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Die neue
Individualisierung der IT
Vorteile und Grenzen von Mashups in Unternehmen
2009/12
www.detecon.com
Die neue Individualisierung der IT
Inhaltsverzeichnis
1 Executive Summary............................................................................................. 2
2 Ein Anwendungsfall ............................................................................................. 3
3 Was sind Mashups? ............................................................................................ 4
4 Auswirkungen von Business-Mashups................................................................ 6
4.1 Schnelligkeit, Innovation, Vielfalt, Spezialisierung........................................... 6
4.2 IT-Betriebsorganisation, Sicherheit, Authentifizierung, Datenschutz und
Governance ..................................................................................................... 6
4.3 Individualisierung der IT .................................................................................. 9
5 Mashups im Kontext von Enterprise 2.0............................................................ 11
5.1 Aufbau einer Mashup-Community ................................................................. 11
5.2 Leistungs-Verrechnung als Anreiz zur Beteiligung in der Community........... 12
6 Schlussfolgerung und Empfehlungen................................................................ 14
7 Lektüreempfehlungen........................................................................................ 16
8 Die Autoren........................................................................................................ 17
9 Das Unternehmen ............................................................................................. 18
1 Executive Summary
Unter „Mashup“ versteht man die Verknüpfung von mehreren modularen Diensten
(Datendiensten oder funktionalen Diensten) zu einem neuen Dienst, der völlig neue
Anwendungsbereiche erschließt und gegenüber den einzelnen Dienstemodulen einen
Mehrwert bietet.
Durch die Nutzung von Mashups können schnell und einfach externe Dienste und
Informationen in unternehmenseigene Web-Angebote und Applikationen integriert werden.
Zahlreiche Web-2.0 Anbieter nutzen bereits Mashup-Technologien für die Erweitung des
Funktionsumfangs ihrer Seiten, z.B. mit Google Maps.
Mashups in Unternehmen sind nicht nur ein technisches Thema für den Umbau bestehender
oder die Schaffung neuer Applikationen. Der CIO eines Unternehmens kann mit Mashups
gezielt die Individualisierung der IT fördern und sie insgesamt effizienter gestalten. Dazu
bedarf es einer Unternehmenskultur, in der Anreize zur Entwicklung von Mashups
geschaffen werden, so dass alle Unternehmensbereiche davon profitieren können.
2 Ein Anwendungsfall
Ein Lieferant ruft bei einem Unternehmen an. Das angerufene Unternehmen betreibt keine
eigene Telefonanlage, sondern bezieht seine Telekommunikations- und seine CRM-Dienste
(Customer Relationship Management) in Form von Software-as-a-Service (SaaS).
Sobald der Anruf durchgeleitet wird, verknüpft und präsentiert ein Mashup auf dem Rechner
des Mitarbeiters Informationen zu dem Anrufer aus verschiedensten Daten-Quellen, wie
CRM-, Warenwirtschafts- und Finanzsystemen. Durch die Verwendung von Standard-Web-
und Mashup-Technologien zeigen die Browser bei Anrufeingang auch den Firmenstandort
des Anrufers auf Google-Maps an und liefern basierend auf Google News die neuesten
Nachrichten zum anrufenden Unternehmen.
Zusätzlich hat der Angestellte, zu dem der Anruf durchgestellt wird, individuell das Mashup
mit Informationen aus anderen externen Quellen (wie z.B. aktuelle Wechselkursdaten aus
Internet-Finanzdiensten) ergänzt. Das Unternehmen unterstützt aktiv diese Form der
individuellen Datenverarbeitung, indem es ein Mashup-Design-Tool und ein Repository der
schon verfügbaren individuellen Erweiterungen zur Verfügung stellt.
Darf der Angestellte die Entscheidung nicht alleine treffen, werden die wichtigsten Daten
über den Lieferanten und sein Angebot als RSS-Feed zusammengestellt und an einen
Collaboration-Dienst weitergereicht.
