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106 E r i k H o r n u n g : Lexikalische Studien I [86.

Band

Weiter ist darauf hinzuweisen, daß nun auch bestimmte Ergänzungen, die Schmidt in den A P
vornahm, hinsichtlich ihrer Lautform fragwürdig geworden sind: So müßte statt иерлте in 32,5
vielmehr u e p e t ergänzt werden; s t a t t ил<ж „ S t i e r " in 24,7 vielmehr ueci (in beiden Fällen ist
nämlich auch der hauptbetonte Vokal falsch angesetzt); statt плво , , S ü n d e " 15,1; 49,11 vielmehr
ΙΙΛΒΙ, wie wir das schon S. 104 Anm. 3 feststellten.
E s ist wohl angebracht, auch noch darauf aufmerksam zumachen, daß es auch imFayumischen
eine Opposition der auslautenden Vokale -i : -e gibt. Hier ist die Verteilung dieser Vokale gleich-
falls nicht regellos: -e tritt nur dann auf, wenn das Wort alt auf 'Ajin endigte (z. B . иееле, и н н ^ е ,
n o u e , ТЮШВ6, д^шшш;)», wie Polotsky, ZÄS 67 (1931) 75—77 gezeigt hat. Auf einem ganz anderen
B l a t t stehen wiederum die Handschriften, in denen eine regellose Mischung von -n und -i zu be-
obachten ist. Diese auf Dialektmischung hinweisenden Handschriften haben Kahle, Bala'izah I
S. 247 dazu gebracht, das historisch zu erklärende Nebeneinander von e- : -i in A P , Asc. Gen. (EV
lag ihm damals noch nicht vor) " n o t so much to Fayyumic, but to the pre-Coptic Sahidic dialect"
zuzuschreiben. Weder das eine noch das andere ist als , , E r k l ä r u n g " hinreichend.

ERIK HORNUNG

Lexikalische Studien I

1. whi und hiw ( W B I 3 5 2 , 3 — 1 1 und I I I 2 2 5 , 1 7 — 2 2 6 , 5 )

Eine Wurzel I I I , ,,deren Grundbedeutung sich kaum erschließen l ä ß t " , erwähnt E . O t t o ,


ZÄS 7 9 , 1 9 5 4 , 45 in seinem Aufsatz ,,Die Verba lae inf. und die ihnen verwandten im Ägyptischen".
Neben {w)hi ,,Halle" und h S j Л ,,Krankheit, Leiden" lassen sich von dieser Wurzel, deren Grund-
bedeutung man vielleicht vorsichtig mit,,dunkel o. ä . " umschreiben kann, theoretisch zwei Haupt-
verben ableiten, nämlich *hi(j) und *wh(i), von diesen wiederum Nominalformen und von diesen
Kausative. Eine Untersuchung der vorhandenen Bildungen bringt folgende Ergebnisse:
E i n Verbum *hS(j) ist bisher in der Literatur nicht zu belegen. Dagegen erscheint seit der 5.Dy-
nastie^ in der Verbindung ih.t-h3w „Abendmahl" ein Nomen hiw, das seit den Sargtexten selb-
ständig® und mit Vorliebe auch als Dual auftritt^. Als vereinzelte weibliche Form dieses maskulinen
Nomens erscheint hB.wt^. Der dazugehörige Kausativ é-h3 ist bisher nur einmal belegt®.
Das Verbum wh{i) „dunkeln" ist gut belegt seit Pap. Ebers (102,9), ebenso das Nomen whS
,,Dunkelheit, A b e n d " seit dem Mittleren R e i c h ' . Auch eine weibliche Form w h i Л erscheint vom
Mittleren Reich an®, trägt neuägyptisch den Artikel ti und entwickelt sich über das Demotische®

In dem erst kürzlich bekannt gewordenen Dialekt des P a p y r u s B o d m e r VI (GSCO 194) haben wir unter
den gleichen Bedingungen das Nebeneinander von -e : -л, vgl. ил^утл, ин^ул, пшмл, тшв^ч, тнвл,
^шшдл, *кшил (letztere F o r m e n zu erschließen aus den für diese Verben charakteristischen
F o r m e n des S t a t . pron. bzw. Qualitativs к о о и л ) . Hier hat also das auslautende 'Ajin vor seinem
Schwund den Übergang des e in л bewirkt.
2) S t e i n d o r t f , Ti. Taf. 7 1 ; M a r i e t t e , Mastaba D 1, S. 1 6 7 ; M u r r a y , Saqqarah Taf. 22.
η CT V I 3 1 3 b ; 3 1 3 d ; 3 4 8 v ; 3 7 1 h i ; 3721.
*) Brugsch weist in diesem Zusammenhang auf den nur im Priesterkodex vorkommenden hebräischen Aus-
druck bën ha arba'im hin, doch könnte es sich bei d"' nach Brockelmann, Grundriß der vergi. Grammatik
der semit. Sprachen Bd. I (1908), S. 458 und 663 auch um eine alte Lokativendung handeln. Vgl. auch die im
Neuen Reich und der Spätzeit beliebten dualischen Schreibungen für rivhi, kkw und diw\
P a p . S a l l i e r IV 21,9.
») Carnarvon Tabi. I Zeile 13f., siehe G a r d i n e r , J E A 3, 1917, 105.
') Siut I I I Zeile 10 ( = B r u n n e r , T e x t e S. 4 3 ) ; S c h a r f f , ZÄS 5 9 , 2 6 (Pap. Berlin 1 0 0 2 2 ) .
') Lebensmüder Zeile 72. ») E r i c h s e n , Demot. Glossar S. 98.

