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fILMMUSEUm

mÜNCHEN

Robert Bramkamp
Samuel Fuller
12 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 | 2004 2005

Mythos Bayern
Neue Filme aus Italien
Shanghai Modern
Unsichtbares Kino
Carl Theodor Dreyer
Klaus Wyborny
Working Girls
Zuschauerkino
Die Tschechows
Luchino Visconti
Neue Restaurierungen
Eintrittspreise Mitgliedschaft
4 € (3 € für MFZ-Mitglieder). Bei Sonderveranstaltun- Wer sich für die Arbeit des Filmmuseums interessiert
gen (z. B. Live-Musik, Überlänge, Gäste, 3D) wird ein und regelmäßig zu Filmmuseumsvorstellungen kommt,
Preisaufschlag von 2 € erhoben. kann Mitglied im Verein der Freunde des Filmmuseums
Die Kasse öffnet jeweils spätestens 30 Minuten vor Be- München, dem Münchner Filmzentrum e.V. (MFZ) wer-
ginn der Vorstellung. Bei allen öffentlichen Veranstal- den. Der Jahresbeitrag beträgt 20 € und berechtigt
tungen bleibt ein Kartenkontingent für den freien Ver- zum ermäßigten Eintritt ins Filmmuseum sowie zur Teil-
kauf an der Abendkasse reserviert. Restkarten von nahme an den Mitgliederversammlungen des MFZ, in
nicht abgeholten Reservierungen werden spätestens denen die Programmplanungen des Filmmuseums dis-
ab 10 Minuten vor Vorstellungsbeginn in den freien kutiert und Projekte entwickelt werden. Mitgliedsan-
Verkauf gegeben. träge sind an der Kinokasse erhältlich. Die Termine der
nächsten Mitgliederversammlungen des MFZ können
Kartenreservierung Sie der Kalenderübersicht entnehmen. Weitere Infor-
Kartenreservierungen sind ab 4 Wochen im voraus mationen finden Sie unter www.artechock.de/film/mfz/.
möglich und können unter der Telefonnummer 089/
233 24150 auf Band gesprochen werden. Persönliche Programmabonnement
Beratung am Telefon steht Ihnen dienstags bis sonn- Das Kinoprogramm und aktuelle Newsletter können Sie
tags von 19.00 – 20.00 Uhr zur Verfügung. Vorbe- im Internet unter www.filmmuseum-muenchen.de
stellte Karten müssen bis 15 Minuten vor Vorstellungs- kostenlos abonnieren. Das Programmheft wird an Mit-
beginn an der Kasse abgeholt worden sein, ansonsten glieder des MFZ auf Wunsch kostenlos versandt. An-
verfällt die Reservierung. sonsten bitten wir um die Zusendung eines mit 1,44 €
frankierten und adressierten DIN A5-Briefumschlages
Kartenvorverkauf an die Adresse des Filmmuseums.
Kartenvorverkauf ist ab vier Wochen im voraus möglich.
Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass unmittelbar vor Rollstuhlfahrer / Hörgeschädigte
Vorstellungsbeginn bei starkem Besucherandrang kein Der Kinosaal im Untergeschoss ist über einen Aufzug
Kartenvorverkauf möglich ist. Vorverkaufte Karten be- für Rollstuhlfahrer zugänglich. Die Behindertentoilette
halten ihre Gültigkeit nur bis Vorstellungsbeginn. An der befindet sich im Untergeschoss neben dem Kinoein-
Abendkasse können vorverkaufte Karten bis 15 Mi- gang. Das Kino ist mit einer Induktionsschleife für Hör-
nuten vor Vorstellungsbeginn gegen Kostenerstattung gerätebesitzer ausgestattet.
wieder zurückgenommen werden.
Verkehrsverbindung
Saalmikrofon Sie erreichen das Filmmuseum in 3 Gehminuten vom
Das Kino ist mit einem Saalmikrofon zur Kontrolle des U/S-Bahnhof Marienplatz oder in 5 Gehminuten vom
Kinotons durch den Filmvorführer ausgestattet. U-Bahnhof und der Tramhaltestelle Sendlinger Tor.

»Open Scene« am Donnerstag


Die Termine am Donnerstag sind teilweise für aktuelle Sonderveranstaltungen reserviert. Das Programm wird
spätestens 8 Tage vorher festgelegt und in den Schaukästen an der Kinokasse, im E-Mail-Newsletter und durch
Ankündigungen in der Tagespresse bekanntgegeben. Sie können auch gerne an Veranstaltungstagen zwischen
19.00 Uhr und 20.00 Uhr das aktuelle Programm am Telefon (089/233 24150) erfragen.

Ausstellungen im Kino-Foyer
In den Schaukästen im Kino-Foyer werden kleinere Foto-Ausstellungen zu sehen sein, die die Filmreihen und Kino-
Veranstaltungen des Filmmuseums begleiten.

Impressum
Herausgeber: Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum, St.-Jakobs-Platz 1, 80331 München, Tel. 089/233 24150,
filmmuseum@muenchen.de · Redaktion: Stefan Drößler, Claudia Engelhardt, Petra Maier-Schoen, Klaus Volkmer ·
Gestaltung: Heiner Gassen, München · Druck: J. Gotteswinter, München
Stan Laurel & Oliver Hardy, DVDs,
unsichtbares Kino, Orson Welles & das Jahr 2005
3 Robert Bramkamp . . . . . .
Ein ungewöhnliches Medienecho hat ein Fund des Filmmuseums München
im Moskauer Filmarchiv ausgelöst: Über die deutsche Version eines Filmes 7 Samuel Fuller . . . . . .
mit Stan Laurel und Oliver Hardy, in der die beiden selber deutsch sprechen,
wurde nicht nur in allen relevanten Kultur-Magazinen des deutschen Fernse- 9 Mythos Bayern . . . . . .
hens berichtet, sondern weltweit in Fernsehsendern, Radiostationen, Zeitun-
gen und auf Websites. Im neuseeländischen und amerikanischen Rundfunk 16 Neue Filme aus Italien . . . . . .
gab es Live-Interviews in den Nachrichtensendungen, BBC Worldwide stellte 19 Shanghai Modern . . . . . .
die Topmeldung auf ihre Website, und selbst in den lateinamerikanischen
Tageszeitungen wurde man über den Fund von SPUK UM MITTERNACHT 26 Unsichtbares Kino . . . . . .
informiert. Der Andrang bei den Vorführungen im Filmmmuseum war ent-
sprechend groß, so daß wir die restaurierte Fassung von SPUK UM MITTER- 29 Carl Theodor Dreyer . . . . . .
NACHT am 27. Januar 2005 in der Open Scene auf vielfachen Wunsch noch
einmal wiederholen, zusammen mit dem Film CASANOVA WIDER WILLEN, 37 Klaus Wyborny . . . . . .
ebenfalls aus dem Jahr 1931, in dem Buster Keaton deutsch spricht.
38 Working Girls . . . . . .
Zwei Rekonstruktionen des Filmmuseums erscheinen im Dezember in den
USA auf DVD: Richard Oswalds ANDERS ALS DIE ANDERN und Wilhelm 40 Zuschauerkino . . . . . .
Dieterles GESCHLECHT IN FESSELN unter den Titeln DIFFERENT FROM THE
OTHERS und SEX IN CHAINS bei Kino on Video. Beide Filme sind mit einer 41 Die Tschechows . . . . . .
Musikbegleitung von Joachim Bärenz versehen worden, die am Flügel des
45 Luchino Visconti . . . . . .
Filmmuseums aufgenommen wurden. Leider ist noch nicht abzusehen, daß
auch ein deutscher DVD-Anbieter die beiden Filme herausbringen wird. 53 Neue Restaurierungen . . . . . .
Doch auch hierzulande stehen DVD-Veröffentlichungen aus den Beständen
des Filmmuseums bald an: Vorbereitet wird eine Edition mit den Filmen von 54 Kalenderübersicht . . . . . .
Herbert Achternbusch. Auch wenn DVDs nie einen Kinobesuch ersetzen kön-
nen, machen sie dennoch Werke verfügbar, die im Kino kaum noch zu sehen
sind.
Leider spielt in der Verwertung von Filmen das Kino eine immer geringere
Rolle angesichts der immensen Erlöse aus Fernseh- und DVD-Lizenzen:
Viele Filme kommen gar nicht mehr oder nur kurzzeitig zu Kinoeinsätzen,
bevor sie in den anderen Medien verheizt werden. »Unsichtbares Kino« heißt
eine Reihe, die wir zusammen mit der Süddeutschen Zeitung durchführen,
die die Präsentation des Jahresrückblicks »Magic Moments« bei uns ablöst:
Vorgestellt werden Filme, die in München gar nicht oder eben nur ein paar
Tage zu sehen waren. Das Filmmuseum, das inzwischen das einzige Kino in
München ist, in dem noch vollständige Retrospektiven und Filmreihen an-
geboten werden, wird sich auch in Zukunft immer stärker um aktuelle Filme
kümmern müssen, die im Angebot der anderen Kinos untergehen.
2005 wird ein »Orson-Welles-Jahr« werden: Im Mai hätte Welles seinen
90. Geburtstag gefeiert, im Oktober jährt sich sein 20. Todestag. Natürlich R = Regie · B = Drehbuch · K = Ka-
wird das Filmmuseum als Verwalter des filmischen Nachlasses von Welles mera · M = Musik · D = Darsteller ·
OmU = Originalfassung mit deut-
darauf mit einer großen Retrospektive im Herbstprogramm reagieren und
schen Untertiteln · OmeU = Original-
eine Orson-Welles-Konferenz beim Filmfestival in Locarno abhalten. Aber fassung mit englischen Untertiteln ·
jetzt wünschen wir allen Besuchern, Freunden und Unterstützern zunächst OmfU = Originalfassung mit franzö-
einmal schöne Feiertage und einen guten Rutsch ins neue Jahr! sischen Untertiteln · OmÜ = Origi-
nalfassung mit deutscher Überset-
Ihr Filmmuseum zung · dtF = deutsche Synchronfas-
sung · B/s = Bilder pro Sekunde
Rückblick

15. Juli 2004: Claudia Engelhardt im Publikumsgespräch mit 20. September 2004: Kulturreferentin Prof. Dr. Dr. Lydia Hartl und
Carola Höhn nach einer Vorführung ihres Films APRIL, APRIL! von die STARTER-Filmpreis-Träger Sikander Goldau, Benjamin Heisen-
Detlef Sierck im Filmmuseum berg, Jens Schanze und Judith Malek-Mahdavi

7. Oktober 2004: Pressekonferenz im Filmmuseum zu den 22. Oktober 2004: Stefan Drößler und Robert Gitt vom UCLA Film
»Jugendkinotagen« mit Elisabeth Wicki-Endriss, Karl Freller, Dana and Television Archive, der im Filmmuseum die Outtakes von
Vavrova, Prof. Dr. Dr. Lydia Hartl und Martin Gebrande Charles Laughtons THE NIGHT OF THE HUNTER vorstellt

28. Oktober 2004: Chantal Akerman und Lynne Cooke, Kuratorin 5. November 2004: Jonas Mekas präsentiert im Filmmuseum sei-
am Dia Center for the Arts in New York, die das »Sputnikprojekt« nen Film NOTES ON UTOPIA sowie die Filme von Joseph Cornell
des Kunstvereins München betreut aus der Sammlung des Anthology Film Archive in New York
Werkschau Robert Bramkamp

Robert Bramkamp
3

Robert Bramkamp (geb. 1961) dreht seit 20 Jahren in- anderen Sehen auf das Geflecht von Liebe und Macht.
novative Spielfilme, in denen das Verhältnis von Fakt Die Liebe (das Leben), die Krankheit (der Tod), die Me-
und Fiktion immer wieder andere, faszinierende Verbin- dizin (die Macht) und die Versicherung (die Metaphysik)
dungen eingeht. Bramkamp nennt seine Filme »Proto- sind voneinander nicht nur kausal abhängig, sondern
typen«, es sind weder Essays noch verfilmte Dramen; verhalten sich auch wie ihre gegenseitigen Erfindun-
stattdessen geht es »um ein Denken in Bildern und gen. Und so betreibt die Bewegung des Films nicht nur
Worten, das über den psychologischen Realismus hin- die Auflösung der obsoleten Rationalisierungen (ohne
ausgeht«, um ein Erzählen, das Georg Seeßlen in sei- sich dem barbarischen Diskurs der neuen Ganzheit zu
ner hier auszugsweise wiedergegebenen Besprechung öffnen, der wie mir scheint, eine Mehrzahl der deut-
von DIE EROBERUNG DER MITTE beschreibt. schen Filmemacher und Filmemacherinnen mitsamt
ihrer Klientel verfallen ist), sondern beginnt, in das Ge-
Was einen als Zuschauer in Bann schlägt, ist nicht die flecht dieser Erfindungen einzutauchen, wobei es
Sympathie oder Antipathie zu diesem oder jenem immer deutlicher wird, daß es eine fundamentale
Schauspieler oder dieser oder jener Schauspielerin, die Wahrheit nicht gibt, nicht einmal die des Körpers. Hin-
für die Dauer der Einstellung vergessen ließe, daß es ter dem Text wird nicht die Wirklichkeit, sondern immer
einen Unterschied gibt, zwischen Darstellung und nur ein anderer Text sichtbar, und umgekehrt kann sich
Rolle, Gegenwart und Repräsentanz des Schauspielers, kein Text darauf hinausreden, ja nur Text und damit
sondern der Beginn eines unendlichen Kreisens der »unwirklich« zu sein. Bramkamps Figuren sind deshalb
Diskurse, eines positiven Kreisens nach Außen, das zwar nicht Subjekte als »Herren ihres Textes«, keine
weder auf ein imaginäres Zentrum der Probleme noch medialen Wiederholungen bürgerlicher Personen, aber
gar auf den Mythos einer Lösung zusteuert, sondern es sind auch nicht rhetorische Hülsen, wir können
vor allem in einer wundersamen, kosmischen und ko- ihnen immer wieder auch auf ganz direkte, naive Weise
mischen Weiterung des Blicks besteht. Sanft, aber mit nahe sein, auch während sie weit davon entfernt sind,
listigem Nachdruck verführt uns Bramkamp zu einem direkt und naiv sie selbst zu sein.
Bei alledem ist der Film nicht nur gelegentlich umwer- um es mit Umberto Eco zu sagen, selber am Text des
Robert Bramkamp

fend komisch, wenn auch auf eine eher philosophisch- »offenen Kunstwerks« arbeiten. Bramkamps Film
zerebrale Art, sondern auch auf eine ganz einfache Art »denkt« über Körper, Sprache, Ökonomie und Macht
schön, in den Bildern und ihren Bewegungen – nur ist und kommt zu dem Schluß, daß ein Beginn erreicht
eben auch diese Schönheit nicht auf die gewohnte Art werden kann. Die Idee bei Bramkamp ist keineswegs
über-identifiziert: so ist auch die Schönheit nicht iden- »filmisch dargestellt«, sie ist selber Film geworden.
tisch mit ihrem Empfinden. Aber das, was nicht iden- Einen besonderen Reiz (und für den einen oder die an-
tisch ist, ist deshalb noch lange nicht unabhängig von- dere auch die besondere Schwierigkeit) erzeugt der
4 einander. Film schließlich dadurch, daß er seine Methode ausge-
rechnet auf einen gesellschaftlichen Bereich anwendet,
der einer besonders rigiden sozialen Bearbeitung zwi-
schen Rationalität und Scharlatanerie unterworfen ist
und dessen Fähigkeit, die Mitte zu erobern, vor allem
aus dem Leidensdruck erwächst. Seine seltsame Frei-
heit taucht ausgerechnet am unfreiesten Ort der Ge-
sellschaft und der Biographie auf, dort, wo Sprache und
Körper am dramatischsten aufeinanderzuprallen schei-
nen. Das wiederum aber haben Therapie und Film mit-
einander gemeinsam, und so wird DIE EROBERUNG
DER MITTE schließlich zu einem Essay über das Filme-
machen. Auch der Autor und sein Werk sind nicht mehr
identisch, und die Bewegung der Personen und Bezie-
Dies ist, wenn man so will, ein »postmoderner« Film, hungen in Bramkamps Films bewegen sich aus der
weil er seinen Reichtum nicht aus einer Geste der Ne- Mitte heraus; die Personen suchen ihren Autoren nicht
gation gewinnt (es gibt ja das Romantische, das Komi- mehr, und der läßt sie frei. Das ist die nächste Umdre-
sche, das Symbiotische, das Kritische und das hung der Spirale, und nicht die letzte. Bramkamp ge-
Sehnsüchtige noch, und der Film registriert es mit iro- lingt es, im Film endlich Räume zu öffnen, die in der
nischer Zärtlichkeit), sondern aus der Überschreitung Literatur und in der Bildenden Kunst schon betreten
und Überlagerung, eben jener spiralförmigen Bewe- sind, und er ist dabei einer der wenigen Neuerer des
gung, die das, was man hinter sich gelassen hat, nicht Kinos, bedeutender als all die melancholische Kalligra-
unsichtbar werden läßt, so wie sich das Metaphysische phie, die Zeitgeisterei und Mythomanien, an die wir uns
ohne Zwang erkennnen läßt. Jeder Bramkamp-Film ist gewöhnt haben. Da zeichnet sich ein Kino für Zeitge-
ein kleines Werk der Befreiung, und weil das stets mit nossen ab, die keine »Schule des Sehens« brauchen,
Glück verbunden ist, auch mit ein wenig Arbeit der sondern Filme, durch die sich etwas denken läßt. Viel-
Phantasie, können diese Filme auch ein bißchen süch- leicht können wir uns ja, was die ästhetische Produk-
tig machen. tion anbelangt, wirklich noch einmal vom neunzehnten
Auch mit noch so angestrengtem Sehen kann ich in Jahrhundert verabschieden. Sogar im deutschen Film.
diesem Film weder die Herrschaft der Zentralperspek- Georg Seeßlen (epd-Film September 1995)
tive, noch die Konstruktion der Person durch die Erzäh-
lung, ja vielleicht nicht einmal das, was man herkömm- GELBE SORTE – Deutschland 1987 – R+B: Robert
lich als »Sinn« mißversteht, wiederherstellen. Die dra- Bramkamp – K: Herbert Baumann – D: Josef Drees,
matischen Konflikte der Hauptpersonen entpuppen Cristin König, Henry Spencer, Heinrich Hüser – 90 min
sich auf der jeweils nächsten Ebene immer wieder als – 1986: US-amerikanische Hochsilos breiten sich in
Komplizenschaft, und statt der melodramatischen Westfalen aus, einhergehend mit einer Umstellung der
Klärung der Fronten betreibt der Film die vollständige Landwirtschaft auf Futtermais und industrielle Schwei-
Vernetzung von Wahrnehmung und Interesse. Nie nemast. Die Folge ist eine zyklische Preisverfallkrise bei
»setzt sich jemand durch«, nie »sagt jemand mal end- Schweinefleisch. Henry, der sich auf die Sanierung
lich die Wahrheit«, aus dem Zusammenbruch einer In- maroder Höfe spezialisieren will, bringt seinen Freund
trige ersteht sogleich die nächste. Aber zugleich kann Bernd mit einem dubiosen holländischen Lageristen
ich mich nirgendwo auf Kälte und Distanz einstellen. zusammen. Nur eine besonders verschleierte Billig-
Denn wir sind so sehr in das Spiel involviert, daß wir, Produktion kann dem Bauern eine ökonomische Über-
lebenschance bieten – der Subventionsbetrug als »drit-

Robert Bramkamp
ter Weg«. Aber wie können die dazu passenden blühen-
den Landschaften aussehen? Bernds Freundin Francis,
die sich gerade mit »Penthesilea« auf die Schauspiel-
schule vorbereitet, hat einen künstlerischen Einfall zur
praktischen Landschaftsgestaltung. »Man muß das
banale Scheitern dem Zugriff der Betroffenheit entzie-
hen und solange geographisch oder historisch ver-
schieben, bis es in einer neuen Konstellation brisant 5
wird.« (Robert Bramkamp)
 Dienstag, 30. November 2004, 18.30 Uhr

SKLAVENTREIBER DER SEELE – Deutschland 1995 – nicht mehr zusammenbringen können. Diese Maschine
R: Alexander Kluge – Mit Robert Bramkamp – 25 min – ist vieles zugleich: Super-Phallus, Maschinenbraut, jun-
Eine Folge von Alexander Kluges »10 vor 11« Magazin- ges Ding, alte Hexe, Technik mit 20.000 Einzelteilen
sendung. Es geht um Tumor, Terror, allgemeine Hyste- und auch Geist, Gespenst, Inspiration und nicht zuletzt:
rie, die Suche nach Normalität und die Anwendung der Vampir. Vielleicht sogar ein Kunstwerk, oder eher ein
Menippeischen Satire im deutschen Film. – DIE ER- »Quasi-Kunstwerk«? – »Der Film ist vieles in einem: ein
OBERUNG DER MITTE – Deutschland 1995 – R+B: großartiger Bilderpool zu Zusammenhängen zwischen
Robert Bramkamp – K: Ekkehart Pollack – M: Robert Hightech und Holocaust, zwischen Furcht vor dem
Forster – D: Karina Fallenstein, Peter Lohmeyer, Mat- Sterbenmüssen, Unsterblichkeitswunsch und Todes-
thias Fuchs, John S. Mehnert – 77 min – Der Film sehnsucht; ein Film, der eine radikale Kritik daran ist,
schildert die Abenteuer des skrupellosen Erfolgsthera- wie Geschichte in Kino, TV, Feuilleton aufbereitet wird
peuten Mark Stroemer und seiner Gegenspielerin Wol- und der zugleich selber eine umfassende Konzeption
ke Donner, die unter falschem Namen sein Vertrauen von Geschichte ist.« (Michael Girke) – Es wird die im
erwirbt, um ihm das Handwerk zu legen. Stroemer ver- Vergleich zur deutschen Kinofassung um 14 Minuten
arbeitet trostlose Therapiefälle zu dubiosen Lebens- längere Orginalfassung gezeigt.
hilfe-Bestsellern. Herausgefordert durch die intelligente  Donnerstag, 2. Dezember 2004, 19.00 Uhr (Robert
und attraktive Spionin läuft der Scharlatan zu Höchst- Bramkamp ist anwesend)  Mittwoch, 8. Dezember
form auf: Er besiegt den Krebs des therapiesüchtigen 2004, 18.30 Uhr
Maklers Jakoby. Die Schulmedizin bleibt auf der
Strecke, aber ein Versicherungskonzern wird hellhörig. BECKERBILLETT – Deutschland 1992 – R+B: Robert
 Mittwoch, 1. Dezember 2004, 18.30 Uhr Bramkamp – K: Uli Fischer – D: Michael Gerthsen, Jür-
gen Dorn, Michael Tschech – 19 min – »Mit einer
PRÜFSTAND 7 – Deutschland 2001 – R+B: Robert schon typisch zu nennenden Mixtur aus Dokumentar-,
Bramkamp, unter Verwendung von Motiven aus dem Essay- und Spielfilm untersucht Robert Bramkamp die
Roman »Gravity’s Rainbow« (»Die Enden der Parabel«) Tätigkeit des Hamburger Eintrittskartenherstellers
von Thomas Pynchon – K: Jakobine Motz – M: Max Beckerbillett, der, bei genauer Betrachtung, nicht ein-
Knoth, Robert Forster – D: Inga Busch, Matthias Fuchs,
Peter Lohmeyer, Mario Mentrup, Robert Forster –
114 min – Am 3. Oktober 1942 startet in Peenemünde
die erste Rakete ins Weltall. Die Deutschen hatten
keine Ahnung, daß sie damit einen Geist ins Leben
gerufen hatten. Der Geist der Rakete heißt Bianca. Nur
in den Bildwelten der Rakete kann uns Bianca begeg-
nen. Sie ist Astronautin auf der Internationalen Welt-
raumstation. Sie wird Romanfigur, Filmdiva, Raketen-
freundin, US-Soldatin im KZ-Dora Stollen, Space-Mo-
dell, UFA-Star, Geschichtsforscherin in Peenemünde.
Auf den Spuren Biancas entsteht die Charakterstudie
einer Maschine, die alles auf den Punkt bringt, was wir
fach nur Billetts fertigt, sondern eher eine geheime kurzerhand gekidnappt und muß einem Tribunal in der
Robert Bramkamp

Währung auf den Markt bringt, bei ›Abriß‹ jedesmal ein Schachtelküche oder im ›gemütlichen‹ Wohnraum Re-
Ereignis verheißend.« (Rainer Rother) – DER HIMMEL de und Antwort stehen. Sein Versagen ist offensicht-
DER HELDEN – Deutschland 1987 – R+B: Robert lich. Der Mensch hat als Bewohner nur noch die Funk-
Bramkamp – K: Herbert Baumann – D: Cristin König, tion, die Zweckmäßigkeit der Architektur zu unterstrei-
James Irving, Robert Bramkamp – 15 min – Dokumen- chen. Unter Waffengewalt muß der Architekt unter-
tation und Phantasie. Während der echte (Ex-)Astro- schreiben, statt eines Zuhauses ein Wohnquartier
naut James Irving auf einer christlichen Missionsveran- geliefert zu haben.« (Rainer Rother) – CUT A LONG
6 staltung in Bielefeld predigt, dabei waghalsig die Liebe STORY SHORT – Deutschland 1993 – R+B: Robert
Christi mit dem Nutzen der deutschen Raumfahrt- Bramkamp – K: Ekkehart Pollack – 2 min – Eine Hom-
Technologie verknüpft, tanzt übermütig ein unechter mage an die Anfangssequenz von Kubricks 2001. In
Astronaut »hoch oben« (auf dem Mond), und schließt Verbindung mit Bildmaterial vom Ersten Golfkrieg spult
seine sowjetische Kosmonauten-Braut in die Arme. sich ein historischer Schnelldurchlauf ab, in dem nur
Unten auf der Erde heißt es Abschied nehmen, denn das »No-Budget Filmfestival« ein Ende der Wiederho-
hier herrschen andere Gesetze, z.B. die der bösen Poli- lungen verspricht. – DER GEFRORENE BLITZ –
tik. »… was hat aus einem Astronauten werden müs- Deutschland 2002 – R: Alexander Kluge – Mit Robert
sen, und was hätte geschehen können … der Film er- Bramkamp – 50 min – Gespräch über den Film PRÜF-
zählt so materialistisch über Metaphysik, zeigt klug und STAND 7. Weil die Rakete einschlägt und erst danach
heiter, wie Politik und Liebe zusammengehören.« donnert, nennt man sie den »Gefrorenen Blitz« – und
(Georg Seeßlen) – DER MANN AM FENSTER – auch wegen der ungeheuerlichen Gewalt, die in ihr
Deutschland 1989 – R+B: Robert Bramkamp – K: Her- steckt …
bert Baumann – D: Heinrich Hüser, Karl-Heinz Hucke,  Dienstag, 7. Dezember 2004, 18.30 Uhr
Angelika Schirmer, Bernd Konrad – 18 min – »Ein Kurz-
film mit merkwürdigen Protagonisten, deren Benehmen
einigen Godardfilmen zur Ehre gereichen würde. Ver-
störung und Wut packt sie über ihr verplantes Leben in
einer sozialen Wohnanlage, die im Gewand des ›Hu- Fotos: DIE EROBERUNG DER MITTE / Robert Bramkamp in
manen Städtebaus‹ der frühen Achtziger daherkommt. DER HIMMEL DER HELDEN / GELBE SORTE / PRÜFSTAND 7 /
Einige Bewohner läßt das handeln: der Architekt wird BECKERBILLETT / DER MANN AM FENSTER
Hommage à Samuel Fuller

Samuel Fuller
7

THE BIG RED ONE: THE RECONSTRUCTION – USA But there was a further problem. The picture had been
1980/2004 – R+B: Samuel Fuller – K: Adam Green- made by Lorimar which went belly up not long after
berg – M: Dana Kaproff – D: Lee Marvin, Mark Hamill, putting the film out. Its assets had been acquired by
Robert Carradine, Bobby Di Cicco, Kelly Ward, Warner’s, which, in turn, had not had a fiscally thrilling
Stéphane Audran, Siegfried Rauch, Serge Marquand, experience releasing it on TV, tape and DVD. It had no
Samuel Fuller – 163 min, OF – friends in court. It was only among powerless cine-
 Freitag, 3. Dezember 2004, 21.00 Uhr  Samstag, philes and cineastes that THE BIG RED ONE became
4. Dezember 2004, 21.00 Uhr The Great White Whale, ranking right up there with the
44 missing minutes of THE MAGNIFICENT AMBER-
It was always in the data base – boxes and boxes of SONS as a dream quest.
footage, supposedly labeled THE BIG RED ONE, were But then luck began, ever so slightly, to turn in the
allegedly stashed in the Warner Bros. vault in Kansas film’s favor. Sam’s reputation, especially in Europe,
City. But as we all know, between data bases and began to grow after his death in 1997 and that gave
palpable reality a shadow often falls. If everyone was impetus to our restoration project. I made a documen-
very lucky those boxes would (a) actually still exist and tary about him, in the process converting myself from
(b) contain at least some of the footage – close to warm appreciator of his work to passionate advocate of
an hour’s worth – excised by the studio from Sam it. Then I made another documentary, this time about
Fuller’s great war movie just prior to its initial release Charlie Chaplin, for Warner Bros., during the course of
in 1980. If we were unlucky, the boxes might already which I worked closely with Brian Jamieson, a studio
have been shuffled out the door and into the limbo of VP who also loved Sam’s work. Together we mounted a
lost films. Or they might merely hold footage duplicat- campaign to at least locate and open those mysterious
ing the severely truncated version of Sam Fuller’s boxes.
episodic epic of World War II combat that first appeared The first reports were discouraging – they found per-
in 1980. haps 20 rolls of film, unaccompanied by sound. Look
again, we asked. Seven rolls of sound turned up. Again to heroism, but to survival – »to live, live, live« as he
please? And again? Slowly the material began to ac- once put it to me.
crete. Eventually about 70,000 feet of negative and Of course our reconstruction restores narrative coher-
112 quarter-inch reels of location sound were located. ence to his work. But more important it restores emo-
When this stuff was printed and synchronized, we had tional coherence to it. What was admittedly a pretty de-
close to an hour of film never before seen in public. We cent war movie is now a true Sam Fuller movie, full of
Samuel Fuller

also had camera and sound reports and a copy of that tabloid absurdity – sudden death and sudden
Sam’s shooting script to help us properly place the re- laughter wildly mixed – that was his trademark. And his
covered material in the film. Several boxes of film re- glory. We’ll never know exactly what Sam’s »director’s
main missing, but every scene in Sam’s script, with two cut« would have looked like. But I think we have come
exceptions (which we think he may not have shot) is as close as humanly possible to realizing his intentions.
8 now present and accounted for. Also still missing, we And I’ve never done anything in film that I am prouder
think, are alternative angles from any number of shot of. Richard Schickel
sequences and there’s one pretty good sequence for
which we have picture, but no sound. VERBOTEN! – USA 1959 – R+B: Samuel Fuller – K:
On the other hand, what we do have is, I think, remark- Joseph Biroc – M: Harry Sukman – D: James Best,
able: 15 entirely new sequences as well as inserts and Susan Cummings, Tom Pittman, Paul Dubov, Harold
extensions added to another 23 sequences. A film that Daye – 86 min, OmU –
went out 24 years ago at one hour, 53 minutes and 11  Dienstag, 30. November 2004, 21.00 Uhr  Mitt-
seconds is now two hours, 42 minutes and 56 seconds woch, 1. Dezember 2004, 21.00 Uhr
– within seconds, incidentally, of the lost AMBERSONS’
footage. Some of these additions are (seemingly) Daß ein engagierter Filmemacher, der beeindruckt ist
minor: an opening title card (»This Is Fictional Life, von der Kraft der Archivdokumente über die Nazigreuel,
Based on Factual Death«); The Big Red One, on the die Konzentrationslager und den Nürnberger Prozeß,
First Division’s shoulder patch shown as the only splash die Idee hatte, um diese Dokumente herum eine Spiel-
of color in the film’s black-and-white prologue; Sam handlung aufzubauen, um sie einzukleiden, ihnen ihre
himself playing a combat cameraman in short se- grausame Objektivität zu nehmen, eine moralische Be-
quence. Some of them are major. For example, a battle trachtung daraus abzuleiten, das ist eine starke und
between a German tank and some French horse sol- schöne Filmidee. Was mich aber an VERBOTEN! noch
diers in a Roman Amphitheater in North Africa; a heart- mehr begeistert: daß es der Arbeit des Regisseurs ge-
breaking sequence in which a little Sicilian girl is shot lingt, es mit der Schlagkraft, Rohheit und Wahrheit die-
by a sniper as she embraces Lee Marvin (whose la- ser umkopierten Dokumente aufzunehmen, wie Balzac,
conic tenderness constitutes great movie acting); a wenn er dem Personenstandsregister Konkurrenz ma-
powerful sequence in which his habitual stoicism is chen wollte. Die Dinge sind, was sie sind, so gefilmt,
shattered by the discovery of an infiltrator who has ac- wie es sein muß: direktes, nicht zu kritisierendes, ma-
tually joined his squad for breakfast in a Belgian kelloses Kino. Wenn ich VERBOTEN! ansehe, weiß ich,
kitchen. was ich alles noch zu lernen habe, um einen Film ganz
I think that by substantially lengthening Sam’s realiza- in die Hand zu bekommen, ihm einen Rhythmus zu
tion of the D-Day landing in Normandy we have re- geben, einen Stil, in jeder Szene Schönheit zu schaffen,
stored this sequence to its rightful place as the best zur reinsten Poesie zu gelangen, ohne sie mit Nach-
representation of that engagement prior to SAVING druck zu bemühen. Aus einem Film von Samuel Fuller
PRIVATE RYAN. Beyond that we have restored an entire komme ich jedesmal voll Bewunderung und Neid.
character to the film – a German soldier named François Truffaut
Schroeder, dark doppleganger to Sam’s more innocent
GIs. In the original release he was just a shadow; now
he’s a full-blown monster. And that’s just the top of the
line. A point Sam often made in interviews (and in all
his war movies), about how orphaned children are om-
nipresent in war, on-site victims of its horrors, is vividly
made by our restorations. So is his often stated obser-
vation that an ordinary soldier’s main obligation is not Foto: THE BIG RED ONE
Mythos Bayern (2)