Möglicherweise kann der Angestellte den Kauf aber auch gleich abschließen. Dafür sind in
seinem Browserfenster alle notwendigen Funktionen der B2B-(Ver-)kaufsplattform
eingebunden.
Wie unser Anwendungsfall zeigt, versteht man unter „Mashup“ die Verknüpfung von
mehreren modularen Diensten (Datendiensten oder funktionalen Diensten) mit Hilfe von
offenen Schnittstellen zu einem neuen Dienst, der völlig neue Anwendungsbereiche
erschließt und gegenüber den einzelnen Dienstemodulen einen Mehrwert bietet.
Die Dienstemodule können serverbasiert integriert werden, d.h., der Client bekommt die
Ergebnisse der Dienste-Verknüpfung von einer Mashup-Plattform zugesandt. Oder die
Integration erfolgt clientbasiert, d.h. der Client zapft mehrere Dienstequellen an und integriert
die Daten selbst (beispielsweise per Javascript im Browser).
Webseiten, die Inhalte und Services über solche Mashup-Dienste anbieten, richten sich
meist an den Endverbraucher (B2C – Business to Consumer). Sowohl die Anbieter solcher
Seiten (Business) als auch die Nutzer (Consumer) haben durch eine Integration von
Mashups viele Vorteile, die u.a. in „Die Mischung macht’s“ von J. Ewers, Detecon
Management Report 2/2009 beschrieben sind.
Dies sind Mashups, die sich vornehmlich direkt an Internet-Nutzer richten. Die B2C-
Endkunden eines Unternehmens oder Nutzer einer Webseite profitieren so von den
Vorteilen, die Mashup-Applikationen bieten. Es handelt sich um Mashups, die einen Service
auf Basis von öffentlichen zugänglichen Schnittstellen und evtl. eigenen Business-internen
APIs (Application Programming Interface, deutsch: „Schnittstelle zur Anwendungs-
programmierung“) generieren und diesen dem Endkunden bzw. Privatkunden anbieten. Ein
Beispiel ist der Dienst Google Maps, mit dem eine mit eigenen Daten angereicherte Karte
auf der eigenen Plattform/Webseite angezeigt werden kann.
Nur ein kleiner Teil der IT-Services eines Unternehmens wird direkt von Endkunden genutzt.
Fast alle IT-Services dienen zur Unterstützung der primären oder sekundären
Geschäftsprozesse. Aber auch hier ergeben sich Möglichkeiten zum Einsatz von Mashups,
die sich nur indirekt an Enduser richten.
2. Auch sind Mashups als Ergänzung oder sogar als Ersatz von klassischen Business-
Applikationen denkbar. Mit einer Service Oriented Architecture (SOA) gehen
Unternehmen schon einen Schritt in diese Richtung. In diesen Fällen befinden sich die
Nutzer im Unternehmen und die zum Mashup gehörenden Web Services und APIs sind
nur unternehmensintern zugänglich (oder werden von Partner-unternehmen
eingebunden). Solche Mashups müssen allerdings die Organisations-, Sicherheits- und
Governance-Richtlinien des Unternehmens erfüllen.
3. Eine dritte Möglichkeit, Mashups in Unternehmen zu nutzen, ist die Unterstützung der
individuellen IT für Nutzer. Mit entsprechenden Webservices und APIs können schnell
und einfach Informationen aus Business-Applikationen verknüpft und verarbeitet
werden. Beispielsweise können Marktdaten aus externen Quellen in ein
unternehmensinternes Data Warehouse importiert werden.
Für die Erzeugung von Mashups existieren Tools, mit denen verschiedene Webservices
einfach zu Mashups verknüpft werden können. Während Microsoft sein Angebot „Popfly“
nach zwei Jahren im August 2009 eingestellt hat, gibt es mit „Yahoo Pipes“ weiterhin die
Möglichkeit, auch ohne tiefer gehende Programmierkenntnisse Mashup-Applikationen zu
erstellen.
