Titelabbildung:
Gedenkstein von Weyhe (s. Beitrag Winter, S. 100)
Impressum
Altmärkischer Verein für vaterländische Geschichte zu Salzwedel e.V.
c/o Stadtarchiv Salzwedel, Ackerstraße13, 29410 Salzwedel
Redaktion: Ulrich Kalmbach, Dieter Fettback
Druck: DruckManufaktur, Nicolaistraße 28, 39576 Stendal
3
Inhaltsverzeichnis
Andreas Neubert
Baubegleitende archäologische Untersuchungen in Salzwedel
– ein Überblick
Teil 1: Salzwedel-Neustadt, Hohe Brücke (2010) 5
Bernd-Wilhelm Linnemeier
Burgbesitz und adelige Herrschaft ‚zu gesamter Hand‘
Das Geschlecht von der Schulenburg auf Beetzendorf 35
Jens Winter
Fritz VII. von der Schulenburg und der Niedergang des mittleren
Hauptzweigs der weißen Linie derer von der Schulenburg
Besitzverhältnisse in Brome am Ende des 15. Jahrhunderts 91
Thorsten Morgendahl
Das preußische erste Elb-Landwehrregiment 1814-1815 101
Frank Moldenhauer
Der Obelisk von Ortwinkel - ein Denkmal der Separation 125
Wilfried Klingelhöfer
Goldschmiede in Salzwedel und ihre Werke 147
Ulrich Kalmbach
Vom Verein ins Museum
Entstehung und Entwicklung der Sammlungen des Altmärkischen
Geschichtsvereins bis hin zur Gründung des Johann-Friedrich-
Danneil-Museums 169
Bernhard v. Barsewisch
180 Jahre Altmärkischer Verein für vaterländische Geschichte zu
Salzwedel - Persönliche Erinnerungen an die jüngste Geschichte 185
Ulrich Kalmbach
Vereinsbericht für das Jahr 2016 191
Henning Krüger
Kassenbericht/ Rechnungslegung für das Kalenderjahr 2016 203
5
1. Einleitung
1.1 Anmerkungen zur Stadtkernarchäologie
1
FEHRING 1996; UNTERMANN 2000; STEUER/ BIEGEL 2002.
2
LANDESDENKMALAMT BADEN-WÜRTEMBERG 1992.
6
ßerhalb der Städte hinreichend abzusichern. Auch universitär war das junge
Teilgebiet der Mittelalter- und Neuzeitarchäologie in Deutschland noch nicht
ausreichend verankert.
Diese hier nur in groben Zügen skizzierte Entwicklung lässt sich auch für die
Altmark im Allgemeinen bzw. für Salzwedel im Besonderen festhalten. Einen
großen und anhaltenden „Boom“ erfuhren baubegleitende Untersuchungen in
den Innenstädten nach der politischen Wende von 1990 in weiten Gebieten
der ehemaligen DDR, z.B. in Mecklenburg-Vorpommern3. Die verstärkte Bau-
tätigkeit in den Städten, insbesondere die grundhafte Sanierung von Straßen-
zügen im Bereich mittelalterlicher Stadtkerne, ruft seither verstärkt die
Archäologie auf den Plan. Darüber hinaus ist mit den Denkmalschutzgesetzen
auch ein entsprechender Handlungsrahmen für die systematische Durchfüh-
rung solcher Untersuchungen abgesteckt4. In der Regel handelt es sich jedoch
um archäologische Geländeaktivitäten, die weitgehend dem Baugeschehen un-
tergeordnet sind und welche häufig unter hohem Zeitdruck und mit geringen
personellen Kapazitäten durchgeführt werden müssen. Derartige Untersu-
chungen erlauben vor allem lineare Einblicke an den Wänden der schmalen
Leitungsgräben. Auf diese Weise lassen sich zwar archäologische Befunde wie
Schichten, Gruben oder Holzkonstruktionen recht gut in ihrer Tiefeners-
treckung erfassen, allerdings sind aufgrund der geringen Breiten der Gräben
kaum Aussagen zu den flächenhaften Dimensionen der Objekte möglich.
Gerade zu linear und straßenparallel verlaufenden Strukturen wie z.B. Alt-
straßen/ -wege oder Holzwasserleitungen sind also durchaus (isolierte) Er-
kenntnisse möglich, denen sich in günstiger Lage und hinreichender Flächen-
ausdehnung sehr viel seltener die Dokumentation besonderer Einzelbefunde,
wie z.B. Brunnen oder Gebäudeausschnitte anschließt. Das Hauptaugenmerk
während solcher Untersuchungen gilt der möglichst exakten Einmessung und
Beschreibung der Profilschnitte sowie der selektiven Bergung datierender
Funde, z. B. charakteristischer, zeitlich veränderlicher Gefäßkeramik.
Im Bereich relativ hoher Grundwasserstände, wie sie u.a. in großen Teilen der
Altmark herrschen, überdauern aufgrund des feuchten und luftabgeschlos-
senen Bodenmilieus häufig auch organische Materialien wie Holz und Leder.
Gut erhaltene Holzfunde erlauben mit Hilfe der sogenannten Dendrochrono-
logie eine gute Möglichkeit, archäologische Befunde recht genau zeitlich einzu-
ordnen.
3
JÖNS/ LÜTH/ SCHÄFER 2005.
4
Die Verordnung zum Schutz der Bodendenkmale (1954) für das Territorium der damaligen DDR
war formal auf die vormittelalterlichen Perioden beschränkt.
7
Die Hansestadt Salzwedel blickt heute auf eine mehr als 750-jährige Geschich-
te zurück (Ersterwähnung Altstadt: 1233, Neustadt: 1247). Darüber geben
zunächst schriftliche Quellen und Bildzeugnisse Nachricht. Allerdings sind
diese Informationen, besonders zu Beginn der mittelalterlichen Entwicklung,
sehr lückenhaft. Und auch zu späteren Zeiten bleiben viele Bereiche des städ-
tischen Alltagslebens praktisch ausgespart. Zudem haben sich diese Quellen
nicht überall bis zum heutigen Tage erhalten. Auch für Salzwedel sind em-
pfindliche Verluste an Archivalien, z.B. im Zuge des 30-jährigen Krieges
(1635) und vor allem beim Brand des Altstädter Rathauses im Jahre 1895 zu
beklagen. So kommt der Archäologie eine wichtige Rolle bei der Erhellung der
Stadtgeschichte zu.
5
Ungeachtet der im vorangehenden Abschnitt aufgezeigten generellen forschungsgeschichtlichen
Tendenzen wurde in einzelnen Regionen zum Teil bereits recht frühzeitig auch Fundmaterial aus
den Innenstädten gesammelt und in bescheidenem Umfang sind sogar Beobachtungen zu
angetroffenen Befunden, wie Schichtenfolgen, Brunnen etc., überliefert. Dies lässt sich auch und
insbesondere für Salzwedel konstatieren und ist hier mit dem Engagement, welches vom Johann-
Friedrich-Danneil-Museum und dem Altmärkischen Verein für Vaterländische Geschichte zu
Salzwedel (gegründet 1836) ausging, eng verbunden. Im Prinzip standen schon seit den Tagen J.
F. Danneils (1783-1868), welcher bereits in besonderer Weise eine Verbindung von Archäologie
und Geschichte und die Erweiterung der letzteren mit archäologischen Methoden bereits in deren
Anfangstagen anstrebte, auch „stadtgeschichtliche“ Fragen auf der Agenda der lokalen
archäologischen Forschung.
6
LEINEWEBER 2002.
8
Unser Ziel ist es, in den kommenden Jahren Teilergebnisse zu den einzelnen
Maßnahmen in aufeinanderfolgenden Einzelartikeln vorzustellen. Im ersten
Teil widmen wir uns nachfolgend zunächst der Untersuchung in der Hohen
Brücke im Frühjahr 2010.
7
PACAK 2002.
8
WEGENER 2004.
9
Ebd.
10
WEGENER 2005.
11
MÜLLER/ STEFFENS 2009 und freundliche Mitteilung D. STEFFENS.
12
Aktuell ist auch für die Salzwedeler Neustadt eine weitere archäologische Untersuchung seitens
des Verfassers, und zwar in der Wollweberstraße, zu verzeichnen (1. Bauabschnitt: August-
Dezember 2016).
13
Grabungsteam T. MÜLLER und R. HELLER.
14
Vgl. Anm. 9.
9
Der Bereich in unmittelbarer Nähe des Hansehofes ist insofern von einiger
historischer Bedeutung16, als hier auf der schiffbaren Jeetze die Einfahrt in das
ehemalige Hafenbecken der Hansestadt erfolgte, eine Situation, welche heute
obertägig kaum mehr zu erahnen ist. Der Name „Hohe Brücke“ bezieht sich
dabei auf den Durchlass der Brücke, welche die Unterfahrung durch Schiffe
gestatten musste.
Die Untersuchungen, welche im März und April 2010 durch ein zweiköpfiges
Ausgrabungsteam17 realisiert wurden, betrafen den größten Teil des Straßen-
zuges östlich des bereits im Jahr zuvor sanierten Teilabschnittes (Reiche-
straße) bis zum Kreuzungsbereich mit der Breiten Straße gegenüber der
Katharinenkirche. Größere Tiefenbereiche bis zu > 2 m unter der Gelände-
oberkante (nachfolgend GOK) wurden dabei vor allem im Zentralteil der
Straße (auf ca. 4 m Breite) erfasst, randlich konnten dagegen nur oberflächen-
nahe Bereiche dokumentiert werden. Insgesamt wurden dabei auf einer
Fläche von ca. 400 m2 und auf einer Länge von insgesamt ca. 55 m Länge 25
Profilschnitte innerhalb der Kanaltrassen dokumentiert; hinzu kommen 13
kleine, im Planum (Aufsicht) erfasste Bereiche.
15
o. N. (MAT Nord) 2009.
16
STOOB 1984.
17
Neben dem Verfasser beteiligte sich D. STEFFENS an den Untersuchungen. Ihm sei an dieser
Stelle für seine engagierte und kompetente Unterstützung herzlich gedankt.
10
Eine vollständige Bergung des Materials war unter den gegebenen Bedingun-
gen weder möglich noch angestrebt, sie erfolgte daher selektiv und befundge-
bunden. Daher verbieten sich an dieser Stelle weitreichendere Schlüsse aus
der quantitativen und qualitativen Fundverteilung. Dennoch fällt auf, dass
nur relativ wenige Funde im eigentlichen Straßenverlauf auftreten, mithin
also wenig Abfall in diesen öffentlichen Straßenbereich entsorgt wurde. In
jeglicher Hinsicht eine Ausnahme bildet der Holzschacht (Bef. 39/40),
welcher als „Fundfalle“ wirkte. Die Funde aus seiner Verfüllung wurden
möglichst vollständig geborgen. Dieses Material stellt den quantitativ und
qualitativ bedeutendsten Fundkomplex dar. Von hier stammen 95% aller
Fundobjekte.
Den größten Anteil am Fundgut nehmen mit 54 % Keramikscherben, Über-
reste des ehemaligen Koch- und Tafelgeschirrs, ein. Dieses war im Laufe der
Zeit starken „modischen“ Veränderungen unterworfen und gibt deshalb erste
Hinweise zur zeitlichen Einordnung unserer Befunde.
11
Diese Warenart wird in der frühen Neuzeit (16./ 17. Jh.) weitgehend von
glasierter Irdenware abgelöst. Diese heterogene Gruppe bildet mit ca. 60% die
dominierende Warengruppe im keramischen Fundgut. Sie kann später auch
verschiedene Bemalungen aufweisen und lässt sich unterschiedlichen Waren-
arten zuordnen, welche vom 17. - 19. Jahrhundert in Nutzung waren. Aus
glasierter Keramik sind auch einige Ofenkachelfragmente hergestellt, hierun-
ter solche mit floralen Motiven oder figürlichen Darstellungen (Abb. 3).
Bereits etwas früher kommt auch Steinzeug - eine klingend hart gebrannte
Keramik - auf, welches sich ebenfalls verschiedenen Warenarten zuordnen
lässt und lange fortlebt (15.-19. Jh.). (Abb. 4)
Im feuchten Milieu haben sich auch pflanzliche Reste sehr gut erhalten (ca.
2%). Es fanden sich vor allem Kastanien, Tannenzapfen, aber auch einige
Obststeine18. (Abb. 11)
18
In einem Fall handelt es sich wohl um Zwetschge. (Auskunft R. Heller/ Diesdorf).
16
Last not least sei auf die ältesten von uns geborgenen Funde aufmerksam
gemacht. Es handelt sich um Feuersteingeräte aus Abschlägen und einige
Abfallstücke der Geräteherstellung, insgesamt fünf Objekte. Daneben hat sich
auch ein sogenannter Kernstein als Ausgangsprodukt für die Klingengewin-
nung erhalten. (Abb. 18)
19
Dokumentation im J.-F.-Danneil-Museum Salzwedel.
19
Bei der Untersuchung wurden ca. 100 Befunde erfasst. Den größten Anteil
bilden davon verschiedene Bodenschichten, wobei eventuell zusammengehö-
rende Befunde bei Unterbrechung der kontinuierlichen Beobachtung jeweils
neue Nummern erhielten. Art und Farbe der Sedimente sowie darin einge-
schlossene Funde verraten etwas über ihr (relatives) Alter und ihren Charak-
ter. Mehrfach sind im Liegenden der Profile zwischen 2,00 -1,00 m unter der
GOK stark organisch angereicherte dunkle Horizonte als ehemalige Wegebe-
reiche erkennbar, darüber liegen helle Sandschichten als Planier-horizonte.
Manchmal ist auch ein mehrfacher Wechsel dieser Abfolge bzw. eine stärkere
Gliederung der dunklen Bereiche zu beobachten (Prof. 3, 5, 12). (Abb. 19)
20
Proben-Nr. 56868, Eiche, Fälljahr: 1488 +/-10 Jahre. Für die dendrochronologische Datierung
danken wir Herrn D. K.-U. Heußner, DAI Berlin ganz herzlich.
21
Z.B. in der Schmiedestraße oder im Bereich der Neutorstraße zwischen Schmiede- und
Radestraße.
22
Z.B. im Bereich der Hohen Bude und der Kl. Hallstraße.
21
Einen interessanten Befund stellt eine mächtige Lage aus gerundeten Feldstei-
nen (bis zu 60 cm Durchmesser) mit Kalkmörtelresten unmittelbar östlich des
heutigen Brückenkörpers auf der Ostseite der Jeetze dar, welches in einem
streifenförmigen Bereich von 2,0 x 1,2 m und einer Tiefe von 1,1 – 1,20 m
unter der heutigen GOK erfasst wurde. Es handelt sich vermutlich um einen
Teil des ursprünglichen mittelalterlichen Brückenbaus, wenngleich seine Di-
mension aufgrund zahlreicher moderner Störungen in allen Richtungen nicht
präzise ermittelt werden konnte. Er scheint jedoch bis an den heutigen Brü-
ckenkörper heranzureichen. (Abb. 22)
22
Abb. 22 Salzwedel, Hohe Brücke. Bef. 68. Feldsteinlage im Bereich der Brücke.
23
Vgl. LEINEWEBER/ HELLMUND (im Druck). Der Befund läuft hier unter „Landstationen“
und trägt die Katalognr. 62.
23
Abb. 25.1 – 25.5 Salzwedel, Hohe Brücke, Holzschacht (Schierkasten, Bef. 39/40).
Übersicht und Detail.
Relativ schnell wurde deutlich, dass dieser Holzschacht zwar mit der Wasser-
versorgung in Zusammenhang stehen musste, jedoch nicht als primärer
Brunnenbau aufzufassen ist. Hierfür sprachen die abgedichtete Sohle des
Schachtes sowie die Existenz zweier Leitungen (Zu- und Ableitung).
Aufgrund von archivalischen und literarischen Hinweisen zur frühneuzeit-
lichen Trinkwassergewinnung in Salzwedel aus den Flüssen Jeetze und
Dumme sowie eines vergleichbaren Befundes der Neuperverstraße 39/40,
27
welcher im Jahre 1997 dokumentiert wurde24, konnte der Befund aus der
Hohen Brücke funktionell als sogenannter Schierkasten zur Speicherung und
Verteilung von Trinkwasser gedeutet werden25, wobei die Wassserzuleitung
offenbar aus östlicher Richtung (von der Alten Jeetze?) erfolgte. Die ältesten
Hölzer aus der Sohle und den unteren Holzlagen datieren in die Mitte des 15.
Jh., der letzte „Schachtring“ Anfang bis Mitte des 18. Jh. und die Schacht-
abdeckung zum einen in das letzte Viertel des 15. Jh., zum anderen ebenfalls
um die Mitte des 18. Jh., was wohl die sekundäre Verwendung eines alten
Holzes aus der oberen Lage der ursprünglichen Schachtumfassung anzeigt26.
Der Schacht wurde nach seiner Nutzung oberhalb und wohl auch teilweise
innen verfüllt. Dieses Material bietet einen repräsentativen Querschnitt der
städtischen Sachkultur aus der 2. Hälfte des 18. und der 1. Hälfte des 19.
Jahrhunderts. Damit ist ein terminus ante quem für die primäre Nutzung des
Schachtes gegeben.
Der Schierkasten, der nach Ausweis der Dendrodaten mindestens 300 Jahre
in Nutzung war, ist also um 1800 aufgegeben worden, ohne dass es an dieser
besonders geeigneten Stelle zu einer Neuanlage kam. Das lässt auf eine
Veränderung im bis dahin jahrhundertelang genutzten Wasserversorgungs-
netz schließen. Möglicherweise stand die dafür ursprünglich genutzte Alte
Jeetze nicht mehr zur Verfügung. In diese Richtung lassen sich evtl. Hinweise
bei POHLMANN (1811) deuten, der über die sinkende Qualität und Quantität
des Wassers in diesem Bereich berichtet.27
24
Dokumentation im J.-F. Danneil-Museum.
25
In den Folgejahren konnten dann im Zuge der Baumaßnahmen in der Schmiede-, Rade- und
Neutorstraße mehrere dieser sogenannten Schierkästen dokumentiert und damit weitere
Erkenntnisse zur Wasserversorgung in Salzwedel gewonnen und mit historischen Quellen
verglichen werden.
26
Proben-Nr. 56876, Bodenbrett, Eiche, Fälljahr um/ nach1440.
Proben-Nr. 56877, Abdeckung, Eiche, Fälljahr um/nach 1750
Proben-Nr. 56878, Abdeckung, Eiche, Fälljahr um/nach 1487
Proben-Nr. 56879, Seitenwand Nord, Lage 7, Eiche, Fälljahr 1763 +/-10
Proben-Nr. 56880, Seitenwand Nord, Lage 6, Eiche, Fälljahr um/nach 1442
Proben-Nr. 56881, Seitenwand West, Lage 7, Eiche, Fälljahr um/nach 1691
Proben-Nr. 56882, Seitenwand West, Lage 6(A), Eiche, Fälljahr um/nach 1463
Proben-Nr. 56883, Seitenwand West, Lage 6(B), Eiche, Fälljahr 1524 +/-10
27
Diese Überlegungen verdanke ich in besonderem Maße den Anregungen von Herrn R. HELLER
(Diesdorf).
28
Das Inventar ist sicher neuzeitlich, freilich erweist sich das keramische
Material chronologisch nicht sensibel genug, um den umschriebenen Termin
der Verfüllung zeitlich genauer zu fixieren. Es deutet sich hierfür jedoch ein
Intervall vom (fortgeschrittenen) 18. bis zum beginnendem 19. Jh. an. Über
die Enddatierung der Abdeckung lässt sich zumindest die jüngste Phase der
Nutzung des Schachtes postulieren, der mit Sicherheit um 1900, wahrschein-
lich aber schon wenigstens ein halbes Jahrhundert zuvor nicht mehr im
Betrieb war.
29
Interessant ist der für eine derartige Ausgrabung überschaubare, für den
konkreten Kontext aber repräsentative Fundus an tierischen Resten, welche
Herr R.-J. Prilloff dankenswerterweise einer archäozoologischen Analyse
unterzog, deren Ergebnisse hier kurz referiert werden28.
Analysiert wurden 344 Fundstücke mit einem Gewicht von 10191,0 Gramm.
Nach dem Zusammenfügen alt und neu zerbrochener Knochen und dem
Einpassen loser Zähne in die entsprechenden Alveolen, reduzierte sich die
Anzahl der Fragmente auf 322 Stücke.
Die Gesamtanzahl der Tierreste unter Berücksichtigung der anatomisch und
tierartlich bestimmten wie auch nicht bestimmten Stücke (Abb. 27), verteilt
sich auf die Tierklassen Säugetiere (Mammalia) mit 212 Stücken (65,84 %)
und einem Gewicht von 8970,5 Gramm (88,02 %), Vögel (Aves) mit einem
Stück (0,31 %) und einem Gewicht von 12,5 Gramm (0,12 %) und Muscheln
(Bivalvia) mit 109 Stücken (33,85 %) und einem Gewicht von 1208,0 Gramm
(11,85 %).
28
PRILLOFF 2010 und ergänzende E-Mail vom 30.03.16. Eine separate Veröffentlichung ist
vorgesehen.
30
Werden nur die Reste der Wirbeltiere berücksichtigt, erreichen die Haustiere
einen relativen Fundanteil von 99,52 Prozent, wobei die Haussäugetiere mit
99,03% deutlich überwiegen. Am häufigsten vorhanden sind die Reste vom
Rind (61,84 %), gefolgt vom Schwein (22,22 %) und den kleinen Hauswieder-
käuern (14,01 %). Neun Knochen ließen sich sicher dem Schaf (4,35 %) und
drei Knochen sicher der Ziege (1,45 %) zuordnen. Beide Katzenknochen (0,97
%) wurden gemeinsam mit den übrigen Haussäugerknochen im Abfall aufge-
funden. Somit besteht zumindest der Verdacht einer erweiterten Nutzung
dieser Haussäugerform, die über die Haltung als Vertilger schädlicher Nager
hinausreichte.
Das Hausgeflügel ist im Fundmaterial mit einem Knochen (0,48 %) vertreten.
Die Größe und die osteologischen Merkmale erlauben es, diesen Knochen als
den Überrest von einem Puter anzusprechen.
Die Wildtierreste belegen eine Wildsäugerart, den Rothirsch, sowie drei Mu-
schelarten, ausnahmslos Meeresmuscheln. Der relative Fundanteil der Wild-
tierreste beträgt 34,81 Prozent (nur Rothirsch und Auster 34,18 Prozent). Für
je einen Schalenrest der Essbaren Miesmuschel und einer Herzmuschel (Be-
stimmung der Art nicht mehr möglich) besteht der Verdacht der zufälligen
Beimischung. Werden nur die Wirbeltierreste berücksichtigt - es liegt lediglich
ein Knochenrest vom Rothirsch vor - erreichen die Wildtiere einen relativen
Fundanteil von 0,48 Prozent.
Aufgrund der Zerlegungsspuren und weiterer Indizien, der Verteilung der
Knochen über die Elemente des Skeletts und das Schlachtalter lassen sich die
Gewinnung verschiedener tierischer Rohstoffe nachweisen. Für die Herstel-
lung von Gebrauchsgütern können die folgenden Rohstoffe benannt werden:
Tierhäute (Rohfelle) von Rind und Schaf, Horn vom Rind sowie Knochen
vom Schaf. Es ist aber davon auszugehen, dass die Be- und Verarbeitung dieser
Rohstoffe an anderen Standorten innerhalb oder außerhalb von Salzwedel
erfolgten.
Zumindest für die angenommenen Hausschlachtungen ist eine örtliche Verar-
beitung der gewonnenen Rohstoffe zu vermuten: Fleisch und Hirn von Rind,
Schwein und Schaf, sowie Mark und Fett (Knochenfett) von Rind und
Schwein. Als Produkte können benannt werden: Kopf-, Hals- und Rumpf-
stücke, Schulter-, Bug-, Arm-, Keulen- und Beinstücke, sowie Mark- und
Kochknochen.
Auf den Verzehr von Meeresfrüchten, der Europäischen Auster, wird geson-
dert hingewiesen, da es sich um eine Delikatesse handelt, die zugleich auf hohe
soziale Stellung und ökonomische Potenzen schließen lässt (vgl. Abb. 10). Je
ein Bruchstück der Essbaren Miesmuschel und einer tierartlich nicht näher
bestimmbaren Herzmuschel können sowohl zufällige Beimengungen wie auch
Reste verzehrter Individuen sein. Die Meeresmuscheln sind zugleich Belege
31
für den Fernhandel zwischen Salzwedel und dem norddeutschen Raum. Mag
ihr Fundort in unmittelbarer Nähe des alten Salzwedeler Hafens ein Zufall
sein, so wirft er doch ein besonderes Schlaglicht auf die lange zurückreichende
Tradition Salzwedels als wichtiger Handelsort und Hansestadt.
In der Verfüllung lag auch das Diaphysenfragment (Metacarpus vom Rot-
hirsch) ohne anthropogene Manipulationen. Es kann somit ein Zeugnis
sowohl handwerklicher Tätigkeiten, der Be- und Verarbeitung von Rothirsch-
knochen, wie auch fleischlicher Nahrung, Fußstück oder Mark- und Koch-
knochen, sein. Inwieweit die beiden Knochen der Hauskatze, Mandibula und
Scapula, Reste handwerklicher Tätigkeit (Fellgewinnung) oder Nahrungs-
reste des Menschen sind, kann noch nicht schlüssig beantwortet werden.
Bemerkenswert ist das Auftreten eines menschlichen Fersenbeins. Möglicher-
weise kam Sediment aus dem ehemaligen Kirchhofbereich der unmittelbar
benachbarten Katharinenkirche im Schierkastenschacht zur Verfüllung, wo-
bei freilich die Singularität des Knochenfundes im Material etwas merkwürdig
anmutet.
4. Fazit
Literatur
FEHRING 1996
G. P. Fehring, Stadtarchäologie in Deutschland. In: Archäologie in Deut-
schland. Sonderheft. Stuttgart.
LEINEWEBER 2002
R. Leineweber, Reiche Bettelmönche. Ausgrabungen in der Mönchskirche
Salzwedel. In: BOCK, H. (Hrsg.): Städte, Dörfer, Friedhöfe. Archäologie in der
Altmark. Band 2: Vom Hochmittelalter bis zur Neuzeit. Oschersleben, S. 314-
316.
NN 2009
NN (MAT Nord). Unveröff. Grabungsbericht Salzwedel-Hohe Brücke (D
999). LDA Halle (Saale).
PACAK 2002
P. Pacak, Wo einst das Rathaus stand – Archäologie am Rathausturmplatz in
Salzwedel. Die Ausgrabungen 1998-1999. In: BOCK, H. (Hrsg.): Städte,
Dörfer, Friedhöfe. Archäologie in der Altmark. Band 2: Vom Hochmittelalter
bis zur Neuzeit. Oschersleben, S. 325-333.
34
POHLMANN, 1811
A.W. Pohlmann, Geschichte der Stadt Salzwedel seit ihrer Gründung bis zum
Schlusse des Jahres 1810, aus Urkunden und glaubwürdigen Nachrichten.
Halle (Saale).
PRILLOFF 2011
R.-J. Prilloff, Frühneuzeitliche Tierreste aus Salzwedel, Fpl. Hohe Brücke.
Dokumentation. Unveröff. Manuskript. 5 Seiten Text. 22 Tabellen.
STOOB 1984
H. Stoob (Hrsg.), Deutscher Städteatlas, Lieferung III, Nr. 8. Salzwedel.
Altenbeken.
UNTERMANN 2000
M. Untermann, Archäologie in der Stadt. In: KIRCHGÄSSNER, B. und H. P.
BRECHT (Hrsg.): Stadt und Archäologie. Stadt in der Geschichte. Veröff. d.
südwestdtsch. Arbeitskr. f. Stadtgeschichtsforschg. 26, Stuttgart.
WEGENER 2004
R. Wegener, Ein Archiv im Boden. Archäologische Ausgrabungen in der
Altstadt von Salzwedel. Unveröff. Grabungsbericht. 17 S. LDA Halle (Saale).
WEGENER 2005
R. Wegener, Spurensuche am Amtsgericht. Archäologische Ausgrabungen in
der Altstadt von Salzwedel. Unveröff. Grabungsbericht. 15 S. LDA Halle
(Saale).
35
1
Beim vorliegenden Text handelt es sich um die leicht überarbeitete und erweiterte Fassung des
unter gleichem Titel am 9. April 2016 im Rahmen der Frühjahrstagung des Altmärkischen
Vereins für Vaterländische Geschichte zu Salzwedel e.V. in Beetzendorf gehaltenen Vortrags.
2
Johann Christoph Bekmann, Historische Beschreibung der Chur und Mark Brandenburg, Teil
2, Berlin 1753, hrg. von Bernhard Ludwig Bekmann, 5. Theil, I. Buch, IX. Kapitel, Sp. 95-96.
36
Abb. 2 Gesamtplan von Beetzendorf um 1730. Abbildung bei Georg Schmidt, Das
Geschlecht von der Schulenburg, Bd. 1, Beetzendorf 1908, nach S. 216. Repro: Danneil-
Museum Salzwedel.
3
Derselbe ist als zeitgenössische Umzeichnung eines (nicht erhaltenen?) älteren Stücks wieder-
gegeben bei Georg Schmidt, Das Geschlecht von der Schulenburg, Bd. I, Ursprung, Wappen
Lehenswesen (...), Beetzendorf 1908 (im Folgenden abgek.: „Schmidt, Schulenburg I“), hinter S.
216.
38
Feststellung, dass Teile der Kernburg noch bis 1760 zu Wohnzwecken gedient
hätten, innerhalb der älteren und neueren Literatur ein zwar durch Quellen
nicht belegbares, aber dennoch zähes Leben entfalten konnte: Wohl als
Danneil’sche, später durch Schmidt kolportierte Fehldeutung in die Welt
gelangt, fand sie 1975 Eingang in die Arbeit Wolfgang Podehls und selbst noch
2002 in die neueste Auflage des Handbuchs der Deutschen Kunstdenkmäler4.
Wo bei Danneil in baugeschichtlichen Zusammenhängen für die Zeit nach
1760 von der „Burg“ die Rede ist, dürfte es sich zweifellos um den westlichen
Teil der Vorburg handeln, denn dort zeigt der Plan von 1731 eine schief-
winklige Gebäudegruppe mit hofseitigem Treppenturm, wie sie als Bautypus
des 16. Jahrhunderts auch aus anderen regionalen Zusammenhängen bekannt
ist5. Hier, wo sich nach 1731 offenbar größere Reduktionsprozesse in der Be-
bauung vollzogen, wird man bereits für die Zeit vor 15706 den später als
Lieberoser Hof bezeichneten Beetzendorfer Hauptsitz des Schwarzen Stam-
mes anzunehmen haben, während der östliche Teil der Vorburg durch den um
1580 durch Wedige von der Schulenburg genutzten, vielleicht auch durch
Letzteren angelegten sogenannten Großen Hof des Weißen Stammes einge-
nommen wurde, dessen um 1720 wohl von Grund auf erneuerter Hauptbau
4
Johann Friedrich Danneil, Das Geschlecht der von der Schulenburg, Bd. I, Salzwedel 1847 (im
Folgenden abgek.: „Danneil, Schulenburg I“), S. 214 (ohne Quellenangabe): Hiernach seien Ange-
hörige des Schwarzen Stammes bis 1760 „auf der Burg“ ansässig gewesen. „In diesem Jahre ward
nämlich ein sehr baufällig gewordener Theil der Burg niedergenommen und nur ein kleiner Theil
davon blieb stehen, der zur Wohnung für den Pächter des Lieberoser Hofes eingerichtet ward.
Auch dieser Theil verfiel und ward bald nach 1780 niedergenommen, so daß seit dieser Zeit die
Burg unbewohnt geblieben ist.“ Nach Danneil in ähnlicher Weise auch Schmidt, Schulenburg I,
S. 219, 222f., von dort übernommen bei Wolfgang Podehl, Burg und Herrschaft in der Mark
Brandenburg. Untersuchungen zur mittelalterlichen Verfassungsgeschichte unter besonderer
Berücksichtigung von Altmark, Neumark und Havelland, Köln/Wien 1975 (Mitteldeutsche
Forschungen Bd. 76), S. 188 sowie schließlich Georg Dehio, Handbuch der Deutschen Kunst-
denkmäler, Sachsen-Anhalt I, bearb. von Ute Bednarz und Folkhard Cremer, München/Berlin
2002, S. 91.
5
Hier sei besonders auf die zwischen 1572 und 1579 erbaute Schlossanlage Harbke (Bördekreis)
hingewiesen, deren Bauherr Achaz II. von Veltheim (1538-1588) zum engeren familiären Umfeld
der Schulenburgs Schwarzen Stammes zählte. Auch das in wesentlichen Teilen dem 16. Jh.
angehörende sogenannte Haupthaus der Burg Altenhausen (Bördekreis) kann mit seinem
hofseitigen Treppenturm im Winkel zwischen zwei Baugliedern hier angeführt werden. Zu
norddeutschen Zweiflügelbauten der Renaissance und ihrer typologischen Genese u.a. Heiner
Borggrefe/Guido von Büren, Schloss Stadthagen – eine Residenz der Renaissance. Mit Fotografien
von Jutta Brüdern (Kulturlandschaft Schaumburg Band 15, hrg. von der Schaumburger
Landschaft), Hannover 2008, S. 8-15.
6
Jedenfalls lassen sich die Ostern 1570 und 1572 Mai 2 für die Söhne des 1569 verstorbenen
Landeshauptmanns Levin I. von der Schulenburg erstellten Inventare des Hauses Beetzendorf
(Landesarchiv Sachsen-Anhalt (im Folgenden abgek.: „LASA“), MD, H 21, B I, Nr. 111, fol. 1-8v,
40v-41) entsprechend deuten.
39
als Teil eines in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts vielfach veränderten
Gebäudekomplexes heute kaum noch zu erkennen ist7.
Das, was sich am Ende dieses kurzen historischen Rundblicks über das Gelän-
de von Burg und Vorburg bereits abzeichnet, nämlich eine früh einsetzende,
erst durch den Rezess von 1845 beendigte räumliche Trennung des Burg-
bezirks in zwei Teile8, wird im Laufe der folgenden Ausführungen noch mehr-
fach anzusprechen sein.
7
Dies ergibt sich wenigstens aus der in LASA, MD, H 21, C XI, Nr. 1 erhaltenen Bauakte.
8
Erst damals wurde der Burganteil des Schwarzen Stammes, bestehend aus einem Teil der
mittelalterlichen Burgstätte sowie dem die Westhälfte der Vorburg einnehmenden Areal des
Lieberoser Hofes, dem Weißen Stamm im Tausch gegen andere Liegenschaften endgültig
abgetreten (Dietrich Werner Graf von der Schulenburg und Hans Wätjen, Geschichte des
Geschlechts von der Schulenburg 1237 bis 1983, Wolfsburg 1984 (im Folgenden abgek.
„Schulenburg/Wätjen“), S. 317. Vgl. auch LASA, MD, H 22, III A, Nr. 371.
40
Nachdem die ältesten Exponenten des Geschlechts von der Schulenburg sich
– vom östlichen Niedersachsen ausgehend9 – seit den 80er Jahren des 13.
Jahrhunderts zunächst als Inhaber eines Burglehens der Landes- und Vogtei-
burg Salzwedel sowie bereits ein halbes Jahrhundert zuvor als Gefolgsleute der
askanischen Markgrafen ottonischer Linie nachweisen lassen10, die sich in den
Jahrzehnten nach 1236 sogar nach dieser Burg benannt haben könnten11,
gelingt es ihnen mit dem Bau bzw. Erwerb einer zwar vergleichsweise kleinen,
aber doch für alle Zukunft namensgebenden Burganlage in der Jeetzeniede-
rung unweit Stappenbeck, als eigenständige Inhaber eines festen Hauses in
der nordwestlichen Altmark erstmals Fuß zu fassen12.
Das Ende der askanischen Herrschaft und der vorübergehende Übergang der
Altmark an das Haus Braunschweig markiert einen, wenn nicht den entschei-
denden Schritt in der mittelalterlichen Geschichte des Geschlechts von der
Schulenburg: Zwischen 1323 und 1326 wurde seinen Exponenten nämlich der
Erwerb von Teilen der 1315 erstmals erwähnten Burg Beetzendorf möglich13,
die ebenso wie Apenburg als askanische Gründung zur Sicherung eines Fluss-
übergangs anzusprechen ist, wobei ein Blick auf die Karte deutlich macht, dass
die Anlagen einer potentiellen Bedrohung von Westen her entgegenwirken
sollten.
Zunächst wird man beim Erwerb Beetzendorfs von einer Pfandschaft auszu-
gehen haben, deren Beginn und Dauer mangels aussagekräftiger Quellen nicht
zu klären ist. Vor den Schulenburgs wurde die Burg in eben dieser besitz-
rechtlichen Form von Angehörigen der zeitweilig in der Region überaus
einflussreichen Familie von Kröcher behauptet14, die sich 1315 dort nachwei-
sen lassen und die der Lüneburger Linie des Welfenhauses 1319 ein Öffnungs-
und Näherrecht an Beetzendorf und Kalbe einräumen15. Durch Kauf kam die
Burg nach kurzer Zeit aus den Händen der politisch unter Druck geratenen
9
Schulenburg/Wätjen, wie Anm. 8, S. 41-44. Wohl kaum noch haltbar dagegen Podehl, Burg und
Herrschaft, wie Anm. 4, S. 130 unter Berufung auf George Adalbert von Mülverstedt, Die
Heraldik des mittelalterlichen Adels der Altmark. In: 27. Jahresbericht des Altmärkischen Vereins
für vaterländische Geschichte und Industrie zu Salzwedel, 1900, S. 93f.
