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Weg

Die Zeitschrift für Deutschlernende

Der
Ausgabe Nr. 30 2-2000

Johann Sebastian Bach,


ein Sänger zur Ehre Gottes ➁
In diesem Jahr gedenken Sebastian nicht zum Spie-
wir des 250. Todestages len. Er meinte, die Noten
von Johann Sebastian seien zu schwer für ihn. Da
Bach. Dieser Musiker hat holte sich dieser nachts
ein merkwürdiges Schick- heimlich die Notenblätter
sal gehabt. Obgleich er ei- durch die Gitterstäbe der
ner der größten Komponi- Schranktür heraus und
sten war, wurde er nach schrieb sie beim Licht des
seinem Tod fast völlig ver- Mondes ab. Sein Bruder
gessen. Etwa 100 Jahre entdeckte diesen kleinen
später hat man ihn wieder- „Diebstahl“ und nahm Jo-
entdeckt. Seitdem ist die hann Sebastian die Noten
Bewunderung für ihn stän- wieder weg, der darüber
dig gestiegen. Weltweit, sehr traurig war.
bis hin nach Japan und
Amerika, werden seine Auf der Orgelbank
Werke heute aufgeführt.
Mit 18 Jahren, 1703, wurde
Bach Organist1 in Arnstadt in
Eine harte Jugend
Thüringen. Von hier aus
Bach wurde 1685 in dem Städtchen Eisenach in wanderte er einmal 350 km zu Fuß nach Lübeck,
dem heutigen Bundesland Thüringen in Mittel- um den dortigen berühmten Organisten Dietrich
deutschland geboren. Noch heute kann man dort Buxtehude zu hören und von ihm zu lernen.
sein Geburtshaus besichtigen. Die Familie Bach Bach hatte dafür vier Wochen Urlaub bekommen,
war eine in Thüringen und Sachsen weit ver- blieb jedoch ein ganzes Vierteljahr fort. Dafür und
breitete Musikerfamilie. für andere Dinge, die der junge Organist sich er-
Schon mit 10 Jahren hatte Bach beide Eltern laubte, tadelte2 ihn der Rat der Stadt. Deshalb ging
verloren. Er wuchs bei einem älteren Bruder auf, Bach 1707 als Organist nach Mühlhausen. Er blieb
der Organist war. Unter dessen Anleitung er- von jetzt an in seiner Heimat Thüringen-Sachsen.
lernte er das Orgel- und Klavierspiel.
Bach begann jetzt auch für den Gottesdienst zu
Bach war sein ganzes Leben lang sehr fleißig komponieren. Er schrieb Werke für die Orgel,
und immer bemüht, Neues zu lernen. Sein Bru- z. B. Choralvariationen3 sowie Fugen4 mit einem
der hatte in einem verschlossenen Schrank Präludium5 davor. Ebenso komponierte Bach Kan-
Klaviernoten liegen. Er gab sie jedoch Johann taten. Eine Kantate ist ein „Gesangstück“ (mit
1
Arien6 für Solosänger und Chor) und geistlichem
Aus der Redaktion Text. Sie ist eine „Predigt in Musik“.
Liebe Leserinnen und Leser, In Mühlhausen heiratete Bach auch seine erste
herzlich willkommen zur zwei- Frau Maria Barbara.
ten „Weg“-Ausgabe diesen
Jahres. Um die Hefte in mög- Ein herrischer7 Herzog und ein
lichst gleichem Abstand er-
scheinen zu lassen, geben wir,
selbstbewußter Musiker
wie schon angekündigt, in Obgleich der Rat der Stadt Bachs Arbeit schätzte,
diesem Jahr keine Doppel-
nummer heraus. Trotzdem verließ dieser schon 1708 Mühlhausen. Er trat als
haben wir beide Hefte als eine Hoforganist und Geiger im Hoforchester in den
Einheit geplant. Das nächste Heft erscheint Ende Dienst des Herzogs von Sachsen-Weimar.
August.
In Weimar komponierte Bach weiterhin Orgel-
Acht Jahre ist es nun her, daß der erste „Weg“
erschienen ist. Viel ist in der Zwischenzeit passiert, werke und Kantaten für den Gottesdienst. Sein
und auch der „Weg“ ist von Veränderungen nicht Ruf als meisterhafter Orgelspieler verbreitete sich
verschont geblieben, die hoffentlich wenigstens zum in ganz Deutschland und darüber hinaus. Deshalb
Teil Verbesserungen waren. Es jedem recht zu machen, wurde er auch häufig zur Prüfung neuer Orgeln
wird nie möglich sein, aber unser Ziel ist in den Jahren
in andere Städte gerufen.
gleich geblieben: Wir möchten Ihnen Informationen
landeskundlicher oder geschichtlicher Art vermitteln, In Dresden, der Hauptstadt von Sachsen, regierte
Ihnen ein Leseheft bieten, das Ihnen Deutschland und
die deutsche Sprache nahebringt und sie im Lernen
damals August der Starke, Kurfürst von Sachsen
ermutigt. Getragen ist aber unsere Arbeit von der und König von Polen. Dort hielt sich der berühmte
Überzeugung, daß wir als Menschen nicht Produkte französische Orgel- und Klavierspieler Louis
eines Zufalls sind, sondern daß Gott uns geschaffen Marchand8 auf. Ein Wettstreit wurde zwischen ihm
und ein Ziel für unser Leben hat. In Jesus Christus hat und Bach vereinbart, wer der größere Klavier-
Gott das Grundproblem der Menschheit, die Trennung
von ihm selber, an der Wurzel gepackt. Er ist die einzige
virtuose sei. Aber zur vereinbarten Zeit warteten
Hoffnung für jeden Menschen auf dieser Erde, und es die vornehmen Gäste vergeblich auf Marchand -
wäre unverantwortlich, dies zu verschweigen. er war plötzlich abgereist. Er hatte gemerkt, daß
Als Redaktionsteam arbeiten wir mit dieser Über- Bach ihm überlegen war. So ging Bach als Sieger
zeugung, und sicherlich beeinflußt dies unsere Arbeit aus diesem Wettkampf hervor.
und Textauswahl. Wir sind uns bewußt, daß mancher
Leser dies als versuchte Manipulation auffassen 1717 bat Bach den Herzog um seine Entlassung.
könnte, aber wir hoffen, daß sich niemand unter Druck Er hatte nämlich vergeblich gehofft, Leiter
gesetzt fühlt. (Dirigent) des Hoforchesters zu werden. Der
Wenn auf dem Markt frische Erdbeeren angeboten Herzog war jedoch über Bachs Absicht fortzu-
werden, dann kann ich nur schwer widerstehen. Zu gerne gehen so verärgert, daß er ihn vier Wochen lang
würde ich sie essen. Und auch der Verkäufer weiß: Sie
einsperren ließ. Danach mußte er ihn gehen lassen.
schmecken gut. Aber daß sie auf dem Markt angeboten
werden, heißt ja nicht, daß ich sie essen muß. Es bleibt
meine Entscheidung, ob ich sie kaufe oder nicht. Kirchenmusiker wird Konzertdirigent
Wir hoffen, Ihnen gefällt das neue grafische Erschei-
Der junge Fürst Leopold von Anhalt-Köthen hatte
nungsbild des „Weges“. Auch inhaltlich werden sich im
Laufe der nächsten Ausgaben noch einige Dinge Bach als Leiter seines Hoforchesters in seine kleine
ändern. Mit dem ersten Heft im nächsten Jahr werden Residenz Köthen (bei Magdeburg) gerufen. Hier
wir dann die neue Rechtschreibung in einer gemäßig- hat Bach weltliche Musik für das Hoforchester
ten Form einführen. Wir hoffen, daß Ihnen „der Weg“ des Fürsten geschrieben.
weiterhin ein guter Begleiter in Ihrem Leben und im
Erlernen der deutschen Sprache sein wird. So komponierte er hier den größten und schön-
Eine schöne Sommerzeit wünscht Ihnen sten Teil seiner Konzerte für festliche Anlässe des
Ihr Hofes, sogenannte „Große Konzerte“ und Solo-
konzerte wie Violin- und Klavierkonzerte. Als
Volker Schmidt Kammermusik für eine kleine Gruppe schrieb er
Sonaten9 für Klavier, Violine und Cello. Auch die
2
großartigen 6 Brandenburgischen Konzerte ent- len müssen. So bekam statt seiner ein unbedeu-
standen hier. tender Organist diese Stelle, der das nötige Geld
für die Spende hatte. Peinlich für Hamburg!
Freude und Leid in der Familie
1723 bekam Bach jedoch die Stelle als Kantor an
Bach lebte in einer guten Ehe mit seiner Frau. Sie der Thomaskirche in der großen, lebendigen
hatte ihm vier Kinder geschenkt. Handelsstadt Leipzig in Sachsen.