Mit Hilfe von Mashups können Applikationen vergleichsweise schnell erweitert werden. Es
können Anforderungen abgedeckt werden, für die es sich bisher nicht gelohnt hat, eine
Client-Server-basierte oder lokal laufende Applikation zu entwickeln oder für die dies aus
Zeitgründen nicht möglich war.
Für die Bereitstellung von (Nischen-)Anwendungen, die nur von wenigen Nutzern benötigt
werden, können Mashup-Applikationen im Rahmen der individuellen IT genutzt werden (s.
Kapitel Individualisierung der IT).
Einfache Applikationen mit einer nur kurzen Lebensdauer werden mit Hilfe von Mashups
schnell und einfach erstellt. In dem einleitenden Anwendungsfall wäre das beispielsweise
eine einmalige Feedback-Aktion, bei der die Lieferanten einen externen Fragebogen-Service
nutzen, der per Mashup in die Unternehmens-IT integriert wird.
Für den Kunden zählen – egal ob klassische Applikationen oder Mashups genutzt werden –
Leistung, Kosten und Sicherheit. Das sichere Funktionieren einer Applikation ist für
Unternehmen umso wichtiger, je stärker sie in die Geschäftsprozesse integriert ist.
Schädliche Unzureichende
Software Sicherheitskonzepte
Schlecht
Diebstahl von
konfigurierte Systeme,
Daten, Diensten
unzureichende Wartung
Unsichere Vernetzung
Unberechtigte Programm-
und Anbindung an
oder Datenänderungen
andere Applikationen
Sicherheitserfordernisse
Anwender-Fehler
werden nicht beachtet
In der klassischen IT werden die oben genannten Risiken schon bei der Entwicklung durch
etablierte Vorgaben und Prozesse minimiert. Für den Betrieb der Applikation ist genau
geregelt, wer für welche Module der Applikation betriebsverantwortlich ist. Für Schnittstellen
werden zur Regelung der Zuständigkeiten häufig Kontrakte geschlossen, die von den
beteiligten Applikations-Verantwortlichen unterzeichnet werden. Im Rahmen der IT-
Governance wird die Wirksamkeit der entsprechenden Prozesse sowohl während der
Entwicklung als auch im Betrieb der Software regelmäßig von einer zentralen Stelle
kontrolliert, ggf. werden Verbesserungsmaßnahmen ergriffen.
Bei sich schnell ändernden und dynamisch entwickelten Mashup-Netzen ist es aber
schwierig, diese Rahmenbedingungen sicherzustellen. Für Mashup-Applikationen in
Unternehmen müssen dieselben Grundsätze wie für klassische Business-Applikationen
gelten. Andernfalls sind die Grundanforderungen an die IT-Sicherheit nicht erfüllt.
Hauptproblem bei Mashups ist, dass die Partner nicht wissen, was mit zur Verfügung
gestellten Daten passiert und in welchen anderen Mashups sie ggf. auch benutzt werden.
Die entstehende Landschaft aus Webservices, API und Mashup Design-Tools wird von
unterschiedlichen Organisationen entwickelt und betrieben. Die Sicherheitanforderungen
müssen von allen beteiligten Systemen, Schnittstellen und Betriebsorganisationen
eingehalten werden. Jedoch wird die Sicherheit nicht durch eine zentrale Einrichtung
kontrolliert, so dass auf Dritte vertraut werden muss.
Für jede einzelne Komponente des Mashups müssen Kontrakte und Vereinbarungen
getroffen werden, um dieselben Anforderungen wie an klassische Business-Applikationen
erfüllen zu können. Die einmaligen Kosten für die Implementierung der entsprechenden
Prozesse und die laufenden Kosten für Überwachung und Kontrolle sind aufgrund der
Vielzahl der beteiligten Partner nicht zu vernachlässigen.