10
Schulenburg/Wätjen, wie Anm. 8, S. 36-38.
11
Podehl, wie Anm. 4, S. 128 sowie Schulenburg/Wätjen, wie Anm. 8, S. 45-46.
12
Schulenburg/Wätjen, wie Anm. 8, S. 44.
13
Zur Ersterwähnung Podehl, wie Anm. 4, S. 630; ansonsten ders. S. 183.
14
Podehl, wie vor, S. 176-177, geht von einer Übernahme Beetzendorfs durch Droyseke von
Kröcher und seine Söhne bereits gegen Ende des 13. Jhs. aus. Hiernach auch das Folgende.
15
Podehl, wie vor, S. 630.
41
16
Schulenburg/Wätjen, wie Anm. 8, S. 48.
17
Schon 1570 beklagten die Teilnehmer des Familientages einhellig den spurlosen Verlust eines
ehemals auf dem Hause Beetzendorf vorhandenen „alten Kaste(ns) (...) darinnen allerley derer
von der Schulenburg Briefe gewesen...“ (LASA, MD, H 22, Urkunden, Fach 1 Nr. 5, fol. 10).
18
Siehe dazu Podehl, wie Anm. 4, S. 183.
19
Riedel, CDB, AV, S. 317-318, Nr. 38 ad 1340 Mai 25.
20
Riedel, CDB, AV, S. 320, Nr. 43, ad 1343 Mai 27; dazu Podehl, wie Anm. 4, S. 184. Die Urk.
von 1348 (Riedel, wie vor, Nr. 54, S. 325, ad 1348 August 7) scheint, wie Danneil überzeugend
nachweisen konnte (ders. bei Riedel, CDB, AVI, S. 239), in ihrer leider nur abschriftlich
überlieferten Fassung fehldatiert.
21
Riedel, CDB, AV, Nr. 47, S. 322 ad 1345 Januar 1.
22
Riedel, CDB, A V, Nr. 54, S. 325 ad 1348 August 7. Zu den Problemen bei der Zeitstellung siehe
Danneil bei Riedel, CDB, A VI, S. 239. Bei Schulenburg/Wätjen, wie Anm. 8, S. 49 wird die Frage
nach Pfandschaft oder Lehen mit Blick auf diese Urkunde erörtert und unter Berücksichtigung
der offenkundigen Fehldatierung sowie der Tatsache, dass die Schulenburgs das Wohngebäude
ihres Salzwedeler Burglehens bereits 1345 an das dortige Franziskanerkloster veräußerten,
letztlich zugunsten einer damals bereits vollzogenen Übergabe Beetzendorfs zu Lehnrecht
entschieden. Schwerer als die Veräußerung eines einzelnen Gebäudes an den Salzwedeler
Franziskanerkonvent dürfte der Verkauf des gesamten Burghofgeländes der Schulenburgs 1352
wiegen (Riedel, CDB, A V, S. 329, Nr. 64 ad 1352 Mai 10).
42
die von dort aus in ihrer Eigenschaft als altmärkische Amtleute im Auftrage
des Markgrafen zusammen mit Herzog Wilhelm von Lüneburg gegen Gebhard
von Alvensleben, Balduin von Bodendieck sowie Jordan von dem Knesebeck
und die Burg Bierstedt als Ausgangspunkt unfriedlicher Aktivitäten vorzuge-
hen beschließen23, nachdem sie zu Beginn des gleichen Jahres zusammen mit
zwei Angehörigen des Hauses Bartensleben als Amt- und Hauptleute „in der
olden marck“ bestätigt worden waren24.
Die exponierte Funktion eines landesherrlichen Amtmannes der Altmark und
das militärische Gewicht eines festen Hauses wie Beetzendorf finden sich hier
erstmals in funktionaler Verknüpfung zum Zwecke der regionalen Friedens-
sicherung.
Schon ein Jahr nach dieser Lehnsvergabe bezeugen eine Teilverpfändung der
Burg sowie ein dieselbe betreffender Dienstvertrag zwischen den Schulen-
burgs und den Herzögen zu Braunschweig-Lüneburg26 die sicheren Besitzver-
hältnisse, aber auch die politische Unabhängigkeit der Herren auf Beetzen-
dorf.
Hinsichtlich der Gütersubstanz werden im Lehnbrief von 1363 wichtige Ein-
zelheiten erkennbar: Zunächst und in der Hauptsache ist hier erstmals die Re-
de von einer Lehnsvergabe an sämtliche damals lebende Brüder und Vettern
von der Schulenburg „in einer gesameden hant“, also an alle männlichen An-
gehörigen des Geschlechts sowohl des Schwarzen als auch des Weißen Stam-
mes und ihre rechten Erben; sie seien – wie es im Wortlaut der Urkunde heißt
23
Riedel, CDB, A XXV, S. 221-222, Nr. 79 ad 1352 Dezember 13.
24
Riedel, CDB, A V, S. 328, Nr. 67 ad 1352 Januar 19.
25
Karl Schiller und August Lübben, Mittelniederdeutsches Wörterbuch Bd. I-VI, Bremen 1875-
1881 (im Folgenden abgek. „Schiller/Lübben“), hier: II, S. 202-203.
26
Hermann Sudendorf, Urkundenbuch zur Geschichte der Herzöge von Braunschweig-Lüneburg
und ihrer Lande, Bd. 3, Hannover 1862, Nr. 247, S. 160-161 ad 1364 November 11.
43
27
LASA, MD, H 22, Fach 28, Nr. 9, fol. 13v-14 ad 1363 Dezember 13 (Abschrift in Kopiar des
16. Jhs.), gedruckt mit nicht ganz zuverlässiger Wiedergabe des Textes bei Riedel, CDB, AV, S.
339, Nr. 84. Außerdem a.a.O. S. 338, Nr. 83 eine zweite Fassung ohne Nennung der zugehörigen
Dörfer nach fol. 7v-8 der eingangs angegebenen Quelle.
28
Podehl, wie Anm. 4, S. 114-115. Hiernach zählt er Audorf, Käcklitz, Jeeben, Poppau, Peertz,
Tangeln, Ahlum, Nieps und Drenik zum unmittelbaren Umfeld und damit zum zweifelsfreien
Hoheitsbereich Beetzendorfs; in entsprechender Weise werden Rittleben, Wendisch Apenburg
und Recklingen Apenburg zugeordnet. Zum weiteren Hoheitsbereich Beetzendorfs möchte er
Wöpel, Immekath und Danne rechnen; im Falle Saalfeld und Quadendambeck nimmt er eine
entsprechende Zuweisung an Apenburg vor. Unentschieden bleibt er im Falle Hohentramms. Zu
Recht vermutet er ansonsten, dass die Dörfer Rockenthin, Stappenbeck, Kricheldorf, Kleinau,
Wohlenberg und Lüge einem älteren Besitzkomplex der Schulenburgs aus ihrer Salzwedeler
Burgmannenzeit sowie aus ihrer Zeit als Herren der Schulenburg angehören.
29
Benutzt wurde die jüngere Edition des Textes: Johannes Schultze, Das Landbuch der Mark
Brandenburg von 1375, Berlin 1940 (Brandenburgische Landbücher Bd. 2).
30
Vgl. hierzu Liselott Enders, Frondienst in der Altmark. In: Jahrbuch für die Geschichte Mittel-
und Ostdeutschlands Bd. 49 (2003), S. 85-147; hier: S. 85.
44
also bereits in vollem Gange und sollte auch in der Folgezeit nicht zum Still-
stand kommen.
31
Riedel, CDB, A V, S. 296, B 2, ad 1346 Oktober 9.
32
Riedel, CDB, A V, S. 293, A 47 ad 1379 Juni 16.
33
Riedel, CDB, A V, S. 298, D 5-6 ad 1395 September 10, S. 295, A 61 ad 1397 Februar 6.
34
Riedel, CDB, A V, S. 297, B 19 ad 1434 Juni 15.
35
Riedel, CDB, A V, S. 296, A 80 ad 1440 Oktober 21.
36
Die Aufstellung ist im Hausarchiv Beetzendorf II (LASA, MD, H 22) erhalten. Leider hat
Danneil seinerzeit nur Teile derselben ediert (Danneil bei Riedel, CDB, V, S. 289-303).
37
Als Ausnahme sei auf die Urkunde bei Riedel, CDB, A VI, S. 275, Nr. 454 ad 1536 Februar 6
verwiesen, die nicht nur eine genaue Bezeichnung der vergebenen Güter enthält, sondern auch
den wichtigen Vermerk zu deren künftige Rechtsqualität als Teile der Samtlehen Beetzen-
dorf/Apenburg.
38
LASA, MD, H 22, I Nr. 2, fol. 269-175, mit Sicherstellungs-Vermerk des schulenburgischen
Verwalters M. Götzsche, 1645 Sept. 18. Hiernach das Folgende.
45
geordnet nach Flecken, Dörfern und Höfeklassen sowie in einem Aufbau, der
ältere Gegebenheiten erfreulich klar erkennen lässt.
Da finden sich einerseits „in dem Saltzwedelischen Lande“ 154 Höfe in 28
Dörfern, „umb Betzendorff“ inklusive des Fleckens 425 Höfe in 28 Ort-
schaften und „umb Apenburgk“ 415 Höfe in 23 Ortschaften. Hinzu kommen
noch 6 Drömlingsdörfer mit insgesamt 78 bäuerlichen Betriebseinheiten. Wir
haben es demnach mit einer Gesamtzahl von 1022 Ackerleuten, Halbspän-
nern und Kossäten in 2 Flecken und 84 Dörfern zu tun, die allesamt dem
Gerichtszwang der Häuser Beetzendorf bzw. Apenburg unterworfen und folg-
lich zur Leistung von Diensten sowie zur Entrichtung grundherrlicher Abga-
ben jedweder Art verpflichtet waren.
39
Zu dieser Ansicht gelangte bereits Podehl, wie Anm. 4, S. 210-211.
40
Die für 1572 belegten Zahlenwerte des von Alvensleben’schen Hauses Kalbe werden bei Hahn
(Peter-Michael Hahn, Fürstliche Territorialhoheit und lokale Adelsgewalt. Die herrschaftliche
Durchdringung des ländlichen Raumes zwischen Elbe und Aller (1300-1700), Berlin/New York
1989 (Veröffentlichungen der Historischen Kommission zu Berlin, Bd. 72) folgendermaßen
umrissen: „In 33 Dörfern und dem Flecken Kalbe waren den Alvensleben 231 Ackerleute,
Halbspänner, Kossäten, Müller und Krüger untertan“. Als Herren des Hauses Rogätz konnten die
Exponenten der Roten Linie um 1550 Besitz und Rechte in 54 Ortschaften ihr Eigen nennen.
Bescheidener muten die für 1554 überlieferten Zahlenwerte für das Gericht Erxleben mit 34
zugehörigen Bauern und 126 Kossäten an (Hahn, wie vor, S. 152-153).
46
Gemeint ist jene Gruppe märkischer Adelsfamilien, die die Beschreibung der
Mark Brandenburg von 1373 als „nobiles“ bzw. „nobiles vasalli“ bezeichnet
und ihnen damit gegenüber der Mehrheit des landsässigen Adels eine heraus-
gehobene Position einräumt, wie sie zuvor eigentlich nur die Exponenten alter
edelfreier Familien wie etwa der Gänse zu Putlitz beanspruchen konnten43.
Hinzu kommt der Sachverhalt einer besonderen Hervorhebung dieser Gruppe
und damit ganz selbstverständlich auch der Schulenburgs auf Beetzendorf und
Apenburg, die sich terminologisch schon bald, nämlich 1380, zunächst nur als
Unterscheidungsmerkmal in der Redewendung „beslotede oder unbeslotede
41
Die hochkomplizierte Entwicklung der Wolfsburg und ihrer räumlichen Umgebung sowie die
wechselnden Lehnsherrschaften und die zahlreichen Dienstverträge der die Grenzlage der Burg
klug ausnutzenden Bartensleben wird bei Podehl, wie Anm. 4, S. 166-174 beschrieben; ein
nochmaliger kurzer Überblick erfolgt S. 649-650. Zu den umfangreichen Gütern und Rechten der
Bartensleben im Raum Stendal sowie im Umland Salzwedels siehe die entsprechenden Landbuch-
vermerke (Schultze, Landbuch, wie Anm. 29, v.a. S. 285-298, 396-398, 402-405) sowie schließlich
zu den braunschweigischen und altmärkischen Besitzungen des Geschlechts zusammenfassend:
Martin Fimpel, Schloss Wolfsburg 1302-1945, in: Niedersächsisches Jb. f. Landesgeschichte, Bd.
75 (2003), S. 127-159; hier: S. 132-133.
42
Lt. Schultze, Landbuch, wie Anm. 29, S. 63 wird zwar die Burg „Wolffburg“ der Bartensleben
noch in die topographische Beschreibung der Mark eingebunden, aber es fehlt an entsprechender
Stelle der eindeutige Hinweis einer Lehnsabhängigkeit von Brandenburg wie u.a. im Falle
Beetzendorfs, Aulosens, Burgstalls, Kalbes oder Flechtingens.
43
Nach dem durch Schultze, Landbuch, wie Anm. 29, S. 3 edierten Text der Landesbeschreibung
von 1373 sind dies u.a. die Schulenburg mit Beetzendorf sowie Stadt und Burg Apenburg, die
Bartensleben (ohne explizite Nennung einer Burg), die Alvensleben mit Kalbe und Klötze, die
Jagow mit Aulosen, die Schenken von Flechtingen mit Flechtingen, die Schenken von Arneburg,
die Wederden, die Oberg und Bodendieck (die letzten vier ohne Nennung von Burgen); vgl. hierzu
Podehl, Burg und Herrschaft, wie Anm. 4, S. 202.
47
44
Podehl, Burg und Herrschaft, wie Anm. 4, S. 201 nach Riedel, CDB, B III, Nr. 1196 ad 1380
Dezember 21.
45
Zit. nach Podehl, Burg und Herrschaft, wie Anm. 4, S. 209. Eine Abschrift des Privilegs aus
dem 16. Jh. in LASA, MD, H 22 Fach 28, Nr. 9, fol. 7r+v. Genannt werden dort in dieser
Reihenfolge die von der Schulenburg mit Beetzendorf und Apenburg, die von Alvensleben mit
Kalbe, die von Bartensleben mit Wolfsburg, die von Jagow und von Platen mit Aulosen, die
Schenken mit Flechtingen, die von dem Knesebeck mit Tylsen sowie die von Bodendieck mit
Osterwohle. Sie erhalten die Exemption wegen ihrer mannigfaltigen und getreuen Dienste, die sie
den Markgrafen und dem Land „vake und dicke“ (oft und vielfach) getan haben.
46
Peter-Michael Hahn, Struktur und Funktion des brandenburgischen Adels im 16. Jahrhundert,
Berlin 1979 (Historische und Pädagogische Studien, hrg. von Otto Büsch und Gerd Heinrich, Bd.
9), S. 169ff.
47
Podehl, Burg und Herrschaft, wie Anm. 4, S. 401. Zit. bei Joachim Schneider, Spätmittel-
alterlicher Deutscher Niederadel. Ein landschaftlicher Vergleich, Stuttgart 2003 (Monographien
zur Geschichte des Mittelalters [...] hrg. von Friedrich Prinz, Bd. 52), S. 209-233; hier: S. 217.
48
Schneider, wie vorige Anm.; hier: S. 209, 217.
49
Riedel, CDB, A V, S. 328, Nr. 62 ad 1352 Januar 19. Erstmals abgedruckt bei Samuel Lentz,
Marg-Gräflich-Brandenburgische Uhrkunden [...], Teil 2, Halle 1754, S. 963 (wohl nach anderer
Vorlage, da die Zeugenreihe von der in CDB wiedergegebenen Abschrift abweicht).
48
Jahre 1352 dem Herzog von Braunschweig von Beetzendorf aus 15 Lanzen-
reiter sowie weitere 200 Edelleute und Stadtbürger als bewaffnete Einheiten
stellen konnten50, so dürfte sich darunter auch das eigene Aufgebot an After-
vasallen befunden haben; eine Feststellung, die sich mit Blick auf die Alvens-
leben knapp eineinhalb Jahrzehnte später ebenso treffen lässt, als Letztere dem
Erzstift Magdeburg von Wolmirstedt aus im Bedarfsfalle 6 Lanzenreiter und
vier berittene Bogenschützen zuzusenden versprachen51.
Auch hier finden wir also Beetzendorf als Ausgangs- und Kristallisations-
punkt schulenburgischer Aktivitäten; Grund genug, einen Blick auf jene spe-
ziellen Rechtsverhältnisse zu werfen, welche der Burg und ihrem Umland seit
dem Spätmittelalter und auch für die Zukunft diese besondere Rolle zuwach-
sen ließen.
Wolfgang Podehl hat mit Blick auf das Geschlecht von der Schulenburg und
dessen Verhältnis zu Beetzendorf vom „Prinzip innerer Geschlossenheit“
gesprochen52; es dürfte daher sinnvoll sein, dieses besondere Verhältnis unter
Berücksichtigung lehn- und erbrechtlicher Aspekte kurz zu skizzieren.
Wie bereits erwähnt, erfolgte die Belehnung der Gebrüder und Vettern von
der Schulenburg mit Beetzendorf sowie Burg und Stadt Apenburg im Jahre
1363 „zu gesamter Hand“53. Diese zwar keineswegs seltene, aber auch im 14.
Jahrhundert noch nicht flächendeckend praktizierte Form der Simultan-
Investitur54 gab den Belehnten die nicht eben geringe Aussicht auf eine
dauerhafte Sicherung des Besitzstandes für ihr Geschlecht, denn solange auch
nur ein lehnsfähiger Nachkomme der Erstgenannten am Leben war, konnte
50
Riedel, CDB, A XXV, S. 221-222, Nr. 79, ad 1352 Dezember 13.
51
Schneider, Niederadel, wie Anm. 47, S. 212.
52
Podehl, Burg und Herrschaft, wie Anm. 4, S. 210-211.
53
Zum Lehnswesen zur „gesamten Hand“ vor allem in Brandenburg zunächst Philipp Wilhelm
Gercken, Vermischte Abhandlungen aus dem Lehn- und Teutschen Rechte, Güstrow 1771, S. 41-
63. Grundsätzliches zum brandenburgischen Lehnswesen bei Dirk H. Müller, Adliges Eigentums-
recht und Landesverfassung: Die Auseinandersetzungen um die eigentumsrechtlichen Privilegien
des Adels im 18. und 19. Jahrhundert am Beispiel Brandenburgs und Pommerns, Berlin 2011, S.
9-11.
54
So erlangten die Alvensleben beispielsweise für ihre brandenburgischen Lehen erst 1479 die
gesamte Hand; für ihre beim Erzstift Magdeburg zu Lehen gehenden Besitzungen gar erst 1522
(Hahn, Territorialhoheit, wie Anm. 40, S. 126); vgl. auch Podehl, Burg und Herrschaft, wie Anm.
4, S. 210). Allerdings hatte der Wittelsbacher Stephan II. von Bayern-Landshut für den Fall, in
Brandenburg zur Regierung zu gelangen, den Alvenslebens bereits 1371 die „gesamte Hand“
zugesichert (Philipp Wilhelm Gercken: Codex Diplomaticus Brandenburgensis, Bd. VI, Stendal
1778, S. 639, ad 1371 Juni 10).
49
dieser die 1363 erworbenen Rechte an den Gütern für seine Person geltend
machen. Proportional zu diesen positiven Aussichten auf Seiten der Vasallen
schwand demgegenüber auf lehnsherrlicher Seite die Wahrscheinlichkeit, dass
die Güter eines nahen oder fernen Tages heimfallen könnten; die aus dem
Lehnrecht herzuleitende dauerhafte Bindung der Vasallen an ihre Lehnsherr-
schaft war also ein – wenn man so sagen darf – teuer erkauftes Gut.
Auch für die Besitzer von Lehngütern wie Beetzendorf und Apenburg brachte
deren Inhaberschaft zu gesamter Hand nicht nur Vorteile: Die eigentlich
unverzichtbare Rechtsvorschrift, beim Mannfall, also beim Tode eines der
Mitbelehnten, seitens der Lehnserben neuerlich um Belehnung nachzu-
suchen, führte auf Dauer und mit wachsender Zahl der Gesamthänder nicht
nur zu erheblicher Verwirrung, sondern drohte völlig außer Gebrauch zu
geraten. Erst eine Verordnung des Kurfürsten Joachim Friedrich von 1598
versuchte hier, eine gewisse Verfahrenssicherheit zu schaffen55. Fortan waren
die Schulenburgs gehalten, für das ganze Geschlecht jeweils einen Haupt-
Lehnsträger stellen, der wegen der Stammhäuser Apenburg und Beetzendorf
nebst Zubehör die Lehen empfange. Nach dessen Tode hatte das Geschlecht
einen Nachfolger zu wählen, der wiederum um Neubelehnung nachsuchte, für
welche die fällige Lehnware auf jeweils 200 Tlr. festgeschrieben wurde, wäh-
rend dieselbe für den Herrenfall, d.h. beim Tode des Lehnsherren, künftig mit
400 Tlrn. zu Buche schlug. Trotz dieses vereinfachten Verfahrens blieben
sämtliche Angehörige des Geschlechts verpflichtet, im letzteren Falle erneut
den Lehnseid abzulegen. Die Verpflichtung zur Benennung eines Haupt-Lehn-
trägers kann als Geburtsstunde des Familienseniorats verstanden werden,
welches fortan zwischen beiden Stämmen alternierte.
Eine besondere, für die brandenburgischen Verhältnisse offenbar typische
Schwachstelle im lehnrechtlichen Verfahren, nämlich die Ungenauigkeit und
Zweideutigkeit der Lehnbriefe hinsichtlich einer präzisen Beschreibung der in
ihnen angesprochenen Güter sowie deren jeweilige Rechtsqualität blieb
gleichwohl bestehen56. Dies führte zu jenem spektakulären Lehnsprozess der
frühen 1680er Jahre, in dessen Verlauf der Verlust sämtlicher altmärkischer
Güter angedroht wurde, den man durch Zahlung einer namhaften Geldbuße
sowie der Aufgabe von Löcknitz und Falkenberg abzuwenden vermochte57.
Am Rande sei bemerkt, dass damals nicht nur die Schulenburgs zwischen die
Mühlsteine einer unnachgiebigen Justiz gerieten, sondern auch andere Träger
55
LASA, MD, H 22, Fach 1, Nr. 9, ad 1598 Juni 13; hiernach das Folgende. Die Zahlenwerte zur
damals festgelegten Lehnware sind bei Riedel, CDB, A VI, S. 317, Nr. 491, korrekt wiedergegeben;
bei Danneil, Schulenburg I, wie Anm. 4, S. 42 ist fälschlich von 100 Talern beim Herrenfall die
Rede. Von dort offenbar übernommen durch Schulenburg/Wätjen, wie Anm. 8, S. 86.
56
Vgl. dazu Danneil, Schulenburg I, wie Anm. 4, S. 42-49.
57
Schulenburg/Wätjen, wie Anm. 8, S. 86.
50
alter Namen wie die Edlen Gänse zu Putlitz, die Asseburg sowie die Alvens-
leben, welch letzteren zeitweilig der Verlust von Kalbe, Hundisburg, Rogätz
und selbst der Vogtei Gardelegen mit Isenschnibbe drohte. Die Wortwahl
Peter Michael Hahns, der in diesem Zusammenhang von Versuchen des Sou-
veräns spricht, seine Vasallen „zu erpressen oder sich deren Land anzueignen“
bzw. dieselben kräftig „zur Ader zu lassen“58, scheint angesichts des dabei an
den Tag gelegten fiskalischen Rigorismus nicht ganz ungerechtfertigt.
Was die Praxis der erblichen Weitergabe von Lehnsbesitz betrifft, so galten für
den „Normalfall“ eines Besitzübergangs an die Folgegeneration die ehernen
Regeln des maskulin dominierten salischen Rechts, nämlich die Erbberech-
tigung aller lehnsfähigen männlichen Nachkommen des Erblassers, will sagen
aller ehelich und standesgemäß geborenen Söhne desselben. Falls ein Angehö-
riger des Geschlechts ohne männliche Erben starb, setzte sich gewissermaßen
ein zweiter erbrechtlicher Automatismus in Betrieb, der u.a. in der Mark
Brandenburg in einer Mischung aus linealem und gradualem Erbrecht bestand
und – stark vereinfacht ausgedrückt - die Agnaten eines Verstorbenen nach
festen Regeln begünstigte dahingehend, dass innerhalb einer Linie jene männ-
lichen Blutsverwandten erbberechtigt waren, die in gleichem Verwandt-
schaftsgrade zum Erblasser standen59.
Nicht nur lehnrechtlich bedingte Besitzübertragungen führten in der Folge zu
einer kaum noch nachvollziehbaren Aufteilung der Stammgüter in eine
Vielzahl theoretischer Anteile; auch die früh einsetzenden Nutzungsteilungen
fächerten den Besitz für Jahrhunderte in mehr oder minder große Einzelteile
auf. Die folgende knappe Skizze scheint zur Erläuterung des Sachverhalts
unverzichtbar.
IV. Teilungen
58
Zit. Hahn, Territorialhoheit, wie Anm. 40, S. 329-330.
59
Ausführlich zu erbrechtlichen Fragen Schulenburg/Wätjen, wie Anm. 8, S. 88-89.
51
gende Folgen nach sich gezogen, gab sie doch dem Lehnsherrn im Zweifelsfall
die rechtliche Handhabe zum Einzug der Güter.
Dass man allerdings entscheidende, weil Herrschaft begründende Elemente
der Lehnssubstanz aus den Nutzungsteilungen ausschloss, lässt sich am
Beispiel der stets als unteilbar betrachteten Gerichtshoheit verdeutlichen: Hier
hätte eine Zersplitterung in kleine und kleinste Segmente ins unvermeidliche
Chaos geführt, denn eine erfolgreiche Rechtspflege wäre kaum noch umsetz-
bar gewesen.
Eine knappe inhaltliche Zusammenfassung überlieferter Teilungsverträge ver-
mag die Situation wenigstens teilweise zu erläutern und weitere Informati-
onen zu liefern.
Bereits im Jahre 1340, also kurz nach dem Erwerb Beetzendorfs überhaupt,
findet sich die erste Nachricht hinsichtlich einer Teilung von Burg und Vor-
burg zwischen den Brüdern Bernhard und Dietrich, den Begründern der bei-
den Familienstämme60. Das gesamte Areal wurde damals offenbar in gerader
Linie in eine westliche und östliche Hälfte geteilt, wobei u.a. der sogenannte
neue Turm und die Kapelle dem Schwarzen Stamm zufiel. Festgeschrieben
wurden damals Zugangs- und Wegerechte sowie das Verfügungsrecht am
ungeteilt verbleibenden Gesamtbesitz, nämlich sämtlicher Gräben, der Mühle,
des Zwingers und des Fleckens Beetzendorf selbst.
Unerwähnt bleiben 1340 die zur Burg gehörigen Ländereien, die abhängigen
Dörfer und Höfe.
Die nächste Nutzungsteilung – diesmal innerhalb des Schwarzen Stammes –
fand zwischen den Brüdern Bernhard und Werner dem Alten von der Schu-
lenburg durch den Vertrag vom 25. Juli 1430 statt; er betraf die Westhälfte von
Burg und Vorburg61.
Hierbei fiel Bernhard zunächst einmal der große Turm „myt alle synem
wesende“ zu. Auch das an den Turm anstoßende „mushus“, d.h. jener saalar-
tige Teil eines größeren Gebäudes, in dem man u.a. zu speisen pflegte62, ging
an ihn. Ein Gleiches galt für ein Kellergelass und die „dorntze“, d.h. einen
beheizbaren Wohnraum63, welch beide man sich als zusätzliche Einbauten des
turmnahen Gebäudes zu denken hat. Dass dieser Bau über eine gewisse Höhe
verfügte, zeigt die Aufzählung von mehreren, d.h. wenigstens drei Boden-
gelassen übereinander, die allesamt durch Trennwände geteilt werden sollten.
Auch ein überbauter Zugang zum Keller unterhalb des großen Turms zählte
fortan ebenso zu dem Bernhard zugefallenen Viertel der inneren Burg wie die
60
Riedel, CDB, A V, S. 217-318 Nr. 38, ad 1340 Mai 25; hiernach das Folgende.
61
Riedel, CDB, A V, S. 394-395 Nr. 186, (bearbeitet durch Danneil mit offenkundigen
Auslassungen).
62
Vgl. Schiller/Lübben III, 1877, S. 124: Speisehaus, -saal.
63
Vgl. Schiller/Lübben I, 1875, S. 552: Heizbares Zimmer, Stube oder Saal.
52
64
Schiller/Lübben I, S. 308 (zu mnd. „bever“ = Biber“) sowie II, S. 285 (zu mnd. „hol“ = Höhle‚
Loch).
65
Danneil, Schulenburg I, wie Anm. 4, S. 210.
66
Riedel, CDB, A V, S. 432 Nr. 246, ad 1453 April 25. Danneil scheint diese Urk. als Hinweis auf
eine Teilung der dem Weißen Stamm zustehenden Osthälfte der Burg und Vorburg zu deuten
(Ders. Schulenburg I, wie Anm. 4, S. 212 mit unklarer Quellenangabe); realiter geht es jedoch um
Baulichkeiten und Plätze im Norden der Vorburg.
53
67
LASA, MD, H 22, I, Nr. 79, fol. 5v (um 1720).
68
Johann Friedrich Danneil, Das Geschlecht der von der Schulenburg, Bd. II, Salzwedel 1847,
Anhang, Nr. 18, S. 15-16 ad 1561 März 27.
69
Danneil, Schulenburg II, wie Anm. 68, Anhang, Nr. Nr. 19b, S. 17, ad 1569 ohne Tagesdatum.
70
Abdruck nach einer verderbten Abschrift bei Riedel, CDB, A V, S. 368-370, Nr. 147 ad 1399
Mai 29; die hier zugrunde liegende Abschrift des 17. Jhs. in LASA, MD, H 22, I, Nr. 2, pag. 1-9
ist von ungleich höherer Qualität.
54
Abb. 4 Erste Seite des Vertrages über die gemeinsame Nutzung der Häuser
Beetzendorf und Apenburg vom 29. Mai 1399 in einer Abschrift des 17. Jahrhunderts
(LASA, H 22, I, Nr. 2, pag. 1). Repro: LASA
55
Leider sind die beiden zeitlich anschließenden Burgfrieden von 1435 und 1484
nicht erhalten71, so dass es kaum möglich ist, Entwicklungen des 15. Jahrhun-
derts nachzuvollziehen.
Erst 1518 findet sich der Entwurf für nächste Vereinbarung dieser Art, deren
ereignisbezogener Hintergrund, nämlich eine unklare Bedrohung u.a. durch
Heinrich den Jüngeren von Wolfenbüttel, als Grund der Zusammenkunft
genannt wird72. Dass man daher zunächst eine Umwallung Beetzendorfs ins
Auge fasste, verwundert kaum. Neu am Burgfrieden vom 5. April 1518 ist das
auch später selbstverständliche Verfahren, denselben in Anwesenheit von
Schiedsleuten auszuhandeln73, unter denen Curt von Steinberg auf Brugg-
heim, das Haupt der Adelsfronde gegen Bischof Johann von Hildesheim74, der
mecklenburgische Rat und Hofmarschall Joachim Hahn auf Basedow75 sowie
71
Sie sind möglicherweise schon im Dreißigjährigen Kriege untergegangen; ihre Existenz ist nur
durch das jeweilige Regest im Sammelband des frühen 17. Jhs. (Riedel, CDB, A V, S. 299, E 1 und
F 15) nachgewiesen.
72
LASA, MD, H 22, I, Nr. 2, pag. 11-19 ad 1518 April 5 mit angehängter Beschwerde Georgs aus
der Linie Klötze des Schwarzen Stammes(?) wegen Verhinderung eines Bauvorhabens durch die
Umwallung, 1518 April 24 (?); vgl. zum ersten Teil den fehlerhaften Druck bei Riedel, CDB A,
VI, S. 259-261, Nr. 436. Bereits 1517 hatte es wegen der Schulenburgs „Irrungen“ zwischen
Heinrich d.J. und Joachim I. von Brandenburg gegeben, deren Anlass und konkreter Verlauf noch
unerforscht ist (GStA PK, Berlin, XX HA, OBA Nr. 21621 ad 1517 Dezember 6).
73
Namentlich waren dies Curt von Steinberg (s.u.), Friedrich von Pfuel, Achim Hahn auf
Basedow (s.u.), Clemens von Bülow, Georg von Quitzow (s.u.) und Vicke von Bülow. Letzterer
starb lt. seiner Grabinschrift am 20. Mai 1546 (Beschreibende Darstellung der älteren Kunstdenk-
mäler der Provinz Sachsen […], XX. Heft, Kreis Gardelegen, Halle 1897, S. 133); siehe zu seiner
Person ansonsten Gottfried von Bülow, Geschichtliche Nachrichten über die von Bülow zu
Oebisfelde, als Beitrag zur Geschichte des Geschlechts nach urkundlichen Quellen. Magdeburg,
1860, S. 32-40.
74
Er war auf Bruggheim erbgesessen, Pfandherr auf Steinbrück sowie gegen Ende seines Lebens
auf Uslar und kann ab 1516 neben Burchard von Saldern als Urheber und Anführer der
Adelsopposition im Stift Hildesheim gelten. Jedenfalls zählt er zu den prominentesten
Unterzeichnern des Verbundbriefes vom 23. Juni 1516, durch den sich der Stiftsadel in den Schutz
Heinrichs d.J. von Braunschweig-Wolfenbüttel begab. Kurz vor seiner Anwesenheit in
Beetzendorf war er am 22. Februar auf dem Wege nach Gronau in ein Scharmützel mit Hildes-
heimischen Reitern geraten, verwundet worden und auf spektakuläre Weise entkommen. In der
blutigen Schlacht auf der Soltauer Heide am 28. Juni 1519 wurde er gefangen. Er starb am 14.
April 1523 auf seinem Pfandhaus Uslar und wurde im Kloster Lamspringe begraben (Konrad
Barthold Behrens, Historische Beschreibung des hochwohlgeborenen Hauses der Herren von
Steinberg, Hannover 1697, S. 23-25).
75
Zu seiner Person ausführlich Georg Christian Friedrich Lisch, Geschichte und Urkunden des
Geschlechtes Hahn, Bd. 3, Schwerin 1855, S. 127-160. Joachim I. Hahn war übrigens dem Hause
Schulenburg durch Heirat verbunden: Seine Ehefrau war Anna, Tochter Werners XI. auf Penkun
und Löcknitz und der Elisabeth Gans Edler Frau zu Putlitz (Schulenburg/Wätjen, wie Anm. 8, S.
116).
56
Bereits 1531 verabschiedete man einen neuen Burgfrieden, der dazu dienen
sollte, „dem geschlechte to ehren, to nuth undt wolfardt öhre erffhus Betzen-
dorpe [...] to bestellen“77.
Es entstand eine zwar umfangreiche, jedoch überaus klar strukturierte Nie-
derschrift von insgesamt 21 Artikeln, deren immerhin vier noch durchaus
Sicherheitsfragen ansprechen, die zu behandeln man angesichts einer Zeit voll
Aufruhr, Krieg und Gefahr für wichtig erachtete. Allein das Sicherheits-
personal wurde deutlich aufgestockt, indem man einen Schließer, einen Tür-
mer und insgesamt vier Pförtner anzustellen und zu vereidigen beschloss,
unter denen auch ein „bussenschutte“ in der Bedeutung eines Artilleristen
sein sollte. Die schon ehedem eingeführte Residenzpflicht für je einen Vertre-
ter des Weißen und Schwarzen Stammes wurde erneut festgeschrieben; auch
präzisierte man deren Aufsichtspflichten in Hinblick auf die Baulichkeiten der
Hauptburg, die, wie der dem Bereich der gegenseitigen Rechtshilfe und Inte-
ressenwahrung zugehörende Artikel formuliert, allen Angehörigen des Ge-
schlechts im Bedarfsfall als „offenes Haus“ dienen sollte. Insgesamt acht Ab-
schnitte widmen sich entsprechenden Inhalten bis hin zur Verpflichtung, zu
dringenden Beratungen persönlich nach Beetzendorf zu kommen, sofern dies
innerhalb einer Tagesreise zu erreichen sei. Die starke Position der beiden
„Residenten“ lässt sich u.a. aus deren Recht erschließen, ungehorsame Vet-
tern zum „Einlager“ zu fordern; allerdings wurde ihnen auch die abwech-
selnde Teilnahme an den Landtagen als Pflicht auferlegt.
