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Ludwig-Maximilian-Universität München

Historisches Seminar
Seminar: Das Deutsche Reich im Totalen Krieg 1943-1945
Dozent: Dr. Thomas Schlemmer
Eingereicht am 29.09. 2017

Strategisches Scheitern?
Die Luftwaffe an der Ostfront und der
„Operative Luftkrieg“

Paul Sommer-Weisel
Matrikel-Nummer: 11455606
Anschrift: Barer Straße 56 A, 80799 München
E-Mail: paulsommerweisel@gmail.com
Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung 1

2 Douhet in Deutschland – Vom „strategischen“ zum „operativen“ Luftkrieg 2

3 „Operativer Luftkrieg“ – Eine Begriffsbestimmung 12

4 Die Luftwaffe und der „Operative Luftkrieg“ 1933-1945 21

5 Das Scheitern der Luftwaffe - ein Scheitern der Doktrin? 33

6 Quellenverzeichnis 38

7 Literaturverzeichnis 39
1 Einleitung

Das militärische Scheitern der Luftwaffe in der vier Jahre währenden militärischen
Auseinandersetzung mit der Sowjetunion am Kriegsschauplatz der Ostfront 1941-1945,
sowohl in ihren Anstrengungen zur effektiven Bekämpfung der Roten Armee und ihrer
Luftstreitkräfte als auch das sukzessive Unvermögen der wirkungsvollen Ausschaltung der
industriellen „Kraftquellen“ der Sowjetunion, wird im Kontext der fachdiskursiven
Forschungstradition häufig mit dem perzipierten Versagen des ihr zugrundeliegenden
theoretischen „Gerüsts“ in Gestalt ihrer genuinen Luftkriegsdoktrin assoziiert1. Gemäß dieser
insbesondere innerhalb der angelsächsischen Luftkriegsforschung auch in zeitgenössischen
Analysen weit verbreiteten Lesart habe sich die luftwaffeneigene Doktrin letztendlich als
„Strategy for Defeat2“ erwiesen.
In der vorliegenden Arbeit möchte ich diese postulierte Verknüpfung der offiziellen
Luftwaffendoktrin mit dem Scheitern der deutschen Luftstreitkräfte an der Ostfront kritisch
untersuchen. Hierfür soll zunächst die Genese dieses doktrinären Phänomens innerhalb des
nationalen luftkriegstheoretischen Diskurses einer genealogischen Analyse unterzogen und
diese mit der sukzessiven Ausdifferenzierung divergierender doktrinärer Konzeptionen der
Luftkriegführung der Zwischenkriegszeit kontextualisiert werden. Die Formulierung einer
genuin „deutschen“ Luftkriegsdoktrin im Spannungsfeld der Evaluation der „nationalen“
Erfahrungshorizonte des Ersten Weltkrieges ebenso wie der reflektierenden Adaption der
Theorien international einflussreicher Vordenker der Luftkriegführung soll in einem
anschließenden Schritt durch die quellenkritische Analyse eines zentralen Dokuments der
Kodifizierung deutscher Luftkriegstheorie in Gestalt der sog. „Luftwaffendienstvorschrift 16“
konkretisiert werden. Auf der Grundlage dieser typologischen Charakterisierung soll daraufhin
die praktische Applikation der untersuchten Doktrin auf die Luftkriegführung im Zweiten
Weltkrieg mithilfe einer historischen Längsschnittanalyse des Einsatzes der Luftwaffe an der
Ostfront von seinen Anfängen im Zuge des „Unternehmen Barbarossa“ bis zum Kriegsende
im Sinne einer Fallstudie näher untersucht werden. Dabei sollen insbesondere die
Konsequenzen des für die deutsche Luftkriegskonzeption zentralen Elementes der
„Schwerpunktbildung“3 auf die praktische Operationalisierung des Luftwaffeneinsatzes auf
diesem Kriegsschauplatz fokussiert werden. In der abschließenden Analyse soll schließlich
die Problematik des spezifischen Stellenwertes der deutschen Luftkriegstheorie für die
militärische Niederlage synoptisch betrachtet und die Frage nach einer etwaigen Korrelation
des militärischen Scheiterns der Luftwaffe mit einem „doktrinären Versagen“ beantwortet
werden.

1
„The fate of the Luftwaffe proves that one can not fight successfully a war for which one is not
doctrinally prepared“, vgl. Ehrhart/Hurley, Air Power and Warfare. The proceedings of the 8th Military
History Symposium United States Air Force Academy, S. 156.
2
Vgl. Murray, Strategy for Defeat. The Luftwaffe 1933-1945, S. 299-320.
3
Maier, Der Aufbau der Luftwaffe und ihre strategisch-operative Konzeption, S. 293.

3
2 Douhet in Deutschland – Vom „strategischen“ zum „operativen“ Luftkrieg

Die historische Genese des als „Operativer Luftkrieg“4 bekannten polyvalenten Phänomens
der Luftkriegstheorie und deren sukzessive Evolution bis zur offiziellen Adaption als Doktrin
der Luftwaffe präsentiert sich in der Analyse als ebenso vielschichtiger wie und mitunter auch
widersprüchlicher Entwicklungsprozess. Als Produkt eines intellektuellen Austauschprozesses
mit international wie national prävalenten Konzeptionen des Luftkrieges formierte sich dieses
doktrinäre Konstrukt im Prozess idiosynkratischer Auslese mit dem Ziele der Adaption an die
spezifische Problemstellung der deutschen Luftwaffe. Ausgehend von der universalen
Definition des amerikanischen Luftkrieghistorikers Irving B. Holley einer Militärdoktrin als
„Summe historischer Erfahrungen“5 soll diese evolutionäre Ausdifferenzierung von den
luftkriegstheoretischen Ansätzen in den Zwanzigerjahren bis zum Ausbruch des Zweiten
Weltkrieges ergründet und hierbei die Frage nach ihrer spezifischen Charakteristik wie
individuellen Stellung im internationalen Vergleich beantwortet werden.
Der Aufstieg des industrialisierten Luftkrieges im Ersten Weltkrieg markiert als
gesamteuropäische „Urerfahrung“ die nationenübergreifende „Initialzündung“6 für eine
systematische Auseinandersetzung mit den strategischen Prinzipien der Luftkriegsführung7.
Wenngleich die diametral unterschiedlichen Erfahrungsdimensionen aller kriegführenden
Nationen in Hinblick auf die aktive Gestaltung des Luftkrieges ebenso wie die Reaktion auf die
bislang ungekannte Exposition gegenüber dieser neuen Form der Kriegführung auf
individueller wie nationaler Ebene das Aufkommen konkurrierender, teilweise stark
divergierender Denkschulen bzw. strategischer Doktrinen begünstigten8, so ist der
„evolutionäre Satz“ der Luftkriegstheorie in den Zwanzigerjahren in allen Fällen aufs engste
mit dem in militärtechnologischer Hinsicht revolutionären Aufkommen des sog. „strategischen“
Bombers verknüpft9. Denn obwohl das Ausgreifen des Krieges in die dritte Dimension im
Verlaufe des Ersten Weltkrieges bereits zu Beginn des Krieges 1915 durch den Abwurf von
Brandbomben über Antwerpen durch deutsche Zeppeline bewerkstelligt worden war10,
gewährte erst die Entwicklung zweimotoriger Bomber, der sog. „Groß-Kampfflugzeuge
Nummer 1“ bzw. „2“ des Typs „Gotha G.“ mit ihrer erhöhten Ladekapazität und Reichweite ab
1917 die Bombardierung von Zielen weit im britischen Hinterland11. Insbesondere die
intensiven Luftangriffe auf London in der Schlussphase des Krieges eröffneten einen ersten
Blick auf die sich eröffnenden strategischen Möglichkeiten eines aus der Luft geführten
„strategischen“ Konfliktes.

4
Köhler, Operativer Luftkrieg. Wortbildung z. Beschreibung unterschiedlicher Vorstellung, S. 265-269.
5
Vgl. Muscha, Strategic Airpower Elements in Interwar German Air Force Doctrine, S. 4.
6
Corum, Development of German Air Doctrine Between the Wars, S. 86.
7
Grattan, The Origins of Air War: Development of Military Air Strategy in World War I, S. 176.
8
Stephens, The True Believers. Airpower between the Wars, S. 29-68.
9
Overy, Strategic Bombardement before 1939. Doctrine, Planning and Operations, S. 27.
10
Fredette, The Sky on Fire. The First Battle of Britain 1917–1918, S. 137-151.
11
Napp, Die deutschen Luftstreitkräfte im Ersten Weltkrieg, S. 95.

4
Wenngleich die weitere Entwicklung dieser technologischen Revolution mit ihren
mannigfaltigen militärischen Einsatzmöglichkeiten aufgrund des in rascher Folge eintretenden
Kriegsendes verhindert wurde, übte das geschaffene Potenzial dieser Waffen auf die
militärischen Führungsstäbe wie Luftkriegsveteranen in ganz Europa eine starke Faszination
aus, welche den Impuls für die Systematisierung der im Krieg gesammelten Erfahrungen in
doktrinäre Erkenntnisse darstellte12.
Zu den einflussreichsten Pionieren dieser avantgardistischen Bewegung13 gehörte der
italienischen General Giulio Douhet14, welcher als Offizier eine Flugstaffel des „Corpo
Aeronautico Militare“ 1915 bei dem Versuch der Durchbrechung der österreichischen
Stellungen am Isonzo befehligt hatte. Gerade diese Erfahrungen im verlustreichen
Stellungskrieg in den Alpen konfrontierten Douhet mit den Limitationen der bisher praktizierten
Luftkriegsstrategie, welche sich auf den taktischen Einsatz über dem Frontgebiet wahlweise
zur Aufklärung oder Unterstützung der Landstreitkräfte beschränkte, und bestärkten ihn in der
Forderung nach einer visionären Neudefinition der strategischen Funktionsweise des
Luftkampfes. Die Reflektionen des 1918 zum Leiter des „Istituto Centrale Aeronautico“
ernannten Generals schlugen sich schließlich in der Abfassung der Denkschrift „Dominio dell’
Aria“ nieder, welches als „Gründungsdokument“ der modernen Luftkriegsdoktrin den
Ausschlag für Douhets späteren Aufstieg zum führenden Luftkriegstheoretiker seiner Zeit
geben sollte15.
Als grundlegende Leistung seines in den Zwanzigerjahren intensiv rezipierten theoretischen
Werkes gilt dabei die erstmalige Übertragung der traditionellen Dichotomie der Militärdoktrin
in eine taktische sowie eine strategische Komponente auf den Bereich der Luftkriegführung.
Gemäß dieser Differenzierung imaginierte Douhet den Krieg der Zukunft als einen primär
zwischen den Luftstreitkräften verfeindeter Staaten auf einer „strategischen“ Ebene
auszutragenden Konflikt, welcher die blutigen wie ressourcenintensiven Stellungskriege des
Ersten Weltkriege ablösen sollten16. Gemäß dieser Doktrin begriff Douhet die vorrangige
Aufgabe einer Luftstreitmacht als die Ausschaltung der „Kraftquellen“ des Gegners17. Unter
diesem abstrakten Begriff verstand Douhet zunächst die Bombardierung der gegnerischen
Rüstungsindustrie sowie die systematische Zerstörung der industriellen Fertigungskapazitäten
eines feindlichen Staates mithilfe des neugeschaffenen Instruments des
18
Langstreckenbombers als wichtige Aufgabe einer zukünftigen Luftkriegführung . Von weitaus
größerer Bedeutung für die Brechung der generischen Moral schätzte Douhet jedoch die
Brechung der „geistig-moralischen Grundlagen“19 der gegnerischen Nation ein.

