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ARTENSCHWUND UND KLIMAWANDEL
SCHWERPUNKT: Energie
TATORTE: Zurück in die Stein(kohle)zeit
VERKEHR: Autoindustrie statt Klimaschutz
SATIRE: Unter Klon-Schafen
inhalt
Seite 6
tatorte
Seite 8
tatort-hintergrund
Seite 10
titel
kleinholz
42 GEO - Tag der Artenvielfalt: Natur auf der Spur
2 Nr. 93/2.07
inhalt
satire
22 Unter Klon-Schafen
Seite 22
Seite 24
schwerpunkt
perspektiven
Dinah Epperlein:
Wenn viele Menschen viele kleine Schritte tun … 38
Seite 40 verkehr
40 Autoindustrie statt Klimaschutz
41 Bahn unterm Hammer
41 Mobil ohne Auto
41 Tour de Natur
bücher
43 Vor uns die Sintflut
43 Ölwechsel
44 Die Einkaufsrevolution
44 Die Joghurt-Lüge
internes
45 Neuer ROBIN WOOD-Vorstand 2007
47 ROBIN WOOD- Treffpunkte
46 post
46 impressum
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editorial
4 Nr. 93/2.07
tatorte
Nr. 93/2.07 5
tatorte
Klimakiller Kohle
Die Energiekonzerne wollen in Deutschland 28 neue Kohle-
kraftwerke bauen - eine Katastrophe für das Klima!
Fotos: Anne-Laure Fo
eine Kampagne für eine
Berlin, 18.01.07: „Vattenfall - Als Klimakiller top, im Umwelt- regenerative Energieversor-
schutz ein Flop“, ROBIN WOOD protestiert dagegen, Vattenfall gung der Region ohne neues
Chef Lars Josefsson, den Repräsentanten eines der klimaschäd- Kohlekraftwerk. Auftakt war
lichsten Unternehmen weltweit, zum Klimaschutzberater der eine gemeinsame Aktion
Mannheim
Bundesregierung zu machen. während einer Gemeinderats-
sitzung vor dem Mannheimer
Stadthaus.
AKW Brunsbüttel
sofort stilllegen!
Hamburg, 06.03.07: ROBIN
WOOD-AktivistInnen stiegen
Vattenfall aufs Dach, um ge-
gen den Antrag des Energie-
konzerns zu protestieren, den
maroden Atommeiler Bruns-
büttel länger als im Atomge-
setz vorgesehen am Netz zu
lassen. Der längst überfällige
Atomausstieg würde damit in
noch weitere Ferne rücken.
Für die KundInnen von
Vattenfall verteilten die Ak-
tiven Flyer, in denen für den
einfachen Umstieg auf einen
Ökostromanbieter geworben Hamburg
wird.
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tatorte
Papier-Konsum
killt Wälder
Frankfurt, 24.01.07: Bei
der internationalen Messe
Paperworld warnte ROBIN
WOOD vor den Folgen des
viel zu hohen Papierkonsums
in den Industrieländern.
Weltweit werden 338 Milli-
arden Tonnen Papier jährlich
verbraucht, jeder zweite von
der Holzindustrie eingeschla-
gene Baum landet in der
Papierproduktion. Vor der
Messe spannten die Aktivis-
tInnen ein großes Tranparent
auf: „We have a dream:
Paperworld 100% recycled.“
ROBIN WOOD fordert einen
sparsamen Umgang mit
Papier und den konsequenten Frankfurt/Main
Umstieg auf Recyclingpapier
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tropenwald
8 Nr. 93/2.07
tropenwald
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titel
Beispiel Regenwald: Die meisten tro- Im Vergleich zur große Vielfalt der
pischen Wälder sind extrem reich an Pflanzenwelt ist die Vielfalt im Tierreich
biologischen Nischen. Die hohe Lebens- fast unvorstellbar. So sind die meisten
raum-Vielfalt ist dadurch entstanden,
dass die Ökosysteme schon sehr alt sind
und viel Zeit zur Ausdifferenzierung zur Hohe Artenvielfalt im Tro-
Verfügung stand. Das Muttergestein ist penwald: Allein die Zahl der
vielerorts so tief verwittert, dass die Bö- Insektenarten wird auf 30
den sehr nährstoffarm sind. Dies führte Millionen geschätzt
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Adlers, wirkt der Regenwald biologisch sichern. Diese Völker sind sich weitge- Die kommerzielle Ausbeutung der
reich und der Buchenwald arm. Schaut hend einig: Sie geißeln ein Patent auf Natur geht auf der anderen Seite schon
man aber mit den Augen einer Ameise, Leben sowie auf geistiges Eigentum als deshalb zu Lasten der Menschen in den
wird einem schnell bewusst, dass bio- „Bio-Piraterie“. Denn sie werden nur Ursprungsländern, weil sich an vielen
logischer Reichtum sehr relativ ist. So selten am Gewinn beteiligt, und ist das Krankheiten und Patienten kaum etwas
unterschiedlich die beiden Lebensräume traditionelle Arzneipflanzen-Wissen erst verdienen lässt. Etwa 60 Prozent der
auch sind, sie haben eines gemeinsam: einmal patentiert, lassen sich die vor Ort Weltbevölkerung sind vorwiegend auf
Beide können nur fortbestehen, wenn gewonnenen traditionellen Medizin- traditionelle Arzneimittel angewiesen,
die in ihnen lebenden Arten perfekt produkte im Land selbst nur noch unter weil ihnen das Geld für teure Medika-
zusammenspielen, wenn also die Biodi- Strafe vermarkten. mente fehlt.
versität mit all ihren Wechselwirkungen
erhalten bleibt. Keine Art ist überflüssig, Die Forschung der großen Pharmafirmen
jede ausgerottete Art bedeutet ein ver- konzentriert sich indes auf Medikamente
ändertes Gleichgewicht im Ökosystem. Markt in Kolumbien: Biologische für die zahlungskräftige Kundschaft in
Vielfalt ist weltweit der Schlüs- den Industrieländern, die sich mehr mit
Diese ökologische Betrachtungsweise sel zum Überleben
macht deutlich, dass es sich beim Wert
der Vielfalt kaum um eine quantitativ
messbare Größe handelt – er ist vielmehr
von ideeller Natur. Für die Tenharim am
Amazonas bildet der artenreiche Regen-
wald das Habitat, von dem sie abhän-
gen. Die Saami in Lappland nehmen in
den artenärmeren Wäldern und Strauch-
vegetationen von Taiga und Tundra ihre
biologische Nische ein. Beide Völker
haben es gelernt, über Jahrtausende in
„ihrem“ Ökosystem zu überleben. Für
beide Völker ist die biologische Vielfalt
der Schlüssel zum Überleben – sie hat
den gleichen qualitativen Wert.
Bio-Piraterie
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Atemwegs- und Herz-Kreislauf-Erkran- Art an veränderte Umweltbedingungen Foto: obs/Südtiroler Apfelkonsortium
kungen als mit Darminfekten plagen anpassen kann, weil immer genügend
muss. Das Nachsehen haben die Men- widerstandsfähige Individuen vorhanden
schen in den Entwicklungsländern, vor sind.
allem in den Tropen; seit 1975 sind über
1.500 neue medizinische Wirkstoffe auf „Macht euch die Erde untertan.“ Wer
den Markt gekommen - aber nur ein das gesagt hat, muss den Nutzen dieser
gutes Dutzend von ihnen hilft gegen Empfehlung wohl studiert haben: Über-
Krankheiten wie Malaria, Dengue-Fieber leben durch Urbarmachung und Nut-
oder Wurminfektionen. zung der belebten und der unbelebten
Natur. Zu dem „natürlichen“ System
Gewinn aus Bionik der biologischen Vielfalt gesellt sich
demnach die „künstliche“ Vielfalt der
Warum Piraterie an der Natur üben, Nutztiere und –pflanzen, deren Erhalt die
wenn die bloße Anschauung reicht? Die Zukunft der bestehenden Lebensweise
Vielfalt der spezialisierten Formen und sichert.