76
Zu seiner Person: Christopher Frhr. von Warnstedt, Das Geschlecht von Quitzow, in: Zs. f.
Niederdeutsche Familienkunde, Jg. 45, H. 3/4, Mai 1970, S. 69-109; hier: S. 96. Er starb lt.
Grabinschrift am 18. April 1527 und liegt in Rühstedt begraben. Seine Tochter Ilse ehelichte
Levin I. von der Schulenburg.
77
Riedel, CDB, A VI, S. 265-270, Nr. 446 ad 1531 August 30; Hiernach das Folgende.
57
78
Eine von mehreren Abschriften in LASA, MD, H 22 I Nr. 8, fol. 28r-44r ad 1572 Oktober 3
(Druck: Riedel, CDB, A VI, S. 295-303, Nr. 486). In der folgenden Zusammenfassung wird die
den archivischen Vorlagen fehlende Abschnittszählung nach Riedel im Interesse einer größeren
Übersichtlichkeit beibehalten.
79
Der bei Riedel (wohl nach entsprechender Vorlage Danneils) wiedergegebene Text ist in
insgesamt 37 Abschnitte untergliedert, wobei der Bearbeiter die eindeutigen Vorgaben der Hand-
schrift (lange Abstände zwischen den außerdem noch durch übergroße Wortanfänge
hervorgehobenen, allerdings nicht nummerierten Absätzen) ignoriert. Im Folgenden wird – der
besseren Übersichtlichkeit halber - eine streng an der Handschrift orientierte Zählung vorge-
nommen.
80
Dass es eine Alvensleben’sche Gerichtsordnung aus der Zeit vor 1570 gab, erfahren wir nur
durch diese Anmerkung im schulenburgischen Familienschluss vom 14. September des gleichen
Jahres (siehe folgende Anm.; ansonsten Hahn, Territorialhoheit, wie Anm. 40, S. 177-178).
81
Eine Ausfertigung in LASA, MD, H 22, Urkunden, Fach 1 Nr. 5 ad 1570 September 14; eine
Abschrift des 17. Jhs. in LASA, MD, H 22 I, Nr. 2, pag. 41ff.: „Abschiedt aller von der
Schulenburgk uff gehaltenem tage zu Betzendorff Ao. 70 donnerstages nach Nativitatis Mariae“
58
die von Alvensleben werden – wie noch darzulegen sein wird - Abschriften
ihrer Burgfrieden von 155282, 155683 und 155784 zur Verfügung gestellt haben;
über die im Zuge der Beetzendorfer Vorverhandlungen von 1570 gleichfalls
angesprochenen Gerichtsordnungen dieser Familien lassen sich – ebenso wie
hinsichtlich einer damals erwähnten Ordnung der von Jagow – angesichts
bedauerlicher Überlieferungsverluste keine sicheren Erkenntnisse gewinnen.
Im Folgenden wird es darum gehen, den Beetzendorfer Burgfrieden vom 3.
Oktober 1572 in seinen beiden Hauptteilen abschnittsweise zusammenzu-
fassen, wobei Bezüge zu den älteren Texten aus Kalbe, Erxleben und Wolfs-
burg durch Fußnoten ebenso kenntlich gemacht werden wie die wenigen Ent-
lehnungen aus älteren Familienschlüssen der Schulenburgs selbst.
Der erste Teil des Burgfriedens umfasst nach der Einleitung mit wichtigen
Bestimmungen zum lokalen Geltungsbereich desselben85 jene durch Eidesleis-
tung bekräftigte Grundsätze konstitutionellen Charakters, die auch künftig
durch jeden Vetter, sobald er das 21. Lebensjahr erreicht hat, zu beeiden sind.
Er gliedert sich in 14 Abschnitte folgenden Inhalts:
(hiernach wohl der Druck ohne exakte Nennung der Vorlage bei Riedel, CDB, A VI, S. 291-293,
Nr. 481).
82
Der 1552 geschlossene Burgfrieden des Hauses Kalbe liegt in einem wohl nicht ganz zuverläs-
sigen Druck bei Gercken, Codex, wie Anm. 54, S. 666-676, vor.
83
Der Erxlebener Burgfrieden gedruckt bei George Adalbert von Mülverstedt, Codex Diploma-
ticus Alvenslebianus Bd. II, Magdeburg 1885, S. 251-260, Nr. 399 ad 1556 (ohne Monats- und
Tagesdatum). Das Dokument bestimmte übrigens den altmärkischen Landeshauptmann Levin I.
von der Schulenburg, Hartwig von dem Werder und den Halberstädter Stiftshauptmann Achaz
von Veltheim zu Schiedsleuten.
84
Der Wolfsburger Burgfrieden der von Bartensleben gedruckt bei Riedel, CDB, A XVII, S. 322-
328, Nr. 148, ad 1557 August 10. Lt. Anmerkung des Herausgebers (S. 328) lehnte sich der
Burgfrieden von 1557 überaus eng an einen Vorgängertext von 1523 an (Regest: wie vor, S. 311);
hierdurch mögen sich Abweichungen zwischen dem Wolfsburger Text einerseits und den Texten
aus Kalbe, Erxleben und Beetzendorf andererseits erklären.
85
Und zwar sind als Kernbereiche des Burgfriedens genannt das Haus Beetzendorf inklusive
seiner Mauern, Wälle und Gräben nebst der Vorburg und den dort liegenden Wohngebäuden,
Höfen und Vorwerken, sodann das 1572 bereits bestehende Vorwerk Daniels I. vom Weißen
Stamm (Nr. 312, 1538-1594 auf Altenhausen, weswegen die nahe dem Apenburger Hof gelegene
Anlage später als „Altenhäuser Vorwerk“ bezeichnet wurde; siehe Schmidt, Schulenburg II, S.
312-315) und die zweigliedrige, aus dem „Flecken“ und dem „Alten Dorf“ bestehende Ansiedlung
Beetzendorf, deren Grenzen durch Malsteine mit dem schulenburgischen Stammwappen markiert
waren. In Apenburg umfasste der Geltungsbereich des Burgfriedens das „Schloss“, die Vorburgen
und Vorwerke sowie den gesamten Flecken bis an den „Alten Wall“ und Graben (Riedel, CDB, A
VI, S. 295-296).
59
Abb. 5 Burgruine Löcknitz. Rechts im Bild Reste des Renaissanceschlosses aus der
Zeit der schulenburgischen Herrschaft. Lithografie aus „Pomerania“, Stettin 1844.
Repro: Verf.
86
In diesem Sinne bereits 1531 beschlossen (Riedel, CDB, A VI, S. 266).
87
Die Abschnitte 1-5 stimmen mit dem Erxlebener Burgfrieden von 1556 bis auf kleine Abwei-
chungen wortwörtlich überein.
60
6. Würde einem der Vettern durch Fürsten, Grafen, Herren oder Städte wider-
rechtlich Gewalt zugefügt, steht ihm frei, sich bei den übrigen Angehörigen
des Geschlechts zu beklagen und diese um Hilfe bei einer gütlichen Beilegung
der Sache „zu gleich und Recht“ zu bitten; das Ergebnis verspricht derselbe zu
akzeptieren. Für den Fall, dass dem Angegriffenen innerhalb eines Viertel-
jahres nicht zu seinem Recht verholfen würde, soll er befugt sein, die Häuser
Apenburg und Beetzendorf in seinem Sinne zu gebrauchen. Die Vettern si-
chern für solch einen Fall Hilfe und Beistand zu und geloben, zu diesem Zweck
die gemeinsame Verteidigung von den beiden genannten Häusern aus, wobei
die daraus entstehenden Lasten gerecht verteilt werden sollen88.
7. Den Vettern sind gegenseitige Eingriffe in liegende oder fahrende Güter
strikt untersagt; sollten derartige Dinge dennoch geschehen, unterwirft sich
der Schädigende hinsichtlich der zu leistenden Erstattung dem Urteil der
Schiedsrichter und Vettern.
8. Verkäufe, Verpfändungen oder auch Tausch der Wohnungen und Liegen-
schaften zu Beetzendorf und Apenburg können nur innerhalb des Geschlechts
vorgenommen werden. Dies gilt auch für andere Lehngüter, um den Besitz-
stand des Gesamtgeschlechts für die Zukunft zu wahren89.
9. Sollten sich Angehörige des Geschlechts beim internen An- und Verkauf
von Gütern nicht einigen können, wird die Einsetzung von Schiedsrichtern
vereinbart; für den Fall, dass sich eine interne Weitergabe von Gütern nicht
realisieren ließe, wird ein Verkauf an Dritte gestattet, jedoch sind Fürsten,
Grafen, Herren oder Städte hiervon ausgenommen90. Verkaufserlöse sind
durch die Verkäufer in Lehngütern anzulegen, die es zu gesamter Hand zu
erlangen gilt. Nur in Ausnahmefällen – zur Rettung der Ehre und im Falle
äußerster wirtschaftlicher Not – stehen solche Erlöse zur freien Verfügung.
10. Für den Fall, dass Angehörige des Geschlechts die Vereinbarungen des
Burgfriedens brechen oder ignorieren sollten, haben die übrigen Vettern das
Recht, diese nach Beetzendorf oder Apenburg vorzuladen und die Irrungen im
Beisein von Unterhändlern zu bereinigen91.
11. Die mit Blick auf Angehörige des Geschlechts beschlossenen Verhaltens-
regeln gelten auch für deren Diener und Knechte; diese sind zwar ggfs. durch
Dritte in Haft zu nehmen, Strafen nach Burgfriedensrecht können jedoch nur
in Anwesenheit der jeweiligen Herrschaft verhängt werden. Verursachern
88
Entsprechend den Bestimmungen für Kalbe 1552 und Erxleben 1556.
89
Entsprechend den Bestimmungen für Kalbe 1552; wörtlich übereinstimmend mit denen für
Erxleben von 1556; die vielfach wörtlichen Übereinstimmungen mit dem Wolfsburger Burg-
frieden von 1557 umfassen die Abschnitte 1-8.
90
Bis hierher entsprechend den Bestimmungen für Kalbe 1552 und Erxleben 1556.
91
Entsprechend den Bestimmungen für Kalbe 1552; wörtlich übereinstimmend mit denen für
Erxleben von 1556.
61
von Verletzungen und Schäden wird in diesem Zusammenhang die Pflicht zur
Entschädigung „nach Recht und billigkeit“ auferlegt92.
12. Die schulenburgischen Häuser Löcknitz, Lübbenau, Angern, Altenhausen
und Osterwohle mitsamt ihrem Zubehör werden als Besitzungen zu gesamter
Hand in den Geltungsbereich des Burgfriedens eingeschlossen.
13. Die Vettern beschließen die Unverbrüchlichkeit des nun errichteten
Burgfriedens für sich und ihre Erben. Jeder Angehörige des Geschlechts wird
für die Zukunft verpflichtet, denselben mit Vollendung seines 21.
Lebensjahres zu beschwören93.
14. Für den Weigerungsfall wird der Ausschluss von den Gütern angedroht94.
Abb. 6 Burg Altenhausen. Ansicht der Kernburg mit ihrer damals bereits teilweise
überformten Bausubstanz des 15. und 16. Jahrhunderts. Farblithografie von Th. Albert
in: Alexander Duncker, Die ländlichen Wohnsitze, Schlösser und Residenzen (…), Bd.
4, Berlin 1861-1862. Repro: Verf.
92
Entsprechend den Bestimmungen für Kalbe 1552 und Erxleben von 1556.
93
Entsprechend den Bestimmungen für Kalbe 1552 sowie für Erxleben 1556; der Wolfsburger
Text von 1557 sieht sogar die Pflicht zur Eidesleistung schon ab dem 15. Lebensjahr vor.
94
Entsprechend den Bestimmungen für Kalbe 1552 sowie für Erxleben 1556.
62
Der zweite Teil des Burgfriedens von 1572 beinhaltet eine ansehnliche Reihe
von Zusatzbestimmungen in Form einer durch die Anwesenden verabschie-
deten und besiegelten und damit zwar verbindlichen, aber nicht beschwore-
nen Selbstverpflichtung:
15. Äußere Sicherheit der Häuser Beetzendorf und Apenburg95: Die Vettern
verpflichten sich, für das pünktliche und zuverlässige Öffnen und Schließen
der Tore Sorge zu tragen, sowie das Beetzendorfer Pforthaus instand zu setzen
sowie auf seine Erhaltung hinzuwirken96.
16. Für den Fall kriegerischer Unruhen im Lande oder in der Nähe der Häuser
soll stets ein Schulenburg oder doch wenigstens ein dazu verordneter Standes-
genosse dort anwesend sein97. Er hat die Bewachung der Burgen zu garan-
tieren und insbesondere für den Beetzendorfer Turm die dauernde Anwesen-
heit eines „Hausmanns“ zu gewährleisten98.
Zur Instandsetzung und künftigen Erhaltung der Türme in Beetzendorf und
Apenburg soll ein erfahrener Zimmermann zu Rate gezogen werden. Man
bewilligt zu Bauzwecken 200 Taler, die bis Fastnacht 1573 aufzubringen sind.
17. Grundsätzliches zur kirchlichen Versorgung der Gerichte Beetzendorf und
Apenburg:
„Wir obbemelte von d[er] Schulenburg und Unser Erben wollen uns auch Zum
hogsten befleissigen, das wir die Kirchen und Pfarren Im Gerichte Zu
Betzendorff und Apenburg mit Christlichen Evangelischen Predicanten
vorsorgen, damit die Underthanen mit dem allerhogsten gute Als gots worte
Und dem hochwirdigen Sacramente trewlich versorgt und nicht vorseumpt
werden.
Auch so wollen wir und unsere erben die Pfarren nicht vorringern, sondern
viel mehr lassen99, damit die Pfarhern gnugsame unterhaltung haben100. Wo
auch Imant unter uns von denselbigen etwas an sich genommen und
95
Entsprechende, jedoch noch präzisere Regelungen in den Burgfrieden für Erxleben 1556 und –
besonders ausführlich – für Wolfsburg 1557.
96
Der Burgfrieden von 1531 legt diesen Fragen noch ein erheblich höheres Gewicht bei; ein
Gleiches gilt für den Wolfsburger Burgfrieden der von Bartensleben des Jahres 1557.
97
Schon im Beetzendorfer Burgfrieden von 1531 sah man entsprechende Maßnahmen vor
(Riedel, CDB, A VI, S. 266).
98
Analoge Bestimmungen auch – unter Berücksichtigung der örtlichen Spezifika wie des
„fodersten thorms“ – für Erxleben 1556.
99
Bei Riedel nach Danneil auf Grundlage einer nicht angegebenen Quelle: statt „lassen“
„verbessern“; im Or. mutmaßlich „bessern“.
100
Das Vorige in wörtlicher Übereinstimmung mit dem Erxlebener Burgfrieden von 1556,
während die Kalber und Wolfsburger Texte keine diesbezüglichen Passagen aufweisen.
63
eingetzogen, dasselb soll ehr furderlichst wiederumb einstellen und sich mit
dehme, Was also einmahl In gots ehre gewandt, nicht bereiche[r]n.101“
18. Wird gegen das grundsätzlich auch für die Knechte und Diener der
Schulenburgs geltende Friedensgebot verstoßen, so sollen die Kontrahenten,
sofern ihre Herrschaft nicht anwesend ist, bis zu deren Heimkunft und
anschließender Verhandlung in Haft genommen werden102.
19. Sollte man sich bei dieser Verhandlung nicht einigen können, sind die
Delinquenten bis zur Ankunft der in diesem Falle anzurufenden Schiedsleute
in gemeinsamer Haft zu behalten103.
20. Personen aus dem persönlichen Umfeld der Vettern sollen, sofern sie
einem Geschlechtsangehörigen in Worten oder Werken zu nahe getreten sind,
bei Bekanntwerden des Sachverhalts umgehend aus dem Geltungsbereich des
Burgfriedens ausgeschlossen werden. Etwaige Entschädigungen sind inner-
halb von vier Wochen zu leisten104.
21. „Freunden“, d.h. Seitenverwandten, aber auch Knechten, soll, sofern dies
nötig und durch den Kreis der Vettern gutgeheißen, durch „Hausung und
Hegung“ auf den Häusern Beetzendorf und Apenburg zu ihrem Recht verhol-
fen werden. Offenkundige Feinde der schulenburgischen Lehns- und Landes-
herrschaft sind allerdings ebenso von diesem Behausungsrecht ausgeschlossen
wie Diebe und Räuber105.
22. Sollte die Feindschaft von Gästen im beschriebenen Sinne den Vettern erst
im Nachhinein bekannt werden, sind diese sofort der Häuser zu verweisen106.
Auch den zu den Häusern Beetzendorf und Apenburg gehörigen Krügern
sowie sämtlichen Untersassen der Schulenburgs ist das heimliche Hausen und
Herbergen von Straßenräubern sowie „offentlichen Feinde[n]“ bei schwerer
Strafe untersagt.
23. Die Vettern verpflichten sich, einander ohne Wissen und Einverständnis
des Betroffenen kein Gesinde „abzumieten“, es sei denn, die entsprechenden
Person wäre seit einem Jahr nicht mehr im Dienst gewesen107.
24. Ohne Erlaubnis seiner Herrschaft aus dem Dienst getretenes Gesinde soll
ohne Wissen und Willen des Betroffenen nicht durch einen Geschlechtsge-
101
Zitat aus LASA, MD, H 22 I Nr. 8 (wie Anm. 78), fol. 28-44r; hier: fol. 35v-36r.
102
Entsprechend den Bestimmungen für Kalbe 1552 sowie inklusive des folgenden Abschnittes
19 auch denen des Wolfsburger Burgfriedens von 1557.
103
Entsprechend den Bestimmungen für Kalbe 1552.
104
Entsprechend den Bestimmungen für Kalbe 1552. Dieser und die folgenden Abschnitte bis 27
inklusive mit dem Erxlebener Text von 1556 übereinstimmend; in Teilen auch für Wolfsburg
1557.
105
Entsprechend den Bestimmungen für Kalbe 1552 sowie Wolfsburg 1557.
106
Bis hierher entsprechend den Bestimmungen für Kalbe 1552.
107
Entsprechend den Bestimmungen für Kalbe 1552 sowie für Wolfsburg 1557.
64
nossen angenommen werden, es sei denn, der vorige Herr würde dieses aus-
drücklich erlauben.
25. Das gegenseitige Abwerben von Bauern und Kossäten, in deren Folge Höfe
wüst würden, soll unterbleiben. Ein einvernehmlicher Abzug ist nur dann zu
gewähren, wenn der den Hof verlassende Untersasse einen Ersatzmann stellt,
der in der Lage ist, des Vorigen „Dienste und Pflege108“ zu leisten109.
26. Nahen Angehörigen von Untersassen ist, sofern diese in die Bewirtschaf-
tung der Stätte eingebunden sind, der Abzug von derselben mit Wissen und
Willen der Herrschaft nur dann zu gestatten, wenn die Leistung der Dienste
und Pflichten dadurch nicht geschmälert wird110.
27. Man will keine Straf- und Bußgelder einfordern, die anderen Vettern zus-
tehen, sondern sich den Bestimmungen der Gerichtsordnung unterwerfen111.
28. Die Vettern und ebenso ihre Untersassen wollen bzw. sollen keine Ziegen
halten, um den Verbiss und die völlige Verwüstung junger Holzbestände zu
vermeiden und so einem künftigen Mangel an Mastgehölz vorzubeugen. Bei
Zuwiderhandlungen in diesen Dingen wird die Beschlagnahme der Tiere und
Strafe angedroht112.
29. Da das Unterholz in den schulenburgischen Waldungen beinahe verwüstet
ist, sollen künftig Schonungen angelegt werden, in denen das Holzschlagen
sowohl im Auftrage der Herrschaft als auch durch die „Unterthanen“ gänzlich
untersagt ist. Bei Zuwiderhandlungen drohen Pfändung und Strafe. Sollten
derartige Maßnahmen nötig werden, sollen die Vettern sich darin „nach
billigkeit“ vergleichen; ansonsten bleibt es bei der im Jahre 1507 von den Vor-
eltern erlassenen Holzordnung113, nur dass die dort vorgesehenen Strafgelder
den gegenwärtigen Verhältnissen angepasst werden.
30. Wann immer eine reiche Ausbeute an Eicheln zur Schweinemast in Aus-
sicht steht, wollen die Vettern die Gehölze selbst in Augenschein nehmen oder
108
Hier im Sinne von „Pflicht“.
109
Entsprechend den Bestimmungen für Kalbe 1552 sowie für Wolfsburg 1557.
110
Entsprechend den Bestimmungen für Kalbe 1552.
111
Entsprechend den Bestimmungen für Kalbe 1552 sowie für Wolfsburg 1557.
112
Entsprechend den Bestimmungen für Kalbe 1552; Verbot der Ziegenhaltung sowie
Maßnahmen gegen die Holzverwüstung auch im Erxlebener Text von 1556; dort jedoch auch
konkrete Bestimmungen zur Holznutzung mit genauer Festlegung der Tage.
113
Das Stück scheint verloren gegangen zu sein; seine frühe Zeitstellung lässt aber aufhorchen:
Ernstzunehmende landesherrliche Verordnungen vergleichbarer Art sind für Braunschweig-
Wolfenbüttel bzw. Calenberg erst 1532 (Niedersächsisches Landesarchiv, Abt. Wolfenbüttel, 40
Slg, Nr. 23/3-4 [Holzordnung für den Elm 1530] sowie Niedersächsisches Landesarchiv, Abt.
Hannover, Cal. Br. 23, Nr. 292 [Holzordnung für den Solling 1532]) erlassen worden. Kurbran-
denburg hat dagegen in beinahe charakteristischer Zögerlichkeit erst ab der Mitte des 16. Jahr-
hunderts Wege zu bescheidenen Verordnungen mit begrenzter inhaltlich-räumlicher Reichweite
eingeschlagen (entsprechende Drucke bei Mylius, Corpus Constitutionum Marchiarum, Theil IV,
1, Sp. 774ff.).
65
durch ihre Vögte besehen lassen, um die Anzahl der in die Waldungen zu trei-
benden Schweine zu bestimmen, damit einerseits eine Übernutzung vermie-
den, andererseits aber denjenigen, die ihre Tiere gegen Geld eintreiben lassen,
die erwartete Ausbeute zuteil werden möge114.
31. Hinsichtlich der eigenen Mastschweine verpflichten sich die Vettern, nur
die ihnen per Teilzettel ausgewiesene Anzahl an Tieren „in die Mast laufen“
zu lassen und sich mit der zugeteilten Menge zufrieden zu geben.
32. Die Vettern wollen ihre Schäfer, Hirten und Untersassen anweisen, Scha-
densstiftungen durch Vieh auf Äckern und Wiesen tunlichst zu vermeiden.
Für den Fall, dass doch Schäden verursacht werden sollten, sind die Verant-
wortlichen zur Erstattung des durch Schätzung festgelegten Wertes verpflich-
tet.
33. Die Vögte sollen angehalten werden, ein gegenseitiges Abpflügen der
Äcker und Wiesen der Herrschaft zu vermeiden; auch soll keiner dem anderen
zu nahe an seinem Holz Rodungen vornehmen lassen. Zuwiderhandlungen
werden mit Schadensersatz und Strafe belegt, um Irrungen unter den Vettern
zu vermeiden.
34. Ausgaben und Unkosten, welche die Häuser Beetzendorf und Apenburg
in ihrer Gesamtheit betreffen, sollen durch eine anteilsbezogene Umlage unter
den Vettern aufgebracht werden, sofern dieselben nicht „aus dem Gemeinen“
abgedeckt werden können.
35. Für den Fall, dass unter den Vettern Konflikte entstünden, wird demje-
nigen, der sich „zur Ungebuer beschweret oder verunrechtet“ sehen sollte,
auferlegt, den Anderen zunächst in Güte anzusprechen. Bliebe dies ergebnis-
los, sind Seitenverwandte als Vermittler einzuschalten. Wenn auch deren
Bemühungen fruchtlos bleiben, tritt ein institutionalisiertes Gremium von
Schiedsrichtern in Aktion, die mit Jacob von Bartensleben und Oswald von
Bodendieck namhaft gemacht werden und denen für den Fall, dass auch sie
keinen Frieden zu stiften vermögen, Joachim von Alvensleben als Obmann
beigeordnet wird, dessen Votum dann ausschlaggebend sein soll115.
36. Falls sich auch durch den Einsatz dieses Gremiums keine Entscheidung in
Güte herbeiführen ließe, soll das Ganze verschriftlicht und den Rechtsge-
lehrten einer Universität zur Entscheidung vorgelegt werden, deren Sentenz
dann im Rahmen eines zu Beetzendorf anzuberaumenden Treffens unter
Beteiligung der ältesten Vettern zu eröffnen wäre116.
114
Beinahe wortgleich im Text für Erxleben 1556; ein Gleiches gilt für die folgenden Abschnitte
bis 34 inklusive).
115
Diese mehrstufige Form der Konfliktregulierung auch im Erxlebener Burgfrieden von 1556
sowie in Wolfsburg 1557.
116
Dieser Abschnitt entsprechend auch für Wolfsburg 1557; dort wird jedoch keine landesherr-
liche Entscheidung, wie im folgenden Abschnitt 37 vorgesehen, erwähnt.
66
117
Wortgleich in den Bestimmungen für Erxleben 1556.
118
Übereinstimmend so auch für Erxleben 1556; in anderen Worten, aber inhaltlich analog für
Wolfsburg 1557.
119
Beinahe wörtlich entsprechend den Bestimmungen für Erxleben 1556; inhaltlich gleich auch
die entsprechende Passage in Wolfsburg 1557.
120
Entsprechungen bis zur Textidentiät in Kalbe 1552 und Erxleben 1556 (dort allerdings die
Bevorzugung Gardelegens bei der Festsetzung des „Einlagerortes“); die Zwangsmaßnahme des
Einlagers in Braunschweig, Helmstedt oder einer der altmärkischen Städte an entsprechender
Stelle auch im Wolfsburger Burgfrieden von 1557 vorgesehen. Zum Rechtsmittel des Einlagers
(obstagium), nämlich der Auflage, sich bei Zahlungs- und anderen Versäumnissen an einen
vereinbarten Ort in eine Herberge zu begeben und sich dort – auf eigene Kosten – bis zur
Erfüllung der Zusagen bzw. Verpflichtungen aufzuhalten, vgl. Deutsches Rechtswörterbuch,
Weimar 1914-1932, Bd. II, Sp. 1413-1414. Die Forderung ins Einlager und die Verhängung
empfindlicher Geldbußen war bei ernsthaften Verstößen gegen die innerfamiliäre Disziplin
bereits im Burgfrieden von 1531 vorgesehen (Riedel, CDB, A VI, S. 267-268).
67
121
Wortgleicher Text auch in Erxleben 1556.
122
Näheres zu diesem Personenkreis unten ab Anm. 188.
123
Knappe Angaben zu ihrer Person sowie der ihres Ehemannes bei Schmidt, Schulenburg II, S.
242. Wesentliche biografische Daten in ihrer von Auctor Lindius gehaltenen Leichenpredigt „Deß
heiligen Hiobs und aller Creutztragenden Christen Glaubens Trost/ Genommen aus dem Articul
der Erlösung und Aufferstehung“, Braunschweig 1608 (http://resolver.sub.uni-goettingen.de/
purl?PPN774686502 (01.02.2017)). Demnach wurde sie 1545 geboren, erhielt ihre schulische
Ausbildung im Kloster Dambeck und ehelichte 1562 Jacob von Bartensleben, der 1590 das
Zeitliche segnete. Sie selbst verstarb am 26. August 1608.
124
Oswald von Bodendieck auf Schnega, Göddenstedt und Wrestedt war von 1553-1587, dem Jahr
seines Todes, Lüneburgischer Ritterschafts-Deputierter und Landrat sowie im Jahre 1580
Hauptmann der Ämter Gifhorn, Fallersleben und Campe (J.H. Steffens, Geschlechts-Historie des
Hochadelichen Hauses von Campe auf Isenbüttel und Wettmarshagen […], Celle 1783, S. 110-
111).
125
Durch seine erste Ehefrau Anna von Bartensleben (gest. 1555), die mit Hans „dem Reichen“
von Bartensleben, Schwiegervater Werners XVII. von der Schulenburg, Geschwisterkind war.
68
126
Siehe oben Abschnitt 17 bis Anm. 99. Zu Recht hebt Christoph Volkmar die Bedeutung dieser
Textpassage im Erxlebener Burgfrieden von 1556 deutlich hervor und betont deren Vorbildfunk-
tion für den Beetzendorfer Hausvertrag von 1572 (Christoph Volkmar, Joachim von Alvensleben
und die Reformation. In: Vorträge anlässlich der Festveranstaltung zum 500. Geburtstag von
Joachim I. von Alvensleben (1514-1588), hrg. vom Förderkreis Schlosskirche Erxleben e.V., o.O.,
2015, S. 6-16; hier: S. 13). Herrn Prof. Reimar von Alvensleben sei an dieser Stelle herzlich für
einen entsprechenden Hinweis im Rahmen der Beetzendorfer Tagung vom 9. April 2016 gedankt.
127
So in: „Christliches Glaubensbekenntnis zur Augsburger Konfession“ von 1566 (Digitalisat der
Herzog-August-Bibliothek Wolfenbüttel nach dem Exemplar der Lehnsbibliothek Erxleben, jetzt
auf Hundisburg, fol. 2084 (http://diglib.hab.de/mss/alv-dl-204/start.htm?image=00445 (01.02.
2017)). Zur Urheberschaft des Textes: Volkmar, wie Anm. 124, S. 14.
69
VI. Der ordnende Zugriff auf den Raum: Die Beetzendorfer Kirchen-
und Gerichtsordnung von 1572 als normative Quelle zum Verständnis
zeitgebundener Herrschaftsprinzipien
]128 LASA, MD, H 22, I Nr. 8; das folgende Zitat nach fol. 3.
70
129
Tonangebend vielleicht auch als ehemalige Wittenberger Studenten. Für die Zeit um 1570 sind
in diesem Zusammenhang zu nennen: Daniel vom Weißen Stamm, der magdeburgische Landrat
auf Altenhausen, Angern und Beetzendorf, der sich 1553 in Wittenberg einschrieb und u.a. als
Schüler Melanchthons gilt (Schmidt, Schulenburg II, S. 312), Albrecht IV., Sohn Levins I. vom
Schwarzen Stamm, später Landeshauptmann der Altmark, sowie dessen Bruder Georg „der
Reiche“, die beide 1551 in Wittenberg immatrikuliert wurden (Carl-Eduard Foerstemann, Album
Academiae Vitebergensis ab a[nno] Ch[risti] MDII usque ad a[nno] MDCLX (1502-1560), Leipzig
1841, S. 269, 287).
130
Melanchthon, Philipp / Jonas, Justus: Confessio odder Bekantnus des Glaubens etlicher
Fürsten und Stedte, Uberantwort Keiserlicher Maiestat, auff dem Reichstag gehalten, zu
Augspurg, Anno M.D.XXX., Wittenberg 1533, Art. 16 „Von Policey und weltlichem Regiment
[…] (Digitalisat der Bayerischen Staatsbibliothek München [VD16 C 4748] (02.02.2017)).
131
Als Beispiel sei hier das mit Eigentümervermerk „I.V.A.“, dem Motto „Gedult und Hoffnung“
sowie zahlreichen Randnotizen und Unterstreichungen versehene Exemplar aus dem Besitz
Joachims I. von Alvensleben angeführt: Justus Jonas, Heubtartikel christlicher Lere/ im latin
genandt/ Loci Theologici / Etwa von Doctore Justo Jona in Deutsche sprach gebracht/ jetzund
aber im M.D.LIII. jar/ von Philippo Melanthon widerumb durchsehen, Wittenberg 1554
(Digitalisat der Herzog-August-Bibliothek Wolfenbüttel nach dem Exemplar der Lehnsbibliothek
Erxleben, jetzt auf Hundisburg (http://diglib.hab.de/drucke/alv-dc-26/start.htm s (02.02.2017)).
71
Abb. 7 Titelblatt der Kirchen- und Gerichtsordnung für Beetzendorf und Apenburg
von 1572 (LASA, MD, H 22 I, Nr. 8, fol. 1). Repro: LASA.
72
VII. Ausblick
Sowohl der im Jahre 1572 beschlossene Burgfrieden als auch die gleichzeitig
erlassene Kirchen- und Gerichtsordnung behielten ihre Gültigkeit bis weit ins
17. Jahrhundert hinein. Sie wurden allerdings den sich wandelnden Zeitver-
hältnissen durch moderierende Zusatzbeschlüsse in Gestalt der „Abschiede“
und „Vereinigungen“ von 1584, 1597 und 1642 angepasst und – soweit es die
Kirchen- und Gerichtsordnung betrifft, unter Beibehaltung des älteren Kern-
textes im Jahre 1644 neu formuliert132.
Was nun den besonderen Wert der „Abschiede“ ausmacht, ist ihre Rolle als
historische „Korrektive“, geben sie doch Aufschluss über die Wirksamkeit
normativer Texte wie sie in Gestalt der Burgfrieden hier vorgestellt wurden.
So sieht etwa der „Abscheidt und Memorial“ von 1584133 dringenden Hand-
lungsbedarf hinsichtlich eingezogenen und noch immer nicht zurückerstat-
teten Kirchenvermögens wie etwa dreier Kalandshäuser in Beetzendorf, deren
Grundstücke künftig mit einem Schul- und Gerichtsgebäude bebaut werden
sollen. Auch dringend nötige Reparaturmaßnahmen an Kaplanei und Küsterei
werden angesprochen und die Lieferung von Bauholz zugesagt. Albrecht VI.
von der Schulenburg wurde damals dringend ermahnt, die zwei Hufen Beet-
zendorfer Kirchenlandes, welche er gegen einen überaus niedrigen Pachtzins
bei seinem Hof Dähre nutzte, herauszugeben, damit sie zu einem höheren Zins
erneut ausgegeben werden könnte; andere Vettern waren ähnlich verfahren
und hielten darüber hinaus Kapitalien der Kirchen in Händen, ohne diese zu
verzinsen: Auch hier beschloss die anwesende Vetternschaft, dass Abhilfe ge-
schaffen werden müsse: Joachim II. „der Reiche“ auf Penkuhn, Löcknitz usw.
erklärte sich bereit, hierbei den Anfang zu machen, allerdings unter dem
Vorbehalt, dass die übrigen Vettern seinem Beispiel folgen würden.
132
Die Änderungen innerhalb der am 5. Mai 1644 beschlossenen Ordnung gegenüber dem
Vorgängertext von 1572 sind bei Riedel, CDB, A VI, S. 303-311 in Form von Fußnoten mitgeteilt.
133
Riedel, CDB, A VI, S. 313-315, Nr. 488, ad 1584 Juni 26; hiernach das Folgende.
73
Vereinbarungen noch immer nicht gesiegelt und damit für ihre Person rechts-
verbindlich vollzogen hatten, andererseits schien es unumgänglich, das leidige
Problem baulicher Unterhaltungs- und Instandsetzungskosten zu thematisie-
ren: Es zeigt sich damit, dass man bis 1584 weder die Türme von Beetzendorf
und Apenburg unter Dach gebracht noch den „Zwinger“ sicher eingedeckt
hatte, in welchem das Pulver verwahrt wurde und wo man u.a. auch die
Geschütze einzulagern gedachte.
Auch beim holzfressenden Einzäunen von Pachtäckern oder auch Wiesen
wurde den bestehenden Ordnungen zuwidergehandelt; man mahnte deswe-
gen dringend die Einhegung der Flächen durch Gräben an.
Als man im Jahre 1597134 wiederum eine Zusammenkunft in Beetzendorf
hielt, gab es zunächst erneut eine dringende Ermahnung an einige inzwischen
volljährige Vettern, den Burgfrieden von 1572 zu vollziehen; auch die Kritik
von 1584 hinsichtlich der zu niedrig bzw. gar nicht verzinsten Kirchen-
kapitalien musste wiederholt werden. Nun wurden allerdings der Halberstäd-
ter Domherr Joachim Johann Georg sowie Hans XI. auf Walsleben mit der
Eintreibung der Gelder beauftragt.
Ein 1597 neuer Verhandlungsgegenstand waren die Wegelagereien schulen-
burgischer Knechte, die man – ohne Rücksichtnahme auf etwaige Einreden
seitens der als Herrschaft betroffenen Vettern von der Schulenburg - hart zu
bestrafen beschloss.
Auch Verstöße gegen die alleinige Zuständigkeit des Gesamtgerichts derge-
stalt, dass einzelne Vettern eigenmächtig Gericht gehalten und Geldbußen
eingezogen hatten, wurden 1597 scharf verurteilt; ebenso das standhafte
Fernbleiben namentlich der Söhne Werners XVIII. zu Apenburg von allen
Zusammenkünften des Geschlechts und ihre hartnäckige Weigerung, die Fa-
milienverträge zu siegeln135. Da sie außerdem noch die gemeinschaftlichen
Holzungen verwüsteten und ihre Vögte allerlei Mutwillen treiben ließen,
wurden gegen sie die scharfen Strafmaßnahmen des Burgfriedens – im
mehrstufigen Verfahren bis hin zur Klage beim Kurfürsten – ins Auge gefasst.
