwartungen und
negative intergenerationale Mobilitätserwartungen) gefasst werden – auf die
AfD-Wahlbereitschaft auswirken könnten.2

2.1 Die Modernisierungsverliererthese: Ökonomische


Erklärungen der AfD-Wahlabsicht
Den ökonomischen Erklärungen für rechtspopulistische Parteipräferenzen lie-
gen objektive Ungleichheitsentwicklungen seit den 1990er Jahren zugrunde.
Kennzeichnend hierfür sind die Globalisierung und der Wandel zur Dienstleis-
tungsgesellschaft, die mit gestiegenen Qualifikationsanforderungen, einer rela-

||
2 Die theoretische Debatte um die kulturelle Konfliktlinie zwischen Kosmopolitismus und
Kommunitarismus kann in zahlreichen Publikationen nachgelesen werden (Ignazi 1992;
Inglehart/Norris 2016; Merkel 2016; Zürn/Wilde 2016).
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tiven ökonomischen Abwertung mittlerer und geringer Bildungsabschlüsse


sowie erhöhten Unsicherheiten auf dem Arbeitsmarkt einhergingen (Ge-
bel/Giesecke 2011; Blossfeld et al. 2007). Entsprechend steigt (mit Ausnahme
des Zeitraums zwischen 2005 und 2010) die Ungleichheit der Einkommen an: Im
mittleren und unteren Einkommensbereich findet eine Stagnation bzw. ein
Rückgang der Realeinkommen statt, während obere Einkommen immer weiter
hinzugewinnen (Grabka/Goebel 2018, 2017; Goebel et al. 2015). Gleichzeitig ist
in den letzten zehn Jahren zwar eine negative Entwicklung der Arbeitslosigkeit
zu verzeichnen, diese schlägt sich aber nicht in einem Rückgang der Armutsri-
sikoquote nieder. Darüber hinaus ist die Armut unter Erwerbstätigen gestiegen
und Ausstiege aus Armut und Prekariat werden immer schwieriger (Allmendin-
ger et al. 2018; Brülle 2018; Groh-Samberg 2015; Grabka/Frick 2010).
Die beschriebenen Entwicklungen haben „Gewinner“ und „Verlierer“ her-
vorgebracht, wobei Personen im unteren Einkommensbereich, Geringqualifi-
zierte und Arbeiter/-innen – aber auch Langzeitarbeitslose – als „Verlierer“
gesellschaftlicher Entwicklungen gelten. Die „Modernisierungsverliererthese“
postuliert, dass vor allem die letztgenannte Gruppe zu der Wahl rechtspopulis-
tischer Parteien neigt (Lengfeld 2017; Spier 2010).3
Lengfeld (2017) führt verschiedene Mechanismen auf, warum ausgerechnet
„Modernisierungsverlierer“ rechtspopulistische Parteien präferieren, deren
Wahlprogramm auf den ersten Blick ihren Eigeninteressen widerspricht. Erstens
die „Protestwahl“ (Arzheimer 2008): Betroffene fühlen sich nicht mehr von den
vorhandenen etablierten Parteien vertreten und wählen eine radikale Partei, um
wieder Aufmerksamkeit durch diese zu erreichen. Zweitens Verteilungskonflik-
te, etwa der „realistische Gruppenkonflikt“ (Sherif 1988): Die Wahl einer migra-
tionskritischen Partei wie der AfD wird dabei über die wahrgenommene Kon-
kurrenz um knappe Ressourcen (z. B. Arbeitsplätze oder Sozialleistungen) mit
Einwanderern begründet, die sich sowohl im Zuge der „Flüchtlingskrise“ 2015
als auch im Zuge der Globalisierung vor allem im Bereich geringqualifizierter
Positionen erhöht hat. Nicht eine Bedrohung der sozialen Identität, sondern die
Bedrohung der ökonomischen Sicherheit ist dabei ausschlaggebend: Kommen
mehr Personen ähnlicher Qualifikation in das Land, kann dies als Gefährdung

||
3 Bei der Beschreibung des Forschungsstands konzentriere ich mich ausschließlich auf jünge-
re Studien und für Deutschland explizit solche, die sich mit AfD-Wahlabsichten beschäftigen.
Für einen umfassenderen Überblick zum Forschungsstand zum Thema Rechtspopulismus
siehe Kriesi/Pappas (2016).
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der ökonomischen Situation wahrgenommen werden, weswegen eine Partei


präferiert wird, die eine Eindämmung von Migration propagiert.
Tatsächlich wurde in mehreren jüngeren Studien befunden, dass Personen
in einer benachteiligten objektiven Lage, etwa mit einem geringen Einkommen,
geringer Bildung, Arbeiter/-innen und Arbeitslose häufiger eine AfD-
Wahlabsicht haben (Lengfeld/Dilger 2018; Lux 2018a; Rippl/Seipel 2018;
Tutić/von Hermanni 2018). Diese Einflüsse reduzieren sich allerdings deutlich
oder verschwinden, wenn multivariat kulturelle Faktoren kontrolliert werden
(Lengfeld/Dilger 2018; Rippl/Seipel 2018). Es kann daher vermutet werden, dass
die ökonomische Lage sich vor allem über Ausländerfeindlichkeit und Kritik an
der Flüchtlingszuwanderung auf die AfD-Wahlabsicht auswirkt.4 Personen aus
niedrigen sozialen Lagen würden entsprechend wegen des oben beschriebenen
realistischen Gruppenkonflikts, d. h. der Konkurrenz um knappe Ressourcen,
eine Bedrohung durch Geflüchtete und Migrantinnen und Migranten wahrneh-
men und die AfD schließlich aufgrund ihrer auf die Eindämmung von Migration
ausgerichtete Programmatik als subjektiv „rationale“ Alternative wählen.
Auf Grundlage dieser theoretischen und empirischen Erkenntnisse kann
folgende Hypothese formuliert werden: Je niedriger die objektive soziale Lage ist,
desto wahrscheinlicher ist es, dass eine Person eine AfD-Wahlabsicht angibt (H1).
Diese Hypothese wird in einem nächsten Schritt durch die Annahme erwei-
tert, dass sich die objektive Lage über subjektive Lagebeurteilungen auswirkt.
Entsprechend wird, wie Lengfeld vorschlägt, eine Reformulierung bzw. Erweite-
rung der Modernisierungsverliererthese vorgenommen (vgl. Lengfeld 2018).

2.2 Die Erweiterung der Modernisierungsverliererthese I: Der


Einfluss subjektiver Ungerechtigkeitswahrnehmungen
Die These, dass subjektive Lagebeurteilungen ausschlaggebender sind als die
objektive Lage, folgt der Theorie relativer Deprivation, nach der Ungerechtig-
keitsempfindungen dann auftreten, wenn Personen oder Personengruppen ihre
(ökonomische) Lage im Vergleich zu anderen negativ einschätzen (Runciman
1966). So werden entsprechend des Thomas-Theorems nicht der objektive Sta-

||
4 Studien, bei denen die (objektive und subjektive) soziale Lage die geringste Bedeutung hat,
schauen sich Parteiidentifikationen und nicht Wahlabsichten an. Es handelt sich aber bei
knapp 40 % der AfD-Wähler/-nnen um Protestwähler/-innen, die sich mit einer höheren Wahr-
scheinlichkeit durch eine (auch ökonomische) Unzufriedenheit kennzeichnen (vgl. Bieber et al.
2018).
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tus, sondern vor allem subjektive Entwertungserfahrungen als relevant für die
Interpretation der „Modernisierungsverliererthese“ und damit AfD-Wahl-
absichten angenommen (Thomas/Thomas 1928).
Aus diesen Überlegungen ergibt sich erstens die allgemeine Hypothese,
dass Ungerechtigkeitsempfindungen einen positiven Einfluss auf die AfD-
Wahlabsicht haben (H2).
Erwartbar ist dabei, dass eine aktuelle „ökonomische Bedrohung“ aufgrund
der relativen Abwertungserfahrungen in den letzten 25 Jahren zunehmend von
Personen in unteren Statuslagen wahrgenommen wird. Diese könnte sich durch
Ungerechtigkeitsempfindungen der eigenen Lage im Vergleich zu anderen äu-
ßern. Lengfeld beschreibt das wie folgt:

Die durch wirtschaftliche Globalisierung ausgelöste (relative) materielle Verschlechterung


der Lebensbedingungen statusniedriger Personen beeinflusst über die Empfindung der
ökonomischen Bedrohung durch ethnisch-kulturell Fremde das AfD-Wahlverhalten
(Lengfeld 2018: 306).