Prinzipien der Natur, ihre „Erfindungen“,
scheinen schließlich für den Menschen Der Mensch ist jedoch dabei, durch
von unschätzbarem Wert zu sein. Viele Genmanipulation und Klonen die Vielfalt
natürliche Funktionsprinzipien dienen der Nutzpflanzen und bald vielleicht
schon heute der Technik als Vorbild: auch der Nutztiere (siehe auch „Unter
Ein weiterer wichtiger qualitativer Wert Klon-Schafen“ auf Seite 40) so stark zu
von Biodiversität. Ob Haifischhaut zur reduzieren, dass ausgerechnet die alten
Verringerung des Wasser- und Luftwider- Kulturformen verdrängt werden, von
stands, Lotusblüten-Struktur als selbstrei- denen seine traditionelle Lebensweise
nigende Oberfläche, Eisbärfell und Termi- abhing.
tenbau-Lüftung für Niedrigenergiehäuser
oder photosynthetische Farbstoffe zur Ein Beispiel: Der Apfel. Wie viele Einfalt statt Vielfalt: Allein in
Energiegewinnung – im Bauplan der verschiedene Apfelsorten existieren in Deutschland sind von den 2500
Natur schlummern enorme Potenziale Deutschland – was würden Sie schätzen? Apfelsorten nur 30 im Handel
zur Lösung von Zukunftsproblemen. Zwanzig? Fünfzig? Vielleicht hundert? zu finden
Weit gefehlt: es sind nämlich gut 2500!
Die Forschung hat dies erkannt und dem Im Handel befinden sich aber nur ganze
intelligenten und organischen Designen dreißig von ihnen. Eine fatale Entwick- Was kostet das Leben?
nach natürlichem Vorbild einen künst- lung, denn nur eine breite genetische
lichen Namen gegeben: Bionik, zusam- Ausstattung bietet einer Art eine weite Warum überleben wir in Deutschland,
mengesetzt aus Biologie und Technik. Reaktions-Bandbreite gegenüber rasch obwohl wir die ursprüngliche Natur, die
So wie wir von dem jahrtausendealten wechselnden Umwelteinflüssen (z.B. uns einst umgab, vor langer Zeit bereits
Wissen der Naturvölker lernen können, Wetterextremen), wie sie im Zuge des vernichtet haben? So provokativ wie
ohne es gleich zu patentieren, können Klimawandels immer häufiger auftreten. die Frage ist auch die Antwort: Weil wir
wir auch vom jahrmillionenalten, in der auf Kosten intakter Natur in anderen
Evolution gespeicherten Wissen profitie- Ist eine Kultursorte erst einmal ver- Regionen der Welt leben. Vier Beispiele
ren, indem wir die Lebensformen genau nichtet, braucht es Jahrhunderte, um machen dies deutlich.
analysieren, ohne sie dabei zu zerstören. sie wieder zu erschaffen. Verliert die
Künstliche Vielfalt –
genetische Armut
Landwirtschaft aber gleich Hunderte an
Variationen, sind die meisten unwie-
derbringlich verloren. Wie arm unsere
1 Die meisten Waschmittel, Kosmetika,
Margarinen und Bratfette, die wir
in Deutschland verwenden, enthalten
Landnutzung schon geworden ist, zeigt Palmöl aus Ölpalmen, die meist auf
Zur biologischen Vielfalt gehört auch die Tatsache, dass zwei Drittel der Welt- Kosten Hunderttausender Hektar Primär-
die Vielfalt der Gene, die Vielfalt der Ei- ernährung durch ganze zwölf Pflanzen- Regenwald in Plantagen, vor allem in
genschaften innerhalb der Populationen und fünf Tierarten sicher gestellt wird. Südostasien, angepflanzt werden. Seit
einer Art. Die meisten Arten weisen Un- einigen Jahren kommt noch der Boom
terarten, Teilpopulationen oder Rassen Davon haben die drei Pflanzenarten der so genannten Biokraftstoffe hinzu,
auf, die sich häufig in Größe, Gestalt, Weizen, Mais und Reis den mit Abstand der zu einer weiteren massiven Auswei-
Farbe, Stoffwechsel und ökologischen größten Anteil. Schon der Verlust nur tung der Ölpalm-Plantagen führt. Schon
Eigenschaften unterscheiden. Eine hohe einer dieser Arten durch eine Epedemie eine Million Tonnen Palmöl werden in
genetische Vielfalt innerhalb der Popula- hätte verheerende Folgen für die Ernäh- europäischen Blockheizkraftwerken
tionen ist ein Garant dafür, dass sich eine rungssicherheit. jährlich verbrannt und 270.000 Tonnen
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bestandsschonenden Fang. Und für Fisch seit vier Stunden. Vor einer
mit diesem Zeichen muss der Kunde Stunde hat er die Landwirt- Foto: argus/Janke
meist deutlich mehr berappen als für schaft entdeckt, die industri-
herkömmlichen Fisch. elle Revolution begann erst
vor einer Minute. In dieser UN-Konvention über die
Hast‘ nen Taler, gehst zum einen Minute hat der Mensch
Biologische Vielfalt
Markt, kaufst ’ne Kuh… sich auf das Zehnfache ver-
mehrt, Paradiese geplündert, Auf der Konferenz zu Umwelt und Ent-
Natürlich ist unsere luxuriöse Lebens- hunderttausendfach Arten wicklung der Vereinten Nationen im Jahr
weise nur ein Teil der Antwort darauf, vernichtet und große Teile 1992 in Rio de Janeiro haben über 150
warum die Menschen in den „ent- der Erde für viele Lebewesen Staaten die Konvention über die biolo-
wickelten“ Ländern bislang auch ohne unbewohnbar gemacht. gische Vielfalt verabschiedet, die Ende
ihre ursprüngliche biologische Umwelt 1993 in Kraft getreten ist und schon von
überleben. Ein anderer Punkt ist, dass Wie viele Sekunden bleiben 168 Ländern in nationales Recht umge-
sich der Mensch mit künstlich geschaf- uns noch, um zu entscheiden, setzt wurde. Seitdem sind Pflanzen- und
fenen Agro-Ökosystemen am Leben ob wir unsere Lebensgrund- Tierarten mit ihren Erbinformationen
erhält. Auch die landwirtschaftliche lage, die biologische Vielfalt, souveränes Eigentum der Staaten, in
Biodiversität hängt jedoch von der natür- erhalten wollen und ob wir denen sie vorkommen. Die Unterzeich-
lichen Biosphäre ab: von intakten Böden, dieser Entscheidung auch ner verpflichten sich zum Schutz der Bio-
einer sauberen Atmosphäre sowie der Taten folgen lassen? diversität, dem ein ebenso großer Wert
Verfügbarkeit von Futterpflanzen und für das Leben auf der Erde beigemessen
Trinkwasser. Christian Offer ist Waldö- wird wie der Schutz des Klimas.
kologe. Er ist freiberuflich
Und dies ist ein weiterer wichtiger im Umweltbereich als Die Konvention beinhaltet ausdrücklich
Aspekt für den Wert der Vielfalt: Ob Fachautor, Seminarleiter den nachhaltigen Nutzen der biolo-
landwirtschaftliches oder natürliches und Pädagoge tätig und gischen Vielfalt und den so genannten
Ökosystem – der Erhalt der Biodiversität ehrenamtlich für ROBIN Vorteilsausgleich zwischen dem, der die
an einem Ort der Erde ist auf lange Sicht WOOD, Watch Indonesia! biologische Vielfalt nutzt (z.B. einem
vom Schutz der Natur an anderer Stelle und die Arbeitsgemein- Pharmaunternehmen) und dem, der die
abhängig. Es genügt also nicht, den schaft Regenwald und biologische Vielfalt für diese Nutzung
Kaufpreis einer Parzelle Land zu demjeni- Artenschutz (ARA) aktiv. erhält (z.B. einer indigenen Volks-
gen einer Kuh zu addieren, um den Preis ecodevelop@gmx.org gruppe). Alle zwei Jahre finden Vertrags-
des Überlebens zu ermitteln - man muss staatenkonferenzen zur Umsetzung der
auch die ökologischen Verbindung zwi- Konvention statt. Die nächste wird 2008
schen der Kuh und der Welt betrachten. Mehr Infos: in Deutschland sein. Die Vertragsstaaten
haben sich außerdem verpflichtet, regel-
1996 ließ der Schweizer Regenwald- Arbeitsgemeinschaft Regen- mäßige Nationalberichte über den Stand
schützer Bruno Manser die LeserInnen wald und Artenschutz (Hg.), ihrer biologischen Vielfalt zu verfassen.
seines Artikels ein Gedankenexperiment 2002, Der Wert der Vielfalt, In diesen Berichten können sich auch
vollziehen, das sinngemäß lautete: ARA konkret 5, 59 Seiten, Naturschutz- und andere Nichtregie-
€ 4,50, Bezug über: nolle@ rungsorganisationen zur Sache äußern.