Nicht nur innere Probleme der beschriebenen Art, sondern auch Fragen der
134
Danneil, Schulenburg I, Anhang, S. 26-29, Nr. 21, ad 1597 Januar 28; hiernach das Folgende.
Unterschrieben für den Weißen Stamm durch Joachim IV., Fritzens Sohn (stellvertretend für
Busso VI., den abwesenden Senior des Weißen Stammes); Fritz IX., Hansens Sohn; Albrecht VI.,
Christophs Sohn; Domherr Joachim Johann Georg, Christophs Sohn; Hans, Sohn des Busso;
Busso, Sohn des Hans; Georg Christoph, Sohn des Kaspar auf Polleben, sowie für den Schwarzen
Stamm durch Georg „den Reichen“, Sohn Levins I. als Senior des Schwarzen Stammes; Richard,
Joachims Sohn auf Lieberose usw.; Werner, Sohn des Hans auf Klötze sowie Levin, Albrecht und
Hans, die Söhne des Landeshauptmanns Werner XVII.
135
Hiermit erwiesen sie, die innerhalb der Überlieferung kaum in Erscheinung treten, sich als
Söhne ihres unruhigen und keinem Konflikt aus dem Wege gehenden Vaters (zu ihm:
Schulenburg/Wätjen, wie Anm. 8, S. 112-113).
öffentlichen Sicherheit kamen 1597 zur Sprache, als man etwa erwog, den
untätigen landesherrlichen Landreiter durch einen eigenen zu ersetzen, um
die Straßen von streifenden Gardebrüdern und sonstigem Gesindel rein halten
zu lassen. Zollverstöße der Salzwedeler, die es mehr und mehr zur Gewohn-
heit machten, den schulenburgischen Zoll in Richtung Gardelegen zu umfah-
ren, kamen 1597 ebenso zur Sprache wie nachbarliche Jagdübergriffe, denen
man entgegenzutreten beschloss. Ordnungspolizeiliche Aspekte wurden mit
dem Problem des übermäßigen Vieheintriebs der Beetzendorfer sowie dem
unbefugten Fischen der Audorfer und Griebener u.a. in der Jeetze berührt.
Auch hinsichtlich der zunehmenden Nachlässigkeit der Beetzendorfer bei der
Reinhaltung sowie dem winterlichen Aufeisen der Burggräben wurde 1597
Klage geführt und auf Abhilfe gesonnen; Säumigkeit musste für die Wach-
dienste der Bewohner des Steinwegs konstatiert werden und auch hierbei
sollten alte Ordnungen tunlichst erneuert werden. Dem Streben nach Sicher-
heit war auch der Beschluss geschuldet, die Zugänge zum Flecken und zur
Vorburg durch Tore und Zugbrücken zu sichern.
Hinsichtlich der jährlichen Zusammenkünfte einigte man sich schließlich
1597 darauf, die Teilnehmerzahl dieser Treffen künftig zu reduzieren, d.h.
sich dabei auf je zwei gewählte Vertreter eines jeden Stammes zu beschränken.
doch die Türme von Beetzendorf und Apenburg bis zum heutigen Tage als
Zeugnisse einer rasch und erfolgreich verdichteten Adelsherrschaft, deren
Anfänge nunmehr sieben Jahrhunderte zurückliegen. Eher unscheinbare
papierene Überbleibsel des 16. Jahrhunderts zeigen in Gestalt der schulenbur-
gischen Burgfrieden sowie vor allem der Kirchen- und Gerichtsordnungen
allerdings, dass adelige Herrschaft mit dem Siegeszug der Wittenberger Refor-
mation kaum mehr als reines Machtprinzip um seiner selbst willen wahr-
genommen werden kann, sondern als ernsthaftes, aus eigener Überzeugung
erwachsenes Streben, die Welt vor dem Hintergrund einer durch Luther und
Melanchthon neu entwickelten Verantwortung zu ordnen und zu gestalten.
76
Quellenanhang
Vorbemerkung:
Die folgende Edition folgt im Wesentlichen den AHF-Empfehlungen zur Edi-
tion frühneuzeitlicher Texte in ihrer Fassung von 2013137, weicht jedoch in
folgenden Einzelheiten von ihnen ab: N-Verdoppelungen werden dort, wo sie
in sprachlicher Hinsicht wirkungslos sind, getilgt; ansonsten bleibt der Konso-
nantenbestand erhalten. Die Interpunktion wird nur dort gegenwärtigen Ge-
pflogenheiten angeglichen, wo dies im Interesse eines besseren Verständnisses
unumgänglich erscheint. Im Druck nicht darstellbare Abbreviaturen (bei
Währungseinheiten) wurden aufgelöst und in eckige Klammern gesetzt; die
Seitenzahlen der archivalischen Textvorlage stehen in Spitzklammern.
137
http://www.heimatforschung-regensburg.de/280/1/E-Forum_AHF-Empfehlungen.pdf (24.01.
2017).
138
LASA, MD, H 22 I, Nr. 8, fol. 1-14 ad 1572 Oktober 3. Abschrift mit deutlichen Gebrauchs-
spuren, lt. Sichtvermerk durch eigenhändige Unterschrift wohl des D[ietrich]. von der Schulen-
burg zu 1607 Juli 4 auf dem Titelblatt sowie anhand des paläographischen Befundes wohl schlüs-
sig in diese Zeit datierbar. Heutigen Ansprüchen kaum noch genügender Abdruck eines von
wenigstens zwei damals noch vorliegenden Texten aus dem Archiv des Schwarzen Stammes
(ohne näheren Standortnachweis) bei Riedel, CDB, A VI, S. 303-311 mit zahlreichen durch
Striche angedeuteten Kürzungen; die eigentliche Kirchenordnung von dort unter Hinzufügung
einer eigenen Abschnittszählung und vielfach textlicher „Glättung“ übernommen durch Emil
Sehling (Hrg.), Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts, Bd. III, Leipzig 1909,
S. 148-150.
77
Wurde sich aber befinden, das von nöhten sein woldte, auch den dritten
Gerichtstagk zu haldten, Soll den vettern, so anwesent, heimgestaldt sein,
denselben Montags nach Trium Regum anzustellen und zu haldten139.
Bey den Gerichtstagen sollen die anwesende Vettern oder io zum Wenigsten
einer selbst sitzen, darauff gutte achtung geben, das die Gerichte fein
ordendtlich gehaldten, Einem jeden was Pillich und Recht wiederfahren, und
keiner wieder recht zur unbilligkeit beschwert werden muege.
<fol. 2v>Wann dan auch vonnöhten, das ein sonderlicher Richter auch
Beysitzer und Schepfen140 zu den Gerichten verordnet werden, als haben sich
die Vettern von der Schulenburgk dahin verglichen, Das im anfange ein
bescheidener Mann etwan aus Salzwedell zum Richter bestaldt wuerde,
demselben mochte man eine Besoldung ungefehrlich vor einen Gerichts tagk
Zu haldten, Fünff oder Sechs tahler von den Gerichts oder ander gemeinen
gefellen vermachen, demselben soldten Sechs Schöpfen, als zwen Schöpfen aus
Betzendorff, zwen aus Apenburgk und Zwen Schultzen von den dörffern,
Jedes Parts einen, Zugeordnet sein, Dieser Richter und Schöpfen muesten den
von der Schulenburgk auff die Gerichte sonderlich beeidet sein, wie man sich
der form des Eydts mitteinander vergleichen kann.
139
1644 wurden als Gerichtstage der Montag nach Exaudi und der Montag nach Galli festgelegt
(Riedel, CDB, A VI, S. 303).
140
Schöffen.
141
Den Zusammenhang zwischen adeliger Gerichtshoheit und bäuerlicher Dienstpflicht sieht
auch Hartmut Harnisch (Ders., Bauern – Feudaladel – Städtebürgertum (…), Weimar 1980
(Abhandlungen zur Handels- und Sozialgeschichte, hrg. Von der Hansischen Arbeitsgemein-
78
Und weil denn kundt und offenbahr, das durch guhte Ordenung und Geseze
nicht alleine guhte richtigkeit in Polliceysachen erfolgen, Besondern auch die
gehorsamen und frommen bey ihren rechten geschüzt, gehandhapt und
erhaldten, die ungehorsamen aber dodurch zu gebürlichen gehorsamb
gebracht werden, Als haben sich alle von der Schulenburgk nachfolgender
artickell voreiniget und vorglichen, Und wollen, das dieselbige bey
ausgesetzter peen143 und unnachleßiger Straffe von Menniglichen, denen sie
als als Ihren underthanen Zugleich und Recht mechtig, sollen gehaldten und
alle uff und jede Gerichts tage offendtlich abgelesen werden, dornach sich ein
Jeder Zurichten haben muege, Nemblich
<fol. 3v> Es sollen Pillig alle die, so sich Christlich Nahmens rümen, für allen
dingen Das Jenige, was zum Reich Christi oder Gottes und seiner
Gerechtigkeit gehoret, Mitt fleiße suchen, Das Ist: Gottes wordt mit Lust und
Liebe hören, die heiligen hochwirdigen Sacramenta mitt aller Ehrerbietung
gerne und offte gebrauchen und Ihr ganzes Leben und wandel also anstellen,
das es mitt dem Göttlichen worte und christlichen Nahmen uber einstimme,
Wiederumb auch fliehen und meiden alles, was demselben Zu wieder ist, Und
solches alles aus wahrer Liebe und furcht Gottes, auch freywilligem Gemuehte
und gehorsamb, domit es keines Dräuwens, Straffens noch Zwanges bedurffe.
Aber man findet leider in aller Weldt das wiederspiel, das, obschon die leuhte
nichts oder ie gar wenig von Gottes wordt wißen und verstehen, gleichwoll
dasselbe zu lernen sich gahr nicht befleißigen, die heiligen Sacramenta
verseumen und verlaßen, als wan Gott und ihrer sehlen sehligkeit gar nichts
daranne
<fol. 4r> gelegen wehre, und gerahten also in wustes unartiges Viehisches
[leben]144, In Gottes lesterung, Unzucht und alles Ubel, und obwoll die
schaft der Historiker-Gesellschaft der Deutschen Demokratischen Republik, Bd. 20), S. 73 unter
Bezugnahme auf den entsprechenden Bericht des August von Haxthausen von 1830.
142
Hier und im Folgenden in der Bedeutung: „Jedermann bzw. ein Jeder“.
143
Von lat. „poena“ (Strafe); hier Strafzahlung im engeren Sinne.
144
Ergänzt nach Riedel, CDB, A VI, S. 304.
79
Prediger Gottes ernsten Zorn, zeitliche und ewige Pein und Straffe drewen
und aus Gottes wort verkündigen, Dieselbige aber darauff alsbaldt nicht
erfolget, So schlecht145 man solche Straff-Predigt, dreuung und warnung
sicherlich und vorechtlich in den windt, Derohalben wir uns als von Gott
geordneter Obrigkeit dieses Gerichts schuldig erkennen, ein Pilliches und
ernstes Einsehen zu haben, domit der verseumung des Gottlichen worts, der
hochwirdigen Sacramenta, Sunden und ergernussen gesteuret, und unser
Leuhte und Unterthanen in erkendtnus Gottes und aller Gottsehligkeit
unterrichtet werden,
Und nach dem es mit den Predigern und der Predigt also versehen und
bestaldt146, das nicht allein am Sontage /: wie gewohnlich :/ vormittage eine
Predigt gehalten werde, Besondern auch nach mittage die Hauptstucke
Christlicher Lehre nach dem Cathegismus Lutheri auffs
145
schlägt.
146
bestellt.
147
Bis 1644 wurden die Wochenpredigten offenbar wieder eingestellt; sie finden in der damals
überarbeiteten Gerichtsordnung jedenfalls keine Erwähnung mehr (Riedel, CDB, A VI, S. 304,
Anm.).
148
Wohl verschrieben für „namhafftiger“: So jedenfalls bei Riedel, CDB, A VI, S. 304.
80
auf dem Kirchhoffe eine waschmarckt149 anstellet, der sol allezeit, so offte ehr
Ubertrit, Zwen gulden zur Straffe in gemeinen Kasten150 geben.
Item da am Sontage oder an großen Festen, welche man pillich feyern, das ist,
mit heiligen wercken zubringen, Jemandts Erbeit fuernehmen werde, da soll
ein ackerman ein halben [Gulden], ein Cossat ein orts [Gulden] zu straff geben
in gemeinen Casten.
Weiln aber am Kirchen gehen gros vorhindernus bringt, das unter der Predigt
Bier undt Gebrandtwein verkaufft werden, So thun wir solches auch hiermit
ernstlich verbieten, do aber Zu solcher Zeit ein Krueger wurde Bier sellen151,
Soll ehr seinem Junckhern ein faß Bier oder drey tonnen Salzman152 verfallen
sein. Gleicher gestaldt so uff die Zeit Imandt Branttenwein sellen wurde,
sollen dieselben einen [Gulden] Straffe geben und der Wahren verlustig sein.
Wehr sich auch sonsten unter der
<fol. 5v> Predigt In den Krugk oder beim Brandtwein finden lest, der soll
einen halben [Gulden] in gemeinen Casten geben, So soll auch in den
gemeinen Marckten153 vor der Predigt kein Kram154 geöffnet sein; wurden aber
die Cramer dem nicht gehorsahmen, sollen sie einen tahler den gemeinen
gefellen155 vorfallen sein.
Zum andern, wan die Pfarhern befinden, das etzliche ihrer Pfarkinder zum
wenigsten nicht ein oder zwei mahl Im Jahr zur Beicht undt heiligen
Sacramenta gienge, die sollen Sie erstlich zum fleißigsten dorzu vermahnen
149
Plauderei (vgl. Jacob und Wilhelm Grimm, Deutsches Wörterbuch, Bd. 1-16, Leipzig 1851-1954
(im Folgenden abgek. „Dt. WB“), hier: Bd. 13, Sp. 2263).
150
Unter dem „Gemeinen Kasten“ verstand man seit der Wittenberger Reformation die zentrale
Kirchenkasse hauptsächlich zur Bestreitung von Aufgaben zur Armenpflege (im städtischen
Umfeld auch zum Unterhalt der Schulen und zur Besoldung der Kirchen- und Schulbediensteten).
Zur Institutionalisierung dieser Einrichtung: Tim Lorentzen, Johannes Bugenhagen als Reforma-
tor der öffentlichen Fürsorge, Tübingen 2008 (Spätmittelalter, Humanismus, Reformation, Bd.
44).
151
feilbieten, verkaufen (wie im Englischen).
152
Zum „Soltmann“ dem traditionellen Salzwedeler Bier: Arndt Eberhagen, Rekonstruktions-
versuche zum Brauwesen und zum Bier im mittel- und nachmittelalterlichen Salzwedel. In: 66.
Jahresbericht des Altmärkischen Vereins für vaterländische Geschichte zu Salzwedel, 1986, S. 76-
111, der sich S. 84 auf das Vorkommen der Bez. in der hier edierten Gerichtsordnung bezieht.
153
Bei Jahrmärkten, wie sie wenigsten für Apenburg mit dem durch das seitens der v. der
Schulenburg initiierte Marktprivileg von 1445 möglich geworden waren (Riedel, CDB, A V, S.
419-420, Nr. 222 ad 1445 April 25).
154
Kramladen.
155
Im Gegensatz zum kirchlichen Gemeinen Kasten ist hier die Gesamtgerichts-Kasse gemeint.
81
und Straffen, und do das bei Ihnen nicht früchte schaffe, Sollen sie es der
Obrigkeit vormelden, und soll ein Jeder seine Unterthanen straffen oder
desselben Gerichte vorweisen, Und soll ein solcher gar in der gemeine nicht
gelitten werden.
Zum dritten, weiln wir befunden, das unter unsern armen Leuhten, In unsern
dörffern fast hin und wieder große unordnung der Hochzeit undt Kindtteuffe
halben furfeldt, also das sich mennich arm Mann uber sein vermuegen
kostenn lesset, Derohalben
<fol. 6r> wir aus wohlgehabten Rahte und gutter bedacht ein einsehen
furgenommen, damit die arme Leuhte sich selbst nicht vorderben, Undt haben
uns drauff vorglichen, das kein Baur uber zwey, drey oder uffs hogste vier faß
Bier oder viertzehn tonnen zur Hochzeit haben solle, und do Jemandts
hieruber thadte und diesem nicht gehorsamb leisten woldte, So soll derselbige
den gemeinen gefellen drey thaler zur Straffe geben und verfallen sein, Undt
nach dem auch offendtlich befunden, das in unsern Gerichten allerlei unradt
der verlobnus halber vorfellet, also das menniger verzweiffelter Bube oder
leuhte betrieger lauffen kompt, freien einem armen Manne seine Tochter,
Schwester oder Magdt abe, damit sie ein wenigk geldes an sich bringen, und
nach geschenem Beilager die armen Weiber sizen laßen undt wieder davon
lauffen,
Uff den artickull, damit der Boßheit möchte gewert werden, haben wir
beschlossen, das keiner von unsern Underthanen Seiner Tochter, Schwester
oder Magdt einen lauffenden losen Buben verloben solle, Er wiße dann zuvor
<fol. 6v> guht bescheidt und solche kundtschafft, das er eigentlich wiße, wo
er daheim oder seine freundtschafft156 sitze, Oder ob er auch zuvor bereit ein
weib habe oder der gleichen.
Zudeme So soll auch nach altem gebrauch Braut und Breutgam drei mahel
Zuvor, Als Nemblich auff dem Sontage auffgebotten werden, ehe und zuvor
das Beylager geschicht. Es sollen auch dieselbige Unsere Underthanen
vorpflichtet sein, So er seine Tochter, Schwester oder Magdt verloben will, ein
ieder seinen Junckhern oder in dessen abwesen dem Pfarrhern zuvor
anzeigen, damit alle Dienge fein ordentlich zugehe[n] und der Buberey
gesteuret werde p.
Zum Vierdten befinden wir auch, das unter unsern Leutten fast eine große
unordnung mit der Kindtstauffen gehaldten werden, also, das etzliche ihre
156
Im 16. Jh. allg. in der Bedeutung von „Verwandtschaft“.
82
Kinder acht oder vierzehn tage undt noch lenger ungetaufft liegen laßen,
Daruber dan mennig armes Kindt vorseumet, Druff haben wir uns also
verglichen, das nun hinfuero kein Baur sein Kindt uber drey tage ungetaufft
solle liegen laßen157, und wehr hieruber thut und sein Kindt lenger ungetaufft
liegen ließe,
<fol. 7r> Soll dem gemeinen Kasten 3 [Taler] zur Straffe verfallen sein.
Item, Es soll auch keiner zu einer Kindtstauffe uber 2 tonnen Bier schencken
bei vormeidung eines thalers Zur Straffe in gemeinen Kasten, welche bruche
auch unnachleßig sollen genommen werden,
Zum Fünfften Sollen keine Zauberer oder Zeuberinnen, die sich Christallen
Kicken158, Wahrsagen[s] und Segens understunden, vorschwiegen werden,
Sondern die Pfarherr und Schulgesell uns den Junckhern anzeigen, die sollen
uffs herteste gestrafft und im Gerichte nicht gelitten werden, domit solchen
großen greuwel und Sunden gewehret werden muege.
Zum Sechsten, das grewliche fluchen, schweren und do Gottes Nahme mit
gelestert wurde, wie leider geschieht, soll ernstlich hiemit verbotten und
gentzlich abgeschaffet sein, undt die sich deßen nicht endthaldten, Sollen auch
fünff [Groschen] dem gemeinen Kasten geben, undt auch von der Obrigkeit
sonderlicher ernster straffe gewertigk sein p.
<fol. 7v> Zum Siebenden, Soll auch das unzuchtige leben und wesen
ernstlich verbotten sein, kein gemeine weib159 geduldet, auch die unehelich
zusahmen liegen, durch die Schultzen dem Junckhern vormeldet werden, die
wollen dieselben mit ernste Straffen, auch aus den Gerichten weisen, und do
einer eine Magdt wurde schwechen160 oder unehren, derselbige Soll zu den
gemeinen gefellen Zwanzig gulden Straffe geben und die Magdt, so sich lest
Zufalle bringen, zehen gulden.
157
Die mecklenburgische Polizeiordnung von 1572 sah sogar eine nur eintägige Frist zwischen
Geburt und Taufe vor: „Der Dürchleuchtigen Hochgebornen Fürsten und Herren, Herrn Johans
Albrechts und Herrn Ulrichs gebrüdern Hertzogen zu Meckelnburgk, Fürsten zu Wenden, Grafen
zu Schwerin, Der Lande Rostock und Stargardt Herren Policey und Landtordenunge; auffs newe
ubersehen, vermehret und mit ihrer Fürstlichen gnaden Underthanen und Stende rath und
bewilligung ... Publicirt und ausgangen“, Rostock 1572, S. 111 (Digitalisat der Bayerischen
Staatsbibliothek München; http://nbn-resolving.de/urn/resolver.pl?urn=urn:nbn:de:bvb:12-
bsb00037975-1 [25.01.2017]).
158
Kristallen-Kiker: Leute, die aus einer Kristallkugel oder einem Prisma wahrsagen
(Schiller/Lübben II, S. 571-572).
159
Prostituierte (Dt. WB, Bd. 4.1, Teil II, Sp. 3174-3175).
160
schwängern.
83
Zum Achten, Damit ein fleißiges auffsehen geschehe auff die Ungehorsamen,
und die Straffen auch treulichen eingebracht werden, So soll zu den aldter
leuhten161 noch einer von der Gemeine darzu erwehldt werden, die neben und
mit dehnen hieruff fleißige achtung geben undt die Straffe einfodern von den
Ubertretern, und dieselbigen in den gemeinen Kasten legen, Do auch etlich die
Straffe nicht woldten erlegen, alsdan sollen sie dieselbigen stades vor Gerichte,
wan die gehaldten werden, vormelden. So sollens die also einbringen und
doZu auch vom Gerichte gebueßet werden.
<fol. 8r> Zum Neunden, So auch aldter Leuhtte und derselbige, so von der
gemeine, Bruckfelligk[e]162 wurde nicht foddern163 oder das verschweigen, so
sollen die auch fünff groschen in den gemeinen Kasten legen, und auch von
der Obrigkeit, so offte sich solches begibt, gestrafft werden,
Zum Zehnden, Sollen auch die Kirchhöffe vermacht164 werden, das kein Viehe
druff kommen kann, und so offt das Viehe druff befunden, Soll derselbige, dem
es gehöret, fünff [Groschen] in gemeinen Casten legen,
Zum Eilfften, Sollen Zu vorstehern der Kirchen oder aldter Leuhten guhtte
fromme Leuhte erwehlet werden, und die dozu duchtig und fleißig, sollen alle
Jahr nicht abgesezt werden, sondern ein Zeitlang dobei bleiben, Sie sollen auch
Jerlich den Junckhern, den Pfarhern und Schulzen, auch zwene von der
Gemeine, Von Einnahme und Außgabe Rechenschafft thun, vermuege der
Churf[ürstlichen] Ordnunge165, und die in der Kirchen schuldig sein, Sollen
dasselbe, so offt man rechnet, vierzehen tage hernach der Kirchen zahlen,
Oder von den Junckhern, der die Pfarr Zuverliehen hatt166,
161
Kirchenvorsteher (vgl. mnd. ‚olderman‘ bei Schiller/Lübben III, S. 223); siehe auch die
selbsterklärende Formulierung unten in Abschnitt 11.
162
straffällig im Sinne des mnd. brokhaftig (Schiller/Lübben I, S. 430).
163
fordern; hier im Sinne von „zur Zahlung der verhängten Bußgelder anhalten“.
164
eingehegt.
165
Die bei Sehling, wie Anm. 138, S. 16 lediglich knapp angesprochene Visitationsinstruktion von
1558 (Ordnung vnnd satzung / so des Durchleuchtigsten hochgeborn F[ue]rsten vnnd Herrn /
HErrn Joachims Marggraffen zu Brandenburgk / des Heiligen R[oe]mischen Reichs
Ertzkammerers / vnd Churf[ue]rsten etc. vnsers gnedigsten Herrn vorordente Visitatores, den
Patronen / Pfarrern / Gotshaußleuten / vnd Gemeinden / der D[oe]rffer inn S. Churf: G. Landen
vnnd Churf[ue]rstenthumb der Marcke zu Brandenburg / sich darnach inn Geistlichen sachen
zurichten / gemacht / auffgerichtet vnd vbergeben / [Ged]r[ue]ckt zu Franckfurt an der
Oder/durch Johan Eichorn/ ANNO || M. D. LVIII (Digitalisat der Staatsbibliothek Berlin
(http://digital.staatsbibliothek-berlin.de/werkansicht/?PPN=PPN793131499 [24.01.2017]))
enthält in Kap. 20 eben diese Bestimmungen.
166
dem Inhaber des Kirchenpatronats.
84
Zum Letztten, Wann an den Pfarn, Kirchen und Custereyen zu bawen nöttig,
Sollen die acker leuhte mit der fuhre, deßgleichen die Cossaten mit der handt
arbeit dazu helffen, und welcher sich deßen wirt weygern, wens ihnen von
den Junckhern und Schulzen wirt angesagtt, So soll der ackerman den
Gemeinen Casten einen halben und der Coßat ein orts [Gulden] geben, und
der gemeine eine Tonne Bier vorfallen sein,
Desgleichen sollen sie auch derselbigen Straffe verfallen sein, wan sie zu
gemeinen wegen
<fol. 9r> nicht helffen werden, wens Ihnen angekundigt wirtt, Es sollen aber
die Pfarhern die Pfarrheuser Inn gutten Tachen und fachen haldten.
<fol. 9v>
Ordenunge der Gerichts
Straffen und wie es solle
gehalten werden bey
dehnen von der
Schulenburgk
Anfenglich sollen die Schultzen in den Dörffern alle Sontage nach der Predigt
vor dem Kirchhoffe, da dan ein Jeder Nachbar unausbleiblicher bey Straffe
Sechs Schill[ing] sein solle und wrögen168, was sich wochen uber in dem Dorffe
oder Gerichte habe zugetragen, Undt folgents alle woche dieselbe wrögen, wie
sie nach vorZeichnet, Ob sie Jemandt vorbrochen, dem Pfarhern doselbst
vorZeichnen laßen, und auff iedem Gerichts tage dieselbe einbringen. Wurde
aber einige wröge verschwiegen oder nicht gezahlet oder gethaen uber Eyde
und Pflichte, Soll der Jehnige der Herschafft unnachleßig einen halben
[Wispel] habern Zu straffe geben p.
167
Rückstände.
168
mnd. „rügen“ (als verbale Form) im Sinne von „zur Anzeige bringen“; entsprechend auch das
Substantiv (siehe unten) (Schiller/Lübben V, S.782-783).
85
Wenn einer Zu den Gerichten Zu rechter Zeit nicht kumpt, Soll zu Straff geben
1 thaler,
Es soll niemandts Hausleuhtte169 zu sich ohne der Junckhern vorwißen und
vorleube, vor Zwein [Gulden] straffe in die Gemeine gefelle, und der Gemeine
im Dorffe dorinnen sie genommen worden,
<fol. 10r> einen halben [Gulden], einnehmen, Eß sollen auch die hausleuhte
gleich andern Cosaten den halben dienst thun.
Soll hinfuro kein Kuehirte einige Barten170 ins Holz nehmen, do er doruber
begriffen, Soll er dem Vogdte einen halben [Gulden] straff geben und der
Barten vorlustig sein,
Sollen verdechtige Feurstetten171 auff den Mittwochen und Donnerstagk in
den Pfingsten, desgleichen Mittwochens und Donnerstags nach Martini
besichtiget werden, und wo die befunden, sollen enzwei geschlagen, auch soll
derselbe, bei dehme sie befunden worden, in die gemeine gefelle einen Tahler
Zur straffe geben.
Wo Jemandt befunden, dehr die Zeune einreisen oder in garten steigen wurde,
Soll in die gemeine gefelle 2 [Gulden], so offt er ubertretten wirt, Zur Straffe
geben.
Soll niemandt von Hausleuhten holz aus den gehölzen hawen und tragen, So
offt einer daruber befunden, sol den Vogdten einen halben [Gulden] Pfandt
geldt geben.
<fol. 10v> Soll sich niemandt an den vorsatzten Weiden vorgreiffen,
dieselben abhauwen oder uffziehen bei 3 [Gulden] straffe in der Gemeine
gefelle172.
169
Hier in der Bedeutung von Häuslern, d.h. Bewohnern vermieteter Häuser ohne Landbesitz
oder auch Einliegern. Zum numerischen Anwachsen dieser unterbäuerlichen Gruppe in der
zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts u.a. in der südlichen Altmark vgl. Harnisch, Bauern, wie
Anm. 141, S. 35-37.
170
Barde = mndt. Beil (Schiller/Lübben I, S. 152). Das Mitnahmeverbot erfolgte, um heimliches
bzw. unbefugtes Holzhauen zu unterbinden. Es findet sich in zahlreichen landesherrlichen
Forstordnungen der Zeit.
171
Hier im Sinne von „Feuerstellen“. Die jährlich zweimal stattfindende Feuerschau trug der
Tatsache Rechnung, dass schadhafte Feuerstellen und Rauchabzüge allzuhäufig zu Brandkatas-
trophen führten, denen ganze Dorfschaften und Flecken zum Opfer fielen.
172
Die Bedeutung von Weidenruten jeder Länge und Dicke war enorm: Sie wurden nicht nur im
Rahmen der Korbmacherei benötigt, sondern spielten auch beim Hausbau (als tragendes und
damit unverzichtbares Gerüst bei Gefachfüllungen) sowie als Rohmaterial für alle Arten von
Flechtzäunen eine herausragende Rolle. Aus diesem Grunde wurden Weiden gezielt kultiviert
und geschützt. Hierzu demnächst Bernd-Wilhelm Linnemeier, Vom „Weistum“ zur „Holzord-
nung“ – Lenkungskonzepte zur schaumburgischen Waldnutzung als Zeugnisse obrigkeitlicher
Ordnungsvorstellungen im 16. und 17. Jahrhundert. In: 1615 - Recht und Ordnung in Schaum-
burg (Schaumburger Studien Bd. 74, im Druck).
86
Sollen die hirten und Schepfer173 das Viehe warten, das sie damit den
Junckhern und Leuhten auff Ihrer sahedt, wische oder gehege keinen schaden
thun, und do Jemandts druff befunden oder gesehen wirdt, Soll dem Vogdte so
Ihnen befindet oder antrifft einen halben [Gulden] Zu Pfandtgelde Und
dehme, welchen das Korn, wischen oder gehege gehörtt, einen thaler geben,
Und do auch befunden wurde, das schaden geschehen, den sollen sie wie
dieselbe durch die Schultzen und geschworene gewirdert174 wirt, geldten p.
Auch soll niemandt [auff den loden175 hüten, und do Jmant dorauff befunden
wurde, soll in die gemeine gefelle vier gulden zuer straffe und den Voigten Ihr
Pfandt gelt geben]176
Sollen die, so in Spickern177 wohnen, gleich anderen Hausleuhten dienen, Es
wehren dan aldte vorlebete Leuhte, die unvormuegens halber nicht dienen
konten p.
<fol. 11r> Sollen ein Jede Dorffschafft nach gelegenheit des Dorffs etzliche
ledern Eymer, Leddern und feur Haken zwischen diesem und dem nehisten
Gerichtte zeugen, Do aber demselbigen von Ihnen nicht nachgesezt wurde,
Sollen dieselben von Dehnen es vorblieben wirdt, in die gemeine gefelle 5
[Gulden] weniger oder mehr nach gelegenheit des dorffs und der vettern
erkendtnus zur Straffe und den Mennern eine tonne Bier geben.
Soll niemandts dem andern abePfluegen, wehr aber solches thut, Soll in der
Gemeine gefelle einen Tahler Zur Straffe und den Mennern eine Tonne Bier
geben.
Soll niemandt in den Gerichten schießen gehen oder hasen Kuhren178, wer
daruber befunden, Soll in der gemeine funff gulden Straffe geben, und
Zugleich der Bucksen179 verlustig sein p.
Sollen die Leuhte die wischen in den Gerichten, so an und in den hölzern
liegen, alle
173
Schäfer.
174
Von amts wegen bewertet/geschätzt (Dt. WB, Bd. 13, Sp. 1988 unter „wardiren“ (auch:
„wirdern“ bzw. „würdern“)). Der Terminus tritt in den Rechnungen der kurmärkischen Stände
bereits um 1540 mehrfach in Erscheinung (Walter Friedensburg (Hrg.), Kurmärkische Stände-
akten aus der Regierungszeit Kurfürst Joachims II., Bd. 2, München/Leipzig 1916, S. 638 ad 1540:
„Was in der landsteur durch die geschigten des churfursten mit der wirderunge der gutter
vorthan...“.
175
Anpflanzungen von Jungbäumen bzw. Baumschösslingen, die durch Viehverbiss ruiniert
worden wären. (zur Bedeutung des Wortes siehe Schiller/ Lübben II, S. 713).
176
Ergänzt nach dem Abdruck bei Riedel, CDB, A VI, S. 308.
177
Speichern.
178
auflauern, nachstellen im jagdlichen Sinne (Schiller/Lübben II, S. 602-603 mit Beleg aus
Braunschweig 1425: „neyn unser borger schal hasen kuren“).
179
Büchse.
87
<fol. 11v> begraben180 und hinfuero nicht mit holze bewircken181, auch die
gruben in esse haldten und weiter in die hölze nicht eingraben, dan wie Ihnen
vermahlet und abgestochen worden, Welcher unter den Leuhten solches nicht
haldten wurde, der soll von den gemeinen gefellen, in welches theilung ehr ist,
So offt hie wieder gelebt, eingelegt werden, Soll auch solch ein Lager haldten,
Biß so lange der Vorbrecher die gruben wieder gemacht, wurde der aber solch
ein Lager nicht haldten, Soll ehr allemahel 5 [Gulden] zur straffe geben p.
Do auch einer Beume auff den wischen abehauwen oder beschedigen wurde,
der soll dafuer gebuerlichen abtragk machen.
Wenn sich Ihrer Zwene Reufen, Soll der anheber Zu Straffe geben einen
Tahler p.
Wenn sich zwen Blutrünsten, zur Straffe sollen sie geben 2 [Gulden]
Wenn sich Ihrer ezliche vor Diebe, Schelmen
<fol. 12r> und sonsten scheldten, aber nicht bewiesen können, Sollen Zur
Straffe geben 1 [Gulden],
Soll es auch also mit den Frawen, Megden und leddigen gesellen gehaldten
werden.
Wenn einer den andern in seiner behausung bewaldtiget und einfallen
wurde182, Soll seine Straffe Zehn Tahler sein p.
So einer dem andern vor wegelagert auff der Straßen oder im felde uberfellet,
Zur Straffe soll er geben Zehen tahler.
Soll in keinem Gerichte von geschehenen Erbfellen ohne vorwißen der
herschafft Erbtheilung gehaldten werden, es sey dan, das die herschafft dozu
ordnen, domit die unmundigen Kinder oder Auslendische nicht verkurtzet
muchte werden, und die Junckhern als obrister Vormundt nicht davon
angefochten, auch Ihre geburlichen Abschoß183 davon bekommen möchten,
Bey Straffe zugeben 5 Tahler.
Wann einer in gehegen oder verbottenen
<fol. 12v> waßern fischet184, Zur Straffe 2 [Taler];
Wann einer mehr Schweine, dann ehr beschrieben leßet, im Mast Jagdt, Soll
ehr der Schweine verfallen sein p.
180
mit Gräben umziehen.
181
Und zwar zur Holzersparnis; eine häufig wiederkehrende Bestimmung landesherrlicher Holz-
ordnungen des 16. Jhs.. Zum gesamten Themenkomplex unter besonderer Berücksichtigung der
1572 erlassenen Holzordnung des Grafen Otto IV. von Schaumburg demnächst: Linnemeier, wie
Anm.172.
182
Gemeint ist hier der Rechtsverstoß des Hausfriedensbruchs.
183
Abschoss: Abgabe auf Vermögenswerte, darunter auch Erbschaften bzw. Erbanteile, die aus
dem Land bzw. Hoheitsgebiet gehen (Deutsches Rechtswörterbuch, wie Anm. 120, Bd. I, Sp. 264).
184
Unbefugtes Fischen und Krebsen wird bereits im Rahmen des Burgfriedens von 1531 erwähnt
(Riedel, CDB, A VI, S. 268).
88
Wann einer Eckern wurde lesen, Zur Straffe einen tahler, und die Eckern
zusambt den Sacke verliehren,
Wenn einer der Herrschafft die vorwirckte Straffe von einem Gerichtstage
Zum andern nicht giebet, Soll derselbe die Straffe gedubbeldt geben.
Wann einer ohne vorwißen der Gerichte selber Pfanden wurde, das Ihme
nicht erlaubet oder Rechtlichen ausgeclaget und die Pfande wegkfuehren
wurde mit gewaldt, der Soll zur Straffe geben 4 [Taler].
Wann einer Pfandtwegerung thut, Soll Zur Straffe geben 3 Tahler.
Do sich Jemandts vor Gerichte mit worten ungepuerlich hieldte oder den
andern liegen Straffen wurde, Soll zur wette 6 [Groschen] geben.