12
Black, Air Power: A Global History, S. 9-42.
13
Biddle, Air Power Theory. An analytical narrative from World War I to the Present, S. 263-294.
14
Meilinger, Giulio Douhet and the Origins of Airpower Theory, S. 17-39.
15
Köhler, Douhet und Douhetismus, S. 88-91.
16
Hippler, Giulio Douhet and the Foundation of Air Power Strategy 1884-1939, S. 151-182.
17
Birk, Giulio Douhet und die „Luftherrschaft, S. 154.
18
Köhler, Douhet und Douhetimus, S. 91.
19
Muscha, Strategic Airpower Elements in Interwar German Air Force Doctrine, S. 19.

5
Zu diesem Zweck propagierte Douhet die gezielte Bombardierung der gegnerischen
Metropolen zur Terrorisierung der feindlichen Zivilbevölkerung, welche nach dem italienischen
General die „Nervenzentren des Gegners“ bildeten20. Entspringend aus Douhets
grundlegendem Verständnis des Luftkrieges als eine auf die Offensive ausgerichtete Form der
Kriegführung21 propagierte der italienische Theoretiker zusätzlich die Wichtigkeit der Erringung
der Luftüberlegenheit über die feindliche Nation22, wohingegen er den Aufbau einer nationalen
Luftverteidigung als Ressourcenverschwendung brandmarkte23, da ein übertriebener
Zivilschutz letztlich die Ablenkung vom strategisch wichtigeren Objektiv der Niederwerfung des
Gegners durch eine von den Restriktionen der Landkriegsführung losgelöste „strategische
Bombenkampagne“ bedeute. Ein Sieg aus der Luft sollte sich letztlich durch die Brechung des
feindlichen Widerstandswillens infolge der völligen Verwüstung des gegnerischen Hinterlands
bis zur Zerschlagung seiner militärischen Operationen und Organisationen, der Kriegsindustrie
und Kampfmoral seiner Bevölkerung durch wiederkehrende Luftangriffe einstellen24. Diese in
der Folgezeit als „Douhetismus“ bekanntgewordene Denkschule von der Bekämpfung der
durch die „Zerschmetterung aller materiellen und moralischen Kräfte“25 durch den
strategischen Bombereinsatz avancierte rasch zur international dominierenden
26
luftkriegstheoretischen Strömung der Zwischenkriegszeit .
Stellvertretend für diese Entwicklung steht die sog. Trenchard-Doktrin27, welche die
Ausformung der britischen Luftstreitkräfte in den Zwanziger- und Dreißigerjahren hin zu einer
strategisch ausgerichteten Bomberflotte maßgeblich bestimmen sollte. Ihr Entwickler, der
britische Weltkriegspilot Hugh Trenchard, hatte ab 1917 als Oberbefehlshaber der sog.
„Independent Air Force“ an der Westfront das britische Expeditionsheer im Stellungskrieg
unterstützt28. Die mühsame und technisch anspruchsvolle Koordination seiner
Jägergeschwader mit den Erdfronten ließen ihn zu einem der überzeugtesten Anhänger der
douhetischen Theorien werden29. Unter dem Eindruck der zahlreichen deutschen
Bombenangriffe auf London, welche die britische Öffentlichkeit in Panik versetzt und die
Verwundbarkeit Großbritanniens aus der Luft schmerzhaft demonstriert hatten30, hatte
Trenchard darüber hinaus 1918 zu einem der entschiedensten Unterstützter von

20
Douhet, Luftherrschaft, S. 45 sowie Maier, Totaler Krieg und Operativer Luftkrieg, S. 44.
21
Boog, Das Problem der Selbständigkeit der Luftstreitkräfte in Deutschland 1908–1945, S. 32.
22
Vgl. Douhet, Luftherrschaft, S. 24: „Die Luftherrschaft erobern heißt so viel wie siegen!“
23
„Keine Luftabwehr, die im Ernstfall zwecklos wäre, keine Hilfsluftflotten, die im Ernstfall wertlos
und überflüssig sind! Eine einheitliche Luftflotte, kombiniert aus allen Reserven, über die eine Nation
verfügt.“, Zitat aus Douhet, Luftherrschaft, S. 74.
24
Birk, Giulio Douhet und die „Luftherrschaft", S. 153.
25
Douhet, Luftherrschaft, S. 51.
26
Quester, Bargaining and Bombing During World War II in Europe, S. 420.
27
Meilinger, Trenchard and "Morale Bombing": The Evolution of Royal Air Force Doctrine Before
World War II, S. 243-270.
28
Meilinger, Trenchard, Slessor, and Royal Air Force Doctrine before World War II, S. 42.
29
Miller, The Life of Viscount Trenchard, Father of the Royal Air Force, S. 56.
30
Fredette, The Sky on Fire. The First Battle of Britain 1917–1918, S. 118-136.

6
Vergeltungsschlägen aus der Luft gegen deutsche Städte gehört. In den Nachkriegsjahren
übte der als „Vater der Royal Air Force“31 apostrophierte Trenchard in seiner Funktion als
„Chief of Staff“ einen entscheidenden Einfluss auf die organisatorische wie strategisch-
doktrinäre Entwicklung der britischen Luftstreitkräfte aus, wobei es ihm gelang, die
administrative Unabhängigkeit32 der Luftstreitkräfte als eigenständige Truppengattung
angesichts ökonomischer Sachzwänge und gegenüber den Begehrlichkeiten der „Army“ zu
verteidigen33. Diese kontinuierlich drohende Inkorporation34 der mühsam als eigenständiger
Truppenteil etablierten Luftstreitkräfte in das Heer erwies sich hierbei als Ansporn, zur
„Radikalisierung“ der RAF hin zu einer vollständig auf den unabhängigen, strategischen
Bombereinsatz ausgerichteten Luftkriegsstrategie35.
Dabei blieben die doktrinären Grundsätze Trenchards in der beinahe eine Dekade währenden
Amtszeit keineswegs konstant, vielmehr vermittelt eine Analyse der im Zeitraum 1920-28
veröffentlichter Leitfäden zur Luftkriegführung einen Eindruck von der beständigen Evolution
der RAF hin zu einem vorwiegend strategischen Instrument36. Während das 1922 publizierte
„RAF Operations Manual (CD 22“) noch einer Balance zwischen taktischen wie strategischen
Einsatzarten das Wort redet, so findet sich im 1928 publizierten Strategiehandbuch „AP
1300“37 eine beinahe ausschließliche Betonung des strategischen Elements. Dabei erscheint
auffällig, dass das AP 1300 den Kampf gegen die gegnerische Luftwaffe sowie die
Bombardierung feindlicher Rüstungsbetriebe im Unterschied zu Douhet aufgrund der geringen
Treffergenauigkeit zeitgenössischer Bomber für nicht zweckmäßig erachtet38. Vielmehr müsse
der Fokus des Luftkrieges ausschließlich auf gezielten Schlägen gegen feindliche
Bevölkerungszentren liegen. Der Kampf gegen die anderen „Kraftquellen“ einer Nation
erscheint somit gleichsam als Nebenprodukt einer auf die gegnerische Moral fixierten
Bomberkampagne. Auch das „Memorandum to the Chiefs of Staff Sub-Committee on the War
Object of an Air Force“ vom 2 Mai 1928 definierte den Sieg über die „feindliche Moral“ als
vorrangiges Ziel der RAF durch die Terrorisierung feindlicher Industriearbeiter39. Das
erfolgreiche „Experimentieren“ mit dieser Strategie im Rahmen mehrerer Kolonialkriege in den
Zwanzigerjahren etablierte die RAF als einzige europäische Luftstreitkraft der
Zwischenkriegszeit, welche über praktische Erfahrungen mit „strategischen“ Bombardements
verfügte40.

31
Muscha, Strategic Airpower Elements in Interwar German Air Force Doctrine, S. 73.
32
Corum, The Development of German Air Doctrine Between the Wars, S. 89.
33
Miller, The Life of Viscount Trenchard, Father of the Royal Air Force, S. 228.
34
Böhm, Die Royal Air Force und der Luftkrieg 1922–1945, S. 40-56.
35
Boog, Das Problem der Selbständigkeit der Luftstreitkräfte in Deutschland 1908–1945, S. 31-34.
36
Biddle, The Evolution of British and American Ideas about Strategic Bombing 1914-1945, S. 69-127.
37
Meilinger, Trenchard and "Morale Bombing": The Evolution of Royal Air Force Doctrine Before
World War II, S. 258.
38
Biddle, British and American Approaches to Strategic Bombing, S. 68-90.
39
Overy, Strategic Bombardement before 1939. Doctrine, Planning and Operations, S. 30.
40
Böhm, Die Royal Air Force und der Luftkrieg 1922–1945, S. 158-176.

7
Der globale Einfluss des Douhetismus zeigte auch auf die Entwicklung der amerikanischen
Luftkriegsdoktrin seine Auswirkung. Dort warb der Brigadegeneral William „Billy“41, welcher
Trenchard in seiner Funktion als Befehlshaber des „Army Expeditionary Force’s Aviation
Service“ während des Krieges in England kennengelernt hatte42, mit Verweis auf die durch das
Aufkommen der Langstreckenbomber prospektivisch ideale geopolitische Position der USA43
unermüdlich für die Aufstellung einer von der Armee unabhängigen Air Force44. In Anlehnung
an Douhet verstand Mitchell zukünftige Luftkriege im Unterschied zur Fokussierung des
Douhetismus auf Attacken gegen die als Kampf gegen die Zivilbevölkerung in erster Linie als
Kampf gegen die industriellen „Kraftquellen45 der feindlichen Nation. In seinem Hauptwerk zur
Luftkriegsstrategie „Winged Defense“ aus dem Jahre 1925 schilderte er seine Vision des
Luftkrieges der Zukunft: „Aircraft will attack centers of production of all kinds, means of
transportation, agricultural areas, ports, and shipping, not so much the people themselves.
They will destroy the means of making war“46. In Analogie zu seinen doktrinären Vorgängern
Douhet und Trenchard nahm für Mitchell demgegenüber die taktische Unterstützung der
Bodentruppen für Mitchell nur einen sehr nachrangigen Stellenwert ein47.
Auch in Hinblick auf die Ausbildung einer eigenständigen, „nationalen“ Luftkriegsdoktrinen48 in
der Sowjetunion, wo das von Douhet inspirierte Schaffen früher Theoretiker wie A. N.
Laptschinsky sowie Wassily Chripin49 die Einrichtung einer sowjetischen Bomberflotte in
Gestalt der AON bewirkte, manifestiert sich die internationale Relevanz des Douhetismus,
während in Frankreich unter dem Einfluss des Luftkriegstheoretikers Camille Rougeron50 die
in den Zwanzigerjahren größte europäische Bomberflotte aufgebaut wurde51. Es ist jedoch
grundsätzlich festzuhalten, dass Douhets Lehren in keiner europäischen Nation unkritisch in
der militärischen Praxis adaptiert wurde52. Vielmehr unterlag die Ausbildung nationaler
Luftkriegstheorien einem beständigen Prozess der reflektierenden Adaption und
Transformation, welcher schließlich in der Formulierung einer eigenständigen Doktrin der
Luftkriegführung gipfelte53.