Tatsächlich zeigen aktuelle Studien, dass der Effekt objektiver ökonomischer


Faktoren durch die Hinzunahme von Ungerechtigkeitsempfindungen an Bedeu-
tung verliert (Tutić/von Hermanni 2018; Lux 2018a; Rippl/Seipel 2018).
Aufgrund der Erwartung, dass Personen in unteren Statuslagen erst dann
zur AfD neigen, wenn sie ihre Lage als ungerecht empfinden (was in diesen
Gruppen auch empirisch häufiger vorkommt als in Gruppen mit höherem sozia-
len Status (vgl. Liebig et al. 2013; Sachweh/Sthamer 2016), sowie aufgrund der
zitierten empirischen Ergebnisse ergibt sich zweitens folgende Hypothese: Eine
niedrige objektive soziale Lage wirkt sich vermittelt über Ungerechtigkeitsempfin-
dungen auf die AfD-Wahlabsicht aus (H3).

2.3 Die Erweiterung der Modernisierungsverliererthese II:


Negative ökonomische Zukunftserwartungen
Neben dem aktuellen Ungerechtigkeitsempfinden könnte auch die Erwartung
einer zukünftigen Lageverschlechterung bzw. die Erwartung eines (langfristigen)
Verharrens in einer schlechten ökonomischen Lage die AfD-Wahlabsicht beein-
flussen.
An dieser Stelle ist eine noch großzügigere Interpretation der Modernisie-
rungsverliererthese nötig als oben, da gerade Zukunftserwartungen diffus und
stärker vom aktuellen sozialen Status entkoppelt sein können (Kraemer 2010;
Lengfeld/Ordemann 2017). Sie können sich auf die eigene kurzfristige oder lang-
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fristige Zukunft (intragenerational) oder die Lage der nachfolgenden Generation


(intergenerational) beziehen (Kraemer 2010; Schöneck et al. 2011). Während die
kurzfristige Zukunft relativ realistisch abgeschätzt werden kann, sind langfristi-
ge oder gar intergenerationale Erwartungen zur Lage der Kinder, wenn diese
erwachsen sind, deutlich spekulativer.
So könnten etwa gesellschaftliche und kulturelle Veränderungen in der Ge-
sellschaft, wie sie im Zuge der Globalisierung stattfinden, eine generelle Verun-
sicherung (auch höherer Statusgruppen) hervorrufen, die sich dann wiederum
in einem intergenerationalen ökonomischen Bedrohungsgefühl niederschlagen
könnte (Koppetsch 2017). Ein erwarteter Einfluss negativer Zukunftserwartun-
gen ist auch an die Diskussion um den Einfluss von „Abstiegsängsten“ der Mitte
auf die AfD-Wahlabsicht anschlussfähig (Nachtwey 2016). So argumentiert
bspw. Kraemer (2010), dass Abstiegsängste etwa durch die Entwertung von
Berufsabschlüssen im Zuge der Bildungsexpansion begünstigt würden (Krae-
mer 2010: 214).
Bestehende Forschungsarbeiten fokussieren sich weniger auf Zukunftser-
wartungen, aber berücksichtigen diese teilweise als ergänzende Variablen zu
objektiven ökonomischen Faktoren und zur Überprüfung der Modernisierungs-
verliererthese (Hilmer et al. 2017; Rippl/Seipel 2018; Schmitt-Beck et al. 2017;
Lengfeld/Dilger 2018). Insgesamt zeigt sich dabei, dass Zukunfts- wie auch Ge-
rechtigkeitswahrnehmungen für die AfD-Wahlabsicht bedeutsamer sind als die
(aktuelle) objektive ökonomische Lage und hier teilweise vermittelnd wirken.
Insbesondere in der Studie von Hilmer et al. (2017) lassen sich interessante Er-
kenntnisse für die vorliegende Studie gewinnen, die da schlussfolgern:

Menschen, die AfD wählen oder es in Erwägung ziehen, befinden sich somit überwiegend
nicht in einer finanziell prekären Situation, aber sie fühlen sich vor möglichen Krisen in
der Zukunft nicht ausreichend geschützt (Hilmer et al. 2017: 33).

Auch wird betont, dass intergenerationale Zukunftsängste ein besonders starker


Treiber zur AfD-Wahlabsicht sind (Hilmer et al. 2017). Vor diesem Hintergrund
ergibt sich die Hypothese, dass negative ökonomische Zukunftserwartungen
einen positiven Einfluss auf die AfD-Wahlabsicht haben (H4).

2.4 Unterschiedliche Effekte sozialer Lagebeurteilungen nach


objektiven ökonomischen Lagen
In den vorangegangenen Abschnitten wurde angeführt, dass „Modernisie-
rungsverlierer“ vor allem in unteren sozialen Lagen zu finden sind und diese
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aufgrund aktueller ökonomischer Bedrohungswahrnehmungen zur AfD neigen.


Jedoch wurden die Hypothesen vor allem für die negativen Zukunftserwartun-
gen so formuliert, dass ein Einfluss gleichermaßen besteht, wenn diese in höhe-
ren Statuslagen vorkommen. Vor dem Hintergrund der „Abstiegsängste der
Mitte“ oder der eigens gestellten Frage danach, ob insbesondere die Verfesti-
gung von Armut und prekären Lebenslagen Ankerpunkte für den Erfolg der AfD
sein könnten, bietet sich jedoch eine differenziertere Betrachtung des Einflusses
subjektiv ökonomischer Lagebeurteilungen nach objektiven sozialen Lagen an:
Gibt es einen Unterschied nach Einkommensgruppen, wie stark sich negative
Lagebeurteilungen auf eine AfD-Wahlabsicht auswirken?
Hier sind gegenläufige Hypothesen vorstellbar: Einerseits könnten – gemäß
der Modernisierungsverliererthese – sich subjektive Lagebeurteilungen stärker
für die unteren Einkommensschichten auf die AfD-Wahl auswirken (H5a). Diese
Gruppe ist, wie oben aufgeführt, durch Migrationsprozesse am stärksten einer
Konkurrenzsituation um Arbeitsplätze und Sozialleistungen ausgesetzt und
könnte deshalb Migration für ihre (aktuelle und erwartete) negative Lage ver-
antwortlich machen.
Andererseits könnte der Einfluss subjektiver Lagebeurteilungen auch mit
der jeweiligen aktuellen Relevanz zwischen sozialen Gruppen variieren. Wäh-
rend etwa aktuelle Ungerechtigkeitsempfindungen für die unteren Statuslagen
am ehesten alltagsbestimmend sind (Liebig et al. 2013), könnten intra- und
intergenerationale Zukunftserwartungen besonders für die Mitte relevant sein
(darauf verweisen Studien, die sich mit der Lebensführung der Mittelschicht
auseinandersetzen und dieser eine „investive Statusarbeit“ attestieren; vgl.
Groh-Samberg et al. 2014) .
Die Annahme wäre schließlich, dass subjektive Lagebeurteilungen sich
nicht gleichermaßen auf die AfD-Wahlabsicht auswirken, sondern vor allem in
den Gruppen, für die der jeweilige Aspekt besonders salient ist. Gerade bei der
Mitte könnte die AfD-Wahlabsicht dann eine Protestwahl darstellen, da die
bestehenden Parteien deren Anliegen zu wenig adressieren und sie hoffen,
dadurch wieder mehr Aufmerksamkeit durch die etablierten Parteien zu erlan-
gen. Daraus ergeben sich folgende Hypothesen: Das Gerechtigkeitsempfinden
wirkt sich am stärksten für untere Einkommensgruppen auf die AfD-Wahlabsicht
aus (H5b). Intra- und intergenerationale negative Zukunftserwartungen wirken
sich am stärksten für mittlere Einkommensgruppen auf die AfD-Wahlabsicht aus
(H5c).
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3 Daten und Methoden