<fol. 13r> Die große verwürckung von howen, stechen, kannen werffen und
dergleichen185, weil man nicht weis wie es gerahten, wil die herschafft die Zu
Straffen fur behaldten haben.
Als denn sich auch befindet, Das unsere arme Underthanen und Leuhte die
Jehnigen von dehnen [ihnen] durch dieberey, Mordt, Todtschlag oder
dergleichen Straffe wirdig[e] handlung beschwerung Zugefueget worden, aus
unvormögen offte nicht verfolgen und sich Rechts an Ihnen erholen konnen,
Dardurch dann die Übeltahdter offte und Vielmals ungestrafft Pleiben, Und
aber dennoch die hochgste Notturfft erfoddert, das die bösen Buben derwegen
nicht gestercket, Besondern nichts desto weniger Zu gebuerlicher Straffe
gebracht werden,
Demnach so verordnen, Sezen und Wollen wir, das hinfuero, wann sich in
unsern Gerichten Oberzelte Mißhandlungen und derogleichen Straffliche
Tahdten begeben und Zutruegen, und das ganze Gerichte in beide unsern
Heusern darzu thun und erleggen, Undt
<fol. 13v> die Burden des Unkostens Zugleich tragen sollen, das also
gleichwoll die Iustitia erhaldten und die Vorbrecher der armen Leuhte
unvormuegens halber ungestrafft nicht bleiben durffen, und domit solches
desto schleuniger ins Wergk gerichtet, Soll ein Ackerman stedts Zu dero
behueff und Itzo alßbaldt ein schilling und der Coßatt ein halben schilling
auszahlen und darleggen,
Welches geldt nirgendts anders hin, dan wie obgemeldt soll gebrauchet
werden186, Also soll auch ein Dorff dem andern, wen es ersucht, Im Nachjagen
die huelffliche handt reichen, do aber ein Dorffschafft ersucht wurde und sich
185
d.h. der Bereich der Gewaltdelikte.
186
Also gewissermaßen als „Kriminaljustiz-Fond“, aus dem man die Ermittlungs- und Verfahrens-
kosten außerhalb des eigenen Hoheitsgebietes zu bestreiten dachte.
89
der NachJagdt187 weigere, Soll dasselbe den Vettern Zehn Tahler Straffe geben,
Wuerde aber ein enzeln Paur sich deßen weigern, Soll er ein tahler geben p.
In allen diesen Straffen Soll niemandts nichts erlaßen werden, Wehre aber an
Gelde unvermuegenheit halber nicht konte gestrafft werden, Soll mit dem
Gefengknus undt am Leibe nach gelegenheit d[er] verwirckung und uff
guhtachten der vettern bueßen p.
Das diese Punct und articul Stede, Vehste und unvorbrech[lich] sollen
gehaldt[en] werd[en], haben wir Gevettern und Bruedere von der
Schulenburgk, als nemblich Christoffer Probst zu Dißdorff, George und Frize,
Albrechts se[ligen] Söhne188, Jacob, Matthias und Daniel, Matthias se[ligen]
Söhne189, Levin, ThumbProbst, und Christoffer, Thumbherr zu Havelberge,
Berndt, Ludolff, Dauidt, Joachim, Johans, George undt Joachim, Christoffers
S[eligen] Söhne190, Wedige und Joachim, Frizens se[ligen] Söhne191, Buße,
Caspar, Frize und Hans, Hanses se[ligen] Söhne192, Tonnies, Christoffs
se[ligen] Sohne193, Heinrich, Christoff und Burchardt, Frizens se[ligen]
Söhne194, alle des Aldten Parts, Undt dann Joachim, Richards se[ligen] Sohn,
Dietterich, Churdts se[ligen] Sohne, Albrecht, George, Werner, Heuptman der
aldten Marcke, Dietterich undt Berndt, Levins se[ligen] Söhne, George,
Werner und Christoff, Hanses se[ligen] Söhne, Und Christoff, Hans und
Heinrich vor uns und unsere Erben p. dieselben mit Unsern angeborenen
Pizschaffte vorsiegeldt, Geschehen zu Bezendorff Im Jahr nach der heilsahmen
Gebuert Christi unsers einigen Erlösers und allein Sehligmachers Tausent
Fünffhundert und Zwey und Siebenzigsten, Freytags nach Michaelis
Archangeli p.
187
Unter „Nachjagd“ verstand man die gemeinsame Verfolgung eines flüchtigen Straftäters (=
niederdeutsch „Naojagd“ bei Johann Friedrich Danneil, Wörterbuch der altmärkisch-plattdeut-
schen Mundart, Salzwedel 1859, S. 144).
188
d.h. die Söhne Albrechts III. (Nr.155).
189
d.h. die Söhne Matthias III. (Nr. 181).
190
d.h. die Söhne Christophs III. (Nr. 170).
191
d.h. die Söhne Fritz‘ VI. auf Beetzendorf (Nr. 157).
192
d.h. die Söhne Hans‘ VIII. (Nr. 165).
193
d.h. Anton, der Sohn Christophs II. (Nr. 166).
194
d.h. die Söhne Fritz‘ VII. auf Brome (Nr. 177).
91
Am Ende des 15. Jahrhunderts bestanden in Brome neben der Burg Brome
noch weitere drei Lehenshöfe (Freihöfe), die vermutlich alle an der Südseite
der heutigen Hauptstraße lagen. Insgesamt sind nur wenige Informationen
über diese drei Lehenshöfe überliefert. Am 28. Oktober 1458 wurde
beurkundet, dass der damals wüste Freihof, der einmal denen von Hanow
gehörte, von dem damaligen Besitzer Henning von Bodendiek an Fritz IV. von
der Schulenburg wiederkäuflich verkauft wurde. Zum Hof dazu gehörte noch
die Mühle im benachbarten Steimke, ein Hof „auf der Ohre in Steimke“ sowie
die halbe Wüste Plessau, die sich ebenfalls in der heutigen Steimker Feldmark
befindet. Der Hof selbst war wüst und befand sich „by dem Vorwerke vor der
Borch darsüluest to Brome“1. Fritz IV. von der Schulenburg war der älteste
Sohn von Busso I. aus dem älteren Hauptzweig der weißen Linie. Zwischen
1488 und 1499 war er Landeshauptmann der Altmark2. Nach dem Kauf des
Hofes in Brome 1458 wird er endgültig am 7. Juli 1493 mit diesem belehnt3.
Am 2. August 1516 wird dann Albrecht von der Schulenburg, Sohn Fritz IV.
von der Schulenburg, zusammen mit seinen Brüdern Antonius, Fritz und
Jasper mit den oben genannten Bromer Gütern des inzwischen verstorbenen
Vaters belehnt4. In den folgenden Jahren muss zumindest die Mühle zu
Steimke in den Besitz von Fritz VII. von der Schulenburg übergegangen sein,
denn dieser verkauft die Roggenpacht aus der Steimker Mühle 1530 an das
Kloster Diesdorf.
1
Johann Dietrich Bödeker: Das Land Brome und der obere Vorsfelder Werder. Geschichte des
Raumes an Ohre, Drömling und Kleiner Aller. Braunschweig 1985, S.116.
2
Johann Friedrich Danneil: Das Geschlecht der von der Schulenburg, Salzwedel 1847, Bd. 1, S.
347ff.
3
Bödeker S.117.
4
HSTAH Hann. Celle Or. 30, Nr. 1196.
92
Von 1438 an waren das Schloss Brome und der Bleek Pfandbesitz der Stadt
Lüneburg. Diese verpfändete Schloss und Bleek dann ab 1451 an Günther von
Bartensleben für zehn Jahre. Dieser Vertrag wurde dann immer wieder verlän-
gert, bis er schließlich von der Stadt Lüneburg 1489 gekündigt wurde. Am 10.
August 1492 wurde Fritz V. von der Schulenburg durch Heinrich, dem Herzog
von Braunschweig und Lüneburg, mit der Burg Brome belehnt. Das Lehen
umfasste allerdings nicht nur die Burg selbst, sondern auch den Bleek davor
und dem Freihof darinnen, auf dem Krateke wohnte. Mit diesem Hof ist der
dritte Freihof in Brome gemeint. Das Patronat der Bromer Liebfrauenkirche
verblieb allerdings beim Landesfürsten. Fritz V. verpflichtete sich in diesem
Lehensvertrag dazu, die Burg auszubessern und auszubauen und sie für den
Herzog von Braunschweig und Lüneburg offen zu halten7.
Fritz V. von der Schulenburg, der 2. Sohn Bernhards VIII. aus dem mittleren
Hauptzweig der weißen Linie, war ein Ritter, wie es auch im erwähnten
Lehensvertrag festgehalten wurde. Er wurde wohl 1466 geboren und verstarb
wahrscheinlich 1505. Er wohnte in Beetzendorf und war mit Armgard,
Tochter des Ludolph von Alvensleben verheiratet8. Fritz V. scheint kein guter
Wirtschafter gewesen zu sein, denn bei seinem Tod waren alle Güter verpfän-
det. Seine Witwe litt große Not und bewirkte durch Kurfürst Joachim, dass sie
mit den Gütern des Mannes ausgestattet wurde, um für ihr Eingebrachtes sich
einigermaßen entschädigen zu können9.
Sein Sohn Fritz VII. von der Schulenburg, der erstmals 1518 im Beetzendorfer
Burgfrieden erwähnt wird, erbt, wahrscheinlich zusammen mit seinen Brü-
dern, das Schloss Brome sowie den Bleek und den darin befindlichen Hanow´-
schen Freihof. Er war vermählt mit Anna von Krammen, mit der er zehn
5
Bödeker S. 118.
6
Ebenda.
7
Ebenda, S. 120.
8
Danneil Bd. 2, S. 485ff.
9
Ebenda.
93
Kinder zeugte10. Ihre beiden Söhne Levin und Curt ertranken 1548 im Burg-
graben zu Brome.
Ebenso wie Vater Fritz V. war auch Fritz VII. von der Schulenburg wohl kein
guter Wirtschafter. Warum er in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten ist,
lässt sich den vorliegenden Quellen leider nicht entnehmen. Standen diese
Schwierigkeiten womöglich mit dem weiteren Ausbau der Burg Brome, den
sein Vater bereits begonnen hatte, in Zusammenhang? Leider wissen wir es
nicht. Bereits im Jahr 1529 vermachte er dem Kloster Diesdorf für „vertich gute
rinsche guldenn“ (vierzig gute rheinische Gulden) eine jährliche Roggen-
lieferung von neun Scheffeln. Als Pfand setzte der die Wiesen der wüsten
Dörfer Nettgau und Petzenow ein. In diesem Zusammenhang muss wohl auch
eine Auseinandersetzung zwischen Carsten Schulze aus Wendischbrome und
Fritz VII. von der Schulenburg gesehen werden. Carsten Schulze wurde näm-
lich 1492 mit einer Wiese des wüsten Dorfes Nettgau, die an der Ohre lag,
vom Herzog Heinrich zu Braunschweig und Lüneburg belehnt. Fritz VII. von
der Schulenburg ließ Carsten Schulze ins Gefängnis bringen, um ihm die
Wiese mit Gewalt wieder zu entreißen. Dieser weigerte sich jedoch und zahlte
sechs Goldgulden an Fritz VII., die dieser auch nicht wieder zurückbezahlt
hat. Die Wiese konnte Carsten Schulze behalten11.
Zwischen 1529 und 1548 hat Fritz VII. von Schulenburg das Dorf Nettgau
wieder besiedeln lassen, vermutlich auch deshalb, um mehr Einnahmen aus
dem wiederbesiedelten Dorf erzielen zu können.
Irgendwie muss auch die Steimker Mühle zwischen 1516 und 1530 in den
Besitz von Fritz VII. von der Schulenburg gekommen sein, denn er verkauft
1530 für 32 lübische Mark wiederverkäuflich eine Roggenpacht aus der Mühle
zu Steimke an der Kloster Diesdorf12. Im gleichen Jahr verkaufte er ebenfalls
an der Kloster Diesdorf Hebungen aus dem Dorfe Holzhausen (nördlich von
Diesdorf) wiederverkäuflich13.
Aber diese Verkäufe konnten den wirtschaftlichen Niedergang, dessen Grün-
de bisher unbekannt sind, nicht mehr aufhalten. Nettgau und auch Zicherie
verkaufte Fritz VII. noch 1548 an Georg von Wense und Dietrich Behr weiter.
Später kamen beide Dörfer dann an die von Bartensleben14. Auch seinen
10
Danneil Bd. 2, S. 519f.
11
HSTAH Hannover, Celle Br. 54, Nr. 38.
12
Adolph Friedrich Riedel: Codex diplomaticus Brandenburgensis, Bd. 22, S. 342.
13
Riedel Bd. 22, S. 339.
14
Danneil Bd. 1, S. 412.
94
Schließlich musste er an Weihnachten 1548 das Schloss Brome mit allen Besit-
zungen an Christoph von dem Knesebeck verkaufen. Ausgenommen von
diesem Verkauf waren die Dörfer Tülau, Nettgau und Croya sowie die Landtz-
mans Mühle im Tülauer Holz16. Doch auch dieser Verkauf reichte nicht aus,
um all seine Gläubiger zu befriedigen. Als Beispiel sei hier nur die Forderung
von Johann von der Assenburg gegenüber Fritz VII. von der Schulenburg
erwähnt. Johann wurde vom Hof zu Celle aufgefordert, auf seinen Forde-
rungen gegenüber Fritz VII. zu verzichten. Diesem stimmte Johann auch zu.
Zwölf Jahre zuvor, also 1540, hatte Johann von Assenburg für Fritz VII.
folgende Summen ausgelegt:
200 Thaler für zwei Pferde
50 Gulden in Münzen
23 ½ Gulden (vermutlich für Hopfen?)
128 ½ Goldgulden an Sander von Oberg überwiesen
84 ½ Gulden in Münzen auch an Sander von Oberg überwiesen
(die sich Fritz VII. dort geliehen hatte)
Insgesamt: 592 Gulden, 16 Schilling
An Zinsen sollten 6% pro Jahr bezahlt werden, so dass sich die Zinsen nach
12 Jahren auf 432 Gulden beliefen.
Des Weiteren hat Fritz VII. 1551 zwei Wispel Gersten für 16 Gulden bekom-
men, 50 Gulden in Münzen 1552 (darauf 6 Gulden Zins auf zwei Jahre), zwei
Wispel Roggen für 32 Gulden, sechs Scheffel Mehl für 4 Gulden usw. für
insgesamt noch einmal 242 Gulden. Insgesamt beliefen sich seine Schulden
mit den Zinsen 1552 auf 829 Gulden 7 Schilling (davon 438 Gulden Zinsen)17.
15
Danneil Bd. 1, S. 230.
16
HSTAH Hann. 70, Nr. 804.
17
HSTAH Celle Br. 61, Nr. 1089.
18
HSTAH Hann. 70, Nr. 902.
95
VII. bei Johann Bowischen in Holstein angehäuft hatte. Die Forderung belief
sich anscheinen auf 811 Thaler. Werner Haener verlangte die vorübergehende
Einweisung in das Gut Fahrenhorst, welche jedoch abgelehnt wurde19.
Auch nach dem Verkauf konnte Fritz VII. von der Schulenburg seine Ruhe in
Tülau nicht genießen, denn es kam zu einem Streit über die Nutzung der
wüsten Feldmark Schürnau, die zwischen Tülau und Zicherie liegt. Fritz VII.
von der Schulenburg argumentierte, dass diese Feldmark aus dem Besitz der
Burg Brome mit ausgeschieden sei und ihm gehörte. Christoph von dem
Knesebeck dagegen beharrte aus seinen Besitzansprüchen als Besitzer der
Burg Brome. Schließlich kam es erst nach dem Tod von Fritz VII., der wohl
1559 gestorben ist, im Jahr 1567 zu einem endgültigen Urteil, welches zu
Gunsten derer von Knesebeck ausfiel20.
Auch mit den Tülau Untertanen lebte Fritz VII. von der Schulenburg nicht im
Frieden. Nachdem Fritz VII. die Tülauer Teiche hat anlegen lassen,
beschwerten sich die Tülauer Bauern im Jahr 1556, dass sie für diesen Verlust
an Wiesenflächen nicht wie vorgesehen von Fritz VII. entschädigt wurden –
und bekamen vom Hof zu Celle auch Recht. Bei den Klagen der Tülauer
Bauern ging es aber nicht nur um die verlorengegangenen Wiesen, sondern
auch um die Mast im Tülauer Holz. Der Bromer Pastor vermittelte zwischen
den beiden Parteien und tatsächlich wurde auch ein Kompromiss über die
Zumessung von Ersatzflächen und über die Mastung im Tülauer Holz
getroffen. Jedoch hielt sich Fritz VII. nicht an diese Vereinbarung und der Hof
von Celle forderte ihn in einem Schreiben 1556 zur Einhaltung der Verein-
barung auf. Im Jahr 1558 wandte sich Fritz VII. dann mit der Bitte an die Räte
zu Celle, das Gut und Dorf Tülau verkaufen zu dürfen, weil er auf Grund der
zahlreichen Forderungen der Tülauer Bauern dort nicht leben könne. Diese
Genehmigung zum Verkauf wird ihm jedoch verwehrt auch mit dem Verweis,
dass er verpflichtet sei, den Bauern das Ihre zu geben, da er ihnen die Wiesen
früher genommen hatte. Über deren Verhalten könne er sich nicht beschwe-
ren, da sie arme Leute wären21. Fritz VII. von der Schulburg verstarb wohl
1559.
19
HSTAH Hann. 10. Nr. 1087/III.
20
HSTAH Hann. 70, Nr. 804.
21
HSTAH Celle Br. 61, Nr. 537 und 546.
96
Sein Sohn, Heinrich von der Schulenburg, erstellte im Jahr 1565 ein Ver-
zeichnis der Höfner und Köther für Tülau und Fahrenhorst. Darauf geht
hervor, dass Tülau bis 1555 aus sieben Höfnern und einem Köther bestand.
Der eine Hof wurde dann in zwei Köther-Stellen geteilt, so dass 1565 sechs
Höfner und drei Köther in Tülau lebten. In Fahrenhorst, das direkt neben dem
Hof derer von der Schulenburg lag, lebten 1565 damals drei Köther22.
Der Besitz von Fritz VII. von der Schulenburg hatte sich also bis zu seinem
Lebensende auf die Dörfer Tülau und Croya reduziert. Seine beiden Söhne
Heinrich VII. und Christoph VIII. von der Schulenburg lebten danach in
Tülau. Über den Tod der beiden Brüder schreibt Danneil, dass Heinrich VII.
am 11. Dezember 1613 kinderlos verstarb. Sein jüngerer Bruder Christoph
VIII. war nicht verheiratet und verstarb nur eine Woche nach seinem Bruder.
Beide wurden in der Altendorfer Kirche beerdigt23. Allerdings bietet hier der
noch immer in der Altendorfer Kirche rechts vor dem Altar vorhandene
Grabstein von Heinrich v. d. Schulenburg andere Informationen. Darauf steht:
ANNO 1613 DEN 18 DECEMB. IST DER EDLE GESTRENGE VND
ERNVESTE HEINRICH V.D. SCHULENBURGK FRITZEN S SOHN
IN GOT DEM HERN SELIGLICH [ENTSCHLA]FEN
Demnach ist Heinrich also am 18. Dezember 1613 verstorben und nicht wie
Danneil behauptet am 11. Dezember 1613. Leider ist der Grabstein für
Christoph v. d. Schulenburg nicht mehr in der Altendorfer Kirche vorhanden.
Ein weiterer Grabstein derer von der Schulenburg findet sich aber links neben
dem Altar in der Altendorfer Kirche. Darauf ist zu lesen:
ANNO 1621 DEN 5 APRIL IST DER EDLE GESTRENGE
[E]HRN[VES]TE [BU]RCH[AR]D V. D. SCHULENBURGK
FRITZEN S SOHN IN GOT DEM HERN SELIGLICH
ENTSCHLAFFEN
Leider sind einige Buchstaben des Vornamens unleserlich, aber dennoch muss
es sich bei dem dort Bestatteten eindeutig um Burchard von der Schulenburg
handeln! Zu Burchard von der Schulenburg schreibt Danneil, dass er der
jüngste Sohn von Fritz VII. war und zuletzt beim Verkauf von Hohen-
warsleben erscheint. Ein Todesjahr gibt Danneil nicht an24. Der Grabstein
belegt, dass er erst am 5. April 1621 gestorben ist, vermutlich auch in
Fahrenhorst. Allerdings war Fahrenhorst zu dieser Zeit bereits nicht mehr im
Besitz derer von der Schulenburg. Denn bereits im Jahr 1602 wurde Wilhelm
von Weyhe die Belehnung mit Tülau und Fahrenhorst vom Herzog Ernst von
22
HSTAH Celle Br. 61, Nr. 22 und Nr. 3.
23
Danneil Bd. 2, S. 522ff.
24
Danneil Bd. 2, S. 524.
97
Mit dem Tode Heinrichs am 18. Dezember war es dann soweit: Wilhelm von
der Weyhe konnte Tülau-Fahrenhorst nun als Lehen übernehmen. Hiervon
zeugt noch heute ein Gedenkstein auf dem Gut Fahrenhorst, auf der die
Inschrift „18. December 1613“ eingemeißelt ist. Dieser Stein belegt zusammen
mit dem Grabstein in der Altendorfer Kirche eindeutig, dass Heinrich tatsäch-
lich am 18. Dezember 1613 verstorben ist und nicht am 11. Dezember 1613,
wie Danneil behauptet.
Nicht geklärt werden kann allerdings heute, wo Burchard von der Schulen-
burg bis zu seinem Tode am 5. April 1621 gelebt hat. Vermutlich ist auch er
in Tülau-Fahrenhorst gestorben, denn ansonsten wäre er wohl nicht in der
Altendorfer Kirche beigesetzt worden.
25
HSTAH Celle Br. 46, Nr. 153.
98
Abb. 1 Grabstein Heinrich von der Schulenburg in der Kirche Altendorf (Foto: Jens
Winter, 2016)
99
Abb. 2 Grabstein Burchard von der Schulenburg in der Kirche Altendorf (Foto: Jens
Winter, 2016)
100
Abb. 3 Gedenkstein von Weyhe vom 18. Dezember 1613 (Foto: Detlev E. Deipenau,
2016)
101
„…das Gefühl, sich wehrhaft zu wissen, ist allzeit der Stolz freier Männer
gewesen.“1
I. Einleitung
Der Autor ist Re-enactor und stellt unter anderem einen Landwehrmann
jenes 1. Elb-Landwehrregiments in der Zeit von 1814-1815 dar. Um seine
Darstellung realitätsnah gestalten und einem interessierten Publikum nahe
bringen zu können, hat er sich mit der Geschichte dieser Formation intensiver
befasst. Die von ihm erarbeiteten Informationen werden im Nachfolgenden
zusammengetragen. Die Darstellung erhebt keinen Anspruch auf Vollständig-
keit, sondern gibt lediglich den aktuellen Wissensstand des Autors wieder.
II. Vorgeschichte
Im Herbst 1806 wurde die von vielen für unbesiegbar gehaltene preußische
Armee in der Doppelschlacht bei Jena und Auerstädt vernichtend geschlagen.
Damit war eindeutig belegt, wie unzulänglich sie gegenüber dem neuartigen
französischen Nationalheer Napoleon Bonapartes war. Der verlorenen
1
Pflug, Landwehrbuch, 149.
2
Vgl. hierzu die Herkunftsangaben in den Verlustlisten des Regiments, publiziert in
Gouvernements-Blatt Nro. 153, 1577-1590. Die zugrundeliegenden Stammlisten des Regiments
liegen dem Autor leider nicht vor.
102
Bei der Suche nach den Ursachen für das völlige Versagen des preußischen
Militärs, die schon im Herbst 1806 begann, stachen einige Umstände beson-
ders hervor. Hierzu gehörten der nicht mehr zeitgemäße „Geist der alten
Armee“ des Siebenjährigen Krieges, ein militärfachlich unzulängliches und
überaltertes Offizierskorps, mangelnde taktische Reformen angesichts neues-
ter Entwicklungen im Kriegswesen, eine auf geworbenen oder gepressten
Ausländern beruhende Kernarmee, übertrieben formaler Drill und ein ent-
würdigendes Strafsystem, um nur die wichtigsten Punkte zu nennen. Eine
Reform des Militärs und letztendlich des gesamten Staatswesens war unum-
gänglich.3
Durch Kabinettsorder vom 25. Juli 1807 setzte König Friedrich Wilhelm III
eine Militärreorganisationskommission, abgekürzt MRK, ein. In dieser ver-
sammelten sich die militärischen Reformkräfte des Landes, die jedoch vor-
läufig erst einmal mit den ebenfalls in der MRK vertretenen konservativen
Kräften um die Gunst des Königs wetteifern mussten.4 Die führenden Vertre-
ter der Reformbewegung in der MRK waren:
- Gerhard Johann David Scharnhorst (12.11.1755 – 28.06.1813)
- August Wilhelm Neidhardt von Gneisenau (27.10.1760 – 23.08.1831)
- Ludwig Leopold Hermann Gottlieb von Boyen (23.06.1771 –
5.2.1848)
- Carl Wilhelm Georg Grolmann (30.07.1777 – 15.09.1843)
Scharnhorst stellte die These auf, dass nur ein preußisches Volksheer in der
Lage wäre, den Kampf gegen die französischen Besatzer siegreich zu führen.
König Friedrich Wilhelm III. dagegen war jeder Gedanke an ein modernes
3
Eine gute zusammenfassende Darstellung der sozialen und militärischen Ursachen für den fast
vollständigen Zusammenbruch Preußens im Herbst 1806 liefert Nitschke, Militärreformen,
Abschnitt I, 10-40.
4
Zur wechselnden Zusammensetzung der MRK bis Dezember 1807 siehe: Nitschke,
Militärreformen, 51.
103
Im Pariser Vertrag vom 8. September 1808 gestand der Kaiser der Franzosen
Preußen nur noch ein Heer von 42.000 Mann zu und untersagte die Bildung
jeglicher Milizen.7 Damit war an die Aufstellung eines Volksheeres in Form
einer Landwehr überhaupt nicht mehr zu denken und die Pläne wurden
vorläufig aufgegeben. In den Köpfen der Reformer war das Konzept aber nicht
vergessen.
Am 24. Februar 1812 schloss Preußen in Paris ein Bündnis mit Napoleon I.
Es legte unter anderem fest, dass Friedrich Wilhelm III. dem Franzosenkaiser
20.000 Mann der preußischen Armee als Hilfstruppe für den geplanten
Feldzug gegen Russland zur Verfügung stellen musste. Dieses Hilfskorps, das
Korps des Generals Hans David von Yorck, setzte Napoleon 1812 als Teil der
Armee seines Marschalls Macdonald zur Flankendeckung im Baltikum ein. Es
5
Vgl. Nitschke, Militärreformen, 104, und die Gegenargumente der Militärreformer um
Scharnhorst, ibid, 107.
6
Vgl. Nitschke, Militärreformen, 14-15.
7
Nitschke, Militärreformen, 108.
8
Zum Krümpersystem und zum Aufwuchs im Frühjahr 1813 vgl. Nitschke, Militärreformen, 111-
112, bzw. 168.
104
ging deswegen nicht, wie die als Grande Armée berühmt gewordene Haupt-
armee, in den Kämpfen auf dem Vor- und Rückmarsch nach Moskau und im
russischen Winter unter. Am 30. Dezember 1812 sagte sich York in der
Konvention von Tauroggen de facto von Napoleons Kommando los. Er
erklärte sein noch intaktes Korps für neutral und verhandelte wohlwollend
mit den anrückenden Russen, allerdings ohne Autorisation durch seinen
König. Ironie der Geschichte: Das von Napoleon selbst eingeforderte Hilfs-
korps lieferte auf diese Weise die Initialzündung zum nun beginnenden Befrei-
ungskampf gegen ihn.
Nachdem General York Ende Dezember 1812 den Neutralitätspakt mit den
anrückenden Russen geschlossen hatte, trat am 5. Februar 1813 der ostpreu-
ßische Landtag unter Hinzuziehung der westpreußischen Kreise in Königs-
berg zusammen und beschloss unter anderem, abermals ohne jegliche Autori-
sation durch den König, die Aufstellung einer Landwehr von insgesamt 30.000
Mann.9
König Friedrich Wilhelm III. reagierte auf diese Vorgänge mit Empörung,
musste sich aber nach und nach dem Druck seiner Berater und vor allem
seines Volkes beugen. General Yorck, zunächst für abgesetzt erklärt, wurde
schon wenige Wochen später wieder in allen seinen Funktionen bestätigt. Der
König selbst autorisierte zunächst aber nur Freiwilligenregimenter, Jägerdeta-
chements und Freikorps. Einzelne Offiziere erhielten Patente zu deren Auf-
stellung, das bekannteste in preußischem Dienst stehende Freikorps wurde
das des Majors von Lützow.
Erst am 17. März 1813 sagte Friedrich Wilhelm III. sich endlich formal von
Napoleon los und erklärte Frankreich den Krieg.10 Unverzüglich wurden in
allen nicht mehr besetzten Provinzen Landwehren aufgestellt. Ihr typisches
Erscheinungsbild wurden die knielangen dunkelblauen Litewken, weiße Lei-
nenhosen und die heute als Landwehrmützen berühmten "Tuch-Tschakos".
Die Farbe von Kragen, Ärmelaufschlägen und Mützenbesatz richtete sich
nach der Provinz. Die nachstehende Liste zeigt die Farbvielfalt und gibt an,
wie viele Infanterie- und Kavallerie-Landwehreinheiten 1813 und 1814 in den
jeweiligen Landesteilen ausgehoben wurden.
9
Details hierzu liefern u.a. Pflug, Landwehrbuch, 5-10, und Nitschke, Militärreformen, 163-167.
10
An diesem Tag ergingen sowohl der Aufruf „An mein Volk“ als auch der Aufruf zur Bildung
von Landwehren.
105
grün
Westfälische Landwehr 5 / 19 1/6
(hellgrün)
11
Die Aufstellung eines vierten Regiments zu vier Bataillonen war Ende März 1814 verfügt
worden, wurde aber nach erfolgtem Friedensschluss von Paris widerrufen, vgl. Organisation der
Landwehr, 28. Dagegen wurde im Mai 1815 aus jeweils einem Bataillon der drei Elb-
Landwehrregimenter tatsächlich ein 4. Elb-Landwehrregiment zu drei Bataillonen geformt,
welches aber nach Luxemburg ging, vgl. von Borcke, Kriegerleben, 303. Die Zahlen für die Elb-
Landwehr in Pflug, Landwehrbuch, 105, sind in diesem Punkt falsch.
12
Vom Autor zusammengestellt aus den Daten, u.a. bei Pflug, Landwehrbuch, 15, 18 und 105.
Zur Korrektur der von Pflug gelieferten Zahlen für die Elb-Landwehr Infanterie von (4/16) auf
(3/12) siehe vorstehende Fußnote.
106
13
Vgl. hierzu u.a. Nitschke, Militärreformen, 199, Fußnote 78 und Pflug, Landwehrbuch, 20-21.
Demgegenüber fand die Ausrüstung der Elb-Landwehr unter deutlich günstigeren Vorzeichen
statt.
14
Beispielhaft genannt seien hierzu die wütenden Angriffe von Landwehreinheiten gegen
reguläre französische Einheiten in der sogenannten „Kolbenschlacht“ bei Hagelberg oder die
Bajonettattacke des Landwehrbataillons Thiele vom 14. Schlesischen Landwehrregiment gegen
sie umstellende französische Kavallerie in der Schlacht an der Katzbach am 26.08.1813, berichtet
in: Pflug, Landwehrbuch, 35-43 und 55.
107
Die Altmark, die sich nördlich an die Festung Magdeburg anschloss, und die
weiteren vormals preußischen Landesteile westlich der Elbe und am Rhein
konnten nach dem Abzug der Franzosen wieder von Preußen in Besitz
genommen werden. In den wiedergewonnenen Provinzen zwischen Elbe und
Weser wurde sogleich die Aufstellung einer Elb-Landwehr verfügt.
„Die Zahl der zu gestellenden Landwehr-Abtheilungen setzte das Militair-
Gouvernement am 2. Dezember [1813] auf 3 Regimenter Infanterie, von 4
Bataillonen, zu 800 Mann und 1 Regiment Kavallerie, von 3 Eskadrons, zu 72
Mann, fest, und vertheilte dieselbe ganz gleichmäßig auf die 3 Departements.
Bald jedoch wurde der Etat der Kavallerie auf 4 Eskadrons, zu 150 Mann,
erhöht, und wegen eingetretener Veränderungen in der Territorial-Eintheilung
des 1sten und 2ten Departements bestimmt, dass:
Das erste Departement 3 Bataillone, 2 Eskadrons,
Das zweite Departement 5 Bataillone, 1 Eskadron, und
Das dritte Departement 4 Bataillone, 1 Eskadron,
aufzubringen hätten.
Den Regimentern legte das Gouvernement den Namen " Elb-Landwehr-
Regimenter " bei, und bezeichnete die der Infanterie, je nach dem Departement,
in welchem sie errichtet waren, mit Nr. 1, 2 und 3.“16
Die Aufstellung des ersten Elb-Landwehrregiments erfolgte in der Altmark,
im neu geschaffenen ersten von drei Elb-Departements:
15
Pflug, Landwehrbuch, 103-104 und 113.
16
Organisation der Landwehr, 12. Auch wiedergegeben in: Von Borcke, Kriegerleben, Anhang
15, 384.
108
Der Etat eines jeden Regiments bestand aus 4 Bataillonen zu je 825 Mann und
einem Regimentsstab, insgesamt eine Stärke von über 3.300 Mann.19 Davon
mussten knapp 2500 von den drei altmärkischen Kreisen gestellt werden, dazu
weitere 300 Mann Kavallerie. Bei den zuvor genannten 157.000 Einwohnern
in den drei Kreisen mussten hierzu also fast 2% der Bevölkerung mobilisiert
werden. Einzig das 4. Bataillon des 1. Elb-Landwehrregiments wurde nicht
aus der Altmark, sondern aus den südlich von Magdeburg gelegenen Kreisen
Wanzleben und Calbe rekrutiert.20 Im Bericht über die „Organisation der
Landwehr zwischen Elbe und Weser“ heißt es:
17
Organisation der Landwehr, 6.
18
Organisation der Landwehr, 16.
19
Organisation der Landwehr, 16 führt die zu besetzenden Stellen innerhalb der Bataillone im
Detail auf.
20
Das 4. Bataillon wurde im Mai 1815 zur Bildung eines 4. Elb-Landwehrregiments abgegeben,
welches nach Luxemburg ging. Es hat den sogenannten Waterloo-Feldzug im Jahr 1815 nicht
aktiv mitgemacht.
109
„Auch der Mangel an kriegsfähiger Mannschaft ist sehr fühlbar, indem in den
Jahren der Fremdherrschaft eine dreimalige neue Aufstellung der
Westphälischen Armee stattgefunden hat, und allein nach dem Russischen
Feldzuge noch 4,400 Rekruten ausgehoben werden mußten. Die Jahrgänge
1789 bis 93 sind fast gänzlich durch die verschiedenen Konskriptionen
konsumirt.“21
Die neuerrichteten Landwehren des Jahres 1814 wurden nach dem refor-
mierten preußischen Manual gedrillt. Zur Unterweisung der Landwehr war
schon im März 1813 ein als „Krieges-Katechismus der Landwehr“ bezeich-
netes eigenes Regelwerk publiziert worden, das seinem Vorwort zufolge als
Praxis-Leitfaden an die Offiziere und Unteroffiziere verteilt werden sollte.23
Der Stand der Ausbildung war bei der 1814 in der Altmark aufgestellten
Formation trotz dessen eher gering, da sehr wenige gediente Soldaten und
erfahrene Führer und Unterführer vorhanden waren. Johann Friedrich Ernst
von Borcke aus Halle, der 1814 als Kompaniechef im 3. Bataillon angestellt
wurde, klagt in seinen Erinnerungen:
„Die nicht sehr zahlreichen Offiziere und Unteroffiziere der aufgelösten
westfälischen Regimenter fanden bei allen den neuen Formationen, die
zwischen Elbe und Rhein gleichzeitig begannen, Verwendung; die wenigen,
welche das Regiment erhielt, waren von dem Kommandeur, Oberstlieutenant
v. Bismarck, sehr ungleich an die vier zu errichtenden Bataillone vertheilt und
meiner Kompagnie nicht ein einziger gegeben worden. Als ich das Werk
begann, sah ich mich an der Spitze eines Haufens von 200 Menschen, denen
Alles außer dem guten Willen zum Soldaten fehlte.“24
Das erst im Februar aufgestellte Regiment wurde nur kurze Zeit später, Mitte
März, gemustert und sogleich für kriegstauglich erklärt. Entsprechend schrieb
von Borcke diesen Umstand weniger den tatsächlichen Fähigkeiten seiner
21
Organisation der Landwehr, 9.
22
Organisation der Landwehr, 16, und von Borcke, Kriegerleben, Anhang 16, 386.
23
Krieges-Katechismus für die Landwehr, 2.
24
Von Borcke, Kriegerleben, 294.