41
Clodfelter, Molding Airpower Convictions: Development and Legacy of William Mitchell’s Strategic
Thought, S. 79-97.
42
Hurley, Billy Mitchell. Crusader for Air Power, S. 116.
43
Boog, Der angloamerikanische Luftkrieg über Europa und die deutsche Luftverteidigung, S. 435.
44
Jacobs, Strategic Bombing and American National Strategy 1941-1943, S. 133-139.
45
Sigaud, Douhet's principles of warfare and their Application to the United States, S. 43-70 u. Overy,
Strategic Bombardement before 1939. Doctrine, Planning and Operations, S. 41.
46
Mitchell, Winged Defense, S. 5.
47
Clodfelter, Molding Airpower Convictions. Development and Legacy of William Mitchell’s Strategic
Thought, S. 92 sowie Biddle, British and American Approaches to Strategic Bombing, S. 68-90.
48
Quester, Bargaining and Bombing During World War II in Europe, S. 420.
49
Sterrett, Soviet Air Force Theory, 1918-1945, S. 33.
50
Venneson, The Making of the French Air Force, S. 36-67.
51
Buckley, Air Power in the Age of Total War, S. 87. Die AON wurde jedoch 1937 auf Befehl Stalins
wieder aufgelöst, vgl. Overy, Die Wurzeln des Sieges, S. 140.
52
Grattan, The Origins of Air War: Development of Military Air Strategy in World War I, S. 177.
53
Posen, Source of Military Doctrine. France, Britain, & Germany between the World Wars, S. 179-192.

8
Einen Sonderfall in der Analyse der sukzessiven Ausdifferenzierung nationaler „Denkschulen“
der Luftkriegsdoktrin stellt hingegen in vielerlei Hinsicht die spezifische Genese der
Luftkriegsstrategie in der Weimarer Republik dar. Ungeachtet der „innovativen“ Rolle der
Luftstreitkräfte des Deutschen Kaiserreiches im Ersten Weltkrieg54 etwa durch die erstmalige
Erprobung von „Zivilbombardements“ war die technologische wie doktrinäre Entwicklung
dieser militärischen Revolution durch die Niederlage des Kaiserreiches verhindert worden55.
Die Auflösung der kaiserlichen Luftstreitkräfte gemäß den Bestimmungen des Versailler
Friedensvertrages, welche der Weimarer Republik den Unterhalt einer militärischen Luftflotte
verboten, blockierten die praktischen Entwicklungsmöglichkeiten einer eigenständigen
Luftkriegsstrategie56.
Paradoxerweise wies aber gerade die Weimarer Republik eine hohe Eigendynamik in der
Entwicklung einer modernen strategischen Konzeption für den bewaffneten Luftkampf auf.
Infolge der offiziellen Suspendierung militärischer Luftfahrt erkannte der zum „Truppenamt“
umdeklarierte deutsche Generalstab die Bedeutung des Luftkrieges für zukünftige Siege und
sorgte für die stillschweigende Inklusion eines personellen Nukleus ehemaliger Flugoffiziere
des Weltkrieges in die stark verkleinerte Reichswehr. Dieses als „Schattenluftwaffe“57
bekannte Offizierskorps befasste sich bereits in den ersten Monaten nach Kriegsende mit der
Erstellung einer umfangreichen Studie zur systematischen Auswertung der deutschen
Luftkriegsführung im Ersten Weltkrieg. Insbesondere der funktionale Generalstabschef von
Seeckt58 war von der Notwendigkeit einer unabhängig von den administrativen wie operativen
Restriktionen des Heeres fungierenden Luftstreitmacht als Voraussetzung für einen
zukünftigen Krieg überzeugt59 und zeigte daher großes Interesse an der Auswertung der
deutschen Bomberkampagne gegen Großbritannien60.
Das mit der Evaluation der „Gotha“-Angriffe auf London befasste Komitee kam hierbei zu dem
Ergebnis, dass sich der Zusammenbruch der britischen Moral im Bombenhagel entgegen den
douhetischen Theorien nicht bewahrheitet hatte61. Diesem unbefriedigenden Resultat stand
eine starke ökonomische Belastung des Reiches durch die technologischen wie personellen
Anforderungen des strategischen Luftkrieges, welcher bedeutende Ressourcen von Kampf an
den Erdfronten abgelenkt hatte, gegenüber62.

54
Napp, Die deutschen Luftstreitkräfte im Ersten Weltkrieg, S. 130-158.
55
Murray, Strategy for Defeat. The Luftwaffe 1933-1945, S. 3 sowie Corum, The Development of
German Air Doctrine Between the Wars, S. 86.
56
Muscha, Strategic Airpower Elements in Interwar German Air Force Doctrine, S. 11.
57
Schäfer, Die Militärstrategie Seeckts, S. 137.
58
Corum, The Development of German Air Doctrine Between the Wars, S. 88.
59
Vgl. d. Zitat von Seeckts: „Wir geben die Hoffnung nicht auf, die Fliegertruppe noch einmal zu neuem
Leben erstehen zu sehen. Die Waffe ist nicht tot, ihr Geist lebt.“, aus von Rabenau, Seeckt, Aus seinem
Leben 1918-1936, S. 528.
60
Kitchen, The Traditions of German Strategic Thought, S. 163-190.
61
Overy, Der Bombenkrieg. Europa 1939 bis 1945, S. 27-45.
62
Boog, The Policy, Command and Direction of the Luftwaffe in World War II, S. 69-74 sowie Muscha,
Strategic Airpower Elements in Interwar German Air Force Doctrine, S. 22-24.

9
In der Gesamtbewertung der Luftkriegsstrategie des Ersten Weltkrieges musste die
Reichswehr zu einem ernüchternden Ergebnis gelangen: Zwar hatte sich die Verteidigung des
eigenen Luftraumes mit den zu Verfügung stehenden Mitteln bewährt, jedoch hatte sich der
mit großer Anstrengung und Personalaufwand verbundene strategische Bombenkrieg gegen
England als teurer Fehlschlag herausgestellt63.
Dieser Befund war schließlich ausschlaggebend für das Abrücken von den als unhaltbar
erwiesenen douhetischen Konzepten innerhalb der Reichwehr64. So formulierte von Seeckt in
seiner Autobiographie „Gedanken eines Soldaten“ eine Kritik an den douhetisch geprägten
fachdiskursiven Auseinandersetzungen der Zeit und tadelte deren unkritische Begeisterung
für Douhets Theorien von strategische Bombardements: „Vernichtung des feindlichen Heeres,
nicht Vernichtung des Landes ist noch immer oberstes Gesetz der Kriegskunst.”65 Unter dieser
Leitlinie“ förderte von Seeckt in den ersten Nachkriegsjahren die Ausarbeitung einer genuin
auf die industriellen, geographischen wie bündnispolitischen Voraussetzungen und
Erfordernisse des Deutschen Reiches ausgerichteten Gesamtdoktrin66.
In der Konsequenz zeigten deutsche Luftkriegstheoretiker aller Couleur Bemühungen, die
„Leerstelle“ einer adäquaten Luftkriegsdoktrin für die spezifischen ökonomischen, politischen
wie geopolitischen Voraussetzungen des Deutschen Reiches67 mit eigenen Konzeptionen zu
besetzen.
Entscheidende Impulse für diese kontroverse Diskussion lieferte vor allem ein Kreis junger
Flugoffiziere, deren verdeckte Förderung durch den Generalstab sich etwa in der Gründung
einer Offiziersschule im russischen Lipezk sowie der Gründung paramilitärischer
„Sportflugvereine“ manifestierte68. Angesichts der stetigen Weiterentwicklung modernen
Luftkriegsdoktrinen war es diese Gruppe innerhalb der Reichswehr, welche den Kontakt zu
den innovativen Militärdoktrinen des Auslands suchte und gleichzeitig für die sukzessive
Genese einer selbstständigen kohärenten „deutschen“ Militärdoktrin eine entscheidende Rolle
spielen sollte69.

63
Overy, Strategic Bombardement before 1939. Doctrine, Planning and Operations, S. 68 sowie Corum,
Airpower Thought in Continental Europe between the Wars, S. 56.
64
Birk, Die „Luftherrschaft“ von Douhet und ihre Rezeption im Deutschen Reich, S. 19-41.
65
Von Seeckt, Gedanken eines Soldaten, S. 59. Vgl. auch Boog, Strategischer Luftkrieg in Europa und
Reichsluftverteidigung 1943-1944, S. 324.
66
Bernhardt, Die deutsche Aufrüstung 1933-1939. Militärische und politische Konzeptionen und ihre
Einschätzung durch die Alliierten, S. 14.
67
Posen, The Source of Military Doctrine. France, Britain, & Germany between the World Wars, S. 196.
68
Corum, The Luftwaffe's Army Support Doctrine, 1918-1941, S. 57.
69
Boog, The Policy, Command and Direction of the Luftwaffe in World War II, S. 66-86.