Mythos Bayern
9

Bayerische Filme – Schuhplattlergestampf bination mit der Vorstellung von Bayern als wilder
Rauferei auf Kirchweih – Schmalznudelgedampf. Süden, in dem geplattelt, gerauft, geliebt, gesungen,
Zum Kammerfensterl’n schleicht der Bu-a gebetet, gewildert, gefensterlt und kräftig getrunken
Beim Bayernfilm ist alles da: Ha, ha, ha, ha, ha, ha wird, entstehen Drehbücher, in denen zwischen drama-
- ha, ha, ha, ha, ha. Karl Valentin turgisch anspruchsvoller Berg-, Bauern- und Bayernro-
mantik bis hin zur Schnulze billigster Machart alles
Das Bekenntnis zur Heimat erfährt der Kinobesucher möglich ist. Von 1947 bis 1960 werden deutschland-
über einen Zwischentitel in dem Stummfilm WENN DIE weit 1437 Spielfilme produziert, dreihundert davon mit
ABENDGLOCKEN LÄUTEN: »Weißt Annerl, was ich der Thematik »Heimat«. Etwa zweihundert spielen im
jedes Mal aus dem Abendläuten heraushör? – Daß es wilden Süden, in Bayern.
nirgendwo schöner sein kann als in der Heimat.« München und Wien entwickeln sich seit 1912 zu Zen-
Hanns Beck-Gaden, 1891 in München geboren, aufge- tren der Volksfilm-Produktion. Die Dorfgeschichten und
wachsen in Berchtesgaden, führte Regie und spielte Bauernschwänke der Heimatschriftsteller des 19. Jahr-
die Hauptrolle. Leo-Film, München und Georg Ziegler, hunderts bieten reichlich Stoff dafür. Heimatromane
Nürnberg ermöglichten die Produktion. Kinostart: und Bühnenstücke werden zu Drehbüchern umge-
1930. Seinen ersten Stummfilm HOCHLAND dreht er in schrieben. Ludwig Anzengruber (1839-1889) verfaßt
Berchtesgaden, zusammen mit den Laienspielern des den »Pfarrer von Kirchfeld«, eine Dorfgeschichte, die
dortigen Bauerntheaters. Dem Genre Heimat bleibt von der Zuneigung eines jungen Mädchens zu einem
Beck-Gaden treu. In allen seinen Filmen geht es um Pfarrer und von der Eifersucht eines im Dorf belächel-
Heimatverlust und Heimattreue. ten Außenseiters erzählt. 1913 wird die Geschichte das
Unter dem Aspekt bayerischer Heimatliebe und in Kom- erste Mal verfilmt. Der Film zählt heute zu den frühen
Beispielen des Heimatgenres. Das Plakat zum PFAR- mente des Spiel- und Dokumentarfilms auf der Ebene
RER VON KIRCHFELD gestaltet der Münchner Graphi- des Heimatfilms und bieten auf diese Weise eine be-
ker Ludwig Hohlwein. Immer wieder wird das Thema sondere Mischung von Wirklichkeit und Spiel.
für das Kino neu aufbereitet: 1926 als Tonfilm, 1937 Bayern erscheint im Film wild und schön zugleich.
mit Hans Jaray in der Hauptrolle, 1955 unter der Regie Wenn der Wildschütz bei Mondlicht am Wildbach ent-
von Hans Deppe. lang zur Sennerin hinaufsteigt, um ihr die große Liebe
Noch zu Lebzeiten des Heimatliteraten Ludwig Gang- zu gestehen. Wenn der Jäger den Wilderer aus Eifer-
hofer (1855-1920) hat man dessen Romane verfilmt. sucht aus dem Hinterhalt wie ein Stück Wild gegen den
DER JÄGER VON FALL kam 1918, GEWITTER IM MAI Wind erlegt, dann versteht man den Fernsehdirektor,
Mythos Bayern

und DER OCHSENKRIEG 1919 in die Kinos. Der Produ- wenn er für Sonntag Nachmittag Western und Heimat-
zent dieser Filme, Peter Ostermayr, einer der Pioniere film abwechselnd ins Programm stellt. Hier halten sie
des neuen Mediums, 1882 in Mühldorf am Inn gebo- sich die Waage, der wilde Westen Amerikas und der
ren, gründet 1907 zuerst die Münchener Kunstfilm AG wilde Süden Deutschlands.
dann, 1919, die Filmstudios Geiselgasteig. Er steigt ein Auch der Produzent Peter Ostermayr verbucht mit einer
10 in den Trend Mythos Bayern und Heimatliebe, wittert Westernserie erste Erfolge, bevor er sich mehr und
gute Erträge und spezialisiert sich als Drehbuchautor mehr dem Heimatfilm zuwendet. In den Isarauen dreht
und Produzent auf die Herstellung qualitätvoller Hei- er mit Josef Stöckel (1894-1959) in der Hauptrolle die
matfilme. Ostermayr fühlt sich der Tradition jener Spiel- Reihe JOE MARCO – MANN DER KRAFT. Der Theater-
freude an bayerischen Bauerntheatern verpflichtet, in schauspieler Josef oder Peppi Stöckel, Sohn eines
der jede Pauschal-Folklore, die der Förderung des Münchner Maurermeisters, wird auf diesem Weg zum
Tourismus dient, gemieden wird. Schnell gedrehte Filmschauspieler und nennt sich fortan Joe Stöckel.
Billigproduktionen lehnt er ab, weil ein zu niedriges An- Nach dessen Filmdebüt als Westernheld konzentriert
spruchsniveau mit Sicherheit zur Entstehung jener kli- sich auch Joe auf das Heimatgenre. In über 170 Filmen
scheehaften, abgedroschenen Heimatschnulzen führt, spielt er tragende Rollen oder führt Regie. DAS SÜN-
in denen der Bayer den Preußen linkt, der trunkene DIGE DORF, DER SCHEINHEILIGE FLORIAN, DIE DREI
Alpentourist das falsche Fenster erwischt, der Sepp DORFHEILIGEN, DER VERKAUFTE GROSSVATER, EHE-
dem Xaver den Maßkrug überzieht und wo am Mist- STREIK sind einige seiner bekannteren Filme. Alle Titel
haufen in Depperl-Bayrisch Heimattreue geschworen kommen von der Bauernbühne, sind Theaterstücke, die
wird. zu Drehbüchern für Filme umgeschrieben werden. In
Dem entgegen steht die Tradition des engagierten Hei- den 50er entwickelt sich diese Szene immer mehr zum
matfilms, der seine Wurzeln hat in den Saaltheatern Schauplatz grober Witze und billiger Klischees. 1956
oberbayerischer Dorfwirtshäuser, in den Komödienhüt- schießt der Regisseur Hans Albin mit dem Streifen I A
ten von traditionsbewußten Spielerfamilien und inner- IN OBERBAYERN (I A ist das Autokennzeichen von Ber-
halb der Brauchtumspflege der bayernweit existieren- lin) den Vogel ab. Die Schauspielerin Elfi Pertramer
den Trachten-Erhaltungs-Vereine. Aus dieser Tradition sprach öffentlich von einem »Misthaufenfilm« und von
heraus entstehen sozialkritisches Bauerntheater wie »Bayrischen Deppen«, was ihr einen gerichtlichen Ver-
Ludwig Thomas »Magdalena« von 1912, und kritische gleich mit dem Produzenten einbrachte. Joe Stöckel
Heimatfilme wie DER SÜNDIGE HOF von 1931 unter hatte mit dem Bayernklamauk keine Probleme und
der Regie Hanns Beck-Gadens. spielt in dem Film den letzten Bayern, der in einer Mu-
Weil die Landschaft des Wilden Südens so kulissenhaft seumsvitrine Besuchern aus Norddeutschland vorge-
schön ist, liegt es auf der Hand, daß Filmemacher vor führt wird. Joe Stöckl spielte, was er lebte, glaubt man
Ort produzieren. Als Filmstudio dient die Oberlandhalle dem Verfasser seines Nachrufs vom 15. Juni 1959, in
in Miesbach, in der sonst Bauern ihr Vieh ersteigern, dem es heißt: »Joe Stöckel war ein echter Volksschau-
ebenso wie der Saal des Schlierseer Bauerntheaters. spieler, deftig und urwüchsig, der seine bayerische
Um sich eine aufwendige Komparserie und teure Ko- Herkunft nie verleugnet hat.« Helmut Bauer
stüme zu sparen, greifen die Regisseure der Heimat-
filme auf Prozessionen und Festumzüge zurück, die so-
Das Dorf
wieso auf dem Dorf stattfinden und an denen sowieso
Festtracht getragen wird. Die Filmer schneiden diese WENN DIE ABENDGLOCKEN LÄUTEN – Deutschland
Szenen in ihre Filme hinein. Das Sujet, ob wirklich oder 1930 – R+B: Hanns Beck-Gaden – K: Karl Attenberger
gestellt, bleibt ja das gleiche. So vermischen sich Ele- – D: Hanns Beck-Gaden, Josef Berger, Rosa Kirchner-
dition von Marieluise Fleißer, berühmt wurde seine
bayerische Trilogie »Jagdszenen aus Niederbayern«,
»Landshuter Erzählungen« und »Münchner Freiheit«.
 Sonntag, 5. Dezember 2004, 21.00 Uhr

Die Berge
DER HEILIGE BERG – Deutschland 1926 – R+B:
Arnold Fanck – K: Sepp Allgeier, Albert Benitz, Helmar

Mythos Bayern
Lerski, Hans Schneeberger – D: Leni Riefenstahl, Luis
Trenker, Ernst Petersen, Frida Richard, Hannes Schnei-
der, Friedrich Schneider – 118 min (21 B/s) – Eine Tän-
zerin wird von zwei Bergsteigern geliebt, die sich ihrer
Lang, Franz Loskarn, Maria Mindszenti, Theo Kasper, Rivalität erst bei einer gemeinsamen Bergtour bewußt
Fritz Müller – 88 min (22 B/s) – Wenn die Zigeuner werden. Im ersten von der Ufa produzierten Bergfilm 11
kommen, geraten die eingefahrenen Verhaltensmuster von Arnold Fanck, »ein Heldenlied aus ragender Höhen-
des Dorfes ins Wanken. Als Hanns sich in eine Zigeu- welt«, ist Leni Riefenstahl erstmals als Schauspielerin
nerin verliebt, hindert ihn der Klang der Abendglocken, zu sehen.
die Sünde zu begehen. Reumütig kehrt er ins Dorf  Freitag, 10. Dezember 2004, 18.30 Uhr
zurück.
 Freitag, 3. Dezember 2004, 18.30 Uhr DER BEBENDE BERG – Deutschland 1931 – R: Hanns
Beck-Gaden – B: Luitpold Nusser – K: Karl Attenberger
DIE LANDÄRZTIN – BRD 1958 – R: Paul May – B: Kurt – M: Anton Profes, Alexander Laszlo D: Hanns Beck-
Wilhelm – K: Oskar Schnirch – M: Wolfgang Zeller – Gaden, Hilda Rosch, Hanna Waag, Anbert von Kersten,
D: Marianne Koch, Rudolf Prack, Margarete Haagen, Karl Hanft – 64 min – Ein Berg wehrt sich gegen den
Friedrich Domin, Beppo Brem, Willy Millowitsch –
93 min – Eine junge Ärztin aus der Stadt übernimmt
eine verwaiste Praxis im bayerischen Kürzlingen und
muß sich gegen allerhand Widerstände der Dorfbewoh-
ner und Bauern durchsetzen.
 Samstag, 4. Dezember 2004, 18.30 Uhr

JAGDSZENEN AUS NIEDERBAYERN – BRD 1969 –


R+B: Peter Fleischmann, nach dem Theaterstück von
Martin Sperr – K: Alain Derobe – M: Karl-Heinz Frank –
D: Martin Sperr, Angela Winkler, Else Quecke, Maria St-
adler, Michael Strixner, Hanna Schygulla, Erika Wacker-
nagel – 88 min – Polemischer Klassiker des neuen
deutschen Heimatfilms über die Vorteile und Aggres-
sionen in einem bayerischen Dorf. Die Hauptrolle des Bau einer Seilbahn: Der Bauer eines Dorfes, das sich
homosexuellen Außenseiters spielt Martin Sperr, auf seit Generationen allen Neuerungen verweigert, muß
dessen Theaterstück der Film basiert. erkennen, daß die Natur stärker ist als der Mensch.
 Sonntag, 5. Dezember 2004, 18.30 Uhr Hanns Beck-Gadens Film ist nur unvollständig erhal-
ten, es fehlen die Rollen 2 und 4 von insgesamt fünf
GESPRÄCH MIT MARTIN SPERR – Deutschland 2000 Rollen. Die Handlung ist aber dennoch leicht nachvoll-
– R+B+K: Kurt Benning – 60 min – NACH DER JAGD. ziehbar.
SZENEN – Deutschland 2001 – R+B: Christoph Nuß-  Samstag, 11. Dezember 2004, 18.30 Uhr
baumeder – 20 min – Zwei Filme mit dem Schriftsteller
und Schauspieler Martin Sperr, der im Alter von 58 SCHLAFES BRUDER – Deutschland 1995 – R+K:
Jahren am 6. April 2002 in Landshut verstorben ist. In Joseph Vilsmaier – B: Robert Schneider, nach seinem
seinen heimatkritischen Stücken sah er sich in der Tra- Roman – M: Norbert J. Schneider, Hubert von Goisern
Mythos Bayern

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– D: André Eisermann, Dana Vávrová, Ben Becker, Polt – K: James Jacobs – D: Gerhard Polt, Gisela
Jochen Nickel, Jürgen Schornagel, Paulus Manker, Eva Schneeberger, Dieter Hildebrandt, Werner Schneyder,
Mattes, Lena Stolze, Heinz Emigholz – 127 min – In Michael Gahr, Enzo Cannavale, Pamela Prati – 84 min
einem abgeschiedenen Alpendorf wächst ein junger – Satire auf deutsche Urlauber in Valcina Mare, südlich
Mann mit genialischer musikalischer Begabung auf, von Rom: Brütende Hitze, Teer und Abfall am Strand,
der als Außenseiter an seiner unerfüllten Liebe schei- deutsche Mahlzeiten, Bild-Zeitung, Staumeldungen auf
tert. Bayern 3, viele Landsleute.
 Sonntag, 12. Dezember 2004, 18.30 Uhr  Mittwoch, 12. Januar 2005, 18.30 Uhr

Das Ausland Der Sex


OUT OF ROSENHEIM – BRD 1987 – R: Percy Adlon – DER SÜNDIGE HOF – Deutschland 1933 – R: Franz
B: Eleonore Adlon, Percy Adlon, Christopher Doherty – Osten – B: Franz Kaiser – K: Franz Koch, Ludwig Zahn
K: Bernd Heinl – M: Bob Telson – D: Marianne Säge- – M: Friedrich Jung – D: Fritz Rasp, Theodor Auzinger,
brecht, CCH Pounder, Jack Palance, Christine Kauf- Hanna Ralph, Hanns Beck-Gaden, Maria Byk, Philipp
mann, Monica Calhoun – 108 min – Eine Bayerin Weichand – 87 min – Ein Eifersuchtsdrama auf einem
strandet in der Mojave-Wüste, wo sie ein herunter- Bauernhof nahe Berchtesgaden, in dem sich die Frau
gekommenes Motel wieder in Schwung bringt. Percy des Ödhofbauern in einen Fremden verliebt und diesen
Adlons märchenhafte Komödie war – in einer gekürz- zum Schein mit der Tochter ihres Mannes verheiratet.
ten Fassung – unter dem Titel CAFE BAGDAD auch im Die komplizierten Verwicklungen nehmen ihren Lauf
Ausland sehr erfolgreich. und enden dramatisch.
 Dienstag, 11. Januar 2005, 18.30 Uhr  Freitag, 21. Januar 2005, 18.30 Uhr

MAN SPRICHT DEUTSH – BRD 1988 – R+M: Hanns SEX BUSINESS – MADE IN PASING – BRD 1969 –
Christian Müller – B: Hanns Christian Müller, Gerhard R+B: Hans Jürgen Syberberg – K: Christian Blackwood
– mit Alois Brummer, Günter Hendel, Ricci Holt, Ursula ternbusch, Annamirl Bierbichler, Kurt Raab, Dietmar
Holstein, Rinaldo Talamonti, Rita Weinberg – 100 min – Schneider, Judit Achternbusch – 88 min – Eine Chri-
Dokumentarfilm über Alois Brummer und seine »Leder- stusfigur in einem Kloster wird lebendig, steigt vom
hosen-Sexfilme«: »Praktische Proletkunst, vermarktet, Kreuz herab, wandert als Ober mit einer Oberin, die ihn
geistlos, pervertiert, deutschen sauberen Sex aus Bay- liebt, durch die bayerischen Lande und gerät mit Auto-
ern. Das ist das Gegenstück zu den Blue Movies, zum ritäten und Münchner Passanten in Konflikt. Herbert
internationalen Porno – Witz ohne Witz, witzig, unfrei- Achternbuschs Film provozierte heftige Proteste von
willig komisch – Landserphantasie für den Hausge- Kirche und Staatsanwaltschaft, das Bundesinnenmini-
brauch im Frieden.« (Hans Jürgen Syberberg) sterium verweigerte ihm die Auszahlung der ihm zuste-

Mythos Bayern
 Samstag, 22. Januar 2005, 18.30 Uhr henden Fördermittel.
 Sonntag, 30. Januar 2005, 18.30 Uhr
PIONIERE IN INGOLSTADT – BRD 1971 – R+B: Rainer
Werner Fassbinder, nach dem Stück von Marieluise
Der Waldrausch
Fleißer – K: Dietrich Lohmann – M: Peer Raben – D:
Hanna Schygulla, Harry Baer, Irm Hermann, Rudolf Wal- WALDRAUSCH – Deutschland 1939 – R: Paul Oster- 13
demar Brem, Walter Sedlmayr, Klaus Löwitsch – mayr (= Paul May) – B: Karl Peter Gillmann, Paul Oster-
84 min – Die Mädchen von Ingolstadt warten auf die mayr (= Paul May), nach dem Roman von Ludwig
dort stationierten Pioniere. Sie sind auf der Suche nach Ganghofer – K: Hugo von Kaweczynski – M: Herbert
einem Liebhaber oder nach der großen Liebe. Fassbin- Windt – D: Paul Richter, Erika Dannhoff, Hansi Knoteck,
der läßt das Stück von Marieluise Fleißer in einer irrea- Hedwig Bleibtreu, Carl Günther – 81 min – Beim Bau
len Zeit spielen, in der Miniröcke, Nazi-Embleme und eines gigantischen Wildwasser-Staudamms in der
Ostermarsch-Parolen nebeneinanderstehen. Nähe seines bayerischen Heimatdorfes begegnet ein
 Sonntag, 23. Januar 2005, 18.30 Uhr Ingenieur seiner als Herzogin unglücklich verheirateten
Jugendfreundin. Eine werkgetreue Verfilmung von
Ganghofers Roman, der in der Zeit vor dem Ersten
Die Kirche
Weltkrieg spielt.
DAS HEILIGE SCHWEIGEN – Deutschland 1930 – R:  Freitag, 4. Februar 2005, 18.30 Uhr
Hanns Beck-Gaden – B: Hanns Beck-Gaden, Joseph
Dallmann – K: Karl Attenberger – D: Helga Thomas, WALDRAUSCH – Österreich 1962 – R: Paul May – B:
Rolf Pinegger, Hanns Beck-Gaden, Rost Kirchner-Lang Kurt Heuser, Erna Fentsch, nach dem Roman von Lud-
– 96 min (22 B/s) – Ein Bergfex kann kein Mönch sein, wig Ganghofer – K: Elio Carniel – M: Johannes Fehring
er kann dem Berg und der Liebe nicht entsagen. Als er – D: Gerhard Riedmann, Ingeborg Schöner, Marianne
seiner Liebe folgt, stirbt er daran – im Berg. Beck- Hold, Sieghardt Rupp, Paul Hartmann, Sepp Rist –
Gaden »schildert psychogene Engpässe und Sackgas- 93 min – In die Gegenwart von 1962 verlegte Ge-
sen, in denen die Personen so handeln müssen, wie es schichte um den Bau eines Staudamms, die Regisseur
von der Heimat bestimmt wird.« (Helmut Bauer) Paul May bereits 23 Jahre vorher schon einmal verfilmt
 Freitag, 28. Januar 2005, 18.30 Uhr hatte. Diesmal allerdings in Farbe und mit Starbeset-
zung.
DIE MARTINSKLAUSE – BRD 1951 – R: Richard  Samstag, 5. Februar 2005, 18.30 Uhr
Häussler – B: Olaf Hinz, Peter Ostermayr, nach dem
Roman von Ludwig Anzengruber – K: Josef Illig, Franz WALDRAUSCH – BRD 1977 – R+B: Horst Hächler,
Koch – M: Bernhard Eichhorn – D: Willy Roesner, Gisela nach dem Roman von Ludwig Ganghofer – K: Ernst W.
Fackeldey, Heinz Engelmann, Paul Richter, Ingeborg Kalinke – M: Ernst Brandner – D: Alexander Stephan,
Cornelius, Ferdinand Anton, Sepp Nigg – 95 min – Der Uschi Glas, Kristina Nel, Siegfried Rauch, Adrian Hoven,
Kampf der Augustinermönche, die im 12. Jahrhundert Sigfrit Steiner – 101 min – Die Geschichte um den Bau
gegen den mächtigen Landesverweser das Berchtes- eines Staudamms im bayerischen Alpengebiet zu An-
gadener Land für das Christentum wiedergewinnen. fang des Jahrhunderts wird diesmal in Cinemascope
 Samstag, 29. Januar 2005, 18.30 Uhr und Farbe erzählt und um einige Probleme bereichert:
So bringen die italienischen Arbeiter auf der Baustelle
DAS GESPENST – BRD 1983 – R+B: Herbert Achtern- das Thema »Gastarbeiter« ins Spiel.
busch – K: Jörg Schmidt-Reitwein – D: Herbert Ach-  Sonntag, 6. Februar 2005, 18.30 Uhr
Mythos Bayern

14

Die Vergangenheit gungsmechanismen und unbewältigte Vergangenheit


erhielt 1990 den Publikumspreis der Filmfestspiele in
TRIUMPH DER GERECHTEN – BRD 1987 – R+B: Cannes.
Josef Bierbichler, frei nach einer Erzählung von Oskar  Samstag, 12. Februar 2005, 18.30 Uhr
Maria Graf – K: Jörg Schmidt-Reitwein – M: Rudolf
Gregor Knabl – D: Josef Bierbichler, Rudolf Klaffen- DAS SCHRECKLICHE MÄDCHEN – Deutschland 1990
böck, Alfons Scharf, Annamirl Bierbichler, Edgar Liegl, – R+B: Michael Verhoeven – K: Axel de Roche – M:
Oskar Neumann – 81 min – »Ein Neugeborenes ris- Lydie Auvray, Billy Gorlt, Mike Herting, Elmar Schloter –
kiert einen Rückblick in den Dreißigjährigen Krieg und D: Lena Stolze, Robert Giggenbach, Hans-Reinhard
altert während des Erzählens in die Zukunft hinein. Die Müller, Monika Baumgartner, Elisabeth Bertram, Chri-
sieht aus wie ein Neandertaler. Der sieht einem Affen stof Wackernagel, Rudolf Klaffenböck – 92 min – Ein
ähnlich oder einem Menschen. Der Standpunkt des Be- als polemisches Lehrstück inszenierter, mehrfach
trachters wird das endgültig entscheiden.« (Josef Bier- preisgekrönter Film über eine junge Frau, die bei
bichler) scheinbar harmlosen Geschichtsrecherchen die brau-
 Freitag, 11. Februar 2005, 18.30 Uhr nen Flecken in der Vergangenheit und Gegenwart ihres
Heimatortes aufdeckt und dabei die Honoratioren der
ABRAHAMS GOLD – Deutschland 1990 – R+B: Jörg bayerischen Bischofsstadt aufschreckt.
Graser – K: Henning Stegmüller – D: Robert Dietl,  Sonntag, 13. Februar 2005, 18.30 Uhr
Günther-Maria Halmer, Hanna Schygulla, Daniela
Schötz, Maria Singer, Karl Friedrich, Otto Tausig – Die Jagd
95 min – Ein ehemaliger KZ-Wächter versucht, einen
seinerzeit in Polen eigenhändig vergrabenen Gold- DER JÄGER VON FALL – Deutschland 1936 – R: Hans
schatz zu heben und stürzt damit mehrere Menschen Deppe – B: Josef Dalman, nach dem Roman von Lud-
in seinem bayerischen Heimatdorf in eine Katastrophe. wig Ganghofer – K: Karl Attenberger – M: Albert Fischer
Jörg Grasers unspektakulärer Heimatfilm über Verdrän- – D: Paul Richter, Maria Sera, Franz Loskam, Georgia
Holl, Hans Adalbert Schlettow, Willy Rösner, Rolf Pineg- Ferdl – 17 min – Drei Bühnen-Sketche von »Münchens
ger – 87 min – Eine schöne Sennerin befindet sich im berühmten Komikern«. – 1 A IN OBERBAYERN – BRD
Konflikt zwischen einem skrupellosen reichen Wilderer, 1956 – R+B: Hans Albin, nach dem Stück von Hans
der der Vater ihres Kindes ist, und einem gewissenhaf- Fitz – K: Ernst W. Kalinke – M: Peter Igelhoff – D:
ten, armen Jäger, der um sie wirbt. Renate Ewert, Harald Juhnke, Joe Stöckel, Beppo
 Freitag, 18. Februar 2005, 18.30 Uhr Brem, Elise Aulinger, Maria Stadler, Gunther Philipp –
85 min – Eine junge Berlinerin mit flottem Sportwagen
ICH LIEBE DICH, ICH TÖTE DICH – BRD 1971 – und die ihr nachfolgenden beiden Verehrer bringen ein
R+B+M: Uwe Brandner – K: André Dubreuil – D: Rolf bayerisches Dorf in Aufruhr. Der Titel des Films, der

Mythos Bayern
Becker, Hannes Fuchs, Helmut Bratsch, Thomas Eckel- sich auf das Berliner Autokennzeichen der Hauptdar-
mann, Nikolaus Dutsch, Wolfgang Ebert, Stefan Moses stellerin bezieht, wurde später umgeändert in ZWEI
– 94 min – Ein eigenwilliges »Bilderbuch« mit Science- PREUSS’N IN BAYERN.
Fiction-Elementen, das von einem Lehrer und einem  Freitag, 25. Februar 2005, 18.30 Uhr
Jäger erzählt, die in einem bayerischen Dorf leben, in
dem die Polizisten zur Beruhigung der Bevölkerung DER HERRGOTTSCHNITZER VON AMMERGAU – BRD 15
Drogen verabreichen und die Obrigkeit einmal im Jahr 1952 – R: Harald Reinl – B: Peter Ostermayr, nach dem
mit Hubschraubern einfliegt, um auf die Jagd zu gehen. Stück von Ludwig Ganghofer – K: Josef Illig, Franz
 Samstag, 19. Februar 2005, 18.30 Uhr Koch – M: Giuseppe Becce, Fred Rauch – D: Erich
Auer, Elise Aulinger, Willy Rösner, Ingeborg Cornelius,
JENNERWEIN – Deutschland 2003 – R+K: Hans- Paul Richter, Sepp Rist, Walter Sedlmayr – 90 min –
Günther Bücking – B: Hans-Günther Bücking, Holger Die Geschichte eines jungen Künstlers, der nach lan-
Zimmermann – M: Hans-Jürgen Buchner – D: Fritz gen Hindernissen ebenso seine Liebe findet wie auch
Karl, Christopher Walz, Sabrina White, Monika Baum- noch zwei weitere Paare. In dem bayerische Dorf , das
gartner, August Schmölzer, Petra Berndt, Florian Brück- als Handlungsort dient, treten derweil die Jodlergruppe
ner – 90 min – Die Geschichte des Girgl Jennerwein Anderl Ostler und zwei Musikkapellen in einen Wett-
(1848-1877), der als Wilderer und Rebell in den Ber- streit zwischen Bier und Limonade.
gen zum Volkshelden wurde. Der für seine Kamera-  Samstag, 26. Februar 2005, 18.30 Uhr

DIE SELTSAME GESCHICHTE DES BRANDNER KAS-


PARS – BRD 1949 – R: Josef von Baky – B: Erna
Fentsch, nach dem Stück von Josef Maria Lutz – K:
Hans Schneeberger – M: Alois Melichar – D: Paul Hör-
biger, Viktor Staal, Gustav Waldau, Ursula Lingen, Carl
Wery, Georg Thomalla, Beppo Schwaiger – 98 min –
Der 70jährige Brandner-Jäger überlistet den Tod, wird
dann aber doch noch zu einem Probeaufenthalt in
einem original-bayerischen Himmel überredet.
 Sonntag, 27. Februar 2005, 18.30 Uhr

arbeit ausgezeichnete Film schildert eine Geschichte


über Freundschaft, Liebe und Verrat in einer kalten,
feindseligen Alpenlandschaft.
 Sonntag, 20. Februar 2005, 18.30 Uhr