Vor der Verwendung von Mashups im Unternehmen sind daher folgende Fragen zu klären:
Datenschutz/IT-Sicherheit
Q Wer überprüft das Gesamt-Mashup auf Einhaltung der datenschutzrechtlichen
Anforderungen? Wer stimmt das mit dem Betriebsrat der beteiligten
Unternehmen ab?
Q Werden personenbezogene Daten verarbeitet? Wenn ja, wo werden sie
gespeichert? Wer ist für sie verantwortlich?
Q Wie findet die Authentifizierung statt? Gibt es eine zentrale oder dezentrale
Benutzerverwaltung, findet Verschlüsselung statt? Sind Passwörter sicher
gespeichert?
IT-Governance
Q Wer ist für den Betrieb der einzelnen Teile des Mashups verantwortlich?
Q Wer führt den Betrieb durch? Wer kontrolliert den Betrieb?
Service Levels
Q Wer verhandelt Service Levels? Gibt es umfassende Service Level
Agreements (SLAs)?
Q Wer überprüft die SLAs?
Q Wer trägt welche Konsequenen, wenn SLAs nicht eingehalten werden?
Performance
Die Performance von Applikationen nimmt ab, je mehr Schnittstellen und Verarbeitungs-
bzw. Präsentationsschichten in einem Applikationsverbund vorhanden sind. Alte Mainframe-
Anwendungen, die monolithisch angelegt sind, haben in der Regel eine sehr gute
Performance, schon allein weil sie entstanden, als die Verarbeitungsgeschwindigkeit von
Rechnern stark beschränkt war und sie daher sehr effizient realisiert wurden.
Bei einer Verwendung von Mashups zur Massendatenverarbeitung sinkt die Performance
weiter. Durch die starke Abstraktion und die große Distanz von den zu Grunde liegenden
Services entsteht ein großer Overhead. So müssen bspw. Verschlüsselung und
Authentifizierung implementiert werden, was bei einer klassischen Anwendungsarchitektur
einfacher zu realisieren bzw. nicht notwendig ist. Zahlreiche Verarbeitungs- und
Präsentationsschichten werden z.T. auf unterschiedlichen Rechnern genutzt und müssen
koordiniert werden. Für die klassische Massendatenverarbeitung ist bei der Verwendung von
Mashups daher mit erheblichen Performance-Einbußen zu rechnen und es sollte besser auf
Architekturen zurückgegriffen werden, in denen die Komponenten direkter gekoppelt sind
(z.B. ERP-Systeme).
In jedem großen Unternehmen gibt es eine Vielzahl von kleinen, mit (Microsoft) Office-
Makros und anderen „einfachen“ Mitteln vom End-Nutzer erstellten Mini-Applikationen, die
einzelnen Mitarbeitern das Leben erleichtern („Individuelle Datenverarbeitung“). Diese
„Applikationen“ sind meist schlecht oder gar nicht dokumentiert; keine Betriebsorganisation
verantwortet diese Lösungen. Sie sind vielmehr abseits der etablierten Entwicklungs- und
Genehmigungsprozesse für Applikationen „nebenbei“ durch Mitarbeiter entstanden, und
haben trotzdem oft eine tragende Rolle in den Geschäftsprozessen: Sei es durch wichtige
Auswertungen aus Business-Applikationen, durch die Erstellung von Reports oder durch
spezielle Daten-Aggregationen und Filterungen.
Bei einer Umstellung von Office-Releases, der Versetzung oder dem Ausscheiden des
Mitarbeiters, der sich um die Lösung kümmert, oder bei einem Problem im Betrieb ist es
anderen Kollegen meist nicht möglich, die Applikation zu verstehen, zu verbessern oder
Fehler zu beheben: Die Lösungen sind nicht dokumentiert, die Dateien auf der Festplatte
des Mitarbeiters oder unbekannten Netzlaufwerken abgelegt.