10
Zu den wichtigsten Protegés von Seeckts gehörte dabei der 1910 den kaiserlichen
Luftstreitkräften beigetretene Helmuth Wilberg70, welcher seit 1920 die Funktion eines
Adjutanten des Generalstabschefs bekleidete. Unter der Ägide von Seeckts wurde Wilberg
1924 mit der Ausarbeitung eines Grundsatzpapiers zu Strategie und Doktrin einer zukünftigen
deutschen Luftwaffe beauftragt71. Das Ergebnis dieses zweijährigen Prozesses in Gestalt der
„Richtlinien für die Führung des operativen Luftkrieges“ bezieht seine hohe Relevanz für die
„genetische“ Analyse einer deutschen Luftkriegsdoktrin aus ihrer innovativen Konzeption der
Funktion einer Luftwaffe72, welche von den theoretischen Grundlagen des douhetisch
inspirierten „Mainstreams“ in entscheidenden Punkten abwich73. Vielmehr verknüpfte die
Denkschrift Wilbergs Positionen des Douhetismus mit den Ergebnissen der deutschen
Evaluation des Ersten Weltkrieges74.
Für die Beschreibung einer derartigen Synthese im antithetischen Spannungsverhältnis
zwischen taktischer und strategischer Luftkriegführung verwendete Wilberg in Kontext dieser
Studie erstmals den Begriff des „Operativen Luftkrieges“75. Eine erschöpfende Definition
dieses polysemen Begriffs wird im fachwissenschaftlichen Diskurs bis heute kontrovers
diskutiert76. Während einige Historiker in Wilbergs Konzept lediglich eine Abwandlung der
douhetischen Theorien vom strategischen Luftkrieg erkennen77, betonen zeitgenössische
Analysen zunehmend deren inhaltliche Divergenzen und argumentieren für die taxonomische
Eigenständigkeit dieses Ausdrucks eigenständigen luftkriegstheoretischen Denkens im
Deutschland78. Das nachfolgende Kapitel soll den Versuch einer genaueren Charakterisierung
der fraglichen Luftkriegsdoktrin unternehmen und darüber hinaus die weitere Evolution dieses
Konzeptes bis zum Vorabend des Zweiten Weltkrieges nachzeichnen.

70
Corum, The Development of German Air Doctrine Between the Wars, S. 90.
71
Stoll, Luftwaffe Doctrine and Air Superiority through World War II, S. 8.
72
Posen, The Source of Military Doctrine. France, Britain, and Germany between the World Wars, S.
192-219.
73
Muscha, Strategic Airpower Elements in Interwar German Air Force Doctrine, S. 74.
74
Buckley, Air Power in the Age of Total War, S. 86.
75
Maier, Totaler Krieg und Operativer Luftkrieg, S. 44.
76
Vgl. Maier, Der Aufbau der Luftwaffe und ihre strategisch-operative Konzeption, S. 291.
77
Vgl. bspw. Boog, The Policy, Command and Direction of the Luftwaffe in World War II, S. 66-86:
Boog hält den Operativen Luftkrieg für ein bloßes „Substitut“ gegenüber der ursprünglich angestrebten
douhetistischen Luftkriegsdoktrin in Deutschland. Gegensätzlich argumentiert Caldwell/Muller:
Luftwaffe Over Germany: Defense of the Reich, S. 37.
78
Birk, Die „Luftherrschaft“ von Douhet und ihre Rezeption im Deutschen Reich, S. 19.

11
3 „Operativer Luftkrieg“ – Eine Begriffsbestimmung

Die Gründung des Reichsluftfahrtministeriums im April 1933 infolge der Machtübernahme der
Nationalsozialisten stellte trotz dessen vorgeblich ziviler Ausrichtung für die Entwicklung einer
genuin deutschen luftkriegstheoretischen Doktrin einen bedeutenden Wegpunkt dar79.
Insbesondere der zweijährige Zeitraum ab der Einsetzung Hermann Görings80 als
Reichskommissar der Luftfahrt im Februar 1933 bis zur der öffentlichen „Enttarnung der
Luftwaffe“ am 1. März 193581 stellte für die deutsche Luftfahrt eine Phase hektischer Aktivität
dar, welche in rüstungspolitischer Hinsicht unter dem Vorzeichen einer massiven Erhöhung
der militärischen Flugzeugproduktion stand82.
Im gleichen Zeitraum entbrannte jedoch auch eine erbitterte Kontroverse über konkrete Gestalt
und theoretische Ausrichtung einer dem gewachsenen Anspruch der deutschen Luftwaffe
angemessenen Doktrin der Luftwaffe83. Im Wesentlichen verlief diese Auseinandersetzung
zwischen Anhängern „klassischer“ douhetisch inspirierter Luftkriegstheorien und den
Befürwortern der Implementierung einer spezifisch für die Luftwaffe konzipierten Doktrin.
Unter den prominenten Vertretern des Douhetismus in Deutschland stach neben militärischen
Größen wie Erich Ludendorff84 oder Hans Ritter vor allem der in der zivilen Luftfahrt tätige
Robert Knauss hervor85. Als ehemaliger Jagdflieger des Ersten Weltkrieges war Knauss im
Zuge der von der Reichswehr in den Zwanzigerjahren aktiv betriebenen Militarisierung der
Zivilluftfahrt86 unter Vermittlung von Seeckts zum Vorstandsmitglied der 1926 gegründeten
„Luft Hansa“ ernannt worden.
Knauss, welcher 1933 den dystopischen Roman „Luftkrieg 1936 – Die Zertrümmerung von
Paris“ publizierte87, bewies ein reges Interesse an Fragen zur deutschen Luftkriegsstrategie
und zeigte sich insbesondere an der in der öffentlichen Wahrnehmung virulenten Thematik
des strategischen Bombenkrieges der Zukunft interessiert. Der in den Dreißigerjahren als
„deutscher Douhet“ apostrophierte Knauss beeinflusste die deutsche Luftkriegsdoktrin vor
allem durch sein geheimes Memorandum „Die deutsche Luftflotte“88 vom 31. Mai 1933, in dem

79
Der Einfluss der nationalsozialistischen Machtübernahme auf die bereits weit gediegenen
Vorbereitungen der Reichswehr wird dabei allerdings häufig überschätzt, vgl. Völker, Die deutsche
Luftwaffe 1933 – 1939, S. 33.
80
Overy, Hitler and Air Strategy, S. 409.
81
Boog, Das Problem der Selbständigkeit der Luftstreitkräfte in Deutschland 1908–1945, S. 46.
82
Overy, The German Pre-War Aircraft Production Plans: November 1936-April 1939, S. 784 sowie
Cairncross, Planning in Wartime: Aircraft Production in Britain, Germany and the USA
83
Birk, Die „Luftherrschaft“ von Douhet und ihre Rezeption im Deutschen Reich, S. 19-41 sowie Maier,
Totaler Krieg und Operativer Luftkrieg, S. 43.
84
Corum, The Development of German Air Doctrine Between the Wars, S. 92.
85
Boog, Robert Knauss. The German Douhet, S. 275-291.
86
Dancey, Lufthansa to Luftwaffe. Hitler’s Secret Air Force, S. 17.
87
Unter dem Pseudonym Major Helders beschrieb Knauss ausführlich die Schrecken eines zukünftigen
Krieges auf die Zivilbevölkerung („Menschlinge“), vgl. Helders, Luftkrieg 1936 – Die Zertrümmerung
von Paris, S. 51. Vgl. Auch Murray, Strategy for Defeat. The Luftwaffe 1933-1945, S. 5.
88
Heimann/Schunke, Eine geheime Denkschrift zur Luftkriegskonzeption Deutschlands vom Mai 1933.

12
er mit Hinblick auf die von ihm angestrebte „Wiedergewinnung der Großmachtstellung
Deutschlands in Europa“ auf den umgehenden Bau einer sog. „Risiko-Luftwaffe“ drängte89.
Die mehr oder weniger offen betriebene Aufrüstung einer solchen Luftstreitkraft veranschlagte
er dabei als militärisches Unterpfand bzw. als „Drohkulisse“ gegenüber den angrenzenden
Nationen90, welche insbesondere bis zum luftwaffenintern prognostizierten Abschluss einer
vollumfänglichen Flugzeugrüstung im Jahr 194291 den „Erzfeind“ Frankreich davon abhalten
sollte, die nationalsozialistische Wiederaufrüstung Deutschlands durch eine abermalige
Besetzung des Ruhrgebietes im Keim zu ersticken92.
Diese Vorstellung deckte sich mit den politischen Forderungen der NS-Führung93, so dass
Göring mit der Sanktionierung des sog. „Rheinlandprogramms“ ab 1934 die Schaffung einer
derartigen „Interims-Luftwaffe“ forcierte94. Die angestrebte Zusammensetzung dieser
provisorischen Luftflotte aus 822 Bomber sowie 245 Jägern offenbart den Einfluss
douhetischer Theorien auf die doktrinären Grundlagen des von Knauss initiierten
Rüstungsprogramms95. Knauss hatte in seinem Memorandum das Attackieren der
„Bevölkerungshäufungen in den Millionenstädten“96 als vorrangiges Ziel der Luftwaffe
angegeben97.
Gegenüber diesen douhetisch inspirierten Vorstellungen eines kriegsentscheidenden „knock-
out blows“98 etwa auf Paris oder London machte sich jedoch aufgrund mehrerer Faktoren ab
1935 zunehmend Ernüchterung breit99: Einerseits legten sukzessiven luftkriegstheoretischen
Analysen und Kriegssimulationen in Rahmen der von der Wehrmacht durchführten
hypothetischen „Kriegsspiele“ der Jahre 1934 – 1936100 die Undurchführbarkeit eines solchen
Angriffes gegen den starken Flakschutz moderner Metropolen mit den begrenzten materiellen
Ressourcen der Luftwaffe nahe101.

89
Overy, German Air Strength 1933 to 1939, S. 465-471 sowie Muscha, Strategic Airpower Elements
in Interwar German Air Force Doctrine, S. 40. Vgl. auch Völker, Die deutsche Luftwaffe 1933 – 1939,
S. 30.
90
Bernhardt, Die deutsche Aufrüstung 1933-1939. Militärische und politische Konzeptionen und ihre
Einschätzung durch die Alliierten, S.
91
Völker, Die deutsche Luftwaffe 1933 – 1939, S. 207.
92
Deist, The Wehrmacht and German Rearmament, S. sowie Murray, Strategy for Defeat. The Luftwaffe
1933-1945, S. 10.
93
Overy, Hitler and Air Strategy, S. 408 sowie Boog, Das Problem der Selbständigkeit der
Luftstreitkräfte in Deutschland 1908–1945, S. 39.
94
Völker, Die deutsche Luftwaffe 1933 – 1939, S. 32.
95
Corum, Airpower Thought in Continental Europe between the Wars, S. 172.
96
Maier, Totaler Krieg und Operativer Luftkrieg, S. 44.
97
Maier, Der Aufbau der Luftwaffe und ihre strategisch-operative Konzeption, S. 292.
98
Quester, Bargaining and Bombing During World War II in Europe, S. 421 sowie Caldwell/Muller,
Luftwaffe Over Germany, S. 35.
99
Birk, Die „Luftherrschaft“ von Douhet und ihre Rezeption im Deutschen Reich, S. 19-41 sowie Maier,
Totaler Krieg und Operativer Luftkrieg, S. 46.
100
Corum, The Development of German Air Doctrine Between the Wars, S. 94.
101
Völker, Die deutsche Luftwaffe 1933 – 1939, S. 32.