Vergleichen wir die Entwicklung unseres araonline.de
4,6 Milliarden Jahre alten Planeten mit Vor einigen Jahren wurde der Clearing-
der eines heute 46 Jahre alten Men- ARA (Hg.), 1995, Leben und House Mechanismus (CHM) als zentrales
schen. Im Alter von sieben Jahren bilden Leben lassen, Biodiversität – Informations-, Kommunikations- und
sich die ersten Felsen. Drei Jahre später Ökonomie, Natur- und Kooperationssystem der Biodiversi-
sind in dem sich auf ihnen sammelnden Kulturschutz im Widerstreit, tätskonvention eingeführt. Mit dem
Wasser die ersten einzelligen Lebe- ökozid Jahrbuch Nr. 10, Son- CHM wollen die Vertragsstaaten die
wesen zu finden. Erst im Alter von 30 derpreis € 5,-; Bezug über: wissenschaftliche und technologische
Jahren entstehen höher entwickelte nolle@araonline.de Zusammenarbeit zwischen allen Ländern
Lebensformen wie Quallen und Weich- fördern und den Austausch sowie den
tiere. Nach 42 Jahren blühen die ersten www.biologischevielfalt.de Zugriff auf Informationen und Daten
Pflanzen. Vor einem Jahr erschienen die www.forumue.de rund um die Umsetzung der Konvention
Dinosaurier – und verschwanden nur www.panda.org/ unterstützen.
wenige Monate später. Vor acht Mona- stopoverfishing.
ten tauchten die ersten Säugetiere auf. www.bukoagrar.de/
Vor wenigen Tagen begann die erste Eis- 94.0.html.
zeit. Der moderne Mensch existiert erst www.geo.de/artenvielfalt
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auf die bestehenden Ökosysteme. Wis- Frösche, Kröten und Salamander viel zu
senschaftler der Uni Göttingen haben früh aus dem Winterschlaf. Kommt es
die Literatur der vergangenen hundert dann zu Kälteeinbrüchen, sterben die
Jahre durchforstet und kommen zu dem erwachsenen Tiere und die bereits abge-
Schluss, dass schon heute bei uns die legten Eier können sich nicht entwickeln.
Pflanzen früher blühen und fruchten, Ohnehin sind die Amphibien durch den
einige Zugvögel im Winter nicht mehr Klimawandel besonders bedroht: Im
fortziehen und die Bewohner der Meere Sommer führen lange Trockenperioden
ihr Wanderungsverhalten verändert zum Austrocknen von Kleinstgewässer,
haben. die diese Arten zum Überleben brau-
chen.
So entfalten die Bäume ihre Blätter eu-
ropaweit, gemessen zwischen 1969 und Derzeit verzeichnen Experten in Europa
1980, um acht Tage früher. Und auch so etwas wie eine Völkerwanderung
die ersten Schmetterlinge werden rund der Schmetterlinge. Wie das Helmholtz- Foto: www.pixelio.de
28 Tage früher im Jahr gesichtet. Nicht Zentrum für Umweltforschung im März
weniger dramatisch ändern die Zugvögel meldete, ermöglicht der warme Winter Amphibien: erste Opfer der
ihr Verhalten: Immer mehr Mönchsgras- vor allem wärmeliebende Arten, ihr Areal Klimaerwärmung
mücken geben ihre Winterquartiere am nach Norden auszudehnen. So ist der
Mittelmeer auf und ziehen stattdessen Große Fuchs, vor 10 Jahren auf einige bei der Verschiebung von Klimazonen
Richtung Nordwesten auf die Britischen Reststandorte zurückgedrängt, wieder in neue und für sie geeignete Lebensräume
Inseln – der Weg ist für diese kleine Sing- vielen Teilen Süddeutschlands zu finden. finden können. Allerdings geht heute
vogelart kürzer. Was für eine Reihe von Arten gut zu die Reise noch in eine andere Richtung
sein scheint, ist schlecht für andere. Vor – täglich werden neue Flächen bebaut
Für Vogelarten existieren oft jahrhun- allem Schmetterlingsarten die kühlere und versiegelt, Naturräume durch den
dertelange Aufzeichnungen, die zum klimatische Bedingungen vorziehen und ungebremsten Straßenbau zerschnitten
Beispiel belegen, dass sich der Bienen- beispielsweise in Mooren und Gebirgen und Bäche und Flüsse verbaut.
fresser in wärmeren Zeiten ausbreitet. vorkommen, geraten immer mehr in
1638 kam er in Sachsen-Anhalt vor und Schwierigkeiten. Eine andere Entwick- Der Trend natürliche Ökosysteme zu
verschwand in der folgenden „kleinen lung zeigt der Admiral, der ein klas- zerstören ist weltweit ungebrochen:
Kaltzeit“ wieder. Seit 1990 ist er dort sischer Wanderfalter ist und jedes Jahr Wälder werden gerodet oder in inten-
wieder mit ungefähr 100 Brutpaaren hei- aus dem Mittelmeerraum neu bei uns siv genutzte Forsten und Plantagen
misch. Der kühlebedürftige Wasserpieper einwandert. Inzwischen sind die Winter umgewandelt, die letzten Moore werden
dagegen rückt im Schwarzwald in immer bei uns so mild, dass die Falter seit 10 bis trockengelegt und natürliche Grasländer
höhere, kühlere Regionen auf. 20 Jahren auch bei uns überwintern. für die Landwirtschaft umgepflügt. Der
Schutz der letzten verbliebenen natur-
Kuckuck und Frosch Ein weiterer Effekt mit großer Wirkung: nahen Lebensräume wäre kostengünstig
wird es zu heiß Der Klimawandel lässt neue Arten ein- und eine sehr wirksame Maßnahme um
wandern. Das kann im Fall von pflanzen- unser Klima zu retten.
Der Kuckuck macht deutlich, wie kom- fressenden Insekten oder Krankheitsü-
plex sich der Klimawandel auf das Zu- berträgern beträchtliche negative Folgen 2008 wird Deutschland Gastgeber der
sammenspiel der Arten auswirken kann. für den Menschen haben. So begünsti- UN-Konferenz zum Schutz der biolo-
Seine Wirte kehren mittlerweile immer gen die milden Winter die Ausbreitung gischen Vielfalt sein. Machen wir Druck,
früher aus ihren Winterquartieren zu- der Zecken in Richtung Norden, die im dass sich die Politik bewegt und Ernst
rück. Da der Kuckuck seine Ankunftszeit Gepäck den Überträger der Hirnhautent- macht mit dem Schutz des Klimas und
jedoch nicht angepasst hat, kommt er zündung FSME haben. In Brandenburg der Artenvielfalt weltweit.
häufig zu spät, um seine Eier in fremde ist in den letzten beiden Jahren die Zahl
Nester zu legen. Auch er weicht zuneh- der FSME-Erkrankungen stark angestie- – Horst Korn und Cordula Epple: Biologische
mend in kühlere, höhere Lagen aus – bis gen. Vielfalt – Gefahren, Chancen, Handlungsopti-
es ihm auch dort zu heiß werden wird. onen. BfN-Skript 148, 2006
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Hundslachs
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Oktober 1993 beobachtete er in Bag Neben den Grizzly- und Schwarzbären zen und Insekten, welche die Nahrungs-
Harbour auf den Queen Charlotte-In- sind auch Marder, Weißkopfseeadler, grundlage für die Lachsbrut darstellen.
seln sechs Wochen lang eine Gruppe Möwen, Krähen und Raben am Verzehr Die Lachse brauchen den Wald ebenso
von Schwarzbären beim Lachsfang. In der Lachse und der anschließenden Ver- wie der Wald den Lachs.
diesem Zeitraum fingen die sechs Bären teilung der Nährstoffe im Wald beteiligt.
mehr als 3.000 Lachse und damit etwa Außerdem ernähren sich Fliegenlarven Im Goldstream Provincial Park auf Van-
zwei Drittel aller Fische, die durch den von den Fischkadavern, die im Frühjahr couver Island sind im Herbst 2006 mit
Bach zogen. Fast alle gefangenen Fische für die nötige Insektenvielfalt sorgen und Verspätung ausreichend Lachse zurück-
hatten bereits abgelaicht, so dass der damit den Nachwuchs der Singvögel gekehrt, damit der Schwarzbär sich eine
Beutezug der Bären keine Gefahr für die garantieren. „Lachse sorgen für Arten- Fettschicht für den Winter anfressen
Zukunft des Lachsbestandes darstellte. vielfalt im Küstenregenwald,“ erklärt kann. Wenn die Lachse eines Tages nicht
Seine Hochrechnung ergab, dass die Reimchen. „Täler, in denen Lachse mehr zurückkommen würden, wäre das
pelzigen Fischräuber bis zu vier Tonnen ziehen, weisen die doppelte Anzahl an mit verheerenden Folgen für das Ökosys-
Fisch in einen Hektar Wald tragen. Insekten- und Vogelarten auf.“ tem Regenwald an Kanadas Westküste
verbunden.