Durch den Einsatz von Mashup-Applikationen und auf Grund der Tatsache, dass immer
mehr Office-ähnliche Funktionalitäten ins Web wandern, können Unternehmen die Situation
allerdings verbessern: Mitarbeiter programmieren ihre individuelle Software nicht mehr
Client-seitig mit Hilfe von Office, sondern können z.B. mit „Yahoo Pipes“ ähnlich einfach wie
mit Office-Makros eigene benutzerdefinierte Mashups erstellen.
Mashups bieten vor allem für die einfache Erstellung und Verarbeitung von Daten aus
zentralen Business-Applikationen interessante Ansätze: Zum Beispiel sind für ein optimiertes
Risikomanagement die relevanten internen und externen Informationen schnell und flexibel
bereitzustellen. Dazu müssen häufig Datenexporte aus ERP-Systemen nach bestimmten
Kriterien gefiltert, aggregiert oder gruppiert werden, um neue Berichte zu erzeugen. Wenn
Daten dann auch noch aus verschiedenen Applikationen kommen oder mit
unternehmensexternen Daten angereichert werden sollen, ist das für die Mitarbeiter mit der
Standardsoftware nur schwer durchzuführen. Gelöst wird eine solche Aufgabe dann häufig
über aus dem ERP-System exportierte Text-Dateien, die anschließend mit Excel, Access
und Co. weiterverarbeitet werden.
Durch die Nutzung von Mashups optimieren Unternehmen solche Vorgänge: Anstatt Listen
im Text-Format aus ERP-Systemen zu exportieren, werden berechtigten Nutzern Daten als
Web-Services angeboten. Diese Nutzer können dann mit Hilfe von Mashups die Daten
verarbeiten und auch mit unternehmensinternen oder -externen Informationen aus anderen
Applikationen ergänzen. Informationen aus Data Warehouses werden mittels Webservices
schnell und flexibel mit Daten aus weiteren Quellen angereichert.
Wenn das Unternehmen eine Mashup-Plattform als offizielle Anwendung anbietet, auf der
die Mitarbeiter ihre individuellen Webservices und Mashups entwickeln können, entstehen
eine Reihe von Vorteilen:
Q Automatische Inventarisierung aller individuellen Entwicklungen, da sie auf der
Plattform hinterlegt sind.
Q Releasewechsel sind einfacher möglich, da nicht in einem „Big Bang“ die
gesamte Office-Plattform umgestellt wird, sondern die einzelnen Web-
Applikationen mit ihren definierten Schnittstellen sich entkoppelt umstellen
lassen.
Q Unternehmensexterne Daten z.B. von Branchendiensten, Markt-
forschungsinstituten, Börsen oder Banken lassen sich einfach einbinden.
Q Im Gegensatz zur institutionalisierten Anwendungsentwicklung bleiben die
Vorteile der individuellen Softwareentwicklung erhalten, den Überblick verliert
das Unternehmen jedoch nicht.
Mashups haben ihren Ursprung in der Welt des Web 2.0. Dort ermöglichen und fördern
Mashup-Technologien offene Communities bei der Entwicklung neuer Dienste. Analog dazu
sollte ein Unternehmen die Effektivität und Akzeptanz der Mashup-Anwendungen durch den
Aufbau einer Mashup-Community steigern. Eine Anwendung der Web 2.0-Paradigmen
innerhalb von Unternehmen wird allgemein auch als Enterprise 2.0 bezeichnet. Viele
Unternehmen haben sich dazu entschlossen, ein Enterprise 2.0-Konzept zu entwickeln und
durchzusetzen. Der Aufbau einer Mashup-Community sollte in diesem Fall Bestandteil der
Strategie sein.
