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Was ist Wissenschaft?

Das älteste Lexikon in meinem Bücherschrank ist Herders Konversationslexikon in neun


Bänden, 3. Auflage aus dem Jahr 1907.
„Wissenschaft, eine Summe von Erkenntnissen, die aus den Gründen oder Ursachen ihres Objekts
gewonnen wurde und durch ihre gemeinsame Beziehung zu einem Formalobjekt zur Einheit gelangt.
Die so genannten rationalen Wissenschaften gehen deduktiv vom Grund (dem Wesen und den
äußeren Ursachen) eines Dinges zur Folge (Erscheinungen, Wirkungen) über; die empirischen
steigen induktiv von den Folgeerscheinungen zu den letzten Ursachen und allgemeinen Gesetzen auf.
Die so genannten angewandten (praktischen) Wissenschaften unterscheiden sich von den reinen
(theoretischen) dadurch, dass sie mehr die praktische Verwendung im Leben als die spekulative
Begründung bezwecken.“

„Der neue Brockhaus“ in vier Bänden aus dem Jahr 1938


„Wissenschaft, ein geordnetes, folgerichtig aufgebautes, in sich zusammenhängendes Gebiet von
Erkenntnissen. Jede Wissenschaft erhält durch Erfahrung oder Denken gesicherte Erkenntnisse
(Tatsachen, Sachverhalte), die in Theorien und Hypothesen miteinander verknüpft werden. Die
Wissenschaften können eingeteilt werden nach ihren Gegenständen und nach den bei der Forschung
angewandten Verfahren (Methoden). […] Durch die entscheidende geistige Umgestaltung, die der
Nationalsozialismus vollzog, wurde die Abstraktion einer wertfreien, voraussetzungslosen
Wissenschaft überwunden; die Wissenschaft wurde unbeschadet ihrer sachlichen Forschungsweise in
ihre dienende Rolle gegenüber dem Leben des Volkes zurückgewiesen.“

Die Microsoft Encarta 2003.


„Wissenschaft, das menschliche Wissen und Forschen, soweit es systematisch gesammelt und
nachvollziehbar begründet ist bzw. sich an anerkannte Methoden hält. Wissenschaft bedeutet sowohl
das Forschen selbst als auch die Ergebnisse des Forschens (die Erkenntnisse) und schließt im
weiteren Sinn die damit befassten Institutionen ein. Die wissenschaftlichen Disziplinen oder
Einzelwissenschaften definieren sich jeweils durch einen eigenen Gegenstandsbereich und durch
spezifische Methoden (z. B. Schlussfolgern, Induktion, Deduktion, Messen, Experiment, Berechnen,
Feldforschung, Empirie, Hermeneutik). Erkenntnisse, die Anspruch auf Wissenschaftlichkeit erheben,
müssen begründet sein, d. h., sie müssen durch allgemein nachvollziehbare Argumente, Experimente,
Belege, Quellen etc. ihre Gültigkeit nachweisen. Im strengeren Sinne müssen sie belegbar
(Verifikation) oder widerlegbar (Falsifikation) sein. Die Wissenschaft grenzt sich damit als rationales
System des Erkenntnisgewinns von bloßer Meinung, von Glauben, Erfahrung, Weisheit, Sinnlichkeit,
Fühlen etc. ab.“

Quelle: http://www2.fh-muenster.de/casa/wissarb/pdf/Definitionen.pdf
Umberto Eco: Wie man eine wissenschaftliche Abschlußarbeit schreibt. 12. Auflage.
Weinheim 2007.
„Für manche ist die Wissenschaft mit den Naturwissenschaften oder mit Forschungen auf quantitativer
Grundlage gleichzusetzen. Eine Untersuchung ist nicht wissenschaftlich, wenn sie nicht mit Formeln
und Diagrammen arbeitet. Ginge man davon aus, dann wäre eine Arbeit über die Moral bei Aristoteles
nicht wissenschaftlich, aber ebensowenig wären es Untersuchungen über Klassenbewußtsein und
Bauernaufstände im Zeitalter der Reformation. An der Universität mißt man dem Begriff
„wissenschaftlich“ offensichtlich nicht die Bedeutung bei. Versuchen wir also festzulegen, unter
welchen Voraussetzungen eine Arbeit sich in einem weiten Sinn wissenschaftlich nennen darf.
Vorbild können durch die Naturwissenschaften sein, so wie sie sich seit Beginn der Neuzeit entwickelt
haben. Eine Untersuchung ist wissenschaftlich, wenn sie die folgenden Anforderungen erfüllt:
1. Die Untersuchung behandelt einen erkennbaren Gegenstand, der so genau umrissen ist, daß
er auch für Dritte erkennbar ist. […]
2. Die Untersuchung muß über diesen Gegenstand Dinge sagen, die noch nicht gesagt worden
sind, oder sie muß Dinge, die schon gesagt worden sind, aus einem neuen Blickwinkel sehen.
[...]
3. Die Untersuchung muß für andere von Nutzen sein. […]
4. Die Untersuchung muß jene Angaben enthalten, die es ermöglichen nachzuprüfen, ob ihre
Hypothesen falsch oder richtig sind, sie muß also die Angaben enthalten, die es ermöglichen,
die Auseinandersetzung in der wissenschaftlichen Öffentlichkeit fortzusetzen.“

Hans Poser: Wissenschaftstheorie. Eine philosophische Einführung. Stuttgart 2006.

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