Reimchen war bekannt, dass für die Ve- Doch das System Lachs-Wald ist keine
getation verfügbarer Stickstoff im Wald Einbahnstraße. Die in der Vegetation
Mangelware ist – die Körper der Lachse, gespeicherten Nährstoffe werden wieder Jens Wieting lebt in Victoria,
die ihre Reise im Wald beenden, beste- frei, wenn Bäume absterben und umfal- Kanada und arbeitet als Wald-
hen aber zu drei Prozent aus Stickstoff. len. Die so in die Gewässer gelangenden Campaigner für den Sierra Club,
Außerdem wusste er, dass der aus dem Stickstoffverbindungen versorgen Pflan- Kontakt: jens@sierraclub.bc.ca
Ozean stammende Stickstoff sich von
den auf dem Land verbreiteten Stick-
stoffverbindungen unterscheidet. In der
Nahrungskette im Meer reichert sich
das schwerere Stickstoff-Isotop 15N an,
das ein Neutron mehr aufweist als das
weiter verbreitete, leichte 14N. Reim-
chen schickte Vegetationsproben in ein
kalifornisches Labor.
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satire
Unter Klon-Schafen
In einem Sommer in naher Zukunft: Ein Schaf steht auf einer großen
Weide an einem modernen Zaun und kaut vor sich hin. Ein zweites
Schaf tritt von außen hinzu.
Schaf außen: Hallo Artgenosse! Wie also bin ich sie. Und alle meine Schwe- Dolly 2: Genau dieser Druck
geht´s? stern bin ich auch! hat mich hervorgebracht.
Schaf innen: Danke, es geht. Ganz so Schaf außen: (verwirrt): Äh… wie…? Mein Hochleistungsertrag soll
wie ein Artgenosse siehst du aber nicht Dolly 2: Das ist der Vorteil des Klonens. die Preise drücken. Wenn ich
aus. Kein Vater nötig und kein aufwändiges allerdings nicht meine genaue
Schaf außen: Ich gehöre einer ande- Züchten mit langwieriger Selektion. Ein- Menge Wasser und Cerealien,
ren Rasse an und komme vom Biohof fach ein Schaf nehmen, das so ist, wie Vitamine und Mineralien,
nebenan. man es braucht, eine Zelle entnehmen, Antibiotika und Chemikalien
Schaf innen: Gehört habe ich von euch. den Zellkern daraus in eine entker- zu mir nehme, kippt mein
Aber noch nie eines gesehen. nte Eizelle einpflanzen und ab in eine Stoffwechsel um und ich
Schaf außen: Du kommst wohl nicht viel Leihmutter – fertig ist das Schaf für die funktioniere nicht mehr ren-
herum? modernen Agrarfabriken! Mit exakt dem tabel genug. Deswegen stehe
Schaf innen: Nein, meistens stehe ich in Erbgut der Mutter und allen gewünsch- ich auch nur heute draußen.
unserem modernen, vollautomatischen ten Eigenschaften. Nur Eier können wir Zufällig befindet sich das
Stall. noch nicht legen, aber daran wird bereits Wetter innerhalb zulässiger
Schaf außen: Dieses ganze moderne gearbeitet. Parameter. Der Klimawandel
Zeugs macht unserem Bauern Sorgen… Schaf außen: Ich fall um! Aber was ist, macht´s möglich.
Schaf innen: Was ist ein Bauer? wenn sich die Zeiten ändern? Wenn man Schaf außen: Ja, ja, es kann
Schaf außen: Na, der Mensch, der uns neue Eigenschaften braucht? Wo soll ganz schön warm werden
pflegt, Futter bringt, melkt, schert, man die Gene dann hernehmen? unter so einem dicken Pelz,
schlachtet… (ein leichtes Magengrum- Dolly 2: Keine Ahnung. Pech gehabt. äh…, ich meine natürlich
meln ist zu hören) Vielleicht von euch Bioschafen? Fell! (lässt die Zunge heraus
Schaf innen: Ein Mensch…?! Ich kenne Schaf außen: Das hast du dir so gedacht! hängen und fängt ein wenig
nur vollautomatische Futteranlagen, Damit wir auch irgendwann so enden an zu hecheln) Bei uns stehen
Melkmaschinen, Kotrechen… wie du?! Der wirtschaftliche Druck der die Schafe fast das ganze Jahr
Schaf außen: Das ist ein Tier auf zwei Agrarindustrie ist gewaltig genug. hindurch auf der Weide.
Beinen.
Schaf innen: Ach, das meinst du! Bei
mir kommt so eins ab und zu im weißen
Kittel mit Gummihandschuhen und
Maske und piekst mich mit Spritzen, um
Laborproben zu nehmen oder mich mit
irgendetwas vollzupumpen…
Schaf außen: Wozu denn der ganze
Aufwand?
Schaf innen: Ich bin ein Hochleistungs-
turboüberschallhastdunichtgesehen-
superschaf! Ich gebe die meiste Milch,
meine Wolle spinnt sich fast von allein,
und mein Fleischertrag hat beinahe den
eines Rindes eingeholt …
Schaf außen: (ein Speichelfaden rinnt
aus seinem Maul) Wow, da bin ich aber
platt! Aber wie geht denn das?
Schaf innen: Ich bin ein Klonschaf. Mein
Name ist Dolly 2.
Schaf außen: Du bist die berühmte
Dolly?!
Dolly 2: Das könnte man so sagen, denn
ich bin ein Klon meiner Mutter Dolly,
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satire
Dolly 2: Bei Tag und Nacht, Sonne und schon ein Vermögen verschlungen, ja einfach alles! (trottet mit hängendem
Regen, Sommer wie Winter?! Wie haltet meine Aufzucht und Pflege kosten auch Kopf zurück Richtung Wald) Ich glaube,
ihr das bloß aus?! viel Geld. Außerdem käme ich mit dem ich lass´ mich für den Zoo einfangen!
Schaf außen: Wir sind das gewohnt. wechselnden Futterangebot nicht zu- Kein Ärger mehr mit Beutefang! Oder
Unsere Rasse ist an die hiesigen Bedin- recht. Jede Schwankung führt zu Unvor- ich werde gleich Vegetarier! Alles besser
gungen angepasst. Allerdings sind wir hergesehenem, und das erhöht unseren als diese geklonten Omas hier! (heulend)
nicht so groß, leistungsfähig und - saftig Preis…und du weißt ja: Geiz ist geil! Dolly 2: (zu den anderen Klonen) Was
wie du… (mjamjamjammm!) Schaf außen: Genau diesen Weg war denn das für ein komisches Viech?