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1961] E ri к H o r n u ng : Lexikalische Studien I 107

zu koptisch ^ b '-ov^yii bzw. "· ovei „Nacht" weiter. Gleichfalls seit dem Mittleren Reich'
finden wir bis in die römische Zeit hinein^den Kausativ s-n'A(i) „den Abend" (oder „die Dunkelheit")
verbringen.
Ein Unterschied der Bedeutung zwischen hiw und wh: ist aus den Texten nicht zu ersehen;
sie werden synonym gebraucht und kommen gelegentlich nebeneinander im gleichen Text vor®,
bzw. als Varianten desselben Textes^. Gewisse Zeiten zeigen eine eindeutige Vorliebe für eine der
beiden Formen; so kennt die Ramessidenzeit als Nomen nur hiw, die Spätzeit verwendet dagegen
fast ausschließlich whi. Als Determinativ dient in seinen verschiedenen Formen'; doch wird
es, zumal in der Verbindung ih.t-hiw, häufig fortgelassen
Hiw und wh3 kommen in allen Arten von Texten vor und sind vom Alten Reich bzw. Mittleren
Reich bis in die römische Zeit hinein häufig gebrauchte Worte; seit der Ramessidenzeit verschwin-
den sie allerdings weitgehend — wenn auch nicht ganz — aus profanen Texten®.
Die Grundbedeutung beider Worte ist sicher „Dunkelheit" bzw. „Dunkelwerden", doch haben
sie schon früh daneben die engere Bedeutung ,,Abend". So wird man Pap. Berlin 10022
( S c h a r f f , ZÄS 59,26) und Tb 84,9 whS bzw. hSw (n) hn.t nur mit ,,Abend des Stromauffahrens"
übersetzen können, da es sich bei dieser festlichen Fahrt ja um eine konkrete Tageszeit handeln
muß. Auch sonst wird man an vielen Stellen sinngemäßer,,Abend" übersetzen, vor allem in Fällen,
in denen eines der beiden Worte im Gegensatz zu dw3 ,,Morgen" steht', oder in der Verbindung
,,vom {m oder dr) Abend bis (r) zum Morgen", die in griech.-röm. Zeit recht häufig ist®. Gelegent-
lich aber tritt die Grundbedeutung wieder klar hervor, wenn es z. B. Pap. Lansing 9,7 f. vom Sol-
daten heißt: ,,Nachdem er geweckt wurde, während es (erst) die erste Stunde (des Tages) ist, ist
man hinter ihm her wie hinter einem Esel, und er arbeitet bis die Sonnenscheibe untergeht unter
ihrer Nachtdunkelheit {hr tSj-f wh3 η grA)".
Eine Bedeutung ,,Nacht", wie sie das Wb I 352, 7—9 gibt, ist wohl auszuschheßen. In der dort
angeführten Belegstelle Siut III Zeile 10 ( = B r u n n e r , Texte S. 43) ^

^ ^ ^ ^ ^ лллллл ( ^ ^ ^^ wird man sinnvoller gerade ,,Dunkelheit" übersetzen: ,,Wenn


die Dunkelheit einbrach, pries mich der, welcher die Nacht auf dem Wege verbrachte, da er so
sicher war wie ein Mann in seinem Haus, usw.". Die unsichere Zeit beginnt ja nicht erst nachts,
sondern mit dem Einbrechen der Dunkelheit, und Schlafen und Mondschein, die das Wb als weitere
Belege anführt, finden j a auch abends statt, so daß diese Textstellen eine Übersetzung ,,Nacht"

') Pap. Prisse 14,5.


etwa im Pap. Leiden Τ 32, III 22 und IV 21 — S t r i c k e r , Oudheidk. Med. 34, 1953, 19 und 21; beachte
dort den parallelen Gebrauch zu sdr\
η Zum Beispiel Urk. VIII 63 = Theb. Temp. 76h im selben Satz: ( / ^ 1

allerdings hiw als selbständiges Wort auf (III 18,15) und bringt

es nicht mit hiw, sondern mit hitj ,,Verhüllung, Bewölkung" zusammen.

Tb 149,
Vgl. zum Zeichen M. C h a t e l e t , Une des causes de l'obscurité nocturne, B I F A O 18,21—31 ; ihre Auffassung
der Varianten als verschiedene Phasen eines Vorganges, nämlich des Bruches der Himmelsstützen bzw. des
,,Himmelsruders" und ihrer Reparatur wird schon durch die große Fülle dieser Varianten unwahrscheinlich,
dazu ist ein solcher eschatologischer Vorgang in der Literatur nirgends belegt. Man muß wohl annehmen, daß
die ursprüngliche Natur des Zeichens schon in der 5. Dynastie, aus der die ältesten Belege stammen (Urk. I 184,6;
CdE 14, 1939, 339; Pyr.) unklar war, findet sich doch von keinem anderen Zeichen eine solche Fülle der Va-
rianten.
·) In einem ausgesprochen profanen Text ramessidisch nur Pap. Lansing 9,8; in der Spätzeit wieder etwas
häufiger.
') Schon CT VI 313bd; siehe im übrigen die Belegstellen zu W b I 352,6 und III 225,18.
») Siehe Belegstellen zu Wb III 225,19f.

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108 ErikHornung: Lexikalische Studien I [86. Band

keineswegs verlangen. Gerade für das abendliche Sich-Zcigen der jungen Mondsichel wird als Zeit-
bestimmung gerne wh3 gebraucht'. Dazu kommt, daß whi noch im späten Demotischen mit rhj
„Abend" übersetzt wird^.
Bei der Übersetzung „Abend" ist allerdings zu berücksichtigen, daß wh3 und hiw nicht mit
mSrw (siehe unter 3.) identisch, sondern als dunkle Zeit später anzusetzen sind, wie schon Pyr. 404
mèrw.t und ih.t-hSw aufeinanderfolgen. In später Zeit findet jedoch eine gewisse Überschneidung
s t a t t ; so scheinen hiw und m^rw Edfu I 35 als Synonyma für die Zeit des Sonnenunterganges ge-
braucht zu werden, und in dieser Bedeutung findet sich wh3 auch Edfu I 286.