Thomaskantor10
Als Thomaskantor hatte Bach die Leipziger
Kirchen jeden Sonntag mit Kirchenmusik zu
versorgen.
Ein Kantor mußte damals in Deutschland mit der
Schuljugend Lieder und Musik für den Gottes-
dienst einüben und im Gottesdienst vortragen.
Seine Kantaten ließ Bach von den Schülern der
Thomasschule im Gottesdienst singen. Jede Woche
mußte er sie mit ihnen einüben. Daneben hatte
Bach auch noch Schulunterricht zu geben.
Bach und drei seiner Söhne Heute ist der Chor der Thomaskirche in Leipzig, der
Als Bach jedoch 1720 von einer Reise zurück- „Thomanerchor“, ein weltberühmter Knabenchor.
kehrte und froh sein Haus betrat, sagte man ihm,
seine Frau sei plötzlich gestorben und schon
beerdigt worden.
Bach war sehr traurig. Aber er wußte als Christ:
Wenn Gott uns Not schickt, schenkt er uns auch
die Kraft, sie tragen zu können. Gott ist unser
Vater. Er liebt uns, seine Kinder, auch dann, wenn
er uns Lasten zu tragen gibt. Weil Bach das wuß-
te, war er in seiner Trauer doch getröstet.
Bach hat uns in seiner Musik immer wieder er-
mutigt, Gott zu vertrauen, denn Gott meint es
immer gut mit uns. Eine seiner schönsten Kanta-
ten trägt den Titel „Ich will den Kreuzstab (= die
Not des Lebens) gerne tragen“.
Die Thomasschule in Leipzig mit der Thomaskirche
Nach eineinhalb Jahren heiratete Bach seine zweite
Frau Anna Magdalena. Auch mit ihr lebte er in So hatte Bach viel Arbeit. Er mußte immer wieder
einer glücklichen Ehe. Sie schenkte ihm eine An- neue Kantaten für den Gottesdienst schreiben.
zahl weiterer Kinder. Auch waren die Schüler oft undiszipliniert.
Bach wollte, daß seine heranwachsenden Kinder Bach komponierte auch große Werke für Kirchen-
gute Schulen besuchen und einmal studieren könn- musik. So z. B. die „Johannespassion“, das
ten. Das war in dem kleinen Köthen jedoch nicht „Weihnachtsoratorium“ und die „h-moll-Messe“.
möglich. Sein wohl größtes Werk ist die „Matthäus-
Deshalb bewarb Bach sich um eine Stelle als Or- passion“. In ihr schildert er nach dem Evangelisten
ganist an einer Kirche in Hamburg. Aber in der Matthäus, wie Jesus in sein Leiden („Passion“)
reichen Handelsstadt Hamburg regierte das Geld. und Sterben hineingeht, um uns Menschen von
Wenn Bach die Stelle haben wollte, hätte er des- unserer Schuld vor Gott zu erlösen. Durch die
halb eine große Geldspende an diese Kirche zah- wunderbare Musik dieses Werkes spricht Bach so
3
zu den Herzen der Zuhörer, daß man ihn den „5. mit“. Bach wußte, daß er jetzt vor Gottes Thron
Evangelisten“ genannt hat (neben den 4 Evange- treten würde. Er bat Gott deshalb in diesem Cho-
listen der Bibel). Menschen fanden durch das ral, ihm um Jesus willen seine Schuld zu verge-
Hören der Matthäuspassion zum Glauben an Jesus ben und ihn zu sich in seine himmlische Herrlich-
Christus. keit zu nehmen. So ist Bach ruhig und getrost
gestorben.
Demütig vor Gott -
Es ist sicher kein Zufall, daß gerade ein so
aufrecht vor den Menschen gläubiger Komponist wie Bach eine so großartige
Bach war ein gläubiger Christ. Er sagt: „Mit al- Musik schreiben konnte. Alles Gute, was wir
ler Musik soll Gott geehrt und die Menschen er- zustande bringen, muß Gott uns im Grunde
freut werden. Wenn man Gott mit seiner Musik schenken. Und er tut es, wenn wir ihn darum
nicht ehrt, ist die Musik nur ein teuflischer Lärm bitten.
und Krach“. Wie Bachs Leben wird auch unser Leben von Gott
Bach wußte, daß Gott uns letzten Endes die Kraft gesegnet sein, wenn wir unser Leben in der
zu allem Guten schenken muß. Er schrieb häufig Gemeinschaft mit Gott führen. Wie Bach können
über seine Kompositionen: „J. j.“, die Abkürzung auch wir dann einmal ruhig sterben. Wir wissen
für lateinisch „Jesu juva“ = „Jesus, hilf“. Oder dann: Wir gehen durch den Tod in ein neues Leben
„S. d. g.“ („Soli deo gloria“) = „Allein Gott die bei Gott.
Ehre“. Hans Misdorf
Deswegen bildete Bach sich auch nichts auf sein 1
der Organist: jmd., der Orgel spielt 2tadeln: jmds. Aktionen
großes Können ein. Er war ein bescheidener oder Verhalten negativ beurteilen, scharf kritisieren (Ggs.:
Mensch. Menschen gegenüber bestand Bach loben) 3Choräle hießen früher die geistlichen Lieder, die die
jedoch auf seinem Recht. Dadurch hatte er manche Gemeinde im Gottesdienst singt. 4 In einer Fuge laufen
mehrere Stimmen nebeneinander her, sie ist kunstvoll
Auseinandersetzung mit dem Rat der Stadt. Er
aufgebaut. 5das Präludium: Vorspiel, Einleitungssatz (in der
konnte sich dabei streiten und auch zornig werden. Musik) 6die Arie: ein Lied für einen einzelnen Sänger bes. in
Auch in seiner Familie verlangte Bach Gehorsam. einer Oper 7herrisch: so, daß der Betreffende jmdn. auf
Trotzdem herrschte in ihr eine fröhliche unfreundliche Art zwingt ihm zu gehorchen 8[marscho:n:] 9die
Atmosphäre. Die Familie hat viel gemeinsam Sonate: ein Musikstück in drei oder vier Teilen, das meist für
musiziert. Alle Kinder Bachs liebten und verehrten ein bestimmtes Instrument geschrieben ist 10der Kantor: der
Leiter eines Chores, der zugleich Orgel spielt 11der Choral:
ihren Vater. Einige seiner Söhne wurden später
ein feierliches Lied, das bes. bei religiösen Anlässen gesungen
bekannte Musiker. wird 12der Thron: ein besonderer Sessel einer mächtigen
Persönlichkeit, der deren Würde und Macht symbolisiert
Einsam im Alter
Bach war zu seinen Lebzeiten nicht sehr bekannt.
Die meisten Menschen wollten eine einfachere und
„Aus: Sag es heiter mit Cartoons, Brunnen Verlag, Gießen.“

leichtere Musik hören als er sie schrieb. So wurde


Bach im Alter recht einsam.
Doch der Preußenkönig Friedrich der Große lud
Bach im Alter zu sich nach Potsdam ein. Bach
spielte ihm auf dem Klavier vor, und der König
bewunderte sein Können.
Als letztes großes Werk schrieb Bach „Die Kunst
der Fuge“, ein polyphones (vielstimmiges)
Meisterwerk.
Bach starb 1750. Am Ende seines Lebens wurde
er blind. Als er den Tod nahen fühlte, diktierte er
seinem Schwiegersohn für die Orgel eine Variati-
on des Chorals11 „Vor deinen Thron12 tret ich hier-
4
Ich sterbe für dich ... ➁
I
m Konzentrationslager1 Auschwitz befindet nun an bekommen sie nichts mehr zu essen und
sich 1941 ein Mann im Alter von 47 Jahren, zu trinken. Im Hungerbunker wurde sonst ge-
den sicheren Tod vor Augen. Der Mann heißt schrien und geflucht4. Aber diesmal hörten die
Maximilian Kolbe. Ein Gefangener ist geflohen. wachhabenden SS-Schergen5 zu ihrer Verwunde-
Und jetzt sollen zehn Unschuldige dafür den Hun- rung tagelang Gebete und fromme Lieder - bis
gertod sterben. Auch ein Familienvater wird aus- auch die letzte Stimme verstummte6.
gezählt. Er schreit laut auf. Da tritt Pater2 Maxi-
1
milian vor die Reihen, um für ihn zu sterben. Er das Konzentrationslager (KZ) [-’tsjo:ns-]: ein Lager, in dem die
sagt auf die Frage „Warum tust du das?“: „Ich Nationalsozialisten sehr viele Menschen gefangenhielten,
bin ein alter, alleinstehender Mann. Dieser Mann folterten und ermordeten 2der Pater: ein katholischer Priester,
3
der einem Orden angehört unterirdisch: unter der Erde
da ist jung, hat eine Familie ...“ 4
fluchen: böse Worte (Flüche) aussprechen 5der Scherge: jmd.,
Dann müssen die zehn Männer in einen unterirdi- der im Auftrag einer Regierung o.ä. Gewalt ausübt 6verstummen:
schen3 Keller. Dort ist es dunkel und kalt. Von aufhören zu sprechen oder zu singen