3.1 Daten
Die Analysegrundlage bilden Primärdaten einer repräsentativen mehrfach ge-
schichteten dreistufigen Zufallsstichprobe aus dem DFG-Projekt „Ungleich-
heitsdeutungen und Gerechtigkeitsorientierungen in Deutschland“.5 Die quanti-
tative CAPI-Befragung von insgesamt 2.089 deutschsprachigen Personen ab 18
Jahren wurde von April bis Juni 2017 durch das Münchener Umfrageinstitut
KANTAR Public durchgeführt (Thümmel/Geiss 2017).
Als Basis für die Fragebogenentwicklung des Mixed-Methods-Projekts dien-
ten Ergebnisse aus Gruppendiskussionen mit homogenen Gruppen unterschied-
licher sozialer Schichten zum Thema soziale Ungleichheit in Deutschland. Da
das Thema soziale Mobilität sich dabei schichtübergreifend als relevant für
Ungleichheitswahrnehmungen darstellte, wurden neben Items zu Ausmaß,
Gründen und Folgen sozialer Ungleichheit, zu Gerechtigkeitsorientierungen
sowie einer umfassenden Soziodemografie verschiedene Items zu individuellen
Mobilitätserwartungen in den Fragebogen aufgenommen. Sie bieten das Poten-
tial, eine differenzierte Betrachtung, insbesondere subjektiver Lagebeurteilun-
gen, vorzunehmen. Darüber hinaus handelt es sich um vergleichsweise aktuelle
Daten, was gerade vor dem Hintergrund, dass sich die AfD von einer eurokriti-
schen Partei und einer Partei der Besserverdienenden zu einer Partei der Migra-
tionskritiker/-innen und mittleren bis unteren Statusgruppen weiterentwickelt
hat, von Bedeutung sein könnte (Bieber et al. 2018). Eine Einschränkung der
Daten besteht in ihrer recht kleinen Analysestichprobe derjenigen, die eine
Wahlpräferenz angegeben haben (N = 852).

||
5 Dieses an der Goethe-Universität Frankfurt angesiedelte Projekt wurde von Dr. Patrick
Sachweh geleitet und durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) (SA 2812 / 1-1) finan-
ziert. Beim Auswahlverfahren handelt es sich um ein Standard-Random-Verfahren (SR). In
dessen Rahmen ist die Ausweisung von Ausschöpfungsquoten (die im Feldbericht der Studie
mit 15,4 % ausgewiesen wird) weniger aussagekräftig als eine Gegenüberstellung der Eigen-
schaften der Stichprobe mit bekannten Verteilungen in der Gesamtbevölkerung. Den Unter-
schieden in den Randverteilungen wird in allen Analysen durch die Verwendung von Bevölke-
rungsgewichten begegnet.
AfD-Wahl und Statusängste | 573

3.2 Operationalisierung
Abhängige Variable ist die AfD-Wahlabsicht, die anhand der sogenannten
„Sonntagsfrage“ erhoben wurde. Es wurde zunächst danach gefragt, ob die
Befragungsperson eine Wahlabsicht hat, und anschließend, für welche Partei
sich die Person entscheiden würde.6 Diese Frage beantworteten 1.230 Personen
(ohne noch Unentschiedene). Die Variable misst, ob eine Person als Wahlab-
sicht die AfD im Gegensatz zu allen anderen Parteien angibt, und ist 0/1-kodiert.
Als erklärende Faktoren verwende ich das Ungerechtigkeitsempfinden, in-
tragenerationale Prekaritätserwartungen sowie negative intergenerationale
Mobilitätserwartungen.
Das Ungerechtigkeitsempfinden wurde anhand des (auch im ALLBUS ver-
fügbaren) ergebnisbezogenen Gerechtigkeitsempfindens operationalisiert: „Im
Vergleich dazu, wie andere hier in Deutschland leben: Glauben Sie, dass Sie
Ihren gerechten Anteil erhalten, mehr als Ihren gerechten Anteil, etwas weniger
oder sehr viel weniger?“ Die 4-stufige Antwortskala wurde dichotomisiert, so-
dass die Angabe, „etwas weniger“ oder „sehr viel weniger“ zu erhalten, eine
Ungerechtigkeitswahrnehmung anzeigt.
Für die Prekaritätserwartungen wurde ein Index gebildet, der misst, mit
welcher Wahrscheinlichkeit (Skala 0-100, 11-stufig) die Befragten glauben, in
den nächsten 5 Jahren von folgenden Situationen betroffen zu sein:7 Arbeitslo-
sigkeit, Hartz-IV-Bezug, schlechte Bezahlung, befristete Beschäftigung, aus
finanziellen Gründen in eine günstigere Wohnung umziehen müssen, von Er-
sparnissen leben, um den Lebensunterhalt zu bestreiten, und für den eigenen
Lebensunterhalt und den der Familie nicht mehr sorgen können. Nach einer
explorativen Hauptkomponentenanalyse laden alle Items auf einem Faktor. Da
die schlechte Bezahlung sowie die befristete Beschäftigung für einige Befragte
(z. B. Arbeitslose) einen Aufstieg bedeuten, werden diese beiden Items aus der

||
6 Hier ist es zentral zu betonen, dass die generelle Wahlabsicht bereits sozial selektiv ist:
Während von den unteren Einkommen ca. 25 % angaben, nicht wählen zu wollen, waren es bei
den hohen Einkommen nur ca. 5 % (mittlere Einkommen: 12 %). Bei der konkreten Parteipräfe-
renz ist ebenfalls der Anteil noch Unentschiedener bei den niedrigen Einkommen höher (ca.
18 %) als bei den mittleren (16 %) oder hohen Einkommen (11 %).
7 Der Fragetext lautet: „Unabhängig davon, ob Sie derzeit von einer oder mehrerer der folgen-
den Situationen betroffen sind oder nicht: Für wie wahrscheinlich halten Sie es, dass Sie
(auch) zu mindestens einem Zeitpunkt in den nächsten 5 Jahren davon betroffen sein werden?
Bitte geben Sie die Wahrscheinlichkeit auf einer Skala von 0 bis 100 an. Der Wert 0 bedeutet:
Das wird mit Sicherheit nicht eintreten. Der Wert 100 bedeutet: Das wird mit Sicherheit eintre-
ten. Mit den Werten zwischen 0 und 100 können Sie die Wahrscheinlichkeit abstufen.“
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Indexbildung ausgeschlossen.8 Der summative Index reicht von 0 bis 10 und