Dolly 2: Und was ist mit den ganzen gehen viele nicht mehr mit! Biologisch Ich hab’s ja gewusst: Alle da draußen
Parasiten, Bakterien und Viren?! Ich bin reichhaltige Nutzflächen werden so sind vollkommen durchgeknallt und
dagegen immun gemacht worden. Aber zu Agrarwüsten gemacht und Bauern wissen überhaupt nicht, was sie wollen!
ihr müsst euch ständig mit irgendwas werden in den Ruin getrieben. Eine Da lobe ich mir doch das planbare Leben
abplagen, oder? echte Alternative war da die biologische im schönen warmen Genlabor! Was
Schaf außen: Im Gegenteil. Das Leben Landwirtschaft. Und was ist jetzt? Wind meint ihr?
draußen stärkt die Abwehrkräfte. Unsere und Bienen übertragen die Gene von Dollies: (im Chor zustimmend)
genetische Vielfalt sorgt dafür, dass die gentechnisch veränderten Pflanzen auf MMMMMMMMMMMMMMU-
Plagegeister immer nur einzelnen Tieren traditionelle Sorten und auf Wildpflan- UUUUUUUUUUUUUH!!!
zu schaffen machen, aber nicht gleich zen. So kann die Reinheit der Biopro-
die ganze Herde dahinrafft. Aber sag’ dukte nicht mehr garantiert werden und Ralf Golz (rgolz@gmx.net) und Christian
mal, wenn du so ein Superschaf bist, niemand kann vorhersehen was das Offer (ecodevelop@gmx.de) studierten in
warum hält man Dich dann so isoliert, langfristig in der Natur auslöst. Es ist bes- den 1990er Jahren zusammen Biologie
fast völlig steril? ser, die Gentechnik vorsorglich ganz aus in Berlin. Heute ist Ralf Golz im Garten-
Dolly 2: Meine Feinde schlafen nicht. der Landwirtschaft heraushalten…damit bau tätig. In seiner Freizeit schreibt er
Sie rüsten auf, indem sie sich anpassen. ein ehrbarer Wolf auch in Zukunft noch satirische Texte und tritt in Lesungen und
Und im Zuge der Globalisierung und leckere Schafe reißen kann! an Comedian-Abenden auf.
des Klimawandels können plötzlich Dolly 2: Was ist denn das – ein Wolf?
neue Schädlinge auftauchen. So können Schaf außen (fies grinsend): ICH bin ein
überwunden geglaubte Probleme stärker Wolf…
denn je zurückkehren. Davor will man Dolly 2: Ach, das ist ja interessant! Ich
uns schützen; meine Erschaffung hat kenne nur Woll-Schafe…aber von einem
Wolf-Schaf habe ich noch nie etwas
gehört. Was ist denn bei Dir anders?
Wolf im Schafspelz: (gierig) Na, DAS
zeige ich Dir gern! Komm nur näher
heran, damit du es besser sehen kannst!
Ich muss nur noch schnell aus diesem
Fell raus…
Dolly 2: Gleich! Ich rufe nur noch schnell
meine Schwestern heran, damit sie es
auch sehen können. Dolliiiiiiies! (Über
hundert Dolly-Klone tauchen hinter
dem Laborstall auf und kommen auf die
beiden Tiere zu. Einige humpeln, andere
keuchen laut vor Anstrengung.)
Wolf im Schafspelz (schockiert): Was
ist denn mit denen los?!
Dolly 2: Das ist der Preis des Klonens.
Wir erben das Alter unserer Mutter.
Alterungsbedingte Verschleißerschei-
nungen treten bei uns viel früher auf.
Wolf: (entsetzt aufheulend) Ou-
uuuuuuuh! (zieht sich beleidigt das
Schaffell vom Leib) Igittigitt! Nur zähe Foto: Naturfoto/Willner
Tattergreise! Ekelhaft! Da vergeht einem
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Foto: argus/Dott
schwerpunkt
Foto: argus/Janke
24 Nr. 93/2.07
schwerpunkt
Neue Kohlekraft-
werke heizen das
Klima weiter auf
Während der Klimawandel die Titelseiten der Zeitungen füllt
und PolitikerInnen jeder Coleur Maßnahmen zum Schutz des
Klimas und zur Reduktion des CO2-Ausstoßes fordern, setzen
die Energieversorger in Deutschland weiter auf fossile Brenn-
stoffe und planen zahlreiche neue Kohlekraftwerke. Mitt-
lerweile sind konkrete Planungen für 28 Stein- und Braun-
kohlekraftwerke bekannt, vermutlich werden noch weitere
hinzukommen.
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schwerpunkt
deutlich höher liegen. Moderne Gas- ziert werden, überwiegend in geringem onen eher siedlungsnah errichtet werden
kraftwerke erzeugen dagegen „nur“ Umfang. Das liegt vor allem an der als Kohlekraftwerke.
etwa 350 g CO2 pro kWh. Sie sind mit geplanten Größe der Anlagen, die zwi-
bis zu 58 Prozent Wirkungsgrad bei schen 500 MW (Düsseldorf, Steinkohle) Kohlestrom im
reiner Stromerzeugung und bis zu 85 und 2.100 MW (Neurath, Braunkohle) Emissionshandel begünstigt
Prozent bei einem Betrieb als Kraft- liegen soll.
Wärme-Kopplungsanlage wesentlich Die Energieversorger argumentieren,
effizienter als Kohlekraftwerke, die einen Bei so großen Kraftwerken ist eine Gaskraftwerke seien trotz der geringeren
elektrischen Wirkungsgrad von maximal nennenswerte Fernwärmeerzeugung Investitionskosten keine Alternative zu
45 Prozent (Steinkohle) bzw. 43 Prozent einerseits nicht effizient, andererseits Kohlekraftwerken, da Gas als Brennstoff
(Braunkohle) erreichen. fehlen im näheren Umkreis die Abneh- viel zu teuer sei. Dabei ist klar, dass auch
mer. Gaskraftwerke werden dagegen der Kohlepreis in Zukunft steigen wird.
Nur bei acht der geplanten Kohlekraft- meist als kleinere Anlagen geplant und Und auch über die künftigen Preise der
werke soll gleichzeitig Fernwärme produ- können aufgrund der geringeren Emissi- Zertifikate kann nur spekuliert werden.
26 Nr. 93/2.07
schwerpunkt
Zur Zeit sind Kohlekraftwerke vor kenntnissen zum Klimaschutz ernst
allem attraktiv, weil sie bei der Aus- nimmt, muss sie die Zuteilungsre-
gabe der Emissionszertifikate im gelung entsprechend ändern.
Nationalen Allokationsplan (NAP)
bevorzugt behandelt werden. Das Anfang 2007 wurde mit dem Bau
bedeutet, dass die geplanten Koh- von zwei geplanten Kraftwerken in
lekraftwerke Zertifikate für 750 g Duisburg-Walsum (Steinkohle) und
CO2 pro kWh erhalten sollen, Gas- Neurath (Braunkohle) begonnen,
kraftwerke für 365 g CO2. Dabei ein weiteres bei Datteln (Stein-
werden 7.500 Volllaststunden im kohle) ist genehmigt. In Boxberg
Jahr zugrunde gelegt. Das ent- wurde Ende April mit dem ersten
spricht einem dauerhaften Betrieb Spatenstich der Baubeginn ein-
im Grundlastbereich. Für moderne geleitet. Bei den meisten anderen
Steinkohle- und Gaskraftwerke Kraftwerken werden in diesem Jahr
sollen also so viele Zertifikate ver- wichtige Entscheidungen fallen
geben werden, wie CO2 emittiert – bei einigen werden die Inves-
wird. Eine „Lenkung“ hin zu einer titionsentscheidungen erwartet,
klimafreundlicheren Energieversor- bei anderen soll dieses Jahr das
gung sähe anders aus. Genehmigungsverfahren durchge-
führt werden. 2007 wird also ein
Sind die Kraftwerke weniger als entscheidendes Jahr, um möglichst
7.500 Volllaststunden pro Jahr viele der geplanten Kraftwerke
(weil z.B. weniger Strom benötigt doch noch zu verhindern.
wird) in Betrieb, können die Be-
treiber sogar Zertifikate verkaufen. 2007: Kohlekraftwerke
Braunkohlekraftwerke, die größten verhindern!