13
Zusätzlich hatte der ab 1933 als Staatssekretär der Luftfahrt fungierende Erhard Milch 102 zur
Bewältigung der überhasteten „Scheinrüstung“103, welche den Vorrang der quantitativen
anstelle einer qualitativen Aufrüstung betonte104, die ungenügende Qualität vieler bereits zum
Zeitpunkt ihrer Produktion obsoleter Bombermodelle bewusst in Kauf genommen105, so dass
die produzierten Flugzeugtypen den Anforderungen des strategischen Luftkrieges nicht
genügen konnten. In diesem Zusammenhang steht das konsequente Bestreben der
Luftwaffenführung ab 1934 zur Entwicklung einer neuen Generation von leistungsfähiger
Langstreckenbombern106.
Insbesondere der 1933 zum ersten Generalstabschef ernannte Walther Wever107, welcher sich
für das douhetische Konzept strategischer Bombardements aufgeschlossen zeigte108, forcierte
die Bomberentwicklung um die Luftwaffe für den „strategischen“ Einsatz im „Kampf um die
Kraftquellen“ vorzubereiten. Konkret hatte Wever die strategischen Dimensionen der globalen
Herrschaftsansprüche der NS-Führung109 und die resultierende Wahrscheinlichkeit eines
Konflikts mit Kontinentalmächten wie der Sowjetunion oder der USA erkannt110 und forderte
von der deutschen Flugzeugindustrie dementsprechend die schnellstmögliche Entwicklung
von „Ural-“ bzw. „Amerikabombern“111.
Jedoch erwies sich die rückständige deutsche Flugzeugindustrie aufgrund der Restriktionen
des Versailler Vertrages schnell als unfähig zur Konstruktion von Langstreckenbombern. Als
sich bei den fertiggestellten Prototypen der von Wever in Auftrag gegebenen Bomber112 infolge
der vernachlässigten Triebwerkproduktion113 bald eine schwere Untermotorisierung
114
abzeichnete , kam es nach dem Unfalltod Wevers 1936 schließlich zur Einstellung der
Entwicklung der als bekannt gewordenen Bomber-Prototypen Do 19 und der Ju 89115.

102
Dancey, Lufthansa to Luftwaffe. Hitlers Secret Air Force, S. 37. Einen biographischen Überblick
bietet Irving, The Rise and Fall of the Luftwaffe. The Life of Field Marshal Erhard Milch.
103
Bernhardt, Die deutsche Aufrüstung 1933-1939. Militärische und politische Konzeptionen und ihre
Einschätzung durch die Alliierten, S. 142-144.
104
Völker, Die deutsche Luftwaffe 1933 – 1939, S. 205.
105
Murray, Strategy for Defeat. The Luftwaffe 1933-1945, S. 18.
106
Boog, Strategischer Luftkrieg in Europa und Reichsluftverteidigung 1943-1944, S. 322.
107
Bradley, Tradition für die Luftwaffe: Generalleutnant Walther Wever (1887–1936), S. 281-295.
108
So affirmiert Wever: „Die entscheidende Waffe eines Luftkrieges ist der Bomber!“, vgl. Maier,
Totaler Krieg und Operativer Luftkrieg, S.45. Mitunter wird Wever aufgrund seiner Befürwortung des
strategischen Bombenkrieges auch als „deutscher Douhet“ bezeichnet, vgl. Stoll, Luftwaffe Doctrine
and Air Superiority through World War II, S. 10.
109
Overy, Hitler and Air Strategy, S. 406-415.
110
Corum, Defeat of the Luftwaffe, 1935-1945, S. 203-226.
111
Duffy, Target America. Hitler's Plan to Attack the United States
112
Maier, Der Aufbau der Luftwaffe und ihre strategisch-operative Konzeption, S. 303 sowie Corum,
Airpower Thought in Continental Europe between the Wars, S. 173.
113
Murray, Strategy for Defeat. The Luftwaffe 1933-1945, S. 8.
114
Stilla, Die Luftwaffe im Kampf um die Luftherrschaft, S. 63 sowie Völker, Die deutsche Luftwaffe
1933 – 1939, S. 209.
115
Maier, Der Aufbau der Luftwaffe und ihre strategisch-operative Konzeption, S. 303.

14
Die „Uralbomberepisode“ steht in diesem Kontext symbolisch für die zunehmende
Diskreditierung des Douhetismus in den Kreisen der Luftwaffenführung116. Neben die
Anerkennung der rüstungswirtschaftlichen Realitäten und ressourcentechnischen
Limitationen117 traten auch politische Gesichtspunkte: Demgemäß sollte die Luftwaffe in den
frühen Dreißigerjahren primär eine Abschreckungsfunktion erfüllen118; als militärisches
Instrument hingegen war sie lediglich auf eine Konfrontation mit den europäischen
Nachbarländern ausgerichtet119. Vor diesem Hintergrund musste die mit hohen Investitionen
verbundene Aufrüstung einer Flotte schwerer Bomber zur Führung eines strategischen
Luftkriegs nicht nur als technisch illusorisch120, sondern darüber hinaus als geopolitisch wenig
zweckmäßig erscheinen121.
Mit der Desillusionierung des Douhetismus präsentierte sich für die luftwaffeninterne Fraktion
der „Douhet“-Skeptiker eine Gelegenheit, einen Vorzeichenwechsel der Luftwaffendoktrin hin
zu einer von den technologischen Grundlagen der heimischen Rüstungsindustrie
ausgehenden Doktrin einzuleiten, welche darüber hinaus die strategischen Imperativen der
europäischen Mittellage Deutschlands ins Blickfeld nehmen sollte122. Bei der Formulierung
eines eigenständigen doktrinären Grundsatzprogramms konnte die Luftwaffe dabei an die
kontinuierliche Forschungstradition der seit Reichswehrzeiten forschenden Offiziersgruppe um
Wilberg anknüpfen. Demgemäß wurde Helmuth Wilberg, welcher sich bereits durch die
Abfassung der bahnbrechenden „Richtlinien für die Führung eines operativen Luftkrieges“ im
Jahre 1926123 für ein derartiges Unterfangen empfohlen hatte, mit der Konkretisierung seiner
Theorien zu einer geschlossenen Doktrin beauftragt. Das Resultat dieser Studien, die 1936
veröffentlichte sog. „Luftwaffendienstvorschrift 16“124 (L.Dv. 16), stellt das bedeutendste
Dokument zum Verständnis des von Wilberg konzipierten „Operativen Luftkriegs“ dar125. Die
Implementierung der „Vom Luftkrieg“ betitelten Dienstvorschrift zur offiziellen Leitlinie der
Luftwaffe im Jahr 1936 repräsentiert den Aufstieg dieser mit dem Douhetismus
konkurrierenden Doktrin zur offiziellen Leitlinie der Luftwaffe126. Eine strukturelle Analyse
dieser zu den Hauptquellen deutscher Luftkriegstheorie zählenden Vorschrift soll im
Folgenden eine typologische Konkretisierung des fraglichen doktrinären Konzeptes erreichen.

116
Maier, Totaler Krieg und Operativer Luftkrieg, S. 45.
117
Eichholtz, Geschichte der deutschen Kriegswirtschaft 1939-1945 I. Von 1939-1941. Vgl. v.a. Kapitel
„Kriegswirtschaftliche Schwierigkeiten und Ergebnisse 1939/40“, S. 103-143.
118
Showalter, German Grand Strategy: A Contradiction in Terms?, S. 89.
119
Overy, The German Pre-War Aircraft Production Plans: November 1936-April 1939, S. 786.
120
Völker, Die deutsche Luftwaffe 1933 – 1939, S. 208.
121
Murray, Strategy for Defeat. The Luftwaffe 1933-1945, S. 9.
122
Boog, Strategischer Luftkrieg in Europa und Reichsluftverteidigung 1943-1944, S. 323.
123
Stoll, Luftwaffe Doctrine and Air Superiority through World War II, S. 8.
124
Die Luftwaffendienstvorschrift „Luftkriegführung“ ist in einer gekürzten Fassung abgedruckt in:
Völker, Dokumente und Dokumentarfotos zur Geschichte der deutschen Luftwaffe, S. 466-486. Im
Folgenden L.Dv. 16 genannt.
125
Buckley, Air Power in the Age of Total War, S. 85.
126
Muscha, Strategic Airpower Elements in Interwar German Air Force Doctrine, S. 75.

15
In ihrer redigierten Fassung aus dem März 1940127 präsentiert sich die unter dem Titel
„Luftkriegführung“ bekannte Vorschrift als verbindliche Darlegung der luftkriegsstrategischen
Doktrin der Luftwaffe für die Gesamtdauer des Zweiten Weltkrieges. In dieser Fassung ist sie
nach den Gesichtspunkten Führung, Aufklärung, Einsatz, Bodenorganisation und Nachschub
in thematischen Felder untergliedert und umfasst insgesamt 280 Paragraphen mit teils sehr
detaillierten Auslassungen bis hin zu Problemen der Wetterlagenaufklärung. Diesen konkreten
Ausführungen vorangestellt befindet sich jedoch eine Einleitung in die theoretischen
Grundlagen der Luftkriegführung, welche sich mit den Aufgaben und Zielsetzungen sowie mit
der Bedeutung des Luftkrieges für die Gesamtkriegführung auseinandersetzt.
Bereits zu Beginn zeigt sich durch die Betonung der fundamental offensiven Natur der
Luftkriegführung die partielle Verwurzelung der Doktrin des „Operativen Luftkrieges“ in den
Grundsätzen des Douhetismus128. So konstatiert Paragraph 2 der Handreichung: „Die
Fliegerkräfte tragen den Kampf von Kriegsbeginn an in Feindesland. Ihr Angriff trifft die
Kampfkraft des Gegners […] an der Wurzel. Als Träger der offensiven Luftkriegführung geben
die Fliegerkräfte […] der Luftwaffe das Gepräge.“
Dieses doktrinäre „Vorwärtsdenken“ wird auch durch die quantitative Analyse der 280
Paragraphen der Dienstvorschrift verdeutlicht, von denen 158 Maßnahmen zu
Angriffsstrategie und -taktik verhandeln, wohingegen sich lediglich 35 mit der Thematik der
Heimatluftverteidigung befassen129. Auch die Betonung der Herstellung und Aufrechterhaltung
der Luftüberlegenheit als Prämisse im Kampf gegen die feindlichen Luftstreitkräfte orientierte
sich an den Prinzipien des Douhetismus130. In Analogie zu Douhet sollte die Ausschaltung der
gegnerischen Luftwaffe dabei nach Kräften in einem überraschenden Präventivschlag
bestenfalls noch am Boden geschehen (vgl. § 104).
In der Einleitung werden jedoch auch die fundamentalen Differenzen zu den Theorien Douhets
deutlich: Im mit dem Schlagwort „Aufgaben“ überschriebenen Paragraphen 9 wird die
Zielsetzung des „Operativen Luftkrieges“ definiert: „Aufgabe der Wehrmacht im Kriege ist die
Brechung des feindlichen Willens. Der Wille der Nation findet in der Wehrmacht seine stärkste
Verkörperung. Die feindliche Wehrmacht niederzuringen ist daher vornehmstes Ziel im
Kriege“. Diese Definition verdeutlicht bereits das Abrücken vom grundlegenden Postulat des
Douhetismus, der Luftkrieg habe sich in erster Linie gegen die feindliche Zivilbevölkerung zu
richten131. In Antithese zu den Theorien Douhets vom Primat der Luftstreitkräfte für den „Krieg
der Zukunft“ imaginiert die Luftwaffendienstvorschrift 16 vielmehr die Funktion der Luftwaffe

127
Den Status als prinzipielles doktrinäres Dokument der Luftwaffe zum Operativen Luftkrieg behielt
die Handreichung bis um Kriegsende bei, vgl. Stoll, Luftwaffe Doctrine and Air Superiority through
World War II, S. 3.
128
Posen, The Source of Military Doctrine. France, Britain, and Germany between the World Wars, S.
179-182 sowie Völker, Die deutsche Luftwaffe 1933 – 1939, S. 213.
129
Stoll, Luftwaffe Doctrine and Air Superiority through World War II, S. 12.
130
Muscha, Strategic Airpower Elements in Interwar German Air Force Doctrine, S. 13 sowie Caldwell,
Don/ Muller, Richard. Luftwaffe Over Germany, S. 47.
131
Corum, Airpower Thought in Continental Europe between the Wars, S. 158.