Am Kreuz festhalten ➁
I
m Jahre 1856 machten Forscher auf dem einem Nagel eingeritzt: Alexamenos fidelis -
Palatin 1 in Rom eine interessante Alexamenos bleibt treu und gläubig!
Entdeckung. Als sie den Trümmerschutt aus 1
der Palatin (Palatinische Hügel): einer der sieben Berge Roms
einer alten römischen Kadetten2-Anstalt entfernt mit alten Ansiedlungen 2der Kadett: ein Schüler in einer
hatten, fanden sie an der Wand ein Kreuz. Es Institution, in der junge Männer auf den späteren Beruf des
war mit einem Offiziers vorbereitet werden 3ungelenk: so, daß sie zeigt, daß
der Betroffene wenig Übung im Schreiben hat 4die Karikatur:
Nagel oder ei- eine Zeichnung, auf der bestimmte charakteristische Merkmale
nem Messer oder Eigenschaften einer Person / Sache übertrieben dargestellt
primitiv in den werden 5das Kruzifix: eine Darstellung oder Nachbildung des
Wandverputz Kreuzes, an dem Jesus Christus gestorben ist
eingeritzt. Ein
Junge erhebt
grüßend und be-
Wer nur sich selber liebt ...
tend seine Hand
Ein Weizenkorn versteckte sich in der Scheune1.
zum Kreuz hin.
Es wollte nicht gesät werden.
Am Kreuz hängt
Es wollte nicht sterben.
ein Mann. Aber
Es wollte sich nicht opfern.
sein Kopf ist ein Eselskopf. Darunter steht in
Es wollte sein Leben retten. -
ungelenken3 Buchstaben: Alexamenis sebete
Es wurde nie zu Brot.
theon - Alexamenos betet seinen Gott an!
Es kam nie auf den Tisch.
Eine Karikatur 4, ein Spott-Kruzifix 5. Die Es wurde nie gesegnet und ausgeteilt.
Forscher glauben, es müsse in der Zeit von 123 Es schenkte nie Leben.
bis 126 nach Christus entstanden sein. Eines der Es schenkte nie Freude.
frühesten Bilder des Kreuzes. Aber ein Spott- Eines Tages kam der Bauer.
Bild. Gott am Kreuz ? Dieser Gott ist ein Esel, Mit dem Staub der Scheune
und wer ihn anbetet, ist es auch ! fegte er das Weizenkorn weg.
1870 entdeckten Forscher in einem anderen
Josef Dalkmann
Raum die eindeutige Antwort des jungen
Christen Alexamenos. Auf dem Sockel unter 1
die Scheune: ein Gebäude, in dem ein Bauer bes. Heu und
Stroh aufbewahrt
dem Standbild des Kriegsgottes Mars stand, mit
5
Olympia 2000 ➁
In diesem Jahr finden die Olympischen Sommerspiele vom 15. September bis 1. Oktober in Sydney/Austra-
lien statt. Aus diesem Anlaß haben wir zwei Lebensberichte von Sportlern und Informationen über die
Geschichte der Olympischen Spiele zusammengestellt.

Die olympische Geschichte


Alle vier Jahre wurden in der Antike1 in Griechen- Vor jeden Spielen wird in Olympia mit Hilfe der
land sportliche Wettkämpfe durchgeführt. Sie fan- Sonne eine Flamme entzündet. Dann tragen viele
den auf den Sportstätten des Heiligtums von Olym- Läufer die brennende Fackel zu dem Ort, an dem
pia statt. Das war seit 776 v. Chr. oder auch schon die Spiele stattfinden. Dort wird damit das „Olym-
früher. 393 n. Chr. wurden die Spiele zum letzten pische Feuer“ angezündet, das während der gan-
Mal ausgetragen. Die Hauptdisziplinen waren Lau- zen Spiele brennt.
fen, Fünfkampf2 sowie Ring3- und Faustkampf. Die Olympische Flagge zeigt fünf bunte Ringe.
Die ersten Olympischen Spiele der Neuzeit fan- Sie symbolisieren die fünf Kontinente: Afrika,
den 1896 in Athen/Griechenland statt. Alle vier Asien, Austrasien, Amerika und Europa in Freund-
Jahre haben sie seitdem stattgefunden, außer wäh- schaft verbunden.
rend der beiden Weltkriege. Der Franzose Baron In diesem Jahr werden Athleten aus mehr als 200
Pierre de Coubertin4 hatte die Idee, die Olympi- Ländern an den Spielen teilnehmen. Außer in
schen Spiele wieder einzuführen. Sie sollten der Leichtathletik werden auch noch viele andere
körperlichen Erziehung und dem Frieden zwischen Sportarten wie Fußball, Basketball, Boxen, Rei-
den verschiedenen Ländern dienen. Viele verschie- ten, Schwimmen und Tennis durchgeführt.
dene Disziplinen gab es in dieser Zeit. Manche 1
die Antike: der älteste historische Zeitraum der Griechen und Rö-
gibt es heute nicht mehr, neue wurden und wer-
mer 2Kurzstreckenlauf, Weitsprung, Diskus- und Speerwurf, Ring-
den eingeführt. Seit 1924 gibt es auch Olympi- kampf 3der Ringkampf: ein Kampf, bei dem zwei Leute miteinan-
sche Winterspiele. der ringen 4[piä:r de’ kupertäng:]

Schneller zum Ziel


Ein Traum veränderte ganz und gar das Leben Aber noch etwas anderes passierte, was Kriss für
von Kriss Akabusi. Er war ein berühmter Sport- immer verändern sollte. Er fuhr zu den „Commen-
ler mit Geld und Erfolg - aber etwas fehlte ihm. wealth3-Spielen“. „Ich dachte viel über mein Le-
ben nach. Dinge die passiert waren machten mich
1986 gab es
nachdenklich: Was soll das Leben eigentlich?“
für Kriss zwei Seine zwei Kinder waren kürzlich als Babys ge-
große Verän- storben. „Bei den Spielen fand ich in meinem Zim-
derungen. Für mer eine Bibel. Es war eine ,Gute-Nachricht-Bi-
Großbritanni- bel‘. Das war wirklich eine ,gute Nachricht‘ für
en war er bis- mich, weil sie in einfacher Sprache geschrieben
her im 400m- war und ich sie wirklich verstehen konnte. Als ich
Lauf gelaufen die Bibel öffnete, traf ich zum ersten Mal jeman-
und in der den darin, den ich noch nie vorher kennengelernt
4x400m-Staffel1 hatte er bei der Olympiade 1984 hatte. Sein Name war Jesus.“
die Silbermedaille geholt. „Aber ich merkte, daß Kriss las das ganze Neue Testament in zwei Wo-
ich es in dieser Disziplin nicht bis an die Spitze chen. Er wollte das neue Leben finden, von dem
machen würde“, sagte er. Weil Großbritannien er in der Bibel gelesen hatte. Dann stellte er für
keine 400m-Hürdenläufer2 hatte, wechselte er zu viele Monate viele Fragen und studierte Bücher,
dieser Disziplin und war damit sehr erfolgreich. die ihm halfen, die Bibel besser zu verstehen.
6
Der Traum mer du versuchst und tust,
wenn dies die einzige Quel-
Eines Nachts hatte Kriss einen Traum. Er stand le deiner Freude ist, wirst
am Ufer eines Flusses und hörte, wie einige Wör- du enttäuscht werden. Du
ter von einem Buch gelesen wurden. Er spürte, wirst viele Dinge finden, für
daß er in das Wasser springen und der Stimme
die du dein Geld ausgeben
entgegenschwimmen mußte. Sie sagte: „Kommt
kannst, aber am Ende wirst
alle her zu mir, die ihr euch abmüht und unter
du doch nichts haben“, sagt
eurer Last leidet! Ich werde euch Frieden geben!“
Kriss.
Und dann sah er Jesus - und er schrie den Namen
„Jesus“ so laut er konnte. Sofort wachte er auf! 1
die Staffel: eine Gruppe von meist vier Sportlern, die in einem
„Da war so ein Gefühl von Frieden, und ich war Wettkampf (als Mannschaft) nacheinander eine bestimmte Strek-
so glücklich. Ich wußte, daß es Gott wirklich gibt.“ ke schwimmen, laufen oder fahren 2der Hürdenlauf: ein Wett-
lauf, in dem die Läufer über eine Konstruktion aus Holzteilen
Endlich hatte Kriss etwas gefunden, das die Lee- springen müssen 3der Commonwealth [kommen’wälth:]: eine
re in seinem Leben füllen konnte. Leichtathletik lockere Gemeinschaft zwischen dem Vereinigten Königreich und
war für ihn nicht mehr das wichtigste. „Was im- seinen früheren Kolonien