2. (víiítv) (I 370,2—5)
Der ursprüngliche Lautbestand dieses Wortes ist w¿3w; das auslautende -w wie auch der schwache
dritte Radikal fallen in der Spätzeit fort. Da gleichzeitig, nach dem Ende des Neuen Reiches, s
und h in der Aussprache nicht mehr getrennt werden®, fällt das Wort der Bedeutung nach mit
wh(S) zusammen, bleibt in der Schreibung aber als selbständiges Wort noch in Texten der griech.-
röm. Zeit erhalten. Gelegentlich finden sich auch weibliche Formen <Э ^ ^ ^ ^ und
doch kann das koptische o v ^ i i wegen der achmimischen Form οτ?ι nur von wh(3).t kommen.
Als Determinativ steht durchweg p ^ in seinen verschiedenen Varianten. WSiw ist seit der
Ersten Zwischenzeit belegt® und in seiner ursprünglichen Bedeutung auf rein religiöse Texte be-
schränkt, wie Hymnen, Sargtexte, Totenbuch, Jenseitsführer u. ä. Erst nach dem Zusammenfall
mit whi findet es sich auch in profanen Texten.
Von den beiden Belegen in den Sargtexten zeigt CT VI 296p („es zittern vor ihm die Stunden
der wáiw'') lediglich, daß wêiw einen längeren Zeitraum meint, den man auch in Stunden unter-
teilen kann. Näher an die Bedeutung des Wortes führt CT II 296f.: ( ^

weiß, was verstümmelt ist von dem Auge des Tbj am Tage, da seine (des Auges) Teile gezählt
werden, wenn der Sonnenglanz mächtiger wird als der (víiív". In einigen Texten fehlt das m vor
wis, sie beginnen statt dessen mit w3è ein Rubrum und damit einen neuen Abschnitt und fügen
am Ende noch ein „Ansehnlicher' ist der Sonnenglanz als der wé3w, das
Licht als die Finsternis®". Wèiw tritt hier in Gegensatz zum Glanz des Lichtes und scheint in
diesen beiden Gegensatzpaaren geradezu eine gesteigerte Finsternis zu bedeuten, so wie 'ndw ein
gesteigertes Licht („Glanz") darstellt. Man ist versucht, iviitf hier mit,,tiefe Finsternis" oder „tiefe
Nacht" zu übersetzen, und wird darin bestätigt durch die Sonnenuhr im Kenotaph Sethos I, auf
welcher die ersten fünf Nachtstunden mit grh die sieben späteren aber mit wèìw
überschrieben sind®. Das erinnert sogleich auch an die oben zitierten ,,Stunden der w i i w " CT VI
296p, bei denen es sich also um die „Stunden der tiefen Nacht" handelt. Ferner paßt zu einer

') E t w a Urk. VIII 44i.


2) Pap. Carlsberg I, III 40f.
Siehe E r m a n , Neuäg. Gramm. § 52.
*) Pharaobuch Pap. Bulaq 7, I 36.
') Ree. trav. 14, 178; vgl. auch unter 4).
·) CT II 296f.; VI 2 9 6 p ; C l è r e - V a n d i e r , Textes, Eibl. Äg. X, § 15 Zeile 3.
') wBi bedeutet (Wb I 261 f.) ,,angesehen, mächtig sein", aber auch ,,sich freuen". Speleers übersetzt an dieser
Stelle ,.agréable".
Die Lesung der beiden im Mittleren Reich unausgeschriebenen Wörter lautet nach der Version aus dem

Grabe des Nachtmin (ZÄS 57,7*) ( ® ^ und ^ ^ ^

») F r a n k f o r t , The Cenotaph of Seti I Bd. II, Taf. L X X X I I .

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1961] ErikHornung: Lexikalische Studien I 109

solchen Übersetzung auch nb.t wsiw „Herrin der tiefen Nacht" als Name der 8. Nachtstunde im
Großen und Kleinen Amduat' sowie im „Livre de la nuit"^.
Die ermittelte Bedeutung macht es verständlich, warum wsSw gern in magischen Texten er-
scheint. So wird in den Zaubervorschriften im Titel der Sonnenlitanei die Anweisung gegeben, das
Zauberbild hjt wêiw mit einem besonderen Stein auf den Boden zu zeichnen. Hier ist sicher an die
Zeit um Mitternacht gedacht, wenn die nächtliche Finsternis ihre größte Verdichtung erreicht hat,
die Welt gleichsam in ihren Urzustand zurückgesunken ist und der magischen Handlung besondere
Kraft innewohnt, zielt sie doch oft auf Dinge, die in der gewöhnlichen Tageswelt undenkbar sind.
Ähnlich heißt es in Zeile 231 f. des gleichen T e x t e s ' : „Um dieses Buch zu lesen, reinigt sich der,
welcher es lesen will, in tiefer Nachtstunde (/· wnw.t wSSw), nachdem Re im Westen untergegangen
ist", und in einem magischen Text der Spätzeit^ bezeichnet sich der Zaubernde als ^
ö ^ ^ ' i r ^ Q ,,Herr der tiefen Nacht", um in dieser Rolle dem abzuwehrenden Dämon besonders
machtvoll entgegentreten zu können. Schließlich gehören die 6. und 8. Nachtstunde, die das Apo-
phisbuch® als Zeitpunkt magischer Handlungen nennt, j a gleichfalls zur w§3w-Ze\i, wie das Nacht-
stunden-Verzeichnis im Kenotaph Sethos I (s. o.) zeigt.
Während das gewöhnliche Wort für „Nacht" — grh — m. W. nie im Zusammenhang mit der
Finsternis des Totenreiches gebraucht wird, verwendet Tb 180,13 f. wèiw geradezu als ein Synonym
dafür: ,,Ich lasse mich nieder (htp) in der Dat, ich bemächtige mich des w§3w, ich trete ein in ihn
und ich komme (wieder) aus ihm hervor"®.
Der Bedeutungswandel von wèiw, hervorgerufen durch den Zusammenfall von à und h und die
damit verbundene Angleichung an whS, ist sicher schon vor der Perserzeit eingetreten. In einem
Hymnus aus dem Hibistempel heißt e s ' : „Es erheben sich für dich die Schlafenden, ^ J | ^ ^
öffnet sich dir die Unterwelt am Abend, dein
linkes Auge (der Mond!) ist die Sonnenscheibe in der Nacht". Die Übersetzung „Abend" wird
durch ein weiteres Textbruchstück gesichert, wo sicher von der Verehrung der Sonne bei ihrem
I I I .
Untergang die Rede ist (Taf. 37 rechts beim ersten anbetenden Pavian: ГО о
ЛЛЛЛЛЛ ЛЛЛЛЛЛ