CO2-Emittenten überhaupt,
erhalten zwar etwas weniger In Berlin, Bremen, Hamburg, Mainz
Verschmutzungsrechte als real und Mannheim beschäftigen sich
emittiert wird, gegen diese angeb- die ROBIN WOOD Regionalgrup-
liche „Ungleichbehandlung“ der pen mit den vor Ort geplanten
Braunkohle gab es heftige Proteste Kraftwerken. In Bremen und
der Braunkohlelobby. Nach einem Mannheim fanden bereits erste
„Kompromiss“ sollen Braunkohle- Aktionen statt, weitere werden fol-
kraftwerke nun als „Ausgleich“ gen und darauf hinweisen, dass es
Zertifikate für 8250 Volllaststunden Alternativen zum Kohlestrom gibt.
erhalten. Eine energiepolitische
Fehlentscheidung, die fatale Folgen Jede und jeder kann mit einem
für das Klima haben wird. Wechsel zu einem Ökostroman-
bieter schon jetzt den Energie-
Wenn – wie von ROBIN WOOD konzernen die Rote Karte für ihre
und anderen Umweltorganisa- rückwärtsgewandte Energiepolitik
tionen gefordert – auch Kohle- zeigen. Der Ausbau der erneu-
kraftwerke Zertifikate für maximal erbaren Energien muss weiter
365 g CO2 pro kWh erhalten, gefördert werden. Aber auch
würde sich der Preis für Kohle- Energieeinsparprogramme sind nö-
strom aufgrund des notwendigen tig – solange der Stromverbrauch
Zukaufs von Emissionszertifi- weiter steigt, kann der Umstieg auf
katen deutlich verteuern. Aber: eine Energieerzeugung mit 100
Ein Anreiz in klimaschonendere Prozent erneuerbarer Energie nicht
Techniken zu setzen, wäre getan. so bald gelingen.
Denn mehrere Energieversorger
haben betont, dass die endgültige
Entscheidung für oder gegen ein Ulrike Bielefeld, Biologin, lebt
geplantes Kohlekraftwerk auch in Oldenburg und ist bei ROBIN
von der Zuteilungsregelung für WOOD im Bereich Energie aktiv.
die Emissionszertifikate abhängt. Kontakt: ulrike.bielefeld@
Wenn es die Politik mit ihren Be- uni-oldenburg.de
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Sommer des Jahres 2003 organisierte Berlin, auch in Cottbus und Stockholm die Braunkohle im immer näher rücken-
sich ein gewaltfreier Widerstand gegen am Hauptsitz des Konzerns Vattenfall den Tagebau Cottbus-Nord abbauen zu
den Abriss, der ab dem 01. Oktober zu protestierte ROBIN WOOD. können, muss der Grundwasserspiegel
einer Besetzung des Gebäudes durch um insgesamt 60 Meter gesenkt werden.
zeitweise bis zu 200 AktivistInnen führte Als Vattenfall eine Genehmigung zur Durch die Rohre, die seit Oktober 2005
und durch ROBIN WOOD unterstützt Querung des Hammergrabens - mit überall in der Teichlandschaft verlegt
wurde. „Kultur statt Kohle - Lacoma damit verbundenen Baumfällungen werden und nicht zu übersehen sind,
statt Vattenfall“ stand am 7. Oktober - erhielt, besetzen AktivistInnen von pumpt Vattenfall pro Minute zwischen
auf dem Transparent, das ROBIN WOOD- ROBIN WOOD im Oktober 2005 Bäume 700 und 850 Liter Wasser aus dem
AktivistInnen nahe der Ortschaft über an eben dieser Stelle. Die Baumbeset- gesamten Gebiet und entlang des
die Bundesstraße spannten. Nach mehre- zung fand ein großes Medienecho und Hammergrabens ab. 200 Millionen Ku-
ren erfolglosen Verhandlungen mit dem das Vorhaben Vattenfalls, die Teiche dem bikmeter Wasser pro Jahr werden in die
Energieriesen Vattenfall wurde die Beset- Braunkohletagebau zu opfern, stieß Spree geleitet. Das sind unvorstellbare
zung der Kulturscheune am 16. Oktober erstmals auch öffentlich auf die Ableh- Mengen, wenn bedacht wird, dass ganz
durch die Polizei gewaltsam beendet nung einzelner Parlamentsmitglieder in Brandenburg an Wasserknappheit leidet!
und die AktivistInnen der „Freunde von der Landes- und Bundespolitik. Vattenfall
Lacoma“ von den Dächern geholt. Die zeigte sich in keiner Weise gesprächs- 2006 und 2007: Die Jahre der
Kulturscheune wurde sofort abgerissen. bereit und die Baumbesetzung wurde Entscheidung
nach 13 Tagen durch die Brandenburger
„So viel Natur für so wenig Kohle? Polizei und die Werksfeuerwehr von Um den Druck auf Schwedens Regierung
- Rettet Lacoma! Energiewende jetzt!“ Vattenfall geräumt. zu erhöhen, protestierten ROBIN WOOD-
forderten ROBIN WOOD-AktivistInnen AktivistInnen im April 2006 nochmals
vor der Berliner Vattenfall-Zentrale. Der Die Baumfällungen am Hammergraben in Stockholm bei der Vattenfall-Haupt-
Protest gegen die Abbaggerung der waren – nach Auffassung von Vattenfall versammlung. Und: Bundestagsabge-
Teichlandschaft wurde zusammen mit – notwendig geworden, um eine Brücke ordnete aller Parteien unterstützen den
den „Freunden von Lacoma“ nicht zum über den Hammergraben zu bauen, über Erhalt der Lacomaer Teichlandschaft
ersten Mal aus der Lausitz in die Bundes- die Rohre und Pumpen in der Teichland- und gehören zu den 3.000 Personen,
hauptstadt getragen. Und nicht nur in schaft eingebracht werden können. Um die eine gemeinsame Resolution der
Umweltorganisationen BUND,
GRÜNE LIGA, NABU und
Allen Protesten zum Trotz: Das Dorf Lacoma wird abgerissen ROBIN WOOD unterschrieben
haben.
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wurde zwar bereits 2003 gemeldet, ist
aber noch nicht auf der Liste der europä-
ischen Schutzgebiete eingetragen.
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32 Nr. 93/2.07
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Strömungsbarrieren einbauen, das Lager jahrlanger Verzögerung auf Grund von zu Schacht Konrad basieren auf Model-
schließen und sich anschließend aus dem Problemen beim Sicherheitsnachweis. len, die 25 Jahre alt und nicht mehr dem
Staub machen. Das Bergamt hat die Unterlagen bereits Stand von Wissenschaft und Technik
als unzureichend zurückgewiesen und entsprechen.
Einen „heilen Zustand“ ASSE wird es nie Nachlieferungen verlangt.
mehr geben. Die Radioaktivität ist da So dramatisch die Situation in ASSE II ist,
und sie wird in die Umgebung austreten. Asse II als Warnung: Endlager so muss sie als Warnung für die anderen
Deshalb muss untersucht werden wie Schacht KONRAD und Gorleben Projekte aufgefasst werden. Die Forde-
mit dem strahlenden Müll zu verfahren aufgeben! rungen des Arbeitskreises Endlager aus
ist, um die radioaktive Belastung so dem Jahr 2002, ein wissenschaftliches
gering wie möglich zu halten. Bis zum Noch vor einigen Jahren haben die Gremium, das aus Atomenergiebefür-
Ergebnis der Prüfung ist auf jeden Fall Betreiber der ASSE II behauptet, das wortern und –gegnern zusammenge-
sicher zu stellen, dass keine Baumaß- Lager sei sicher und bedauert, dass die setzt ist, müssen endlich umgesetzt und
nahmen vorgenommen werden, die Arbeiten zur Einlagerung von Atommüll mittels objektiver, wissenschaftlicher Kri-
eine Rückholung faktisch unmöglich zu Forschungszwecken in der ASSE terien nach dem bestmöglichen Umgang
machen. Und es sind die notwendigen eingestellt worden seien. Warnungen, mit dem Atommüll gesucht werden. Die
Stabilisierungsmaßnahmen im Bergwerk die es bereits in den 70er Jahren wegen Bevölkerung ist auf eine ehrliche Weise
vorzunehmen. mangelnder Standsicherheit gab, wur- mit einzubeziehen. Und eine weitere
den konsequent ignoriert. Nun zeigt Lehre muss gezogen werden: Angesichts
Bund und Land stehen auf dem juristi- sich, dass die angebliche Langzeitsicher- der riesigen Probleme mit dem Atommüll
schen Standpunkt, die ASSE II sei eine heit nicht einmal für 20 Jahre ausreicht. darf kein neuer produziert werden!