Mein Erfolg war nicht genug


„Nichts in der Welt - Sport, Essen, Vergnügen - Jetzt hatte ich internationalen Erfolg. Aber in
ist genug, um die Leere der Seele zu füllen. Nur meinem Inneren fühlte ich mich leer. Meine Lie-
Gott.“ Diese Worte veränderten mein Leben. be zum Sport war nicht genug, um die Leere mei-
Als ich acht Jahre ner Seele zu füllen. Ich fing an, nach anderen
alt war, kamen ei- Dingen zu suchen, die mir Glück und Liebe ge-
nige Gymnastik- ben konnten.
lehrer in meine
Was bringt die Zukunft?
Schule. Sie suchten
nach Kindern, um Meine Zukunft war mir wichtig. Ich ging zu Wahr-
sie zu trainieren. sagern2 und Zauberern, aber sie konnten mir nicht
Sie sollten die be- geben, wonach ich suchte. Auch in meinem Le-
sten in Bulgarien ben passierte etwas, worüber ich sehr traurig war.
werden. Auch ich All dies machte mich immer unglücklicher.
wurde ausgewählt.
Am 15. April 1992 nahm mich ein Freund in der
Es war nicht ein-
Sportakademie zu einem christlichen Treffen mit.
fach, aber ich ar-
Dort sah ich glückliche Menschen, die zur Ehre
beitete gut und gab
Gottes sangen. Ich wollte diese Freude auch ha-
mein Bestes. Auch
in meinen anderen ben. Ich hörte über Jesus Christus und daß man
Schulfächern kam Gott „Entschuldigung“ sagen muß für alle die
ich gut zurecht. Dinge, die wir falsch gemacht haben. Ich ging
nach vorne. Dort bat ich Jesus, daß er mir vergibt
Hartes Training und mein Freund und Retter wird. Irgend etwas
passierte - ich fühlte mich nicht mehr leer in mei-
Ich begann, in Gymnastik sehr gut zu werden.
nem Inneren, sondern war voller Frieden und
Ich nahm an vielen Wettkämpfen teil und gewann
Freude.
Medaillen1. Mit elf Jahren wurde ich „Meister
der Sportakrobatik“ und wurde ins bulgarische Ich ging jetzt oft zu dieser christlichen Gruppe
Nationalteam aufgenommen. Ich durfte an inter- und machte dort mit. Aber immer noch verbrach-
nationalen Wettbewerben teilnehmen. Zur schu- te ich viele Stunden mit Sport. Die Gymnastik
lischen Weiterbildung ging ich zur Nationalen war mir wichtiger als Gott zu folgen. Sie war
Sportakademie nach Sofia. meine Leidenschaft3.
7
„Nichts in der Welt ...“ ich für meine Gymnastik bekommen habe in mei-
nem Zimmer zu Hause auf. Aber ich möchte kei-
Als ich in meine Heimatstadt Sliven zurückkehr- ne berühmte Sportlerin mehr sein. Ich möchte
te, besuchte ich eine kranke Frau. Als wir zusam- Gottes Wege gehen und eines Tages meinen Preis
men sprachen, gab sie mir eine Zeitschrift mit im Himmel bekommen.
dem Namen „Gottes Liebe“. Ich schaute sie mir
an, und auf einer Seite las ich diese Worte: „Nichts Ivanova Radostina, Bulgarien (entnommen mit freund-
in der Welt - Sport, Essen, Vergnügen ist genug licher Genehmigung aus: SOON. Dieses Blatt in einfachem
Englisch ist kostenlos zu bestellen bei: SOON, 44 Twyford
um die Leere der Seele zu füllen. Nur Gott.“ Plötz- Road, Willington, Derby, DE65 6BN, England).
lich hörte die starke Leidenschaft für den Sport
auf, und die Liebe zu Gott wurde das wichtigste 1
die Medaille [me’dalje:] ein rundes Stück Metall, das jmd. für
in meinem Leben. besondere Leistungen (im Sport) bekommt 2der Wahrsager:
jmd., der versucht mit Hilfe von Handlinien, Spielkarten o.ä. Aus-
Auch jetzt treibe ich noch Sport. Ich möchte mich sagen über die Zukunft zu machen 3die Leidenschaft: die Lie-
gesund erhalten, um gut für Gott arbeiten zu kön- be zu Dingen oder Tätigkeiten, die man sehr interessant findet;
nen. Ich bewahre die Medaillen und Pokale, die Begeisterung

Berlin - Sehenswerte Hauptstadt (III) ➁/➂➂


In dieser Ausgabe des „Weges“ möchten wir alle teilen. Insgesamt 558 Fahrzeuge befahren eine
Leser zu einer Stadtrundfahrt durch Berlin, die Linienlänge von 368 km und halten dabei an 797
Hauptstadt der Bundesrepublik Deutschland ein- Richtungshaltestellen6. Allerdings ist die Straßen-
laden. Dazu steigen wir nicht in einen der vielen bahn das ,langsamste‘ Verkehrsmittel Berlins. Ihre
Rundfahrtbusse, die es in Berlin gibt, sondern wir mittlere Beförderungsgeschwindigkeit liegt bei
setzen uns in einen ganz normalen Linienbus. Ehe ,nur‘ 18,2 km/h.
wir abfahren, möchten wir allerdings noch ein paar Und dann gibt es da noch die S-Bahn7. Mit ihr
Informationen über das Verkehrsnetz der größten kann man gut größere Entfernungen im 889 qkm
Stadt Deutschlands geben. großen Stadtgebiet Berlins zurücklegen.
Viele Verkehrsmittel Rundfahrt mit der Linie 100
Zum Verkehrsnetz Berlins gehören neun Unter- Aber jetzt genug der Zahlen. Wir wollen zu unse-
grund-Bahnlinien mit einer Gesamtlinienlänge von rer Rundreise starten. Wir steigen am Bahnhof
ca. 150 km. Auf den Gleisen der U-Bahn, die Zoo, einem Verkehrsknotenpunkt im Westteil der
natürlich überwiegend unterirdisch verlegt sind, Stadt, in einen Bus der Linie 100, der bekannte-
fahren insgesamt 1382 Fahrzeuge. Sie halten an sten Linie des Busnetzes. An der Strecke dieser
169 Bahnhöfen, die selbstverständlich auch zu- Buslinie liegen so viele Sehenswürdigkeiten und
meist unter der Erde liegen, an einigen Stationen faszinierende Besonderheiten, die es in der Me-
sogar in mehreren Etagen1. Die mittlere Be- tropole Berlin zu entdecken gibt, daß wir heute
förderungsgeschwindigkeit2 der Züge liegt bei 30,7 wohl nur einen Teil der Gesamtstrecke fahren
km/h3. können. Wenn wir wollen, können wir nämlich
Wer es nicht liebt, unter die Erde zu gehen, kann unterwegs aussteigen, an bestimmten Plätzen ver-
mit dem Bus fahren. 1420 Busse stehen den Ber- weilen und dann mit einem der nächsten Busse
liner Verkehrsbetrieben (BVG) zur Verfügung; weiterfahren. Die 100er fahren in sehr kurzen
606 davon sind Doppeldecker4, 257 sind Gelenk- Zeitabständen, so daß der Anschluß immer gege-
busse5, die restlichen ganz normale Fahrzeuge. ben ist.
Die Gesamtlänge aller Buslinien beträgt 1905 km, Wir haben Glück. Wir bekommen einen Platz in
die Anzahl der Haltestellen in Fahrtrichtung be- der vordersten Reihe des Oberdecks eines gelben
trägt 6745. 100ers. Von hier aus haben wir den besten Über-
Auch mit der Straßenbahn kann man in Berlin fah- blick über das Geschehen auf den Straßen unter
ren, und das hauptsächlich in den östlichen Stadt- uns und rechts und links der Fahrtstrecke.