16
im nachfolgenden Paragraphen als gleichberechtigte Teilstreitkraft im organischen Verbund132
mit den übrigen Heeresgattungen der Wehrmacht: „Die Kriegsentscheidung kann nur durch
das Zusammenwirken der Wehrmachtsteile herbeigeführt werden“ (§ 30). Angelehnt an das
bereits zu Reichswehrzeiten in der Heeresdienstvorschrift 487 „Führung und Gefecht der
verbundenen Waffen“ entwickelte Konzept der „kombinierten Kriegführung“ verstand der
Paragraph somit die Aufgabe der Luftwaffe darin, „durch Führung des Krieges zur Luft der
Führung des Gesamtkrieges zu dienen.“133 Trotz der formalen Unabhängigkeit der
Kommandostruktur der Luftwaffe von den Anforderungen des Heeres134 gehörte daher die
faktische Assignierung der Luftflotten zu einem respektiven Großkampfverband des Heeres
zur standardmäßigen Prozedur des Luftwaffeneinsatzes135. Bekräftigt wird dieser Befund
durch die den Bereich „Aufgaben“ beschließende Forderung: „Die Kriegsleitung muss sich
daher auf die Zielsetzung im Luftkrieg festen Einfluss bewahren“ (§ 12).
Von zentraler Bedeutung für das Verständnis des Spezifikums des „Operativen Luftkrieges“
ist darüber hinaus die im selben Paragraphen vorgenommene Aufzählung möglicher
Aufgabenbereiche einer Luftwaffe in Gestalt eines strategischen „Dreiklangs“, bestehend aus
den Elementen der mittelbaren wie unmittelbaren Heeresunterstützung sowie des in
douhetischer Terminologie als „Kampf um die Kraftquellen“ angeführten strategischen
Bombenkrieges136. Als entscheidende Beobachtung muss hierbei das Fehlen einer starren
Hierarchisierung dieser Einsatzarten angesehen werden, vielmehr postulierte die L.Dv. 16 die
Flexibilisierung der konkreten strategischen oder taktischen Ausrichtung der Zusammenarbeit
mit dem Heer nach den situativen Erfordernissen137.
Demgemäß formulierte die Luftwaffendienstvorschrift im anschließenden Paragraphen: „Wie
die für die Kriegsentscheidung stärkste Wirkung zu erreichen ist, welche Aufgabe demnach
jeweils in den Vordergrund zu stellen ist, ist nur im Rahmen der Gesamtkriegslage zu
entscheiden“138. Die resultierende Parität der einzelnen Elemente präsentiert sich vor diesem
Hintergrund als entscheidendes Distinktionsmerkmal gegenüber dem Douhetismus und seiner
Nachfolgedoktrinen.
Während Douhet innerhalb des überkommenen schematischen Dualismus gegenüber den
taktische Missionen, welche der direkten Unterstützung des Heeres zugutekommen sollten
eine klare Priorisierung zugunsten der ungleich eminenteren Aufgabe der „Terrorisierung der
feindlichen Heimatfront“ durch Bombenangriffe vornimmt, tritt diese starre Hierarchisierung
gegenüber einem flexibleren Modell zurück, dessen Konstituenten gleichermaßen taktische
wie strategische Elemente umfassen konnten.

132
Boog, Das Problem der Selbständigkeit der Luftstreitkräfte in Deutschland 1908–1945, S. 51.
133
Muscha, Strategic Airpower Elements in Interwar German Air Force Doctrine, S. 76.
134
Boog, Das Problem der Selbständigkeit der Luftstreitkräfte in Deutschland 1908–1945, S. 43-52.
135
Overy, Strategic Bombardement before 1939. Doctrine, Planning and Operations, S. 50.
136
Muscha, Strategic Airpower Elements in Interwar German Air Force Doctrine, S. 5.
137
Stilla, Die Luftwaffe im Kampf um die Luftherrschaft, S. 59 sowie Stoll, Luftwaffe Doctrine and Air
Superiority through World War II, S. 4.
138
Corum, The Development of German Air Doctrine Between the Wars, S. 97.

17
Während der Douhetismus die Antinomie zwischen dem Bereich des taktischen wie des
strategischen strikt als antithetische „Extrempole“ auffasste, erscheint die Spannbreite
zwischen taktischem und strategischen Luftwaffeneinsatz in der L.Dv. 16 vielmehr als graduell
skalierbares Methodenspektrum.
Gemäß dieser Konzeption betonte die L.Dv. 16 die inhärent flexible Natur und vielfachen
Einsatzmöglichkeiten sowohl des taktischen wie auch des strategischen Luftwaffeneinsatzes:
„Je nach der Lage, dem Zeitpunkt, der Zielsetzung […] und den eigenen Kräften wird die Art
des Zusammenwirkens mit dem Heere verschieden sein. Ein Schema gibt es nicht“ (§ 126).
Beispielsweise distinguierte die L.Dv. 16 im Rahmen des Themenkomplexes
„Zusammenwirken mit dem Heere“ zwischen den Einsatzmodi des unmittelbaren
Zusammenwirkens mit dem Heer im Sinne einer direkten Unterstützung des
Kampfgeschehens an der Erdfront sowie der „mittelbaren Heeresunterstützung“139, welche
sich auf die „Ziele […], welche die Aufgaben des Heeres am besten fördert“ (§ 126)
konzentrieren sollte140.
Dabei unterstreicht die L.Dv. 16 zwar zunächst die gelegentliche Notwendigkeit, das Heer in
entscheidenden Schlachten durch unmittelbare Einsätze zu unterstützen (§ 125). Dennoch
stellt diese unmittelbare Unterstützung der Bodentruppen keinen Wert an sich da (vgl. § 127:
„Die Zusammenarbeit mit dem Heere soll sich nicht zu eng gestalten“), vielmehr sah die
Vorschrift in der mittelbaren Kooperation mit dem Erdfronten durch Angriffe auf neuralgische
Punkte im rückwärtigen feindlichen Heeresgebiet, etwa durch das Unterbrechen feindlicher
Nachschublinien, die Zerstörung von Luftwaffenstützpunkten und Nachrichtenverbindungen,
häufig eine sinnvollere Verwendungsweise der Luftwaffe141.
Dass die L.Dv. 16 dieser Kategorie unter anderem auch die Zerstörung der logistischen
Infrastruktur, etwa durch die Bombardierung von Brücken und Häfen verortete, lässt bereits
die fluiden Übergänge in der konkreten Ausdifferenzierung im Spektrum zwischen taktischen
wie strategischen Missionen erahnen142.
Dies belegt auch der scheinbar nahtlose Übergang zur nächsten „Eskalationsstufe“ im
typologischen Schema der L.Dv. 16, welcher als Kampf gegen den feindlichen „Kraftstrom zur
Front“ bezeichnet wird. In dieser Formulierung werden bereits die doktrinären Ursprünge
dieser nunmehr „strategischen“ Komponente der Luftwaffendienstvorschrift 16 an die zentrale
Lehre des Douhetismus deutlich. Dabei zeigte sich die L.Dv. 16 hinsichtlich der Wirkung von
„Strategischen Bombardements“ weniger optimistisch als ihr Erfinder Douhet: Die als langsam
und kräftebindend charakterisierte Strategie berge stets „die Gefahr in sich, daß sie zu spät
Einfluss auf den Kampf von Heer und Kriegsmarine gewinnt“143.

139
Brower, Canby, van Creveld, Air Power and Maneuver Warfare, S. 34-37.
140
Corum, The Luftwaffe's Army Support Doctrine, 1918-1941, S. 56.
141
Vgl. Paragraph 162 der L.Dv. 16: “Entscheidende Bedeutung gewinnt der Kampf gegen das
feindliche Eisenbahn- und Verkehrsnetz bei Aufmarschbewegungen des Heeres”.
142
Corum, The Luftwaffe's Army Support Doctrine, 1918-1941, S. 75.
143
Maier, Totaler Krieg und Operativer Luftkrieg, S. 46.

18
Als mögliche Angriffspunkte einer derartigen Bomberkampagne listete das Handbuch in erster
Linie Ziele auf, welche nach douhetischer Definition eher taktischer Natur waren: der Fokus
lag auf der Zerstörung (militärischer) Infrastruktur etwa in Gestalt von
Eisenbahnbombardements, erst danach folgte eine mögliche Attacke auf die feindliche
Energieversorgung und Rüstungsindustrie (vgl. §)144.
Auch die Terminologie des „Kampf gegen die Kraftquellen der feindlichen Wehrmacht“ als
Extrempunkt in der methodologischen Skala der Luftwaffendoktrin verrät die douhetischen
Ursprünge dieses strategischen Instrumentes. In diese Kategorie fielen in der konzeptionellen
Vorstellung des Operativen Luftkrieges vorwiegend die Zerstörung der industriellen
Basisinfrastruktur eines feindlichen Landes, verwirklicht etwa durch die Bombardierung von
Elektrizitätswerken sowie agrikulturellen Produktionsanlagen145. In scharfem Kontrast zu
Douhet richtete sich die Dienstvorschrift dabei jedoch explizit gegen Terrorangriffe auf die
feindliche Bevölkerung und befürwortete erst bei gegnerischem Erstverstoß gegen dieses
Prinzip das Fliegen von „Vergeltungsangriffen“146(§ 186).
Angesichts der detaillierten Aufzählung dieser mannigfaltigen Verwendungsmöglichkeiten
zeigte sich die L.Dv. 16 dabei stets der inhärenten Problematik bewusst, welche sich
angesichts der begrenzten Ressourcen der Luftwaffe aus der Undurchführbarkeit aller dieser
Operationstypen bei simultaner Anwendung ergab. So prognostizierte der Paragraph 13: „Im
Rahmen ihrer Verwendungsmöglichkeiten ergibt sich für die Luftwaffe stets eine Vielzahl von
Aufgaben, für die das Kräfteverhältnis gewöhnlich nicht ausreichen wird.“ Eindringlich warnte
sie daher vor der im Falle einer Diffusion der Einsatzkräfte auf zu viele Ziele leicht eintretenden
Gefahr der „Zersplitterung“ (§ 14).
Als Ausweg aus diesem Dilemma propagierte die Operative Doktrin daher als Funktionsprinzip
bei der Entscheidung über die jeweils konkrete Einsatzart der Luftwaffe das Konzept der
Schwerpunktbildung, d.h. der Konzentration der verfügbaren materiellen, personellen und
planerischen Ressourcen auf ein bestimmtes Missionsziel. Dieses aus der Militärdoktrin des
Heeres übernommene Postulat verband die konkrete Entscheidung über die Verwendung der
Luftwaffe im Spannungsfeld zwischen taktischen und strategischen Missionen mit dem Prinzip
der Fokussierung auf die jeweils eine Maximierung des voraussichtlichen Schadens
versprechende Einsatzart bzw. den respektiven Einsatzort.
Im Unterschied zu den streng nach Funktionsgruppen gegliederten Luftwaffen der
Westalliierten147 besaß die Luftwaffenführung somit zumindest theoretisch die operationale
Unabhängigkeit, ihre Kräfte flexibel in Reaktion auf die vorherrschende militärischere Lage
umzufunktionieren148.