Anders als im Web 2.0, wo die Communities meist öffentlich sind und neben den
eigentlichen Dienste- bzw. Mashup-Providern ausdrücklich sämtliche Internet-User
ansprechen, werden die Communities der Business-Mashups nicht öffentlich sein und aus
den Mashup-Usern des Unternehmens sowie aus den internen bzw. externen IT-
Dienstleistern bestehen. Mashup-User können dabei Unternehmensmitarbeiter sein, aber
auch Unternehmenspartner, wie beispielsweise Subunternehmen, selbständige Partner oder
Kunden. Die Aufgabe des Business-Mashup-, Dienste- bzw. Plattform-Providers (also z.B.
einer unternehmensinternen IT-Abteilung) wird es sein, die grundlegende Community-
Infrastruktur (Wikis, Blogs, Foren, Collaboration-Tools, etc.), wie auch die Entwickler- und
Laufzeitumgebung für Mashups zu stellen.
Business-Mashups und zugehörige Dienste werden wie jede andere IT-Leistung innerhalb
des Unternehmens verrechnet, schon allein, um ihre Kosten verursachungsgrecht zu
verteilen. Sind gar externe Dienstleister involviert, ist eine Abrechnung der Mashup-
Leistungen ohnehin unerlässlich. Um ein Verrechnungsmodell zu definieren, das Mashup-
Benutzer motiviert, sich aktiv in die Mashup-Community einzubringen, müssen zunächst die
Akteure des Eco-Systems „Business-Mashup“ identifiziert werden. Diese sind:
Q Der Betreiber eines Dienstes (API-Provider): Seine Leistung ist der Betrieb der
Systeme, die Funktionen und/oder Daten bereitstellen. Über APIs werden die
Dienste in Mashups integriert.
Q Der Mashup-Provider: Er stellt die Mashup-Laufzeitumgebung und Support-
Tools bereit, wie z.B. API-Datenbank, Mashup-Repository, Community-
Plattform und Entwicklungs-Tools.
Q Der Mashup-Entwickler: Seine Leistung ist die Integration verschiedener
Dienstemodule zu einer Mashup-Anwendung, mit einem Mehrwert für den
Benutzer gegenüber Einzeldiensten.
Q Die Mashup-User: Sie nutzen den Mashup-Dienst.
Kostenmodell Anreizmodell
1 Kosten der
Mashup-Entwicklung Mashup- Mashup-
Entwickler Entwickler
2a Provision
an Entwickler
2a
Betriebskosten Mashup-
Mashup-
Mashup-User Mashup-User 1 Mashup- Provider
Provider Nutzungsgebühr
2b Provision
an Partner
2b Nutzungskosten für
Partnerschnittstellen
API- API-
Provider Provider
Q Modell 2: Anreizmodell
Mashup-Entwicklung Mashup-
Mashup-Nutzung
und Nutzung Bereitstellung
Franchise-Nehmer
...
Franchise-Nehmer
Franchisegeber
Franchise-Nehmer
Das Kostenmodell wird bei kleineren Unternehmen oder bei Unternehmen, die ein sehr
heterogenes Partnergeflecht aufweisen, zum Tragen kommen, da es in diesen Fällen
unwahrscheinlich ist, dass mehrere Unternehmenspartner oder -abteilungen gleichartige
Mashup-Anwendungen benötigen.
Dagegen ist das Anreizmodell vorteilhaft für Unternehmen, die eine Vielzahl von ähnlichen
B2B-Beziehungen pflegen. Allerdings wird das Anreizmodell immer nur eine Ergänzung des
Kostenmodells sein. So können beispielsweise Mashups, die sehr spezifische
Unternehmensprozesse unterstützen sollen, ausschließlich nach dem Kostenmodell in
Auftrag gegeben werden.
CIOs sollten die Möglichkeiten, die sich durch Mashups ergeben, ernst nehmen. Mashups
sind nicht nur eine weitere technische Spielart zur Gestaltung von Anwendungssystemen,
sondern erlauben eine neue, individuellere Nutzung der IT im Unternehmen.