Völhg eindeutig ist der Bedeutungswandel in den Inschriften des Petosiris-Grabes zu erkennen,
wo wë{i) analog zu whS als Ende der Arbeit und Abschluß des Tages erscheint®. In griech.-röm.
Zeit findet sich wSi öfter im Gegensatz zu dw3{w) „Morgen" oder parallel zu wh3 „Abend". Hier
sei nur noch auf eine Stelle aus Dendera' hingewiesen, wo es in Anspielung auf die j a nur abends
sichtbare junge Mondsichel heißt: „Du erscheinst uns als Mond an jedem 2. Mondtag, du erhellst
die Erde
3. mSrw (II 157,9—17)
H. Grapow führt dieses Wort in seiner Liste der Wortbildungen mit einem Präfix m- auf®, ohne
jedoch die zugrunde liegende Wurzel zu bestimmen. Für eine ySr nimmt E . O t t o , ZÄS 79, 1954,50
Siehe einstweilen B u c h e r , Les t e x t e s des tombes de Thouthmosis I I I et d'Aménophis II, S. 52, 91, 171
und 209.
2) ed. P i a n k o f f , S. 60.
N a v i l l e , Litanie du Soleil Taf. X V I I , 85.
*) D a r e s s y , A S A E 1 8 , 1 2 4 . ») P a p . B r e m n e r - R h i n d 2 3 , 7 f .
') Der gleiche T e x t in der 3. Person auch Sonnenlitanei Zeile 197 f.
') Temple of Hibis I I I Taf. 33, mittl. Reg. Zeile 1 6 f . ; das in Klammern Stehende ergänzt nach B r u g s c h ,
Große Oase Taf. 26.
«) T e x t 2 8 a und 58, Zeile 17 ed. L e f e b v r e .
») B r u g s c h , Thesaurus S. 41.
Über die Wortbildungen mit einem P r ä f i x m- im Ägyptischen, Abh. Kgl. Preuß. Ak. d. Wiss., Phil.-hist.
Kl., 1914 Nr. 5, S. 31.

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110 ErikHornung: Lexikalische Studien I [86. Band

die Grundbedeutung ,,trocken" an und leitet davon wir (VVb I 374) „trocknen, verdorren" ab;
vielleicht gehört auch isr (Wb I 21) ,,braten, rösten, b a c k e n " zu dieser Wurzel, die wohl am
ehesten für eine Ableitung von msrw in Frage k o m m t ' . Als Zwischenglied schiebt sich ein vom
Wörterbuch nicht aufgeführtes Verbum ( ? ) msr ein, für das sich bisher zwei Belege beibringen
lassen^. In einer Inschrift des Anchtifi in Mo'alla' steht der am Anfang leider zerstörte und unver-