misst nicht nur erwartete Abstiege, sondern für diejenigen, die sich bereits in
einer der betreffenden Lagen befinden, die Erwartung eines Verharrens in pre-
kären Lagen.
Für die intergenerationalen negativen Mobilitätserwartungen wurde gefragt,
wie die Befragten ihren derzeitigen Lebensstandard („Wie schätzen Sie Ihren
derzeitigen materiellen Lebensstandard ein?“) und den zukünftigen der heutigen
Kinder einschätzen: „Angenommen, Sie haben oder hätten Kinder im Alter bis zu
etwa 15 Jahren. Wenn diese Kinder so alt sind wie Sie heute, was glauben Sie, wie
deren Lebensstandard sein wird?“ Die Antwortkategorien reichen von 1 „sehr
gut“ bis 7 „sehr schlecht“ und wurden zunächst zu drei Ausprägungen
„schlecht“ (5–7), „mittel“ (4) und „gut“ (1–3) zusammengefasst. Die Variable
„Negative intergenerationale Mobilitätserwartungen“ ist 1 kodiert, wenn eine
Befragungsperson den zukünftigen Lebensstandard der Kinder als schlechter
einschätzt als den eigenen oder im Fall eines schlecht eingeschätzten derzeiti-
gen Lebensstandards als ebenfalls schlecht.
Als Kontrollvariablen dienen Bildung, Einkommensgruppen, Altersgrup-
pen, Geschlecht (Frau = 1), aktuelle Arbeitslosigkeit, Arbeitslosigkeitserfahrun-
gen in den letzten 10 Jahren, Wohnregion (Ostdeutschland = 1) sowie Variablen,
die mit migrationskritischen Einstellungen in Zusammenhang stehen können.
Jeweils werden nur bis zu drei Kategorien gebildet, da sonst aufgrund geringer
Fallzahlen keine stabilen Ergebnisse mehr gewährleistet werden können. Die
Bildungsvariable wird anhand der schulischen und beruflichen Bildung nach
CASMIN (Lechert et al. 2006) in eine hohe (Hoch- oder Fachhochschulab-
schluss), mittlere (Mittlere Reife und Fachhochschulreife/Abitur mit oder ohne
Berufsbildung) und niedrige Bildung (ohne Abschluss/Hauptschulabschluss
mit oder ohne Berufsbildung) kategorisiert. Die Einkommensgruppen ergeben
sich aus dem bedarfsgewichteten Haushaltsäquivalenzeinkommen. Ein gerin-
ges Einkommen wird dann definiert, wenn eine Person weniger als 70 % des
bundesweiten äquivalenzgewichteten Medianeinkommens zur Verfügung hat,
ein mittleres Einkommen, wenn die Person 70–150 % zur Verfügung hat und ein
hohes Einkommen, wenn sie mehr als 150 % zur Verfügung hat. Bei den Alters-
gruppen unterscheide ich in Anlehnung an Schöneck et al. (2011) zwischen 18-
bis 34-Jährigen (häufig in der Anfangsphase ihrer Erwerbstätigkeit), 35- bis 49-
Jährigen (häufig in Familien- und intensiver Arbeitsphase), 50- bis 64-Jährigen

||
8 Getrennte Hauptkomponentenanalysen für Arme und Arbeitslose zeigen in der Tat, dass die
beiden Indikatoren auf einem zweiten Faktor laden, was zusätzlich für einen Ausschluss dieser
Indikatoren aus dem Index spricht.
AfD-Wahl und Statusängste | 575

(häufig familiär sowie beruflich etabliert) und 65-Jährigen und Älteren (zumeist
im Ruhestand).
Die bestehende Forschung hat gezeigt, dass kulturelle Aspekte – genauer:
Ausländerfeindlichkeit und Kritik an der Flüchtlingszuwanderung – der wich-
tigste Erklärungsfaktor für die AfD-Wahlbereitschaft ist (Lengfeld/Dilger 2018;
Schröder 2018; Rippl/Seipel 2018). Zwar liegt diese Variable in der vorliegenden
Befragung nicht vor, und auch in Bezug auf andere kulturelle Aspekte bietet die
Befragung weniger Wahlmöglichkeiten. Deshalb wird auf die politische Selbst-
einstufung (Rechts-links-Skala) sowie ein eigens formuliertes Item zurückgegrif-
fen, die beide als inklusionsfeindliche Einstellungen gegenüber Fremden be-
zeichnet werden können. Die Rechts-links-Skala wird laut Forschungsstand
anhand dreier Dimensionen interpretiert, wobei unter anderem inklusions-
freundliche Einstellungen mit linken Positionen verknüpft sind und auf Exklu-
sion bestehende Individuen sich eher rechts einstufen (Roßteutscher/Scherer
2013). Die Variable ist von 1 (links) bis 11 (rechts) kodiert, wobei exkludierende
Einstellungen auf der rechten Seite der Skala abgebildet werden. Eine weitere
Kontrollvariable wurde aus den Aussagen der Gruppendiskussionen heraus
entwickelt: Die falsche Prioritätensetzung des Staates wird durch folgendes
Zustimmungsitem abgebildet „Der deutsche Staat sollte sein Geld lieber für die
eigene Bevölkerung ausgeben, als nur auf bestimmte Gruppen (z. B. Banken, Grie-
chenland, Flüchtlinge) zu achten.“ Wenngleich sich diese Variable in ihrer
Mehrdimensionalität nicht direkt auf Ausländerfeindlichkeit und Kritik an der
Flüchtlingszuwanderung bezieht, kann sie jedoch als Bedrohung der Ingroup
durch verschiedene Outgroups interpretiert und durch die Theorie des realisti-
schen Gruppenkonflikts begründet werden (Sherif 1988).

3.3 Methoden
Da die AfD-Wahlabsicht eine Dummy-Variable ist, schätze ich logistische Re-
gressionsmodelle. Dabei nähere ich mich dem theoretischen Modell schrittweise
an, indem ich stufenweise unterschiedliche Erklärungsfaktoren einbeziehe, um
am Ende alle relevanten Variablen in ein Gesamtmodell zu integrieren.
Da die Koeffizienten logistischer Regressionen zwischen verschiedenen
Modellen nicht vergleichbar sind (Ai/Norton 2003; Mood 2010), zeige ich die
Modelle ohne Interaktionseffekte als Average Marginal Effects (AMEs) im Onli-
neanhang. Anhand dieser kann ich eventuelle vermittelnde Effekte identifizie-
ren. Interaktionseffekte werden anhand grafischer Darstellungen von Average
Marginal Effects präsentiert.
576 | Evelyn Sthamer

Im Folgenden wird zunächst – wie in einigen anderen Studien zu AfD-


Wahlabsichten auch – die Merkmalszusammensetzung der Personen mit AfD-
Wahlabsicht der Regressionsstichprobe gegenübergestellt (Lengfeld 2017; Leng-
feld 2018; Lengfeld/Dilger 2018; Lux 2018a; Rippl/Seipel 2018). Damit sind erste
Erkenntnisse in Bezug auf die oben genannten Hypothesen möglich. Ich grenze
unsere Stichprobe für alle Ergebnisse auf diejenigen ein, die auf allen in den
Regressionen berücksichtigten Variablen gültige Werte aufweisen, woraus sich
eine Fallzahl von 852 Personen ergibt.9 Anschließend werden die multivariaten
Ergebnisse präsentiert. Wie bereits oben angemerkt wurde, ist die Analysestich-
probe aufgrund der hohen Anzahl Unentschlossener bei der Wahlabsicht sozial
selektiv: Vor allem benachteiligte Gruppen sind hier unterrepräsentiert, weswe-
gen deskriptiv kein realistisches Abbild der tatsächlichen Wählerschaft ge-
zeichnet werden kann. In unserer Stichprobe haben knapp 8 % die AfD als
Wahlpräferenz genannt.10 Dies sind deutlich weniger als bei der Bundestags-
wahl 2017 (12,6 %) (Vehrkamp/Wegschaider 2017). Typischerweise handelt es
sich bei einer nicht zu vernachlässigenden Gruppe um Personen, die vormals
nicht gewählt haben und die sehr wahrscheinlich in unserer Stichprobe unter-
repräsentiert sind. Da diese Gruppe vornehmlich in sogenannten „sozial prekä-
ren Stimmbezirken“ zu finden ist (Vehrkamp/Wegschaider 2017), kann vermutet
werden, dass der Einfluss ökonomischer Aspekte für die AfD-Wahlabsicht eher
unter- als überschätzt wird. Insgesamt zeigt sich anhand unserer Datenbasis,
dass die AfD-Wahlabsicht in der unteren Einkommensschicht mit 14 % deutlich
häufiger vorkommt als in der mittleren oder oberen Einkommensschicht (8 %
und 5 %).

4 Empirische Ergebnisse
4.1 Wer gibt an, die AfD wählen zu wollen?
Insgesamt zeigt sich anhand unserer Datenbasis, dass die AfD-Wahlabsicht in
der unteren Einkommensschicht mit 14 % deutlich häufiger vorkommt als in der

||
9 Alle Ergebnisse wurden sowohl für die disproportionale Zufallsauswahl für Ost- und West-
deutschland als auch die Haushaltszusammensetzung gewichtet.
10 Dabei handelt es sich um ein Ergebnis der gewichteten Daten. In der nachfolgenden De-
skriptionstabelle bezieht sich die Fallzahl für die AfD-Stichprobe auf ungewichtete Daten und
ist daher etwas höher als nach der Gewichtung. Da jedoch innerhalb der Gruppen gewichtete
Ergebnisse berichtet werden, sollte dies die Ergebnisse nicht beeinflussen.
AfD-Wahl und Statusängste | 577

mittleren oder oberen Einkommensschicht (8 % und 5 %). Aber welche Merkma-


le haben diejenigen, die als Parteipräferenz die AfD angeben? In Tabelle 1 sind
die Ergebnisse im Vergleich zu der Gesamtstichprobe dargestellt.