Forschungseinrichtung, deshalb müsse es Was bedeutet dies aber für die Endlager-
für ihre Schließung kein atomrechtliches projekte Schacht KONRAD und Gorle-
Planfeststellungsverfahren geben. Sie ben? Auch dort heißt es von Betreiber- Ursula Schönberger ist im Vorstand
wollen das allein nach Bergrecht regeln. seite, die Langzeitsicherheit sei gegeben. der Arbeitsgemeinschaft
Diese Position verteidigen sie seit vielen Doch welche Halbwertszeit haben diese Schacht KONRAD e.V.,
Jahren vehement, egal welche Parteien Aussagen? Die Sicherheitsberechnungen ursula.schoenberger@gmx.net
die jeweiligen Regierungen bildeten. Im
Bergrecht ist jedoch keine Öffentlich- 4. April 2007: Protest vor den Toren der Schachtanlage ASSE II,
keitsbeteiligung vorgesehen. in der radioaktiver Müll lagert. In das Salzbergwerk tritt seit
langem Wasser ein. Die UmweltschützerInnen fordern einen
Eine Überführung des Atommülllagers öffentlichen Prozess, der klärt, was mit dem radioaktive Müll
ASSE II in das Atomrecht würde zumin- geschehen soll
dest ein Verfahren unter Beteiligung
der Öffentlichkeit notwendig machen.
Die Übertragung ins Atomrecht hätte
darüber hinaus auch zur Folge, dass die
Kosten für Rückholung und sichere End-
lagerung von den Verursachern getragen
werden müssten.
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schwerpunkt
Nr. 93/2.07 35
schwerpunkt
Biokraftwerke verbrennen
Regenwald
Ein gutes Gewissen hatte bisher, wer Strom aus Kraftwerken bezog, Teil der Insel Borneo. Diese
die Pflanzenöl nutzen. Mehrere Elektrizitätswerke in Deutschland Wälder stehen im Sumpf auf
betreiben solche Blockheizkraftwerke und preisen deren Klima- meterdicken Torfschichten,
freundlichkeit. Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen entlar- die, einmal trockengelegt und
ven diese Form des „grünen“ Stroms als Selbstbetrug. angezündet, nicht verbren-
nen, sondern verkohlen, da
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schwerpunkt
Macheten und schwerem Gerät bahnen
sich die Brandbekämpfer den Weg durch
den noch verbliebenen Wald.“
Nr. 93/2.07 37
titel
Dinah Epperlein
? Frau Epperlein, Sie beschäftigen ? Gab es damals schon die Fachaus- tung und bin darüber zur Beratung
sich schon lange mit erneuerbaren richtung „erneuerbare Energien“? gekommen.
Energien. Warum?
! Nein, aber wir hatten in München
! Ich hatte das Gefühl, im Bereich ein Seminar, das sich mit alternativen ? In Göttingen waren Sie später
Erneuerbare endlich mal meine Kennt- Energiekonzepten beschäftigte. Eher Mitbegründerin des Energiewende
nisse als Physikerin praktisch anwen- eine Arbeitsgruppe, geleitet vom Komitees. Was hat es damit auf sich?
den zu können und dabei noch etwas heute sehr bekannten Prof. Hans-Pe-
Sinnvolles zu tun. Die Atomphysik ter Dürr. Ich war von Anfang an da- ! Das Göttinger Energiewende
erschien mir schon früh als der falsche bei. Das Ganze war eine unheimlich Komitee ist direkt nach dem Reak-
Weg. Aber was war die Alternative? produktive und kreative AG. Diese torunfall in Tschernobyl gegründet
Ich wollte dazu beitragen, Alternativen AG hat sicher meinen Weg geprägt. worden. Es setzte sich damals aus
zu finden, umzusetzen, weiterzuent- Ich absolvierte später an der TU ganz vielen verschiedenen ehren-
wickeln. Das gab meinem Studium Berlin ein Weiterbildungsstudium amtlichen Gruppen zusammen, und
eigentlich überhaupt erst den Sinn. Energiemanagement/Energiebera- wir entwickelten für unsere Stadt
38 Nr. 93/2.07
perspektiven
ein kleines alternatives Energiekonzept. ben, wie viel Energie ein Gerät verbrau- ? Was wünschen Sie sich von den Me-
grüne berufe
Das Energiewende Komitee lebt heute chen darf, sofern das technisch möglich dien in Bezug auf Erneuerbare?
noch, macht Aufklärungsaktionen und ist. Heute weiß man, dass ein Kühlschrank
ist politisch aktiv. die Hälfte verbrauchen könnte. Aber er ! Ich wünsche mir, die Medien stellten
verbraucht immer noch viel. Durch ein das Energieproblem und den Klimawan-
paar bessere Komponenten kann jeder del weniger als Sachfrage dar, sondern
? Was bedeutet Energiewende für Sie? Hersteller die Energieeffizient steigern, und mehr als eine Frage: Worin liegt der
Nur noch bei Kerzenschein lesen? die Mehrkosten wären marginal. Sinn, ständig Wirtschaftswachstum zu
haben? Die Medien behaupten, es ma-
! Nein, gar nicht. Aber wir müssen che Sinn, aber keiner weiß es wirklich,
uns einfach mehr Gedanken machen. ? Beim Projekt „Solarzwilling“ kommen hinterfragt es öffentlich.
Als erstes muss ich überlegen, wie viel die Verbraucher aber wieder zum Zuge...
Energie ich als Einzelner, aber auch als Es geht um die Frage: Wie wollen wir in
Gesellschaft überhaupt brauche. Ist der ! Ja, stimmt. Im Grunde ist der Solarzwil- Zukunft leben, wie soll die Welt aus-
Aufwand nötig, oder kann man das ling ein Bürgerkraftwerk, eine Solar- sehen? Das verlässt schnell den Bereich
vielleicht auch anders organisieren? Der stromanlage, in die jeder Bürger oder Technik und wird komplexer. Ich glaube,
zweite Punkt ist: Wie kann ich die benö- Bürgerin kleines Geld investieren kann. nur durch komplexe Fragen und ehrliche
tigte Energie so effizient wie möglich er- Zwilling heißt es deshalb, weil alle Er- Antworten können wir unser komplexes
zeugen? Das geht in Richtung Blockheiz- träge darauf genutzt werden, um Solar- Leben meistern.
kraftwerke, Energiesparlampe, effiziente stromprojekte der Landlosenbewegung
Kühl- oder Haushaltsgeräte. Und wenn in Brasilien zu unterstützen. Dies ist ein
ich die notwendigen Geräte dann alle ideelles Projekt. Ich glaube an die Kraft Interview Dr. Corinna Hölzer,
habe, muss ich mir überlegen, wie ich der vielen Kleinen. Wenn Menschen GreenMediaNet. Aus dem Lesekalen-
den Strom oder die Wärme erzeuge, um selber zu Energieerzeugern werden z. B. der zu den erneuerbaren Energien
sie zu betreiben. Was ist mein Brennstoff mit einer Fotovoltaikanlage oder einem „Frauenansichten 2007“, Redaktion
oder meine Energiequelle? kleinen Blockheizkraftwerk, dann haben Andrea Meyer, Bundesministerium
sie plötzlich eine ganz andere Sicht auf für Umwelt, Naturschutz und
die Dinge, ganz andere Interessen, und Reaktorsicherheit, Referat KI III 1,
? Das alles sollen sich die Verbraucher merken, wie wertvoll Energie ist. www.bmu.de.
und Verbraucherinnen jeden Tag aufs
Neue überlegen?
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verkehr
40 Nr. 93/2.07
verkehr
Nr. 93/2.07 41
Natur auf der Spur
jugendseite
Joanna Buryn-Weitzel
ist 14 Jahre alt und die
Vielfalt der Arten bei ihr zu
Hause wird von Stab- und
Gespenstheuschrecken, ei-
ner Schildkröte und einem
Foto: GEO
Hund bereichert.