Sat. к 1J f ^ к ^ Д ífi ^ ^ Ä üΞ A
,,Das . . . des Priestervorstehers Anchtifi am Abend seiner Geburt; nicht wird msr sein Natron".
Hier würde eine Übersetzung „A erglühen" sowohl zum Sinn der Stelle als auch als Ableitung von
der j ^ r gut passen. Ein zweites Mal findet sich mir Pyr. 1048, wo von den Flügeln des Toten die
Rede i s t : , , D e i n e Flügel sind gewachsen als der große Falke, der bruststarke, (wie) derGnÄstv-Falke,
( ^ ^ ^ ^ /j^ ij-] ^ ^ p ^ dessen mir gesehen worden ist, der den Himmel durch-
fahren h a t " . Sethe^ bezieht diese Stelle auf den Sonnengott und übersetzt mir mit ,,Unter-
gang". Im Hinblick auf den zitierten T e x t aus Mo'alla können wir auch hier ,,verglühen" über-
setzen (etwa: „der gesehen wurde, wie er verglüht, nachdem er den Himmel durchfahren h a t " ) .
Mirw ist somit die Zeit, in welcher die Sonne ,,verglüht" = untergeht, und das frühe Deter-
minativ das erst im Laufe des Mittleren Reiches von verdrängt wird, weist gleichfalls
darauf hin, daß es sich bei mirw ursprünglich um eine Tageszeit handelt, die noch nicht völlig
dunkel ist, in der vielmehr die Sonne selbst oder zumindest das Abendrot noch , , s t r a h l t " ' . Mehr-
fach erscheint mirw denn auch eindeutig als Zeit des Sonnenuntergangs. So in einem Satz, der sich
CT II 3 8 4 f . und dann im T b 108,13 und 1 4 9 , 2 8 f . findet: „ I c h komme und raube die Skrw des Re,
wenn er untergeht (/ilp) für mich imj mirw" oder in einer Formel, die sich in mehreren thebanischen
Gräbern der 18. und 19. Dynastie f i n d e t ' : „Du siehst die Sonnenscheibe (Un) am Morgen {tp dwSj.t),
wenn ihre Strahlen auf dein Gesicht scheinen; du siehst wie sie untergeht (htp) m mirw, indem du
einer von ihrem Gefolge bist"®.
Neben diese Gruppe von Belegen lassen sich andere stellen, in denen mirw als Tageszeit Atums,
der abendlich-nächtlichen Erscheinungsform der Sonne erscheint®, oder im Gegensatz zum ,,Mor-
gen" { d w i y bzw. zu ,,Morgen" und ,,Mittag" ('Ä')" steht. Als Ubersetzung kommt zweifellos nur
,,Abend" oder,,Abenddämmerung" in B e t r a c h t , da wir keine genauere Bezeichnung für diese Über-
gangszeit in unserem Sprachschatz besitzen. Wie weit sich m^rw zurück in den Nachmittag und
vorwärts in den Abend hinein erstreckt, läßt sich an Hand der bisher bekannten Belegstellen nicht
') E s sei noch auf die Möglichkeit hingewiesen, als Grundbedeutung der ) etwa ,,verringern" (was j a beim
Trocknen, Rösten usw. eintritt) anzunehmen und dann auch Srj ( W b I V 524ff., ursprünglich П а е gem. irr)
,,kleinsein" in diesen Zusammenhäng zu stellen. Vgl. j e t z t F e c h t , Z Ä S 8 5 , 1 9 6 0 , 105, der die ] i r als ,,gelbrot,
flammenfarben, heiß, d ö r r e n d " ansetzt und weitere Beispiele bringt.

Bei dem Ausdruck „ R e - A t u m im¡ ^ ^ ^V' Äg. 10, S. 9 spricht die Schrei-

bung zwar für m i r , der Sinnzusammenhang aber für mirw.


3) V a n d i e r , Mo'alla S . 251.
*) K o m m e n t a r IV 3 2 6 ; seiner Auffassung folgt auch M e r c e r , P y r a m i d T e x t s I I I 528.
») Älteste Belege Berlin 8 8 1 5 (Äg. Inschr. I 160) und P a p . Berlin 1 0 0 2 3 b (Kahun).
*) So spricht auch Sethe, K o m m e n t a r IV 326 von „Abendsonnenglanz" und , , A b e n d r o t " , und das Wb II 157
fügt zu den Bedeutungen „ A b e n d " und , , N a c h t " hinzu: „ A l t vielleicht die Zeit zwischen Mittag und A b e n d " .
') Grab des A m e n e m h a t (Nr. 82) G a r d i n e r , ZÄS 47, 1910, 9 0 ; auch in den Gräbern des Hapuseneb (Nr. 67)
und Imiseba (65).
®) Weitere Beispiele aus dem Neuen Reich Tb 15 В I I I 6 ; Mutter und Kind R s . 3 , 7 ; B o u r i a n t , Ree. t r a v .
8 , 1 6 4 und 9, 8 7 ; L e g r a i n , ibid. 1 4 , 6 0 ; P e l l e g r i n i , ibid. 2 0 , 9 0 ; aus der Spätzeit P a p . Bremner-Rhind 1 0 , 1 1
und 2 3 , 7 ; Temple of Hibis I I I pl. 4 9 ; P a p . Rhind I 8 , 2 und II 8 , 2 f .
') CT I I I 57 und sonst häufig, besonders deutlich C e r n y , Bankes Stela No. I ; Urk. V i l i 25 ist die Sonne
ein ,,Greis" (nhh) m míru>, siehe auch Belegstellen zu W b II 3 1 3 , 1 2 .
Belegstellen zu W b II 1 5 7 , 1 0 .
" ) Desgl. zu II 1 5 7 , 1 1 .

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1961] Erik Hornung: Lexikalische Studien I III

eindeutig feststellen'. Es umfaßt sicher die in Ägypten ja nur kurze Abenddämmerung und geht
wohl mit Einbruch der Dunkelheit in die whi- oder rwhi-Zeii über.
Die vom Wb neben „Abend" angeführte Bedeutung „Nacht" kann sich — da der Mond (Edfu
I 56) ja auch abends scheint! — nur auf den Gegensatz hrw — mSrw in Zeile 13 der „Stele der Ver-
bannten"^ stützen. Da aber i'h mSr(w) „der Mond des Abends" im direkten Genitiv steht, ließe sich
an eine Emendierung von Sw η hr(w) in ^w nhp „das Licht des Morgens" denken; zumindest wird
man bis zum Auftauchen eindeutigerer Belege eine Übersetzung „Nacht" besser A'ermeiden.
Seit der 19. Dynastie findet sich mérw nicht mehr in profanen Texten, wird in religiösen Texten
aber bis in römische Zeit hinein unvermindert häufig verwandt.

4. siw ( I I I 412,15)

Dieses Wort ist zu streichen, da es in Sethes Totenbuchstudien I I I 17 für ^ ^ ^ И wsiw ver-


schrieben und inzwischen CT II 296f. richtiggestellt i s - ^ A u c h B o r c h a r d t , Statuen und Sta-
tuetten Teil 3 S. 26 Nr. 682 dürfte für wèS.t verschrieben sein.