110
Landwehrmänner zu, als vielmehr dem vorab erklärten Willen der Regie-
rung.25
Mitte März war außerdem die Aufstellung von Reservebataillonen für die Elb-
Landwehrregimenter angeordnet worden. Das Ersatzbataillon für das 1. Regi-
ment, das ebenfalls 800 Mann betragen sollte, erhielt Stendal als Garnisonsort
zugewiesen.26
Uniform und Ausrüstung der Elb-Landwehr glichen derjenigen, die auch für
die Landwehren von 1813 verfügt war. Die Grundmontur bestand in einer
dunkelblauen Litewka mit Kragen und Ärmelaufschlägen in Provinzfarbe. Für
die Elb-Provinzen sah der regionale Farbcode jener Zeit die Farbe hellblau
vor.27 Diese Farbe wurde außerdem auf den dunkelblauen Tuchmützen für
Vorstöße und für ein Mützenband um die Stirn herum benutzt. Allerdings
wich man beim 3. Elb-Landwehrregiment davon ab.
„Die Uniform sollte in einer dunkelblauen Liteska mit hellblauem Kragen und
Aufschlägen bestehen. Nur das 3te Landwehr-Infanterie-Regiment erhielt
nach der Farbe des Fürstenthums Eichsfeld, als des größten Distrikts im 3ten
Departement, grüne Kragen und Aufschläge. Die drei Infanterie-Regimenter
erhielten beziehungsweise weiße, rothe oder gelbe, die Kavallerie weiße
Achselklappen. Die Knöpfe waren überall gelb.“28
Die Beschaffung der Ausrüstung für die Neuformationen konnte in geordne-
teren Bahnen erfolgen als noch im Frühsommer 1813 und es war weit weniger
Improvisation vonnöten. Entsprechend den Vorgaben wurden Kleidungs- und
Ausrüstungsgegenstände bataillonsweise zentral bei Lieferanten beauftragt.
„Für das 1ste Bataillon wurden fast sämmtlichen Gegenstände, als Litesken,
Hosen, Jacken, Mützen, Mäntel, etc. aus Berlin bezogen und auch für das 2te
und 3te Bataillon das Meiste von dorther entnommen. Nur weniges, unter
anderem aber das ganze Schuhzeug, ließ man in verschiedenen Orten der
Provinz anfertigen.“29
25
Von Borcke, Kriegerleben, 298.
26
Organisation der Landwehr, 27.
27
Das Elb-National-Infanterie-Regiment, 1814 zum 26. Linienregiment umbenannt und im
Feldzug von 1815 ebenfalls Teil der Brigade Krafft, sowie das Elb-National-Husarenregiment, die
im Juli, bzw. im November 1813 aus Freiwilligen aufgestellt worden waren, hatten ebenfalls
hellblaue Aufschläge und Kragen.
28
Organisation der Landwehr, 12.
29
Organisation der Landwehr, 17.
111
Man kann daher zumindest innerhalb der Bataillone von einem einheitlichen
Erscheinungsbild der Soldaten ausgehen. Die Hosen sollten aus grauem Woll-
tuch gefertigt werden, was aus einer Bemerkung hervorgeht, dass im Bereich
des 3. Elb-Landwehrregiments nicht genug davon lieferbar war und deshalb
Hosen aus blauem Tuch gefertigt werden mussten. Neben Litewka, Mütze und
Jacke, vermutlich einer „Ärmelweste“, erhielten die Soldaten aller Regimenter
noch Schuhe, Mäntel, Tornister, Koch- und Trinkgeschirre sowie Lederzeug.30
Durchgängig mit Wollhosen und Mänteln ausgestattet, konnten die neuen
Formationen auch in der kalten Jahreszeit eingesetzt werden.
Für die Bewaffnung der Landwehrmänner waren nicht überall genug brauch-
bare Waffen verfügbar. Während das dritte Regiment, das bereits im Januar
zusammentrat, von Anbeginn an einheitlich mit englischen Gewehren ausges-
tattet wurde, gab es in der Altmark erhebliche Mängel.
„Ein wesentlicher Übelstand war es, daß die Gewehre, welche das Regiment aus
den Depots zu Halberstadt und Stendal erhielt, mindestens 5 verschiedenen
Armeen angehört hatten. Es befanden sich darunter: Französische,
Österreichische, Englische, Schwedische und Preußische, und ein großer Theil
noch dazu in wenig brauchbarem Zustande. Das Gouvernement sah sich
deshalb veranlaßt, auf einen Umtausch zu denken, und schon Anfang April
bekam ein [sic!] Bataillon ganz neue Englische Gewehre.“31
Leider liegen dem Autor keine Zahlen über den Stand der Bewaffnung im
Feldzug vom Juni 1815 vor. Zu diesem Zeitpunkt dürften die meisten
Landwehren aber entweder mit englischen Brown Bess Musketen oder dem
neuen preußischen Gewehr von 1809 ausgestattet gewesen sein.
30
Organisation der Landwehr, 17, 19 und 22.
31
Organisation der Landwehr, 17.
112
Im Frühjahr traf allerorten die Nachricht ein, dass Napoleon seinem Exil auf
Elba entflohen und auf dem Marsch nach Paris sei. Am 3. April marschierte
die 1. Elb-Landwehr aus Sachsen ab, überquerte am 23. April bei Koblenz den
Rhein und marschiert in die südlichen Niederlande, heute Belgien. Im Raum
Namur-Lüttich einquartiert, kam das Regiment zur Blücherschen Armee. Es
wurde der 6. preußischen Brigade, Generalmajor Krafft, im zweiten Armee-
korps unter Generalmajor von Pirch I33 zugeteilt. Bald darauf verringerte man
alle drei Elb-Landwehrregimenter von vier auf drei Bataillone. Aus den
herausgelösten drei Bataillonen bildete man ein viertes Elb-Landwehrregi-
ment, das nach Luxemburg abmarschierte.34
32
Von Borcke, Kriegerleben, 302.
33
Die Brüder Generalmajor Georg Dubislav Ludwig von Pirch (1763-1838), Kommandeur des
zweiten Korps und Generalmajor Otto Karl Lorenz von Pirch (1765-1824), Kommandeur der
zweiten Brigade im ersten Korps der Blücherschen Armee werden in allen relevanten Werken zur
Unterscheidung als Pirch I und Pirch II gekennzeichnet.
34
Von Borcke, Kriegerleben, 303.
113
Vom 5.-11. Mai 1815 nahm das Regiment an Aktionen gegen meuternde
sächsische Einheiten innerhalb des Blücherschen Armeekorps teil und bezog
anschließend Quartiere im Raum Lüttich-Louven.
Am 15. Juni wurde das Regiment eilig gesammelt und marschierte die ganze
Nacht hindurch. In Sombreffe, wo Feldmarschall Blücher seine Armee zusam-
menzog, traf es erst am späten Vormittag des 16. Juni ein. Gegen Mittag bezog
die 1. Elb-Landwehr zusammen mit den anderen beiden Regimentern der
Brigade Krafft, dem 9. Infanterieregiment (Colberg) und dem 26. Infanterie-
regiment (ehemals Elb-Freiwilligenregiment) Aufstellung in der zweiten
Schlachtlinie, und zwar im Bereich zwischen Brye und Sombreffe, siehe die
nachstehende Kartenskizze.
In der Schlacht gelangte das Regiment erst spät zum Einsatz. Während das
zweite Bataillon schon eine Weile im Ort Ligny kämpfte, erhielten das erste
und dritte Bataillon erst gegen 19:00 Uhr den Befehl zum Vorgehen. Von
Borcke beschreibt in seinem Bericht, wie sein Bataillon von Brye aus auf den
35
Karte vom Autor gezeichnet nach Brügner/Kolbe „Ligny“ aus: Wagner, Pläne der Schlachten
und Treffen.
114
bereits seit dem Nachmittag heiß umkämpften Ort Ligny vorrückte und
alsbald unter Beschuss der französischen Artillerie geriet.
„Wir überschritten die Höhen, welche uns bisher gedeckt hatten, und wurden
bald, als wir das Dorf vor uns sahen und der Feind die frisch anrückenden
Truppen bemerkte, aus der französischen Artillerie-Aufstellung jenseits Ligny
beschossen. Vorläufig thaten uns die Kanonenkugeln aber noch keinen Schaden;
sie schlugen vor uns auf und rikochettirten über unsere Köpfe hinweg oder sie
rollten, und man wich ihnen aus. Inzwischen näherten wir uns dem Punkte des
Angriffs und kamen so mit ganz unbedeutenden Verlusten aus dem
Artilleriefeuer heraus.“36
Das dritte Bataillon des 1. Elb-Landwehrregiments befand sich auf dem linken
Flügel und rückt gegen den linken Teil Lignys vor. Von Borcke erhielt Befehl,
das dritte Glied des Bataillons zur Schützendivision zu formieren. Links vom
Ortsrand übernahmen seine Schützen die Flankendeckung am Ligny-Bach,
der an dieser Stelle glücklicherweise nicht passierbar war. Wie fast alle
preußischen Einheiten an diesem Tage verbissen sich die Elb-Landwehr-
männer in das Ortsgefecht mit den vorrückenden Franzosen. Links vom Ort
brach bei von Borckes Schützendivision die Ordnung schnell zusammen. Da
die Franzosen jedoch an dieser Stelle nicht vordringen konnten, gelang es von
Borcke, die Stellung bis zum Einbruch der Dunkelheit zu behaupten. Wie es
dem im Ort kämpfenden Gros des Regiments erging, kann er leider nicht
berichten. Wir wissen lediglich aus den Berichten anderer Regimenter, dass
dort mit äußerstem Einsatz um jedes Haus gefochten wurde.
„Von meinem Bataillon sah und hörte ich nichts mehr seit dem Augenblick
meiner Trennung von ihm; Befehle erhielt ich von keiner Seite, ich blieb also
ganz mir selbst überlassen, um so mehr, als ich in dem bedeckten Gelände keine
Umschau zu halten und nicht zu erkennen vermochte, wie es mit dem Angriff
auf Ligny und dem allgemeinen Stand der Schlacht bestellt war.“37
Leider ist dem Autor bisher kein detaillierter Bericht über die Gefechts-
handlungen der 1. Elb-Landwehr bekannt.38 Festzuhalten ist, dass die Kom-
mandeure des zweiten und des dritten Bataillons des 1. Elb-Landwehrregi-
ments, Major Ferdinand v. Schleicher und Major Thomas von Jagow, bei
Ligny gefallen sind. Da alle Bataillone im Ort Ligny selbst fochten, ist von
einem harten Einsatz auszugehen. Der Regimentskommandeur, Oberstleut-
36
Von Borcke, Kriegerleben, 307.
37
Von Borcke, Kriegerleben, 309.
38
Auch Wagner, Plane der Schlachten und Treffen, Heft 4, 43-44, gibt keine Details. Bei
Gelegenheit werde ich das „Tagebuch des 26. Infanterieregimentes“, des sogenannten
Elbregiments durchsehen, das sich zusammen mit dem 1. Elb-Landwehrregiment in der Brigade
Krafft befand, allerdings weiter rechts beim Dorf St. Amand eingesetzt war. Das Tagebuch findet
sich im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, I. HA Rep. 15 A, Nr. 370.
115
nant von Bismark, fiel noch am 20. Juni in den Kämpfen vor Namur gegen das
sich zurückziehende Korps unter Grouchy. Die Kämpfe bei Namur erscheinen
nutzlos, da der Sieg der Alliierten bereits sicher war. Man darf aber nicht
vergessen, dass der weitere Vormarsch nach Paris noch einige Kämpfe mehr
brachte. Doch zurück nach Ligny.
39
Pflug, Landwehrbuch, 135.
40
Zu den Gründen und Erklärungsversuchen hierfür siehe beispielhaft die zeitlich recht nahe am
Geschehen liegende Darstellung in: Wagner, Pläne der Schlachten und Treffen, Heft 4, 23-25.
41
Vgl. hierzu die beißende Kritik an Thielemann in Pflug, Landwehrbuch, 134.
116
das II. Korps Pirch I die Hauptlast der Kämpfe weitgehend allein. Zudem hatte
das Ziethensche Korps schon die Rückzugsgefechte des Vortages geführt.
Noch schlimmer: Das plötzlich an der rechten preußischen Flanke auftau-
chende französische Korps d' Erlon hätte die Schlacht und vielleicht den
ganzen Feldzug an diesem Tag entscheiden können. Hätte es die rechte Flanke
der Preußen umgangen, wäre Ligny kaum mehr zu halten gewesen und auch
der nachfolgende Rückzug nach Wavre wäre unmöglich geworden. Zum
Glück für Blücher lief auch in Napoleons Armee einiges schief an diesem 16.
Juni 1815.
Im Gegensatz zur Situation vom Jahr 1806 setzte nach der Schlacht bei Ligny
keine planlose Flucht ein. Nach anfänglichen Gerüchten, Feldmarschall Blü-
cher sei bei Ligny gefallen, wurde bereits in der Nacht bekannt, dass er nur
ein paar äußerliche Blessuren davongetragen hatte.42 Der allgemeine Rückzug
wurde von Gneisenau in Richtung Wavre festgelegt und dieser Befehl an so
viele der verstreuten Einheiten weitergegeben, wie in der dunklen Nacht
irgend möglich.
Im Verlauf des 17. Juni sammelte sich Blüchers Armee bei Wavre um am 18.
noch einmal die Vereinigung mit dem britisch-alliierten Heer zu versuchen.
Das II. Korps von Generalmajor Pirch I verließ Wavre erst am späten Vormit-
tag des 18. Juni. Im Ort selbst hatte es zahlreiche Brände gegeben, was den
Durchmarsch stark behinderte. Die Brigaden der einzelnen Korps lagen zum
Teil sehr zerstreut. Nach von Borckes Bericht marschierte sein 3. Bataillon des
1. Elb-Landwehrregiments erst gegen 16:00 Uhr aus Wavre ab und erreichte
das Defilé bei Saint Lambert erst gegen 20:00 Uhr. Auf dem weiteren Marsch
kamen seiner Einheit große Mengen Verwundeter entgegen, darunter zahlrei-
che schlesische Landwehrmänner.
„Ganze Schaaren Verwundeter, besonders von der schlesischen Landwehr,
strömten uns entgegen, und die Stimmung wurde noch mehr belebt, als man
sah, daß diese Verwundeten, ihre Schmerzen vergessend, guten Muth zeigten
und im Vorübergehen verkündeten, es gehe Alles gut, und wir sollten nur
machen, unserer Theil noch zu bekommen.“43
Die 6. Brigade, Generalmajor Krafft, erreichte die Ortschaft Plancenoit erst
gegen Abend, als sich die französische Armee bereits in vollem Rückzug
42
Pflug, Landwehrbuch, 134-135.
43
Von Borcke, Kriegerleben, 316.
117
befand und es schon dämmerte. Die Brigade marschierte dem sich zurückzie-
henden Feind entgegen und entwickelte sich hinter Plancenoit noch in Ge-
fechtslinie, das dritte Bataillon, dessen Kommando von Borcke mittlerweile
inne hatte, als letztes. Man setzte dem fliehenden Feind noch kurz nach, bis
die Dunkelheit vollends einbrach und der Jubel des Sieges die alliierten Linien
entlang hallte. An den schweren Kämpfen bei Plancenoit hatte die 1. Elb-
Landwehr folglich keinen aktiven Anteil mehr.
Nach kurzer Ruhe auf dem Schlachtfeld brach die Brigade Krafft gegen Mitter-
nacht wieder auf. In eiligem Marsch ging es über Maransart und Bousseval
nach Melioreux, wo gerastet wurde. Am 20. Juni morgens ging der Marsch
weiter und gegen Mittag erreichte man Namur. Zu spät, denn das aus Wavre
im Rückzug befindliche französische Korps Grouchy hatte sich bereits der
befestigten Stadt bemächtiget. Dennoch erhielten preußische Einheiten, unter
ihnen die 1. Elb-Landwehr, den Befehl zur Erstürmung Namurs. Nachdem das
erste und das zweite Bataillon des Regiments bereits eine blutige Zurück-
weisung vor dem Tor und von den mit Artillerie und Infanterie bemannten
Wällen erhalten hatten, rückte auch von Borcke mit dem 3. Bataillon vor.
Gerade als sein Bataillon zum Sturm antrat, wurde der Angriff abgebrochen,
da Grouchy mit seinem Korps nach Süden abzog. Das Regiment verlor vor
Namur den Kommandeur, Oberstleutnant von Bismark, dazu den erst 4 Tage
zuvor nachgerückten Kommandeur des zweiten Bataillons, Hauptmann von
Czettritz, sowie zahlreiche weitere Männer.
44
Von Borcke, Kriegerleben, 323-326.
45
Von Borcke, Kriegerleben, 328.
46
Von Borcke, Kriegerleben, 334.
47
Von Borcke, Kriegerleben, 338.
119
X. Verluste
48
Das besagte Gouvernements-Blatt Nro. 153 umfasst die Seiten 1575-1590.
49
Diese Angaben finden sich im Text einer Gedenktafel, die sein Vater im Jahr 1816 anfertigen
ließ und die bis heute einen Ehrenplatz in der Grassauer Kirche einnimmt.
50
Vgl. hierzu von Borcke, Kriegerleben, die Angaben im Text, 311-312, 321 und in der Rangliste,
Anhang 16, 386-387. Namentlich waren die Verluste unter Angabe der Nr. in der Rangliste: Nr.
1: Oberstlieutenant Ernst von Bismark aus der Altmark, Regimentskommandeur, gefallen 20.6.
vor Namur.
Nr. 2: Major Thomas von Jagow. Kommandeur 3. Bataillon, gefallen 16.6. bei Ligny
Nr. 4: Major Ferdinand von Schleicher, Kommandeur 2. Bataillon, gefallen 16.6. bei Ligny
Nr. 11: Kapitän von Czetteritz, nachgerückter Kommandeur 2. Bataillon, tödlich verwundet 20.6.
vor Namur.
120
51
Vom Autor errechnet aus den Angaben in Gouvernements-Blatt Nro. 153, 1577-1590.
121
XI. Zusammenfassung
Landwehren waren der entscheidende Baustein für das von den preußischen
Militärreformern zwischen 1808 und 1813 entwickelte Konzept eines Volks-
heeres. Über die anfängliche territoriale Idee der reinen Landesverteidigung,
„Wehr des Landes“ hinaus, wurden die Landwehren Preußens schon im
Befreiungskrieg von 1813 zu einem integraleren Bestandteil des Feldheeres
und hatten erheblichen Anteil am Sieg über Napoleon Bonaparte.
XII. Literaturauswahl
Borcke, Johann Friedrich Ernst von: Kriegerleben des Johann von Borcke,
weiland Kgl. Preuß. Oberstlieutenants, 1806-1815. Herausgegeben
von v. Leszczynski, Berlin, 1888.
Geschichte der Organisation der Landwehr 1. In dem Militair-Gouvernement
zwischen Elbe und Weser 2. In dem Militair-Gouvernement zwischen
Weser und Rhein im Jahre 1813 und 1814, Beiheft zum Militair-
Wochenblatt für das 3te Quartal 1857, Berlin, 1857.
Gouvernements-Blatt für die königlich-preußischen Provinzen zwischen der
Elbe und der Weser, Nro. 153, Halberstadt, den 16. November 1815.
Die Ausgabe Nr. 153 umfasst die Seiten 1575 bis 1590.
Hofschröer, Peter: 1815: The Waterloo Campaign, 2 Bände, London & Mecha-
nicsburg, 1999.
Hofschröer, Peter: Prussian Landwehr and Landsturm 1813-1815, 2. Ausgabe,
Cambridge, Kanada, 1984.
Kriegskatechismus für die Landwehr, Breslau, 1813. Nachdruck Leipzig 1944.
Nitschke, Heinz G.: Die Preußischen Militärreformen 1807-1813, Kleine
Beiträge zur Geschichte Preußens 2, Berlin, 1983.
Pflug, Dr. Ferdinand: Das preußische Landwehrbuch, Geschichte und Groß-
thaten der Landwehr Preußens während der Befreiungskriege,
Berlin und Leipzig, 1863.
Schmidt, Dorothea: Die preußische Landwehr 1813, Militärgeschichtliche
Skizzen, Berlin (DDR), 1987.
Wagner, August: Pläne der Schlachten und Treffen welche von der preu-
ßischen Armee in den Feldzügen der Jahre 1813, 1814 und 1815
geliefert worden, 4 Texthefte und Anhang sowie zugehörige Karten,
Berlin, 1821-31. Hier: Viertes Heft, Berlin, 1825.
123
Abb. 7 Ehrenwache an der Gedenktafel für Joachim Friedrich Busse, Grassau 2015
125
1
Dieses Haus liegt am westlichen Ende des Wohnplatzes und ist erst wenige Jahre vor der Wende
dazu gekommen.
2
Brouillon, frz.: erster Entwurf, Konzept
3
LASA MD C 20 V Rademin Karte Nr. 1 „Brouillon-Karte von der Feldmark des Dorfes Rademin
Kreis Salzwedel Regierungs Bezirk Magdeburg. Behufs Specieller Separation vermessen im Jahre
1841 durch Kotschedoff.“ Die Karte zeigt die Neuordnung der Feldflur der Gemarkung Rademin
bei der Separation.
4
LASA MD C 20 V Sep. Rademin Nr. 2 Bl. 14V – 16V vom 14.4.1912. Korrespondenz zum
Chaussee-Bau durch Rademin.
126
Bewirtschaftung der Ackerhöfe5 wird zu dieser Zeit nach der aus dem
Mittelalter stammenden Form der Dreifelder-Wirtschaft betrieben. Jedes
Flurstück war unter den Ackerhöfen aufgeteilt, sodass jedem Bauern durch
die sogenannte Gemengelage insgesamt nur ein Streubesitz zukam. Die
landwirtschaftlichen Arbeiten konnten wegen des Flurzwanges lediglich in
gemeinschaftlicher Arbeit aller Ackermänner und unter Führung des
Dorfschulzen erledigt werden, zumal viele Ackerstücke in der Regel aufgrund
der Zersplitterung der Feldflur nicht über Feldwege erreichbar und sehr klein
waren. Mit der Separation wurde durch die Abschaffung dieser Bewirt-
schaftungsform eine tiefgreifende Veränderung der Wirtschaftskultur
eingeleitet. Die gesamte Feldmark eines Dorfes wurde neu aufgeteilt, sodass
es nun durch die Zusammenlegung von Flächen jedem Ackermann möglich
war, die Arbeitsabläufe eigenständig zu planen und auszuführen. Für die
Ablösung der Pachtzahlungen und Dienste mussten die Bauern nicht geringe
Summen an ihre Grundherren zahlen.6
Am 20. Oktober 1839 beantragt der Schulze Johann Dietrich Lange bei der
Königlichen General-Kommission der Provinz Sachsen für die Gemeinde
Rademin die Separation.7 Mit der Leitung wird der „Oeconomie-Comissionen-
Rath“ Moldenhauer8 aus Salzwedel beauftragt. Die dazu notwendigen
Vorgänge ziehen sich bis 1846 hin. Johann Friedrich Zander9 aus Badel
schreibt um 1930 in seiner Chronik10 der Familie Willmann dazu: Christoph
Schernikau „hat sich seinen Hof bei der Separation in Rademin an der Kassuhner
Grenze legen lassen und später an seine Kinder verteilt, es ist das heutige
Ortwinkel. Der Stammhof ist in Besitz der Familie Hennigs.“ Diese Information
beruht sicherlich auf einer mündlichen Überlieferung innerhalb der Familie
Hennigs-Ortwinkel. Dem Christoph Schernikau werden bei der Separation die
Ackerstücke in den nachfolgenden Fluren zugesprochen:
5
LASA MD C 20 V Sep. Rademin Nr. 1. Vor der Separation gab es in Rademin 13 Ackerhöfe, 1
Kätnerstelle, 1 Grundsitzerstelle, 3 Häuslerstellen und 23 Parzellenbesitzungen.
6
Vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Breitenfeld_(Gardelegen), aufgerufen am 8.8.2016
7
LASA MD C 20 V Sep. Rademin Nr. 1.
8
Dieser ist in den Salzwedeler Kirchenbüchern nicht nachweisbar. Folglich hatte er
wahrscheinlich nur während seiner Dienstzeit dort seinen Wohnsitz. Er könnte identisch sein
mit Eduard Wilhelm Leopold Moldenhauer, Landesökonomie-Rat in Berlin (*
Riesenburg/Westpreußen 18.11.1798 † Berlin 1875), einem Ur-Ur-Enkel des Joachim
Moldenhauer (* Salzwedel 1632 † Königsmark 1677), Pfarrer in Königsmark/Altmark.
9
Vgl. Frank Moldenhauer: Johann Friedrich Zander, Badel (1863-1958) – Erinnerungen an einen
altmärkischen Familienforscher. In: 80. Jahresbericht des Altmärkischen Vereins für
vaterländische Geschichte, S. 127 – 132.
10
Privatbesitz Frank Moldenhauer.
127
Die Gesamtfläche (Acker und Wiesen) wird mit 231 Morgen und 99
Quadratruten12 und einem Wert von 144 Talern 24 Groschen und 19
Pfennigen beziffert.
Auf der Brouillon-Karte von 1841 wird sichtbar, dass diese nun bei einander
liegenden Flurstücke innerhalb der Gemarkung Rademin die maximal
mögliche Entfernung von der Ortslage haben. Sie werden im Norden/Osten
von den Gemarkungen Vissum und Kassuhn und südlich von der Gemarkung
Kallehne13 begrenzt (Abb. 3). In der zugehörigen Separationsakte14 wird dieser
Umstand ebenfalls beschrieben:
„Ausbau des Schernickauschen Hofes § 57. Der Ackersmann Schernickau ist mit
seiner gesamten Forderung an der Vissum-Cassuhn-Callehner Grenze, also im
entferntesten Theil vom Dorfe Rademin abgefunden. Die Entschädigung für diese
größte Entfernung ist ihm nach § 5 ad 9 gewährt. Rücksichts seines Beitrages zu
den Brücken Wegen- und Communal-Lasten ist das Erforderliche in den §§ 7. 8.
46. und 50 festgestellt. Der p Schernickau hat seine Gebäude von der alten Hofstelle
nach dem neuen Plan transportirt. Die übrigen Interessenten [Ackerleute
Rademins] haben sich verbindlich gemacht, dazu im Frühjahr 1843 die
erforderlichen Fuhren zu leisten, die Gebäude auf der neuen Baustelle aufzurichten
und die gestaakten Wände mit Lehm auszukleben.“
11
Vermutlich wegen seiner Lage – östlichster „Zipfel“ der Gemarkung Rademin – einst so
benannt.
12
https://de.wikipedia.org/wiki/Morgen_(Einheit), aufgerufen am 21.8.2016: 1 Morgen =
2553,22 m² = 180 Quadratruten; 1 Rute = 3,77 m (Angaben gültig in Preußen).
13
1938 wurde Kallehne mit dem unmittelbar sich östlich anschließenden Velgau unter dem neuen
Ortsnamen Fleetmark vereint.
14
LASA MD C 20 V Sep. Rademin Nr. 1, Bl. 84R – 85V.
15
LASA MD C 30 Salzwedel A Nr. 1680 „Acta des Königl. Landraths Amts Salzwedelschen
Kreises betreffend die Bau- Angelegenheiten von Rademin“ ohne fol. vom 8.2.1843.
128
Antwort.
Dem p. Schernikau ist auf dessen Gesuch vom 8ten d[es]. M[onats]. daß ihm der
Consens zur Erbauung eines neuen Wohnhauses nur dann kann ertheilet werden,
wenn er dasselbe mit Ziegeln18 decken will, worüber ich seine Erklärung erwarte
An den Königl Landrath Ritter … Freiherrn Herr v. d. Schulenburg
Hochwohlgebohren zu Salzwedel
Nachdem der p. Schernekau sich mündlich erklärt hat, das Haus mit Ziegeln zu
decken, so sind demselben der Consense ertheilt u wird der Gendarm
Ammenhausen beauftragt den Consens auszuhändigen u den Bauplahn
abzustecken.
Das von Ew: Hochwohlgeboren mir ertheilten Befehls zufolge, habe ich dem
Ackersmann Schernikau den Bauplan abgesteckt, und ihn die desfallsigen
Bauconsense ausgehändigt.
Salzwedel den 20.ten April 1843.
Ammenhäuser Gendarm.“
Wie sich zeigt, decken sich hier die mündliche und die schriftliche
Überlieferung verschiedener Quellen bestens. Die beschriebene
Baugenehmigung vom 20. April 1843 für die Umsetzung der Gebäude von
16
Gemeint ist der für eine Ziegellast zu große Abstand der Dachsparren.
17
LASA MD C 30 Salzwedel A Nr. 1680. Bauantrag des Christoph Schernikau vom 23.8.1843
für ein neues Backhaus, Fachwerk, Ziegeldach, 40 Fuß vom nächsten Gebäude entfernt, 22 Fuß
lang, 20 Fuß breit, 12.9.1843 Baukonsens durch Gendarm Hitzfeld ausgehändigt und Bauplan
abgesteckt.
18
Grundlage dieser Forderung ist der gegenüber einem Strohdach verbesserte Brandschutz.
129
Rademin zum neuen Wohnplatz, der fortan mit dem vorher schon
existierenden Flurnamen „der Ort Winkel bey Rademin“ bezeichnet wird,
kann somit als Gründung des Wohnplatzes Ortwinkel angesehen werden.
Auf der abgeräumten Hofstelle in Rademin bleibt einzig das Torhaus, das auch
Stallungen beherbergt, zurück. In den folgenden Jahren wird dieses Hof-Areal
an drei Interessenten veräußert, die sich darauf eine neue Existenz aufbauen.
Auch darüber gibt die bereits zitierte Bauakte von Rademin Auskunft:
4.2.1843
Der Schmied Reising hat von seinem Schwager [Christoph] Schernekau „am
südlichen Ende des Dorfes rechts an der Dorfstraße ein Wohrtstück gekauft“. Er
beantragt, dort ein Wohnhaus mit Schmiede und Stallgebäude zu errichten, da
dieser Plan mehr Platz bietet als sein altes Schmiedegrundstück.
23.8.1843
Der Zimmermann [Johann Joachim] Schultz bittet um Baukonsens: „Da ich
mir von der Hoffstelle des Ackermanns Schernekau längst der Dorfstraße das
ehemalige Auffarth und Stallgebäude gekauft so bin ich gewilligt die Auffart
abzubrechen, und die übrigen Stallräume sämptlich zu 2 Stuben 4 Kammern 1
Küche u Flur einzurichten und bleibt 16´ [= Fuß] vom nächsten Gebäude entfernt
zu stehen …“
9.3.1844
Der Arbeitsmann Erdmann Feick stellt ebenfalls einen Bauantrag: „Da ich die
Hälfte der Hoffstelle von dem Ackermann Schernekau nebst Garten und
Vordergebäude gekauft habe so beabsichtige ich mich auf den Hofe wo früher die
übrigen Gebäude gestanden haben ein neues Wohnhaus 32 Fuß lang 24 Fuß tief
eine Etage hoch von Fachwerk mit Ziegeldach und 24 Fuß vom nächsten Gebäude
entfernt auf zu bauen. Darin sollen sich befinden 2 Stuben 3 Kammern 1 Küche u
Flur …“
Ferner müssen diese „Neu-Rademiner“ folgender Erklärung zustimmen:
„Verhandelt Salzwedel den 30 ten September 1843 Es erscheint heute der
Zimmermann J. J. Schultz aus Rademin und giebt nachstehende Erklärung, in
Bezug auf das von ihm in der Gemeinde Rademin anzulegende Etablissement,
bestehend in einem Wohnhause nebst Scheunen- und Stallgebäude, mit dahinter
belegenen Garten zu Protokoll:
1. entsaget er allen Ansprüchen an sämmtliche Gemeinheiten der Ackergemeinde
zu Rademin und namentlich auf die Weide, so wohl für jetzt als bei einer künftig
eintretenden Separation 2. verpflichtet er sich zur Uebernahme eines
verhältnismäßigen Beitrags zu den auf administrativen Wege einzuziehenden
Gemeinde, sowie an den Staat und an weltliche und geistliche Institute zu
130
entrichtenden Lasten und Abgaben und haftet mit seinem bereiten Vermögen für
deren Berichtigung.19
Hierauf ist diese Verhandlung vorgelesen, genehmigt und unterschrieben.
Johann Joachim Schulz a. u. S.“ 20
9.4.1851
[Johann Heinrich Christian]23 Tüngler [1850 Schuhmacher in Ortwinkel]24
hat vom Grundsitzer Hennigs ein Wohnhaus gepachtet, er bittet um
Baukonsens wegen des Anbaus einer nördlich am Haus gelegenen Kammer in
7 Fuß Länge und 22 Fuß Tiefe mit Ziegeldach.
25.3.1852
Der Grundsitzer Beckmann bittet um Baukonsens für ein Wohnhaus von 34
× 22 Fuß, Scheune und Stallgebäude von 48 × 20 Fuß, 70 Fuß Entfernung
[westlich] vom benachbarten Wohnhaus des Grundsitzers Hennigs.
23.6.1852
Meister Thormann zu Arendsee bittet um Baukonsens, um auf seinem
Ackerplan ein Wohnhaus von 50 × 30 Fuß, massiv mit Ziegeldach, 4 Stuben,
4 Kammern, 1 Flur, eine Scheune mit Stallung von 50 × 32 Fuß, Fachwerk
mit Strohdach und ein Stallgebäude von 40 × 20 Fuß zu errichten.
19
Gemeint ist die korrekte Bezahlung dieser Forderungen.
20
Eine Erklärung gleichen Wortlautes für den Arbeitsmann Erdmann Feick vom 8.5.1844 findet
sich in dessen Bauantrag.
21
Er ist der Enkel des Leinewebermeisters und Teichwärters Johann Christoph Hennigs in
Altmersleben. Dieser ist vor 1771 aus Jonsdorf/ Lausitz eingewandert.
22
LASA MD C 30 Salzwedel A Nr. 1680.
23
Angabe lt. Kirchenbuch.
24
Angabe lt. Kirchenbuch.
131
1.6.1854
Der Grundsitzer [Joachim Gottfried]25 Kerkau bebaut das Grundstück
zwischen Beckmann und Hennigs.
6.2.1865
Baukonsens für Beckmann für einen Scheunen-Anbau. Grundsitzer Brock
wird darin als sein unmittelbarer linker (östlicher) Nachbar genannt. Er wäre
demnach der Nachfolger von Joachim Friedrich Kerkau.
Viele der Bauanträge enthalten Skizzen, aus denen die jeweiligen baulichen
Situationen der betreffenden und deren benachbarten Hofstellen
hervorgehen. Im Prinzip deckt sich die hier gezeigte Darstellung im
Wesentlichen mit der heute in Ortwinkel vorzufindenden
Gebäudeanordnung.
Nach 1850 ist der Wohnplatz laut Bauakte mindestens auf vier Stellen (von
Ost nach West: Hennigs, Kerkau [später Brock], Beckmann, Thormann)
angewachsen. Von einer Vollständigkeit der Rademiner Bauakte kann jedoch
nicht zwingend ausgegangen werden, denn anhand des Kirchenbuches von
Rademin lassen sich neben den hier genannten Familien zwischenzeitlich u.
a. auch die Familien Alms, Tiedge genannt Kahle [= Kahle], Krüger, Plank
und Schultz nachweisen. Die Namen einiger Stellen-Besitzer wechseln durch
Heirat, Verkauf und eventuell auch durch Interimswirtschaft in den folgenden
Jahrzehnten. Bis spätestens 1893 wuchs die Zahl auf sechs Höfe an. Die Größe
der Nutzfläche des Schernikau-Hennigs-Hofes verringerte sich durch die
Ansiedlung von ursprünglich 231 Morgen und 99 Quadratruten (ca. 58 ha)
auf 17 ha. Die übrigen fünf Hofstellen, die in Ortwinkel angelegt wurden,
hatten im 20. Jahrhundert teilweise eine Größe von unter 10 ha,26 sodass die
Fläche der „Teil-Gemarkung“ Ortwinkel in etwa konstant geblieben ist. Zur
Ursache der Landveräußerung durch Schernikau und Hennigs kann nur
spekuliert werden. Ein möglicher Grund könnten finanzielle Engpässe
gewesen sein. Als Christoph Schernikau stirbt, ist seine zweite Ehefrau bereits
fast zwei Jahre tot. Zurück bleiben zwölf Kinder, davon sind acht noch
minderjährig,27 die in den kommenden Jahren aus diesem Hof ausgesteuert
werden müssen. In demselben Zeitraum fallen neben den Kosten für die
Umsiedlung auch die Ablöseforderungen ins Gewicht. Im Ablöserezess28 vom
25.5.1840 wird eine an die von der Schulenburg zu Beetzendorf (Apenburger
25
Angabe lt. Kirchenbuch.
26
Mitteilung Frau Giesela Meyer geb. Hennigs, Kl. Gartz (Td Wilhelm Hennigs Ortwinkel),
22.8.2016.
27
Die Volljährigkeit erlangte man in dieser Zeit mit 21 Jahren.
28
LASA WR H Beetzendorf II III Nr. 163i Prästationen Hof No 12 Rademin (1819 – 1842).
