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Zusammenfassung: Text 11

Matthew Gibney (2004): The Ethics and Politics of Asylum.


Kapitel 2 IMPARTIALITY: FREEDOM, EQUALITY AND OPEN BORDERS

• Position: Impartiality = Unparteilichkeit


• Fragestellung: Inwiefern existiert ein Recht auf Immigration? Sind Staaten Ausländern
gegenüber verpflichtet, Zutritt zu gewähren? (Recht auf Emigration vs. Recht auf
Immigration)
• partiality vs. impartiality (partiality: Fokus auf die Inländer/‚citizens‘; impartiality: ‚the claims of
members and strangers alike‘)
• impartialism sieht den idealtypischen Staat als ‚cosmopolitan moral agent‘; Staat ist
moralisch dazu angehalten, die Interessen der Bürger und Ausländer gleichwertig in
Betracht zu ziehen ➞ warum sollte das gelten? - weil es um grundlegende
(Menschen-)Rechte und um Gleichheit geht
• Impartiality Argument mit dem Anspruch auf ‚general obligation‘ (Verpflichtung hinsichtlich
der Menschheit)
• ‚equality of equal consideration‘ (bezogen auf die Interessen) vs. ‚equality of equal treatment‘
(bezogen auf die Menschen)
• Impartiality ist mit der Idee der Universalisierbarkeit verbunden (‚idea of universalisability‘);
Universalisierbarkeit: gilt für jeden; wird von jedem akzeptiert, sofern die Annahmen
akzeptiert werden, auf denen das Argument aufbaut (nicht mehr von subjektiver
Wahrnehmung abhängig); typisches universalisierbares Argument: alle einigen sich auf
etwas (Bezug zu Rawls); Universalisierbarkeit reinigt Argumente
• Schlussfolgerung Gibney: weder die parteiische (‚partialist‘) noch die unparteiische
(‚impartialist‘) Sichtweise kann eine angemessen Einbeziehung von universellen und
speziellen moralischen Ansprüchen bieten ➞ überzeugende Lösung muss beiden
Ansprüchen gerecht werden

2 Sichtweisen: liberals and utilitarians


Global liberals:
• wie Joseph Carens, Michael Dummet, Ann Dummett, Immanuel Kant ➞ deontologische
Theoretiker (= „es geht um die Handlung an sich“)
• die aktuellen Beschränkungen für Immigranten und Flüchtlinge ist eine grobe Verletzung der
menschlichen Freiheit ➞ what we need is ‚a complete transformation of current
Western attitudes to immigration‘ (Michael Dummett)
• Freizügigkeit als fundamentales Recht
- ‚Exclusion has to be justified‘ (Carens)
• dazu verschiedene Begründungen
1) Joseph Carens: leitet das individuelle Freizügigkeits- und Niederlassungsrecht von John
Rawls ab ➞ Schleier des Nichtwissens (‚veil of ignorance‘) ➞ Standpunkte sollten nicht
von eigenen Interessen beeinflusst werden; losgelöst kommt man zu denselben
Grundsätzen; Unparteilichkeit = Gerechtigkeit; ➞ Carens weitet die Logik der
ursprünglichen Position von Rawls global auf die Menschheit als Ganzes aus: ‚people in a
global original position would choose a right of free movement between states for exactly
the same reasons that individuals in Rawls’ contract would support free movement within
states‘ (citizenship in the modern world is, Carens argue, ‚a lot like feudal status in the
medieval world‘; assigned at birth)
2) Michael Dummett: ‚the idea that national frontiers should everywhere be open should
become far more than a remote aspiration: it should become a principle recognized by all
as the norm‘ - alle legitimierten Begründungen für den Ausschluss von Ausländern sind
moralisch schlecht fundiert
3) Ann Dummett: leitet die Position für offene Grenzen (‚open borders‘) von der
gegenwärtigen Staatspraxis ab ➞ Recht der Freizügigkeit kann von der Verpflichtung
abgeleitet werden, dass ein jeder emigrieren/auswandern darf; wenn liberale Staaten das
Recht der Auswanderung unterstützen, müssen sie im Gegenzug auch die Grenzen für
diejenigen öffnen, die immigrieren wollen
• Robert Goodin: weiterer Widerspruch ➞ liberale Staaten unterstützen den unbeschränkten
Güter- und Kapitalfluss (‚movement of goods & services‘), während sie die Freizügigkeit von
Menschen beschränken
• Beschränkungen: wenn die öffentliche Ordnung, nationale Sicherheit oder der Erhalt der
Institutionen gefährdet ist; Carens: Gefährdung der kulturellen Homogenität als Grund für
Beschränkung

Utilitaristen:
• wie Peter Singer, Renata Singer ➞ Konsequentialisten (gehen von der Wirkung aus; =
„welche Folgen zieht diese Handlung mit sich?“)
• Fokus auf den Konsequenzen, die Eintrittsbeschränkungen mit sich bringen
• argumentieren, dass die universale moralische Forderung darin besteht, alle Interessen
gleichwertig zu behandeln ➞ ‚equal consideration to all interests‘
• liberale demokratische Staaten sind verpflichten, neue Bewerber/Menschen (‚entrants‘)
aufzunehmen (Nutzen & Kosten von neuen Einwohnern) ➞ solange Menschen aufnehmen
bis die Kosten den Nutzen übersteigen (‚constraints on entry as legitimate when costs to the
state of admitting one more individual would be greater than benefits to the individual
concerned‘)

Global liberals & utilitarians: methodische Unterschiede, aber eins in der Position für die
Öffnung der Grenzen (‚but are at one in demanding far more open borders‘)