5. swj
Dieses vom Wb nicht aufgeführte Wort kommt, soweit ich sehen kann, nur zweimal in ptole-
mäischer Zeit vor. LD IV 10 (Bab el Amara) wird der Mond angeredet: ,,Du ersetzt uns die Sonne,
wenn sie in die Unterwelt hinabgesunken ist; I P ' du erhellst
Л W
uns die Erde nach dem s(v/". Der andere Beleg ist aus einem von Revillout veröffentlichten demo-
tischen Text^: i©\\ =7=· „Dein Atem ist wie der
Tau des swj". Brugsch® nimmt eine verbale Bedeutung ,,être obscur, noir" an, doch erweist die
demotische Stelle das Wort als männliches Substantiv. Die zu den beiden bisherigen Belegen
am besten passende Bedeutung ist wohl ,,Dämmerung", doch lassen sich „Abend" oder ,,Dunkel-
heit" einstweilen nicht ganz ausschließen. Erichsen führt in seinem demotischen Glossar swj nicht
auf, erwähnt aber S. 412 ein allerdings weibliches Wort su' ,,Umhüllung", das vielleicht mit swj
zusammenhängt.
6. í s i . í (IV 545,2—3)
Die Pyramiden- und Sargtexte schreiben dieses Wort konsequent Ssi.t'^, doch findet sich schon
in der 12. Dynastie' die Umstellung zu sSi.t, die dann weiterhin bleibt®. Das Totenbuch® schreibt

I „ Beibehaltung des jetzt nicht mehr sinnvollen Silbenzeichens Die


ramessidisch'® vorkommende Form ^ ^^ i ( vom Wb IV 279,11 als eigenes Wort auf-
geführt, ist sicher nur eine abweichende Schreibung für áSS.t.
Anzünden einer Fackel rtpmirw: S a u n e r o n , M D I K 16, 1958, 274 ( E s n a ) ; in der Lehre des Cheti 5, 3ff.
(ed. B r u n n e r , S. 119f.) sind die Barbiere noch m ph.wj mérw auf Kundenfang — doch sicher, bevor es ganz
dunkel ist.
B r u g s c h , Große Oase, Taf. X X I L
η Siehe auch К e e s , OLZ 1954, Spalte 122.
•) Revue égypfbl. 14, 12.
») ZÄS. 1 7 , 1 4 Anm.
о
«) Pyr. 515 f. C = J 568 f. 1=1 1761d 1=1 ! ; CT VI 2 9 6 s

1=3 П.
1=1
D a v i e s - G a r d i n e r , Tomb of Antefoker Taf. X X V H neben

Zur Umstellung von s und S (schon im Alten Reich) siehe S e t h e , Verbum § 275.
') 15 B, Handschrift L a Zeile 21. . >») E r m a n , ZÄS 38, 1900, 23.

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112 E r i k H o r n u n g : Lexikalische Studien I [86. Band

Als D e t e r m i n a t i v findet sich im Grab des Antefoker und CT VI 296s ic, sonst steht durchweg
Das seltene W o r t k o m m t von den P y r a m i d e n t e x t e n bis in ptolemäische Zeit ausschließlich
in T o t e n t e x t e n und H y m n e n vor und gehört sicher der gehobenen, dichterischen Sprache an.
Die E r m i t t l u n g der B e d e u t u n g von Ssi.t k a n n vom P y r a m i d e n s p r u c h 320 ausgehen, der in stark
veränderter Fassung in Spruch 668 der Sargtexte wiederkehrt. P y r . 515 f. schildert, wie der tote
König die N a c h t geordnet (dár-n W.grh), die , , S t u n d e n " (d. h. Sterne!) auf den W e g gesandt h a t
und n u n m e h r von den erscheinenden ,,Mächten" (womit wieder die Gestirne gemeint sind) als
Bibjj proklamiert wird. Dann f ä h r t der T e x t f o r t : ,,Unas ist jener Sohn derer, die nicht wußte, als
sie den U n a s gebar dem Knj-hr, dem Herrn der §si.t. . . U n a s ist der B:bjj, der Herr der έέί.Ι,
der Stier, ohne den kein Leben möglich ist ( ?)".
Das Verständnis dieses Textes h ä n g t weitgehend von den beiden G ö t t e r n a m e n Bibjj und
Knj-hr ab, die allerdings beide in der CT-Version nicht m e h r erscheinen. B:bjj ist, wie Derchain
gezeigt h a t \ ein gewalttätiger Gott, der eng mit Seth v e r b u n d e n erscheint und schon CT V 12e
(bei T I L ) dessen Beinamen „ältester Sohn der N u t " t r ä g t . Vielleicht ist es gerade dieser Aspekt
als Nutsohn, der ihn zum Herrn ihrer Kinder, der Sterne, und d a m i t des gestirnten Nachthimmels
macht®. Wer sich dagegen h i n t e r Knj-hr verbirgt, wird nicht deutlich; Sethe denkt in seinem
K o m m e n t a r an Geb, SpiegeP dagegen an den Vollmond. Eine D e u t u n g als Mond, wobei m a n viel-
leicht ,,Der mit verletztem Gesicht" übersetzen könnte, w ü r d e zu der Herrschaft des Knj-hr über
den nächthchen Bereich der Ssi.t natürlich gut passen.
Soviel ist jedenfalls klar, d a ß der t o t e König, als Gestirn a u f g e f a ß t , die N a c h t regiert und
ordnet und aus ihr als allgemeinem Weltbereich (grh) den N a c h t h i m m e l der Gestirne schafft,
welche die S t u n d e n anzeigen^ u n d darin einen geordneten Aspekt der N a c h t offenbaren. Die Ver-
m u t u n g liegt nahe, d a ß mit ¡s3 Л auf irgendeine Weise gerade dieser geordnete Aspekt der Nacht
gemeint ist, und mit Hilfe der beiden anderen Belege aus den P y r a m i d e n t e x t e n läßt sich diese
V e r m u t u n g präzisieren.
,,N. ist Osiris, der aus der S à i Л h e r v o r k o m m t " heißt es P y r . 1761 d, wo der Tote offenbar als
Orion angesprochen wird, der als beherrschendes Gestirn aus dem nächtlichen Sternenheer heraus-
t r i t t . Hier möchte m a n direkt an eine B e d e u t u n g , , F i r m a m e n t " o. ä. denken, und Mercer' über-
setzt denn auch „night of s t a r s " ; das D e t e r m i n a t i v © in der Neith-Pyramide® zeigt gleichfalls,
daß mit ééS Л eine umgrenzte, geordnete Sphäre gemeint ist.
Als d r i t t e r und letzter Beleg aus den P y r a m i d e n t e x t e n sei Pyr. 568 mit der Variante 569 ange-
f ü h r t : ,,Schwanger geworden ist ein Geier mit N. in der ¿ s i . í " . I m allgemeinen steht in den
Texten, wo von der nächtlichen E m p f ä n g n i s u n d G e b u r t des t o t e n Königs die Rede ist, grh·, doch
b r a u c h t §έ3. t deshalb noch kein S y n o n y m f ü r grh zu sein. Vielmehr gibt an dieser Stelle gerade
die Übersetzung , , F i r m a m e n t " bzw. ,,gestirnter N a c h t h i m m e l " einen guten Sinn, da der Tote ja
als Stern wiedergeboren wird.
Ein ähnlicher G e b u r t s t e x t findet sich in einem leider s t a r k zerstörten und n u r zum Teil ver-
ständlichen Harfnerlied der 12. Dynastie^.' Die Determinierung des W o r t e s m i t dem Stern, seine
enge V e r b i n d u n g m i t dem Himmel u n d endlich die T a t s a c h e , d a ß es offenbar als göttliche Wesen-
heit angerufen wird, u n t e r s t ü t z e n wieder die v e r m u t e t e D e u t u n g als gestirnter Nachthimmel.
B e t r a c h t e n wir noch kurz die Belege aus dem Neuen Reich. Im Lied an die untergehende Sonne
T b 15 В heißt es in der H a n d s c h r i f t La (ed. Naville) Zeile 21 : „ D u gehst zur Ruhe (htp) im Leben