132
29
Mitteilung Herr Eckhardt Kamieth, Bürgermeister von Rademin, 22.8.2016: Grundplatte:
Kantenlängen der Grundplatte: 50 cm × 50 cm, oberer Rand ist abgeschrägt – dadurch nimmt die
Stärke der Platte nach außen hin ab, Breite der Schräge: 10 cm - gemessen senkrecht zur
Kantenlänge/ Stärke der Grundplatte (geschätzt): ca. 20 cm, genaues Maß nicht ermittelt, da
Platte teilweise in den Boden ragt/ Pyramidenstumpf des Obelisken: Kantenlängen der
Grundfläche: 38 cm × 38 cm/ Kantenlängen der Deckfläche: 29,5 cm × 29,5 cm, ursprünglich
wohl 30 cm × 30 cm/ Stumpfhöhe (Abstand zwischen Grund- und Deckfläche): 86 cm/
Pyramidenförmige Spitze des Obelisken: Spitze der Pyramide durch Abnutzung/ Erosion zu einer
Fläche von ca. 3 cm × 3 cm abgeflacht/ Höhe der Pyramide (geschätzt): 7 cm/ Gesamthöhe des
Obelisken: ca. 93 cm
133
Der Obelisk steht heute zur quadratischen Grundplatte etwas verdreht, sodass
die jetzige Ausrichtung des Gedenksteines nicht zwingend mit der
ursprünglichen Position identisch sein muss. Denkbar wäre eine
ursprüngliche Lage, bei der die heutige Westseite nach Norden wies, also
parallel zur Ortsstraße bzw. zur Gebäudefront. Dann nämlich würde die
heutige Ostseite die von der Straße abgewandte und von dort nicht einsehbare
Seite sein, was auch erklären könnte, weshalb diese Fläche ohne Inschrift
blieb.
30
Mitteilung Eckhardt Kamieth Rademin, 3.9.2016: Die Löcher sind ca. 2 cm tief und teilweise
mit Gips o. ä. gefüllt. Der Abstand der Löcher vom oberen und vom seitlichen Rand beträgt ca. 5
cm.
31
Mitteilung Frau Gisela Meyer geb. Hennigs Kl. Gartz (* 1951), 22.8.2016: Zu ihren Lebzeiten
trug der Obelisk keine Plakette. Auch ihre Eltern, Wilhelm Hennigs (* 1917) und Hildegard
Braake, haben eine Plakette nie erwähnt. Offenbar ist die Plakette nicht zur Ausführung
gekommen oder war nur kurzzeitig am Gedenkstein befestigt.
134
Mithilfe des Kirchenbuches konnten nähere Daten zu den auf dem Stein
genannten sechs Personen ermittelt werden:
1) Friedrich Wilhelm Hennigs, Erbe des Stammhofes der Familie Schernikau-
Hennigs, * 1846 † 1921,
vgl. Genealogie der Familie Schernikau-Hennigs im Anhang
2) Friedrich Wilhelm Krüger, Grundsitzer in Ortwinkel, * Kallehne
20.12.1841 † Ortwinkel 5.7.1896
oo Rademin 1874 Wilhelmine Dorothea Elisabeth Loesener
Nachfolger auf dessen Stelle war sein Sohn Friedrich Wilhelm Ferdinand
Krüger, * Ortwinkel 19.1.1877 † Ortwinkel 15.3.1915
3) Wilhelm Alms, Grundsitzer in Ortwinkel, * 15.5.1857 † Ortwinkel
31.5.1928
4) Friedrich Carl Wilhelm Thormann, Grundsitzer in Ortwinkel, * Arendsee
16.4.1824 † Ortwinkel 29.1.1907, Schwiegersohn von Christoph Schernikau,
vgl. ebenfalls Genealogie der Familie Schernikau-Hennigs im Anhang,
Nachfolger auf dessen Stelle war sein Sohn Heinrich Friedrich Wilhelm
Thormann * Ortwinkel 19.12.1857 † Ortwinkel 20.12.1923
5) Johann Heinrich Beckmann, Grundsitzer in Ortwinkel, oo Julie Lüdecke,
Nachkomme auf dessen Stelle war sein Sohn Friedrich Wilhelm Beckmann,
1933 Altsitzer in Ortwinkel * Ortwinkel 2.7.1871 † Ortwinkel 17.9.1933
6) Friedrich Tiedge genannt Kahle, Grundsitzer in Rademin, Sd Dorothea
Elisabeth Tiedge „nachmals unverehelichte Kahle“ in Rademin, oo1 Rademin
4.3.1869 Catharina Dorothee Friederike Louise Krümmel aus Altensalzwedel,
er oo2 Recklingen 1871 (KB Rademin) Anna Dorothea Germer aus
Recklingen
Der Obelisk von Ortwinkel steht nunmehr fast 125 Jahre an seinem Platz vor
dem ehemaligen Hof der Familie Schernikau-Hennigs. Seine Bedeutung ist
längst in Vergessenheit geraten, zumal die Inschrift nur mit Mühe und Lücken
zu entziffern ist. Deshalb wandte sich der Bürgermeister aus Rademin, Herr
Eckhardt Kamieth, im Sommer 2016 mithilfe der Altmark-Zeitung an die
32
Mitteilung Frau Gisela Meyer geb. Hennigs Kl. Gartz (ehemals Ortwinkel) 22.8.2016.
135
Der Obelisk von Ortwinkel ist ein Gedenkstein für die Ortsgründung und
erinnert damit zugleich an die Separation. Ein solches Kleinod ist in der
Altmark wohl einmalig und deswegen für die Nachwelt erhaltenswert.
Insofern ist das Engagement des Bürgermeisters von Rademin für eine
sachgerechte Instandsetzung des Steines lobenswert. Über eine Aufnahme des
Obelisken in die Liste der Kulturdenkmale des Altmarkkreises Salzwedel
sollte in diesem Zusammenhang auch diskutiert werden.
(I. Generation)
SCHERNIKAU, Simon
1673 Krüger34 in Rademin
Sd Harmen Schernickov (* 1562 † 1650) in Vissum
* = 1614 † Rademin 25.6.1673 59J alt
oo Rademin 26.10.1652
LIESTMANN, Ursula
Td Steffen Liestmann Rademin und Ursula Francke
* Rademin 23.4.1629 † Rademin 6.3.1710
sie oo2 Rademin 19.11.1673 Hans Pagels [= Pauls] * Rademin 30.7.1643 †
Rademin
31.1.1718 „Hans Pauls Senior et viduus [= Witwer] … des Abends von
s[einem]. Bruder Peter Pauls mit ein gerichtl. Erbsen[?] zurück kömt, ist vor
seinem Hofe aufm Schnee plötzlich umgefallen u. fort todt geblieben. …“, Sd
Arend Pauls Rademin und Margarethe Liestmann
Kinder 1. Ehe:
1) Jochim Schernikau * Rademin 6.1.1654 † Rademin 12.2.1676
2) Simon SCHERNIKAU * Rademin 2.11.1655 (siehe II. Generation)
3) Ilsabe Schernikau * Rademin 21.1.1658 † Rademin 1.10.1676
4) Arend Schernikau * Rademin 25.6.1660
5) Barbara Schernikau * Rademin 4.12.1662
6) Andreas Schernikau * Rademin 9.5.1666 † Rademin 27.1.1707, Krüger in
Rademin
oo Rademin 22.10.1695 Dorothea Winkelmann * Kerkau 30.7.1671 †
Rademin 1.4.1745 74J alt, Td Jochim Winkelmann Ackermann in Kerkau
und Ilsabe Kleinau
sie oo2 Rademin 8.9.1707 Gabriel Siepmann * Ladekath 10.11.1676 †
Rademin 1.11.1756 80J alt, 1756 Altsitzer in Rademin, Sd Adam Siepmann
Ladekath und Ilse Franke
7) totgeborener Sohn † Rademin 17.6.1669
Kinder 2. Ehe: keine
33
Kirchenbücher des Kirchspiels Ladekath ab 1612
34
Gastwirt
140
Nach dem Tod ihres Ehemannes sieht sich Ursula Liestmann als Witwe mit sechs
Kindern zur alleinigen Führung der Güter (ein Acker- und ein Kossaten-Gut) nicht im
Stande. Sie beabsichtigt deswegen, eine zweite Ehe mit Hans Pauls aus Rademin
einzugehen. In der Ehestiftung wird neben der Aussteuer der Kinder, dem Altenteil
und der Mitgift des neuen Ehemannes (50 Taler und diverse Naturalien) auch die
Erbfolge geregelt. Das Acker-Gut [Hof-Nr. 12 bei der Separation Mitte des 19.
Jahrhunderts] will sie dem ältesten Sohn Jochim abtreten. Da es noch im Aufbau ist,
sollen die Geschwister Simon, Arend und Barbara weiterhin darin mitarbeiten und
dafür später daraus ihre Aussteuer empfangen. Das Kossaten-Gut, welches mit einer
Krugwirtschaft35 gekoppelt ist, will sie für sich und ihren zweiten Ehemann behalten
und die jüngsten Kinder Andreas und Ilse [Schreibfehler?, Barbara?] daraus
aussteuern. Falls aus der zweiten Ehe keine Kinder hervorgehen, soll dieses Kossaten-
Gut mit dem Krug dem Sohn Andreas zufallen. Zeuge ist Peter Liestmann aus
Vissum.36
(II. Generation)
SCHERNIKAU, Simon
Ackermann in Rademin
Nach dem Tod seines älteren Bruders Jochim 1676 übernimmt er das Acker-Gut in
Rademin.
* Rademin 2.11.1655 † Rademin 2.8.1734 Wassersucht 79J alt
oo Rademin 24.11.1682
HENNIGS, Margaretha
Td Peter Hennigs in Rademin und Ursula Bindemann
* Rademin 23.10.1659 † Rademin 13.11.1742 83J weniger 3W alt
Kinder:
1) Catharina Schernikau * Rademin 31.10.1683
2) Peter SCHERNIKAU * Rademin 17.1.1685 (siehe III. Generation)
3) Jochim Schernikau * Rademin 22.5.1687
4) Jürgen Schernikau * Rademin 6.12.1689 † Rademin 1.7.1691
5) Margaretha Schernikau * Rademin 19.9.1692
6) Simon Schernikau * Rademin 17.3.1696
7) Hans Schernikau * Rademin 18.1.1701
35
Gastwirtschaft
36
LASA WR H Beetzendorf II III Nr. 163 Prästationen aus Rademin (1673-1877) Bl. 2V - 4R
Ehestiftung (23.10.1673). Da das Acker-Gut lt. Aussage der Witwe noch im schlechten Zustand
ist und weiterhin in den Aufbau investiert werden muss, liegt die Vermutung nahe, dass Simon
Schernikau ursprünglich nur das Kossaten-Gut besaß, zumal er im Kirchenbuch eben auch nur
als Krüger bezeichnet wird. Bei dem Acker-Gut könnte es sich um einen während des
Dreißigjährigen Krieges wüst gefallenen Ackerhof handeln, den er und seine Ehefrau nach 1652
zum Wiederaufbau angenommen haben.
141
Der Umfang des Hofes wird anhand des Auszuges aus dem Kontributionskataster der
Landreiterei Arendsee37 von 1686 (niedergeschrieben 1693) deutlich:
Simon Schernikau Rademin, 2½ Hufen, „Auf die Hufen kan jährl[ich]. aus gesaet
werden“ 37 Scheffel 2 Viertel Winter- und 27 Scheffel 2 Viertel Sommerkorn, „Auf
den Worden38 kan jährl. ausgesäet werden“ 1 Viertel Winter- und 2 Viertel
Sommerkorn, 3 Fuder Heu, 1 Garten, 7 Pferde, 8 Rindvieh, 16 Schafe
(III. Generation)
SCHERNIKAU, Peter
Ackermann in Rademin
* Rademin 17.1.1685 † Rademin 3.11.1765 Alter 81J 9M 20T alt
oo Rademin 14.11.1719
PAULS, Ilsabe
1766 „Ackermannsfrau“
Td Jochim Pauls Rademin und Catharina Jacobs aus Schernikau
* Rademin 28.8.1692 † Rademin 1.2.1766 altershalber 75J 5M 4T alt
Kinder:
1) Dorothea Schernikau * Rademin 16.5.1721
2) totgeborene Tochter † Rademin 12.3.1723
3) Joachim Schernikau * Rademin 3.8.1724 † Rademin 10.5.1725 Pocken 9M alt
4) Hans Erdmann SCHERNIKAU * Rademin 4.2.1727 (siehe IV. Generation)
† Rademin 28.5.1774 „An misercre[?]“ 52J alt
5) Simon Schernikau * Rademin 6.5.1730 oo Rademin 7.7.1764 Ilsabe Catharina
Stappenbeck
6) Peter Schernikau * Rademin 3.11.1733 oo Rademin 5.11.1764 Catharina Maria
Hansen aus Schernikau
Er ist 1721 in eine Streitsache um die Nutzung der sogenannten Rottwiese, die schon
Simon Schernikau vor über 50 Jahren genutzt haben soll, verwickelt.39
(IV. Generation)
SCHERNIKAU, Hans Erdmann
Ackermann in Rademin
* Rademin 4.2.1727 † Rademin 28.5.1774 „An misercre[?]“ 52J alt
oo Rademin 26.10.1751
LANGE, Catharina Maria
Td Michael Lange in Rademin und Anna Maria Schultz
* Rademin 14.12.1728 † Rademin 4.4.1785 Brustkrankheit 56J alt
sie oo2 Rademin 26.2.1775 Gabriel Lange Ackermann in Rademin, Sd Asmus Lange
Ackermann in Mechau
37
BLHA Rep 32 Joachimthalsches Gymnasium Nr. 1575
38
Worden = Worth, hauptsächlich von den Kossaten genutztes Land
39
LASA WR H Beetzendorf II III Nr. 163 Bl. 2V (6.5.1721)
142
(V. Generation)
SCHERNIKAU, Hans Erdmann
Ackermann in Rademin
* Rademin 19.3.1760 † Rademin 6.2.1828 Altersschwäche 68J alt, 4S 5T
oo1 Rademin 4.8.1788
OLLENDORFF, Margarethe Dorothea
Td Christoph Ollendorff Molitz
* Molitz 30.12.1764 † Rademin 14.12.1815 Wassersucht 52J alt, 6K
oo2 Rademin 21.7.1816
JAT[GE]OW, Ilsabe Catharina
Td Joachim Ja[ge]tow Halbspänner in Saalfeld und Catharina Dorothea Breese
* Saalfeld = 1785 † Rademin 7.5.1844 Brustkrankheit 58J
7M 1T alt, 1S,2T
Kinder 1. Ehe:
1) Ilsabe Catharina Schernikau * Rademin 16.9.1789
2) Christoph SCHERNIKAU * Rademin 4.4.1791 (siehe VI. Generation)
3) Catharina Marie Schernikau * Rademin 6.4.1793 † Rademin 29.1.1803 9J alt
4) Joachim Erdmann Schernikau * Rademin 23.7.1795 + Rademin 27.2.1803 8J alt,
Müllergeselle in Rademin
5) Anna Elisabeth Schernikau * Rademin 13.9.1797
6) Gabriel Schernikau * Rademin 2.1.1800 „7 Wochen zu früh“
7) Niklaus Schernikau * Rademin 2.1.1800 „die eodem [am selben Tag] die
Nothtauffe erhalten“
8) Johann Joachim Schernikau * Rademin 20.1.1801
9) Christine Schernikau * Rademin 10.1.1804 oo Rademin 10.11.1835 Johann
Georg Reising * = 1807 Schmiedegeselle in Rademin, Sd Anna Catharina Reising
verehelichte Bergemann in Sandbeiendorf
10) Andreas Dietrich Schernikau * Rademin 16.3.1807
Kinder 2. Ehe:
143
uneheliche Kinder:
a) Catharina Elisabeth Schernikau * Rademin 22.6.1794 (M Anna Margaretha
Dorothea Lüders, jetzt verehelichte Müller, „der Ackermann Scherneckau in
Rademin wurde als Vater angegeben.“
Der Ackerhof der Familie Schernikau hatte ein „guts- und gerichtsherrliches
Verhältnis“ zum Apenburger Hof der Familie von der Schulenburg in Beetzendorf.
1819 wurden anhand des Hypothekenbuches die Verpflichtungen aufgelistet: „Auf
dem Hofe des Ackermannes Hans Erdmann Schernikau zu Rademin Sub Nr. 12 sind
in Rubrica II eingetragen: für den Apenburger Hof zu Beetzendorf mit drei andern
Mitgliedern der Gemeinde 7 Metzen neuen Hausmaaß Hafer In fidem extractur
Beetzendorf d 2 Decbr. 1819.“ Ferner müssen an den Lieberoser Hof in Beetzendorf
jährlich gegeben werden: 1 Scheffel 5 Metzen Roggen-Beitrag zu 3 Scheffel 8 Metzen
Gemeindepacht. 1 Scheffel 5 Metzen Gerste und 1 Scheffel 5 Metzen Hafer waren an
das Vorwerk Rittleben zu entrichten.40
(VI. Generation)
SCHERNIKAU, Christoph
Ackermann in Rademin, 1846 Ackermann „im Ortwinkel bey Rademin“
* Rademin 4.4.1791 † Rademin-Ortwinkel 10.5.1846 Auszehrung 55J 1M 6T
oo1 Rademin 31.10.1819
WILLMANN, Anna Catharina
Td Daniel Willmann Ackermann in Liesten und Margarethe Dorothea Koch
* Liesten 9.5.1796 † Rademin 22.1.1822 Wochenbett 25J 8M 13T alt
oo2 Rademin 9.4.1822
WILLMANN, Marie Elisabeth
Td Daniel Willmann Ackermann in Liesten und Margarethe Dorothea Koch
* Liesten 4.9.1798 † Rademin 16.6.1844 Auszehrung 46J alt, 3S, 6T
Kinder 1. Ehe:
1) Ilsabe Catharina Schernikau * Rademin 4.9.1820 † Gestien 13.6.1884 oo NN
Krüger aus Pretzier
2) Marie Elisabeth SCHERNIKAU * Rademin 16.1.1822 oo Rademin 23.4.1844
Joachim Friedrich SCHULTZE x = 1815, 1844 Dienstknecht in Rademin,
1848 Grundsitzer in ORTWINKEL, Sd Johann Christian Schultze Hirte in
Boock und Anna Elisabeth Seeger
Kinder 2. Ehe:
3) Johann Christoph Schernikau * Rademin 1.1.1823
4) Dorothee Elisabeth SCHERNIKAU * Rademin 2.3.1824 (siehe VII.
Generation)
5) Catharina Marie Schernikau * Rademin 19.7.1825
40
LASA WR H Beetzendorf II III Nr. 163i Prästationen Hof No 12 Rademin (1819 - 1842)
144
(VII. Generation)
HENNIGS, Joachim Friedrich
1845 Schneider in Jeetze, nach 1846 Grundsitzer in Rademin-Ortwinkel
Sd Joachim Friedrich Hennigs Kossat und Schneider in Jeetze und Anna Catharina
Massau * = 1816 (KB-Lücke in Jeetze) † Rademin-Ortwinkel 9.2.1870
Schlagfluss 53J 4M 20T
oo Jeetze 21.9.1845
SCHERNIKAU, Dorothea Elisabeth
* Rademin 2.3.1824 † Rademin-Ortwinkel 9.2.1906
Kinder:
1) Friedrich Wilhelm HENNIGS * Jeetze 19.2.1846, Hoferbe in Ortwinkel (siehe
VIII. Generation)
2) Dorothee Sophie Henriette Hennigs * Rademin-Ortwinkel 2.8.1849 oo Joachim
Schermer Rademin
3) Friedrich Christoph August Hennigs * Rademin-Ortwinkel 22.2.1851 † Rademin-
Ortwinkel 27.11.1921 Tischlermeister Kirchenältester in Rademin oo
Rademin 14.6.1878 Ilse Dorothee Friederike Holtz, Td Johann Christoph
Holtz, Tischler in Sallenthin, und Catharina Maria Tegger
(VIII. Generation)
HENNIGS, Friedrich Wilhelm
Rademin-Ortwinkel
* Jeetze 19.2.1846 † Rademin-Ortwinkel 27.9.1921, 5K
145
oo Rademin 25.9.1874
NEUSCHULZ, Marie Friederike Luise
Td Joachim Andreas Neuschulz Kossat in Vissum und Erdmuth Elisabeth
Schwenecke
* Vissum 20.6.1848 † Rademin-Ortwinkel 22.4.1908
Kinder:41
1) Wilhelm Hennigs * Rademin-Ortwinkel 30.9.1875 (siehe IX. Generation)
2) Wilhelmine Hennigs * Rademin-Ortwinkel 14.11.1876 oo 5.6.1898 Friedrich
Meyer in Ziemendorf
3) Helene Hennigs * Rademin-Ortwinkel 12.1.1878 oo 6.7.1900 Ludwig Krüger in
Ritzleben
4) Alwine Hennigs Hennigs * Rademin-Ortwinkel 25.4.1879 oo 5.6.1903 NN
Mewes in Ziemendorf
5) Hilda Hennigs * Rademin-Ortwinkel 17.11.1885 oo Adolf Schultz in Salzwedel
(IX. Generation)
HENNIGS, Friedrich Wilhelm August
Grundsitzer in Rademin-Ortwinkel
* Rademin-Ortwinkel 30.9.1875 † Rademin-Ortwinkel 29.5.1944, 4K
oo Rademin 24.5.1907
MUHL, Anna Marie Luise
aus Kallehne (seit 1938 Fleetmark), Td Johann Friedrich Christoph August Muhl,
1907 Arbeiter in Gr. Holzhausen bei Krüden und Elisabeth Schnee
* Kerkuhn 2.6.1885 † Rademin-Ortwinkel 1.11.1959
Kinder: 4 Söhne
(X. Generation)
HENNIGS, Wilhelm
Grundsitzer in Rademin-Ortwinkel
* 2.5.1917
oo
BRAAKE, Hildegard
Kinder:
Aus dieser Ehe gingen zwei Töchter hervor, die die Stammhofstelle der Familie
Schernikau-Hennigs kurz vor der Wende verkauft haben. Damit gelangt der erste Hof
Ortwinkels nach fünf Generationen in fremde Hände.
41
Johann Friedrich Zander: Chronik der Familie Willmann, Privatbesitz Frank Moldenhauer
146
Nachtrag
Nach Fertigstellung des Aufsatzes und kurz vor dessen Drucklegung teilte der
Bürgermeister von Rademin dem Autor die Auffindung historischer
Zeitungsartikel (Datum und Titel der Zeitung konnten nicht bestimmt
werden) durch einen Einwohner in Rademin mit, die die Ereignisse im Jahre
1893 in Ortwinkel schildern: „Allerlei aus der Heimat Kolonie Ortwinkel. Der
öffentliche Teil der Feldmark Rademin ragt mit einem schmalen Streifen in die
Nachbarfeldmarken hinein und bildet einen sogenannten Winkel, der
„Ortwinkel“ genannt. Da derselbe sehr weit vom Dorfe entfernt liegt, wollte ihn bei
der Separation niemand haben. Schließlich …t sich der Besitzer Schernikau, den
Ortwinkel zu übernehmen, sein Gehöft in Rademin abzubrechen und dort wieder
aufzubauen. Hiermit war die Gemeinde einverstanden und leistete ihm
unentgeltliche, tatkräftige Hilfe. Später verteilte er den Hof an seine sechs Kinder.
Dadurch entstand eine Kolonie mit dem Namen Ortwinkel. Die Kinder verkauften
aber später ihren Besitz bis auf zwei, deren Nachkommen noch heute dort wohnen.
Von dem alten Gehöft stehen jetzt noch das alte Wohnhaus und die Scheune. Vor
einigen Jahren hat sich noch ein Sommerfrischler als ein Siebenter angesiedelt.
Dieser hat seine luftige Wohnung auf dem Dachfirst der alten Scheune
aufgeschlagen. Am 11. und 12. Juni 1893 feierten die Besitzer das fünfzigjährige
Bestehen der Kolonie. Zwei große Zelte waren aufgeschlagen, und groß und klein
eilte von nah und fern herbei und wurde auf das freundlichste bewirtet. Den
Höhepunkt des Festes bildete die Einweihung des Gedenksteins, in dem die Namen
der sechs Besitzer eingemeißelt waren. Die Einweihung vollzog mit einer Festrede
der damalige Pastor Ullrich aus Kl.-Gartz.
Nachdem er die Entwicklung der blühenden Kolonie entsprechend gewürdigt
hatte, prophezeite er, daß Ortwinkel nach 50 Jahren im elektrischen Licht
erstrahlen würde. Diese Prophezeiung verursachte allgemeines Kopfschütteln, aber
sie sollte früher in Erfüllung gehen, als man zu hoffen wagte; denn schon nach 20
Jahren führten die Leitungsdrähte der elektrischen Überlandzentrale nach
Ortwinkel und versahen es mit Licht und Kraft.
Erich Lange42, Rademin, Landwirtschaftsschule, Salzwedel, 3. Fachklasse.“
42
Erich Lange (* 4.10.1905) war der Sohn des damaligen Bürgermeisters von Rademin, Bernhard
Lange sen.
147
1. Vorbemerkung
Ein alter Handelsweg, dessen Übergang über die Jeetze eine Burg der Askanier
sicherte, war Keimzelle der späteren Hansestadt Salzwedel. Im Schutze dieser
Burg entstand im 12. Jahrhundert die Stadt, neben der bereits 1247 die „neue“
(Neu-)Stadt als Erweiterung der „alten“ (Alt-)Stadt gegründet wurde. Beide
Städte waren durch eine Stadtmauer getrennt, sie besaßen auch jeweils eigen-
ständige Stadtverfassungen, Bürgermeister, Rathäuser und selbstverständlich
eigene Kirchengemeinden: St. Marien in der Altstadt und St. Katharinen in
der Neustadt. Die beiden Städte hatten bereits im Mittelalter kurzzeitig einen
gemeinsamen Bürgermeister wurden jedoch erst 1713 in preußischer Zeit zu
einer Gesamtstadt vereinigt.
Begünstigt durch seine Lage am Schnittpunkt von Handelswegen zu Lande
und zu Wasser (ab Salzwedel war die Jeetze schiffbar, Hamburg war von hier
per Schiff erreichbar) entwickelte sich die Stadt zu einem Mitglied im Verbund
der Hanse in der Zeit zwischen 1263 und 1518. Dabei lassen sich die wirt-
schaftlichen Verhältnisse in den beiden Städten deutlich unterscheiden. Wäh-
rend die Neustadt stark durch das Tuchmachergewerbe geprägt war, lässt sich
für die Altstadt eine stärker differenzierte Kaufmanns- und Handwerker-
struktur nachweisen; die Altstadt war immer die wirtschaftlich bessergestellte
Stadt, mit ihren wohlhabenden Bürgern und zahlreichen kirchlichen Einrich-
tungen bot sie zahlreichen Kunsthandwerkern wie etwa den Goldschmieden
Beschäftigung. So lassen sich allein in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts
acht Goldschmiede nachweisen. Die Blütezeit der Goldschmiedekunst (in den
frühneuzeitlichen deutschen Städten im 16. Jahrhundert) lässt sich für Salz-
wedel auf Grund fehlender Quellen jedoch nicht darstellen; den Quellen kann
erst 1574 mit Heinrich Stappenbeck wieder ein Goldschmied entnommen
werden. Etwas von dem Silberglanz früherer Zeiten ist aber Pohlmanns
Stadtgeschichte zu entnehmen mit seinen Hinweisen auf die silbernen Trink-
pokale bei den Gildefestmahlzeiten oder das Ratsgeschenk 1643 an den schwe-
dischen Reichskanzler Graf Oxenstierna.
1860 markiert das Ende der Zünfte. Trotz großer Lücken in den Quellen
lassen sich aber für Salzwedel mindestens 50 zünftige Goldschmiede nach-
weisen, die im Folgenden vorgestellt werden.
Die Übersicht kann, schon aufgrund der lückenhaften Quellen, keinen An-
spruch auf Vollständigkeit erheben. Sie führt auch nur zünftige Goldschmiede
auf, keine Handwerker artverwandter Berufe wie Posamentierer, Gold- und
Silber-Drahtzieher, -Schmelzer, -Plätter (Plattierer), -Wirker und Gürtler.
Auch Münzmeister (Münzohme), wie etwa Münzmeister Gobel Boland 1437,
erscheinen nicht in der Übersicht, obwohl Münzmeister oft Silberarbeiter
gewesen sind. Goldschmiedegesellen werden vereinzelt erwähnt, wenn ver-
mutet werden darf, etwa auf Grund verwandtschaftlicher Beziehungen, dass
sie später zünftig gearbeitet haben.
2. Quellenlage
4. Beschauzeichen
Wegen der Bedeutung des Edelmetalls wurde die Kennzeichnung der daraus
gefertigten Waren notwendig; hierzu stempelte der Goldschmied sein
Werkstück mit seinem Namenszeichen (meist den Initialen). Vor dem
Verkauf wurde das Werkstück überprüft („geschaut“). In größeren Städten
mit eigener Goldschmiedeinnung wurde hierzu aus den Reihen der Gold-
schmiede vom Rat der Stadt ein sog. Beschaumeister bestellt, der seine erfolgte
Prüfung durch ein sog. Beschauzeichen dokumentierte, meist das Stadt-
wappen, anfänglich aber auch oft nur der Anfangsbuchstabe der Stadt. In
großen Städten wie z. B. Hamburg, Danzig, Breslau, Braunschweig schlugen
die Beschau(Stempel-)meister oft ein weiteres Zeichen ein, ihr sog. Älter-
mannszeichen und vereinzelt wurden die Werkstücke sogar mit zeitlich
zuzuordnenden Zeichen gestempelt, den sog. Jahrgangsbuchstaben (z. B. in
Königsberg). Für Salzwedel lassen sich bisher nur Meister-, Gehalts- und
Beschauzeichen nachweisen. Obwohl Innungen (Zünfte, Ämter) der Gold-
schmiede in Deutschland bereits im 14. Jahrhundert bestehen, setzt sich die
dokumentierte Prüfung („Beschau“) erst im 16. Jahrhundert allgemein durch;
vasa sacra sind auch zu der Zeit noch meist ungestempelt.
Konnte in kleineren Städten wegen fehlender Innung eine Beschau nicht
vorgenommen werden, konnte der Goldschmied die Qualitätskontrolle selbst
vornehmen, indem er sein eigenes Meisterzeichen zweifach stempelte. Oder
er fertigte sich ein eigenes Beschauzeichen. Beide Verfahren sind sicher eine
wirksame Kontrolle gewesen, vor dem Hintergrund der drakonischen Strafen
für Falschbeurkundungen. Als Beschauzeichen kam in Salzwedel im 18. Jahr-
hundert das Stadtwappen zur Anwendung.
5. Die Innung
Goldschmiede lassen sich erst ab 1308 nachweisen, bis 1380 aber bereits derer
zehn. Die Quellenlage weist dann eine Lücke von fast 200 Jahren auf. Ab 1574
bis 1640 werden 10 Goldschmiede genannt, 1773 dann drei in der Altstadt
(keiner in der Neustadt), eine Innung hätte zeitweise errichtet werden
können.
Die frühneuzeitliche Stadt hatte ein Interesse an der Einrichtung von Innun-
gen (Zünften, Ämtern), denn neben Abgaben schuldeten ihre Bürger der Stadt
auch die Verteidigung der und den Brandschutz in der Stadt. Im Gegenzug
gewährte die Stadt den Handwerkern Schutz vor Konkurrenz. Denn die
Städte errichteten Zünfte vor allem als „geschlossene Ämter“, d. h. pro Stadt
wurde nur eine bestimmte Anzahl von Meistern zugelassen, auch die Anzahl
von Gesellen und Lehrlingen begrenzt, die Verkaufsmodalitäten reglemen-
tiert, etc. etc... Diesen drückenden Pflichten, die mit dem Erwerb des Bürger-
rechts verbunden waren, versuchten die Meister vielerorts zu entgehen, in-
dem sie das Bürgerrecht erst spät erwarben. Die Zunftregelungen reichten
dennoch oft nicht aus, um den Handwerkern ein ausreichendes Einkommen
zu verschaffen (viele starben verarmt). Sie hatten daher durchweg auch noch
andere Einnahmequellen wie Landwirtschaft, Brauerei (als Hausbesitzer mit
Braurecht) oder ein öffentliches Amt wie Ratswiegemeister, Stadtzollein-
nehmer o.ä. Die wirtschaftlichen Verhältnisse der Goldschmiede wurden vor
allem durch die Konkurrenz von Unzünftigen (Pfuschern, Bönhasen), Hökern
(Kleinkrämer, Marktbeschicker) und den Händlern der großen Silberzentren
(Augsburg, Leipzig, Dresden, Breslau) bedroht. Auch mit den Gürtlern gab es
öfter Streit, da diese in der Lage waren, in Silber zu arbeiten und dies auch
häufig taten.
In kleineren Städten bestanden Goldschmiedeinnungen oft nur zeitweise,
wenn überhaupt. Konnte ein Handwerk infolge zu geringer Mitgliedszahlen
keine Innung errichten, wurden deren Meister oft mit anderen Innungen
„verzunftet“. Auch konnten sich derart vereinzelte Meister zu Innungen
benachbarter Städte „halten“ („Landmeister“).
Auf Grund eines kaiserlichen Edikts von 1676 (als Reaktion auf die französischen
Annexionskriege) wurden im Hl. Römischen Reich Deutscher Nation Manufakturen
gegründet, die den hohen Bedarf an Uniform- und Livreeschmuck (Litzen, Tressen,
Quasten, Troddeln, „Lametta“) decken und von französischen Einfuhren unabhängig
machen sollten. Hinweise auf die Existenz einer solchen Manufaktur („Fabrique“)
wie sie um diese Zeit in vielen deutschen Städten entstanden, haben sich in den
herangezogenen Quellen nicht finden lassen.
152
1. Kannenberger
Das Stadtbuch erwähnt die Mutter des Goldschmieds um 1308 als Besitzerin
des Hauses, das (der Goldschmied?) Hermann Leyge bewohnt.
2. Breker
Der Goldschmied wird um 1308 im Stadtbuch genannt.
3. Coneke
Der Goldschmied und seine Frau erscheinen 1308 als Schuldner im Stadtbuch.
NB
Evtl. identisch mit Conradus (s. Nr. 6).
5. Henricus
Der Goldschmied wird samt seinen Kindern 1313 im Stadtbuch erwähnt.
6. Conradus
Der Goldschmied erscheint 1329 im Stadtbuch, 1335 auch bei einem Immo-
biliengeschäft mit dem Goldschmied Teggeler (s. Nr. 7).
7. Teggeler
Der Goldschmied erscheint im Stadtbuch zwischen 1332 und 1355 im Zusam-
menhang mit diversen Finanztransaktionen. 1355 bestätigen seine Söhne
Johann und Hinrich (sicher als Volljährige) ein Grundstücksgeschäft des
Vaters.
NB
Der Name variiert: tegellen, tegele, teghele, mehrfach auch eg(g)eling, nicht
teggelsen (s. Nr. [11]) und stets ohne Vornamen.
8. Nicolaus
Im Stadtbuch werden der Goldschmied 1336 und 1347 seine Witwe erwähnt.
153
schmitt“ und die Frau des Hans Holthusen (wohl des Goldschmieds, s. Nr.
14).
Abb. 3 Becher des Goldschmiedes Gottfried Marckendorff, 1662, Kat. Nr. 23 (Dan-
neil-Museum, Inv. Nr. H 1117)
Geboren am 7.8.1701 als Sohn des Goldschmieds Johann Heinrich Sauer (s.
Nr. 30) und seiner Ehefrau Ilsabe Maria Martens.
Er heiratet vor 1727 Anna Maria Fricke; Kindtaufen 1727, 1731, 1736, 1739
und 1741. Als Taufpaten werden 1731 die Goldschmiede Johann Heinrich
159
Sauer (s. Nr. 30) und Andreas Scheffler (s. Nr. 34), 1736 Andreas Scheffler
und 1739 der Goldschmiedegeselle Friedrich Sauer (s. Nr. 35) genannt.
Werke:
a) Objekt dat. 1747. Internet („silberpunze.freehost.de“)
Geboren als Sohn des Bürgers und Brauers Johann Joachim Neffe in Stendal.
Heirat am 2.12.1763 mit der Leinwebertochter Anna Maria Elisabeth Schäfer;
zwischen 1765 und 1771 werden vier Kinder geboren, von denen zwei
innerhalb der ersten drei Lebensjahre sterben.
Erneute Heirat am 28.1.1777 mit der Bäckertochter Catharina Elisabeth
Hemstedt, mit der er zwischen 1777 und 1793 vier Kinder taufen lässt.
Das Taufregister St. Marien erfasst ihn als Paten 1781 beim Kupfer-
schmiedsohn Gottlieb Leopold Lindemann und 1783 beim Tuchmachersohn
Johann Daniel Christoph Friedrich Schultz. 1776/77 ist er Schützenkönig.
Er wohnt 1769/86 in der Schmiedestraße und 1793 am Neuenthor (als
„Bürger, Goldschmidt und Brauer“ in der Altstadt).