8
„Hohler Zahn“ und „Goldelse“ mit Schuhgröße 92. Das Denkmal erinnert an die
Siege des Staates Preußen zwischen 1864 und
Kaum ein paar Minuten unterwegs durch dichtes 1871. Zu Füßen der mächtigen Dame auf der Säule
Verkehrsgedränge, passieren8 wir bereits die Rui- gibt es einen Rundgang. Von dort hat man einen
ne9 der Kaiser-Wilhelm- herrlichen Blick über den gesamten Tiergarten11
Gedächtniskirche. Sie bis hinüber zur Großbaustelle Berlin, über die wir
ist ein Symbol der sinn- im letzten „Weg“ bereits berichtet haben.
losen Zerstörung durch
die Bomben des Zwei- „Präsidenten-Ei“ und „Schwangere Auster“
ten Weltkrieges. Der
Ruinenturm ist heute Bei der Weiterfahrt werfen wir einen Blick hin-
mit einem modernen über auf das neue Bundespräsidialamt, das „Prä-
Kirchengebäude des sidenten-Ei“, und zum Schloß Bellevue, dem uns
Architekten Eiermann bereits bekannten Amtssitz des Bundespräsidenten.
zu einem Ensemble 10 Nachdem der Bus ein Stück an der Spree entlang
kombiniert, das die Ber- gefahren ist, sehen wir links von uns die Kon-
liner „Hohler Zahn mit greßhalle des früheren Westberlin, die wegen ih-
Lippenstift und Puder- rer ausgefallenen Architektur von den Berlinern
dose“ nennen. Täglich liebevoll die „schwangere12 Auster13“ genannt
werden hier die Men- wird. Heute ist das Gebäude umfunktioniert zum
schen, die bei Tag und „Haus der Kulturen der Welt“. Hier finden in
Die Kaiser-Wilhelm-
Nacht zu Tausenden wechselnder Folge internationale Ausstellungen,
Gedächtniskirche mit dem neuen diese innerstädtische Vortragsreihen, Konzerte, Kongresse usw. statt.
Kirchturm im Vordergrund Region bevölkern, zu
Zeiten der Stille, zu kurzen Andachten und zu Or- Das Reichstagsgebäude
gelkonzerten eingeladen. Hier findet mancher
Mensch in Not - egal wer er ist und woher er Einige Haltestellen weiter steigen wir nun aus,
kommt - Ansprechpartner und Hilfsangebote. um uns das Reichstagsgebäude, den Sitz des Deut-
schen Bundestages, ein wenig genauer anzusehen.
Am „Großen Stern“, der wohl deshalb so heißt, O Schreck! Um hineinzukommen werden wir sehr
weil hier viele Straßen auf einen Ring zusammen- viel Zeit und Geduld brauchen. Die Schlange der
laufen, überqueren wir wenig später die „Straße Wartenden aus aller Welt, die den Reichstag be-
des 17. Juni“, deren sichtigen wollen, ist lang. Ob wir uns anstellen
Name an den Volksauf- sollen? Zwei Stunden müssen wir bestimmt war-
stand von 1953 erinnert ten. So sagt es uns ein Schild, das jemand aufge-
(s. Berlin in DW 4/99). stellt hat. Aber wir riskieren es einfach und blät-
In östlicher Richtung tern beim Warten und langsamen Vorrücken schon
sehen wir von hier aus einmal in einem Prospekt über das Gebäude.
in einiger Entfernung
das berühmte „Bran- Wir erfahren einige interessante Dinge: In den
denburger Tor“. Dort Jahren 1884 bis 1894 wurde dieses mächtige Bau-
werden wir später noch werk als Parlamentssitz des Deutschen Reiches
vorbeikommen. nach den Plänen von Paul Wallot errichtet. 1933
wurde es durch einen großen Brand zerstört. Wer
Der Bus muß um der Brandstifter gewesen ist, ist nie endgültig ge-
„Goldelse“ herumfah- klärt worden. Jedenfalls war das Ereignis für die
ren. So nennen die Ber- Nationalsozialisten der Vorwand, massiv gegen
liner die 70 m hohe Sie- politische Gegner vorzugehen. Im Zweiten Welt-
gessäule mit der vergol- krieg wurde der Bau dann schwer beschädigt; und
deten Victoria, einer 37 als sowjetische Soldaten auf dem Gebäude die rote
Tonnen schweren, neun Fahne setzten, bedeutete dies das Ende der
Die Victoria auf der Siegessäule Meter großen „Dame“ Schlacht um Berlin. Später wurde das Gebäude
9
mit veränderter Inneneinrichtung wieder aufge- langen. 230 Meter luftige Wegstrecke sind dabei
baut. zu überwinden. Der imposante18 Ausblick auf das
Unmittelbar hinter dem Reichstagsgebäude ver- neue Regierungsviertel im Spreebogen ist dann
lief übrigens nach der Teilung der Stadt die Sek- die Belohnung für die Mühe des Aufstiegs.
torengrenze zwischen West- und Ostberlin. In den Genuß dieses Ausblicks kommen wir heu-
te allerdings doch nicht mehr. Leider. Zwei Stun-
Neuer Reichstag mit Glaskuppel den Wartezeit und langsamstes Vorrücken der
Seit Juli 1995 wurde das Reichstagsgebäude nach Menschenschlange machen müde. Eine Cola und
Plänen des britischen Architekten Sir Norman eine Schrippe19 zwischendurch muntern die sin-
Foster in seinem Inneren völlig neu gestaltet und kende Stimmung auch nicht recht auf. Es sind ein-
eingerichtet. Im Zentrum des ersten Stocks liegt fach zu viele Leute, die das neue Versammlungs-
gebäude des deutschen Parlaments besichtigen
wollen. Inzwischen schmerzen die Beine, und die
Knie tun weh. Aber der Eingang im Westflügel

Foto: Rainer Klostermeier, Bilderdienst Süddeutscher Verlag


unter der großen Inschrift „DEM DEUTSCHEN
VOLKE“ ist noch lange nicht erreicht. Wir ge-
ben für heute auf. Vielleicht gibt es später einmal
eine Gelegenheit, das Reichstagsgebäude von in-
nen zu sehen mit der Möglichkeit, zur Kuppel auf-
zusteigen. Die nächste Haltestelle der Buslinie 100
ist nicht weit. Fahren wir also ein Stück weiter
und genießen wir das Sitzen im Bus und das Schau-
en auf neue Dinge an unserer Strecke.
Der Neubau des Reichstagsgebäudes Lothar von Seltmann
der Plenarsaal14, in dem ca. 800 lila-blaufarben Den letzten Teil unserer Rundreise durch Berlin lesen
bezogene Sessel ein freundliches Bild abgeben. Sie in der übernächsten Ausgabe des „Weges“ (4/2000).
Im zweiten Stock gibt es Räume für das 1
die Etage [etasche] Stockwerk 2 die mittlere Beförderungs-
Bundestagspräsidium, den Ältestenrat15 und die geschwindigkeit: Durchschnittsgeschwindigkeit berechnet nach
Bundestagsverwaltung. Im dritten und vierten gefahrenen Kilometern in einer Stunde 3 km/h: Kilometer pro
Stock befinden sich Säle für die Fraktionen und Stunde (h - lateinisch hora = die Stunde) 4 der Doppeldecker:
Räume für die Presse. Ca. 600 Millionen DM hat zweistöckiger Bus mit Unterdeck und Oberdeck 5 der Gelenkbus:
der Umbau des Reichstagsgebäudes verschlungen. langes Busfahrzeug, bei dem Motorfahrzeug und ‘Anhänger’
durch ein großes Gelenk miteinander verbunden sind 6 die
Der mächtige Bau wird heute gekrönt von einer Richtungshaltestelle: Haltestelle in Fahrtrichtung 7 die S-Bahn
23,5 Meter hohen und 800 Tonnen schweren glä- = Stadtbahn; fährt auf der gleichen Spur und häufig auch auf
sernen Kuppel, die allein ca. 20 Millionen DM den gleichen Schienen wie die Fernbahn 8 passieren: (hier)
vorbeifahren (aus dem Engl.: to pass by) 9 die Ruine: Rest
gekostet hat. In diese Kuppel ist ein karotten- eines früheren Gebäudes 10 das Ensemble [o:nso:mbel] (franz.):
förmiger Zylinder16 eingebaut Zusammenstellung z.B. mehrerer Gebäude in der Architektur,
worden, der mit 360 einzel- mehrerer Kleidungsstücke in der Mode, mehrerer Menschen in
nen Spiegeln verkleidet ist. der Musik... 11 der Tiergarten: großer Park im gleichnamigen
© Globus