42 Nr. 93/2.07
bücher
Ihre Betroffenheit zeigt sie durch die Auswahl der vorgestellten Wissenschaftler und
Themen. So berichtet sie über ein niederländisches Unternehmen, das schwimmende
Häuser herstellt – für die befürchteten großen Überflutungen. Nachdenklich macht
ein Gespräch mit dem Klimaforscher Robert Socolow: Während Laien bei wissen- Elizabeth Kolbert
schaftlichen Themen stets zur Dramatisierung neigten, sei es beim Klimawandel Vor uns die Sintflut
genau umgekehrt. Fast alle Experten würden warnen – und die Laien verharmlosen. Depesche von der Klimafront
Übersetzung Thorsten Schmidt
Sonderaktion: Das Buch kann für 4 Euro bei der Bundeszentrale für politische Berlin Verlag, 2006
Bildung, www.bpb.de/publikationen/WFWTLU.html befristet bestellt werden. 222 Seiten, 19,90 Euro
ISBN 978-3827006431
Nr. 93/2.07 43
bücher
In Tanja Busses Buch kommen Wissenschaftler ebenso zu Wort wie Experten von Or-
ganisationen wie Greenpeace, Oxfam, Evangelischer Entwicklungsdienst, Kampagne
für saubere Kleidung und vor allem die Menschen, die unsere geliebten Produkte
herstellen. Außerdem hat die Autorin auch bei Firmen wie KarstadtQuelle, Adidas,
Nestlé etc, recherchiert und hartnäckig nachgefragt. Trotz der ausführlichen Fakten
ist das Buch sehr verständlich geschrieben.
Abgerundet wird das Buch durch Kapitel, die sich mit der Geschichte der Konsum-
kritik befassen und mit politischem Konsum als Thema in Wissenschaft und Medien.
Überzeugend ist auch der Anhang, der Informationsquellen auflistet (Verbraucher-, Tanja Busse
Umweltschutz- und Entwicklungshilfe-Organisationen, Bezugsquellen für faire und Die Einkaufsrevolution
ökologische Produkte) und eine ausführliche Literaturliste sowie ein Personen- und Konsumenten entdecken ihre Macht
Sachregister enthält – ein Buch, mit dem sich arbeiten lässt. Karl Blessing Verlag, 2006
320 Seiten, 14,95 Euro
Annette Littmeier, Berlin ISBN 978-3-89667-312-1
Obwohl es auf den ersten Blick so wirkt, wir haben es hier nicht mit dem recht ober-
flächlichem skandalheischen ähnlicher Bücher zu tun, sondern mit einer ernsthaf-
ten Auseinandersetzung um die Gefahren des „Geiz ist Geil“-Konsums. Kein Blatt
vor den Mund genommen wird bei der berechtigten Kritik an der DGE (Deutsche
Gesellschaft für Ernährung), die so offensichtlich ihre Neutralität verkauft, wenn es
um Marken und den Absatz geht. Tierversuchsstudien als Grundlage für menschliche
Ernährung werden erfreulicherweise kritisiert, auch die Relativität objektiver, wissen-
schaftlicher Studien wird angesprochen.
Allerdings fehlt dem Buch das Zeug zum Kassenschlager – aus einem einfachen
Grund: Es ist keine leichte Kost, die hier vorgelegt wird. Das umfangreiche Zahlen-
material und der Fremdwortgebrauch machen das Lesen an vielen Stellen schwer.
Marita Vollborn, Vlad D. Georgescu Wunderbar recherchiert, größtenteils gut erklärt – das Buch ist eine Goldgrube für
Die Joghurt-Lüge Menschen, die zum Thema recherchieren wollen. Hier wurde das nämlich schon
Campus Verlag, 2006 messerscharf getan.
300 Seiten, 19,90 Euro
ISBN 978-3-593-37958-6 Franziska Brunn, Berlin
44 Nr. 93/2.07
internes
Ich bin Juli(ane) Niklas, 29, und Juliane Niklas Ich bin Sylvie Grischkat, 31,
arbeite als Pädagogin im Koordi- aus Hessen. Seit 11 Jahren lebe
nierungszentrum Deutsch-Tsche- ich in Lüneburg und bin an der
chischer Jugendaustausch. Nach Universität tätig. Über ein Prak-
vielen Jahren als Aktivistin in tikum 2000 kam ich zu ROBIN
der Regionalgruppe Rhein-Main WOOD. Ich engagiere mich in
sowie als Mitglied der Energie- der Verkehrsgruppe, denn mein
und Verkehrsfachgruppe freue Herz hängt an einer nachhal-
ich mich jetzt, das Vereinsleben tigen Verkehrsentwicklung. Von
von einer anderen Seite erleben Sylvie Grischkat 2003 bis 2005 war ich bereits im
zu dürfen. Vorstand aktiv.
Nr. 93/2.07 45
post impressum
Magazin
92/1.07, Verkehr: Augenwischerei um Feinstaub“
Zeitschrift für Umweltschutz und Ökologie
liche Mengen von Feinstaub. So wird bei jedem Bremsvorgang durch den Redaktion
Abrieb der Bremsbeläge an der Bremsscheibe Feinstaub produziert, der Annette Littmeier, Dr. Christiane Weitzel
Abrieb der Kupplung zwischen Motor und Getriebe erzeugt Feinstaub (V.i.S.d.P.), Christian Offer, Sabine Genz, Angelika
und nicht zuletzt der Abrieb der Reifen auf der Fahrbahn. Gibt es eigent- Krumm, Regine Richter (o. Bild)
lich Untersuchungen wie hoch der Anteil dieser Komponenten an der
Gesamtfeinstaubbelastung ist?
Wenn ein Porsche Cayenne, ein BMW, ein Mercedes oder ein vergleich-
bares Fahrzeug von 250 km/h schlagartig auf 0 km/h abbremst, so produ-
ziert es durch den Bremsvorgang mehr Feinstaub als ein Kleinwagen ohne
Katalysator in einem ganzen Jahr.
Der Abrieb von Bremsen, Kupplung und Reifen findet ja nicht nur auf der
Autobahn sondern auch in den neu geschaffenen Umweltzonen statt.
Porsche und Co haben eine grüne Umweltplakette und dürfen auch wei-
terhin innerhalb und außerhalb der Umweltzonen Feinstaub machen. Verantwortlich für Layout, Satz, Fotos und Anzei-
gen ist die Redaktion.
Heinz B. Zeller, Heidelberg
Verlag
ROBIN WOOD-Magazin
Lindenallee 32, 16303 Schwedt
anzeige Postfach 100403, 16294 Schwedt
Tel.: 03332/2520-10, Fax: -11
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net ist.
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46 Nr. 93/2.07
internes
Treffpunkte
Freiburg Rhein-Main
Bei uns können sich alle Interessier- Mainz, Hintere Bleiche 3
ten aus Baden-Württemberg melden: Termine erfragen bei:
0761/61290450 oder 0172/7413995, Andreas Kleinhans: 06131/584683 (pri-
freiburg@robinwood.de vat), mainz@robinwood.de
Protest gegen neues Kohlekraft-
werk in Mannheim in luftiger Greifswald Rhein-Neckar
Höhe .... Kontakt: Birger Buhl, Tel.: 03834/ Treffen jeden 2. und 4. Dienstag um 19
513138, greifswald@robinwood.de Uhr im ASV, Beilstraße 12, Mannheim-
Jungbusch
Bayreuth Hamburg-Lüneburg Juliane Boß: 06221/589251
Kontakt: bayreuth@robinwood.de jeden 2. und 4. Mittwoch, rhein-neckar@robinwood.de
18.30 Uhr in der Pressestelle,
Berlin Nernstweg 32, 22765 Hamburg-Altona München
Donnerstags um 20 Uhr (14-tägig) AnsprechpartnerInnen: „Im Werkhaus“, Leonrodstr. 19
im „Verwaltungsgebäude“ des RAW- Jürgen Mumme: 040/38089212 jeden 2. und 4. Mittwoch, 20 Uhr
Tempels, Revaler Str. 99, 10245 Berlin- Kathrin Scherer: 04131/206160 Tel.: 089/168117
Friedrichshain, Tel.: 030/20687813 (AB), hamburg@robinwood.de, muenchen@robinwood.de
Bürozeiten: donnerstags von 12.30 bis lueneburg@robinwood.de
15.30 Uhr, berlin@robinwood.de
Kassel
Braunschweig jeden 1. Donnerstag im Monat, 17 bis
Donnerstag, 20 Uhr 19 Uhr im Umwelthaus Kassel, Infos bei
Ort bitte erfragen bei: Klaus Schotte: 0561/878384
Thomas Erbe: 0531/2505865 kassel@robinwood.de
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Köln
Bremen Montag, 20.30 Uhr
Geschäftsstelle Alte Feuerwache, Melchiorstr. 3
Dienstag, 19 Uhr koeln@robinwood.de
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bremen@robinwood.de ... und am Boden
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