Tabelle 1: Merkmale von Personen mit AfD-Wahlabsicht im Vergleich zur Gesamtstichprobe

Mittelwert/Prozent: Mit AfD-Wahlabsicht Gesamtstichprobe

Niedrige Einkommen 26,1 14,8


Mittlere Einkommen 60,4 61,6
Hohe Einkommen 13,6 23,7
Geringe Bildung 43,7 37,8
Mittlere Bildung 52,3 41,1
Hohe Bildung 4,0 21,1
18–34 16,7 18,2
35–49 18,3 23,9
50–64 51,8 31,1
65+ 13,3 26,7
Frau 34,2 48,2
Arbeitslos 10,5 2,8
Arbeitslosigkeitserfahrung 30,9 17,4
Ostdeutschland 33,8 19,1
Prekaritätserwartungen 3,2 1,9
Ungerechtigkeitsempfinden 76,8 46,9
Negative intergenerationale Mobilitätserw. 65,6 37,9
Rechts-links-Skala 6,9 5,5
Falsche Priorität Staat 82,9 33,6
N 77 852

Quelle: „Ungleichheitsdeutungen und Gerechtigkeitsorientierungen in Deutschland“; N = 852;


gewichtete Ergebnisse. Eigene Berechnungen.

Zunächst zeigt sich, dass die Altersgruppe der 50- bis 64-Jährigen besonders
stark in der Gruppe mit AfD-Wahlabsicht vertreten ist und der Anteil in Ost-
deutschland höher ist als in Westdeutschland. Auch geben Personen mit gerin-
gem Einkommen überproportional häufig die AfD als Parteipräferenz an (26,1 %
zu 14,8 %), Personen mit hohem Einkommen dagegen seltener (13,6 % zu
23,7 %). Dagegen unterscheidet sich der Anteil mit mittleren Einkommen in
beiden Gruppen kaum (60,4 % zu 61,6 %). Ein mittlerer Bildungsabschluss ist
578 | Evelyn Sthamer

bei den AfD-Anhängerinnen und –Anhängern häufiger vertreten als in der Ge-
samtstichprobe, ein Hoch- oder Fachhochschulabschluss mit 4 % (zu 21,1 %)
deutlich seltener. Dass zusätzlich Arbeitslose sowie Personen mit Arbeitslosig-
keitserfahrung häufiger in der Gruppe mit AfD-Wahlabsicht vorkommen, ist in
Einklang mit anderen Ergebnissen, nach denen „Modernisierungsverlierer“ im
engeren Sinne (d. h. bezogen auf die objektive soziale Lage) besonders häufig
unter AfD-Sympathisantinnen und -Sympathisanten zu finden sind (Lux 2018a;
Tutić/von Hermanni 2018; Rippl/Seipel 2018).
Die deskriptive Verteilung nach objektiven ökonomischen Merkmalen zeigt
also zunächst einen sozialen Gradient bei Personen mit AfD-Wahlabsichten und
ohne an. Wie aber sieht die Verteilung in Bezug auf die subjektiven Lagebeurtei-
lungen aus? Auch hier sind die Indikatoren, die auf die subjektiv ökonomische
Ebene der Modernisierungsverliererthese verweisen, in der Gruppe mit AfD-
Wahlabsicht häufiger beobachtbar. Am deutlichsten fällt dies bei den negativen
intergenerationalen Mobilitätserwartungen auf. Fast 66 % derjenigen, die ange-
ben, die AfD wählen zu wollen, geben dies an, im Vergleich zu knapp 38 % in
der Gesamtstichprobe.11 Auch ein Ungerechtigkeitsempfinden wird in der Grup-
pe mit AfD-Wahlabsicht mit fast 77 % vergleichsweise häufig angegeben. Die
Erwartung, in den nächsten fünf Jahren in einer prekären Lage zu sein, wird
ebenfalls als wahrscheinlicher eingeschätzt als in der Gesamtstichprobe.
Erwartungsgemäß kommen auch Indikatoren, die mit inklusionskritischen
Einstellungen in Verbindung gebracht werden können, d. h. die politische
Selbsteinschätzung und die Einschätzung, dass der Staat sein Geld zu wenig für
die eigene Bevölkerung aufwendet, in der Gruppe mit AfD-Wahlabsicht häufiger
vor. So geben Letzteres fast 83 % unter den AfD-Sympathisantinnen
und -Sympathisanten an, im Vergleich zu knapp 34 % der Gesamtstichprobe.

||
11 Dabei sind diese kein Phänomen, das eher untere Einkommensgruppen betrifft: Mit jeweils
knapp 40 % kommen diese bei oberen und mittleren Einkommensgruppen häufiger vor als in
der unteren Einkommensgruppe mit ca. 28 %, während sowohl Ungerechtigkeitsempfindun-
gen als auch Prekaritätserwartungen in der unteren Einkommensgruppe mit 55 bzw. 25 %
deutlich verbreiteter sind (insbesondere Prekaritätserwartungen kommen in der mittleren und
oberen Einkommensgruppe mit unter 10 % eher selten vor) .
AfD-Wahl und Statusängste | 579

4.2 Multivariate Ergebnisse – Modernisierungsverlierer im


objektiv ökonomischen und/oder subjektiv ökonomischen
Sinne?
Im Folgenden werden nach und nach die verschiedenen Hypothesen im theore-
tischen Modell überprüft, um im letzten Schritt eine Gesamtbetrachtung aller
Indikatoren unter Kontrolle von inklusionskritischen Einstellungen vorzuneh-
men (siehe Tabelle 2 und ergänzend Tabelle A1 im Onlineanhang).
In das erste stufenweise Modell (siehe Modell 1, Tabelle 2) werden zunächst
die soziodemografischen Variablen Einkommen, Bildung, Alter, Geschlecht,
Wohnregion, aktuelle Arbeitslosigkeit und Arbeitslosigkeitserfahrungen einbe-
zogen, um in Modellen 2 bis 4 jeweils die subjektiven Lagebeurteilungen, d. h.
die Ungerechtigkeitswahrnehmungen (Modell 2), die Prekaritätserwartungen
(Modell 3) und die intergenerationalen negativen Mobilitätserwartungen (Mo-
dell 4), getrennt zu berücksichtigen. In einem nächsten Schritt werden in Mo-
dellen 5 bis 7 jeweils wieder getrennt für die subjektiven Lagebeurteilungen
Interaktionen mit objektiven Einkommensgruppen geschätzt. Im Gesamtmodell
(Modell 8) werden schließlich alle zuvor berücksichtigten Variablen gemeinsam
betrachtet und zusätzlich zwei Indikatoren aus der Primärerhebung einbezo-
gen, die am ehesten mit exkludierenden Einstellungen in Verbindung gebracht
werden können. Durch die Kontrolle dieser beiden Variablen möchte ich testen,
ob subjektive Lagebeurteilungen neben den in der Forschung als zentral befun-
denen negativen Einstellungen zur Flüchtlingszuwanderung robuste Effekte
zeigen.