Diese versorgen den zehn Stadtbezirk 12schwanger: mit einem Kind im Bauch 13die
Auster: eine Muschel, die von zwei Schalen umgeben ist, oft roh
Meter tiefer gelegenen
gegessen wird und die eine Perle hervorbringen kann 14 der
großen Plenarsaal mit Plenarsaal: Hauptversammlungsraum für alle Abgeordneten des
Tageslicht. Gleichzeitig Deutschen Bundestages mit großer Besuchertribüne 15
der
sorgt diese „Karotte“ für Ältestenrat: er besteht aus Mitgliedern der im Bundestag
die Entlüftung des Ple- vertretenen Parteien und unterstützt u.a. den Bundestags-
narsaals. Über zwei spi- präsidenten bei seiner Arbeit 16 karottenförmiger Zylinder:
geometrischer Körper in der Form einer Möhre 17 die Rampe:
ralförmige Rampen17 können Besucher des neuen schiefe Ebene zur Überwindung von Höhenunterschieden in
Hauses in der Kuppel auf eine 40 Meter hohe Aus- Bauwerken 18 imposant: beeindruckend 19 die Schrippe:
sichtsplattform im Inneren der Kuppelspitze ge- Berliner Ausdruck für ein belegtes Brötchen

10
Aus Literatur und Kultur: Jazz in Deutschland ➂
Ursprung und Entwicklung Alexander von Schlippenbach ist Leiter des „Globe-Unity-
Orchesters“, des ersten europäischen Free-Jazz-Orchesters (seit
Der Jazz entstand am Anfang des 20. Jahrhunderts in den 1966).
USA durch die Vermischung verschiedener europäischer Musik-
Karl Berger, Vibraphon, lebte in den
kulturen mit solchen, die die Nachkommen afrika-stämmiger
USA und baute das „Creative Music
Sklaven einbrachten. Neu an dieser Musik war das Vorherr-
Studio“ in Woodstock auf. Berger
schen der Improvisation - also die spontane Erfindung von
beschäftigte sich eingehend mit
Melodien und der freie Ausdruck eigener Ideen. Dies war der
Weltmusik, das heißt vielfältige Vibraphon
Aufführungspraxis der klassischen Musik verloren gegangen.
Musikkulturen fließen in seinen Unterricht und seine Spiel-
Schon bald wurde diese neue Musik in Europa nachgeahmt. praxis ein.
So war Paris in den 20er Jahren ein Zentrum des Jazz in
Die Kölner Saxophon-Mafia ist eine reine Saxophon-
Europa. Auch in Deutschland gab es Jazzbegeisterte, doch
Gruppe, die sich großer formaler Abläufe und kom-

Saxopho
wurde diese „freigeistige Musik“ wie andere moderne Kunst-
plexer Harmonien bedient.
formen zur Zeit des Nationalsozialismus unter Hitlers Diktatur
Gerd Dudek spielt Saxophon im „European Jazz

n
verboten. Wer „Neger-Musik“ auf amerikanischen Soldaten-
sendern hörte, wurde verfolgt. Auch nach dem 2. Weltkrieg Ensemble“, das von dem Bassisten Ali Haurand ge-
blieb der Jazz die Musik einer Minderheit, obwohl er immer leitet wird.
wieder die „leichtere“ populäre Musik (Pop-Musik), wie sie in Markus Stockhausen, Sohn des Komponisten Karlheinz
den Hitparaden (Charts) gespielt wird, beeinflußt. Stockhausen, bezieht Elektronik in sein Trompetenspiel ein.
Bis in die 60er Jahre blieb es bei der Nachahmung der ame- Joachim Kühn, Piano.
rikanischen Musiker-Vorbilder. Doch geschah nun eine ent- Nils Wogram, Posaune.
scheidende Veränderung, die dem europäischen Jazz ein eige-
nes Gesicht verlieh. Die neueste Entwicklung in den USA hieß Die aktuelle deutsche Jazzszene stellt sich
Posau
etwa so dar: ne
in dieser Zeit „Free Jazz“. Man löste sich von allen Vorgaben,
die der Improvisation bis dahin zugrunde lagen wie beispiels- Obwohl Improvisation eine schwierige Kunstform ist, hat der
weise Harmonik und durchgehender Rhythmus. So wie deut- Jazz an den deutschen Musikhochschulen noch immer einen
sche Jazzmusiker bisher Stile wie Swing, Bebop und Cool-Jazz geringeren Stellenwert als die Ausbildung klassischer Musi-
nachgeahmt hatten, imitierten sie jetzt die freien Spielweisen ker. Persönlichkeiten wie die Musikwissenschaftlerin Prof. Dr.
von Ornette Coleman (Saxophon), Cecil Taylor (Piano) und an- Ilse Storb (Duisburg) und Prof. Joe Vierra (Regensburg) ver-
deren. Indem sie das Modell von Offenheit und Regelfreiheit suchen unter großen Schwierigkeiten, dieses Mißverhältnis
übernahmen, fanden sie zu sich selbst. aufzubrechen.
In Köln, Hamburg und Berlin gibt es viele Jazz-Clubs, in denen
Jazz in Deutschland
international bedeutende Musiker auftreten.
Die einflußreichsten Deutschen jener Zeit Amerikanische Musiker spielen gerne in
waren Albert Mangelsdorf, Posaune, Deutschland, da sie hier ein interessierteres,
Trom

