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Ansprache zum Bildungskongress am 28.4.

in Rendsburg

Bildung hat einen besonderen Wert für den Einzelnen und für die Gesellschaft. Sie dient sowohl der
Eingliederung in die Gemeinschaft, als auch der Vorbereitung auf das soziale und berufliche Leben
und nicht zuletzt der Gestaltung des Individuums und seiner Beziehung zur Gesellschaft.

Wurde früher stark in Sparten gedacht, so kommt mit der Idee des Lebenslangen Lernens eine
Dimension in die Diskussion, nämlich die der Gestaltung einer Bildungsbiographie, die in der
Kindertagesstätte anfängt und mit dem Berufsleben nicht aufhört.

Die Erwachsenenbildung verfolgt in diesem Zusammenhang drei Perspektiven und macht sie im
Verständnis des Lebenslangen Lernens zu einem wichtigen und adäquaten Partner aller
Bildungseinrichtungen: Sie bietet die Möglichkeit, das nachzuholen, was innerhalb der früheren
Bildungsbiographie versäumt wurde, dazu gehören Schulabschlüsse, und eine Fremdsprache.
Außerdem bietet die Erwachsenenbildung die Möglichkeit, Schlüsselkompetenzen zu erweitern, wie
z.B. Kommunikationsfähigkeiten oder sozialer Umgang. Nicht zuletzt bildet sie Kompetenzen, neue
Herausforderungen bewältigen zu können, die Beruf, Familie oder Gesellschaft mit sich bringen.

Volkshochschulen unterstützen die Daseinsvorsorge in den Kommunen. Sie bieten ein umfassendes
Weiterbildungsprogramm an, als Dienst am Bürger. Sie sind flächendeckend ein Anlaufpunkt, das
Bürgerrecht auf Bildung (Ralf Dahrendorf) und die Verpflichtung zur Bildung als Beitrag zur
gesellschaftlichen Wohlfahrt wahrnehmen zu können. Nicht zuletzt stellen sie eine wichtige soziale
Komponente im ländlichen Raum dar.

Knappe Ressourcen und zunehmender Wettbewerb lassen allenthalben die Frage nach der
Sinnhaftigkeit öffentlicher Einrichtungen aufkommen. Sie stehen in der Konkurrenz zu kommerziellen
Anbietern und sie unterstehen den Anforderungen der Nutzerinnen und Nutzer. Deswegen brauchen
wir innovative Lösungen, denn ich bin überzeugt, dass mit den vorhandenen Ressourcen eine gute
Bildungsstruktur möglich ist.

Dazu bedarf es der Gemeinwohlperspektive und der Vernetzung. Zunächst ein paar Worte zum
Gemeinwohl am Beispiel der Arbeit der Volkshochschulen: Welche Struktur, welche Angebote
brauchen wir, um einen gesellschaftlichen Mehrwert zu erzeugen? Dieser gesellschaftliche Mehrwert
wird ganz wesentlich von den (potenziellen) Nutzern als gesellschaftliche Subjekte definiert.

Dass die Volkshochschulen zur kommunalen Daseinsfürsorge gehören, können sie als Chance
begreifen. Gemäß diesem Auftrag ist den Verantwortlichen angesichts der knappen Ressourcen
bewusst, dass die Arbeit effektiv (Machen wir das Richtige?), effizient (Machen wir das Richtige
richtig?) und qualitätvoll (Machen wir das Richtige richtig gut?) gestaltet sein muss. Hier liegt kein
Unterschied zu Wirtschaftsbetrieben; die Erfahrungen und Methode des Managements sollten gerne
aufgenommen und appliziert werden. Sie dienen der Zielgerichtetheit der Arbeit. Effizientes und
effektives Arbeiten ist das eine, der Schritt in eine Gemeinwohlorientierung wäre in diesem Sinne
folgerichtig. Die öffentliche Bildungseinrichtung ist für die Menschen und ihre Bedürfnisse da – im
Privatleben wie im Beruf und insofern auch „kundenorientiert“. Mit ihrer Arbeit für die Bürger
fördern sie die Wohlfahrt der Gesellschaft. Das ist ihre Art der Wertschöpfung.