Das Volkstheater
DER TOBISTRICHTER: VOLKSHUMOR AUS DEUT- Fotos: DER SÜNDIGE HOF / WENN DIE ABENDGLOCKEN LÄU-
SCHEN GAUEN – Deutschland 1941 – R: Hans Albin – TEN / DER BEBENDE BERG / OUT OF ROSENHEIM / DAS
D: Adolf Gondrell, Karl Valentin, Liesl Karlstadt, Weiß SCHRECKLICHE MÄDCHEN / JENNERWEIN
Neue Filme aus Italien
Neue Filme aus Italien

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Als italienische Filme kaum noch den Weg in deutsche Serra Yilmaz, Raoul Bova, Filippo Nigro – 106 min,
Kinos fanden und auch im eigenen Land angesichts OmU – In seinem vierten Film wirft der italotürkische
der Dominanz des amerikanischen Kinos in der neuen Regisseur Ferzan Ozpetek einen liebevollen und ironi-
Medienlandschaft nur noch ein Schattendasein friste- schen Blick auf das Alltagsleben einer vierköpfigen Fa-
ten, wurde die Festivaltournee »Cinema!« ins Leben milie in Rom. Massimo Girotti – in seiner letzten Rolle –
gerufen, die jedes Jahr neue italienische Filme mit ist ein älterer Herr, der vorübergehend sein Gedächtnis
deutschen Untertiteln durch deutsche Kinos schickt verloren hat und dessen Geheimnis in die Zeit des
und 2004 bereits zum 7. Mal stattfindet. Organisiert Faschismus hineinreicht. Der Film gewann 2003 den
wird die Reihe von Made in Italy in Rom, einer enga- italienischen Filmpreis David di Donatello für den be-
gierten Initiative italienischer Filmkritiker und Filmjour- sten Film, die besten Hauptdarsteller und die beste
nalisten, die Disposition in Deutschland besorgt die AG Filmmusik. »Der italienische Film lebt. LA FINESTRA DI
Kino, und die Aufführungen in München werden unter- FRONTE besteht aus zwei Geschichten: einer Kriminal-
stützt vom Italienischen Generalkonsulat. Zu entdecken und einer Liebesgeschichte, wobei der kriminalistische
gibt es auch in diesem Jahr wieder interessante Auto- Teil der Geschichte dazu dient, die Identität des Alten
renfilme, die leider bisher keinen deutschen Verleih ge- und seine Vergangenheit aufzudecken. Ergreifend aber
funden haben. Dies kann sich durchaus noch ändern: nie pathetisch verknüpft der Film zwei verschiedene
Einige Filme der Festivaltourneen der vergangenen Zeitebenen, manchmal sogar in ein und derselben
Jahre haben im Anschluß dann doch noch einen Verleih Einstellung, indem er der Erinnerung eine körperliche
gefunden und sind anschließend noch länger in deut- Präsenz und eine Stimme verleiht.« (Roberto Nepoti)
schen Kinos zu sehen gewesen.  Dienstag, 7. Dezember 2004, 21.00 Uhr  Dienstag,
14. Dezember 2004, 18.30 Uhr
LA FINESTRA DI FRONTE (WAS SOLL ICH TUN ?) –
Italien 2003 – R: Ferzan Ozpetek – B: Ferzan Ozpetek, LA SPETTATRICE (DIE ZUSCHAUERIN) – Italien 2004
Gianni Romoli – K: Gianfilippo Corticelli – M: Andrea – R: Paolo Franchi – B: Paolo Franchi, Heidrun Schleef,
Guerra – D: Giovanna Mezzogiorno, Massimo Girotti, Diego Ribon, Daniela Ceselli, Rinaldo Rocco – K: Giu-
seppe Lanci – M: Carlo Crivelli – D: Barbara Boulova, Leva, Ernesto Mahieux – 90 min, OmU – Nachdem er
Andrea Renzi, Brigitte Catillon, Matteo Mussoni, Chiara zehn Jahre im Gefängnis war, kehrt Matteo in sein Hei-
Picchi – 100 min, OmU – Die Übersetzerin Valeria lebt matdorf in der Nähe Neapels zurück. »Endlich ein Film,
in Turin und beobachtet ihren Nachbarn Massimo. Als der mit einem bewußt brennenden Stil das alltägliche
dieser nach Rom zieht, folgt sie ihm. »Selten wurde Inferno im neapolitanischen Hinterland erzählt. Die
Voyeurismus mit einer so wunderbar melancholischen Geschichte spielt nicht im kriminellen Milieu, sondern
Schönheit gezeigt wie in Paolo Franchis erstaunlichem im erschreckenden Mikrokosmos einer zerfallenden
Debütfilm LA SPETTATRICE. Unterstützt von Giuseppe Familie. Ein Vater klaut die Ersparnisse der eigenen
Lancis atmosphärischer, fast hypnotischer Kamera und Kinder, ein anderer bespuckt seine schwangere Toch-

Neue Filme aus Italien


Barbara Boulovas feiner, somnambuler Schauspiel- ter, noch einer vergewaltigt seine Frau. So bekommen
kunst, strahlt diese Geschichte über eine Frau, die wie die Kinder zusammen mit der Muttermilch eine atavisti-
besessen von ihrem Nachbarn ist, eine ganz eigene sche Mischung aus Aberglaube und Gewalt verab-
magnetisierende Faszination aus.« (Ronnie Scheib) reicht, hier gibt es keine Werte wie Staat, Gesellschaft
 Mittwoch, 8. Dezember 2004, 21.00 Uhr oder Schule. Das einzige Bollwerk dagegen wird von
Nonnen und Pfarrern repräsentiert, die bereit sind, eine
IL POSTO DELL’ANIMA (CAMPOLARO – DIE WÜRDE Ehe zu annullieren, um ein Menschenleben zu retten.
IST UNANTASTBAR) – Italien 2003 – R: Riccardo Das Zuschauen tut weh, aber dennoch kann man nicht
Milani – B: Domenico Starnone, Riccardo Milani – K: wegschauen.« (Fabio Ferzetti) 17
Arnaldo Catinari – M: Leandro Piccioni – D: Silvio Or-  Samstag, 11. Dezember 2004, 21.00 Uhr (Francesco
lando, Michele Placido, Claudio Santamaria, Paola Cor- Patierno ist anwesend)  Mittwoch, 15. Dezember
tertellesi, Imma Piro, Flavio Pistilli – 106 min, OmU – 2004, 18.30 Uhr
»Bei IL POSTO DELL‘ ANIMA handelt es sich um eine
bittere Komödie aus der Arbeitswelt, in der eine Gruppe IL MIRACOLO (DAS WUNDER) – Italien 2003 – R:
von Arbeitern aus einem kleinen Bergdorf unverhofft Edoardo Winspeare – B: Giorgia Cecere, Pierpaolo
ihren Arbeitsplatz verliert. Die Kündigung bedeutet für Pirone – K: Kamera: Paolo Carnera – M: Cinzia Marzo –
sie das Ende und stellt alles in Frage. Am Beispiel eines D: Claudio D`Agostino, Carlo Bruni, Anna Ferruzzo, Ste-
fania Casciaro, Angelo Ramarro – 92 min, OmU –
Nachdem der 12jährige Tonio aus dem Koma erwacht
ist, begegnet er im Krankenhaus einem todkranken
Mann, dem es nach der Begegnung mit dem Jungen
wieder besser zu gehen scheint. Seitdem werden ihm
wunderwirkende Kräfte nachgesagt. »Obwohl es sich
bei IL MIRACOLO um eine einfache Geschichte han-
delt, habe ich zwei Jahre gebraucht, um sie zu er-
zählen, da das Einfache häufig das Schwierigere ist. Ich
wollte von der Fähigkeit erzählen, Sanftheit, Schönheit
und Liebe wahrzunehmen, wo keiner sie mehr vermu-
tet. In einer zynischen bürgerlichen Konsumgesell-
Mikrokosmos der italienischen Gesellschaft mit seinen schaft entdeckt ein Kind die Poesie, wo niemand sie
Krisen, Konflikten und Widersprüchen beschreibe ich
die Veränderungen, die Italien in den letzten zwanzig
Jahren erfahren hat. Darüber hinaus handelt der Film
von dem Wunsch, seine eigene Identität zu bewahren.«
(Riccardo Milani)
 Freitag, 10. Dezember 2004, 21.00 Uhr

PATER FAMILIAS (IM SCHOSSE DER FAMILIE) – Ita-


lien 2003 – R: Francesco Patierno – B: Francesco Pa-
tierno, Massimo Cacciapuoti – K: Mauro Marchetti – M:
Angelo Talocci – D: Domenico Balsamo, Luigi Jacuzio,
Federica Bonavolontà, Francesco Dirozzi, Francesco Di
Neue Filme aus Italien

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wahrnimmt. Ich habe ein Kind als Protagonisten ge- schung, zur Auflösung und Neubildung, die das Ge-
wählt, da nur ein Kind den notwendigen unschuldigen heimnis dieses Films ausmacht.« (Fabio Ferzetti)
Blick hat und über diese Leichtigkeit verfügt. Ich er-  Dienstag, 14. Dezember 2004, 21.00 Uhr
zähle von einem profanen Wunder der Liebe. Liebe
kann Berge versetzen, und so gelingt es Tonio, das MIO COGNATO (MEIN UNGELIEBTER SCHWAGER) –
Leben anderer zu verändern.« (Edoardo Winspeare) Italien 2003 – R: Alessandro Piva – B: Alessandro Piva,
 Sonntag, 12. Dezember 2004, 21.00 Uhr Salvatore De Mola, Andrea Piva – K: Gian Enrico Bian-
chi – M: Ivan Iusco – D: Sergio Rubini, Luigi Lo Cascio,
L’AMORE RITORNA (DIE RÜCKKEHR DER LIEBE) – Alessandra Sarno, Mariangela Arcieri, Gigi Angelillo,
Italien 2004 – R: Sergio Rubini – B: Sergio Rubini, Carolina Felline, 90 min, OmU – Zwei Schwager, die
Domenico Starnone – K: Paolo Carnera – M: Pierluigi gegensätzlicher nicht sein können, sind in den Straßen
Ferrandini, Ivan Iusco – D: Fabrizio Bentivoglio, Sergio Baris auf der gemeinsamen Suche nach einem gestoh-
Rubini, Giovanna Mezzogiorno, Margherita Buy, Mari- lenen Auto unterwegs. Was als Komödie beginnt, ver-
angela Melato, Michele Placido – 111 min, OmU – Ein dichtet sich durch verschiedene Begegnungen und
Schauspieler erleidet während der Dreharbeiten einen Konflikte zu einem Drama um Freundschaft und Loya-
Zusammenbruch, woraufhin er ins Krankenhaus einge- lität. Ein Roadmovie, das vor allem durch zwei der
wiesen wird. Kollegen, Freunde und Angehörige wissen meistgefragten Schauspieler Italiens lebt: Sergio Rubini
mit seiner schweren Krankheit nicht umzugehen. „Es und Luigi Lo Cascio. »Nach dem Überraschungsfilm LA
ist die Geschichte eines Schauspielers, der aus dem CAPA GIRA ist Alessandro Piva mit MIO COGNATO ein
Scheinwerferlicht tritt. Zunächst ist er erschrocken bemerkenswerter Film gelungen, der in apulischem
über die ungewohnte Dunkelheit, die ihn umfängt. Dialekt gedreht ist. Mit seinen diversen Schwarzabstu-
Doch bald darauf wird er selber zum Zuschauer, der die fungen und kräftigen Farben gelingt es dem Regisseur,
Verhaltensweisen der anderen studiert und deren Be- seinem Werk eine beunruhigende Irrealität zu verleihen
weggründe erkennt. … Ich bin von meinen eigenen Er- und so die verborgenen Seiten Baris einzufangen.«
fahrungen ausgegangen, um eine Geschichte mit der (Alessandra Levantesi)
Atmosphäre des Südens zu erzählen, wo Gegenwart,  Mittwoch, 15. Dezember 2004, 21.00 Uhr
Vergangenheit und Zukunft parallel laufen und eine
neue enthüllende Realität bilden.« (Sergio Rubini) »Die
Puristen werden Anstoß nehmen an der von Sergio
Rubini gewagten Mischung der Genres und Stile. Aber Fotos: LA FINESTRA DI FRONTE / IL POSTO DELL’ANIMA / IL
es ist vielleicht gerade diese Fähigkeit zur Vermi- MIRACOLO / MIO COGNATO
Shanghai Cinema – Old & New
Shanghai ist eine Stadt der Superlative. Die kulturelle ebenso dicht besiedelt waren wie Shanghai, aber nir-
Hauptstadt Chinas setzt als Metropole des 21. Jahr- gendwo sonst war ich so überwältigt. In keiner Stadt,
hunderts Zeichen. Auch zu Beginn des 20. Jahrhun- West oder Ost, hatte ich je solchen Eindruck von einem
derts stand die Stadt schon einmal im Mittelpunkt des dichten Morast üppigst verflochtenen Lebens. Das Alte
Interesses von Intellektuellen, Künstlern, Schriftstellern Shanghai ist Bergsons elan vital – roh und überspru-
und anderen Kulturschaffenden, war Zentrum revolu- delnd. Es ist das Leben selbst. Kein intensiveres Leben
tionärer Ideen, widerstreitender nationaler Bestrebun- ist vorstellbar. Jeder einzelne Chinese hat mehr über-
gen und der Entwicklung neuer Formen der Moderne. springende Vitalität als jeder beliebige Inder oder Euro-
Die Ausstellung »Shanghai Modern« im Museum Villa päer. Diese Vitalität des sozialen Organismus hat sich
Stuck erweckt diese wenig bekannte Episode der über Jahrhunderte hinweg durch Brauchtum und Tradi-
Kunstgeschichte zu neuem Leben. tion angesammelt und verdichtet. So viel Leben, so

Shanghai Modern
Das Shanghai der zwanziger und dreißiger Jahre des sorgfältig kanalisiert, so schnell und heftig strömend –
vorigen Jahrhunderts war eine Legende – das »Paris dieses Spektakel kann fast erschrecken.«
des Ostens«, das »New York des Westens« – oder, Die künstlerische »Geburt der Moderne«, die sich da-
weniger wohlwollend, die »Hure des Orients« genannt. mals – zwischen 1919 und 1945 – in Shanghai voll-
Der Glamour war allgegenwärtig – in den Tanzhallen, zog, hatte weitreichende Konsequenzen. Chinesische
den Filmstudios, den Opiumhöhlen, den Art Deco- Künstler hatten die moderne Kunst des Westens ent-
Hotels, den extravaganten Häusern, im brodelnden deckt, Ausdruck und Technik ihren eigenen Bedürfnis-
Hafengewimmel … Shanghai war ein Schmelztiegel, sen angepaßt. Jetzt drängten sie nach Europa, wo sie 19
war die erste wahrhaft internationale Stadt. Aldous in Ausstellungen in Berlin und Paris, in Frankfurt und
Huxley schrieb 1926 in sein Tagebuch: »Ich habe Orte Mailand, in Hamburg und Amsterdam Brücken zu
gesehen, die zweifellos genauso geschäftig und schlagen suchten.
Das die Ausstellung begleitende Filmprogramm kon- M: W. Franke Harling, Rudolph G. Kopp – D: Marlene
zentriert sich auf zwei Epochen. »Shanghai Cinema – Dietrich, Clive Brook, Anna May Wong, Warner Oland,
Old« (in Zusammenarbeit mit der Villa Stuck) umfaßt im Eugene Pallette, Gustav von Seyffertitz – 82 min, OF –
Dezember die dreißiger Jahre in Shanghai und den Hier ist Shanghai die Zukunft, für Marlene Dietrich und
USA. Der Mythos des glitzernd-verruchten Shanghai ist Clive Brook, und Anna May Wong verschafft sie ihnen,
der Hintergrund herzzerreißender Melodramen mit den mit einem Dolch … »Sternbergs Filme sind nichts ohne
großen Filmdiven Hu Die und Ruan Lingyu sowie weite- die Investitionen der Blicke seiner Zuschauer. Das
rer Raritäten, die dank der großzügigen Unterstützung heißt, sie sind extrem variabel, mobil, von keiner fixen
des China Film Archive in Beijing teilweise zum ersten- Gegenständlichkeit. Sie realisieren Vorstellungen in
mal außerhalb Chinas zu sehen sind. Josef von Stern- Bewegung, Wünsche, Lüste. Eine Zugfahrt von Peking
berg, der große Visionär und Stilist, hat sich zur selben nach Shanghai mit vielen Stops und Unterbrechungen
Zeit in Hollywood sein eigenes China und speziell und Überraschungen. Mit Marlene, gehüllt in Pelze und
Shanghai erträumt und erschaffen – mit Marlene Die- Federn und Schleier, als Trompe-l’œil. Man darf sich
trich und später nochmals mit Gene Tierney – »a nicht dazu hinreißen lassen, in Shanghai Lilys Ge-
Shanghai Modern

Shanghai of the mind«. »Shanghai Cinema – New« (in schichte das Sujet des Films zu sehen. Sie ist nur Aus-
Zusammenarbeit mit dem Forum Goethe-Institut) bietet löser für real nicht Darstellbares. Sternbergs Filme sind
dann im Januar einen vielfältigen und genreübergrei- keine Spiegel, sondern reine Erfindung. Weil es um
fenden Blick auf Geschichte und Gegenwart Shanghais Weiblichkeit geht.« (Frieda Grafe)
mit Dokumentationen, Spielfilmen und Künstlervideos  Donnerstag, 16. Dezember 2004, 19.00 Uhr
von den achtziger Jahren bis heute.
XIN JIU SHANGHAI (DAS ALTE UND DAS NEUE
20 DAUGHTER OF SHANGHAI – USA 1937 – R: Robert SHANGHAI) – China 1936 – R: Cheng Bugao – B:
Florey – B: Gladys Unger, Garnett Weston – K: Charles Hong Shen – K: Dong Keyi – D: Shu Xiuwen, Wang
Edgar Schoenbaum – D: Anna May Wong, Philip Ahn, Xianzhai – 107 min, OmeU – »Im alten Shanghai lebten
James Bickford, Buster Crabbe, Anthony Quinn – viele einfache Bürger in typischen ›Durchgangshäu-
61 min, OF – Schauplatz ist die Chinatown von San sern‹. Fußgänger betraten diese Gebäude durch eine
Francisco, Shanghai ist nur der Hintergrund der Ge- Außentür und fanden sich zwischen zwei oder drei
schichte, die Vergangenheit der Immigranten. Eine Ge- Stockwerken mit engen Räumen wieder, in denen meh-
schichte von Schmugglern, Mafia-Killern, verletzter rere Familien lebten. Diese mittellosen Nachbarn gin-
Ehre, grausamer Rache und schließlich erfüllter Liebe. gen verschiedenen Berufen nach und hatten einen
Anna May Wong, der erste internationale asiatisch- unterschiedlichen gesellschaftlichen Status, doch ge-
amerikanische Filmstar, hat hier die Hauptrolle in einem meinsam war ihnen, daß sie am unteren Ende der so-
virtuosen B-Picture des Avantgarde-Auteurs Robert zialen Skala rangierten. Im Vergleich zu vielen realisti-
Florey, gedreht in Paramount-Sets, in denen auch Josef scheren Filmen jener Zeit, die ein elendes und depri-
von Sternberg schon gearbeitet hatte – so bekommt mierendes Bild zeichnen, ist diese Komödie künstle-
der Film noch zusätzlichen Glamour. – SHANGHAI risch anspruchsvoller. Auch dürften die sozialen Bedin-
EXPRESS – USA 1932 – R: Josef von Sternberg – B: gungen, die sie vorführte, die Zuschauer eher zum
Jules Furthman – K: Lee Garmes, James Wong Howe – Nachdenken angeregt haben. – Aus den sechs Fami-
lien, die im Film vorkommen, treten verschiedene Per-
sonen besonders hervor: ein entlassener Angestellter,
der so tut, als ginge er jeden Tag ins Büro; eine Tanz-
Hosteß, die das Haus immer stark geschminkt verläßt
und mit leeren Händen zurückkehrt; ein Möbelverkäu-
fer, der keine Kunden findet und für seine kranke Frau
und die Kinder sorgen muß; eine Hauswirtin, die sich
jeden Tag sorgt, nicht genügend Miete einzutreiben, um
ihren spielsüchtigen Sohn zu unterstützen; ein Lehrer,
der sein Gehalt nicht ausgezahlt bekommt; sowie ein
Chauffeur, dessen tägliche Arbeit darin besteht, Frauen
durch die Stadt zu fahren.« (Zheng Dongtian)
 Freitag, 17. Dezember 2004, 18.30 Uhr
Shanghai Modern
21

SHENNÜ (DIE GÖTTIN) – China 1934 – R+B: Wu Yon- Gesellschaft erleiden mußte, sowie die Erniedrigun-
ggang – K: Hong Weilie – D: Ruan Lingyu, Zhang gen durch Verleumder nicht mehr ertragen.« (Zheng
Zhizhi, Li Keng – 81 min (24 B/sec), OmeU – »Ein le- Dongtian)
bendiges Bild der von rastlosem Chaos und leidvollem  Freitag, 17. Dezember 2004, 21.00 Uhr (Am Flügel:
Kummer geprägten Stadt. Im alten China nannte man Neil Brand)
Straßenmädchen ›Göttinnen‹. Eine Prostituierte ver-
kauft sich, um ihren Sohn großziehen zu können. Trotz ZI MEI HUA (ZWILLINGSSCHWESTERN) – China
aller Widrigkeiten und Erniedrigungen gelingt es ihr 1934 – R+B: Zheng Zhengqiu – K: Dong Keyi – D: Hu
nicht, ihm in der Schule Achtung zu verschaffen. Als sie Die, Zheng Xiaoqiu, Tan Zhiyuan, Xuan Jinglin –
mit ihm die Stadt verlassen will, stellt sie fest, daß ihr 86 min, OmeU – »Die Geschichte zweier Familien, die
Zuhälter ihr gesamtes Geld verspielt hat. Als letztes verschiedenen sozialen Schichten angehören. Die bei-
wichtiges Werk der chinesischen Stummfilmepoche ist den Hauptfiguren sind Zwillingsschwestern, die als Kin-
dies der künstlerische Höhepunkt der Filmproduktion der voneinander getrennt wurden. Die eine Schwester,
im Shanghai jener Zeit. Ruan Lingyu zeigt die mensch- Erbao, zieht mit ihrem Vater in die Stadt und wird als
liche Würde einer ›Göttin‹ durch ihre subtile, von tiefer Konkubine einer wohlhabenden Familie anvertraut.
innerer Erfahrung geprägten Körpersprache ebenso Zehn Jahre später zieht auch die Schwester Dabao
überzeugend wie natürlich. Die letzte Szene zeigt die vom Land in die Stadt und wird, wie es das Schicksal
inhaftierte, ins Dunkle blickende Mutter und, darüber will, die Amme von Erbaos Baby. Der dramatische Kon-
geblendet, das lächelnde Gesicht ihres Sohnes. In flikt zwischen den Zwillingsschwestern – jetzt Mätresse
ihrem Blick scheint eine bestimmte Erwartung mit- und Dienerin – spitzt sich zu, als ein Todesfall eintritt. –
zuschwingen. Tragischerweise setzte Ruan Lingyu, eine Familien- und Verwandtschaftsbeziehungen spielten in
der schönsten Schauspielerinnen des 20. Jahrhun- der chinesischen Kultur schon immer eine große Rolle.
derts, kurz nach Fertigstellung dieses Films mit 25 Der Film erweitert das tragische Muster und stellt die
Jahren ihrem Leben ein Ende. Sie konnte im Alltag die Moral der Familie auf höchstem Niveau dar. Die außer-
Beleidigungen, die sie in der von Männern dominierten gewöhnliche Beliebtheit des Films hat noch einen wei-
teren Grund: die großartige darstellerische Leistung Liu Qiong, Zhen Junli, Luo Peng, Li Qing, Liu Jiqun, Yin
von Hu Die, die beide Schwestern spielt. Der vierund- Xiuqin, Wang Cilong – 95 min, OmeU – »Die Krise
zwanzigjährige Star sah sich einer äußerst schwierigen Chinas in der Mitte der dreißiger Jahre und der völlig
Aufgabe gegenüber, sowohl was ihr äußeres Erschei- veränderte Zeitgeist traten auch in den Filmen aus
nungsbild als auch was ihr schauspielerisches Können Shanghai deutlich zutage. Die Stimmen der gegen
betraf, da sie innerhalb desselben zeitlichen und räum- Japan gerichteten Nationalen Rettungsbewegung, die
lichen Rahmens zwei extrem unterschiedliche Charak- überall in China ein breites Echo fanden, eroberten
tere verkörpern mußte.« (Zheng Dongtian) auch die Kinoleinwand. Viele Filme über das urbane
 Samstag, 18. Dezember 2004, 18.30 Uhr Leben in Shanghai trugen, auf direkte oder metaphori-
sche Weise, zu dieser anschwellenden Flut bei. Dieser
LIAN’AI YU YIWU (LIEBE UND PFLICHT) – China 1931 Film, der unmittelbar vor der japanischen Invasion in
– R: Richard Poh (Bu Wancang) – B: Zhu Shilin, nach die Kinos kam, erschien als der gemeinsame Versuch
dem Roman von S. Rosen Hoa – K: Wong Sin Fan – D: einer Gruppe von Filmemachern, die antijapanische
Ruan Lingyu, Raymond King (Jin Yan), Chen Yanyan, Liu Stimmung anzuheizen. Er vereint in acht Episoden die
Shanghai Modern

Jiqun, Li Ying – 152 min (24 B/sec), OmeU – Der Film wichtigsten Regisseure und Schauspieler jener Zeit –
basiert auf dem Roman einer in Peking lebenden Eu- diese Künstler waren die mächtigen Säulen, auf denen
ropäerin. Sie schildert die tragische Liebesgeschichte der gesamte Himmel der chinesischen Filmindustrie
zweier Jugendlicher, die Tür an Tür heranwachsen, (noch bis in die fünfziger Jahre) ruhte. Jede der stili-
aber nicht zueinander finden können, da das Mädchen stisch unterschiedlichen Episoden steht im Film für
von ihrer Familie an einen anderen Mann verheiratet sich.« (Zheng Dongtian)
wird. Jahre später treffen die Liebenden sich wieder.  Sonntag, 19. Dezember 2004, 18.30 Uhr
22 Die Frau verläßt ihren Mann und flieht mit ihrem Ge-
liebten. Als dieser stirbt, bleibt sie mit der kleinen Toch- THE SHANGHAI GESTURE – USA 1941 – R: Josef von
ter in bitterer Not zurück. Jahre später trifft sie durch Sternberg – B: Josef von Sternberg, Geza Herczeg,
einen Zufall die jetzt erwachsenen Kinder aus ihrer Ehe Jules Furthman, Karl Vollmoeller, nach dem Stück von
wieder … Das Buch, erschienen in den zwanziger Jah- John Colton – K: Paul Ivano – M: Richard Hageman –
ren auf Englisch und Chinesisch, sollte eigentlich west- D: Gene Tierney, Victor Mature, Ona Munson, Walter
liche Leser mit den chinesischen Gesellschaftsstruktu- Huston, Phyllis Brooks, Albert Bassermann, Marcel
ren bekannt machen, war aber in China erfolgreicher Dalio, Eric Blore – 99 min, OF – »Years ago a speck
als im Westen. Der große Erfolg des Films verdankte was torn away from the mystery of China and became
sich nicht nur dem überzeugenden Drehbuch und der Shanghai. A distorted mirror of problems that beset the
exzellenten Produktion, sondern auch den brillianten world today, it grew into a refuge for people who
Leistungen der beiden Hauptdarsteller, dem koreani- wished to live between the lines of laws and customs –
schen Star Jin Yan und – vor allem – der berühmtesten a modern Tower of Babel. Neither Chinese, European,
chinesischen Diva ihrer Zeit, der späteren »Göttin« British nor American, it maintained itself for years in the
Ruan Lingyu. Sie war erst zwanzig Jahre alt, konnte ever increasing whirlpool of war. Its destiny, at present,
aber auch die Figur der alten, an ihrem Schicksal zer- is in the lap of the Gods – as is the destiny of all cities.
brechenden Frau mit erstaunlicher Überzeugungskraft Our story has nothing to do with the present.« (Vor-
darstellen. Überdies hat sie eine Doppelrolle – sie spielt spruch des Films) Ein irreales, delirierendes Shanghai –
auch ihre erwachsene, eheliche Tochter (die Schau- doch deswegen nicht weniger (vielleicht sogar mehr)
spielerin dieser Rolle wird in den Zwischentiteln als »wahr« als das wahre … Wo ist eben die Wahrheit in
»Lily Yuen« eingeführt – das war Ruan Lingyus engli- solch einem irrlichternden Kosmos? Sternberg verwan-
scher Name). delt die Geschichte eines Mannes, der seine Tochter in
 Samstag, 18. Dezember 2004, 21.00 Uhr (Am Flügel: den Spielhöllen von Shanghai findet, in einen perversen
Neil Brand) (Alp-)Traum von Dekadenz, der seine Perversität noch
gerade an den Zensoren vorbeiretten konnte. »Shang-
LIAN HUA JIAOXIANGQU (LIAN HUA SYMPHONIE) – hai ist für Sternberg mehr als ein exotischer Kinoort; es
China 1937 – R+B: Fei Mu, Cai Chusheng, Tan Youliu, ist Topos für ein Zeichensystem, das sich nicht nach
Zhu Shilin, He Mengfu, Situ Huimin, Shen Fu, Sun Yu – der westlichen alphabetischen Grundordnung regelt.«
K: Chen Chen, Huang Shaofen, Zhou Daming, Shen (Frieda Grafe)
Yongshi – D: Mei Xi, Chen Yanyan, Li Lili, Li Zhuozhuo,  Sonntag, 19. Dezember 2004, 21.00 Uhr
Shanghai Modern
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YAO A YAO YAO DAO WAIPO QIAO (SHANGHAI SE-