und Manfred Schoof, Trompete. konzentrierter zuhörendes Publikum haben als


pete

Mangelsdorf entwickelte ab den 70er in den USA, wo eine stärkere Konsumhaltung


Jahren eine Spieltechnik, bei der er zu beobachten ist. Große Jazzfestivals finden in
gleichzeitig zu den gespielten Tönen Moers, Viersen, Baden-Baden, Münster und ande-
zusätzlich in die Posaune sang, was ren Städten statt. Zur Entwicklung der Jazzszene lei-
Mehrklänge (= Akkorde) erzeugte. Er war sten Zeitschriften wie Jazzpodium und Jazzthetik, die Ra-
ein Spezialist für Solokonzerte und er- dio-Jazz-Orchester, besonders die WDR-Bigband und die Münch-
Albert Mangelsdorf hielt viele Preise und Auszeichnungen. ner Schallplattenfirma ECM, wichtige Beiträge. Ein herausra-
Weitere bedeutende deutsche Jazzmusiker: gender Nicht-Musiker ist noch zu nennen: Joachim Ernst
Peter Brötzmann, Tenorsaxophon, spielt mit einer Intensität, Berendt, ein international bedeutender Jazzkritiker. Sein „Jazz-
die man häufig mit schwarzen Musikern verbindet. buch“ wurde von ihm selbst mehrfach aktualisiert und in sehr
viele Sprachen übersetzt.
Günther “Baby” Sommer erweitert das Schlagzeug um Pau-
1
ken und Geräuschinstrumente. Er gilt als melodischster Schlag- magisch: (hier) mit einer starken Wirkung, die man kaum
zeuger der Nach-Free-Jazz-Zeit und spielt mit magischer1 In- erklären kann
tensität, Ruhe und Pausen. Daniel Ziegler
11
Wir erinnern uns ➁/➂➂
Mai - Juli 2000 6.6. Geburtstag des Schriftstellers Thomas Mann
in Lübeck. Er gilt als einer bedeutendsten deut-
Deutsche Feier und Festtage: schen Schriftsteller der Neuzeit. Eines seiner be-
1. Mai: Maifeiertag; 1. Juni: Christi Himmelfahrt; kanntesten Werke ist der Ro-
11./12. Juni: Pfingsten man „Die Buddenbrooks“, der
ihn sogleich weltberühmt mach-
Gedenktage:
te und für den er 1929 den No-
Vor 75 Jahren (1925): Mit der „Leica“ der Fima belpreis erhielt. Andere be-
Leitz kommt die erste in Serie gefertigte Klein- kannte Werke sind unter ande-
bildkamera (Bildformat 24x36 mm) auf den Markt. rem die Novelle3 „Der Tod in
Sie begründet eine neue Generation des Foto- Venedig“ und der Roman „Der
grafierens. Sie war sehr präzise1 gefertigt und setzte Zauberberg“. Mann starb 1955
sich bei anspruchsvollen Bildjournalisten bald in der Schweiz (eine ausführli-
durch, auch deshalb, weil sie mit einer einzigen chere Biographie erscheint in einem späteren Heft).
Filmspule erstmals 36 Fotoaufnahmen ermöglich-
te. Bald begann man mit dem Aufbau des später Die Bevölkerung Berlins, seit 1871 Hauptstadt
weltberühmten Leicasystems, das ab 1930 mit des Deutschen Reiches, erreicht die Millionen-
Wechselobjektiven arbeitete. Dies ermöglichte dem grenze.
Fotografen, ein Objekt von einem festen Stand- Vor 250 Jahren (1750): 28.7. Todestag des Kom-
punkt aus in verschiedenen Größen abzubilden. ponisten Johann Sebastian Bach (siehe Biogra-
Werner Heisenberg, Max Born und Pascual Jor- phie in diesem Heft).
dan begründen die Quantenmechanik und schaf- Vor 300 Jahren (1700): 26.5. Geburtstag des Gra-
fen ein neues physikalisches Weltbild. Die Q. ist fen Nikolaus Ludwig Reichsgraf von Zinzendorf.
eine Theorie zur in sich widerspruchsfreien Be- Er ist der Begründer der Herrenhuter Brüder-
schreibung aller Vorgänge der Physik der Elemen- gemeinde und hat viele Missionare in alle Welt
tarteilchen (Moleküle, Atome). geschickt (eine Kurzbiographie folgt im nächsten
Vor 100 Jahren (1900): 2.7. Der Erfinder Graf Heft).
Ferdinand von Zeppelin unternimmt mit einem Vor 650 Jahren (1350): Wahrscheinlicher Todes-
starren Luftschiff die ersten Versuchsfahrten. Spä- tag von Till Eulenspiegel in Mölln. Till Eulen-
ter nannte man die Luftschiffe nach ihrem Erfin- spiegel (niederdeutsch „Ulenspegel“) war ein bäu-
der „Zeppeline“. erlicher Schalksnarr und Titelheld eines nieder-
Vor 125 Jahren (1875): 4.6. Todestag des schwä- deutschen Volksbuches. Es ist nur in hochdeut-
bischen Lyrikers und Erzählers Eduard Mörike scher Fassung von 1510/11 erhalten. Eulenspie-
in Stuttgart. Der 1804 gebo- gels Schwänke und Streiche ergeben sich meist
rene Mörike war 1834 - 43 daraus, daß er eine bildliche Rede wörtlich nimmt.
Pfarrer in Cleversulzbach. Vor 800 Jahren (um 1200): Das Nibelungenlied
Später lebte er zurückgezogen entsteht. Es ist das erste und bedeutendste mittel-
in Stuttgart. Seine bildkräftig- hochdeutsche Heldenepos4. In ihm beschreibt ein
musikalische Lyrik2 wurde vor unbekannter Dichter die Heldentaten des Recken
allem vom Volkslied und von (Helden) Siegfried von Xanten und verbindet sie
der Antike beeinflußt. Er dich- mit der Geschichte vom Untergang der Burgun-
tete auch schlichte volkstüm- der. 2400 Strophen umfaßt die Dichtung.
liche Lieder. Wie kaum ein 1
anderer Dichter außer Goethe präzise: genau 2die Lyrik: eine Form der Dichtung in Versen, meist
mit einem bestimmten Reim oder Rhythmus; Ggs.: Epik, Dramatik
ist er mit der Natur eins geworden. Seine vielen 3
die Novelle: eine Erzählung (länger als eine Kurzgeschichte, aber
Gedichte zeugen von tiefen Gefühlen. Er schrieb kürzer als ein Roman) meist über ein ungewöhnliches Ereignis und
auch Erzählungen und Märchen und die bekannte oft mit einem Wendepunkt 4das Epos: meist relativ lange Erzäh-
Novelle „Mozart auf der Reise nach Prag“ (1855). lung in Versen
12
Deutschland aktuell ➁
Der Skandal um Parteispenden Was aber können wir aus diesen Dingen lernen?
Zwei Fragen treten hier besonders hervor, die für
Seit Ende letzten Jahres scheint es in den Medien1 alle Demokratien gleicherweise zu stellen sind.
der Bundesrepublik kein anderes Thema mehr zu Erstens: Ist Politik käuflich? Wenn ich jemandem
geben als den Skandal um die Parteispenden in eine Spende gebe, will ich ihm in der Regel nur
der CDU. Sicherlich ist das Thema wichtig und helfen. Das wäre uneigennützig. Vielleicht gebe
brisant2. Doch was daran besonders deutlich wird, ich aber jemandem auch Geld, damit er mir etwas
ist vor allen Dingen die Macht der Medien. Wenn Gutes tut, damit er mir hilft. Dies nennt man
Zeitungsredakteure und Journalisten von Radio und Bestechung. Wenn Politik bestechlich ist, dann ist
Fernsehen etwas öffentlich machen wollen, dann sie nicht mehr unabhängig. Dann können die
tun sie es auch. Und es bleibt so lange ein Thema, Menschen, die das Geld haben, bestimmen, wie
wie sie es wünschen, auch wenn die Integrität3 ein Land regiert wird und welche Entscheidungen
vieler Menschen persönlich verletzt wird. Die gefällt werden. Dies nennt man „Korruption“.
Macht der Medien zur Manipulation4 - sie wird Korruption und Demokratie sind Gegensätze, aber
bei der zunehmenden Vernetzung 5 unserer Demokratie schützt nicht vor Korruption. Hier
Mediengesellschaft in Zukunft ein aktuelles Thema lauert eine große Gefahr.
bleiben.
Die zweite Frage ist: Sind die Gesetze für Politiker
Worum aber geht es in diesem Parteispenden- nicht verbindlich? Wenn eine Regierung sagt, daß
skandal? Grundsätzlich geht es darum, daß der man keine Spenden annehmen soll, ohne daß man
frühere Bundeskanzler Helmut Kohl während sagt, woher das Geld kommt, dann muß sich jeder
seiner Amtszeit Spenden für seine Partei, die CDU, daran halten. Wenn jemand dies nicht tut, dann
angenommen hat, ohne daß diese Spenden in den hat er das Gesetz gebrochen. Ein Staat macht
Rechenschaftsberichten 6 der Partei aufgeführt Gesetze, an die jeder Bürger sich halten soll. Wenn
worden sind. Teilweise ist Geld auch auf er dies nicht tut, kann er dafür bestraft werden.
sogenannte „schwarze Konten“ geflossen. Das sind Wenn aber nun eine Partei oder Regierung die
Konten, von denen nur wenige wußten und von eigenen Gesetze nicht beachtet, dann wird sie
denen zusätzliche Finanzmittel abgerufen werden unglaubwürdig. Und außerdem ist sie ein
konnten. Diese konnte man dann so gebrauchen, schlechtes Vorbild. Warum sollte der Bürger das
wie man es für richtig ansah. Gesetz halten, wenn die Politiker es selbst nicht
tun? Politik muß glaubwürdig sein. Dafür brauchen
Um wieviel Geld es sich dabei insgesamt gehandelt
aber Politiker Maßstäbe wie alle Bürger, an die
hat, weiß keiner so genau. Kohl selber hat Spenden
man sich halten kann und die das Handeln
von über 2 Millionen Mark angenommen, und die
bestimmen. Die Bibel gibt uns zum Beispiel solche
CDU im Bundesland Hessen hatte über 20
Maßstäbe, die uns davor bewahren, daß eine
Millionen Mark auf Konten in der Schweiz
Gemeinschaft nicht mehr funktioniert, weil jeder
versteckt. Während man in Hessen jetzt die
nur noch an sich und seinen eigenen Vorteil denkt.
Herkunft des Geldes aufgeklärt hat, ist Helmut
Kohl weiterhin nicht bereit, die Spender zu nennen, 1
die Medien: Radio, Fernsehen, Zeitungen etc. 2brisant: so,
weil er ihnen dies versprochen hat. Ob er dabei daß es sehr leicht zu Konflikten führen kann 3die Integrität:
etwas zu verbergen hat? Das ist die Frage, die Rechtschaffenheit, Redlichkeit 4die Manipulation: absichtliche
sich viele stellen. Beeinflussung, ohne das jmd. es merkt, um zu erreichen, daß er
in bestimmter Weise denkt und handelt 5die Vernetzung: das
In der Zwischenzeit mußten einige wichtige miteinander verbunden sein durch Leitungsnetze von Computern
Politiker von ihren Ämtern zurücktreten, weil sie (Internet), Radio, Fernsehen etc., so daß Informationen überall
schnell verfügbar werden 6der Rechenschaftsbericht: ein
in den Skandal verwickelt sind und gelogen hatten; offizieller Bericht darüber, warum man etwas getan hat oder wie
und die CDU ist durch diesen Skandal7 sehr schwer man seine Pflicht erfüllt hat. Er enthält auch Angaben darüber,
getroffen worden. Auch muß sie viel Geld wieder von wem man Geld bekommen, und wie man es ausgegeben
an den Staat, der die Parteien teilweise unterstützt, hat. 7der Skandal: ein Ereignis, das die Leute schockiert (und
zurückzahlen. ärgert), weil es moralisch nicht akzeptabel ist