') Rev. d'Egyptol. 9, 1952, 23—47.


2) BibSw heißt noch G r i f f i t h - T h o m p s o n , Demotic Magical Papyrus 27,6 „Stier der N a c h t " !
Hochkultur § 160.
') Identifizierung beider auch Tb 3 1 , 4 : ,,Der Himmel umschließt seine Stunden".
η Pyramid Texts III 820.
') J é q u i e r , Les pyramides des reines Neith et Apouit, Taf. V I I I , 4.
') D a v i e s - G a r d i n e r , The Tomb of Antefoker Taf. X X V I I links; zur Übersetzung der Stelle siehe ibid.
S. 24f., sowie G u n n , J E A 6,301 und S c h o t t , Liebeslieder S. 74f.

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1961] ErikHornung: Lexikalische Studien I ИЗ

im Inneren (m-hnw) der sès.t, dich erhebt dein Vater Tatenen, etc.". Obwohl es sich um den
Sonnenuntergang handelt, ist eine Übersetzung „Abend" wegen des m-hnw unmöglich, dagegen
paßt auch hier das gestirnte Firmament, in das die Sonne bei ihrem Untergang scheinbar hinein-
geht.
,,Dein Erwachen sei schön, du Falke des Morgens, Doppellöwe {rw.tj) der sí/.í" redet ein anderes
Sonnenlied aus der Ramessidenzeit^das Gestirn an und stellt deutlich seine morgendliche und
nächtliche Erscheinungsform einander gegenüber. Der Zusammenhang wird verdeutlicht durch ein
drittes Sonnenlied der 21./22. Dynastie^, in welchem der Sonnengott Zeile 3f. angeredet wird als
,,Kind am Morgen, Löwe am Abend {mërw), Chepri, reich an Erscheinungsformen, Sonnenscheibe
{itn) am Tage, Mond (iwnj) msSi.t^^. Hier erscheint der Sonnengott noch klarer als im ersten Bei-
spiel als Beherrscher beider Bereiche in seiner Gestirnsform als Sonnenscheibe am Taghimmel und
Mondscheibe am Nachthimmel.
In griech.-röm. Zeit begegnen wir Sái.t gelegentlich in den Edfutexten, und zwar meist im Zu-
sammenhang mit dem Sonnenuntergang. Eine Übersetzung ,,Abend" wäre hier durchaus möglich,
doch ist es nicht ausgeschlossen, daß die ursprüngliche Bedeutung auch jetzt noch nachwirkt, etwa
in dem Namen einer Schutzgottheit ^ ^ ^ ^ ^ 0" ,,Re am Nachthimmel — er
hat das Leben in Freude geführt"®.
Nehmen wir eine Bedeutung ,,Nachthimmel" o. ä. für í ^ i . í an, dann läßt sich auch die auffällige
Pluralform cum
CS Pyr. 515 d zwanglos erklären durch die Vorstellung, daß
der gestirnte Himmel jeden Abend neu geboren wird und somit täglich ein neuer ist. Wir begegnen
j a einer entsprechenden Vorstellung für die Sonne im Ausdruck r' nb ,,jede Sonne" = „jeder T a g " ,
und entsprechend mag man sich auch die anderen Gestirne als täglich erneuert gedacht haben.
Abschließend sei noch darauf hingewiesen, daß die in der ,,Schrift der Verborgenen Kammer"
(Amduat) gelegentlich^ mit determinierte ^ ^^ 1 auf Grund von Parallel-
stellen® eher mit „die Kluge, die ihren Herrn schützt" zu übersetzen ist und daher in die obige
Betrachtung nicht aufgenommen wurde.