Mashup-Applikationen spielen ihre Vorteile vor allem dann aus, wenn Daten oder Dienste
von unterschiedlichen Anbietern einfach und flexibel in Webseiten integriert werden sollen.
Bei Web 2.0-Communities sind Mashups bereits etabliert, zum Beispiel bei der Integration
von Kartenmaterial in eigene Web-Angebote. Generell können Applikationen, die sich direkt
in Richtung Consumer richten (B2C), stark von Mashups profitieren. Durch eine schnelle
Integration vorhandener Funktionalitäten kann flexibel auf Marktbedürfnisse reagiert werden.
Durch Tools zur Erstellung von Mashup-Applikationen (z.B. Yahoo Pipes) wird die Schwelle
zur Integration von Webservices in eigene Mashups noch weiter gesenkt.
Als neue technische Plattform für Business-Applikationen eignen sich Mashups jedoch nur
bedingt: Zu groß sind die erforderlichen organisatorischen und Governance-Anstrengungen,
um eine mit klassischen Business-Applikationen (z.B. ERP-Systeme, SAP, Mainframes)
vergleichbare Leistung und Qualität zu erzielen.
Für die Massendatenverarbeitung, wie sie in Großunternehmen und zunehmend auch bei
Mittelständlern an der Tagesordnung ist, dürfte die Performance von Mashup-Applikationen
nicht ausreichen. Die Einhaltung von Service Level Agreements und die Anforderungen an
Compliance und Governance können von Mashup-Applikationen nur mit großen
Anstrengungen dauerhaft erfüllt werden.
7 Lektüreempfehlungen
[4] The Data-centricity of Web 2.0 Workloads and its Impact on Server Performance
By M. Ohara, P. Nagpurkar, Y. Ueda, K. Ishizaki, IBM Research
8 Die Autoren
Dr. Alexander Bruns ist Senior Consultant bei Detecon in der Competence Practice
Information Technology in Eschborn. Nach seinem Studium der Wirtschaftsinformatik
promovierte er an der Universität zu Köln in Wirtschaftsinformatik über das Thema Electronic
Learning. Seit 2006 berät er Kunden im Bereich Application Portfolio Management bei der
Erstellung und Umsetzung von Strategien zur Einführung und zur Ausmusterung von IT-
Applikationen.
Christian Händel berät in der Detecon Competence Practice Information Technology seit
mehr als drei Jahren internationale Unternehmen bei der Entwicklung von Technologie- und
IT-Strategien. Seine Schwerpunkte liegen in der Identifizierung, Bewertung und Umsetzung
disruptiver Technologien. In mehreren Projekten konzipierte er Zielarchitekturen und
begleitete seine Kunden bei Technologie-Transformationen.
9 Das Unternehmen
Detecon International ist eines der weltweit führenden Unternehmen für integrierte
Management- und Technologieberatung und entstand 2002 aus der Fusion der beiden
Beratungshäuser DETECON und Diebold. Auf der Basis umfangreicher Kompetenzen im
Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologie (engl.: ICT) berät Detecon
Kunden aus allen Schlüsselbranchen. Im Fokus steht dabei der Aufbau neuer
Geschäftsmodelle, die Optimierung bestehender Strategien und die Steigerung der
Unternehmenseffizienz durch Strategie-, Organisations- und Prozessverbesserungen. In
Verbindung mit der herausragenden Technologie-Expertise von Detecon ermöglicht uns dies
eine Beratung entlang der gesamten Wertschöpfungskette unserer Kunden. Die Grundlage
unserer Dienstleistungen bilden das Branchen-Know-how unserer Consultants und unser
gewonnenes Wissen aus erfolgreichen Management- und ICT-Projekten in über 100
Ländern. Detecon ist ein Tochterunternehmen der T-Systems, der Geschäftskundenmarke
der Deutschen Telekom.