13
Der Mai ist gekommen ➁
W
er freut sich nicht auf den Mai? Drau- man mit der Familie einen Ausflug oder eine Wan-
ßen ist alles wieder grün und es wird derung. In manchen Gegenden gibt es gemeinsa-
wieder wärmer. Der Frühling ist jetzt me Umzüge1 und Ausflüge oder auch Maifeste mit
richtig da! Mehr als genug Grund zu feiern. Musik. Und wenn man Abends noch zusammen
Maifeste sind schon sehr alt. Und sie haben sich ist, gibt es manchmal die leckere Maibowle2, ein
bis in die heutige Zeit sehr lebendig erhalten. Je Getränk aus Wein und Sekt mit Erdbeeren, Apri-
nach Region gibt es unterschiedliche Bräuche. kosen und würzigem3 Waldmeister4. Der Mai ist
Schon am Vorabend des 1. Mai wird der Mai- gekommen!
baum geschmückt. Man sitzt zusammen, und eine
kleine Birke,
Fichte oder ein
runder Reifen
wird mit bunten
Bändern ge-
schmückt. Grö-
ßere Maibäume
tragen oft auch
Symbole von
wichtigen Hand-
werkern (die
Brezel als Sym- 2. Herr Vater; Frau Mutter; daß Gott euch behüt’! Wer
weiß, wo in der Ferne mein Glück mir noch blüht5. Es
bol der Bäcker,
gibt so manche Straße, da nimmer6 ich marschiert, es
die Schere für gibt so manchen Wein, den ich nimmer7 noch probiert.
die Schneider,
3. Frisch auf8 drum, frisch auf drum im hellen Sonnen-
die Äxte für die strahl, wohl über die Berge, wohl durch das tiefe Tal!
Zimmerleute Die Quellen erklingen, die Bäume rauschen all; mein
usw.), die den Herz ist wie ‘ne Lerche und stimmet ein mit Schall.
Das Setzen eines Maibaums M a i b a u m 4. Und find’ ich keine Herberg’9, so lieg ich zur Nacht
errichten. Manchmal sind es auch Bilder von Tie- wohl unterm blauen Himmel, die Sterne halten Wacht.
ren wie Ochs und Esel, Pferd und Schaf, Huhn Im Winde die Linde, die rauscht mich ein gemach10; es
und Gans oder es erscheinen lustige Figuren. küsset in der Frühe das Morgenrot mich wach.
5. O Wandern, o Wandern, du freie Burschenlust11! Da
Wenn man den Maibaum aufgestellt hat, wird ge-
wehet Gottes Odem12 so frisch in der Brust; da singet
feiert. Und in den Dörfern und Städten findet auch und jauchzet13 das Herz zum Himmelszelt: wie bist du
fast immer der „Tanz in doch so schön, o du weite, weite Welt!
den Mai“ statt. Bis spät
Dieses bekannteste deutsche Mailied wurde von Emanuel
in die Nacht hinein wird Geibel (1815-1884) gedichtet. Melodie von Wilhelm Lyra in
dann getanzt und gefei- Anlehnung an eine Böhmische Volksweise.
ert. 1
der Umzug: (hier) das Ziehen vieler Menschen durch die Straßen 2[bo:le]
3
würzig: mit kräftigem Geschmack oder Geruch 4der Waldmeister: eine
Am 1. Mai gehen viele kleine Pflanze, die im Wald wächst und als Aroma verwendet wird 5blü-
Arbeiter noch traditio- hen: (hier) sich stark und günstig entwickeln 6nimmer: nie(mals)
7
nell zu den Maikundge- nimmer noch: noch nie 8frisch-auf: Wandergruß; drückt eine Ermunte-
rung aus oder die Aufforderung, sich in Bewegung zu setzen 9die Her-
bungen, die von den Ge-
berge: ein einfaches Gasthaus, in dem man schlafen und essen kann
werkschaften durchge- 10
gemach: (vltd.) langsam 11der Bursche: ein junger Mann. Ursprüng-
führt werden. Aber im- lich. war „Bursche“ die Bezeichnung für Mitglieder einer Studenten-
mer weniger Menschen gemeinschaft („Burschenschaft“) und wurde auch auf andere Gemein-
schaften wie Soldaten und Handwerker übertragen. Diese wanderten
kommen heute zu diesen früher oft durch das Land z.B. auf Suche nach Arbeit. 12der Odem (vtld.)
Treffen. Lieber macht Atem 13jauchzen: mit lauter (hoher) Stimme jubeln
14
Die bunte Seite
Das Gegenteil „Du hast wunderschöne Zähne!“ - „Danke!
Die habe ich von meiner Mutter.“ - „Super, daß Sie
In diesem Rätsel soll immer das Gegenteil erraten werden. Dir passen ...“
Bei richtiger Lösung ergibt sich aus den Anfangsbuchstaben
ein schönes Fest im Sommer. Bei Meiers klingelt das Telefon. Der kleine Florian
nimmt den Hörer ab. „Papa, es ist der Vater von Thilo.
1. Allee Er fragt, ob Du mit meinen Hausaufgaben schon fertig
bist? Er möchte sie gerne abschreiben!“
2. Zwerg
Ein grüner, ein gelber und ein roter Punkt sitzen im
3. nie Kino. Ein lila Punkt kommt dazu. Sagt der gelbe zum
roten: „Ich gehe, mir wird es jetzt zu bunt.“
4. leiser
„Weshalb kommen Sie denn schon wieder zu spät zur
5. weinen Arbeit?“, fragt der Chef wütend. Der Angestellte: „Am
Fahrstuhl hing ein Schild ,Nur für acht Personen‘. Und
6. Mut was glauben Sie, wie lange es gedauert hat, bis noch
sieben andere zugestiegen sind!“
7. letzter
Katja hat mit ihrer Klasse eine Englandfahrt gemacht.
8. schattig „Hattet ihr keine Schwierigkeiten mit euren Englisch-
kenntnissen?“, will Oma wissen. Katja: „Wir nicht,
9. Höhen aber die Engländer!“
Der Lehrer: „Was geschah 1759?“ Fritz: „Da wurde
„Wie war’s beim Hellseher?“ -
Schiller geboren.“ – „Gut! Und 1762?“ - „Da feierte
„Ach, alles Betrug! Ich klopfe an
er seinen 3. Geburtstag.“
seine Tür, und er fragt: ,Wer ist 7. erster, 8. sonnig, 9. Tiefen = Grillfest
da?‘“ Lösung: 1. Gasse, 2. Riese, 3. immer, 4. lauter, 5. lachen, 6. Furcht,

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q Ich möchte auch gerne mehr über ein verändertes Leben mit Jesus Christus erfahren. Bitte senden Sie mir
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15
Es ist unmöglich, daß ein Mensch die Sonne schaut,
ohne daß sein Angesicht hell wird.
Friedrich von Bodelschwingh

Sich in den Schatten


des Kreuzes stellen
Ein Mann wollte seinen Schatten
loswerden, aber, was er auch an-
stellte, es gelang ihm nicht: Er
wälzte sich auf dem Boden,
sprang ins Wasser, versuchte,
über den Schatten wegzuspringen.
Alles vergeblich.
Ein weiser Mann, der diese Ge-
schichte hörte, meinte dazu: „Das
wäre doch ganz einfach gewesen,
den Schatten loszuwerden!“
„Wieso einfach?“ fragten die Um-
stehenden neugierig, „was hätte
er denn machen sollen?“
„Aus: Sag es heiter mit Cartoons, Brunnen Verlag, Gießen.“
Und der weise Mann gab zur Ant-
wort: „Er hätte sich nur in den Schatten eines Baumes zu stellen brauchen.“
Viele Menschen versuchen, die Schuld ihres Lebens loszuwerden wie ihren Schatten.
Aber es gelingt ihnen nicht. Bei Jesus können wir alle unsere Schuld loswerden. Er
will uns alles vergeben und uns zu neuen Menschen machen. Aber wir müssen bereit
sein, ihm zu vertrauen und uns in den Schatten seines Kreuzes zu stellen.

Der W
Weeg zum Ziel - Eine Zeitschrift für Deutsc
Zeitschrift hlernende
Deutschlernende
Ausgabe Nr. 30 (Mai - Juli 2000) Erscheinungsweise: vierteljährlich
Redaktion: Volker Schmidt Bezug: kostenlos
Wir freuen uns sehr auf Ihre Post. Leider können wir nicht alle Briefe beantworten, aber wir lesen alles
aufmerksam durch. Bestellungen von Schulen und Universitäten nehmen wir gerne entgegen. Diese sollten
jedoch 15, und bei besonderen Bedarf 30 Hefte nicht übersteigen. Für Anfänger geben wir halbjährlich die
Zeitschrift „Der kleine Weg“ heraus, die Sie auch gerne kostenlos bei uns bestellen können. Um den „Weg“
ohne Unterbrechung zu bekommen, sollten Sie uns mindestens alle eineinhalb Jahre schreiben.

„Der Weg“, Andoverstraße 77, 47574 Goch, Deutschland


E-Mail: weg@derweg.org ü Der Weg - online: www.derweg.org
Postfachadresse in Russland (bitte nur in Deutsch schreiben!): Der Weg, а/я 34, 125047 Москва, Россия
16

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