Tabelle 2: Logistische Regression zur AfD-Wahlabsicht (Logit-Koeffizienten)

M1 M2 M3 M4 M5 M6 M7 M8

Bildung (Ref. Mittel)


Niedrig 0.08 -0.16 0.02 0.14 -0.13 0.02 0.10 -0.38
(0.41) (0.42) (0.41) (0.43) (0.42) (0.42) (0.43) (0.53)
Hoch -1.69** -1.61** -1.68** -1.66** -1.66** -1.74** -1.65** -1.14+
(0.59) (0.59) (0.59) (0.58) (0.60) (0.60) (0.59) (0.67)

Alter (Ref. 35 bis 49)


18 bis 34 0.21 0.14 0.15 0.22 0.17 0.11 0.12 0.12
(0.50) (0.50) (0.51) (0.51) (0.50) (0.51) (0.53) (0.75)
50 bis 64 0.89* 0.87* 0.94* 0.71+ 0.89* 0.91* 0.67+ 1.32**
580 | Evelyn Sthamer

M1 M2 M3 M4 M5 M6 M7 M8

(0.40) (0.41) (0.40) (0.39) (0.41) (0.38) (0.40) (0.49)


65+ -0.38 -0.18 -0.16 -0.68 -0.13 -0.22 -0.85 -0.32
(0.49) (0.50) (0.50) (0.50) (0.51) (0.49) (0.53) (0.72)
Frau -0.64+ -0.76* -0.62+ -0.53 -0.73+ -0.62+ -0.55 -0.81+
(0.36) (0.39) (0.35) (0.36) (0.38) (0.35) (0.36) (0.45)
Arbeitslos 0.45 0.48 0.16 0.66 0.63 0.88 1.01 1.39+
(0.71) (0.71) (0.76) (0.62) (0.69) (0.65) (0.62) (0.77)
Arbeitslosigkeitserfahrung 0.39 0.26 0.20 0.28 0.30 0.11 0.45 -0.54
(0.56) (0.54) (0.46) (0.53) (0.53) (0.42) (0.54) (0.55)
Ostdeutschland 0.81* 0.47 0.78* 0.93** 0.46 0.78* 0.88** 0.71
(0.32) (0.36) (0.33) (0.31) (0.35) (0.33) (0.31) (0.45)
Einkommen (Ref. Mittlere)
Geringe Einkommen 0.50 0.43 0.37 0.72+ 1.37+ 1.40* -0.46 0.48
(0.47) (0.49) (0.48) (0.42) (0.79) (0.61) (0.55) (0.83)
Hohe Einkommen -0.17 -0.02 -0.09 -0.26 0.15 0.16 -0.31 0.30
(0.49) (0.49) (0.49) (0.51) (0.76) (0.62) (0.89) (0.71)
Ungerechtigkeitswahrnehmung 1.04* 1.31* 0.65
(0.42) (0.56) (0.49)
Geringe Eink. # Ung.wahrn. -1.24
(0.92)
Hohe Eink. # Ung.wahrn. -0.17
(0.95)
*
Prekaritätserwartung 0.16 0.24** 0.25*
(0.08) (0.09) (0.10)
*
Geringe Eink. # Prek.erwartung -0.33 -0.31+
(0.14) (0.19)
Hohe Eink. # Prek.erwartung -0.10 0.04
(0.25) (0.31)
Negative interg. Erwartungen 1.42*** 0.98* 0.93+
(0.33) (0.41) (0.51)
Geringe Eink. # Neg.interg.Erw. 2.05** 2.33*
(0.75) (1.11)
Hohe Eink. # Neg.interg.Erw. 0.12 0.25
(1.05) (1.02)
Rechts-links-Skala 0.56***
(0.12)
AfD-Wahl und Statusängste | 581

M1 M2 M3 M4 M5 M6 M7 M8

Falsche Prioritätensetzung Staat 2.20***


(0.47)
*** *** *** *** *** *** ***
Constant -2.73 -3.16 -3.08 -3.44 -3.41 -3.26 -3.11 -8.78***
(0.45) (0.50) (0.51) (0.49) (0.56) (0.52) (0.51) (1.04)

pr2 0.12 0.14 0.13 0.17 0.15 0.14 0.19 0.42


Aic 437.02 428.50 432.43 413.74 430.18 430.98 410.25 313.83
Bic 493.99 490.22 494.14 475.46 501.39 502.19 481.46 413.53
N 852.00 852.00 852.00 852.00 852.00 852.00 852.00 852.00

Quelle: „Ungleichheitsdeutungen und Gerechtigkeitsorientierungen in Deutschland“; N = 852;


gewichtete Ergebnisse. Eigene Berechnungen; Standardfehler in Klammern + p < 0.10,
* p < 0.05, ** p < 0.01, *** p < 0.001.

Bei Betrachtung von Modell 1 fällt auf, dass auf Basis der vorliegenden Daten –
und entgegen Hypothese 1 – keine Unterschiede in den AfD-Parteipräferenzen
nach Einkommensgruppen oder der Arbeitslosigkeit(serfahrung) beobachtbar
sind.12 Was allerdings deutlich wird, ist, dass eine hohe Bildung die relative
Chance verringert, die AfD als Wahlabsicht anzugeben. Dies gilt auch unter
Kontrolle aller anderen berücksichtigten sozialstrukturellen Variablen. Im Ver-
gleich zu Personen in mittlerem Alter geben Personen im Alter zwischen 50 und
64 Jahren häufiger eine AfD-Wahlabsicht an. Weiterhin haben Frauen eine ten-
denziell geringe Wahrscheinlichkeit, die AfD zu präferieren. Auch unter Kon-
trolle der soziodemografischen Variablen geben die Befragten in Ostdeutsch-
land mit einer höheren Wahrscheinlichkeit an, die AfD wählen zu wollen.
Welchen Einfluss zeigen die subjektiven Lagebeurteilungen (Modelle 2–4)?
Sowohl die Ungerechtigkeitsempfindungen als auch die Prekaritätserwartungen
und die intergenerationalen Zukunftserwartungen haben einen positiven Ein-
fluss auf die AfD-Wahlabsicht, wobei die Prekaritätserwartungen (mit einem
Signifikanzniveau von unter 10 %, vgl. Tabelle A1) den vergleichsweise
schwächsten Effekt zeigen. An der Veränderung des Pseudo-R² nach McFadden
im Vergleich zu Modell 1 wird sichtbar, dass vor allem die intergenerationalen
Mobilitätserwartungen (Modell 4) die Erklärungskraft des Modells verbessern
(von 0,12 auf 0,17). Auch die Veränderungen der anderen Modelfit-Maße AIC

||
12 Anstatt Einkommen wurden auch Berufsklassen (EGP) in die Modelle einbezogen. Auch
hier wurden keine Gruppenunterschiede sichtbar. Weiterhin zeigten sich auch in Modellen mit
Einkommen oder Berufsklassen ohne weitere Kontrollvariablen keine signifikanten Gruppen-
unterschiede.
582 | Evelyn Sthamer