RENADE) – China 1995 – R: Zhang Yimou – B: Bi Fei
Yu – K: Lu Yue – M: Zhang Guangtian – D: Gong Li, Li
Bao-Tian, Wang Xiao Xiao, Sun Chun, Li Xui Jian – 109
min, OmeU – »Eine Gangstergeschichte vom Kampf
EXIL SHANGHAI – Deutschland 1997 – R+B+K: Ulrike zweier Triaden um die Vorherrschaft im mondänen
Ottinger – 275 min, OmU – Shanghai war als ver- Shanghai der dreißiger Jahre. In der subtilen Charak-
heißungsvoller Ort der anscheinend unbegrenzten terzeichnung der Figuren und in der Umgebung ihres
Möglichkeiten in der Zeit des Nationalsozialismus auch Handelns kulminieren die kultur- und gesellschaftskriti-
Fluchtpunkt für tausende europäische Juden. Basis des schen Aussagen dieser Allegorie auf das China der
Films sind Interviews mit sechs jüdischen Migranten neunziger Jahre. Immer wieder stoßen die Gegen-
deutscher, österreichischer und russischer Herkunft, satzpaare Land und Stadt, Tradition und Moderne, Ver-
deren Lebensläufe sich zur Zeit des Zweiten Weltkriegs trautheit und Entfremdung, Familie und Einsamkeit,
im Shanghaier Exil getroffen haben. Ulrike Ottinger Traum und Enttäuschung, Unschuld und Schuld aufein-
fächert ein dokumentarisches Kompendium von Ver- ander: in den Herrschenden wie in den beherrschten
gangenheit und Gegenwart, Asien und Europa, Kolo- Personen, den zur Einheit mit der Natur gelangten Bau-
nial- und Exilgeschichte auf. Archivmaterial, Musik der ern und den in die unberührte bäuerliche Welt eindrin-
dreißiger und vierziger Jahre aus Europa und deren genden und sie zerstörenden Städtern, den abstoßen-
chinesische Adaptionen sowie Bilder des heutigen den Bildern aus Shanghai und seinen Nachtclubs und
Shanghai zeigen die Spuren unserer Geschichte in der den berückenden Aufnahmen vom See Taihu, den un-
Metropole auf. »Shanghai war damals ein völlig artifizi- schuldigen Gesängen der Bauern und den verruchten
elles Gebilde. Es war exterritorial. Auf eine Art haben Liedern in den Amüsierquartieren. So rückt der Film
die Emigranten in diese verrückte Szenerie gepaßt, den Sieg der Harmonie über das Chaos in Gestalt einer
aber gleichzeitig standen sie auch völlig quer dazu.« ›Rückkehr zu den Wurzeln‹ als Hoffnungsträger für eine
(Ulrike Ottinger) bessere Zukunft in den Vordergrund.« (Stefan Kramer)
 Donnerstag, 13. Januar 2005, 19.00 Uhr  Freitag, 14. Januar 2005, 18.30 Uhr
SHANGHAI ZHI YE (SHANGHAI BLUES) – Hongkong HAI SHANG HUA (BLUMEN AUS SHANGHAI) – Taiwan
1984 – R: Tsui Hark – B: Chan Guan-Chong, To Kwok- 1996 – R: Hou Hsiao-Hsien – B: Chu Tien-Wen, nach
Hui, Szeto Cheuk-Hon – K: Ngor Chi-Kwan – M: James dem Roman von Han Ziyun – K: Lee Ping-Bin – M:
Wong – D: Sylvia Chang, Kenny Bee, Sally Yeh, Loretta Hanno Yoshihiro – D: Tony Leung, Hada Michiko, Carina
Li – 99 min, OmeU – »Eine phantastische Kreuzung Lau, Michele Reis, Jack Kao, Fang Shuan – 130 min,
aus lupenreinem Melodram und amüsantem, burles- OmeU – Shanghai in den achtziger Jahren des
kem Slapstick. Auch eine ›Etüde‹ über die Künstlichkeit 19. Jahrhunderts. Die Geschichte rankt sich um vier lu-
des Kinos, das sich in filmische Bewegungen auf- xuriöse Bordelle, genannt »Blumenhäuser«, im briti-
fächert und ebenso viel über soziale wie emotionale schen Viertel. Mit außergewöhnlich langen Einstellun-
Beschaffenheit mitzuteilen vermag wie es seinerseits gen nimmt uns Hou Hsiao-hsien auf eine bildgewaltige
Gefühle auslöst. Spannung, Melodramatik und Komik Reise in ein Universum der Liebe, Macht und Erotik
sind die Elemente einer Geschichte, die sich stets auch außerhalb der Zeit. »Die Welt der Blumenhäuser er-
konkret auf den historischen Hintergrund bezieht: scheint wie ein eigenes, auf begrenzte Innenräume un-
Shanghai zeigt sich zugleich als grelle Neon-Metropole, endlich verdichtetes Universum. Von dem Shanghai
Shanghai Modern

in der es niemals dunkel wird, wie als Hort traditioneller jener genau datierten Zeit weiß ich nichts. Eine Ahnung
Poesie, etwa wenn die Menschen mit bunten Papier- davon bekomme ich durch die Kostüme, Frisuren, die
schirmen durch den Regen eilen, was Tsui Hark aus Interieurs und die jener Zeit nachempfundenen Licht-
der Aufsicht photographiert und zu faszinierender verhältnisse. Bis auf den Wutausbruch eines eifersüch-
Schönheit verdichtet. Und wohl nicht von ungefähr wird tigen Mannes und den mißlungenen Selbstmordver-
der Nachtclub, in dem Shu auftritt, zum Abbild einer such eines betrogenen Blumenmädchens gibt es keine
Glamour-Welt, in der der politische Alltag ausgesperrt gezeigte Gewalt. Aber aus den Dialogen, den aus der
24 und Shanghai als sagenhafter Ort besungen wird, an Distanz gezeigten Gesichtern, den Gesten, ja sogar aus
dem jeder Traum in Erfüllung geht. Dies ist nicht zuletzt dem Klang des Sprechens erfährt man, daß diese de-
eine Replik auf die Situation Hongkongs jener Zeit, bei korierte Welt für die meisten der Frauen mit ihren teu-
der es – wie in der trivialen Liebesgeschichte des Films ren Kleidern und ihrem prunkvollen Schmuck eine Hölle
– um Trennung und Verlust, um Wiederbegegnung und ist.« (Rüdiger Tomczak)
Rückkehr geht.« (Horst Peter Koll)  Samstag, 15. Januar 2005, 21.00 Uhr
 Freitag, 14. Januar 2005, 21.00 Uhr
WUO MEN HAI PA (SHANGHAI PANIC) – China
HUA YAN (DAZZLING) – China 2001 – R: Xin Lee – B: 2002 – R+B: Andrew Cheng, nach der Erzählung »We
Sara Chen, Xin Lee – K: Huang Lian – M: Xiao Ming are Panic« von Mian Mian (Shen Wang) – K: Andrew
Zhu, Dou Wie – D: Wu Lala, Cui Zongli, Zhunag Min, Xu Cheng – M: Zhao Ke – D: Mian Mian, Li Zhinan, Yang
Jinglei, Mei Ting – 84 min, OmeU – Wenn sich zwei Yuting, He Weiyan, Zhou Zhijie, Zhou Liang – 87 min,
Menschen ineinander verlieben, dann scheint auf ihrer OmeU – Ein Film, der Kälte, Rohheit, Wildheit und Ein-
Stirn ein roter Stern auf – sehen können das allerdings samkeit widerspiegelt – digital gedreht und bewußt die
nur die Engel. Wu Gang ist Platzanweiser in einem Normen der herkömmlichen Filmästhetik brechend.
Shanghaier Kino. Er will lernen, die Engel zu sehen und Der junge Bei befürchtet, an AIDS erkrankt zu sein.
so die Liebe finden. »Der Film fängt die Lebensart des Seine drei engsten Freunde erzählen ihm von
kosmopolitischen modernen Shanghai auf erfrischend Gerüchten, daß AIDS-Kranke auf eine mysteriöse Insel
neue Art ein. Dies ist eine chinesische High-Tech-Ver- gebracht würden. Verängstigt und mehr oder weniger
sion (mit erstaunlichen Special Effects) von Wim Wen- isoliert verbringen die Freunde ihre Zeit in Shanghaier
ders’ DER HIMMEL ÜBER BERLIN, mit Anklängen auch Karaoke-Bars, konsumieren billige Drogen und ver-
an THE MATRIX – die Engel tragen lange schwarze stricken sich in erotischen Abenteuern und Phantasien.
Mäntel. Diese zwei Referenzen bezeichnen sehr gut die »Ich verwende die digitale Kamera als Feder, mit der
hauptsächlichen kulturellen Interessen des modernen, ich meiner Heimatstadt Shanghai gegenüber meine
jungen Shanghai: amerikanische Pop-Kultur und eu- Dankbarkeit ausdrücke, auch wenn es manchmal
ropäische Kunst-Kultur. Beide Tendenzen überwinden etwas wild wird. Dieser Film verstärkte die Bitterkeit
die alte Trennung von hoher und niedriger Kultur auf ty- und die Angst auf dem tiefsten Grund unserer Herzen
pisch postmoderne Weise.« (Chris Berry) und verwandelte sie in ein wütendes Feuer. Kein Regen
 Samstag, 15. Januar 2005, 18.30 Uhr (Einführung: kann dieses Feuer löschen.« (Andrew Cheng)
Anja Götte)  Sonntag, 16. Januar 2005, 18.30 Uhr
Shanghai Modern
25

Künstler-Videos der ShanghART Gallery: WILL (WE szene, die sowohl gesellschaftliche als auch ästheti-
MUST) – China 1997 – R+B: Zhou Tiehai – 8 min – sche Grenzen zu sprengen weiß. Seit 1996 ist die
CITY LIGHT – China 2000 – R+B: Yang Fudong – ShanghART Gallery die wohl wichtigste unabhängige
6 min – 922 RICECORNS – China 2000 – R+B: Yang Galerie für zeitgenössische Kunst in China. Sie vertritt
Zhenzhong – 8 min – THE HAPPIEST WINTER inzwischen etwa fünfzig der derzeit bekanntesten chi-
DAY – China 2003 – R+B: Liang Yue – 8 min – DEAF nesischen Künstler. Diese Künstler kommen aus unter-
LAND – China 2003 – R+B: Liang Yue – 9 min schiedlichen Generationen und auch Ihre Arbeiten sind
– NOWHERE – China 2003 – R+B: Liang Yue – 12 min völlig heterogen: Ölmalerei, Tuschearbeiten, Photogra-
– RAINBOW – China 1998 – R+B: Xu Zhen – 3 min – phie und Video – so unterschiedlich wie die verwende-
SHOUTING – China 1998 – R+B: Xu Zhen – 4 min ten Medien sind auch die künstlerischen Ansätze. Die-
– WE ARE RIGHT BACK – China 2002 – R+B: Xu Zhen ses Programm zeigt eine Auswahl signifikanter Video-
– 4 min – SOMETHING IN THE WATER – China 2004 arbeiten aus den vergangenen Jahren.
– R+B: Hu Jieming – 7 min – THREE DAYS AGO –  Sonntag, 16. Januar 2005, 21.00 Uhr (Einführung:
China 2003 – R+B: Song Tao & B 6 – 8 min – LIGHT Heike Kraemer)
AS FUCK – China 2003 – R+B: Yang Zhenzhong –
6 min – BEFORE THE FIRST STEAM LOCOMOTIVE
WAS BORN – China 2003 – R+B: Lu Chunsheng –
35 min – Die Neun-Millionen-Stadt mit rasantem wirt-
schaftlichem Wachstum und großen sozialen Kontra-
sten ist heute wieder gesellschaftspolitisches Experi-
mentierfeld für das Neue Jahrtausend zwischen hoch- Fotos: Mingxing Studios 1938 / SHANGHAI EXPRESS / ZI MEI
fliegender Utopie und widersprüchlicher Alltagsrealität. HUA – ZWILLINGSSCHWESTERN / EXIL SHANGHAI / LIGHT AS
Shanghai beherbergt eine junge Kunst- und Kultur- FUCK
Unsichtbares Kino
Unsichtbares Kino

26 Warten gehört zum Urzustand des Kinos … Warten, bis den von den Startlisten, oder sie laufen nur in ein, zwei
das Licht ausgeht im Saal und der Vorhang sich aus- Städten, und wenn sie es doch mal zu uns geschafft
einanderschiebt, die Spannung sich lösen wird mit dem haben, werden sie nach einer Woche wieder abgesetzt.
ersten Bild … Warten auf die Filme, die uns vor dem Die Verwertungszwänge sind unerbittlich, die Zeit, die
Film die Werbetrailer in ihrem »Coming soon« für die dem einzelnen Film gegönnt wird, um sich zu entfalten,
nächste Woche, den kommenden Monat avisieren … ist kurz. Gnadenlose Auslese, survival of the fittest.
Warten auf all die Werke, die auf den Festivals und in Zum Trost werden wir auf Video und DVD verwiesen,
den Retrospektiven im Verlauf eines Jahres laufen, wo alles zusammengekarrt, gesammelt, parat gehalten
über die man gelesen hat, von denen man sich hat er- wird.
zählen lassen von Freunden und Kollegen … Sechs Filme will das Filmmuseum aus der Warte-
Das Warten gehört zum Kino, und das Kino hat dem schleife holen, sechs Filme endlich (wieder) auf die
Warten seinen eigenen ästhetischen Eros gegeben. Leinwand bringen, auf die im vorigen Jahr mit starkem
»Das wahre Bild der Vergangenheit huscht vorbei«, hat Interesse und besonderer Faszination reflektiert wurde.
in nahezu cineastischer Hellsicht Walter Benjamin Sechs magische Momente eines Kinojahrs, und sechs
erklärt: »Nur als Bild, das auf Nimmerwiedersehen im Autoren, die nicht glauben mögen, daß sie ihr Publikum
Augenblick seiner Erkennbarkeit eben aufblitzt, ist die verloren haben, die auf ein wenig Aufmerksamkeit hof-
Vergangenheit festzuhalten.« Das Kino, so scheint es, fen, eine Chance, sich endlich im Kino zu präsentieren.
ist gerade dabei, sich eine Gegenwart zu schaffen, die Sechs Filme auch, natürlich, die über die Dialektik von
auf ihre Vergangenheit gern verzichten kann. Vergessen und Erinnern spekulieren.
Das Nimmerwiedersehen ist inzwischen auch das Der sinistre Spider zum Beispiel, in David Cronenbergs
Schicksal der Filme aus aller Welt. Die magischen Mo- gleichnamigem Film, der sich in seine Vergangenheit
mente des Kinojahrs verschieben sich ins Imaginäre. verkriecht, in sein Gespinst von Schuld und Sühne …
Wir leben nicht mehr von dem, was wir gesehen haben Seit mehr als zwanzig Jahren macht Cronenberg sein
und in Erinnerung behalten, sondern von dem, was wir kafkaeskes Isolationskino, in VIDEODROME, DEAD
erträumen und womöglich nie auf der Leinwand er- RINGERS und CRASH – und er hat es nun zu einer Per-
blicken werden. Kinoalltag heute: Versprechen werden fektion gebracht, die keine Hoffnung auf Rettung mehr
nicht mehr eingelöst, angekündigte Filme verschwin- zuläßt. No-Exit-Kino!
Übers Schuld-und-Sühne-Stadium ist Aleksandr Soku- lywood … Ein Plot, der nicht zufällig an die Stücke von
rov inzwischen hinaus, mit RUSSIAN ARK hat er sogar Tashlin erinnert in den Fünfzigern und Sechzigern. Und
einen internationalen Erfolg gelandet, aber der neue eines Tages gewinnt sie ein Date mit dem Mann der
Film, VATER UND SOHN, hat viele Monate gebraucht, Träume, und da hat das Warten in diesem Film tatsäch-
bis er, am Jahresende, endlich eine Woche Spielzeit in lich ein glückliches Ende. Fritz Göttler
einem Münchner Programmkino gekriegt hat. Ein fröh-
licher kleiner Sokurov, vielleicht hat gerade das die Kri- OTEC I SYN (VATER UND SOHN) – Rußland 2003 – R:
tiker verwirrt – hier huschen Momente der Freiheit über Aleksandr Sokurov – B: Sergej Potepalov – K: Alek-
die Leinwand, die unglaublich sind, die Menschen ver- sandr Burov – M: Andrej Sigle – D: Andre Schtscheti-
lassen durch die Fenster ihre Wohnungen und tummeln nin, Aleksej Nejmyshev, Aleksandr Razbash, Fedor La-
sich auf den Dächern, als wäre der Himmel ein Zirkus- vrov, Marina Zasuchina – 84 min, OmU
zelt geworden.  Dienstag, 11. Januar 2005, 21.00 Uhr  Mittwoch,
Ein Taiwaner in Tokyo, ein Meister des leeren Zentrums: 12. Januar 2005, 21.00 Uhr
»Manche meiner Einstellungen mögen leer wirken,
aber das ist ein Irrtum …« Hou Hsiao-Hsien erzählte WIN A DATE WITH TAD HAMILTON! (TOTAL VER-
klar und bewegend von den Lehr- und Wander- und KNALLT IN TAD HAMILTON) – USA 2004 – R: Robert
Leidensjahren der Jugend seines Landes, nun hat er Luketic – B: Victor Levin – K: Peter Lyons Collister – M:

Unsichtbares Kino
sich in die ferne Metropole begeben und eine Hom- Ed Shearmur – D: Kate Bosworth, Topher Grace, Josh
mage an seinen Meister Ozu gedreht – dem das Film- Duhamel, Nathan Lane, Sean Hayes – 95 min, OF
museum im Vorjahr eine Retrospektive gewidmet  Dienstag, 18. Januar 2005, 21.00 Uhr  Mittwoch,
hatte … Und siehe da, im Jahr 102 nach Ozus Geburt 19. Januar 2005, 21.00 Uhr
lebt sein Geist in den Bildern dieses Films. Und die
Züge fahren immer noch mit der gleichen Heiterkeit SPIDER – Kanada 2002 – R: David Cronenberg – B:
durch die Straßen der Stadt. Patrick McGrath – K: Peter Suschitzky – M: Howard
Zwei Frauen. Maggie Cheung, die Muse (und Ex-Frau) Shore – D: Ralph Fiennes, Miranda Richardson, Gabriel 27
von Olivier Assayas – CLEAN heißt ihr neuer Film, sie Byrne, Lynn Redgrave, John Neville – 98 min, OF
ist dafür in Cannes als beste Schauspielerin aus-  Dienstag, 25. Januar 2005, 21.00 Uhr  Mittwoch,
gezeichnet worden. In Deutschland ist der Film ohne 26. Januar 2005, 21.00 Uhr
Verleih, so wie das auch mit DEMONLOVER gewesen
ist, dem vorigen. Maggie will clean werden, sich frei CLEAN – Frankreich 2004 – R+B: Olivier Assayas –
machen von der Sucht, nur dann kann sie ihren Sohn K: Eric Gautier – M: Brian Eno, David Roback, Tricky –
zurückkriegen aus der Obhut des Großvaters. Ein klarer D: Maggie Cheung, Nick Nolte, Béatrice Dalle, Jeanne
Film, wunderschön in seiner Aufrichtigkeit, mit dem Balibar, Don McKellar, Martha Henry – 110 min, OmU
Assayas nach Experimenten mit dem Exzeß zu seinen  Dienstag, 1. Februar 2005, 21.00 Uhr  Mittwoch,
Anfängen zurückkehrt. 2. Februar 2005, 21.00 Uhr
Ashley Judd, Hollywoods stärkste Frau des Jahres. Ihr
Suchtproblem ist vergleichsweise harmlos – sie trinkt TWISTED (DER ERSTE VERDACHT) – USA 2003 – R:
gern ein Glas Wein zuviel, um den Kopf wieder frei zu Philip Kaufman – B: Sarah Thorp – K: Peter Deming –
kriegen nach dem brutalen, deprimierenden Tag. In M: Mark Isham – D: Ashley Judd, Samuel L. Jackson,
TWISTED muß sie sich in einem Männerberuf durch- Andy Garcia, David Strathairn – 97 min, OF
setzen, als Cop, auf der Suche nach einem brutalen  Dienstag, 15. Februar 2005, 21.00 Uhr  Mittwoch,
Killer in der Stadt San Francisco. Oder ist der Killer hin- 16. Februar 2005, 21.00 Uhr
ter ihr her? Philip Kaufman war in den Achtzigern ein
hoffnungsvoller Auteur gewesen, und schafft es auch KOHI JIKOU (CAFÉ LUMIÈRE) – Japan 2003 – R: Hou
in seinem neuen Film, von der unerträglichen Leichtig- Hsiao-Hsien – B: Hou Hsiao-Hsien, Chu T’ien-Wen – K:
keit des Seins etwas einzufangen. Lee Ping-Bing – M: Inoue Yousui – D: Yo Hitoto, Tada-
Ein Hoch der Komödie: Keiner praktiziert ihre Kunst so nobu Asano, Masato Hagiwara – 104 min, OmeU
präzise wie Robert Luketic, das hat er mit LEGALLY  Dienstag, 22. Februar 2005, 21.00 Uhr  Mittwoch,
BLONDE bewiesen. Nun wollen wir TAD HAMILTON 23. Februar 2005, 21.00 Uhr
sehen, seinen zweiten Film – über ein Mädel in West
Virginia, das von eiinem Jungstar träumt im fernen Hol- Foto: OTEC I SYN – VATER UND SOHN
Das Kino von Carl Theodor Dreyer

Carl Theodor Dreyer


29

Carl Theodor Dreyer, der zwischen 1918 und 1964 nur zweiten Film BLADE AF SATANS BOG befaßt sich
14 Spielfilme gedreht hat, wird als einer der großen Dreyer bereits mit einem Thema, das fast alle seine
Meister des Kinos angesehen. Er wurde 1889 als Filme durchziehen soll: das Böse und sein Einfluß auf
uneheliches Kind einer schwedischen Dienstmagd in die Menschen.
Kopenhagen geboren, die zwei Jahre später an den Dreyer entwickelte seinen eigenen intensiven expres-
Folgen einer versuchten Abtreibung starb. Seinen Vater sionistischen Stil, den er benötigte, um menschliche
lernte er nie kennen. Er wurde adoptiert, nach seinem Leidenschaft zu vermitteln, verbunden mit einer sehr
Adoptivvater benannt und wuchs in einer protestanti- präzisen Kameraarbeit und einem erstaunlichen, fast
schen Familie auf, die ihm allerdings kein liebevolles schon obsessiven Einfühlungsvermögen mit dem gei-
Zuhause bot. Dreyer begann schon früh als Journalist stigen, körperlichen und gefühlsmäßigen Leiden von
zu arbeiten und stieß 1912 zur Filmproduktionsfirma Frauen. Dreyers Filme werden häufig als schwer und
Nordisk Film Kompagnie, für die er zunächst Zwi- düster bezeichnet, was sicher auch seine Berechtigung
schentitel verfaßte, dann Drehbücher schrieb und spä- hat. Seine Filme handeln oft von Leid, Gewalt und Tod,
ter auch als Cutter arbeitete. 1918 hatte er die Gele- bewahren sich aber dennoch einen gewissen Optimis-
genheit, seinen ersten Film zu drehen, PRAESIDENTEN, mus, indem der Wille oder der Glauben am Ende siegt.
ein Melodrama in skandinavischer Tradition, das – wie Obwohl er sich in seinen Filmen viel mit dem Seelen-
alle Filme von Dreyer – nicht auf einem Originaldreh- leben seiner Figuren beschäftigt hat, hat sich Dreyer
buch basiert, sondern auf einer literarischen Vorlage. beim Porträtieren stets eine Unparteilichkeit bewahrt. In
Schon bei seinem Debütfilm zeigte sich der gewisse seiner Beschreibung des Subjektiven behielt er sich
Dreyer Touch: inhaltlich das Thema der Schuld und der immer auch einen hohen Grad an Objektivität vor. Seine
leidenden Frau, visuell im Dekor, in der Ausstattung und künstlerische Methode beschrieb er 1955 in einem
in der Verwendung von Großaufnahmen. In seinem Text, den wir auszugsweise wiedergeben:
»Die reproduktiven Eigenschaften des Films haben den eröffnet. Vielleicht wird es niemals einen dreidimen-
Naturalismus begünstigt; er hat jene Grenzen gesetzt, sionalen Film geben – doch die Abstraktion wird uns
die es nun zu überwinden gilt, zugunsten der reinen erlauben, eine vierte und fünfte Dimension einzu-
Imagination. Wir müssen den Film vom Naturalismus führen.«
befreien. Wir müssen endlich erkennen, daß wir mit Dreyer verstarb 1968. Sein Drehbuch zu MEDEA wurde
dem Kopieren der Wirklichkeit lediglich Zeit ver- 1988 von Lars von Trier verfilmt, alle Dokumente über
schwenden. Wir müssen mit der Kamera eine neue den lebenslang geplanten Jesus-Film, an dem er bis zu
Sprache, einen neuen Stil schaffen. seinem Tod gearbeitet hat, wurden in einem Film des
Den wahren Stil erkennt man daran, daß er sich vom dänischen Fernsehens zusammengestellt. »Carl Theo-
Inhalt nicht abstrahieren läßt, daß beide eine Synthese dor Dreyer hatte es in Dänemark immer schwer gehabt
bilden. Ist der Stil dagegen zu gewollt, zu auffällig, wird mit seinen Filmen, als ob das Land zu klein wäre für
er zur Manier. Ich selbst verstehe unter ›Stil‹ die ›Hand- seine unangepaßte Größe.« (Hauke Lange-Fuchs)
schrift der künstlerischen Inspiration‹. Im Stil finden wir
gewisse Charakterzüge, Wesenszüge des Künstlers CARL THEODOR DREYER – Dänemark 1966 – R+B:
wieder. Jørgen Roos – K: Jørgen Roos, Henning Bendtsen –
Solange der Regisseur alles möglichst unpersönlich, 30 min, OmU – »Der Film wurde öffentlich nur bei einer
lieblos fotografiert, so wie es sich dem Auge darbietet, Pressevorführung in Kopenhagen und in einer französi-
entsteht kein Stil. Bedient er sich jedoch seiner Intelli- schen Fassung bei einer vom Dänischen Filmmuseum
genz und nimmt er, was er sieht, zum Anlaß, sich ein arrangierten Dreyer-Ausstellung in Paris gezeigt. Roos
Bild zu machen, bemüht er sich, diese seine Vision im hatte ihn während der Dreharbeiten Dreyers an dem
Carl Theodor Dreyer

Film zu verwirklichen, ohne der Realität, von der er aus- Palladium-Film GERTRUD aufgenommen und darüber
ging, Rechnung zu tragen, wird sein Werk das glorrei- hinaus einige kurze Filmzitate u. a. aus zwei weiteren
che Insignium der Inspiration tragen, wird sich sein Palladium-Filmen Dreyers benutzt. Nach der Vor-
Film durch Stil auszeichnen. führung in Paris verlangte Palladium eine derart hohe
Kann die Filmkunst sich erneuern? Ich kann nur in mei- Summe für die verwendeten Zitate, daß Dansk Kultur-
nem Namen antworten, und ich sehe nur einen Weg, film sie nicht zahlen konnte – und der Film nicht in den
den der Abstraktion. Die Abstraktion aber verlangt vom Verleih ging.« (Christian Alsted) »Was dieser Film da-
30 Regisseur, daß er auch von seiner Realität absieht – gegen nicht zeigt, ist, daß wir in Dreyer einen Künstler
zugunsten des geistigen Gehalts seiner Filme. Kurz, er von Weltformat besaßen und daß wir in der üblichen
soll nicht das äußere, sondern das innere Leben auf- dänischen Kleinbürgermentalität alles taten, um ihn
zeichnen. Die Abstraktion ermöglicht dem Regisseur, daran zu hindern, Filme zu machen. … So wie der Film
die Grenzen des Naturalismus zu überwinden; durch ist, erscheint er fast wie ein ›Nekrolog‹ – der zwei Jahre
sie werden seine Filme nicht mehr nur visuell, sondern zu früh gemacht wurde und 21 Jahre zu spät heraus-
spirituell. Der Regisseur muß das Publikum an seinen kam!« (Jens Pedersen) – DR. COOK, NORDPOLENS
geistigen und künstlerischen Erfahrungen teilhaben OPDAGER – Dänemark 1909 – 6 min – Ein Wochen-
lassen, dies erreicht er, indem er eine objektive Realität schaubericht, in dem der junge Carl Theodor Dreyer als
durch Abstraktion in ein subjektives Bild umsetzt. Journalist zu sehen ist. – PAVILLONENS HEMMELIG-
Der Begriff der Abstraktion mag in den Ohren von Film- HED (DAS GEHEIMNIS DES PAVILLONS) – Dänemark
schaffenden unschön klingen. Mir geht es aber nur 1916 – R: Karl Mantzius – B: Carl Theodor Dreyer, nach
darum, zu zeigen, daß sich hinter dem beschränkten, dem Roman von Viggo Cavling – K: Louis Larsen –
faden Naturalismus eine andere Welt, die Welt der Ima- 44 min, OmeU – Mindestens 22 Filme sind zwischen
gination öffnet. Natürlich muß die Verwandlung so vor 1912 und 1918 nach Drehbüchern von Dreyer ent-
sich gehen, daß der Regisseur nicht die Kontrolle über standen, von denen nur zwei erhalten geblieben sind.
die Realität verliert. Seine abstrahierte Wirklichkeit muß PAVILLONENS HEMMELIGHED ist ein Kriminalfilm, der
stets so beschaffen bleiben, daß das Publikum sie er- typisch ist für die Mehrzahl von Dreyers Drehbuchar-
kennen und an sie glauben kann. Natürlich müssen die beiten. Regisseur Karl Mantzius war einer der angese-
ersten Schritte zur Abstraktion behutsam unternom- hensten Schauspieler des dänischen Stummfilms zu
men werden. Man soll das Publikum nicht vor den Kopf dieser Zeit. – DIE VERSCHIEDENEN VERSIONEN VON
stoßen, sondern geduldig mit neuen ästhetischen For- CARL THEODOR DREYERS MEISTERWERKEN – Vor-
men vertraut machen. Das Experiment lohnt sich, trag mit Filmausschnitten von Casper Tybjerg – 40 min
schon um der zahlreichen Perspektiven willen, die es – JESUSFILMEN: ET LIVSVÆRK (DER JESUSFILM:
EIN LEBENSWERK) – Dänemark 1970 – R: Lars Graff
Nielsen – 40 min, englische Fassung – »Jesus von
Nazareth« war das große Filmprojekt, das Dreyer über
37 Jahre hindurch beschäftigt hat, welches er aber nie
verwirklichen konnte. Es wäre die Krönung seines
Lebenswerkes gewesen, das ein einziges Thema viele
Male variiert hat: der Individualist, der an der Intoleranz
seiner Umgebung scheitert. »Jedes Mal, wenn ich
einen Film gedreht habe, habe ich überlegt, was ich
davon für meinen Jesus-Film verwenden könnte.« (Carl
Theodor Dreyer) Anhand der vorliegenden Texte, Noti-
zen und Fotos, die während Dreyers Recherchen ent-
standen sind, versucht dieser Film, Szenen aus dem
Jesus-Film zu konstruieren. sche Revolution / Die rote Garde). Die Episoden sind un-
 Donnerstag, 20. Januar 2005, 19.00 Uhr (Einführung: terschiedlich gestaltet, Dreyer experimentiert mit ver-
Casper Tybjerg) schiedenen Stilmitteln. Zum ersten Mal benutzt Dreyer
bewußt die Landschaft, um Atmosphäre visuell auszu-
PRAESIDENTEN (DER PRÄSIDENT) – Dänemark drücken.
1919 – R+B: Carl Theodor Dreyer, nach einer Novelle  Dienstag, 25. Januar 2005, 18.30 Uhr  Freitag,
von Karl Emil Franzos – K: Hans Vaagø – D: Halvard 28. Januar 2005, 21.00 Uhr