7. knhw (V 133,14)
t

Maspero hielt dieses Wort nur für eine Verschreibung von grh^·, das wäre zwar für die Spätzeit
denkbar, wird aber durch die beiden Belege aus den Sargtexten' unmöglich, so daß es sich bei
knhw zweifellos um ein selbständiges Wort handelt, das, wie gleich gezeigt werden soll, zudem eine
von grh verschiedene Bedeutung hat. Die Form | ^ "^TT" im Amunlied des Ostrakon
BM 5656a® meint sicher das gleiche Wort (s. u.). Knhw Icommt von den Sargtexten bis Dendera
nur in religiösen Texten und auch da nur selten vor. Als Determinativ dient ausnahmslos f ^ ·
Die Bedeutungsermittlung hat von zwei Stellen auszugehen, an denen X in verbaler
Bedeutung erscheint. Das ist sicher schon in einem Hymnus Harenihabs aus der Zeit vor seiner
Thronbesteigung der Fall, wo es (in der Ubersetzung von Scharff g)-beißt :

•) E r m a n , ZÄS 38, 1900, 23.


N a g e l , B I F A O 29, 1929, 90.
Mammisi 179.
B u c h e r , Textes des tombes de ThouthrriOsis I I I et d'Aménophis II S. 3 und 119, auch bei Sethos I und
R a m s e s VI an dieser Stelle.
' ) So J é q u i e r , Hadès S . 5 4 mit (=ií=3-Determinativ; P i a n k o f f , Livre du jour S. 35 ohne D e t . ; in Tomb of
Harnesses V I S. 234 übersetzt Piankoff gleichfalls „ t h e Wise O n e " .
·) Ree. t r a v . 37, 1915, 178.
' ) CT I V 2 9 e und V 3 7 1 .
' ) E r m a n , ZÄS 42, 1905, 108.
») Sonnenlieder S. 59.

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114 Erik Hornung: Lexikalische Studien I [86. Band

Sinkst du unter im westlichen Horizont,


breitet sich Finsternis aus über die ganze Erde hin.
Wie das Licht entsteht, wenn du heraufkommst,
so wird die Erde umnachtet, ruhst du in deinem Hause

Da hnh hier im Gegensatz zu iipr hd.wt ,,Licht werden" steht, wird man es wohl nur mit ,,um-
nachten, verfinstern" o. ä. übersetzen können. Dasselbe ist Urk. V I 123 der Fall. Dort steht eine
Litanei, in der jede Zeile mit „O weiche zurück . . . " beginnt und mit ,,damit n i c h t " fortgeführt
wird, wobei im 2. Teil jeweils Vorgänge genannt werden, welche die Weltordnung umstürzen, z. B.
о \ Щ η ©Ч —ÍU- о -η. θ. . S. ^
in Zeile 39 und 4 0 : tí? • Oííi
,,damit die Sonne sich nicht verfinstere . . . damit der Himmel den Mond nicht verschlucke".
Wahrscheinlich ist hier von Sonnen- und Mondfinsternis die Rede, allenfalls von einer Verfinsterung
durch Wolken, auf jeden Fall aber hat knh hier die klare Bedeutung ,,verfinstern"®.
So wird man das substantivierte knhw m i t , , V e r f i n s t e r u n g " übersetzen und findet dies durch die
Belegstellen aufs beste bestätigt.
CT V 371 heißt es gleichsam als Antwort auf die oben zitierte Stelle, wo vom ,,Verschlucken"

des Mondes durch den Himmel die Rede war: „ich bin der Mond (i'h), [ ^ ^ ^ ^ ^ f

^ ich habe die Verfinsterung verschluckt" — ein treffendes Bild, wenn man an das lang-
same Zurückweichen der Verfinsterung denkt, die tatsächlich ,,verschluckt" zu werden scheint.
Obwohl ein Ausdruck noch unklar bleibt, fügt sich auch T b 172,12 gut in die ermittelte Be-
— ЛЛЛЛЛЛ ,1

deutung: ,,Schwärzer ist dein Haar als die ^ ^ ^-шшпг ^ ^ (Türen jeder Stunde ?) am Tage der

Verfinsterung | ' χ ^ ) ' wobei man wegen des , , T a g e s " wohl an eine Sonnenfinsternis
zu denken hat.
Wie Edfu I 551 zeigt, ist die Bedeutung ,,Verfinsterung" noch in ptolemäischer Zeit klar erhal-
t e n : ,,Die Sonnenscheibe geht auf und verjagt die W o l k e n ; der Himmel ist frei von Regen; die
Verfinsterung ist vertrieben (hsr); es fliehen die Wolken, der Himmel ist frei von allem Bösen".
Vielleicht ist an eine Mondfinsternis gedacht, wenn an einer anderen Stelle in Edfu® Nechbet und
Uto zu Ptolemaios I X , dem sie die Krone aufsetzen, sprechen: ,,Wir erhellen die Verfinsterung in

(t э)".
Auch die ermittelte Bedeutung macht es nun wahrscheinlich, daß in dem erwähnten Amunlied
(Erman, ZÄS 42, 108) trotz abweichender Schreibung das gleiche W o r t vorliegt, und gibt der im

Zusammenhang mit der Amarnazeit oft zitierten Stelle zugleich eine neue Nuance:

©Θ ,Der Vorhof
I
dessen, der dich antastet, ist verfinstert, die ganze Erde (aber) ist im L i c h t e " .

T e x t siehe E d w a r d s , Hierogl. T e x t s V I I I Taf. 28 (ВМ 551


ΛΛΛΛΛΛ I
Zeile l l f . ) .
-) Der demotische K o m m e n t a r „ ü b e r s e t z t " hnh mit tm, siehe S c h o t t , Deutung der Geheimnisse S. 74.
P i e h l , Inscr. II 97.

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