und BIC im Vergleich zu Modell 1 unterstreichen dies. Dass der signifikante


Alterseffekt der Gruppe der 50- bis 64-Jährigen in Modell 4 stark an Signifikanz
verliert, macht deutlich, dass gerade Personen dieser Altersgruppe die Sorge vor
einem intergenerationalen Abstieg der (Enkel-)Kinder umtreibt und dies wiede-
rum die Wahrscheinlichkeit erhöht, die AfD zu präferieren. Es kann nur darüber
spekuliert werden, welche Hoffnungen diese Gruppe mit einem Erfolg der AfD
verbindet – möglicherweise spielen die geforderte Abschaffung der Erbschafts-
steuer und das wirtschaftsliberale Parteiprogramm der AfD hier eine Rolle, es
könnte sich aber auch um eine Protestwahl handeln, da die etablierten Parteien
ihre Sorgen in Bezug auf die Zukunft der Kinder ihrer Meinung nach zu wenig
aufgreifen. Auffällig ist außerdem, dass der Geschlechtereffekt hier an Bedeu-
tung verliert, was darauf schließen lässt, dass insbesondere potentielle männli-
che AfD-Wähler negative intergenerationale Mobilitätserwartungen angegeben
haben.
Weiterhin interessant ist das Ergebnis aus Modell 2, wonach der vormals
signifikante Effekt von Ostdeutschland durch das Ungerechtigkeitsempfinden
insignifikant wird. Dies lässt die vorsichtige Schlussfolgerung zu, dass Ost-
West-Unterschiede in der AfD-Wahlabsicht durch verbreitetere Ungerechtig-
keitswahrnehmungen in der ostdeutschen Bevölkerung begründet sind.
Um zu überprüfen, inwiefern „Abstiegsängste der Mitte“ bzw. Erwartungen
einer Verfestigung in prekären Lagen eine unterschiedliche Rolle für die AfD-
Wahlabsicht spielen, wurden Interaktionen von Einkommensgruppen mit den
drei subjektiven Lageindikatoren gerechnet (Modelle 5–7). Für die Ungerechtig-
keitswahrnehmungen zeigen sich keine unterschiedlichen Effekte nach Ein-
kommensgruppen, d. h. diese wirken sich gleichermaßen für alle Einkommens-
gruppen auf eine AfD-Wahlabsicht aus. Interessanterweise zeigt sich für die
intergenerationalen Mobilitätserwartungen, dass diese für untere Einkommen
einen stärkeren Effekt auf die AfD-Wahlabsicht haben als für mittlere, d. h. eine
erwartete intergenerationale Verfestigung eines schlechten Lebensstandards ist
besonders einflussreich. Dagegen sind Prekaritätserwartungen am stärksten für
Personen mit mittleren Einkommen bedeutsam, d. h. es findet sich tatsächlich
ein Effekt von „Abstiegsängsten der Mitte“ auf die AfD-Wahlabsicht, wenn-
gleich diese mit knapp 10 % dort eher selten vorkommen.
Um zu überprüfen, ob die subjektiven Lagebeurteilungen auch unter Kon-
trolle von Aspekten bedeutsam bleiben, die auf migrationskritische Einstellun-
gen verweisen, wird in Modell 8 die politische Selbsteinstufung sowie die Mei-
nung, dass der deutsche Staat vergleichsweise zu wenig Geld für die eigene
Bevölkerung ausgibt, hinzugenommen. Deutlich wird: Sowohl die Links-rechts-
Selbsteinstufung als auch die Meinung einer falschen Prioritätensetzung des
AfD-Wahl und Statusängste | 583

Staates spielt eine zentrale Rolle zur Erklärung der AfD-Wahlabsicht. Die Ein-
flüsse sind einerseits hochsignifikant, andererseits verbessern sich die Modelfit-
Maße erheblich. So beträgt das Pseudo-R² in Modell 8, in dem die Indikatoren
hinzugenommen werden, 0,42 (bzw. im AME-Modell 8b ohne die Interaktionsef-
fekte 0,40, siehe Tabelle A1). Wenngleich also auch die vorliegenden Ergebnisse
die Bedeutung inklusionskritischer Einstellungen unterstreichen (wobei an
dieser Stelle zumindest das zweite Item stark ökonomisch konnotiert ist), stellt
sich die Frage, ob subjektiv ökonomische Lagebeurteilungen unabhängig davon
bedeutsam für AfD-Wahlabsichten sind. Dazu wird einerseits betrachtet, wie
sich die Effekte im letzten AME-Modell für die subjektiven Lagebeurteilungen
verändern: Ungerechtigkeitsempfindungen sind in diesem Modell nicht mehr
signifikant. Vermutlich besteht ein Zusammenhang mit der „Falschen Prioritä-
tensatzung des Staates“, über das sich das Ungerechtigkeitsempfinden aus-
wirkt.
Die Prekaritätserwartungen bleiben dagegen auf niedrigem Signifikanzni-
veau stabil, während der Effekt der negativen intergenerationalen Mobilitätser-
wartungen anhaltend stark und auf dem 0,01 %-Niveau signifikant bleibt: So
erhöhen Letztere die Wahrscheinlichkeit, eine AfD-Wahlabsicht anzugeben, im
Durchschnitt der Stichprobe noch um 7 Prozentpunkte. Bezogen auf die Hypo-
thesen 2 bis 4 kann an dieser Stelle Folgendes festgehalten werden: Ungerech-
tigkeitswahrnehmungen sind relevant für die AfD-Wahlabsicht (H2), allerdings
wirken sich diese vermittelt über die Wahrnehmung aus, dass der Staat ver-
gleichsweise zu wenig in die eigene Bevölkerung investiert – was hier für die
Wirkung vom realistischen Gruppenkonflikt und einer gruppenbezogenen rela-
tiven Deprivation spricht. Hypothese 3, die besagte, dass sich die objektive Lage
über Ungerechtigkeitsempfindungen auswirkt, konnte anhand dieser Untersu-
chung verworfen werden, da bereits im ersten Modell keine Effekte der ökono-
mischen Lage gefunden wurden. Hypothese 4, die besagt, dass negative intra-
oder intergenerationale Zukunftserwartungen einen Einfluss auf die AfD-
Wahlabsicht haben, konnte wiederum durch die vorliegenden Daten gestützt
werden (H4).
Zuletzt werden die beiden im Gesamtmodell signifikanten Interaktionsef-
fekte der Prekaritätserwartungen und negativen intergenerationalen Mobilitäts-
erwartungen (Modell 8) anhand von AME-Grafiken genauer in den Blick ge-
nommen. Das Gerechtigkeitsempfinden zeigte bereits in Modell 5 keine
unterschiedlichen Einflüsse nach Einkommen, wonach sowohl Hypothese 5a
als auch Hypothese 5b – die stärkere Einflüsse für Personen mit geringen Ein-
kommen postulierten – nicht gestützt werden konnten. Grafik 1 zeigt die durch-
584 | Evelyn Sthamer

schnittlichen Effekte der Prekaritätserwartungen nach verschiedenen Einkom-


mensgruppen. .06
Average Marginal Effects (AME)
0 .02
-.02 .04

Gering Mittel Hoch

Abbildung 1: Durchschnittliche marginale Effekte von Prekaritätserwartungen auf die AfD-


Wahlabsicht für Gruppen mit geringen, mittleren und hohen Einkommen

Quelle: „Ungleichheitsdeutungen und Gerechtigkeitsorientierungen in Deutschland“; N = 852;


gewichtete Ergebnisse. Eigene Berechnungen.

Deutlich wird hier, dass der Effekt von Prekaritätserwartungen für die mittlere
Einkommensgruppe stärker ist als für die untere Einkommensgruppe und auch
nur für diese signifikant zu einer erhöhten AfD-Wahlabsicht beiträgt. Wenn-
gleich Personen mit hohem Einkommen eher eine AfD-Wahlabsicht angeben,
wenn diese glauben, in den nächsten fünf Jahren in einer prekären Lebenssitua-
tion wie Arbeitslosigkeit oder finanzieller Not zu sein, so ist dieser Einfluss je-
doch nicht signifikant. Demnach spielen mittelfristige „Abstiegsängste der Mit-
te“ eine größere Rolle für AfD-Wahlabsichten als die Angst eines Verharrens in
einer prekären Lage: Hypothese 5c, die einen stärkeren Einfluss von negativen
Zukunftserwartungen bei Personen mit mittlerem Einkommen postulierte, wird
daher anhand dieser Ergebnisse gestützt.
AfD-Wahl und Statusängste | 585

.5 .4
Average Marginal Effects (AME)
.1 .2 0 .3

Gering Mittel Hoch

Abbildung 2: Durchschnittliche marginale Effekte von negativen intergenerationalen Mobili-


tätserwartungen auf die AfD-Wahlabsicht für Gruppen mit geringen, mittleren und hohen Ein-
kommen

Quelle: „Ungleichheitsdeutungen und Gerechtigkeitsorientierungen in Deutschland“; N = 852;


gewichtete Ergebnisse. Eigene Berechnungen.