Carl Theodor Dreyer


Hoff, Elith Pio, Carl Meyer, Olga Raphael-Linden, Betty
Kirkebeye – 89 min (16 B/s), OmeU – Dreyers erster PRÄSTÄNKAN (DIE PFARRERSWITWE) – Schweden
Spielfilm besitzt schon eine große visuelle Kraft und 1920 – R+B: Carl Theodor Dreyer, nach einer Kurzge-
viele Erkennungsmerkmale seiner späteren Filme: ein schichte von Kristofer Janson – K: George Schnéevoigt
klarer, einfacher Stil und Bauten, die wie gerahmt wir- – D: Hildur Carlberg, Einar Rød, Greta Almroth, Olav
ken. PRAESIDENTEN ist ein Melodram über Männer Aukrust, Kurt Welin – 89 min (20 B/s), OmeU – Ein im
aus verschiedenen Generationen, die ihrer Verantwor- 17. Jahrhundert angesiedeltes Lebens- und Liebes-
tung als Väter gegenüber Frauen der unteren Gesell- lustspiel, das in Norwegen spielt, on location in Lille- 31
schaftsschicht nicht nachkommen. Im Mittelpunkt steht hammer gedreht und stilistisch von Victor Sjöström be-
die Geschichte eines Richters, der sich entscheiden einflußt wurde: Ein junger Vikar muß die Witwe eines
muß zwischen seiner Ehre und seiner sozialen Position alten Pfarrers heiraten, um eine eigene Pfarrei zu be-
und seiner unehelichen Tochter, die angeklagt ist, ihr kommen. »Wie verändert sich ein vertrauter Raum,
ebenfalls uneheliches Kind getötet zu haben. Die An- wenn man von einer Leiche hinter der Tür erfährt. Den
spielung auf Dreyers eigene Kindheit ist unübersehbar. Effekt wollte Dreyer filmen. Hier wird er durch die be-
Der Film wird in einer 1999 vom Dänischen Filminstitut tagte Hauptdarstellerin selbst ausgelöst, die dann auch
rekonstruierten viragierten Fassung gezeigt, in die auch noch vor der Premiere starb. Nur entsteht dadurch
alle Zwischentitel wieder eingefügt worden sind. nicht Horror, sondern echter schwarzer Humor. Eine ko-
 Dienstag, 18. Januar 2005, 18.30 Uhr  Samstag, mische Variante von DIES IRAE. Die visierten Institutio-
22. Januar 2005, 21.00 Uhr nen sind beidemal dieselben.« (Frieda Grafe)
 Mittwoch, 19. Januar 2005, 18.30 Uhr  Sonntag,
BLADE AF SATANS BOG (BLÄTTER AUS DEM BUCHE 23. Januar 2005, 21.00 Uhr (Am Flügel: Aljoscha Zim-
SATANS) – Dänemark 1919 – R: Carl Theodor Dreyer mermann)
– B: Edgar Høyer, Carl Theodor Dreyer, nach der Novelle
»Sorrows of Satan« von Marie Corelli – K: George DIE GEZEICHNETEN – Deutschland 1921 – R+B: Carl
Schnéevoigt – D: Helge Nissen, Halvard Hoff, Jacob Theodor Dreyer, nach der Novelle »Liebet einander«
Texiere, Erling Hansson, Elith Pio – 135 min (20 B/s), von Aage Madelung – K: Friedrich Weinmann – D: Po-
OmeU – Der deutlich an D. W. Griffiths INTOLERANCE lina Piekowska, Vladimir Gajdarov, Torleif Reiss, Richard
(1916) orientierte Film prangert in vier Episoden die In- Boleslawski, Duwan – 93 min (20 B/s), russische Fas-
toleranz der Menschen durch die Versuchungen Satans sung mit deutschen Untertiteln – Verlangen und Ehr-
an, der in immer neuen Verkleidungen auftritt (Der Ver- geiz, Revolution und Pogrome gegen die Juden im rus-
rat Judas’ an Jesus / Spanische Inquisition / Französi- sischen Reich kurz nach der letzten Jahrhundert-
Carl Theodor Dreyer

32 wende. DIE GEZEICHNETEN war einer von zwei Filmen, wirbt vergeblich um die mürrische Prinzessin von Illyria
die Dreyer in den zwanziger Jahren in Deutschland und beschließt, sich zu verkleiden. »Bilder von däni-
gedreht hatte. Beeindruckend sind die umfangreichen schen Landschaften und Wäldern und der Bezug zu
Bauten, die detailgetreue Ausstattung und vor allem die literarischen Vorbildern zeigen, daß der Film als ›Natio-
Massenszenen, für die der Regisseur 600 russische naler Film‹ für den internationalen Markt konzipiert war,
Juden verpflichtete. »Wladimir Matusewitsch, der in so wie es das dänische Kino erfolgreich vorexerziert
Moskau diesen jahrelang verschollen geglaubten Film hatte. Doch obwohl der Film in Dänemark ein großer
wieder gefunden hat, versichert, Dreyer habe es besser Erfolg war, wurde der Film nicht der Erfolg, den sich
als die russischen Filmemacher verstanden, das All- Dreyer und seine Produktionsfirma erhofft hatten. Den-
tagsleben in Rußland mit Wahrheit und Authentizität zu noch machen seine wunderbaren, lichtdurchfluteten
evozieren.« (Jean Sémolué) Bilder ihn zu einem ungewöhnlichen und bemerkens-
 Mittwoch, 26. Januar 2005, 18.30 Uhr  Samstag, werten Werk sowohl in der dänischen Filmgeschichte
29. Januar 2005, 21.00 Uhr wie auch im Oeuvre von Carl Theodor Dreyer.« (Casper
Tybjerg) Das erhaltene Fragment des Films wurde
DER VAR ENGANG (ES WAR EINMAL) – Dänemark 2001 vom Dänischen Filminstitut durch erklärende
1922 – R: Carl Theodor Dreyer – B: Carl Theodor Zwischentitel und erhaltene Standphotos ergänzt.
Dreyer, Palle Rosenkrantz, nach dem Theaterstück von  Freitag, 21. Januar 2005, 21.00 Uhr (Einführung:
Holger Drachmann – K: George Schnéevoigt – D: Clara Casper Tybjerg)  Dienstag, 1. Februar 2005, 18.30
Pontoppidan, Svend Methling, Peter Jerndorff, Hakon Uhr
Ahnfelt-Rønne, Karen Poulsen, Gerda Madsen –
70 min (18 B/s), OmeU – Eine märchenhafte Satire, die MICHAEL – Deutschland 1924 – R: Carl Theodor
Elemente von Hans Christians Andersens »Der Dreyer – B: Carl Theodor Dreyer, Thea von Harbou,
Schweinehirt« und Shakespeares »Der Widerspensti- nach der Novelle von Herman Bang – K: Karl Freund,
gen Zähmung« verarbeitet: Der Prinz von Dänemark Rudolf Maté – D: Benjamin Christensen, Walter Slezak,
Nora Gregor, Robert Garrison, Grete Mosheim, Karl Bauernsohns, der um die reiche Nachbarstochter wirbt.
Freund – 89 min (20 B/s) – »Ein Film voll Donner her- »Weiter als in dem meisterhaften DU SKAL AERE DIN
aufziehender Veränderungen. Wie die Kunst, um die HUSTRU konnte Dreyer nicht mehr gehen bei seinem
Jahrhundertwende, durch den Einbruch der Sexualität Versuch, die menschlichen Verhaltensweisen zu analy-
in ihrer Basis getroffen wurde. Nicht das homosexuelle, sieren. Bevor er sich der Erforschung der Geheimnisse
idealistische Verhältnis zwischen dem Meister und dem der Seele zuwenden sollte, widmete er sich dem ver-
Schüler, dem klassizistischen Maler und seinem Modell gnüglichen Zwischenspiel GLOMDALSBRUDEN, das
ist gemeint. Die Frau tritt wieder auf den Plan. Der von vielen Kritikern zu Unrecht als unbedeutender Film
Junge macht die Kunst seines geistigen Vaters zu Geld abgetan wird. Für diesen Film ging Dreyer wieder nach
für die teure Geliebte. Ein unfaßbarer Film in der Norwegen, das ihn schon zu PRÄSTÄNKAN inspiriert
Komplexität seiner Artikulation.« (Frieda Grafe) »Außer hatte. Obwohl GLOMDALSBRUDEN denselben eigen-
DIES IRAE hat kein Dreyer-Film eine derart kunstvolle artigen Humor aufweist, unterscheidet er sich durch
Ausleuchtung. Das Licht streichelt die Gesichter, um seine fließende, lyrische Atmosphäre, die an Mauritz
sie aus dem Dunkeln zu locken, und fast der ganze Stillers JUHA erinnert (aber über diesen Film hinaus-
Film besteht aus einer bewundernswerten Abfolge weist). Dreyer zeigt in vielen Szenen, daß ihn die
von Großaufnahmen, die nicht so aggressiv sind wie emotionalen Untertöne viel stärker interessieren als die
die von JEANNE D’ARC, aber ebenso kühn.« (Jean vordergründige Handlung.« (Tom Milne)
Sémolué)  Samstag, 5. Februar 2005, 21.00 Uhr  Dienstag,
 Sonntag, 30. Januar 2005, 21.00 Uhr (Am Flügel: 15. Februar 2005, 18.30 Uhr
Aljoscha Zimmermann)  Mittwoch, 2. Februar 2005,

Carl Theodor Dreyer


18.30 Uhr LA PASSION DE JEANNE D`ARC (JEANNE D’ARCS
LEIDEN UND TOD) – Frankreich 1928 – R: Carl Theo-
DU SKAL AERE DIN HUSTRU (MASTER OF THE dor Dreyer – B: Carl Theodor Dreyer, Joseph Delteil,
HOUSE / EHRET EURE FRAUEN!) – Dänemark 1925 – nach originalen Aufzeichnungen des Prozesses – K:
R: Carl Theodor Dreyer – B: Carl Theodor Dreyer, Svend Rudolph Maté – D: Renée Falconetti, Eugène Silvain,
Rindom, nach seinem Theaterstück – K: George Maurice Schutz, Michel Simon, Antonin Artaud, Louis
Schnéevoigt – D: Johannes Meyer, Astrid Holm, Karin Ravet – 98 min (20 B/s), dtF – »Dreyers meistgefeier-
Nellemose, Mathilde Nielsen, Aage Hoffman – 118 min tes Werk und einer der künstlerisch reinsten und wahr- 33
(18 B/s), englische Fassung – Ein engstirniger und haft berührenden Filme der Stummfilmzeit, den er
pedantischer Ehemann und Vater tyrannisiert seine selbst ›eine Hymne an den Triumph der Seele über das
Familie, wird aber durch eine Verschwörung seiner Fa- Leben‹ nannte, war jahrelang nicht in der originalen
milie kuriert. Diese populäre Komödie ist auch eine in- Fassung zu sehen. 1981 wurde eine dänische Original-
time psychologische Studie über männlichen Egoismus kopie in einer norwegischen Nervenheilanstalt gefun-
und über eine Frau, die psychisch unter großem Druck den, was zu einer neuen Wertschätzung dieses außer-
steht. »DU SKAL AERE DIN HUSTRU war einer der er- gewöhnlich formalen und emotionalen Films geführt
sten dänischen Filme, die das französische Rezept hat. Filmtechnisch markiert er einen Meilenstein mit
übernahmen, den Alltag gewöhnlicher Menschen zu seiner fast abstrakten mittelalterlichen Gerichtsszene-
beobachten. Der Film war daher gerade in Frankreich rie, seinem sicheren Instinkt für dramatische Komposi-
sehr erfolgreich; und diesem Erfolg verdankt Dreyer
letzten Endes die Möglichkeit, seinen Film LA PASSION
DE JEANNE D’ARC zu drehen.« (Dieter Krusche)
 Freitag, 4. Februar 2005, 21.00 Uhr  Mittwoch,
9. Februar 2005, 18.30 Uhr

GLOMDALSBRUDEN (DIE BRAUT VON GLOMDAL) –


Norwegen 1925 – R+B: Carl Theodor Dreyer, nach den
Erzählungen »Glomdalsbruden« und »Eline Vangel« von
Jacob Breda Bull – K: Einar Olsen – D: Stub Wiberg,
Tove Tellback, Harald Stormoen, Einar Sissener, Einar
Tveito, Rasmus Rasmussen – 70 min (20 B/s), OmeU –
Die märchenhafte Liebesgeschichte eines armen
tion, seinen wunderbar flüssigen Kamerafahrten und
den schnellen Schnitten zwischen extremen Nahauf-
nahmen von Jeanne zu ihren mitleidslosen Inquisito-
ren.« (Philip Horne)
 Sonntag, 6. Februar 2005, 21.00 Uhr (Am Flügel: Aljo-
scha Zimmermann)  Mittwoch, 16. Februar 2005,
18.30 Uhr

VAMPYR – Deutschland 1932 – R: Carl Theodor


Dreyer – B: Carl Theodor Dreyer, Christen Jul, nach
einem Kapitel aus dem Buch »In a Glass Darkly« von
Sheridan Le Fanu – K: Rudolph Maté, Louis Née – M:
Wolfgang Zeller – D: Julian West (= Nicolas de Gunz-
burg), Sybille Schmitz, Henriette Gérard, Jan Hiero-
nimko, Maurice Schutz – 73 min – Dreyers erster Ton- rer Zeit und unserer Welt. Der rote Faden kann insofern
film ist ein Klassiker des Horror-Genres, der ganz vom als mein ›filmpolitisches Manifest‹ angesehen wer-
berühmten Weiß Dreyers durchtränkt ist, »jenem Weiß, den.« (Torben Skjødt Jensen)
das man in gewissen morgendlichen Träumen erleben  Mittwoch, 9. Februar 2005, 21.00 Uhr
kann, wenn das Tageslicht bereits auf das Auge fällt
und die Traumbilder auszuwischen beginnt.« (Peter VREDENS DAG (DIES IRAE – TAG DER RACHE) –
Carl Theodor Dreyer

Weiss). »Horror hat nichts mit den Dingen zu tun, die Dänemark 1943 – R: Carl Theodor Dreyer – B: Carl
uns umgeben, sondern er steckt in unserem Unter- Theodor Dreyer, Mogens Skot-Hansen, Poul Knudsen,
bewußtsein« (Dreyer). »So sehr sich Dreyers Kamera nach dem Theaterstück »Anne Pedersdotter« von Hans
zurückhielt, als sie JEANNE D’ARC filmte, so sehr be- Wiers-Jenssen – K: Sandt-Jensen, Olga Thomsen –
freit sie sich und wird zum Federhalter eines jungen M: Poul Schierbeck – D: Thorkild Roose, Lisbeth Movin,
Mannes, um den Bewegungen des Vampyr die grauen Sigrid Neiiendam, Preben Lerdorff Rye, Anna Svierkier.
Mauern entlang zu folgen, ihnen vorauszueilen oder sie Albert Høberg – 95 min, OmeU – Dreyers erster Film
34 zu erraten.« (François Truffaut) nach elf Jahren und während des 2. Weltkriegs ge-
 Freitag, 11. Februar 2005, 21.00 Uhr  Dienstag, dreht, kann durchaus als Allegorie auf die Besatzungs-
22. Februar 2005, 18.30 Uhr zeit durch die Nationalsozialisten verstanden werden.
Er spielt 1623 in einem dänischen Dorf, das von Angst,
CARL TH. DREYER – MIN METIER (CARL TH. Aberglauben und religiöser Grausamkeit beherrscht
DREYER – MEIN METIER) – Dänemark 1995 – R+B: wird. Für François Truffaut war DIES IRAE »die Synthese
Torben Skjødt Jensen, nach einer Idee von Lars Bo aus den Filmen JEANNE D’ARC und VAMPYR« und ein
Kimergard – 94 min, OmeU – Eine Collage aus Gedan- Film, »in dem man den schönsten weiblichen Akt der
ken und Erinnerungen von und über Carl Theodor Filmgeschichte sehen kann, den am wenigsten eroti-
Dreyer, in der auch Kollegen, die mit Dreyer gearbeitet schen, aber den fleischlichsten: Ich spreche von dem
haben, wie Birgitte Federspiel, Preben Lerdorff Rye, weißen Körper der Marthe Herloff, der alten Frau, die
Baard Owe und Jørgen Roos zu Wort kommen. als Hexe verbrannt wird.«
»Dreyers eigene Aussagen über seine Berufung als Fil-  Samstag, 12. Februar 2005, 21.00 Uhr  Mittwoch,
memacher, seine Leidenschaft, seine ästhetischen 23. Februar 2005, 18.30 Uhr
Prinzipien und seine Sprache ziehen sich wie ein roter
Faden durch diese Dokumentation. Verknüpft ist dies Zwischen 1942 und 1956 stellte Dreyer insgesamt
mit meiner persönlichen Auffassung von Bildsprache. 13 Kurz- und Dokumentarfilme als staatliche Auftrags-
Mein eigenes Verständnis von Dreyer speist sich direkt produktionen her, über Themen wie Kunst, Architektur,
aus seinem Nachlaß, aus Standfotos, Skizzen, Briefen, Theater Gesundheitswesen und Verkehrssicherheit. –
Manuskripten und Filmausschnitten, die überwiegend MØDREHJAELPEN (GOOD MOTHERS / MÜTTERHIL-
aus der Sammlung des Dänischen Filmmuseums FE) – Dänemark 1942 – R+B: Carl Theodor Dreyer –
stammen. Ich wende mich dann von den Geschichts- K: Verner Jensen – M: Poul Schierbeck – 12 min, eng-
büchern ab und kombiniere den Mythos mit der Gegen- lische Fassung – VANDET PÅ LANDET (WASSER VOM
wart. Hier vereinigt sich Dreyers Vermächtnis mit unse- LAND) – Dänemark 1946 – R+B: Carl Theodor Dreyer
– M: Poul Schierbeck – 11 min – Ein erst kürzlich wie- Stoff fasziniert, doch der Mißerfolg des Films bestärkte
derentdeckter Kurzfilm von Dreyer, der unvollendet ge- ihn in der Auffassung, daß er nicht die richtigen Schau-
blieben ist. – LANDSBYKIRKEN (DORFKIRCHEN) – spieler für dieses Experiment zur Verfügung hatte. Zeit
Dänemark 1947 – R: Carl Theodor Dreyer – B: Carl seines Lebens hat Dreyer dafür gesorgt, daß dieser
Theodor Dreyer, Bernhard Jensen – K: Preben Frank – Film öffentlich nicht gezeigt werden konnte.
M: Svend Erik Tarp – 14 min, OF – KAMPEN MOD  Freitag, 18. Februar 2005, 21.00 Uhr
KRÆFTEN (KAMPF GEGEN DEN KREBS) – Dänemark
1947 – R: Carl Theodor Dreyer – B: Carl Theodor ORDET (DAS WORT) – Dänemark 1954 – R+B: Carl
Dreyer, Carl Krebs – K: Preben Frank – M: Peter Theodor Dreyer, nach dem Theaterstück von Kaj Munk
Deutsch – 12 min, OF – THORVALDSEN – Dänemark – K: Henning Bendtsen – M: Poul Schierbeck – D: Hen-
1949 – R: Carl Theodor Dreyer – B: Carl Theodor rik Malberg, Emil Haas Christensen, Preben Lerdorff-
Dreyer, Preben Frank – K: Preben Frank – M: Svend Rye, Cay Kristiansen, Brigitte Federspiel, Ejner Feder-
Erik Tarp – 10 min, OF – SHAKESPEARE OG KRON- spiel – 125 min, OmeU – Eine Bäuerin stirbt nach der
BORG (SHAKESPEARE UND KRONBORG) – Däne- Totgeburt ihres Kindes. Der verwirrte Bruder des Man-
mark 1950 – R: Jørgen Roos – B: Carl Theodor Dreyer nes hatte diesen Tod vorausgesagt und versprochen,
– K: Arne Jensen – M: Leif Kayser – D: Olaf Ussing, Erik sie wieder zum Leben zu erwecken. »Mit seinem stren-
Mørk, Annemette Svendsen, Jokob Nielsen – 10 min, gen, puritanischen Bildstil befindet sich Dreyer hier in
OF – Ein literarisches Phantasiespiel über das Schloß
bei Helsingør als »Hamlet«-Stätte. – STORSTRØMS-
BROEN (DIE BRÜCKE VON STORSTRÖM) – Dänemark

Carl Theodor Dreyer


1950 – R+B: Carl Theodor Dreyer – K: Preben Frank –
M: Svend S. Schultz – 7 min, ohne Kommentar – ET
SLOT I ET SLOT / KROGEN OG KRONBORG (EIN
SCHLOSS IM SCHLOSS) – Dänemark 1952/54 – R:
Carl Theodor Dreyer, Jørgen Roos – B: Carl Theodor
Dreyer – K: Jørgen Roos – Sprecher: Sven Ludvigseen
– 9 min, OF – Dreyer begann 1952 mit dieser Doku-
mentation über die Grabungs- und Restaurierungsar- 35
beiten im »Hamlet-Schloß« und überließ Roos deren
Fertigstellung, nachdem er mit den Dreharbeiten zu
ORDET begonnen hatte. – DE NÅEDE FÆRGEN (SIE
ERREICHTEN DIE FÄHRE) – Dänemark 1948 – R+B: vollem Einklang mit dem ihm vorgegebenen Stoff und
Carl Theodor Dreyer, nach der Kurzgeschichte von Jo- dessen Thema: dem Imperativ des Glaubens, der Tote
hannes V. Jensen – K: Jørgen Roos – 12 min, OF – Ein wieder zum Leben erwecken kann – selbst gottlose Ki-
makabres Drama über ein junges Paar im Wettlauf mit nobesucher scheint dieser Film fast zu bekehren. Die
den Tod. dänisch-ländliche Idylle, in der er spielt, tut das ihre
 Sonntag, 13. Februar 2005, 21.00 Uhr hinzu, und was Dreyer bisher nie erlebt hatte, ge-
schieht: Das Publikum strömt in Scharen, und in Vene-
TVÅ MÄNNISKOR (ZWEI MENSCHEN) – Schweden dig wird der Film mit dem Goldenen Löwen ausge-
1944/45 – R: Carl Theodor Dreyer – B: Carl Theodor zeichnet.« (Hauke Lange-Fuchs)
Dreyer, Martin Glanner, nach dem Theaterstück »Atten-  Samstag, 19. Februar 2005, 21.00 Uhr  Dienstag,
tat« von W. O. Somin – K: Gunnar Fischer – M: Lars- 1. März 2005, 18.30 Uhr
Erik Larsson – D: Georg Rydeberg, Wanda Rothgarth –
78 min, OmeU – Während der deutschen Besatzung in ORDET (DAS WORT) – Schweden 1943 – R: Gustaf
Dänemark drehte Dreyer TVÅ MÄNNISKOR im neutra- Molander – B: Rune Lindström, nach dem Theaterstück
len Schweden. Die Einheit von Raum und Zeit wird von Kaj Munk – K: Gösta Roosling – M: Sven Sköld – D:
gewahrt: Der Film spielt nur an einem einzigen Ort, in Victor Sjöström, Holger Löwenadler, Rune Lindström,
einer Wohnung, und kommt fast nur mit zwei Schau- Stig Olin, Wanda Rothgarth – 108 min, OmeU – Eine
spielern aus. Die Konzentration auf zwei Menschen, die frühere Verfilmung desselben Stoffes vom schwedi-
völlig isoliert von der übrigen Welt ganz auf sich selbst schen Regisseur Gustaf Molander, der die Geschichte
und ihre Liebe angewiesen sind, hat Dreyer an dem nach Schweden verlegt und sich mehr an der realisti-
Carl Theodor Dreyer

36 schen Ebene der Geschichte orientiert: Im Mittelpunkt heute international anerkannten Kunstwerk.« (Hauke
steht nicht, wie bei Dreyer, Inger, sondern Johannes, Lange-Fuchs)
dessen Vorgeschichte auch erzählt wird. Der in seiner  Sonntag, 20. Februar 2005, 21.00 Uhr  Mittwoch,
Art ebenfalls sehr beeindruckende Film lebt vor allem 2. März 2005, 18.30 Uhr
von der Gestaltung der Hauptrolle durch Victor Sjöström.
 Dienstag, 1. März 2005, 21.00 Uhr MEDEA – Dänemark 1988 – R: Lars von Trier – B: Pre-
ben Thomsen, Lars von Trier, nach einem Drehbuchent-
GERTRUD – Dänemark 1964 – R+B: Carl Theodor wurf von Carl Theodor Dreyer – K: Sejr Brockmann –
Dreyer, nach dem Theaterstück von Hjalmar Söderberg M: Joakim Holbek – D: Udo Kier, Kirsten Olesen, Hen-
– K: Henning Bendtsen – M: Jørgen Jersild – D: Nina ning Jensen, Solbjörg Höjfeldt, Preben Lerdorff Rye –
Pens Rode, Bendt Rothe, Ebbe Rode, Baard Owe, Axel 77 min, OmU – Lars von Trier wagte diese TV-Adaption
Strøbye, Vera Gebuhr – 115 min, OmeU – »Auch hier von Dreyers unverfilmtem Drehbuch. Die Geschichte
bleibt Dreyer sich selbst treu in seiner Darstellung der der klassischen griechischen Tragödie über die von
ultimativen und absoluten Forderungen, die eine Frau ihrem Gatten Jason betrogenen Medea, die daraufhin
an die Liebe und an die Männer stellt, die sie letztlich auf blutige Rache sinnt, ist in ein archaisches Däne-
nicht erfüllen. Stilistisch ist dieser Film ebenso kompro- mark versetzt worden. Von Trier verzichtet auf aufwen-
mißlos wie seine Hauptperson. Weit entfernt von der dige barocke Effekte und ordnet sich ganz der Dreyer-
naturalistischen Tradition, aber auch von dem berühm- schen Konzeption unter. Es entstand ein atmosphärisch
ten Dreyer-Stil der Nahaufnahme, bedient er sich hier dichtes und filmisch stimmiges Meisterwerk.
nur weniger Einstellungen und Bewegungen. Stilistisch  Mittwoch, 2. März 2005, 21.00 Uhr
bis aufs äußerste konzentriert, befremdet der Film
zunächst. Das heimische Publikum bleibt aus, und erst Fotos: Carl Theodor Dreyer / BLADE AF SATANS BOG / MI-
auf dem Umwege über Frankreich, wo Dreyer noch CHAEL / LA PASSION DE JEANNE D’ARC / VREDENS DAG /
einen guten Namen besitzt, wird GERTRUD zu dem ORDET / GERTRUD
Zu Gast: Klaus Wyborny
Der Filmemacher, Autor und Avantgarde-Künstler Klaus und Begierde Hand in Hand gehen. Ein Männerfilm.
Wyborny (geb. 1945) »hat sich seit Jahren zwischen Am Staats-Organ Sulla baumelt das Geschlechts-
allen Kadern unbequem gemacht: Jeder Film ein Kanon Organ. Wie nehmen die beiden Organe die Welt wahr?
über die Wesenheit des Kinos, ein Versuch über das Verwirrt, verstört, erfüllt von Wichs- oder sonstwie poli-
Streben nach der beredten Abwesenheit der Erzählung, tischen Phantasien, sagt Klaus Wyborny. Sulla wichst,
die De-/Re-/Konstruktion der Geschichte. Wybornys und Aemilius guckt ihm zu. Wie visualisiert man den
Kino fassen zu wollen bedeutet, sich in Widersprüchen Masturbationszwang des Mannes und gleichzeitig sei-
ergehen zu müssen: Zu jeder These gibt es eine Anti- nen Kraftakt, sich die Welt zu unterwerfen? – Lucius
these, filmisch formgeworden in seiner Vorliebe für ge- Cornelius Sulla war der erste Großarchitekt, der städti-
spaltene, zweigeteilte (Anti-)Dramaturgien. Erst stellt
man eine Behauptung in den Raum, dann zerlegt man
ihn, restrukturiert ihn, wodurch implizit eine weitere Be-
hauptung sichtbar wird. Der Linearität – vom geraden
Schnitt über den Horizont als künstlerischer Maßgabe
bis zum Wesen des Anschlusses – wird eine Einheit
des Disparaten entgegengestellt.« (Olaf Möller)

DIE GEBURT DER NATION – BRD 1973 – R+B+K:


Klaus Wyborny – M: Aleksandr Skrjabin – D: Christoph
Hemmerling, Angelika Düsing, Peter Flak, Hannes
Hatje, Nick Busch – 70 min – »Demontage des Kon-
struierten. Der Versuch, mit den Mitteln der von Griffith

Klaus Wyborny
zu Biograph-Zeiten entwickelten Methoden den narrati-
ven Zusammenhang einer filmischen Erzählung zu er-
zeugen. Ebenso lapidar fundamental wie von sanfter
Ironie beseelt, wird innerhalb von 25 Minuten der Auf-
bau und Zerfall einer Staatsgründung erzählt, den sich
eine in die Wüste verschlagene Gruppe junger Men- sche Plätze und holprige Natur planierte und zubeto-
37
schen auferlegt. Im zweiten Teil wendet sich der Film nierte. Die sullanische Architektur ist so platt wie das
dann vehement der Analyse von Potenz und Konse- heute noch beliebte Primat des Narrativen. Im Film. Es
quenzen seiner angewandten erzählerischen Mittel zu; wird der Text ›Bei den Pinien‹ vorgetragen. Was dahin-
vielleicht sogar um in der eigenen Versuchsanordnung ter verborgen wird, das sichtbar zu machen, ist das
das Analog zum behaupteten Scheitern ganzer Gesell- ureigene Geschäft des Avantgardefilmers. Die Bild-
schaften zu finden: Aus enttäuschten Projektionen strukturen, die sich überlagern, reißen den Zement auf,
wurden projizierte Enttäuschungen! Die Selbstreflexion unter dem die Natur begraben liegt. Und warum iden-
filmischer Mittel eröffnet programmatisch eine Dis- tifiziert sich Beton-Sulla mit Ameisen, Tannenzapfen
kussion über die Angemessenheit des Aufwandes, den und Pferdeäpfeln?« (Dietrich Kuhlbrodt) »Ein unglaubli-
ein repräsentativer Spielfilm meint betreiben zu dürfen. cher Rap über männliche Sexualität und Besessenheit.
Wyborny verwertet im zweiten Teil des Films dessen Intellektualität und Lust, Skepsis und Liebe fließen bei
Reste und extrahiert als Resultat den Differentialquo- Wyborny ineinander.« (Hans Schifferle)
tienten von Handlung: Bewegung bleibt als Ritze in der  Donnerstag, 3. Februar 2005, 19.00 Uhr (Klaus Wy-
Zeit sichtbar, alles andere verwandelt sich in einen borny ist anwesend)
schwarzen Block.« (Heinz Emigholz) – SULLA – D
2002 – R+B+K+M: Klaus Wyborny – D: Hanns Zisch-
ler, Corinna Betz, Gert Schaefer, Christian von Maltzan,
Charles Regnier, Raphael Lenné, Christopher Mondt –
121 min – »SULLA ist das modernistische Portrait
eines römischen Politikers, worin Pornographie, Macht Foto: SULLA
Working Girls
Ein Working Girl meint zunächst eine junge unverheira- nen. Die große Stadt, in der sie sich ohne familiären
tete Frau, die für eine Übergangszeit auf eigenen Bei- Schutz oder männliche Begleitung bewegen, ist zwar
nen steht. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war in den aufregend, aber auch gefährlich: die jungen Frauen, so
großen Städten mit der schnell wachsenden Anzahl von heißt es in dieser Zeit immer wieder, könnten leicht auf
Angestellten eine neue soziale Gruppe entstanden; die schiefe Bahn geraten. Nicht selten gibt es deshalb
darunter auch zahlreiche Verkäuferinnen und weibliche spezielle Pensionen oder Wohnheime für unverheira-
Büroangestellte. Hollywood nahm das New American tete Frauen wie etwa in Dorothy Arzners Film WORKING
Girl gern auf und erzählte schon bald Geschichten über GIRLS oder wie in CLUB DE FEMMES von Jacques
junge Frauen aus unteren Schichten, die ihr Elternhaus Deval, einer französischen Variante. Männer haben hier
verlassen, um in der großen Stadt einen Job zu finden. keinen Zutritt, dennoch sind nicht selten sie das
Und natürlich die große Liebe, die am besten noch als Thema.
gute Partie den sozialen Aufstieg bewerkstelligt. Auch in Deutschland gehören nach dem 1. Weltkrieg
Dabei macht der Übergangsstatus des Working Girl, weibliche Angestellte zunehmend zum Bild der gesell-
das Nicht-mehr-zuhause und das Noch-nicht-verheira- schaftlichen Öffentlichkeit. 1929 sieht Siegfried Kra-
tet, die vielseitige Attraktivität dieser Figur aus. Es kann kauer die »Heraufkunft gewisser Normaltypen von Ver-
sowohl die relative Unabhängigkeit der jungen Frauen käuferinnen, Konfektionären, Stenotypistinnen usw.
hervorgehoben werden, wie auch der Focus von Heirat (…), die in den Magazinen und den Kinos dargestellt
mit folgender Hausfrau- und Mutterschaft. und zugleich gezüchtet werden« (»Die Angestellten«).
Working Girls, das sind vor allem Sekretärinnen, Telefo- Filme wie DAS FRÄULEIN VOM AMT (1925), DAS
nistinnen oder Verkäuferinnen. Berufe ohne besondere FRÄULEIN VON DER KASSE (1927), DIE PRIVATSE-
Ausbildung und ohne jegliche Aufstiegschancen. Häu- KRETÄRIN (1931) und MÄDCHEN ZUM HEIRATEN
fig wohnen solche Working Girls mit anderen Working (1932) standen deutlich mehr im Zeichen der Komödie
Girls zusammen. Nicht nur, weil sie wenig Geld verdie- als die zeitgleichen US-amerikanischen Produktionen
Working Girls