Werke:
a) Esslöffel dat. 1774. Privatb. R. K.
161
Geboren am 30.6.1737 als Sohn des Goldschmieds Andreas Scheffler (s. Nr.
34) und seiner Ehefrau Maria Georgi.
Der Goldschmiedegeselle „Christian Scheffler in Berlin“ erscheint so im
Taufregister St. Marien 1759 als Pate.
Seine Frau Margaretha ist 1777 Patin bei der Tochter Margarethe des Gold-
schmieds „an der Burg“ Johann Gottlieb Friedrich Neffe (s. Nr. 39), er selbst
Pate 1782 beim Feldscherersohn Albrecht Christian Friedrich Schultz und
1784 beim Schuhmachersohn Johann Joachim Christoph Schmidt.
Gestorben als Goldschmied im Alter von 72 Jahren am 22.3.1809.
Werke:
a) Esslöffel dat 1777. Salzwedel, J.-F.-Danneil-Museum
Der Goldschmied eröffnet 1845 sein Gewerbe und zahlt 1846 Bürgergeld.
Im Adressbuch zwischen 1863 und 1877, später als Fotograf (als Schützen-
könig zeigt er 1872 einen Fotoapparat auf seinem Schützenschild).
Seine Ehefrau Caroline geborene Wand(e) stirbt am 4.10.1877 im Alter von
61 ½ Jahren.
Gestorben nach 1878.
Werke:
165
(vertieft)
Geboren am 26.6.1825 als Sohn des Goldschmieds in Salzwedel Arndt
Christian Heinrich Rasch (s. Nr. 47).
Der Gold- und Silberarbeiter eröffnet 1851 sein Gewerbe.
Heirat mit Auguste Sophie Caroline Lampe, Tochter Elise Dorette Dorothea
stirbt am 18.1.1861 im Alter von 4 Monaten.
Im Adressbuch zwischen 1863 und 1877.
Werke:
a) Schützenschild von 1860. Salzwedel, J.-F.-Danneil-Museum
(vertieft) (vertieft)
Im Adressbuch 1872.
Ein Kind, zwei Wochen alt, stirbt 1877.
Die Klassensteuer-Einschätzungskommission führt ihn 1887/88 als Mitglied.
1895 wird er bei Reparatur einer Schützenkette erwähnt.
Gestorben 1902; die Witwe führt das Geschäft bis 1906 fort.
Werke:
a) Diverse Schützenschilde 1877/1894. Salzwedel, J.-F.-Danneil-Museum
(vertieft)
b) Kaffeelöffel um 1870. Privatbesitz K.
(vertieft)
Im Adressbuch zwischen 1888 und 1910, fertigt aber noch 1921 einen
Schützenschild.
Werke:
166
(vertieft)
Im Adressbuch zwischen 1888 und 1902 (auch Graveur).
1893 Besitzer des Hauses Nr. 254.
Sein Geschäft übernimmt 1919 der Juwelier Arthur Schmidt (s. Nr. 63).
Werke:
a) Diverse Schützenschilde 1887/1912. Salzwedel, J.-F.-Danneil-Museum
(vertieft)
Im Adressbuch zwischen 1877 und 1881.
Werke:
a) Zwei Schützenschilde 1878/1881. Salzwedel, J.-F.-Danneil-Museum
(vertieft) (vertieft)
Der Juwelier übernimmt 1910 das Geschäft von C. Pardölk (einem gelernten
Uhrmacher) und 1919 das des Franz Schernikau (s. Nr. 59).
Sein Sohn Werner wird ebenfalls Goldschmied.
Sein Bruder Paul Schmidt ist Goldschmied in Quedlinburg
Werke:
a) Diverse Schützenschilde 1925/1932. Salzwedel, J.-F.-Danneil-Museum
(vertieft)
Er ist 1913 im Geschäft von W. Frohse (s. Nr. 58) beschäftigt.
167
Werke:
a) Schützenschilde 1923/24. Salzwedel, J.-F.-Danneil-Museum
67. Meister MS
Werke:
a) Schützenschild dat. 1713. Salzwedel, J.-F.-Danneil-Museum
1
Ausstellung vom 2. September bis 30. Dezember 2016, verlängert bis 2. April 2017.
170
Abb. 1 Titelblatt des 1. Jahresberichtes des Vereins aus dem Jahr 1838
Abb. 2 Abbildungsbeilage des 1. Jahresberichtes mit mehreren Objektzeichnungen,
1838
Dass zur Vereinsgründung bzw. kurze Zeit später bereits eine Anzahl von
Objekten zur Sammlung gehörte, belegen die Ausführungen im 1. Jahres-
bericht. Hier werden verschiedene Sammelgruppen vorgestellt. Der Verein
besaß zu dieser Zeit bereits 21 Originalurkunden, die aus dem Mittelalter bzw.
2
1. JBAGV, 1838, S. 82, § 34.
3
1. JBAGV 1838, S. 83, § 39.
172
der frühen Neuzeit stammten. Diese hier einzeln aufgeführten Stücke kamen
durch Schenkung an den Verein. Darüber hinaus gab es auch eine Reihe von
Urkundenabschriften in diesem Konvolut. Auch für die Vereinsbibliothek war
hier bereits der Grundstock gelegt, eine Übersicht der Bücher dem Jahres-
bericht als Anlage angehängt, die allerdings nur bescheidene 47 Titel enthielt.
Für die im Aufbau befindliche Münzsammlung wurden bereits einige Schen-
kungen hier vorgestellt, auch Siegelabdrücke erwähnt, die in die Sammlung
eingegangen waren. Über die archäologischen Funde berichtete Danneil mit
einer erweiterten Einführung in die Archäologie. Er erwähnte hier, dass neben
Schenkungen von Mitgliedern auch Ausgrabungsergebnisse bereits Eingang
gefunden hatten.
Dabei ging Danneil auf die Erfassung von Großsteingräbern ein, die ein vor-
dringliches Ziel der Vereinstätigkeit sein sollte. Er erwähnt den Umstand, dass
sich zu dieser Zeit bereits Dokumentationen im Vereinsarchiv befänden, die
als Grundlage für weitere Erfassungsarbeiten bzw. einer umfassenden Karte
dienen könnten.
Die seit 1838 gedruckten Jahresberichte haben eine wichtige Rolle bei der
Dokumentation der Sammlungsgeschichte des Vereins. Hier wurde neben den
Regularien, Berichten über Vereinstagungen und deren Vorträge in unter-
schiedlicher Ausführlichkeit auch über Schenkungen und Neuerwerbungen
berichtet. Neben den Informationen zu Fundstätten und Fundumständen
geben sie auch Hinweise auf diejenigen Personen, die als Geber auftraten.
In der ersten Satzung von 1836 war im § 21 bereits festgeschrieben, dass der
Verein für seine vorhandenen bzw. noch anzulegenden und zu erweiternden
Sammlungen ein „Lokal“ benötigt, in dessen Räumlichkeiten die Objekte
aufbewahrt und genutzt werden könnten und die gleichzeitig auch als Ort der
Zusammenkunft für Vereinsversammlungen dienen sollten.4 Die ersten Ver-
suche, ein solches ständiges Sammlungs- und Versammlungsdomizil einzu-
richten, waren jedoch noch nicht von Erfolg gekrönt.
Allerdings war das Bemühen darum wohl recht intensiv, so dass im zweiten
Jahresbericht von 1839 bereits von einer erfolgreichen Anmietung bzw.
Schaffung einer eigenen Vereinslokalität berichtet werden konnte. Die Stadt
Salzwedel stellte einen großen Saal im leerstehenden 3. Stockwerk des Neu-
städter Rathauses zur Verfügung, „den gegen Westen gelegenen Theil vom
dritten Stockwerke“. Die dazu abgeschlossene langfristige Nutzungsverein-
barung sah eine garantierte Nutzungsdauer von mindestens 15 Jahren vor,
wobei die genauen Modalitäten einer späteren Rückgabe bis zum 35. Jahre
nach Vertragsbeginn geregelt waren. Für die Nutzung musste der Geschichts-
verein jedoch die nötigen Ausbauarbeiten auf eigene Kosten durchführen.
Diese umfassten eine finanzielle Planungssumme von ca. 200 Talern. Der
nach den Arbeiten zur Verfügung stehende Raum hätte dann eine Größe von
40x30 Fuß bei 21 Fuß Raumhöhe.5 Im Nachhinein bzw. ergänzend erfolgte
eine vertragliche Fixierung der Nutzungsrechte des Vereins in der städtischen
Immobilie mit einem Kontrakt vom 15. Juni 1844, der auch eine Entschä-
4
1. JBAGV 1838, S. 80.
5
2. JBAGV 1839, S. 5.
174
6
13. JBAGV 1863, S. 5.
175
7
3. JBAGV 1840, S. 4.
8
4. JBAGV 1841, S. 4, 16.
9
5. JBAGV 1842, S. 4.; Salzwedelsches Wochenblatt, Nr. 22, v. 29. Mai 1841, S. 173.
10
12. JBAGV 1859, S. 4.
11
13. JBAGV 1863, S. 4/ 5.
176
Am 2. Mai 1900 fand eine Vorstandssitzung statt, die hauptsächlich die bessere
Unterbringung der Vereinssammlungen zum Thema hatte. Es wurden mit der
Stadt Salzwedel bereits Verhandlungen geführt, die jedoch noch zu keinem
Ergebnis geführt hatten.18 Auch 1903 war das Thema weiterhin akut. Es
fehlten immer noch trotz verschiedener Bemühungen Räume für die Samm-
lung und Bibliothek. Der Vorstand widmete sich in einer intensiven Diskus-
12
13. JBAGV 1863, S. 5.
13
15. JBAGV 1865, S. 160/161.
14
15. JBAGV 1865, S. 161.
15
23. JBAGV 1890, S. 164.
16
24.02. JBAGV 1897, S. 86.
17
26. JBAGV 1899, S. 156.
18
28. JBAGV 1901, S. 116.
178
sion der Problematik der Sammlungen, die sich noch immer in der Marien-
kirche befanden.19
Mit dem Neubau der Höheren Töchterschule in Salzwedel zeichnete sich eine
Verbesserung der Lage ab. Bibliothek und Sammlungen wurden zeitlich
gestreckt nach und nach in der Schule untergebracht.20
1905 war hier schon die Bibliothek des Vereins zu finden und konnte dort
genutzt werden. Gleichzeitig waren noch Verhandlungen zur Unterbringung
der gesamten Sammlungen in der Töchterschule im Gange.21 Die enge Anbin-
dung an das neue repräsentative Gebäude und die Hoffnung auf eine dauer-
hafte Regelung zeigt auch die Tatsache, dass am 5. September 1906 der
Geschichtsverein sein 70-jähriges Jubiläum hier mit einer Festveranstaltung
beging.22 Bei der Generalversammlung am 9. September 1908 in Apenburg
wurde schließlich über den vollendeten Komplettumzug von Bibliothek und
Sammlung berichtet. Der Umzug der Sammlungen sei vollzogen und beendet
und diese im Erdgeschoss der höheren Mädchenschule untergebracht. Die
Sammlung war neu geordnet und konnte von Vereinsmitgliedern besichtigt
werden.23 Bereits zuvor war die Neuordnung und Neukatalogisierung der
Bibliothek verkündet worden.24
In diesem Zusammenhang erwähnte der Bericht allerdings auch, dass 1906
sich zwar die Bibliothek schon in der Töchterschule, die eigentlichen Samm-
lungen jedoch im Rathaus befunden hätten.25 Die Unterbringung von Samm-
lungsteilen im Rathaus, zu dieser Zeit also schon in den Räumlichkeiten des
ehemaligen Franziskanerklosters, wurde sonst an keiner weiteren Stelle
erwähnt. Ob es sich hier ev. um eine kurzzeitige Zwischenlösung vor Ab-
schluss der Bauarbeiten bzw. Verhandlungen in der Töchterschule handelt, ist
möglich, jedoch nicht ganz klar ersichtlich. Vielleicht waren die Sammlungen
tatsächlich nach 1890 als Zwischenlösung in das Rathaus gebracht wurden.
Dass die zur Verfügung stehenden Räume in der Mädchenschule als Dauer-
lösung schließlich doch nicht ausreichten, verdeutlicht ein Vermerk aus dem
Jahre 1912, mit dem darauf hingewiesen wurde, dass die Sammlungen
überhaupt nicht vollständig im Lyzeum aufgestellt werden konnten und die
noch nicht geordneten mittelalterlichen Schnitzaltäre, also der Bestand
sakraler Kunst, in der Kapelle der Marienkirche wieder aufgestellt werden
19
Vorstandsitzung am 22. Juni 1903, 31.02. JBAGV 1904, S. 136.
20
33. JBAGV 1906, S. 140.
21
32. JBAGV 1905, S. 130.
22
34. JBAGV 1907, S. 167.
23
36. JBAGV 1909, S. 108.
24
34. JBAGV 1907, S. 7.
25
34. JBAGV 1907, S. 168.
179
bzw. bleiben müssen, da für sie kein Platz in der Schule sei.26 Bei dieser Kapelle
handelt es sich um den seit 1860 vom Verein bereits genutzten Raum in der
Marienkirche.
Im Jahresbericht von 1912 wird für den Berichtszeitraum 1911 erstmals auch
die Rubrik „Museumsbericht“ aufgenommen. Der Begriff Museum wurde in
der Vergangenheit allerdings auch schon gelegentlich als allgemeine Bezeich-
nung für die Sammlungen an sich genutzt. So bezeichnete Theodor Zechlin
1887 die Sammlungen sogar als „altmärkisches Museum“. Die 1912 tatsächlich
als Museum benannten Sammlungen des Vereins waren nun mit regulären
Öffnungszeiten versehen: in der warmen Jahreszeit, sonntags von 11 bis 13
Uhr, sonst auch nach Absprache mit dem Kastellan.27
Noch im Jahre 1915 wurde die zweigeteilte Aufbewahrung der Sammlung in
der Höheren Mädchenschule und der Bestand sakraler Kunst in der Marien-
kirche beklagt. Das umso mehr, als offensichtlich eine Reihe von Zugängen die
Sammlungen erweiterten. Es stünde immer noch die „Ordnung und völlige
Aufstellung der Museumsgegenstände“ an. In diesem Zusammenhang fand auch
26
39. JBAGV 1912, S. 63.
27
39. JBAGV 1912, S. 53.
180
die Tatsache Erwähnung, dass Bildwerke bzw. Gemälde ebenfalls aus Platz-
gründen in den Bibliotheksräumen präsentiert wurden. Ein Problem, das
ebenfalls beklagt wurde, war das Fehlen von Präsentationshilfsmitteln,
„Schauschränke“, die vor allem für Sammlungsstücke aus Mittelalter und
Neuzeit benötigt wurden.28
In der Zeit des 1. Weltkrieges dann ruhte die Vereinstätigkeit weitgehend. Mit
der Wiederbelebung des Vereins und der ersten Nachkriegstagung am 15.
September 1920 stand auch wieder das Problem der unzureichenden Unter-
bringung der Sammlung bzw. das Fehlen eines eigenen Vereinsgebäudes auf
der Tagesordnung.
Max Adler übergab dem Verein einen Kapitalsockel von 400 Mark Reichs-
anleihe und 105,50 Mark auf einem Sparbuch „für die Unterbringung des
Museums“ mit der Auflage, dass diesem sogenannten Museumsfonds jährlich
1 Prozent der Vereinseinnahmen gutgeschrieben würden bis ein eigenes Muse-
umsgebäude errichtet worden wäre. Max Adler hatte bereits vor dem Krieg
gemeinsam mit anderen einen „Verein zum Bau eines Museums“ gegründet.
Allerdings wurden die Beiträge der ersten über 30 Mitglieder dieses Vereins
durch die Inflation völlig entwertet. Im Jahre 1923 wurde erneut über einen
Umzug berichtet. Zumindest die Bibliothek musste wieder aus dem Lyzeum
umgelagert und in der Marienkirche aufgestellt werden.
Einen Schritt zur „Kommunalisierung“ der Sammlungen des Geschichts-
vereins war deren förmliche Unterstellung unter dem Kommunallandtag der
Altmark. Hier wurde ein Vertrag geschlossen, der sowohl den Betrieb eines
Museums, die Erlaubnis zu archäologischen Ausgrabungen und den Erwerb
von Altertümern ermöglichte.29 Eine Privatinitiative, die Räumlichkeiten und
Mittel für die Unterbringung des Museums zur Verfügung stellen wollte,
konnte aus baupolizeilichen Gründen nicht angenommen werden.30
Museumsgründung
In den nächsten Jahren wurde auch seitens der Stadtverwaltung das Problem
der Sammlungsunterbringung behandelt und wohl auch als eigenes Anliegen
definiert. Nachdem 1927 durch den Salzwedeler Bürgermeister Roediger dem
Verein „würdigere Räume“ für Bibliothek und Sammlungen zugesagt worden
waren, nahm die Lösung des Problems konkretere Formen an.
28
41./42. JBAGV 1915, S. 54.
29
43. JBAGV 1925, S. 44.
30
45. JBAGV 1927, S. 70 ff.
181
Eine der Grundlagen für die letztlich endgültige Unterbringung der Samm-
lungen des Geschichtsvereins wurde dann mit dem Erwerb des Wohngrund-
stückes der Familie von der Schulenburg, der sogenannten Propstei, durch die
Stadt Salzwedel im Jahre 1928 gelegt. Der Landkreis Salzwedel übernahm
dann zum 5. August 1928 die Sammlungen des Vereins in Trägerschaft.
Grundlage dafür war ein Vertrag vom 30. Juni zwischen dem Kreis Salzwedel
und dem Altmärkischen Verein für vaterländische Geschichte.31 Mit diesem
Vertrag war auch die Sicherung des „Erwerbungsrechtes“ für den Verein nach
dem Preußischen Ausgrabungsgesetz verbunden. Der Landkreis als Inhaber
des Erwerbungsrechtes beauftragte den Verein formell mit der „Zuführung von
Fundgegenständen in das Museum“. Im Jahre 1930 nahm dann das Vorhaben,
die Sammlungen des Vereins im 1. Obergeschoß der Propstei unterzubringen,
konkrete Formen an. Die in diesem Jahr begonnene Einrichtung des Museums
erwies sich allerdings als anspruchsvolle Aufgabe. Die ursprünglich für 1931
vorgesehene Eröffnung musste mehrfach verschoben werden. Ein Grund
dafür war das Bemühen des verantwortlichen, ehrenamtlichen Museums-
leiters Franz Bohnstedt, mit der Neuaufstellung auch eine neue, bzw. überar-
beitete Inventarisierung zu bewerkstelligen. So berichtete er im Jahre 1930
über 2.400 inventarisierte bzw. katalogisierte Objekte.32
Diese intensive Vorarbeit mündete dann in einer großen Eröffnungszeremonie
am 28. September 1932, in der das Museum, als Kreisheimatmuseum mit dem
Ehrennamen Johann Friedrich Danneil versehen, der Öffentlichkeit überge-
ben wurde. In der Festschrift zum 100-jährigen Bestehen des Salzwedeler
Wochenblattes im Jahre 1932 wurde die Eröffnung als Resultat der lang-
jährigen Aktivitäten des Geschichtsvereins gewürdigt: „So stand denn Salz-
wedel am Mittwoch, d. 28. September 1932 im Zeichen eines Ereignisses, das
historische Bedeutung hatte. Nach rund 20jähriger Vorbereitungszeit konnte der
Altmärkische Geschichtsverein seine seit einem Jahrhundert aus der Zeit Danneils
gesammelten historischen Werte in dem denkwürdigen Herrensitz der von der
Schulenburg, der Propstei, unter der Obhut des Kreises Salzwedel der Oeffent-
lichkeit übergeben.“ 33
31
Abschrift, Danneil-Museum, AA 1932.
32
48. JBAGV 1933, S. 82.
33
K. Neuber: Das Kreis-Museum Salzwedel (Johann-Friedrich-Danneil-Museum) In: Festschrift
100jähriges Bestehen des Salzwedeler Wochenblatt. 1932. S. 203-207.
182
In seinem Bericht zur Museumsgründung ging der Autor dort auch auf die
Themen der ausgestellten Sammlungen ein, die schwerpunktmäßig dem
Bereich der Ur- und Frühgeschichte zuzurechnen waren. Neben den Funden
aus Stein-, Bronze- und Eisenzeit wurden hier jedoch auch Objekte aus dem
Mittelalter, wie diverse Waffen, erwähnt. Die Volkskunde war mit Exponaten
aus Industrie, Handwerk und Hauswirtschaft vertreten. Siegel und Münzen
waren separat ausgewiesen. Auch historische Abbildungen waren vertreten.
Die Münzsammlung mit ca. 2000 Stück wurde hier besonders herausgehoben.
Besonderes Augenmerk erhielt auch die Sammlungsgruppe der „Kirchlichen
Kunst“. Hierzu zählten auch besondere Einzelstücke wie die Salzwedeler
Madonna, die heute noch als Wahrzeichen für das Danneil-Museum und seine
Sammlungen steht.
183
Etwas großspurig hätte ich den Titel wählen können: Erinnerungen an ein
Drittel der Vereinsgeschichte, aber das wäre eine erhebliche Übertreibung
gewesen, wenn ich auch folgende Zahlen anführen will. 1836 wurde der
Verein gegründet, feiert nun also sein 180jähriges Jubiläum. 1957 bin ich
beigetreten, also 59 Jahre dabei und wie ich mit Erstaunen festgestellt habe,
auch schon seit 1998 Vorsitzender, 18 Jahre, das ist ein Zehntel der
Vereinsgeschichte - aber genug der Zahlenspielereien.
Wie hat alles begonnen? Wir lebten bis zu unserer Flucht 1945 in Perleberg
und hatten in der Wohnung unsere Ahnenbilder. Die waren so selbst-
verständlich vorhanden, wie der Hausrat und die Möbel und sie wurden uns
Kindern nicht etwa mit großem Zeigefinger nahegebracht. Wir liebten beson-
ders einen um 1740 gemalten Johann Balthasar v. Barsewisch, weil er so
lebensvoll und jovial aussah. Alles blieb zurück, die Bilder sind natürlich
vernichtet, weil die Russen in die Wohnung einzogen. Aber dann geschah
etwas, als ich 19 oder 20 Jahre alt war: Eine Schwester meines Vaters zog mit
einem legalen Umzug um 1955 in den Westen und brachte weitere Familien-
bilder mit. Darunter war der Bruder des geliebten Ahnherrn, sehr viel schlech-
ter gemalt, aber doch aus der gleichen Zeit und mit einer gewissen Ähnlich-
keit. Auf dem Bild stand: Johann Rudolf v. Barsewisch, Erster Deichhaupt-
mann der Altmark. Fragen über Fragen. Was ist ein Deichhauptmann? Was
ist ein Erster Deichhauptmann? Und überhaupt: Altmark? Und wer ist Johann
Rudolf? Die altmärkische Herkunft unserer Familie war immer bekannt, aber
zuletzt hatte sich mein Urgroßvater im Jahr 1880 mit der Familiengeschichte
genauer beschäftigt und mein Vater konnte mich nur auf dessen gerettete
Chronik verweisen, nachdem unser Archiv ebenfalls in Perleberg verblieben
war.
und anderen Ahnenfamilien, besonders der Familie meiner Mutter, den Edlen
Gänsen zu Putlitz.
Als Student in Berlin las ich die Altmärkischen Jahresberichte und erfuhr
davon, dass eine Arbeitsgemeinschaft des Altmärkischen Vereins für vaterlän-
dische Geschichte zu Salzwedel gegründet worden war und wurde Mitglied.
Ich habe keine der Versammlungen besuchen können. Es gab kleine, un-
scheinbare hektografierte Blättchen als Mitteilungen, bis 1959 der erste neue
Bericht erschien, der 55. Jahresbericht des Vereins. Darin heißt es im Geleit:
„Die Nöte unseres geteilten Deutschlands zwingen uns, aus der Ferne für
unsere Heimat, die Altmark, zu wirken. Aber wir bleiben ihr auf diese Weise
innerlich verbunden und dienen damit auch dem größeren Vaterlande, bis der
Tag kommt, wo wir wieder vereint mit unseren Landsleuten daheim unsere
Arbeit fortsetzen können …“. Dem Vorstand gehörten die Herren Meyer,
Neuling, Nachtigall, Langhammer, Hollmann und Dannemann an. Dr. Meyer
hatte 1956 zu einer Gründungsversammlung des in der Heimat ruhenden
Vereins aufgerufen. Dr. Langhammer war ehemals Leiter des Museums
Stendal, Dr. Neuling ehemals Leiter des Museums Salzwedel. 1957 erfolgte ein
Anschreiben an 500 Altmärker, die im Westen lebten. Bei einem Altmärker-
Treffen in Bielefeld wurde Werbung für die Arbeitsgemeinschaft gemacht.
Dadurch muss wohl auch die Nachricht an mich gekommen sein, so dass ich
eingetreten bin. 1958 war eine erste Hauptversammlung erfolgt. Über die
Hauptversammlung 1960 berichtet der 56. Bericht. Es gab damals 103 Mitglie-
der, von denen 36 in Berlin-West wohnten und man beschloss die Sitzung mit
einem Tiegelbratenessen, was man als besonders altmärkisch empfand, was
mir aber noch wieder begegnet ist.
Im 57. Bericht 1963 wird folgender verstorbener Mitglieder gedacht: Dr. Udo
v. Alvensleben-Wittenmoor, dem die Rettung der Domfenster in Stendal mit
zu verdanken war, Dr. Georg Ebert, Bankdirektor aus Stendal, Johann
Heitfeld, Bankbeamter aus Salzwedel, Rechtsanwalt und Notar Heinrich Ruff
aus Salzwedel, Oberingenieur Fritz Gustav Olschewski aus Tangermünde und
Werner Sorgenfrei, Kaufmann aus Osterburg. Ich erwähne das ausführlicher,
nur um zu zeigen, welcher Exodus an Bildungsbürgertum die DDR ge-
schwächt hat.
1978 konnte ich das erste Mal die Altmark bereisen. Mit meiner älteren
Schwester wohnten wir bei Verwandten in Genthin und haben verschiedene
uns interessierende Orte besucht. Welch ein Unterschied: Man liest in den
Kunstdenkmälern der Provinz Sachsen über die Dorfkirchen. Überall Feld-
steinkirchen, romanischer Beginn etc. Aber wenn man die dann wirklich
selber sieht, wird alles so viel anschaulicher. In Vielbaum lagen Figuren-
187
Die Wende 1989 eröffnete natürlich völlig neue Aspekte. Nach einer Vorbe-
sprechung in Neupervertor in Salzwedel am 25. April 1992 wurde zu einer
Mitgliederversammlung am 5. September einberufen. 27 Mitglieder und 26
Gäste nahmen teil. In dem im 69. Bericht 1992 abgedruckten Protokoll heißt
es „Die damalige Versammlung zeigte die ganze Misere eines Heimatvereins
im Exil, dessen Mitglieder sich aus Altersgründen oder ihrer weitgestreuten
Wohnsitze wegen die Teilnahme an Mitgliederversammlungen versagen
mussten. Andererseits war aus der zugesperrten Heimat kein Nachwuchs zu
erhoffen“. Aber das war vorbei. Der neu gewählte Vorstand bestand aus Dr.
Io v. Kalben, Landwirt und Steuerberater, der in Vienau in der Altmark
wieder angesiedelt war, Frau Helga Weyhe, Dr. Peter Hou, Frau Helga Hou,
Dr. Ernst Block, Manfred Lüders und Pfarrer Adolf Krüger, Beuster. Nur noch
Frau Hou, geb. v. Kalben, verkörperte damals die Exil-Altmärker. Der Verein
hatte in der Heimat neue Wurzeln geschlagen. Im November 1992 konnte man
nun125 Mitglieder zählen.
Ich selber hatte 1993 meine Zelte in München abgebrochen und mich wieder
in meine eigene Urheimat, in die Prignitz begeben und im Geburtshaus meiner
Mutter in Groß Pankow mit Partnern die Augen-Tagesklinik eröffnet. Seit der
Zeit konnte ich dann auch an Sitzungen und Exkursionen des nun wieder in
Salzwedel ansässigen Vereins teilnehmen.
Zu der Vorstandswahl im Herbst 1998 wollte Dr. v. Kalben nach 6 Jahren aus
Altersgründen nicht mehr kandidieren. Herr Eberhagen rief mich am Freitag
an, ob ich am nächsten Tag bereit wäre, für den Vorsitz zur Verfügung zu
stehen? Nicht ganz leichten Herzens habe ich zugestimmt und nun sind es
schon 18 Jahre, dass man mit mir als Vorsitzenden vorliebnehmen muss.
ren anderen Vereinen erkundigt und dann geschrieben, dass wir schließlich
seit 1836 wissenschaftliche Publikationen herausgeben, die satzungsgemäß
den Vereinszweck erfüllen und dass es keinen Wirtschaftsbetrieb gibt. Das
wurde dann schließlich anerkannt.
Dann gab es im selben Jahr die unselige Idee, das Danneil-Museum zu schlie-
ßen und anderem Ort fortzuführen. Mit einem Offenen Brief an Bürger-
meister und Landrat habe ich das Gewicht des Vereins in die Waagschale
geworfen, dass es für die Probstei keine geeignetere Nutzung als das Museum
gäbe und dass ebenso für die Sammlungen die Probstei der beste Standort
wäre. Auch mit Hinweis auf den aufkeimenden Tourismus kam diese Idee
vom Tisch.
Unser Flyer wurde gestaltet, ich saß mit dem Mitarbeiter der Druckerei Koch
in Pritzwalk am Computer und wir haben die Bilder zusammengeschoben und
teils verschönt.
Jahrelang machten uns die Vereinsberichte Sorgen, erschienen zu spät, waren
im Druck teuer usw. Da haben wir riesige Fortschritte gemacht. Zuletzt
dadurch, dass Herr Fettback günstigere Druckmöglichkeiten fand und das
Layout selbst gestaltete, so dass die Berichte auch kein finanzielles Problem
mehr darstellten. Sehen Sie nur, wie prächtig die nun daherkommen, sogar
mit Farbdruck.
Auf den Exkursionen haben wir viel gesehen und viel gelernt. Immer unter-
stützt durch Menschen vor Ort. Ich denke besonders an die gemeinsam mit
dem Verein für Geschichte der Prignitz durchgeführte Tagung in Havelberg
zurück. Dieser Prignitz-Geschichtsverein wurde wesentlich durch meine
Anregung nach dem Muster des Altmärkischen Geschichtsvereins gegründet,
hat nun ebenfalls eine Reihe renommierter Jahresberichte herausgegeben und
die gemeinsame Tagung in Havelberg über Elbe-Themen war hervorragend
besucht. Eine ähnliche Tagung planen wir für den 5. Mai 2018 in Wittenberge,
auch einer Nahtstelle zwischen Altmark und Prignitz, den Keimzellen der
Mark Brandenburg.
Mit Dank denke ich an die tatkräftige Arbeit des Vorstands und die Treue der
Mitglieder zurück und kann nur schließen mit dem Ausruf: „Weiter so!“ Zum
mindesten für die nächsten 180 Jahre.
189
Mehrere Vorträge widmeten sich der Geschichte der Familie von der
Schulenburg bzw. ihrer Besitzungen.
Einführend sprach Paul-Werner von der Schulenburg aus Apenburg über ein
ganz persönliches Thema. Unter dem Titel „Was treibt einen Schulenburg zur
Rückkehr in die Altmark?“ ging er auf seine Neuansiedlung nach den
politischen Veränderungen von 1989/ 1990 in der Altmark ein. Dabei führte
er vorab einen Exkurs in die frühe Entstehungsgeschichte der Familie von der
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Schulenburg, um dann auch über eigenes Erleben als Kind und dem Weggang
aus seiner Heimat zu berichten. Er bezeichnete sich dabei als Migrant im
eigenen Land. Im Rahmen seines Vortrages ging er auch auf das Bemühen des
Familienverbandes ein, die Quellen der eigenen Geschichte zu erforschen bzw.
die Ergebnisse zu publizieren. Paul-Werner von der Schulenburg berichtete
über wirtschaftliche Initiativen von Familienmitgliedern nach der Wiederver-
einigung. So gibt es 13 sogenannte Rückkehrer, die im Osten Deutschlands
wieder eigene Betriebe etabliert und dazu 32% der in der Bodenreform
enteigneten Flächen erworben haben. Zu diesen Betrieben gehört auch das
Gut Apenburg, das vom Referenten seit 1993 wieder eingerichtet wurde und
heute aus ca. 480 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche und 100 ha Wald besteht,
einer Flächengröße, die ungefähr dem Landbesitz seines Großvaters ent-
spricht.
Epitaphien für Werner XVII. von der Schulenburg und Albrecht IV. von der
Schulenburg. Er konnte mit einer Reihe von Vergleichswerken die kunsthisto-
rischen Querverbindungen für die Gestaltung der Epitaphien freilegen und
auch besonders die künstlerischen Handschriften und Gestaltungsvorlagen
herausarbeiten. Bernd-Wilhelm Linnemeier informierte auch über jüngste
Bestrebungen, die bis dahin in der Kricheldorfer Kirche in Einzelteilen einge-
lagerten und stark in Mitleidenschaft gezogenen Grabdenkmäler zu restau-
rieren und einen neuen Standort zu finden.
Hierzu konnte Herr Dr. Gerhard Ruff aus Salzwedel ergänzend den aktuellen
Stand des Projektes schildern. Es ist daran gedacht, einen Förderkreis zu
gründen, der die Finanzierung der Restaurierungsmaßnahmen, wie auch die
Wiederaufstellung der beiden Epitaphien, möglicherweise in der Mönchs-
kirche Salzwedel, begleiten soll.
Jens Winter unternahm mit seinem Vortrag einen Blick über die heutige
Landesgrenze und sprach über: „Fritz VII. von der Schulenburg und der
Niedergang des mittleren Hauptzweigs der weißen Linie derer von der
Schulenburg. Besitzverhältnisse in Brome am Ende des 15. Jahrhunderts.“
Dabei ging er auch auf Grabplatten in der Kirche Altendorf ein, die zu diesem
Zweig der Schulenburgschen Familie gehören.
Im Laufe des Jahres wurde der 86. Jahresbericht des Vereins für das Berichts-
jahr 2015 herausgegeben und den Mitgliedern zugesandt. Für die laufende
Publikationstätigkeit wurde noch einmal darauf verwiesen, dass in der Regel
nur unpublizierte Beiträge angenommen und herausgegeben werden. Die seit
mehreren Ausgaben im Digitaldruck erscheinenden Jahresberichte sollen in
Zukunft grundsätzlich farbig hergestellt werden. Die Anzahl der hergestellten
Exemplare wird dabei dem Bedarf gemäß auf 200 Exemplare beschränkt.
Vereins öffentlich zur Ansicht und zum Download bereitgestellt. Dazu wurde
das komplette Inhaltsverzeichnis erschlossen (Hildebrandt, Adolf Matthias:
Die Grabsteine und Epitaphien adeliger Personen in und bei den Kirchen der
Altmark. Wortgetreue Copien der an denselben befindlichen Inschriften, und
genaue Beschreibung der daran angebrachten Wappen. Gardelegen 1868.).
Hierzu soll es auf der Frühjahrstagung 2017 in Salzwedel einen Informations-
und Einführungsvortrag geben.
Das seit dem Jahre 2013 verfolgte Projekt, gemeinsam mit dem Berliner
Ägyptologen und Historiker Karl-Heinz Priese (1935-2017) dessen Material-
sammlung zu mittelalterlichen Grabsteinen der Altmark zu aktualisieren und
im Druck zu publizieren, konnte nicht vollendet werden. Herr Priese verstarb
am 27. Januar 2017. Der Vorstand ist mit den Nachlassverwaltern wegen einer
posthumen Veröffentlichung in Kontakt.
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Mitglieder/ Vorstand
Drei neue Mitglieder konnten gewonnen werden, die an dieser Stelle nochmals
herzlich begrüßt seien:
Abb. 2 Tagungslokal im Saal des Beverhotel mit Ansage zum Mittagessen, Frühjahrs-
tagung, 9. April 2016
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Abb. 4 Gruppenbild beim Rundgang vor der Ruinenkulisse der ehemaligen Burg
Beetzendorf, Frühjahrstagung, 9. April 2016
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Kassenbericht
des Altmärkischen Vereins
für vaterländische Geschichte zu Salzwedel e.V.
Einnahmen 2016
Mitgliedsbeiträge 2.250,00
Spenden 508,00
Verkauf von Jahresberichten 82,00
Umbuchungen 1.000,00
Sonstige Einnahmen 0,00
7.029,00
Ausgaben 2016
Büromaterial, Porto, Druckkosten, Sonstiges -4.372,17
Bestand am 31. Dezember 2016 2.656,88
Volksbank Salzwedel
Bestand am 30.12.2015 2.643,88
Einnahmen 2016
Mitgliedsbeiträge 120,00
Spenden 20,45
Verkauf von Jahresberichten 56,00
Sonstige Einnahmen 0,00
2.840,33
Ausgaben 2016
Büromaterial, Porto, Druckkosten, Sonstiges 0,00
Umbuchungen -1.000,00
Bestand am 31. Dezember 2016 1.840,33