144
Corum, The Luftwaffe's Army Support Doctrine, 1918-1941, S. 58.
145
Muscha, Strategic Airpower Elements in Interwar German Air Force Doctrine, S. 78.
146
Corum, The Development of German Air Doctrine Between the Wars, S. 97.
147
Boog, Das Problem der Selbständigkeit der Luftstreitkräfte in Deutschland 1908–1945, S. 53.
148
Dieses Prinzip wurde an der Ostfront erst 1944 im Zuge der funktionalen Neuordnung d. Luftwaffe
unter Generalstabschef Korten aufgegeben, vgl. Boog, Strategischer Luftkrieg in Europa, S. 144.

19
Diese Flexibilisierung zwischen einer unmittelbaren oder mittelbaren Vorgehensweise im
Sinne der „Auftragstaktik“ liegt auch dem Organisationsprinzip der Luftwaffe in sog. Luftflotten
zugrunde149, welche als separat agierende Großkampfverbände die grundlegende
Kommandostruktur der Luftwaffenverbände bildeten. Durch die gattungsübergreifende
Ausstattung dieser „Luftwaffen im Kleinen“150 sollte durch die flexible Gestaltung der deutschen
Luftkriegsdoktrin letztlich die notwendige Autonomie zur der Bestimmung konkreter
„Schwerpunkte“ gewährt werden151.
In der luftkriegstheoretischen Analyse erscheint die doktrinäre Tendenz der
152
Luftwaffendienstvorschrift 16 somit als Synthese des traditionellen Fokus deutscher
Luftkriegführung vor allem auf der unmittelbaren wie indirekten Heeresunterstützung mit
zurückhaltenden Anklängen der zeitgenössisch prävalenten Theorien des Douhetismus zu
einer idiosynkratischen „Doktrin des Mittelweges“153, deren fehlende konzeptionelle
Festlegung der Luftwaffe eine hohe Flexibilität und Balance im Spannungsfeld zwischen
strategischer und taktischer Kriegführung garantierte154.
In der Folge präsentierte sich die deutsche Luftwaffe zu Beginn des zweiten Weltkrieges im
internationalen Vergleich als Luftstreitkraft mit der umfassendsten und vielseitigsten
militärischen Doktrin aller luftkriegführenden Nationen155. Mithilfe einer historischen
Längsschnittanalyse soll im Folgenden die praktische Applikation dieser Doktrin auf die
deutsche Luftkriegführung im Zweiten Weltkrieg anhand einer Fokussierung auf den Einsatz
der Luftwaffe an der Ostfront im Sinne einer Fallstudie vertiefend untersucht werden.

149
Ehrhart/Hurley, Air Power and Warfare, S. 153 sowie Stoll, Luftwaffe Doctrine and Air Superiority
through World War II, S. 26.
150
Boog, Das Problem der Selbständigkeit der Luftstreitkräfte in Deutschland 1908–1945, S. 34.
151
Caldwell/ Muller, Luftwaffe Over Germany, S. 67.
152
Corum, The Development of German Air Doctrine Between the Wars, S. 100.
153
Buckley, Air Power in the Age of Total War, S. 86.
154
Stilla, Die Luftwaffe im Kampf um die Luftherrschaft, S. 59 sowie Corum, Airpower Thought in
Continental Europe between the Wars, S. 178.
155
Corum, Defeat of the Luftwaffe, 1935-1945, S. 203-226 sowie Ders., The Development of German
Air Doctrine Between the Wars, S. 93.

20
4 Die Luftwaffe und der „Operative Luftkrieg“ 1933-1945

Einen erstmaligen Anlass für die praktische Implementierung der in der


Luftwaffendienstvorschrift 16 niedergelegten Grundsätze hatte der bereits von
zeitgenössischen Beobachtern als „Generalprobe“ der Luftwaffe für zukünftige
Auseinandersetzungen gesehene Einsatz der Legion Condor im Spanischen Bürgerkrieg156.
Der von Göring zu Wevers Nachfolger berufene Albert Kesselring157, sah den Konflikt darüber
hinaus als Möglichkeit zur erstmaligen Anwendung des breiten Arsenals der „Operativen
Kriegführung“ und wollte die Leistung der Luftwaffe in diesem Konflikt demnach auch explizit
als praktische Überprüfung der jüngst adaptierten Doktrin verstanden wissen und
gegebenenfalls gemäß der gesammelten Expertise optimieren. Dabei übersah der
Generalstabschef jedoch die fundamental divergierenden strategischen, politischen
Voraussetzungen des Bürgerkrieges, welche die methodologische Bandbreite der operativen
Vorgehensweise limitierten158.
Während einerseits die irreguläre Art der Kriegführung mit ihren unklaren Fronten sowie die
unwegsame Geographie der iberischen Halbinsel die Aufgaben der mittelbaren
Heeresunterstützung wie etwa die Unterbrechung von Transport- und Kommunikationsadern
erschwerten, wurde der „strategische“ Einsatz der Bomber von General Franco, mit der
bekannten Ausnahme der Bombardierung Madrids ab November 1936, aus Prestigegründen
stets abgelehnt. Vielmehr musste sich die Legion Condor vorwiegend mit der Rolle der
direkten Heeresunterstützung der karlistischen Truppen begnügen159. Demnach war es einzig
das Aufgabengebiet des taktischen Nahkampfes, auf dem die Luftwaffe bis 1938 die größten
experimentellen Fortschritte erzielte. So sammelte beispielsweise der Schlachtflieger von
Richthofen hier entscheidende Erfahrungen, welche ihn später zum Befehlshaber des auf den
Bodenkampf spezialisierten Fliegerkorps VIII aufsteigen ließen160.
Diese unbeabsichtigte perspektivische „Verengung“ der Möglichkeiten des Operativen
Luftkrieges auf das verbliebene Mittel des direkten Assistierens der kämpfenden
Bodentruppen erschien Kesselring, der sich in seiner Autobiographie als dezidierter „Anti-
Douhetist“ präsentierte161, angesichts der kurzen Dauer des Konfliktes sowie seines
Sonderstatus als Bürgerkrieg nicht als besorgniserregend, jedoch löste sie einen subtilen aber
ebenso kontinuierlichen Prozess der Fokusverlagerung der Luftwaffendoktrin zu einer rein
taktischen Auslegung der eigenen, ursprünglich generalistischen Doktrin, welche sich auch
unter den Nachfolgern Kesselrings, welcher bereits am 30. Mai von Göring wieder abberufen

156
Corum, The Luftwaffe and the Coalition Air War in Spain 1936-1939, S. 69.
157
Krautkrämer, Elmar: Generalfeldmarschall Albert Kesselring, S. 124 sowie Stilla, Die Luftwaffe im
Kampf um die Luftherrschaft, S. 58. Vgl. auch Macksey, Kesselring. The Making of the Luftwaffe.
158
Murray, Strategy for Defeat. The Luftwaffe 1933-1945, S. 21 sowie Corum, The Development of
German Air Doctrine Between the Wars, S. 99.
159
Maier, Der Aufbau der Luftwaffe und ihre strategisch-operative Konzeption, S. 302-304.
160
Muller, The German Air Force and the Campaign against the Soviet Union 1941-1945, S. 135.
161
Kesselring, Soldat bis zum letzten Tag, S. 26.

21
worden war162, Stumpff und Jeschonnek fortsetzte. Insbesondere während der Amtszeit des
letzteren Generalstabschefs ab 1939 kam es zu einer doktrinären wie rüstungstechnischen
Betonung des Konzepts der Sturzkampfbomber auf Kosten der Entwicklung anderer
Flugzeugtypen wie etwa der von Transportmaschinen und Jägern, wobei sich der große
interpretatorische Freiraum für die konkrete Austarierung der materiell-technologischen
Voraussetzungen der Operativen Luftkriegsdoktrin als nützlich erwies. Im Verbund mit dem
seit 1937 amtierenden Generalflugzeugmeister Udet forderte Jeschonnek163 von den
Konstrukteuren schließlich sogar die Änderung der Konstruktionspläne des letzten in der
Entwicklung befindlichen deutschen Langstreckenbombermodells, der He 177, für den Einsatz
als Sturzkampfbomber164, was dessen Serienreife um fünf Jahre verzögern sollte165.
Nach den in doktrinärer Hinsicht unbefriedigenden Erfahrungswerten des Spanischen
Bürgerkrieges bot nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges der als „Fall Weiß“ bekannte
Überfall auf Polen die Möglichkeit, die Luftwaffendoktrin auf ihre Praxistauglichkeit zu
überprüfen. Tatsächlich gilt der polnische Feldzug als beinahe „schulmäßige“ Umsetzung166
der Präzepte der „klassischen“ operativen Luftkriegführung: Gemäß dem Postulat der
Luftüberlegenheit eröffnete die Luftwaffe ihren Angriff am 1. September mit Luftschlägen
gegen die Bodenorganisation der polnischen Luftstreitkräfte und erlangte bereits nach einer
Woche die absolute Luftüberlegenheit über polnisches Territorium. Von diesem Zeitpunkt an
fokussierte sich die Luftwaffenführung zunächst überwiegend auf die mittelbare Unterstützung
der auf Warschau vorrückenden Heeresverbände und konnte einige wichtige Erfolge bei der
Unterbrechung polnischer Nachschublinien verbuchen. Gemäß der Bestimmung der LdV 16,
strategische Bombardements erst im Falle der der eigenen Bodentruppen durchzuführen,
leitete die Luftwaffenführung nach dem Einschluss Warschaus durch die Wehrmacht eine
strategische Bombenkampagne gegen die polnische Hauptstadt ein, welche schließlich zur
Kapitulation der Stadt am 28. September beitrug167.
Im Folgejahr hingegen sollten sich erstmals die desaströsen Folgen eines Luftwaffeneinsatzes
außerhalb des von der eigenen Doktrin der Operativen Kriegführung vorgegebenen
Rahmens168 zeigen. Nachdem sich im „Fall Gelb“ die operativen Präzepte der Luftwaffe erneut
bewiesen hatten, sollten sich in der im Anschluss entbrannten „Luftschlacht um England“169
erstmals die Folgen der fatalen Kombination aus der Tendenz zur materiellen
Kräfteüberspannung infolge der Missachtung grundlegender technologischer Realitäten als
auch dem Ignorieren der strategischen Prämissen des Operativen Luftkrieges zeigen.