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wie IT (1929), OUR BLUSHING BRIDES (1930) oder
WIFE VS. SECRETARY (1936). Und mit dem Tonfilm kam
in den deutschen »Wunschbildern« dann noch die
Musik ins Spiel.
Das Filmprogramm ist eine Ergänzung zu der Konfe-
renz »Working Girls. Zur Ökonomie von Liebe und Ar-
beit in der Moderne«, die vom 25.–28. Februar 2005
an der Ludwig-Maximilians-Universität München statt-
findet. Verena Mund

WORKING GIRLS – USA 1931 – R: Dorothy Arzner – B:


Zoë Atkins, nach dem Stück »Blind Mice« von Vera
Caspary und Winifred Lenihan – K: Harry Fishbeck – D:
Judith Wood, Dorothy Hall, Charles Rogers, Paul Lukas,
Frances Dee, Mary Forbes – 77 min, OF – In Dorothy
Arzners Film WORKING GIRLS leben die beiden Schwe-
stern June und May in dem Frauenwohnheim Rolfe
House, das unter dem strikten Regiment der Leiterin
Mrs. Johnston steht. Der Arbeitsalltag der beiden
Schwestern wird von der Entwicklung ihrer Beziehun-
gen zu Männern bestimmt. Relevant ist hier das Vermö-
gen, zwischen einem bösen Strolch und einem guten
Bräutigam unterscheiden zu können. Frieda Grafe über
die Regisseurin Dorothy Arzner: »Als in Hollywood mit DIE PRIVATSEKRETÄRIN – Deutschland 1931 – R:
den Dreißigern der Kommerz die Experimente ver- Wilhelm Thiele – B: Franz Schulz – K: Otto Heller, Rei-
drängte, blieb von einer Reihe von Regisseurinnen nur mar Kuntze, Adolf Schlasy – M: Paul Abraham – D:
sie. Sie drehte Frauenthemen mit Darstellerinnen, die Renate Müller, Felix Bressart, Herman Thimig, Ludwig
für ihre feministische Haltung bekannt waren«. WOR- Stössel, Getrude Woll – 85 min – »Es ist schwer zu

Working Girls
KING GIRLS, einer ihrer wichtigsten und innovativsten sagen, warum das Filmlustspiel DIE PRIVATSE-
Filme, wurde vom Paramount-Studio zurückgehalten KRETÄRIN ein so großer Erfolg wurde. Die einen sagen,
und nie in die Kinos gebracht – er überlebte als Archiv- es liege an den Schlagern (…); die anderen waren in
film, der nur sehr selten zu sehen ist. die kleine Stenotypistin Renate Müller verliebt, die
 Freitag, 25. Februar 2005, 21.00 Uhr (Einführung: herzerfrischend und glückselig durch ihre Sonntage
Verena Mund) trällert (…); die Filmliteraten dagegen buchen den
39
Erfolg auf den Stoff, der endlich einmal einen ganz ein-
CLUB DE FEMMES (KLUB DER FRAUEN) – Frankreich fachen Ausschnitt aus dem Alltagsleben bringt: eine
1936 – R+B: Jacques Deval – K: Jules Kruger – M: kleine Stenotypistin lernt durch eine Überstunde im
Marius-François Gaillard – D: Danielle Darrieux, Valen- Büro ihren Chef kennen, den sie aber für einen simplen
tine Tessier, Carol Royce, Else Argal, Josette Day, Junie Angestellten hält. (…) Es gibt Wunschbilder. Eines
Astor – 96 min, OmeU – In dem Pariser Wohnheim für davon ist DIE PRIVATSEKRETÄRIN.« (Oskar Kalbus,
ledige Frauen geht es trotz der sittlichen Ansprüche 1935).
hoch her: Prostitution, lesbische Liebe, Verbrechen aus  Sonntag, 27. Februar 2005, 21.00 Uhr (Einführung:
Leidenschaft, Männer in Frauenkleidern, Intrigen. Und Verena Mund)
sogar ein Kind wird geboren; zum Glück ein Mädchen.
Außerdem gibt es auch noch den hauseigenen Swim-
mingpool, in dem sich die Zeit gut vertreiben läßt. Jac-
ques Devals mehr zur Komödie als zum Melodrama
neigender Film hat genau wie das Wohnheim alles zu
bieten: Spannung, Schaulust und Amusement.
 Samstag, 26. Februar 2005, 21.00 Uhr (Einführung:
Verena Mund) Foto: WORKING GIRLS
Zuschauerkino

?
Sneak Previews werden Kinovorführungen genannt, bei DigiBeta, BetaSP, U-matic, VHS und DVD. Zugelassen
denen das Publikum vor Filmanfang nicht weiß, wel- werden nur Filme mit einer maximalen Länge von
cher Film gezeigt werden wird. Doch solche Sneak 20 Minuten und maximal zwei Filme desselben Filme-
Previews garantieren keine Experimente: Damit das machers.
versammelte Publikum nicht womöglich enttäuscht ist, Das Filmmuseum behält sich vor, Filme nicht zuzulas-
Zuschauerkino

laufen in aller Regel Mainstream-Filme aus dem aktu- sen, wenn sie als nicht geeignet für die Veranstaltung
ellen Angebot, die kurz vor dem deutschen Kinostart eingestuft werden. Sollten mehr Filme angemeldet
stehen. werden als Vorführzeit zur Verfügung steht (maximal
Das Zuschauerkino im Filmmuseum geht andere vier Stunden), wird das Filmmuseum eine Auswahl tref-
Wege: Auch wenn ebenfalls vorher nicht feststeht, was fen, wobei die Reihenfolge der Anmeldungen berück-
am Abend gezeigt wird, so muß man sich hier auf alles sichtigt wird.
40 gefaßt machen. Jeder Zuschauer kann seine Filme ein- Alle Filmemacher, von denen Filme im Programm
reichen, und es gibt keine inhaltlichen Beschränkun- gezeigt werden, können bis zu fünf Freikarten für den
gen. Das einzige, was gewiß ist: Die Filme sind ab- Zuschauerkino-Filmabend erhalten. Darüberhinaus be-
wechslungsreich und dauern nicht ewig. Um den stehen keine weiteren Verpflichtungen des Filmmu-
Abend zumindest etwas zu strukturieren, gibt es fol- seums. Es wird vorausgesetzt, dass die Filmemacher
gende Spielregeln: über die Rechte an den von ihnen eingereichten Filmen
Filme können ab dem 24. Januar im Filmmuseum an- verfügen und diese am Abend vor der Projektion kurz
gemeldet werden, per Telefon (089-23322348), E-Mail vorstellen. Sollten nicht genügend Filme zusammen-
(filmmuseum@muenchen.de), Fax (089-23323931) kommen, wird das Filmmuseum das Programm mit hi-
oder Brief (Filmmuseum München, St.-Jakobs-Platz 1, storischen Kurzfilmen aus seinem Archiv ergänzen.
80331 München). Zur Vorbereitung der Vorführung
müssen die Filmkopien bis spätestens zwei Tage vor ZUSCHAUERKINO
dem Zuschauerkino-Termin im Filmmuseum abgege-  Donnerstag, 3. März 2005, 19.00 Uhr (die Filmema-
ben werden. Möglich sind die Formate 35mm, 16mm, cher sind anwesend)
Die Tschechows
Die Künstlerfamilie Tschechow/Tschechowa umfaßt
eine Familiengeschichte, die sich in über 120 Jahren
vom Osten in Jalta bis in den Westen nach Hollywood
und über mehr als vier Generationen spannt. Die viel-
fältigen Wege in die Moderne des 20. Jahrhunderts
sind auch in unzähligen Briefen der weit verzweigten
Künstlerfamilie dokumentiert.
Die Filmreihe zur Ausstellung im Deutschen Theater-
museum in München (17.2–29.5.2005) stellt sechs
Familienmitglieder vor: den oft verfilmten Dichter Anton
Tschechow sowie die Schauspieler Michail Tschechow,
Olga Tschechowa, Ada Tschechowa, Vera Tschechowa
und deren zeitweisen Partner, den Regisseur und
Schauspieler Vadim Glowna.
Anton Pawlowitsch Tschechow (1860–1904), der zahl-
reiche Erzählungen und einige wenige Dramen schrieb,
die längst zum festen Kanon des Welttheaters gehören,
wurde 1898 von Konstantin Sergejewitsch Stanislawski
und Wladimir Nemirowitsch-Dantschenko, den Grün-
dern des Moskauer Künstlertheaters, als Autor eines
neuen Theaters entdeckt. Noch heute erinnert ein Em-
blem der Möwe auf dem Vorhang des Moskauer Künst- spielerin wurde. 1920 verließ Olga Tschechowa
lertheaters an den legendären Erfolg der Aufführung Moskau für immer und begann in Berlin mit dem Film
des Dramas »Die Möwe«. »Die Möwe« ist oft verfilmt SCHLOSS VOGELÖD (1921) eine internationale Kar-
worden – die Filmreihe zeigt die Verfilmung LA PETITE riere. Ende der zwanziger Jahre gründete sie eine
LILI von Claude Miller. eigene Filmproduktionsfirma; für den Film DER NARR
Olga Leonardowna Knipper-Tschechowa (1868– SEINER LIEBE (1929), bei dem sie erstmalig auch Regie
1959), die Anton Tschechow 1901 heiratete, war ein führte, verpflichtete Olga Tschechowa ihren Ex-Ehe-
führendes Mitglied des Moskauer Künstlertheaters und mann Michail Tschechow für die Hauptrolle. Den Höhe-
Interpretin aller großen Frauenfiguren in den Dramen punkt ihrer Filmkarriere als Schauspielerin bilden die
Tschechows. Wie ihre Tante Olga Knipper-Tschechowa, Filme des Regisseurs Willi Forst, darunter MASKERADE

Die Tschechows
so erhielt auch Olga Tschechowa (1897–1980) ihren (1934) und BEL AMI (1939).
Familiennamen, indem sie in die Familie der Tsche- Die Schauspielerin Vera Tschechowa ist die Tochter von
chows einheiratete. Ihr Ehemann war ein Neffe Anton Ada Tschechowa, als Dokumentarfilmregisseurin hat
Tschechows, der Schauspieler Michail Alexandrowitsch sie sich in den letzten Jahren mit Porträts über Armin
Tschechow (1891–1955), der 1928 in die Emigration Mueller-Stahl, Michael Ballhaus und Anthony Quinn
ging, auf der Grundlage der Schauspielmethodik Kon- einen Namen gemacht. 1962 spielte sie in DAS BROT
stantin Stanislawskis eine eigene Schauspiellehre ent- DER FRÜHEN JAHRE von Herbert Vesely und folgte 41
wickelte, von der zuletzt auch die Filmstars in Holly- damit der Linie des Protests gegen Opas Kino, die sich
wood, wie Anthony Quinn, Gregory Peck und Marilyn im gleichen Jahr in Oberhausen manifestiert hatte. Die
Monroe profitierten. Michail Tschechow wirkte auch in Produktion repräsentierte in Cannes den deutschen
amerikanischen Filmen mit, blieb aber weitgehend auf Film und errang in der Bundesrepublik den Bundesfilm-
die Verkörperung ethnischer Charaktere beschränkt. preis. Vera Tschechowa profilierte sich nicht nur im
Eine Ausnahme bildete der Film SPELLBOUND (1945) Jungen Deutschen Film mit Produktionen wie LIEBE
von Alfred Hitchcock, der ihm eine Oscar-Nominierung UND SO WEITER (1968) von George Moorse und DIES
für die beste Nebenrolle einbrachte. RIGOROSE LEBEN (1982 ) von Vadim Glowna, sondern
Aus der Ehe ging das einzige Kind Olga Tschechowas, auch in zahlreichen Fernsehfilmen.
die Tochter Ada (1916–1966) hervor, die auch Schau- Renata Helker / Petra Kraus
DER NARR SEINER LIEBE – Deutschland 1929 – R:
Olga Tschechowa – B: Karl Heinz Jarosy, nach der
Komödie »Poliche« von Henry Bataille – K: Franz Planer
– D: Michail Tschechow, Dolly Davis, Alice Roberts,
Oreste Biancia, Otto Wallburg, Ekkehard Arendt –
84 min – Poliches Narrheit ist seine unerwiderte Liebe
zu Rosette, die ihn all seine Sicherheiten und Güter
aufgeben lässt, um die weltläufige Pariserin als Frau zu
gewinnen. DER NARR SEINER LIEBE gilt als eine der
ersten erhaltenen Regiearbeiten einer Frau in Deutsch-
land, der die zeitgenössische Kritik zwar bescheinigt,
daß sie es »mit dem Unkonventionellen, Überraschen-
den« versuche (Berliner Tageblatt) und »überraschend
treffsicher im einzelnen« sei, insgesamt aber »nicht
das richtige Format für diesen Film« habe (Die Welt
am Abend). Als herausragend wurde die Leistung
Michail Tschechows gewürdigt, der die Hauptrolle aus
Dankbarkeit gegenüber Olga Tschechowa über-
nommen hatte, die sein Exil in Berlin organisiert hatte:
»Der Zwang zum Lustigsein à tout prix; wie er nicht
glauben will, daß sich das Blatt wendet; wie er unsicher
und irre tastet – das ist meisterhaft.« (Neue Berliner
Zeitung) Rosza – D: Ingrid Bergman, Gregory Peck, Michail
 Freitag, 4. März 2005, 18.30 Uhr Tschechow, Jean Acker, Rhonda Fleming, Norman
Lloyd – 111 min, OF – In dem Thriller um einen jungen
FROM RUSSIA TO HOLLYWOOD – USA 1999 – Psychologen, der unter Amnesie leidet und des Mordes
R+B+M: Frederick Keeve – K: Peter Bonilla, Ron Wil- verdächtigt wird, führt die Deutung der von Salvador
son – mit Gregory Peck, Leslie Caron, Jack Palance, Dali entworfenen Traumsequenzen zur Lösung des
Anthony Quinn – 95 min, OF – Schon während seiner Traumas. Michail Tschechow spielt einen Psychoanaly-
Tätigkeit am Moskauer Künstlertheater hatte Tsche- tiker, der als Mentor seine ehemalige Schülerin berät,
chow die Methode seines Theaterlehrers Stanislawski die sich in den geheimnisvollen, traumatisierten Kolle-
weiter entwickelt. Nach seiner Emigration über Europa gen verliebt hat. Die gezeigte Filmkopie enthält auch
in die USA brachte er seine neuen Theorien über den kurzen Farbblitz am Ende des Schwarzweißfilms.
Schauspieltechnik nach Hollywood, wo zahlreiche Stars  Sonntag, 6. März 2005, 18.30 Uhr
Die Tschechows

der 40er und 50er Jahre von ihm und seinem Freund
und Partner George Shdanoff unterrichtet wurden. Mit LIEBELEI – Deutschland 1933 – R+B: Max Ophüls,
Interviews und Filmbeispielen vermittelt der Dokumen- nach dem Stück von Arthur Schnitzler – K: Franz Planer
tarfilm einen Einblick, wie prägend die Schule von – M: Theo Mackeben – D: Magda Schneider, Luise Ull-
Tschechow/Shdanoff für den amerikanischen Film bis rich, Paul Hörbiger, Gustaf Gründgens, Olga Tsche-
heute ist. Präzise Methodenbeschreibungen von Leslie chowa, Carl Esmond, Wolfgang Liebeneiner, Paul Otto
42 Caron u.a. geben dem Lehrer Tschechow und seinem – 88 min – Ein adliger Leutnant duelliert sich mit einem
Mitarbeiter George Shdanoff Gestalt und sind aussage- Diplomaten, dessen Frau seine Geliebte war. Damit
kräftiges Zeugnis über die faszinierende Wirkungs- stirbt auch die Liebe der ehrbaren Tochter eines Musi-
weise einer Theatererneuerungsbewegung, die im 19. kers, die sich betrogen fühlt und Selbstmord begeht.
Jahrhundert wurzelt. Ein frühes filmisches Meisterwerk des damals 30jähri-
 Samstag, 5. März 2005, 18.30 Uhr gen Max Ophüls, das den gesellschaftlichen Verfall der
k.u.k.-Donaumonarchie kritisiert und die verlogene
SPELLBOUND (ICH KÄMPFE UM DICH) – USA 1945 – »Ehrenhaftigkeit« der vornehmen Gesellschaft um die
R: Alfred Hitchcock – B: Ben Hecht, Angus McPhail, Jahrhundertwende anprangert. Einer der schönsten
nach dem Roman »The House of Dr. Edwardes« von Filme des frühen deutschen Tonfilms, ideal besetzt,
Francis Beeding – K: Georges Barnes – M: Miklos poetisch in der Milieuzeichnung und elegant in Kame-
raführung und Inszenierung. »Ophüls fängt Zeit ein im Wirth – M: Joachim E. Behrendt, Attila Zoller – D: Vera
Bild, er dehnt den Augenblick bis zur Unerträglichkeit; Tschechowa, Christian Doermer, Karen Blanguernon,
das ist in der Essenz Schnitzlers fast schon vergan- Eike Siegel, Gerry Bretscher, Tilo von Berlepsch –
gene, dekadente Gegenwart.« (Frieda Grafe) 84 min – Ein junger Elektromechaniker, mit der Tochter
 Freitag, 11. März 2005, 18.30 Uhr seines Chefs verlobt und auf dem Weg zu einer gesi-
cherten Existenz, bricht aus seinem gewohnten Leben
DER FAVORIT DER KAISERIN – Deutschland 1936 – aus, als er seiner Jugendfreundin wiederbegegnet. Der
R+B: Werner Hochbaum – K: Oskar Schnirch – M: erste abendfüllende Spielfilm des Jungen Deutschen
Anton Profes – D: Olga Tschechowa, Anton Pointer, Films, der drei Monate vor der Premiere in Oberhausen
Heinz von Cleve, Walter Steinbeck, Carl Esmond, Adele proklamiert wurde, beschritt neue Wege und löste die
Sandrock, Ada Tschechowa, Trude Marlen, Erik Ode – herkömmliche Dramaturgie auf: »Das Vergangene und
86 min – Zarin Elisabeth hat sich mit ihrem Minister das Gegenwärtige durchdringen sich. Der Blick ist
und Liebhaber überworfen. Durch eine Verkettung gleichzeitig und überall. Keine Handlung mit Rückblen-
komischer Umstände gerät ein junger Gardeleutnant in den, sondern gleichzeitige Abläufe: Reflexionen, Mög-
den Ruf, der neue Favorit der Kaiserin zu sein. Das ist lichkeiten, Wirklichkeiten.« (Herbert Vesely)
zwar seiner Karriere förderlich, aber verursacht ihm er-  Freitag, 18. März 2005, 18.30 Uhr
hebliche Probleme mit seiner Liebsten, der Generals-
tochter Irina. »Die schauspielerischen Leistungen – DIES RIGOROSE LEBEN – BRD 1983 – R: Vadim
Olga Tschechowa köstlich und witzig als Zarin, die ma- Glowna – B: Christopher Doherty, Vadim Glowna – K:
jestätische Adele Sandrock als die alte und Trude Mar- Martin Schäfer – M: Peer Raben – D: Angela Molina,
len als die junge Hofdame – sind harmonisch in eine Jerzy Radziwilowicz, Vera Tschechowa, Viveca Lindfors,
Komposition eingewoben, deren Gewebe reich struktu- Elfriede Kuzmany, José Sierra, Frederico Rodrigues,
riert ist und visuell eindeutig Josef von Sternberg evo- Dolores Davies, Vadim Glowna – 100 min – Deutsch-
ziert.« (David Robinson) jüdische Emigranten der zweiten Generation geraten in
 Samstag, 12. März 2005, 18.30 Uhr einem abgeschiedenen Wüstenexil in Texas in einen
Strudel der Leidenschaften: Liebe, Lebensangst und
BEL AMI – Deutschland 1939 – R: Willi Forst – B: Willi Gewalttätigkeit. Ein stilisiertes Melodram, das Versatz-
Forst, Axel Eggebrecht, nach der Novelle von Guy de stücke des amerikanischen Genrekinos verwendet, ein
Maupassant – K: Theodore J. Pahle – M: Theo Macke- Traum in Bildern und Farben, der von klagenden Saxo-
ben – D: Olga Tschechowa, Ilse Werner, Willi Forst, Jo- phon-Soli der Blues-Musik durchzogen ist. Vera Tsche-
hannes Riemann, Hilde Hildebrand, Willi Dohm, Lizzi chowa spielt die verwirrte Schwester der Hauptfigur,
Waldmüller – 96 min – Die Gesellschaftskomödie die wegen eines Eifersuchtsdramas im Gefängnis saß
zeigt, wie die Liebe für die Politik genutzt wird: Seinen und nun in eine neue Katastrophe hineingerät.
ausgewählten Frauenbekanntschaften verdankt der  Samstag, 19. März 2005, 18.30 Uhr

Die Tschechows
ehemalige Kolonialoffizier Duroy, daß er es vom Kolum-
nisten einer Zeitung zum Minister bringt. Im Zentrum TSCHECHOW IN MEINEM LEBEN – BRD 1984 – R+B:
steht Olga Tschechowa, Forsts erste Wahl in der Beset- Vadim Glowna – K: Martin Schäfer – M: Nicolas Ecou-
zung der Madeleine, die Gattin des Zeitungsverlegers, nomou – mit Vera Tschechowa, Wjatscheslaw Kuprija-
Geliebte des Kolonialministers sowie Gespielin Duroys now, Maja Turowskaja, Jewgenija Tschechowa, Oleg
ist, dem sie voll kluger Taktik direkt in die Feder diktiert. Fialko, Oleg Tabakow – 89 min – »Ein weiteres
Mit würdevoller Haltung sieht sie Duroy ihrer Steuerung gemeinsames Projekt von Vera Tschechowa und Vadim 43
entgleiten und weiter treiben. Tschechowas Eleganz Glowna führte unmittelbar in die Geschichte des Tsche-
verkörpert perfekt den Stolz der klugen Damen des Fin chow-Clans. Der Film dokumentiert eine Reise zu Ver-
de Siècle, die zwar Schicksale lenken mochten, doch wandten nach Moskau, zu Tschechow-Kennern und
selbst im Hintergrund blieben. Theater-Leuten – eine Spurensuche in Gesprächen,
 Sonntag, 13. März 2005, 18.30 (Einführung: Renata unter anderem mit Olgas Cousin Wladimir W. Knipper
Helker) und Jewgenija Tschechowa, der Tochter von Tsche-
chows Bruder Michail sowie der renommierten Thea-
DAS BROT DER FRÜHEN JAHRE – Deutschland 1962 ter- und Filmwissenschaftlerin Maja Turowskaja. Die
– R: Herbert Vesely – B: Herbert Vesely, Hans Robert Moskauer führten Vera an Orte, die an die Künstlerfa-
Budewell, nach dem Roman von Heinrich Böll – K: Wolf milie erinnern. Glowna inszenierte seine Frau in einem
halbdokumentarischen Stil, zeigte, wie sie sich in die weils Eigengewicht, und zugleich wird ihre Stellung im
Welt Tschechows und in eine Verbindung von Kunst Gesamtkonzept deutlich. Einige stilisierende, zum Teil
und Leben einfühlte.« (Renata Helker/Claudia Lenssen) ins Metaphorische überführte Einstellungen setzen Ak-
 Sonntag, 20. März 2005, 18.30 Uhr (Einführung: Maja zente, ohne den Zuschauer mit dem Pathos des Be-
Turowskaja) deutungsvollen zu bedrängen.« (Irmela Schneider)
 Freitag, 1. April 2005, 18.30 Uhr
LA PETITE LILI (DIE KLEINE LILI) – Frankreich 2003 –
R: Claude Miller – B: Julien Boivent, Claude Miller, nach DAMA S SOBATSCHKOJ (DIE DAME MIT DEM
dem Stück »Die Möwe« von Anton Tschechow – K: Gé- HÜNDCHEN) – UdSSR 1960 – R: Jossif Cheifiz, nach
rard de Battista – M: Arvo Pärt – D: Nicole Garcia, Ber- der Novelle von Anton Tschechow – K: Andrej Moskwin,
nard Giraudeau, Jean-Pierre Marielle, Ludivine Sagnier, Dmitri Meschijew – M: Nadeshda Simonjan – D: Ija
Robinson Stévenin, Julie Depardieu, Anne Le Ny, Michel Sawwina, Alexej Batalow, Nina Alissowa, Dimitri Se-
Piccoli – 104 min, OmeU – Eine freie, in die Gegenwart brow, Pjotr Krymow – 86 min, OmU – Eine der schön-
verlegte Adaption von Anton Tschechows »Die Möwe«, sten Tschechow-Verfilmungen, eine Liebes- und Ehe-
die mit großem Staraufgebot inszeniert zu einer Liebes- bruchgeschichte im späten zaristischen Rußland. »Die
Wechselwirkung von Atmosphäre und Geschichte
macht Cheifiz zum künstlerischen Prinzip: Jedes
Straßenbild bildet Bewußtsein der Personen mit ab,
und selbst spontane, persönliche Ergriffenheit ist von
der großen, trivialisierenden Lethargie gezeichnet.
Manche Pose der Darsteller, der Grauton der Bilder, die
Weichheit des Lichts, die ganze Szenerie bringt immer
wieder Photographien aus dem 19. Jahrhundert ins
Gedächtnis: Das Erlebnis einer historisch gewordenen
Form intensiviert noch einmal das Erlebnis eines histo-
erklärung an das Kino wird und nicht von ungefähr an risch gewordenen Konflikts.« (Helmut Färber)
LA NUIT AMERICAINE von Claude Millers Lehrmeister  Samstag, 2. April 2005, 18.30 Uhr
François Truffaut erinnert. Im Mittelpunkt des komple-
xen Spiels um Liebe und Macht, Alter und Jugend, Re- OCI CIORNIE (SCHWARZE AUGEN) – Italien 1987 – R:
bellion und künstlerische Selbstverwirklichung steht die Nikita Michalkow – B: Nikita Michalkow, Alexander
junge Lili (Nina), die Geliebte und Muse eines jungen Abadachian, nach Erzählungen von Anton Tschechow –
Filmregisseurs namens Julien (Konstantin). K: Franco di Giacomo – M: Francis Lai – D: Marcello
 Freitag, 25. März 2005, 18.30 Uhr  Samstag, Mastroianni, Silvana Mangano, Marthe Keller, Elena
26. März 2005, 18.30 Uhr  Sonntag, 27. März 2005, Sofonowa, Pina Cei, Wsewolod Larionow – 118 min,
Die Tschechows

18.30 Uhr OmU – Die Lebensbeichte eines italienischen Lebe-


manns zur Zeit der Jahrhundertwende, der seine große
ANTON P. ČECHOV – EIN LEBEN – BRD 1981 – R: Liebe und sein Lebensglück durch Feigheit und Unauf-
Sohrab Shahid Saless – B: Sohrab Shadid Saless, Peter richtigkeit aufs Spiel setzte und der verpaßten Chance
Urban – K: Ramin Reza Molai – 95 min – Ein un- nachtrauert. Im Mittelpunkt steht die Suche nach dem
gewöhnliches Porträt von Anton Tschechow, den Filme- Sinn des Lebens. »Der Tschechow, den wir hier ken-
44 macher Sohrab Shahid Saless als sein großes Vorbild nenlernen, ist nicht ein leidenschaftlicher, gequälter
und seinen Lehrmeister ansah. Tschechow selber er- Autor, sondern ein unterhaltsamer, voller Ironie und
zählt dem Zuschauer sein Leben, und seine Ausführun- manchmal Aggressivität, die hauptsächlich gegen den
gen werden kommentiert von Menschen, die ihn be- von Mastroianni dargestellten Mann gerichtet ist.«
gleiteten: vor allem seine Schwester und seine Frau, (Nikita Michalkow)
die Schauspielerin Olga Knipper. »Die Dokumentation  Sonntag, 3. April 2005, 18.30 Uhr
über Tschechow wird zugleich zu einer Dokumentation
über das kulturelle Leben seiner Zeit. Die sorgfältig
ausgewählten Bilder, Zitate, Textauszüge und Szenen- Fotos: Ada, Vera und Olga Tschechowa mit Dieter Borsche und
ausschnitte sind in einem ruhigen, leisen Duktus mon- Artur Brauner (Privatarchiv Knipper/Tschechowa, Berlin – Re-
tiert, sie hetzen einander nicht, sondern gewinnen je- nata Helker) / LIEBELEI / LA PETITE LILI
Retrospektive Luchino Visconti