Zur Vernetzung: Weil Bildungseinrichtungen eine soziale Funktion haben und weil wir heute Bildung
im biographischen Kontext verstanden wird, brauchen wir eine gute Zusammenarbeit der
verschiedenen Bildungseinrichtungen, um Synergien zu schaffen und die Aufgaben bewältigen zu
können. Das Interesse der Kommunen besteht darin, eine Bildungsinfrastruktur unterhalten zu
können, das Interesse des Landes besteht in der Entwicklung und Förderung des ländlichen Raumes
im Sinne einer Organisationsentwicklung oder, wenn Sie so wollen, im Sinne eines Community
Organizings.

Wir müssen heute verstärkt Bildung vernetzt organisieren. Das gebietet uns der demographische
Wandels, die Notwendigkeit angebotsorientierter Bildungsplanung, und ein integriertes und
kompetenzorientiertes Verständnis lebenslangen Lernens. Ein Weg dazu sind so genannte
Kommunale Bildungslandschaften. Dem kommt gerade in ländlichen Räumen, die von Überalterung
und Abwanderung bedroht sind, eine besondere Bedeutung zu. Denn es braucht hier
Kulminationspunkte, kulturelle Zentren und Lernorte für das Individuum und die Gemeinschaft.
Bildung vernetzt gedacht mag erreichen, dass sie nicht desintegriert, sondern ganz im Gegenteil
Integration ermöglichen kann, weil sie Menschen unterschiedlichen Alters und unterschiedlicher
Kompetenz bzw. unterschiedlichem Wissenstand zusammenbringt. Eine vernetzt verstandene
Bildungslandschaft bietet überdies vor Ort die Möglichkeit eines Treffpunktes, eine wirkliche
Daseinsvorsorge, weil eben der Mensch nicht nur vom Brot allein lebt, sondern auch von der
persönlichen Entwicklung und der Begegnung.

Um Schleswig-Holstein umfassend als Bildungsland weiter entwickeln zu können, bedarf es dieser


verbindend-durchdringenden Perspektive. Kann es a la longue gelingen, die verschiedenen
Bildungseinrichtungen mit ihren eigenen Kompetenzen und Qualitäten zu vernetzen? Kann es
gelingen, Ergebnisse und Strukturen anderen Bildungsträgern zur Verfügung zu stellen? Schaffen wir
es, mit den vorhandenen Ressourcen eine gute Qualität im Angebot und zum Wohle der Menschen
im Land zur Verfügung zu stellen?

Diese Tagung ist ein guter Schritt auf dem Weg. Verschiedene Bildungseinrichtungen, Lehrende und
Lernende, sowie Verantwortliche aus Bildung und Verwaltung haben sich zusammen gefunden, um
die Zukunft der Bildung im ländlichen Raum zu erörtern. Die Struktur des Programms gibt die
Richtung vor: Gemeinwohlorientierung, Wertschöpfung von Bildung und ressourcenschonende
Vernetzung scheinen mir die wichtigsten Schlagworte für die weitere Entwicklung zu sein

Bernhard von Mutius, ein zeitgenössischer Sozialwissenschaftler, ist von der Notwendigkeit der
Wissensvernetzung überzeugt: „Wissen durch Teilung zu vermehren - das ist die ebenso neue wie
schwierige Aufgabe, vor der heute viele Wissensarbeiter in ihren Wertschöpfungsketten stehen (...).
Es geht um die Entwicklung eines immateriellen Vermögens (im doppelten Wortsinn), das nur in
Beziehungen entsteht und nur durch in Beziehungen gelebte Werte gefördert werden kann. Solche
Beziehungs-Werte' wie beispielsweise Toleranz, Respekt vor dem anderen, Kooperationsfähigkeit,
Integrität und Transparenz ermöglichen erst die grenzüberschreitenden Prozesse der
Wissensbearbeitung. Sie sind die Voraussetzung für gelingende Innovationsvorhaben."

Das wünsche ich mir für die Bildung in Schleswig-Holstein, für die Bürger und für die innovative
Weiterentwicklung unseres Landes.

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