Anders sieht das Bild in Bezug auf die negativen intergenerationalen Mobili-
tätserwartungen aus. Wenngleich aufgrund der geringen Fallzahlen große Kon-
fidenzintervalle zu beobachten sind, so zeigt sich doch, dass Personen mit ge-
ringen Einkommen zur AfD neigen, wenn diese glauben, dass die
Kindergeneration einmal einen genauso schlechten oder schlechteren Lebens-
standard hat als sie selbst: Im Durchschnitt der Stichprobe steigt die Wahr-
scheinlichkeit der AfD-Wahlabsicht für Personen im unteren Einkommensbe-
reich, die ein intergenerationales Verharren in einer schlechten Lebenslage
erwarten, im Vergleich zu denen, die dies nicht erwarten, um ca. 25 Prozent-
punkte. Im Vergleich dazu tragen intergenerationale Abstiegserwartungen für
Personen mit mittleren und hohen Einkommen nicht signifikant zu einer stärke-
ren AfD-Wahlbereitschaft bei. An dieser Stelle wird also Hypothese H5c nicht
gestützt. Vielmehr scheint eine AfD-Wahlabsicht vor allem für Menschen mit
geringen Einkommen wahrscheinlicher, wenn diese erwarten, dass ihr aktuell
schlechter Lebensstandard sich bis in die nächste Generation hinein verfestigt.
586 | Evelyn Sthamer

5 Diskussion der Ergebnisse und Fazit


In dem vorliegenden Text wurde analysiert, inwiefern subjektive ökonomische
Aspekte, im Sinne einer erweiterten Interpretation der „Modernisierungsverlie-
rerthese“, eine AfD-Wahlabsicht begünstigen.
Die differenzierte Betrachtung verschiedener subjektiver ökonomischer As-
pekte hat sich dabei als fruchtbar erwiesen. So wird die AfD-Wahlabsicht etwa
dann begünstigt, wenn die Menschen das Gefühl haben, im Vergleich zu ande-
ren weniger als ihren gerechten Anteil zu erhalten. Auch hat sich gezeigt, dass
„Abstiegsängste“ (oder: ein Verharren in prekären Lagen) durchaus relevant für
die AfD-Wahlbereitschaft sind. In diesem Zusammenhang sind zwei Dinge be-
sonders hervorzuheben: Erstens sind Prekaritätserwartungen, etwa die Erwar-
tung, in den nächsten fünf Jahren in eine finanziell schwierige Lage zu geraten
oder arbeitslos zu sein, zwar in unteren Einkommensgruppen verbreiteter, ha-
ben aber besonders für Personen mit mittlerem Einkommen einen Einfluss auf
die AfD-Wahlabsicht. Zweitens sind intergenerational wahrgenommene blo-
ckierte Aufstiegshoffnungen besonders für diejenigen in ohnehin schwierigen
ökonomischen Lagen relevant.13
Weiterhin scheint das Thema einer ungerechten Ressourcenverteilung vor
allem in Ostdeutschland einen Beitrag für die höhere Unterstützung der AfD zu
leisten. So weisen auch weiterführende Analysen (die hier nicht gezeigt werden
konnten) darauf hin, dass dort ein undurchlässiges Gesellschaftsbild sowie eine
wahrgenommene Chancenungleichheit von Bedeutung ist. Es wird ein Deside-
rat bezüglich der näheren Erforschung von Ost-West-Unterschieden sichtbar,
der aufgrund geringer Fallzahlen in unserer Primärerhebung Grenzen gesetzt
sind.
Neben dem Problem geringer Fallzahlen muss an dieser Stelle auf weitere
Grenzen der vorliegenden Studie hingewiesen werden. Oben wurde bereits
angemerkt, dass kulturelle Bedrohungsgefühle laut aktuellen Studien deutlich
wichtiger sind als ökonomische und sich Letztere über die Ausländerfeindlich-
keit und Kritik an der Zuwanderung Geflüchteter auf AfD-Wahlabsichten aus-
wirken (Lengfeld/Dilger 2018; Schröder 2018). Studien zeigen auch, dass „nega-
tive Orientierungen zum politischen System“, wie etwa eine geringe
Demokratiezufriedenheit oder politische Entfremdung, wichtige Einflussfakto-

||
13 Wenngleich diese mit mittlerem und höherem Einkommen mit ca. 40 % häufiger vorkom-
men, werden sie immerhin noch von ca. einem Drittel derjenigen mit geringem Einkommen
angegeben.
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ren sind (Lengfeld/Dilger 2018; Rippl/Seipel 2018; Schmitt-Beck et al. 2017).


Beide Aspekte konnten in der vorliegenden Studie nicht oder nur unzureichend
berücksichtigt werden. Wenngleich also die intergenerationalen Mobilitätser-
wartungen auch im letzten Modell signifikant bleiben, könnte sich dies unter
Berücksichtigung der genannten Einflussfaktoren ändern.
Schröder (2018) schlussfolgert auf Basis seiner Analysen mit dem sozioöko-
nomischen Panel (SOEP):

Berücksichtigt man Ausländerfeindlichkeit, zeigt sich, dass eine objektiv oder subjektiv
empfundene niedrige ökonomische Schichtlage nicht ursächlich für die AfD-
Unterstützung ist. Denn egal ob sich Ausländerfeindlichkeit in niedriger oder höherge-
stellten Schichten zeigt, sie geht immer mit einer stärkeren Unterstützung der AfD einher
(Schröder 2018: 19).

Nimmt man dies wörtlich, so könnte man an der vorliegenden Studie kritisieren,
dass sie die wichtigste Ursache der AfD-Wahlabsicht nicht berücksichtigt hat
und daher die gefundenen Ergebnisse kaum dazu beitragen können, Maßnah-
men zu identifizieren, die einem (weiteren) Erstarken der AfD entgegenwirken
könnten. Dem möchte ich im Folgenden einige Argumente entgegenstellen: Nur
die Aspekte als relevant zu befinden, die auch unter Kontrolle jeglicher anderer
Variablen bestehen bleiben, verstellt den Blick auf eventuelle, diesen Aspekten
vorgelagerte Erklärungen, denn auch und gerade die Identifikation indirekter
Einflussfaktoren bietet Potential für Präventionsstrategien. Weiterhin, so zeigen
meine Analysen, aber auch die Ergebnisse von Lengfeld und Dilger (2018), ha-
ben unterschiedliche Aspekte nicht die gleiche Bedeutung für verschiedene
gesellschaftliche Gruppen. Die Realität ist damit durchaus komplex, und gerade
Studien, die vermögen, diese Komplexität besser einzufangen, könnten in der
Zukunft gewinnbringend sein.
Insgesamt weisen meine Ergebnisse darauf hin, dass das Thema „soziale
Ungleichheit“ über (intergenerationale) Abstiegssorgen bzw. Verfestigungser-
wartungen nicht vernachlässigt werden sollte, wenn man Ansatzpunkte zur
Verhinderung eines (weiteren) Erstarkens des Rechtspopulismus in Deutsch-
land sucht. Wenngleich „Abstiegsängste der Mitte“ derzeit auf einem ver-
gleichsweise geringen Niveau sind (Lengfeld/Ordemann 2017), so sind sie den-
noch folgenreich. Weiterhin ist die Verfestigung von Armut nach der
vorliegenden Studie nicht nur ein generelles Problem der Sozialstruktur, sie ist
auch aus gesellschaftspolitischen Gründen hoch brisant. Daher ergibt sich die –
sicherlich durch weitere Studien zu überprüfende – These, dass nicht nur das
Thema Migration relevant ist, um dem Rechtspopulismus zu begegnen, sondern
auch soziale Sicherheit sowie das Aufzeigen von Zukunftsperspektiven.
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Kurzbiografie
Evelyn Sthamer ist Soziologin (M.Sc.) und arbeitet als wissenschaftliche Mitar-
beiterin im DFG-Projekt „Ungleichheitsdeutungen und Gerechtigkeitsorientie-
rungen in Deutschland“ an der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Ihre
Forschungsinteressen liegen in den Bereichen Armut und Prekarität, Sozialpoli-
tik sowie Wahrnehmungen sozialer Ungleichheit und Gerechtigkeit.
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Abstract: In the following paper I examine whether different aspects of subjec-


tive economic insecurity are relevant to explain the current success of the right-
wing-populist party “AfD” in Germany. While existing research suggests that
economic factors are not at the heart to explain the voting intention for the AfD,
my results show that both, the expectation of intragenerational social decline
and intergenerational persistance of economic deprivation, are indeed highly
relevant. Furthermore, the effect of injustice perceptions is mediated by the
belief that the state sets the wrong priorities, spending too little on its own pop-
ulation. Thus, the study indicates that social policy should not only focus on
aspects of cultural integration but also take aspects of social security and justice
into account.
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