Maestoso möchte man diese Filme nennen … Maje- Inzwischen ist das Zerstörungswerk wieder rückgängig
stätisch und gelassen kommen sie daher, souverän und gemacht, die Filme sind in ihren definitiven Fassungen
selbstgewiß. Der Rückgriff aufs musikalische Vokabular restauriert. Soweit es das überhaupt geben kann – eine
ist irgendwie natürlich bei einem Werk, in dem die Fassung, die den Perfektionisten, den Wirklichkeitsfeti-
Musik, vom einfachen Volkslied bis zur großen Sym- schisten Visconti befriedigen hätte können.
phonie, eine Hauptrolle spielt. Nach den drei Stunden Es ist der intensive Bedarf an Wirklichkeit, ein un-
GATTOPARDO wird man den schrägen, scheppernden erschöpfliches Interesse für die menschlichen Leiden-
Walzer, den Nino Rota für den Ball des Fürsten Salina schaften, das diese Filme so grandios und so suspekt
schrieb, noch viele Tage summend mit sich herumtra- machte – der erste Film, OSSESSIONE, gibt gleichsam
gen. Und manchmal packt einen, angesichts der Filme, das Thema fürs gesamte Werk vor. Das Leiden oder
die nackte Verzweiflung, daß man nichts mehr sehen das Nichts, für Viscontis Menschen gibt es diese Wahl
wird vom Theaterwerk von Visconti, seinen Inszenierun- nicht, es läuft eins aufs andere hinaus. In SENSO wird Luchino Visconti
gen antiker und moderner Stücke, seinen großen der Freiheitskampf der Venezianer gegen die öster-
Opernabenden. Die Callas, in der mise en scène von reichischen Besatzer zelebriert – aber parallel dazu die
Visconti, das muß auch auf der Bühne der Scala großes Spirale der Erniedrigung, die die Gräfin Livia in immer
Kino gewesen sein. stärkere Abhängigkeit bringt von der Kanaille Franz,
Der Eindruck von Zerstörung ist nachhaltig mit dem einem zynischen, egoistischen österreichischen Offi-
Werk von Visconti verbunden. Seine Filme wurden be- zier. Und der Mistkerl zitiert Heine … Visconti macht
hindert, sabotiert, zensiert, verstümmelt von Anfang an hier Anti-Ophüls-Kino schlechthin, die Demütigungen 45
– manchmal bereits bei den Dreharbeiten. Von ROCCO von Alida Valli in SENSO sind ein Meilenstein des Kino-
verlangten die Bürokraten, einige Szenen dürften nur Masochismus.
mit einer verschleiernden Folie vor dem Projektor ge- Noch etwas, das einem nachklingt aus dem GATTO-
zeigt werden. Für den deutschen Verleih wurde LUD- PARDO: »Se vogliamo che tutto rimanga come è, biso-
WIG II. um mehr als eine halbe Stunde gekürzt – der gna che tutto cambi. Mi sono spiegato?« … »Wenn wir
Kollege/Konkurrent Syberberg schrieb damals einen wollen, daß alles so bleibt wie es ist, muß alles sich
bewegenden Nachruf auf den malträtierten Film-König. verändern. Habe ich mich verständlich ausgedrückt?«
Tancredis Satz ist eins der unvergänglichen Kinozitate gediegen und diskret, daß man die Gäste nicht wirklich
geworden, Viscontis Gegenstück zum »When the zu Gesicht bekommt, das von Renoir ein Theater, wo
legend becomes fact, print the legend!« des LIBERTY man nie weiß, ob man schon auf der Bühne steht oder
VALANCE. Zeugnisse für eine Evidenz, wie nur das Kino noch im Zuschauerraum … Das Werk von Visconti ist
sie hinkriegt. Auch wenn man die Filme von Visconti ein Palazzo, in seinem Bauplan dem des sizilianischen
spontan in den Kontext der großen amerikanischen »Gattopardo« vergleichbar. Endlose Fluchten, weite
Melodramen rücken möchte – sie haben auch viel ge- Zimmer und Salons. Man kann, wenn man hier flaniert,
meinsam mit den klassischen Western. In BELLISSIMA nicht von jedem einzelnen Raum, von jedem Film oder
sieht man Anna Magnani erschöpft eines Abends aus jeder Sequenz mit Sicherheit sagen, ob der Schöpfer
dem Fenster ihrer kleinen Hinterhofwohnung schauen, sie bis ins Letzte hinein gestaltet hat. Es sind Räume,
sie versucht ein paar Momente einer Freiluft-Kinovor- wo das Leben nie für lange Aufenthalt nimmt, immer
führung zu erhaschen. Man zeigt RED RIVER von scheint es, wenn wir den Raum betreten, schon weiter
Hawks. Träumen italienische Neorealisten heimlich vom gezogen. »Die interessanteste Zeit meines Lebens war
großen Treck? die des Widerstands. Wir waren allein mit unseren Ge-
Tancredis Satz von der Dialektik der Veränderung faßt danken, mit unseren Träumen. Allein mit einem Bild,
irgendwie auch die Existenz des Filmemachers Visconti einem Bild nach dem anderen von unseren Freunden,
zusammen, die große Zerrissenheit seines Lebens – die wer weiß wo waren. Einige waren Arbeiter, andere
ein Aristokrat, Graf Luchino Visconti di Modrone, der Intellektuelle. Ihre Mütter warteten jeden Abend auf ihre
sich als Kommunist verstand. Er liebte seine Villen und Heimkehr.«
Gärten, die Gemälde und den Schmuck, die Bäume und Die Einsamkeit, hat Visconti immer wieder gesagt, ist
Beete – in den Dreißigern hatte er sich gar einen das wichtigste im Leben eines Mannes, sie war seine
Namen gemacht, als er Rennpferde züchtete und trai- größte Produktivkraft. Seine Romanzen – mit Franco
nierte. Im Kino hat er mit seiner Authentizitätswut seine Zefirelli oder Helmut Berger – und seine Freundschaf-
Ausstatter und Dekorateure zur Verzweiflung getrieben. ten – als dritter im Bunde beim Liebespaar Romy
Helmut Griem, über die Dreharbeiten zu THE DAMNED: Schneider und Alain Delon – hat er voll in seine Filme
»Folgendes war passiert: Luchino hatte den Wein pro- und Inszenierungen eingebracht. Das hat ihn hellsichtig
biert und im hohen Bogen ausgespuckt. Er schrie die gemacht für jenen Bereich, wo Professionalismus und
Leute an: ›Glaubt ihr Idioten, ihr Arschlöcher, daß Leute Prostitution sich überlagern. Sein Werk wird aus den
von der Villa Hügel, von Krupp, euren beschissenen heftigen Bewegungen der Moderne gespeist, wie sie
Frascati trinken? Seid ihr wahnsinnig geworden? Mosel auftraten in den Zwanzigern des vorigen Jahrhunderts,
muß da rein! Echter Mosel!‹ Und die Idioten rannten es wird getrieben von der Unnachsichtigkeit der Liebe
los. Dann riß er plötzlich verschiedene Schränke auf, und der Angst vor einer Zukunft, die sich immer weni-
stellte fest, daß sie leer waren, und kriegte seinen zwei- ger fassen läßt in ihren Umrissen. Proust ist sein Mann,
ten Anfall …« (Nachzulesen in dem Band »Götterdäm- der modernste Schreiber. Sein Leben lang wollte
merung. Luchino Viscontis deutsche Trilogie«, Film- Visconti die »Recherche du temps perdu« adaptieren,
museum Berlin.) eifersüchtig wachte er darüber, daß kein anderer sich
THE DAMNED ist eins der großen Rätsel der Film- diesem Romanwerk näherte.
Luchino Visconti

geschichte. Eine cineastische Enigma-Maschine, die Renoir hatte Visconti das Fenster zum Kino aufge-
Geschichte des Nationalsozialismus, verschlüsselt in stoßen, als der junge Luchino in Paris war und dann
das große Trauma des Kinos, die Angst vor dem Er- beim Dreh von UNE PARTIE DE CAMPAGNE assistieren
wachsenwerden. Viscontis Filme sind Traumgespinste durfte. Beim Abschied hat der Meister ihm den Roman
eines Muttersöhnchens, er hat seine Mutter unglaub- mit auf den Weg gegeben, »The Postman Always Rings
lich geliebt, ihr Tod hat eine riesige Lücke in sein Leben Twice«, der sein erster Film werden sollte, OSSES-
46 gerissen. Der Aschenbach, im TOD IN VENEDIG, und SIONE. Ein Kind von Coco Chanel und Renoir ist Vis-
der Ludwig, die beiden Helden in den zwei anderen Fil- conti geblieben, irgendwann in den Fünfzigern hat er
men der sogenannten »deutschen Trilogie«, sind un- dann eine Art Exil gesucht – einen Ort im Leben, an
förmige Riesenbabys, die sich zurücksehnen in den dem er unter den Leuten sein konnte, aber doch auf Di-
mütterlichen Schoß. stanz zu ihnen. »Das Dach des Mailänder Doms … ich
Die Werke der großen Filmemacher muß man vielleicht kenne es sehr gut, ich bin ja aus Mailand. Als ich sehr
architektonisch angehen. Das von Griffith ist ein robu- jung war, ging ich manchmal morgens nicht in die
stes Blockhaus, das von Hitchcock ein Luxushotel, so Schule … und wo war ich da? Auf dem Dom … und
ich erinnere mich, manchmal guckte ich einem jungen lich Pasolinisches Terrain, aber die Bilder und Komposi-
Mann und einem Mädchen zu, die sich zankten, ja, tionen sind so herzzerreißend und qualvoll schön wie
daran erinnere ich mich. Erinnern Sie sich, in der Szene nur sonst etwas bei Visconti. – GIORNI DI GLORIA
in ROCCO UND SEINE BRÜDER, wenn Delon und Girar- (TAGE DES RUHMS) – Italien 1945 – R: Mario Serand-
dot sich streiten auf dem Dach des Doms – da ist auch rei, Luchino Visconti, Giuseppe De Santis, Marcello Pa-
ein Student, der liest, der schaut Rocco und dem gliero – B: Umberto Calosso, Umberto Barbaro – K:
Mädchen zu. … Das bin ich.« Umberto Della Valle, De West, Gianni Di Venanzo u.a. –
M: Costantino Ferri – 71 min, OmeU – Die erste Doku-
OSSESSIONE (VON LIEBE BESESSEN) – Italien 1942 mentation über die deutsche Besetzung Roms und den
– R: Luchino Visconti – B: Luchino Visconti, Mario Ali- Befreiungskampf der Resistenza. Der Film zeigt ver-
cata, Giuseppe De Santis, Antonio Pietrangeli, Gianni schiedene Episoden aus dem Kampf bis zum Sieg, von
Puccini, nach dem Roman »The Postman Always Rings September 1943 bis zum Frühling 1945. Visconti – der
Twice« von James M. Cain – K: Aldo Tonti, Domenico selbst im Widerstand aktiv und auch im Gefängnis ge-
Scala – M: Giuseppe Rosati – D: Massimo Girotti, Clara wesen war – filmte mit acht Kameras den Kriegsver-
Calamai, Juan De Landa, Elio Marcuzzo, Vittorio Duse – brecherprozess gegen den Faschisten Pietro Caruso
135 min, OmU – Der Landstreicher Gino beginnt in sowie einen Lynchmord während des Prozesses.
einer Tankstelle in der Po-Ebene mit der jungen Frau  Dienstag, 8. März 2005, 21.00 Uhr
seines Arbeitgebers ein leidenschaftliches Liebesver-
LA TERRA TREMA (DIE ERDE BEBT) – Italien 1948 –
R+B: Luchino Visconti, nach dem Roman »I Malavoglia«
von Giovanni Verga – K: Aldo Graziati – D: Einwohner
des Dorfes Aci Trezza – 160 min, OmU – Visconti
plante einen Dokumentarfilm über Sizilien, der in drei
Teilen die Lage der sizilianischen Fischer, der Schwe-
felarbeiter und der Bauern darstellen und mit dem Sieg
der vereinten Kräfte des Proletariats enden sollte. Nur
der erste Teil wurde gedreht: Seit Jahrhunderten sind
die Fischer zwei Mächten ausgesetzt: dem Meer und
den Händlern und Bootsbesitzern, in deren Auftrag sie
fahren, und viele nehmen die Ausbeutung ebenso als
Naturgesetz hin wie die Stürme des Meeres. Der junge
Ntoni versucht als erster sich aufzulehnen. »Schon Vis-
hältnis, das zu einem Mord führt. – Visconti füllte mit contis Anfänge waren nicht neorealistisch. Der erste
seinem ersten Film die ideologische Leere auf, die das Film ist seinem Lehrer Renoir verbunden. Der zweite ist
Pathos des faschistischen Regimes gegraben hatte. In im Überbau zu marxistisch, um neorealistisch zu sein.
einer Zeit, in der im italienischen Kino vor allem sau- Die Inszenierung, der eigentliche Film, läßt durch die
bere Helden in Luxusmilieus gezeigt wurden, brachte er Örtlichkeit eine Macht von Schicksal spüren, die den Luchino Visconti
das andere Italien und die italienische Wirklichkeit auf Willen zur Veränderung durch kollektives Handeln
die Leinwand: reale Landschaften, verfallene Häuser bricht. Die Erde hatte gebebt, der Zweite Weltkrieg
und Menschen, die ihren Begierden und Trieben ausge- Hoffnungen auf Veränderung geweckt, die Visconti aber
liefert sind. Giuseppe De Santis, der Ko-Autor, be- schon mit diesem Film wieder begräbt.« (Frieda Grafe)
schrieb den Film als eine Erzählung »durchtränkt vom  Samstag, 5. März 2005, 21.00 Uhr  Mittwoch,
Geruch von Tod und Sperma.« 9. März 2005, 18.30 Uhr
 Freitag, 4. März 2005, 21.00 Uhr  Dienstag, 47
8. März 2005, 18.30 Uhr ANNA MAGNANI – Italien 1953 – R: Luchino Visconti
– B: Cesare Zavattini, Suso Cecchi D’Amico – K: Gabor
APPUNTI SU UN FATTO DI CRONACA (NOTIZEN ZU Pogany – M: Alessandro Cicognini – D: Anna Magnani
EINER VERMISCHTEN NACHRICHT) – Italien 1951 – – 18 min, OmeU – Episode des Films SIAMO DONNE
R: Luchino Visconti – 8 min, OF – Dokumentation über (WIR FRAUEN) – Visconti porträtiert Anna Magnani in
die »Affäre Lionello Egidi« – den Mord an einem jungen einer Vignette, die ein Erlebnis der Schauspielerin aus
Mädchen in einem Armenviertel Roms. Das ist eigent- dem Jahr 1943 nachinszeniert. »Eine einzige Huldi-
gung für die donna del popolo. Visconti hat sich ganz schwach und feige, wird wegen Desertion erschossen
der überwältigenden Selbstdarstellung der großen und stürzt seine Geliebte in Verderben und Wahnsinn.
Schauspielerin ausgeliefert. Die Verve dieser kleinen Es ist ein wahrhaft historischer Film in dem Sinne, daß
Erzählung kommt direkt aus dem mitreißenden Tempe- die Geschichte nicht nur bildmächtiger Hintergrund für
rament der Magnani.» (Wolfram Schütte) – BELLIS- ein romantisches Drama ist. Die Personen sind Teil
SIMA – Italien 1951 – R: Luchino Visconti – B: Luchino ihrer Zeit, ihre Handlungen ergeben sich aus ihrer Um-
Visconti, Suso Cecchi D’Amico, Francesco Rosi, nach gebung und aus den Geschehnissen, die sie selber
einer Novelle von Cesare Zavattini – K: Piero Portalupi, hervorrufen oder deren Opfer sie sind. Visconti zeigt
Paul Ronald – M: Franco Mannino – D: Anna Magnani, seine Helden als Gefangene ihrer jeweiligen gesell-
Tina Apicella, Walter Chiari, Alessandro Blasetti, Ga- schaftlichen Klassen und in Situationen, in denen ihr
stone Renzelli, Tecla Scarano – 116 min, OmU – Anna Untergang unausweichlich ist.« (Alain Tanner)
 Freitag, 11. März 2005, 21.00 Uhr  Dienstag,
15. März 2005, 18.30 Uhr

LE NOTTI BIANCHE (WEISSE NÄCHTE) – Italien 1957


– R: Luchino Visconti – B: Luchino Visconti, Suso
Cecchi D’Amico, nach dem Roman von F. M. Dostoje-
wskij – K: Giuseppe Rotunno – M: Nino Rota – D: Maria
Schell, Marcello Mastroianni, Jean Marais, Clara Cala-
mai, Dick Sanders – 97 min, OmU – Mit der Adaption
von Dostojewskijs Erzählung von verlorenen Menschen
ging Visconti soweit wie möglich weg von der Realität
und hin zu einer neu geschaffenen, umgeformten Rea-
lität, einer subjektiven Stilisierung – vom Neo-Realis-
mus zum Neo-Romantizismus. Er selbst nannte es
Magnani spielt eine Arbeiterfrau, die davon überzeugt einen »Abstecher in die Welt des Traums«. Komplett im
ist, daß ihre kleine Tochter als Bellissima, als »das Studio gedreht (obwohl er zum größten Teil »draußen«
schönste Kind von Rom», einem Cinecittà-Wettbewerb auf der Straße, auf Treppen, Brücken und an Kanälen
gewinnen wird. »Nicht die Kritik am römischen Filmbe- spielt), steht der Film isoliert im Werk Viscontis. Die be-
trieb steht im Vordergrund, sondern die Desillusionie- wußt kenntlich gemachte theatralische Künstlichkeit
rung einer Arbeiterfrau, deren kleinbürgerliche Lebens- erschafft eine Traum- und Märchenwelt – ein nebelver-
vorstellungen unter tragischen Umständen vernichtet hangenes Irgendwo. Natalia, eine junge Russin in Ita-
werden. Das Phänomen ‚Film’ mit seiner Aura von lien, wartet auf ihren Geliebten. Am vereinbarten Tag
Glanz und großer Welt ist nur das Symbol für die ge- des Treffens harrt sie vergebens aus. Dabei wird sie
heime Sehnsucht der Frau nach einem besseren von einem anderen Mann beobachtet, dem einsamen
Leben.» (Hans-Dieter Roos) Junggesellen Mario, der sie tröstet und sich selbst in
 Sonntag, 6. März 2005, 21.00 Uhr  Dienstag, Natalia verliebt.
Luchino Visconti

15. März 2005, 21.00 Uhr  Sonntag, 13. März 2005, 21.00 Uhr  Dienstag,
22. März 2005, 21.00 Uhr
SENSO (SEHNSUCHT) – Italien 1954 – R: Luchino
Visconti – B: Luchino Visconti, Suso Cecchi D’Amico, ROCCO E I SUOI FRATELLI (ROCCO UND SEINE BRÜ-
Giorgio Prosperi, Carlo Alianello, Giorgio Bassani, nach DER) – Italien 1960 – R: Luchino Visconti – B: Luchino
der Erzählung von Camillo Boito – Mitarbeit bei den Visconti, Suso Cecchi D’Amico, Pasquale Festa Cam-
48 Dialogen: Tennessee Williams, Paul Bowles – K: Aldo panile, Massimo Franciosa, Enrico Medioli, nach dem
Graziati – M: Anton Bruckner (7. Symphonie), Giuseppe Roman »Il ponte della Ghisolfa« von Giovanni Testori –
Verdi (»Il Trovatore«) – D: Alida Valli, Farley Granger, K: Giuseppe Rotunno – M: Nino Rota – D: Alain Delon,
Massimo Girotti, Heinz Moog, Rina Morelli, Marcella Renato Salvatori, Annie Girardot, Katina Paxinou, Clau-
Mariani – 126 min, OmU – »Die Geschichte der tragi- dia Cardinale, Roger Hanin, Paola Stoppa – 180 min,
schen Liebe einer venezianischen Gräfin zu einem jun- OmeU –»Eine Familengeschichte, die gleichermaßen
gen österreichischen Leutnant, 1866, während der Be- lyrisch wie brutal ist. Ein fatalistischer Film Noir, in sei-
setzung Venedigs durch die Österreicher. Der Offizier, ner Vision so rein wie der heilige Rocco, mit einer grau-
samen Dosis von Gewalt. Rocco ist eine Figur wie Do- der »Leopard«, im Bewußtsein des nahen Todes, zwi-
stoevskijs Prinz Myshkin, oder wie Bressons Balthazar. schen der Erinnerung an die verlorene Zeit und der Ah-
Er ist die Ausnahme unter den fünf Söhnen einer nung der Zukunft: »Die Dinge müssen sich ändern, um
armen, aber resoluten Witwe, die ihre Familie aus dem die gleichen zu bleiben.« – die Dialektik von Altem und
Süden Italiens nach Mailand bringt, wo sie ›wie ein Erd- Neuem. »Keinem anderen Film ist es je gelungen,
beben‹ ankommen, unvorbereitet für die Anforderun- tatsächlich eine Proustsche Ästhetik zu vermitteln. Vis-
gen des Lebens in der großen Stadt. Die Matriarchin contis Kamera liebkost das Vergehen der Zeit, die sich
aus dem bäuerlichen Süden kann den korrumpieren- verändernden Nuancen zwischen den umhertreiben-
den Kräften des industrialisierten Nordens nichts ent- den und zerrissenen Charakteren und zeigt so, wie
gegensetzen, und so werden ihre Söhne alle Opfer der Spezifisches zu Universellem transzendiert.» (Warren
Verwüstungen der Großstadt.» (Judy Bloch) Sonbert)
 Samstag, 12. März 2005, 21.00 Uhr  Mittwoch,  Freitag, 18. März 2005, 21.00 Uhr  Mittwoch,
16. März 2005, 18.30 Uhr 23. März 2005, 18.30 Uhr
Luchino Visconti
IL GATTOPARDO (DER LEOPARD) – Italien 1962 – R: VAGHE STELLE DELL’ORSA … (SANDRA) – Italien
Luchino Visconti – B: Luchino Visconti, Suso Cecchi 1964 – R: Luchino Visconti – B: Luchino Visconti, Suso
D’Amico, Pasquale Festa Campanile, Massimo Fran- Cecchi D’Amico, Enrico Medioli – K: Armando Nannuzzi
ciosa, Enrico Medioli, nach dem Roman von Giuseppe – M: César Franck, Donaggio-Pallavicini, Magliacci-
Tomasi di Lampedusa – K: Giuseppe Rotunno – M: Faleni, Carlo Alberto Rossi – D: Claudia Cardinale, Jean
Nino Rota – D: Burt Lancaster, Claudia Cardinale, Alain Sorel, Michael Craig, Renzo Ricci, Fred Williams, Amalia
Delon, Rina Morelli, Paolo Stoppa, Giuliano Gemma, Troiani – 105 min, OmeU – In ihrem Palazzo mitten in 49
Serge Reggiani, Pierre Clementi, Mario Girotti – der verfallenden Pracht einer etruskischen Stadt ver-
188 min, OmeU – Chronik des Niedergangs einer sizi- sammelt sich eine aristokratische Familie, um einen
lianischen Fürstenfamilie, während des Risorgimento, Garten dem Andenken des Patriarchen, der als Jude in
des Bürgerkriegs zwischen den Bourbonen von Neapel Auschwitz ermordet wurde, zu widmen. Sandra und ihr
und Sizilien und den republikanischen Garibaldisten, Bruder sind überzeugt, daß ihre Mutter den Vater de-
die Italien einigen wollen, in den sechziger Jahren des nunziert hat. Doch mehr als die Geister der Toten spu-
19. Jahrhunderts. Am Ende steht der Fürst von Salina, ken die Geheimnisse der Lebenden durch das Haus.
Visconti verwebt meisterhaft Themen der Erinnerungen leicht verwirrte, doch durchaus intelligente Null hinein-
und der Mythen in diesem komplexen Film über Schuld zufügen, die Camus im Sinn hatte.« (John Simon)
und Inzest, einer modernen Version der Elektra-Le-  Samstag, 20. März 2005, 21.00 Uhr  Dienstag,
gende. »Der Inzest«, sagt Visconti, »ist das letzte Tabu 29. März 2005, 18.30 Uhr
der heutigen Gesellschaft, ein dramatischer und ver-
zweifelter Weg, sich gegen Auflösung und Verfall der THE LIFE AND TIMES OF COUNT LUCHINO VISCONTI
Familie und gegen die Einsamkeit zu verbünden.« – GB 2003 – R+B: Adam Low – K: Dewald Aukema –
 Samstag, 19. März 2005, 21.00 Uhr  Dienstag, mit Franco Zefirelli, Francesco Rosi, Claudia Cardinale,
22. März 2005, 18.30 Uhr Farley Granger, Annie Girardot, Charlotte Rampling,
Helmut Berger – 106 min, OmeU – Wie ein junger
LO STRANIERO (DER FREMDE) – Italien 1967 – R: Mann aus einer der ältesten und reichsten aristokrati-
Luchino Visconti – B: Suso Cecchi D’Amico, Georges schen Dynastien Italiens zu einem entschiedenen Mar-
Chonchon, Emmanuel Roblès, nach dem Roman von xisten und zu einem Künstler internationalen Rangs
Albert Camus – K: Giuseppe Rotunno – M: Piero Pic- wurde, der eine junge Sopranistin namens Maria Callas
cioni – D: Marcello Mastroianni, Anna Karina, Georges in die Operndiva schlechthin verwandelte und der ei-
Wilson, Bernard Blier, Jacques Herlin, Bruno Cremer – nige der größten Werke der europäischen Literatur für
104 min, OmeU – Meursault, Camus’ Archetyp des exi- den Film adaptierte. Ausschnitte aus den Filmen und
stentialistischen Nicht-Helden, begeht ein sinnloses Interwiews mit Weggefährten, Verwandten und Mitar-
Verbrechen, nur weil gerade die Sonne scheint … beitern ergeben ein faszinierendes Porträt.
Während Visconti sonst literarische Vorlagen frei um-  Donnerstag, 24. März 2005, 19.00 Uhr
gestaltet, damit sie seine eigenen Interessen und Ob-
sessionen reflektieren, folgt er hier der Handlung der THE DAMNED (DIE VERDAMMTEN) – Italien 1968 –
Erzählung getreu. Er füllt auch Leerstellen, ergänzt R: Luchino Visconti – B: Luchino Visconti, Nicola Ba-
Details und Kontexte, die im Buch »fehlen« und ver- dalucco, Enrico Medioli – K: Armando Nannuzzi, Pas-
sucht so, ein genaues Abbild des Algier der dreißiger quale De Santis – M: Maurice Jarre – D: Ingrid Thulin,
Jahre wiederzuerschaffen. »Mastroianni ist ein super- Dirk Bogarde, Helmut Berger, Helmut Griem, Umberto
ber Meursault. Obwohl er eigentlich viel zu glamourös Orsini, Charlotte Rampling, René Kolldehoff, Albrecht
für die Rolle ist, schafft er es, sich in die unzufriedene, Schoenhals – 157 min, engl.OF – Die Industriellen-Fa-
milie von Essenbeck (die Züge der Krupp-Dynastie
trägt), versucht, sich durch die Zusammenarbeit mit
den Nationalsozialisten zu sanieren, treibt aber statt-
dessen ihren Zerfall voran. »Viscontis Leistung bestand
darin, den Nationalsozialismus nicht als Ideologie zu
begreifen, die er in Wahrheit auch nicht war, sondern
als einen Akt brutaler Rhetorik, als eine besinnungslos
unter die Gürtellinie zielende, perverse Inszenierung,
die Martin von Essenbeck stellvertretend vornimmt.«
Luchino Visconti

(Werner Kließ) »Der Film steht dem epischen Werk Tho-


mas Manns und dem ›Gesamtkunstwerk‹ Richard Wag-
ners so nahe, wie uns diese beiden heute fern sind.«
(Wolfram Schütte)
 Freitag, 25. März 2005, 21.00 Uhr  Freitag, 1. April
2005, 21.00 Uhr
50
ALLA RICERCA DI TADZIO (AUF DER SUCHE NACH
TADZIO) – Italien 1970 – R+B: Luchino Visconti –
Kommentar: Oreste del Buono – 30 min, OmU – Vis-
conti selbst beschreibt in dieser Dokumentation seine
Suche nach dem Darsteller des Tadzio. Ein ganz er-
staunlicher, ehrlicher, schonungsloser Film. »Die Popu-
larität von TOD IN VENEDIG läßt sich im Grunde nur
damit erklären, daß Visconti für die Rolle des Tadzio konfrontiert, sucht der Komponist etwas Unsterbliches,
einen Jüngling von solch hinreißender Schönheit fand, und findet nur – einen Knaben, dessen strahlender
daß die Zuschauer, aber auch die Mann-Leser, den Ein- Glanz als einzige Schönheit in der verseuchten Stadt
druck gewannen, hier sei einem Modell Gerechtigkeit übriggeblieben ist. Wenn die anderen Farbfilme Viscon-
widerfahren, dem allgemein Einzigartigkeit attestiert tis als ›opernhaft‹ charakterisiert werden können, dann
wurde. Mann selbst bezeichnete die Entstehung seiner ist dies eine kinematographische Fuge, in der die Sym-
Erzählung als eine Art Wunder. Das Wunder der Vis- biose von Bild und Musik ihren Höhepunkt erreicht.»
conti-Verfilmung war die Besetzung der Rolle mit An- (Jason Sanders)
dresen. Wäre er nicht so schön gewesen, wäre der Film  Samstag, 26. März 2005, 21.00 Uhr  Mittwoch,
auch nicht so gut. So einfach ist das.» (Gilbert Adair) 30. März 2005, 18.30 Uhr
 Donnerstag, 24. März 2005, 19.00 Uhr  Mittwoch,
30. März 2005, 21.00 Uhr IL LAVORO (DER JOB) – Italien 1961 – R: Luchino Vis-
conti – B: Suso Cecchi D`Amico, Luchino Visconti, nach
DEATH IN VENICE (TOD IN VENEDIG) – Italien 1970 – der Erzählung »Au Bord du Lit« von Guy de Maupassant Luchino Visconti
R: Luchino Visconti – B: Luchino Visconti, Nicola – K: Giuseppe Rotunno – M. Nino Rota – D: Romy
Badalucco, nach der Erzählung von Thomas Mann – Schneider, Tomas Milian, Paolo Stoppa, Romolo Valli –
K: Pasquale De Santis – M: Gustav Mahler (3. und 46 min, OF – Episode des Films BOCCACCIO ‘70 – Epi-
5. Symphonie) – D: Dirk Bogarde, Björn Andresen, Sil- soden vom Kampf der Geschlechter, aus Bocaccios
vana Mangano, Mark Burns, Romolo Valli, Marisa Be- »Decamerone« in die heutige (damalige) Zeit versetzt.
renson, Nora Ricci – 128 min, engl.OF – »Dirk Bogarde Bei Visconti ist Romy Schneider eine junge Gräfin, die
geistert durch das sterbende Venedig in dieser Elegie entdeckt, daß ihr Ehemann regelmäßig Callgirls be- 51
auf die Vergänglichkeit aller Menschen und körperli- sucht. Sie eröffnet ihm, daß sie des nutzlosen Lebens
chen und geistigen Dinge – Gebäude, Städte, Kunst, müde ist und sich auch eine Arbeit suchen will. Da sie
Verlangen, Lust. Ein einstmals erfolgreicher Komponist jedoch nichts gelernt hat, ist ihre einzige Möglichkeit –
kommt nach Venedig, um sich zu erholen, zu verjüngen sich ihm gegen Bezahlung hinzugeben. Er geht auf den
– aber die wunderbare Stadt hat ein Geheimnis – die Vorschlag ein … – LA STREGA BRUCIATA VIVA (DIE
Pest. Gleichermaßen mit dem körperlichen Tod der LEBENDIG VERBRANNTE HEXE) – Italien 1966 – R:
Stadt wie mit dem künstlerischen Tod seiner Karriere Luchino Visconti – B: Giuseppe Patroni Griffi, Cesare
Zavattini – K: Giuseppe Rotunno – M: Piero Piccioni – verwickelt. Wie LUDWIG ist dies ein zutiefst persön-
D: Silvana Mangano, Annie Girardot, Francisco Rabal, licher, in Teilen sogar autobiographischer Film. Die
Massimo Girotti, Clara Calamai – 37 min, OmeU – Epi- Annäherung des Professors an Konrad (den leichtferti-
sode des Films LE STREGHE (HEXEN VON HEUTE) – Va- gen, amoralischen Gigolo der Gräfin), der in ihm ein
riationen über die Femme Fatale. Visconti präsentiert Gefühl für die Gefahr, die Wildheit und die Schönheit
eine spektakuläre und verstörende Anatomie des der Welt erweckt, die sich entwickelnde Freundschaft
Ruhms. Silvana Mangano ist die weltberühmte, göttli- zwischen beiden – das ist Viscontis wehmütige Revi-
che Diva, die Ruhe und Abgeschiedenheit sucht in sion seiner Beziehung zu Helmut Berger. »Der italieni-
einem Hotel in den Alpen. sche Titel ›Familiengruppenbild in einem Interieur‹ lenkt
 Mittwoch, 30. März 2005, 21.00 Uhr den Blick von vornherein in eine bestimmte Richtung.
Der Rahmen, ein römischer Palazzo, ist die kunstvolle
LUDWIG (LUDWIG II) – Italien/BRD 1972 – R: Luchino Umgrenzung, die die Personen der Handlung aus sich
Visconti – B: Luchino Visconti, Enrico Medioli, Suso heraustreten läßt. Und er schafft erst die höchst un-
Cecchi D’Amico – K: Armando Nannuzzi – M: Richard orthodoxe Familie. Den Rahmen im weitesten Sinn,
Wagner, Robert Schumann, Jacques Offenbach – D: Inszenierung und melodramatisch-pathetische Struktur
Helmut Berger, Romy Schneider, Trevor Howard, Silvana inklusiv, erforscht zu haben, ist Viscontis Beitrag zur
Mangano, Gert Fröbe, Helmut Griem, John Moulder- Entwicklung des Kinos.« (Frieda Grafe)
Brown, Umberto Orsini – 244 min, OmU – »Visconti  Sonntag, 27. März 2005, 21.00 Uhr  Samstag,
hatte in Ludwig mit leidenschaftlicher Sympathie eine 2. April 2005, 21.00 Uhr
verwandte Seele gefunden – ein königliches Alter Ego:
in des Königs Homosexualität und Hedonismus, in sei- L’INNOCENTE (DIE UNSCHULD) – Italien 1976 – R:
nem Pazifismus, in der Liebe für die Oper, die Künst- Luchino Visconti – B: Luchino Visconti, Suso Cecchi
lichkeit und die Extravaganz, und auch in seiner selbst D’Amico, Enrico Medioli, nach dem Roman von Gabri-
auferlegten Isolation von der ›gemeinen und unerträgli- ele D’Annunzio – K: Pasquale De Santis – M: Franco
chen‹ Welt. In Viscontis Kunst-Welt ist Helmut Bergers Mannino – D: Giancarlo Giannini, Laura Antonelli, Jen-
Ludwig die letzte große Lichtgestalt– er ist Tristan, aber nifer O`Neill, Rina Morelli, Massimo Girotti, Marc Porel –
er ist auch das letzte und größte Opfer – er ist Chri- 129 min, OmeU – Der römische Graf Tullio Hermil hat
stus.« (James McCourt) sich sein Leben rücksichtslos und egoistisch eingerich-
 Montag, 28. März 2005, 19.00 Uhr tet. Er mißachtet die Liebe seiner Frau Giuliana, ist der
Geliebte der Gräfin Raffo und macht sich nicht die
Mühe, dieses Verhältnis vor seiner Frau und vor der Ge-
sellschaft geheim zu halten. »In der üppigen, kaum zu
überbietenden Schönheit des Films erscheinen die
Schmerzen, die sich diese scheinbar auserwählten
Menschen zufügen, nur noch schäbig und sinnlos. Das
ist der rigorose Sog nach innen, den Viscontis Filme
alle fast wie nebenbei entwickeln. Und erst in diesem
Luchino Visconti