Inkonsistenzen (‚liberal inconsistencies‘): Impartialists weisen auf einige Inkonsistenzen in


den gegenwärtigen Verpflichtungen bezüglich der Unterstützung für offene Grenzen hin
• Wann handelt es sich um eine Inkonsistenz? - wenn es gleichzustellen ist, aber anders
behandelt wird („es ist unvereinbar für A und gleichzeitig gegen B zu sein“; A & B bauen auf
gemeinsamen Prämissen auf, oder die eine Prämisse wird von der anderen abgeleitet)
1) Liberale unterstützen das Recht der Freizügigkeit innerhalb des Staates, während sie die
Freizügigkeit außerhalb/zwischen Staaten verweigern
➞ nicht inkonsistent: Freizügigkeit gilt nie grenzenlos (es existieren immer Einschränkungen
(auch innerhalb von Staaten) wie bspw. beim Eigentumsrecht), andere Rechte in Staaten, in
dem man kein Bürger ist (Asylanten in Erstaufnahmelager in Deutschland ➞ Residenzpflicht);
Beschränkungen existieren um privates Eigentum, nationale Interessen etc. zu schützen
2) Freihandelszone (international freier Waren-, Kapital- und Informationsfluss) wird
unterstützt, während Freizügigkeit von Menschen/Arbeit weitgehend beschränkt wird
➞ nicht inkonsistent: große qualitativ unterschiedliche Konsequenzen ➞ ‚different impact upon
a society‘; Freizügigkeit von Menschen als einzigartige Thematik; große Immigrationsströme
können die Gestalt der Gemeinschaft verändern ➞ ‚immigration gives rise to unique moral
responsibilities‘
3) Rechte der Emigration werden unterstützt, aber das entsprechende Recht des Eintritts wird
verweigert
➞ nicht inkonsistent/keine Analogie: Recht der Emigration (internationales Recht) ist ein
negatives Recht (‚right for an individual not to be held back from exiting his or her state‘; ‚right
not to be prevented from leaving‘); Staaten haben aber keine positive Verpflichtung;
Verpflichtung des Rechts der Auswanderung ohne dem entsprechenden Recht der
Einwanderung ist nicht notwendigerweise widersprüchlich (positive Rechte können nicht von
negativen abgeleitet werden!)
➞ Flüchtlinge: andere Situation; keine andere Möglichkeit als Aufnahme; haben keinen Staat,
in den sie zurück können

Offene Grenzen und der Wohlfahrtsstaat: viele Impartialists glauben, dass Menschen
neben einer Reihe von zivilen und politischen Rechten auch eine Reihe von sozialen Rechten
besitzen sollten ➞ Stichwort: Wohlfahrtsstaat
• Konflikt zwischen den Interessen/Leben der Menschen, die einreisen und den
Menschen, die dort leben
1) Würden offene Grenzen mehr wirtschaftlichen Nutzen für den Wohlfahrtsstaat ergeben als
es ihm wegnimmt? ➞ ‚economic well-being of the state‘ (ökonomische
Konsequenzen); Migration kann wirtschaftlich vorteilhaft sein (Steigerung der Nachfrage
nach Gütern & Dienstleistungen, Steigerung des Know-hows etc.); ABER:
Massenmigration lässt auch Kosten entstehen (neue Migranten könnten unverhältnismäßig
von öffentlichen Diensten/Sozialsystem abhängig sein etc.)
• kontrollierter Zutritt: wenn der Zutritt beschränkt ist, können die Kosten für Immigration durch
aktive Staatshandlungen reduziert oder gar elimiert werden (Arbeitsmarktbedürfnisse und
Wohnkapazitäten können berücksichtigt werden)
• Offene Grenzen können zu starker Inkongruenz (‚huge mismatches‘) zwischen dem Ort
und der Anzahl der Betretenen und der Verfügbarkeit von Jobs, Wohnungen etc. führen
2) „the maintenance of favorable citizen attitudes towards the provision of public
goods“: um die Erhaltung von öffentlichen Güter zu schützen, ist es wichtig, dass ein
weitgehender Konsens unter den Bürgern besteht, dass jeder Bürger der Gemeinschaft
etwas verdankt ➞ kollektive Solidarität muss erhalten werden

• Zusammenfassung: mögliche wirtschaftliche und politische Effekt von Freizügigkeit


beinhalten eine Spannung zwischen den Prinzipien der Impartiality in Zutritt und der
Erhaltung von Werten, die die westlichen Staaten mit einem Wohlfahrtsstaat assoziieren.
➞ ‚tension between social democracy and open borders‘
• Bedeutet diese Bedrohung der sozialen Demokratie, dass Impartialists die ethische
Erwünschtheit von Freizügigkeit überdenken sollten (‚rethink the ethical desirability of free
movement‘)?
- global liberals: Carens ➞ Nein; Freizügigkeit innerhalb wie auch zwischen Staaten;
viele andere: Schutz des Wohlfahrtsstaats durch Zutrittsbeschränkungen, sodass nur den
Bedürftigsten Zutritt gewährt wird (wie beispielsweise Flüchtlingen) ➞ allerdings
inkonsistent aufgrund der Behauptung des generellen moralischen Rechts der
Freizügigkeit
- Utilitaristen: kalkulieren auf der Basis, dass der marginale Nutzen bei Eintritt gesteigert
werden würde (‚maximising global total utility‘)

Impartiality vs. Partiality:


• Kritik an der Sichtweise des Impartialism: zeigt eine unvollständiges und irreführendes Bild
von moralischer Verantwortung des Einzelnen und der Staaten auf
• Impartialism hält die Ansprüche auf gleichwertige Interessen aufrecht und respektiert
Menschen als Menschen ⬌ Partialism hält die Gerechtigkeitsansprüche und etablierten
Erwartungen der Bürger aufrecht.
• Thomas Nagel: personal & impersonal perspective (equivalent zu partial & impartial)

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