Sog zeigen die Menschen, was sie wert sind – die elen-
den Fischer in LA TERRA TREMA, die nichts haben und
ums blanke Überleben kämpfen müssen, genauso wie
diese sorgenlosen Aristokraten, denen es an nichts
fehlt, denen alles zufällt. Selbst die Schmerzen, für die
CONVERSATION PIECE (GEWALT UND LEIDEN- sie nicht gemacht zu sein glauben.« (Peter Buchka)
52 SCHAFT) – Italien 1974 – R: Luchino Visconti – B: Lu-  Dienstag, 29. März 2005, 21.00 Uhr  Sonntag,
chino Visconti, Suso Cecchi D'Amico, Enrico Medioli – 3. April 2005, 21.00 Uhr
K: Pasquale De Santis – M: Franco Mannino – D: Burt
Lancaster, Silvana Mangano, Helmut Berger, Claudia
Marsani, Stefano Patrizi, Claudia Cardinale – 125 min,
engl. OmU – In das ruhige Leben eines emeritierten Fotos: Luchino Visconti und Björn Andresen / OSSESSIONE /
Professors drängt sich eine Gräfin mitsamt Anhang, die BELLISSIMA / IL GATTOPARDO / LO STRANIERO / DEATH IN
ihn als ungebetene Mieterin in ihre privaten Affären VENICE / CONVERSATION PIECE
Neue Restaurierungen des Filmmuseums

SEIN EIGENER MÖRDER – Deutschland 1914 – R: einer ukrainischen Version einer Kurzfassung, die wie-
Max Mack – B: Richard Oswald, nach dem Roman »The derum von der russischen Zensur gekürzt wurde. Hier
Strange Case of Dr. Jekyll and Mr. Hyde« von Robert hat das Filmmuseum anhand von Dokumenten, Zen-
Louis Stevenson – D: Alwin Neuß, Hanni Weisse, Lotte surprotokollen und Standfotos die originale Fassung
Neumann, Max Mack – 30 min, viragiert – ANDERS des Filmes wiederhergestellt, der das einzige erhaltene
ALS DIE ANDERN – Deutschland 1919 – R: Richard Beispiel der vielen Aufklärungsfilme darstellt, mit denen
Oswald – B: Richard Oswald, Magnus Hirschfeld – K: Richard Oswald Ende der zehner Jahre bekannt wurde.
Max Faßbender – M: Joachim Bärenz – D: Conrad ANDERS ALS DIE ANDERN ist der erste Film der Film-
Veidt, Reinhold Schünzel, Fritz Schulz, Anita Berber, geschichte, der sich explizit mit dem Thema Homo-
Neue Restaurierungen

Ernst Pittschau, Alexandra Wiellegh, Magnus Hirschfeld sexualität auseinandersetzt und dementsprechend von
– 51 min – Zwei frühe Filme eines der führenden der deutschen Zensur sofort verboten wurde. Er erzählt
deutschen Filmregisseure der zwanziger Jahre, die nur die Geschichte eines Violinvirtuosen, der sich in seinen
fragmentarisch erhalten geblieben sind und vom Film- begabten Schüler verliebt, aber einem Erpresser in die
museum München kürzlich rekonstruiert wurden: SEIN Hände fällt und wegen Verstoßes gegen den Paragra-
EIGENER MÖRDER basiert auf einem Drehbuch von Os- phen 175 vor Gericht landet. Der Sexualforscher und
wald, der die Dr. Jekyll & Mr. Hyde-Geschichte in die Co-Autor Dr. Magnus Hirschfeld tritt selber auf und for-
deutsche Gegenwart verlegte. Von dem Film war nur dert die Abschaffung des Paragraphen 175, der Ho-
ein Negativ mit starken Zersetzungserscheinungen und mosexuelle kriminalisiert. 53
Springtiteln in der Cinémathèque Française erhalten  Donnerstag, 10. März 2004, 19.00 Uhr
geblieben. Das Filmmuseum hat die Titel wieder ein-
gefügt und den Film nach den Angaben des Negativs
eingefärbt. ANDERS ALS DIE ANDERN überlebte nur in Foto: ANDERS ALS DIE ANDERN
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Di, 30.11. 18.30 Robert Bramkamp GELBE SORTE (1987)
21.00 Samuel Fuller VERBOTEN! (1959)
Mi, 1.12. 18.30 Robert Bramkamp SKLAVENTREIBER DER SEELE (1995) / DIE EROBERUNG
DER MITTE (1995)
21.00 Samuel Fuller VERBOTEN! (1959)
Do, 2.12. 19.00 Robert Bramkamp DER HIMMEL DER HELDEN (1987) / PRÜFSTAND 7 (2001)
Zu Gast: Robert Bramkamp
Fr, 3.12. 18.30 Mythos Bayern WENN DIE ABENDGLOCKEN LÄUTEN (1930)
21.00 Samuel Fuller THE BIG RED ONE: THE RECONSTRUCTION (1980/2004)
Sa, 4.12. 18.30 Mythos Bayern DIE LANDÄRZTIN (1958)
21.00 Samuel Fuller THE BIG RED ONE: THE RECONSTRUCTION (1980/2004)
So, 5.12. 18.30 Mythos Bayern JAGDSZENEN AUS NIEDERBAYERN (1969)
21.00 Mythos Bayern GESPRÄCH MIT MARTIN SPERR (2000) / NACH DER JAGD.
SZENEN (2001)
Mo, 6.12. 19.00 Geschlossene Veranstaltung
Di, 7.12. 18.30 Robert Bramkamp BECKERBILLETT (1992) / DER HIMMEL DER HELDEN
(1987) / DER MANN AM FENSTER (1989) / CUT A LONG
STORY SHORT (1993) / DER GEFRORENE BLITZ (2002)
21.00 Neue Filme aus Italien LA FINESTRA DI FRONTE – WAS SOLL ICH TUN? (2003)
Mi, 8.12. 18.30 Robert Bramkamp PRÜFSTAND 7 (2001)
21.00 Neue Filme aus Italien LA SPETTATRICE – DIE ZUSCHAUERIN (2004)
Do, 9.12. 19.00 Open Scene AUTOBAHN OST (2004)
Nicole Leykauf ist anwesend
Fr, 10.12. 18.30 Mythos Bayern DER HEILIGE BERG (1926)
21.00 Neue Filme aus Italien IL POSTO DELL’ANIMA – CAMPOLARO, DIE WÜRDE IST
UNANSTASTBAR (2003)
Sa, 11.12. 18.30 Mythos Bayern DER BEBENDE BERG (1931)
21.00 Neue Filme aus Italien PATER FAMILIAS – IM SCHOSSE DER FAMILIE (2003)
Francesco Patierno ist anwesend
So, 12.12. 18.30 Mythos Bayern SCHLAFES BRUDER (1995)
21.00 Neue Filme aus Italien IL MIRACOLO – DAS WUNDER (2003)
Mo, 13.12. Keine Vorstellung
Di, 14.12. 18.30 Neue Filme aus Italien LA FINESTRA DI FRONTE – WAS SOLL ICH TUN? (2003)
21.00 Neue Filme aus Italien L’AMORE RITORNA – DIE RÜCKKEHR DER LIEBE (2004)

Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 24150


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Mi, 15.12. 18.30 Neue Filme aus Italien PATER FAMILIAS – IM SCHOSSE DER FAMILIE (2003)
21.00 Neue Filme aus Italien MIO COGNATO – MEIN UNGELIEBTER SCHWAGER (2003)
Do, 16.12. 19.00 Shanghai Modern DAUGHTER OF SHANGHAI (1937)/ SHANGHAI EXPRESS
(1932)
Fr, 17.12. 18.30 Shanghai Modern XIN JIU SHANGHAI – DAS ALTE UND DAS NEUE SHANGHAI
(1936)
21.00 Shanghai Modern SHENNÜ – DIE GÖTTIN (1934)
Am Flügel: Neil Brand
Sa, 18.12. 18.30 Shanghai Modern ZI MEI HUA – ZWILLINGSSCHWESTERN (1934)
21.00 Shanghai Modern LIAN’AI YU YIWU – LIEBE UND PFLICHT (1931)
Am Flügel: Neil Brand
So, 19.12. 18.30 Shanghai Modern LIAN HUA JIAOXIANGQU – LIAN HUA SYMPHONIE (1937)
21.00 Shanghai Modern THE SHANGHAI GESTURE (1941)
Mo, 20.12. bis Mo, 10.1. Weihnachtsferien
Di, 11.1. 18.30 Mythos Bayern OUT OF ROSENHEIM (1987)
21.00 Unsichtbares Kino OTEC I SYN – VATER UND SOHN (2003)
Mi, 12.1. 18.30 Mythos Bayern MAN SPRICHT DEUTSH (1988)
21.00 Unsichtbares Kino OTEC I SYN – VATER UND SOHN (2003)
Do, 13.1. 19.00 Shanghai Modern EXIL SHANGHAI (1997)
Fr, 14.1. 18.30 Shanghai Modern YAO A YAO YAO DAO WAIPO QUIAO – SHANGHAI
SERENADE (1995)
21.00 Shanghai Modern SHANGHAI ZHI YE – SHANGHAI BLUES (1984)
Sa, 15.1. 18.30 Shanghai Modern HUA YAN – DAZZLING (2001)
Einführung: Anja Götte
21.00 Shanghai Modern HAI SHANG HUA – BLUMEN AUS SHANGHAI (1996)
So, 16.1. 18.30 Shanghai Modern WUO MEN HAI PA – SHANGHAI PANIC (2002)
21.00 Shanghai Modern WILL – WE MUST / CITY LIGHT / 922 RICECORNS / THE
HAPPIEST WINTER DAY / DEAF LAND / NOWHERE / RAIN-
BOW / SHOUTING / WE ARE RIGHT BACK / SOMETHING IN
THE WATER / THREE DAYS AGO / LIGHT AS FUCK / BEFORE
THE FIRST STEAM LOCOMOTIVE WAS BORN (1997–2003)
Einführung: Heike Kraemer
Mo, 17.1. Keine Vorstellung
Di, 18.1. 18.30 Carl Theodor Dreyer PRAESIDENTEN – DER PRÄSIDENT (1919)
21.00 Unsichtbares Kino WIN A DATE WITH TAD HAMILTON! – TOTAL VERKNALLT
IN TAD HAMILTON (2004)

Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 24150


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Mi, 19.1. 18.30 Carl Theodor Dreyer PRÄSTÄNKAN – DIE PFARRERSWITWE (1920)
21.00 Unsichtbares Kino WIN A DATE WITH TAD HAMILTON! – TOTAL VERKNALLT
IN TAD HAMILTON (2004)
Do, 20.1. 19.00 Carl Theodor Dreyer CARL THEODOR DREYER (1966) / DR. COOK (1909) /
PAVILLONENS HEMMELIGHED – DAS GEHEIMNIS DES
PAVILLONS (1916) / DIE VERSCHIEDENEN VERSIONEN VON
DREYERS MEISTERWERKEN / JESUSFILMEN: ET LIVS-
VÆRK – DER JESUSFILM: EIN LEBENSWERK (1970)
Einführung: Casper Tybjerg
Fr, 21.1. 18.30 Mythos Bayern DER SÜNDIGE HOF (1933)
21.00 Carl Theodor Dreyer DER VAR ENGANG – ES WAR EINMAL (1922)
Einführung: Casper Tybjerg
Sa, 22.1. 18.30 Mythos Bayern SEX BUSINESS MADE IN PASING (1969)
21.00 Carl Theodor Dreyer PRAESIDENTEN – DER PRÄSIDENT (1919)
So, 23.1. 18.30 Mythos Bayern PIONIERE IN INGOLSTADT (1971)
21.00 Carl Theodor Dreyer PRÄSTÄNKAN – DIE PFARRERSWITWE (1920)
Am Flügel: Aljoscha Zimmermann
Mo, 24.1. 19.00 MFZ Mitgliederversammlung im Filmmuseumsbüro
Di, 25.1. 18.30 Carl Theodor Dreyer BLADE AF SATANS BOG – BLÄTTER AUS DEM BUCHE
SATANS (1919)
21.00 Unsichtbares Kino SPIDER (2002)
Mi, 26.1. 18.30 Carl Theodor Dreyer DIE GEZEICHNETEN (1921)
21.00 Unsichtbares Kino SPIDER (2002)
Do, 27.1. 19.00 Open Scene SPUK UM MITTERNACHT (1931) / CASANOVA WIDER
WILLEN (1931)
Fr, 28.1. 18.30 Mythos Bayern DAS HEILIGE SCHWEIGEN (1930)
21.00 Carl Theodor Dreyer BLADE AF SATANS BOG – BLÄTTER AUS DEM BUCHE
SATANS (1919)
Sa, 29.1. 18.30 Mythos Bayern DIE MARTINSKLAUSE (1951)
21.00 Carl Theodor Dreyer DIE GEZEICHNETEN (1921)
So, 30.1. 18.30 Mythos Bayern DAS GESPENST (1983)
21.00 Carl Theodor Dreyer MICHAEL (1924)
Am Flügel: Aljoscha Zimmermann
Mo, 31.1. 19.00 Geschlossene Veranstaltung
Di, 1.2. 18.30 Carl Theodor Dreyer DER VAR ENGANG – ES WAR EINMAL (1922)
21.00 Unsichtbares Kino CLEAN (2004)
Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 24150
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Mi, 2.2. 18.30 Carl Theodor Dreyer MICHAEL (1924)
21.00 Unsichtbares Kino CLEAN (2004)
Do, 3.2. 19.00 Klaus Wyborny DIE GEBURT DER NATION (1973) / SULLA (2003)
Klaus Wyborny ist anwesend
Fr, 4.2. 18.30 Mythos Bayern WALDRAUSCH (1939)
21.00 Carl Theodor Dreyer DU SKAL AERE DIN HUSTRU – EHRET EURE FRAUEN!
(1925)
Sa, 5.2. 18.30 Mythos Bayern WALDRAUSCH (1962)
21.00 Carl Theodor Dreyer GLOMDALSBRUDEN – DIE BRAUT VON GLOMDAL (1925)
So, 6.2. 18.30 Mythos Bayern WALDRAUSCH (1977)
21.00 Carl Theodor Dreyer LA PASSION DE JEANNE D’ARC – JEANNE D’ARCS LEIDEN
UND TOD (1928)
Am Flügel: Aljoscha Zimmermann
Mo, 7.2. Keine Vorstellung
Di, 8.2. Keine Vorstellung
Mi, 9.2. 18.30 Carl Theodor Dreyer DU SKAL AERE DIN HUSTRU – EHRET EURE FRAUEN!
(1925)
21.00 Carl Theodor Dreyer CARL TH. DREYER: MIN METIER – MEIN METIER (1995)
Do, 10.2. 19.00 Open Scene
Fr, 11.2. 18.30 Mythos Bayern TRIUMPH DER GERECHTEN (1987)
21.00 Carl Theodor Dreyer VAMPYR (1932)
Sa, 12.2. 18.30 Mythos Bayern ABRAHAMS GOLD (1990)
21.00 Carl Theodor Dreyer VREDENS DAG – DIES IRAE. TAG DES ZORNS (1943)
So, 13.2. 18.30 Mythos Bayern DAS SCHRECKLICHE MÄDCHEN (1990)
21.00 Carl Theodor Dreyer MØDREHJAELPEN – MÜTTERHILFE (1942) / VANDET
PÅ LANDET – WASSER VOM LAND / LANDSBYKIRKEN
– DORFKIRCHEN (1947) / KAMPEN MOD KRÆFTEN
– KAMPF GEGEN DEN KREBS (1947) / THORVALDSEN
(1949) / SHAKESPEARE OG KRONBORG – SHAKESPEARE
UND KRONBURG (1950) / STORSTRØMSBROEN – DIE
BRÜCKE VON STORSTRÖM (1950) / ET SLOT I ET SLOT
– EIN SCHLOSS IM SCHLOSS (1952/54) / DE NÅEDE FÆR-
GEN – SIE ERREICHTEN DIE FÄHRE (1948)
Mo, 14.2. Keine Vorstellung
Di, 15.2. 18.30 Carl Theodor Dreyer GLOMDALSBRUDEN – DIE BRAUT VON GLOMDAL (1925)
21.00 Unsichtbares Kino TWISTED – DER ERSTE VERDACHT (2003)

Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 24150


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Mi, 16.2. 18.30 Carl Theodor Dreyer LA PASSION DE JEANNE D’ARC – JEANNE D’ARCS LEIDEN
UND TOD (1928)
21.00 Unsichtbares Kino TWISTED – DER ERSTE VERDACHT (2003)
Do, 17.2. 19.00 Open Scene
Fr, 18.2. 18.30 Mythos Bayern DER JÄGER VON FALL (1936)
21.00 Carl Theodor Dreyer TVÅ MÄNNISKOR – ZWEI MENSCHEN (1945)
Sa, 19.2. 18.30 Mythos Bayern ICH LIEBE DICH, ICH TÖTE DICH (1971)
21.00 Carl Theodor Dreyer ORDET – DAS WORT (1954)
So, 20.2. 18.30 Mythos Bayern JENNERWEIN (2003)
21.00 Carl Theodor Dreyer GERTRUD (1964)
Mo, 21.2. Keine Vorstellung
Di, 22.2. 18.30 Carl Theodor Dreyer VAMPYR (1932)
21.00 Unsichtbares Kino KOHI JIKOU – CAFÉ LUMIÈRE (2003)
Mi, 23.2. 18.30 Carl Theodor Dreyer VREDENS DAG – DIES IRAE. TAG DES ZORNS (1943)
21.00 Unsichtbares Kino KOHI JIKOU – CAFÉ LUMIÈRE (2003)
Do, 24.2. 19.00 Open Scene
Fr, 25.2. 18.30 Mythos Bayern DER TOBISTRICHTER: VOLKSHUMOR AUS DEUTSCHEN
GAUEN (1941) / I A IN OBERBAYERN (1956)
21.00 Working Girls WORKING GIRLS (1931)
Sa, 26.2. 18.30 Mythos Bayern DER HERRGOTTSCHNITZER VON AMMERGAU (1952)
21.00 Working Girls CLUB DE FEMMES – KLUB DER FRAUEN (1936)
So, 27.2. 18.30 Mythos Bayern DIE SELTSAME GESCHICHTE DES BRANDNER KASPARS
(1949)
21.00 Working Girls DIE PRIVATSEKRETÄRIN (1931)
Mo, 28.2. Keine Vorstellung
Di, 1.3. 18.30 Carl Theodor Dreyer ORDET – DAS WORT (1954)
21.00 Carl Theodor Dreyer ORDET – DAS WORT (1943)
Mi, 2.3. 18.30 Carl Theodor Dreyer GERTRUD (1964)
21.00 Carl Theodor Dreyer MEDEA (1988)
Do, 3.3. 19.00 Open Scene ZUSCHAUERKINO
Fr, 4.3. 18.30 Die Tschechows DER NARR SEINER LIEBE (1929)
21.00 Luchino Visconti OSSESSIONE – VON LIEBE BESESSEN (1942)
Sa, 5.3. 18.30 Die Tschechows FROM RUSSIA TO HOLLYWOOD (1999)
21.00 Luchino Visconti LA TERRA TREMA – DIE ERDE BEBT (1948)
Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 24150
fILMMUSEUm
mÜNCHEN
So, 6.3. 18.30 Die Tschechows SPELLBOUND – ICH KÄMPFE UM DICH (1945)
21.00 Luchino Visconti ANNA MAGNANI (1953) / BELLISSIMA (1951)
Mo, 7.3. Keine Vorstellung
Di, 8.3. 18.30 Luchino Visconti OSSESSIONE – VON LIEBE BESESSEN (1942)
21.00 Luchino Visconti APPUNTI SU UN FATTO DI CRONACA – NOTIZEN ZU EINER
VERMISCHTEN NACHRICHT (1951) / GIORNI DI GLORIA
– GLORREICHE TAGE (1945)
Mi, 9.3. 18.30 Luchino Visconti LA TERRA TREMA – DIE ERDE BEBT (1948)
Do, 10.3. 19.00 Neue Restaurierungen SEIN EIGENER MÖRDER (1914) / ANDERS ALS DIE ANDERN
(1919)
Fr, 11.3. 18.30 Die Tschechows LIEBELEI (1933)
21.00 Luchino Visconti SENSO – SEHNSUCHT (1954)
Sa, 12.3. 18.30 Die Tschechows DER FAVORIT DER KAISERIN (1936)
21.00 Luchino Visconti ROCCO ET I SUOI FRATELLI – ROCCO UND SEINE BRÜDER
(1960)
So, 13.3. 18.30 Die Tschechows BEL AMI (1939)
Einführung: Renata Helker
21.00 Luchino Visconti LE NOTTI BIANCHE – WEISSE NÄCHTE (1957)
Mo, 14.3. 19.00 MFZ Mitgliederversammlung im Filmmuseumsbüro
Di, 15.3. 18.30 Luchino Visconti SENSO – SEHNSUCHT (1954)
21.00 Luchino Visconti ANNA MAGNANI (1953) / BELLISSIMA (1951)
Mi, 16.3. 18.30 Luchino Visconti ROCCO E I SUOI FRATELLI – ROCCO UND SEINE BRÜDER
(1960)
Do, 17.3. 19.00 Open Scene
Fr, 18.3. 18.30 Die Tschechows DAS BROT DER FRÜHEN JAHRE (1962)
21.00 Luchino Visconti IL GATTOPARDO – DER LEOPARD (1963)
Sa, 19.3. 18.30 Die Tschechows DIES RIGOROSE LEBEN (1983)
21.00 Luchino Visconti VAGHE STELLE DELL’ORSA … – SANDRA (1965)
So, 20.3. 18.30 Die Tschechows TSCHECHOW IN MEINEM LEBEN (1984)
Einführung: Maja Turowskaja
21.00 Luchino Visconti LO STRANIERO – DER FREMDE (1967)
Mo, 21.3. Keine Vorstellung
Di, 22.3. 18.30 Luchino Visconti VAGHE STELLE DELL’ORSA … – SANDRA (1965)
21.00 Luchino Visconti LE NOTTI BIANCHE – WEISSE NÄCHTE (1957)
Mi, 23.3. 18.30 Luchino Visconti IL GATTOPARDO – DER LEOPARD (1963)
Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 24150
fILMMUSEUm
mÜNCHEN
Do, 24.3. 19.00 Luchino Visconti THE LIFE AND TIMES OF COUNT LUCHINO VISCONTI
(2003) / ALLA RICERCA DI TADZIO – AUF DER SUCHE
NACH TADZIO (1970)
Fr, 25.3. 18.30 Die Tschechows LA PETITE LILI – DIE KLEINE LILI (2003)
21.00 Luchino Visconti THE DAMNED – DIE VERDAMMTEN (1969)
Sa, 26.3. 18.30 Die Tschechows LA PETITE LILI – DIE KLEINE LILI (2003)
21.00 Luchino Visconti DEATH IN VENICE – TOD IN VENEDIG (1971)
So, 27.3. 18.30 Die Tschechows LA PETITE LILI – DIE KLEINE LILI (2003)
21.00 Luchino Visconti CONVERSATION PIECE – GEWALT UND LEIDENSCHAFT
(1974)
Mo, 28.3. 19.00 Luchino Visconti LUDWIG – LUDWIG II (1972)
Di, 29.3. 18.30 Luchino Visconti LO STRANIERO – DER FREMDE (1967)
21.00 Luchino Visconti L’INNOCENTE – DIE UNSCHULD (1976)
Mi, 30.3. 18.30 Luchino Visconti DEATH IN VENICE – TOD IN VENEDIG (1971)
21.00 Luchino Visconti ALLA RICERCA DI TADZIO – AUF DER SUCHE NACH TADZIO
(1970) / IL LAVORO – DER JOB (1961) / LA STREGA BRU-
CIATA VIVA – DIE LEBENDIG VERBRANNTE HEXE (1967)
Do, 31.3. 19.00 Open Scene
Fr, 1.4. 18.30 Die Tschechows ANTON P. ČECHOV – EIN LEBEN (1981)
21.00 Luchino Visconti THE DAMNED – DIE VERDAMMTEN (1969)
Sa, 2.4. 18.30 Die Tschechows DAMA S SOBATSCHKOJ – DIE DAME MIT DEM HÜNDCHEN
(1960)
21.00 Luchino Visconti CONVERSATION PIECE – GEWALT UND LEIDENSCHAFT
(1974)
So, 3.4. 18.30 Die Tschechows OCI CIORNIE – SCHWARZE AUGEN (1987)
21.00 Luchino Visconti L’INNOCENTE – DIE UNSCHULD (1976)

LA PETITE LILI

Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 24150


Für Unterstützung bei der Realisierung unseres Programms danken wir:
20th Century Fox, Los Angeles (Schawn Belston) · AG Kino, Berlin (Eva Matlok, Hendrike Bake) · Bayerische
Ostgesellschaft, München (Erich Fellmann) · BBC Arena, London (Adam Low, Rosemary Tratt) · Bonner Kinemathek
(Sigrid Limprecht, Bernhard Gugsch) · China Film Archive, Beijing (Chen Jingliang, Tan Yanrong, Liu Dong) · Chinese
Taipei Film Archive, Taipei (Winston Lee, Teresa Huang) · Cinecittà Holding, Roma (Camilla Cormanni) ·
Cinémathèque Municipale, Luxembourg (Claude Bertemes, Marc Scheffen) · Cinémathèque Suisse, Lausanne
(Bernard Uhlmann, André Schäublin) · Cineteca Nazionale, Roma (Laura Argento) · Circolo Cento Fiori, München
(Giovanna Runggaldier, Ilaria Furno Weise) · Columbia Tristar, Berlin (Martin Bachmann, Swaantje Hertzenberg) ·
Dansk Radio TV, Søborg (Lene Nedergaard, Berit Jørgensen) · dctp, Düsseldorf (Beata Wiggen) · DDA Public
Relations, Los Angeles (Jill Di Raffaele) · Det Danske Filminstitut, Kopenhagen (Thomas Christensen, Aase
Malmkjaer) · Deutsches Filmmuseum, Frankfurt (Ulrike Stiefelmayer) · Deutsches Theatermuseum, München
(Claudia Balk, Petra Kraus) · Diogenes Verlag, Zürich (Ruth Geiger) · Film Archiv Austria, Wien (Nikolaus Wostry,
Armin Loacker) · Filmoteca Española, Madrid (Catherine Gautier) · Films Around the World, New York (Alexander
Kogan) · Forum Goethe-Institut, München (Michael Thoss, Andrea Engl) · Goethe-Institut, Shanghai (Andreas
Schiekofer) · Gosfilmofond, Moskva (Vladimir Dmitriev) · Institut für Skandinavistik der LMU, München (Katarina
Yngborn) · Italienisches Generalkonsulat München – Kulturabteilung / Istituto di Cultura (Francesco Jurlaro, Andrea
Piazza) · Kirch Media, München (Hans Kohl, Paul Reichl, Andreas Mittrenga) · Kommunales Kino, Hannover (Sigurd
Hermes) · Kulturreferat der Landeshauptstadt München (Andreas Rost) · Library of Congress, Washington (Mike
Mashon) · Lorac Productions, Los Angeles (Richard Schickel, Doug Freeman) · Made in Italy, Rom (Francesco Bono)
· MGM/UA, Los Angeles (John Kirk) · Museum Villa Stuck, München (Jo-Anne Birnie Danzker, Michael Buhrs,
Bernhard Schneider) · Münchner Stadtmuseum (Helmut Bauer) · Münchner Filmzentrum (Brigitte Bruns, Monika
Hemmer) · Narodny Filmovy Archiv, Praha (Vladimir Opela) · Norsk Filminstitutt, Oslo (Jan Eberholst Olsen, Kjell
Billing) · Österreichisches Filmmuseum, Wien (Alexander Horwath, Regina Schlagnitweit) · Philip Morris Cinema
Project, Roma (Alessandra Giusti) · Provobis, Berlin (Jürgen Haase) · Realfiction Filmverleih, Köln (Joachim Kühn) ·
ShanghART Gallery, Shanghai (Lorenz Helbling, Laura Zhou) · Shochiku Co., Tokyo (Suzuki Akiko) · Sony Pictures
Entertainment, London (Ian Taylor) · Sony Pictures Entertainment, Los Angeles (Grover Crisp) · Stadtkino, Wien
(Gabriela Mühlberger) · Svenska Filminstitutet, Stockholm (Jon Wengström) · Warner Brothers, Hamburg (Günter
Backes) · Warner Brothers, Los Angeles (Brian Jamieson) · WDR Fernsehen, Köln (Ingrid Wiel, Marina Kranold) ·
WDR / 3sat, Köln (Reinhard Wulf) · ZDF, Mainz (Josef Nagel) · Zeise-Kinos, Hamburg (Sabine Matthiesen)
Kurt Benning, München · Joseph Bierbichler, Ambach · Robert Bramkamp, Berlin · Neil Brand, London · Vadim
Glowna, Berlin · Fritz Göttler, München · Renata Helker, Berlin · Thomas Kampen, Heidelberg · Evgenij Luchin,
München · Verena Mund, Minneapolis · Christoph Nußbaumeder, Berlin · Francesco Patierno, Roma · Ulla Rapp,
München · Rüdiger Tomczak, Berlin · Vera Tschechowa, Berlin · Maja Turovskaja, München · Casper Tybjerg, Kopen-
hagen · Nick Wrigley, Horwich · Klaus Wyborny, Hamburg · Zheng Dongtian, Beijing · Aljoscha Zimmermann, München

Kooperationen des Filmmuseums mit anderen Veranstaltern:


Retrospektive Ernst Lubitsch, Österreichisches Filmmuseum Wien (Dezember) · Nitrate Film Festival, Jugoslovenska
Kinoteka Belgrad (Dezember) · 3D-Filmfestival, Norsk Filminstitutt Oslo (Januar) · Fallbeispiele der Film-
restaurierung, Freunde der Deutschen Kinemathek Berlin (Januar) · 10. Internationales Bremer Symposium zum
Film, Kino 46 Bremen (Januar) · Jüdische Filmpioniere, Deutsches Filmmuseum Frankfurt (Januar) · Retrospektive
Richard Oswald, Film Archiv Austria Wien (Februar) · Retrospektive Friedrich Wilhelm Murnau, Cinémathèque
Ontario Toronto (Februar) · Die Tschechows, Filmmuseum Düsseldorf (März) · Stummfilme mit Musikbegleitung,
Metropolis Hamburg (Dezember) / Filmhaus Nürnberg (Dezember) / Caligari Filmbühne Wiesbaden (Januar) /
University of Chicago (März)
Außerdem verleiht der Bundesverband kommunale Filmarbeit e.V. ein Filmpaket DER UNBEKANNTE ORSON
WELLES, das vom Filmmuseum restaurierte Kurzfilme enthält und in verschiedenen deutschen Städten gezeigt wird.
Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München
Tel 089/233 24150 · Fax 089/233 23931 · http://www.filmmuseum-muenchen.de

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