162
Macksey, Kesselring. The Making of the Luftwaffe, S. 47.
163
Corum, Defeat of the Luftwaffe, 1935-1945, S. 203-226.
164
Völker, Die deutsche Luftwaffe 1933 – 1939, S. 208.
165
Murray, Strategy for Defeat. The Luftwaffe 1933-1945, S. 19 sowie Corum, The Development of
German Air Doctrine Between the Wars, S. 101.
166
Brower, Canby, van Creveld, Air Power and Maneuver Warfare, S. 49-52.
167
Rohde, Hitlers erster „Blitzkrieg“ und seine Auswirkungen auf Nordeuropa, S. 131.
168
Corum, The Development of German Air Doctrine Between the Wars, S. 101.
169
Ferris/Mawdsley, The war in the west 1939-1940. The Battle of Britain, S. 315-330.

22
In der zentralen Luftwaffendienstvorschrift 16 firmierte die Erringung der Luftüberlegenheit als
fundamentale Voraussetzung für die Einleitung eines strategischen Bombenkrieges170. Da sich
die ursprüngliche Strategie der Erringung der Luftüberlegenheit über den britischen Inseln
durch die Bekämpfung der RAF und ihrer Luftwaffenstützpunkte aufgrund der fehlenden
Einflugreichweiten deutschen Kurz- und Mittelstreckenbomber171 bald als undurchführbar
erwies, versuchte die Luftwaffe ab September eine improvisierte strategische Luftkriegführung
einzuleiten und ging zur Bombardierung militärischer Ziele wie Rüstungsfabriken und Häfen in
Süd- und Mittelengland über172. In diesem Unterfangen ignorierte die Luftwaffenführung jedoch
neben den fehlenden Ressourcen173 und völlig unzureichenden technologischen
Voraussetzungen einer über Monate anhaltenden strategischen Kampagne auf einer
existentielleren militärischen Ebene ein prinzipielles Unvermögen, die von der L.Dv. 16
vehement geforderte Schwerpunktbildung durchzuführen174.
Die fehlende Priorisierung der in der L.Dv. 16 genannten strategischen Ziele einer
Bomberkampagne175 führte zu einem hektischen Oszillieren zwischen verschiedene
Angriffszielen, bis die Luftwaffenführung schließlich im September 1940 erstmals zum Mittel
der in der L.Dv. 16 abgelehnten Zivilbombardements Zuflucht nahm176. Die zunehmend
verzweifelten Zielwechsel zwischen Angriffen auf die britische Rüstungsindustrie sowie gegen
die britische Hauptstadt geführte Terrorattacken177 führten schließlich zur von der L.Dv. 16
unbedingt zu vermeiden gesuchten Kräftediffusion während insbesondere die verlustreiche
Praxis unbegleiteter Bombereinflüge178 ohne die Aussicht auf Herstellung von
Luftüberlegenheit die Luftschlacht um England schnell zum bislang größten militärischen
Desaster der Luftwaffe stempelten179. Die im „German Blitz“ offen zu Tage getretene
Undurchführbarkeit eines zeitlich ausgedehnten strategischen Bombenkrieges sollte die
Luftwaffe an ihre Belastungsgrenze bringen und als „Wasserscheide“180 für die Stellung
strategischer Bombenoffensiven im Koordinatensystem der deutschen Luftkriegsdoktrin das
bereits unterrepräsentierte strategische Element des Operativen Luftkrieges endgültig zur
„ultima ratio“ der deutschen Luftkriegführung disqualifizieren181. Als die effektive Niederlage
spätestens im Frühjahr 1941 unvermeidlich erschien182, bewahrte lediglich der Abzug großer
Verbände vom englischen Kriegsschauplatz die Luftwaffe vor dem Schicksal der Aufreibung.

170
Stoll, Luftwaffe Doctrine and Air Superiority through World War II, S. 13.
171
Boog, Das Problem der Selbständigkeit der Luftstreitkräfte in Deutschland 1908–1945, S. 48.
172
Quester, Bargaining and Bombing During World War II in Europe, S. 426.
173
Tooze, The Wages of Destruction. The Making and Breaking of the Nazi Economy
174
Barley, Contributing to its Own Defeat. The Luftwaffe and the Battle of Britain, S. 402.
175
Stoll, Luftwaffe Doctrine and Air Superiority through World War II, S. 11.
176
Barley, Contributing to its Own Defeat. The Luftwaffe and the Battle of Britain, S. 396.
177
Boog, Strategischer Luftkrieg in Europa und Reichsluftverteidigung 1943-1944, S. 324.
178
Boog, Die Luftwaffe zwischen der Luftschlacht um England und Unternehmen Barbarossa, S. 277.
179
Ferris/Mawdsley, The war in the west 1939-1940. The Battle of Britain, S. 327.
180
Murray, Strategy for Defeat. The Luftwaffe 1933-1945, S. 7.
181
Völker, Die deutsche Luftwaffe 1933 – 1939, S. 211.
182
Stilla, Die Luftwaffe im Kampf um die Luftherrschaft, S. 82.

23
Diese Erfahrungsgrundlage bildet demnach auch den historischen Kontext für die strategische
Planung des „Unternehmen Barbarossa“. In der „Führerweisung 21“ vom 18. Dezember
1940183 als einem zentralen Dokument für die Vorbereitung des Angriffskrieges gegen die
Sowjetunion schloss Hitler für die bevorstehende Invasion strategische Bombardements der
sowjetischen Rüstungsindustrie kategorisch aus: „Um alle Kräfte gegen die feindliche
Luftwaffe und zur unmittelbaren Unterstützung des Heeres zusammenfassen zu können, ist
die Rüstungsindustrie während der Hauptoperationen nicht anzugreifen.“184 Demgegenüber
stellt die im Paragraphen „Die Führung der Operationen“ skizzierte Vorgehensweise der
Luftwaffe die Aufgabe, „die Operationen des Heeres in ihren Schwerpunkten […] zu
unterstützen“185, in den Vordergrund.
Explizit beschäftigt sich die Weisung mit der Möglichkeit der mittelbaren Heeresunterstützung
durch die Zerstörung feindlicher Nachschubwege an die Front, etwa durch
Eisenbahnbombardements: „Die russischen Bahnen werden je nach ihrer Bedeutung für die
Operationen zu unterbrechen bezw. in ihren wichtigsten nahegelegenen Objekten
(Flußübergänge) durch kühnen Einsatz von Fallschirm- und Luftlandetruppen in Besitz zu
nehmen sein“. Allerdings bildet für die Luftwaffe die direkte Heeresassistenz das eigentliche
Kernstück der Weisung: „Für die Luftwaffe wird es darauf ankommen, für den Ostfeldzug so
starke Kräfte zur Unterstützung des Heeres freizumachen, daß mit einem raschen Ablauf der
Erdoperationen gerechnet werden kann“. Die Rückkehr zur aus Sicht der Luftwaffenführung
angestammten Strategie der Heeresunterstützung nach dem strategischen Debakel über
England wurde von Generalstabschef Jeschonnek enthusiastisch kommentiert: „Endlich
einmal ein richtiger Krieg!“186.
Im Rahmen der seit Anfang des Jahres 1941 angelaufenen strategischen Planung für das
bevorstehende Unternehmen sah die Generalität der Luftwaffe im Rückgriff auf die bereits im
„Fall Weiß“ bzw. „Gelb“ erfolgreich erprobte Luftwaffenstrategie in Übereinstimmung mit der
L.Dv. 16 zunächst die schnellstmögliche Zerstörung der überwiegend in Frontnähe
stationierten sowjetischen Luftstreitkräfte als Grundvoraussetzung für jedweden Erfolg des
Feldzuges an187. Die hohe Relevanz der Luftüberlegenheit im strategischen Gesamtkonzept
der OKW erschließt sich auch durch die in der Weisung 21 mehrfach geäußerte Forderung,
„die Einwirkung der russischen Luftwaffe soweit wie möglich zu lähmen und auszuschalten“
und hierdurch ein „wirksames Eingreifen der russischen Luftwaffe […] schon bei Beginn der
Operation durch kraftvolle Schläge zu verhindern“188.

183
Weisung Nr. 21, ediert in: Hubatsch, Walther: Hitlers Weisungen für die Kriegführung, S. 84-87.
184
Overy, Hitler and Air Strategy, S. 412 sowie Murray, Strategy for Defeat. The Luftwaffe 1933-1945,
S. 80.
185
Boog, Strategischer Luftkrieg in Europa und Reichsluftverteidigung 1943-1944, S. 342.
186
Muller, The German Air Force and the Campaign against the Soviet Union 1941-1945, S. 6.
187
Plocher, The German Air Force versus Russia. 1941, S. 23.
188
Vgl. Murray, Strategy for Defeat. The Luftwaffe 1933-1945, S. 88.

24
Von der Luftaufklärung189 waren zu diesem Zweck einunddreißig Militärflugplätze ausgewählt
worden, deren möglichst rasche Zerstörung die sowjetische Luftwaffe paralysieren und
möglichst am Boden vernichten sollte190. Die weitere strategische Planung sah dann das
gemeinsame Vorrücken der Luftwaffenverbände in unmittelbarer wie mittelbare Kooperation
mit den vorrückenden Bodentruppen vor191. In Vorbereitung dieser Operationen wurden die
seit Mai 1941 entlang der deutsch-sowjetischen Demarkationslinie zusammengezogenen
Verbände in drei Luftflotten untergliedert: Dabei sollte Luftflotte 1 unter General Keller im
Verbund mit der Heeresgruppe Nord in den baltischen Raum vorstoßen192, während Luftflotte
2 unter dem Befehl Kesselrings gemeinsam mit der Heeresgruppe Mitte in zentralrussisches
und Luftflotte 4 unter Alexander Löhr zusammen mit Heeresgruppe Süd in ukrainisches Gebiet
vordringen sollte193. Insgesamt waren am Vorabend der „Operation Barbarossa“ etwa siebzig
Prozent der Gesamtkampfstärke der Luftwaffe194, entsprechend annähernd viertausend
Kampfflugzeugen, darunter beinahe eintausend Bomber, an der Ostgrenze
zusammengezogen195.
Als die Luftwaffe in der Nacht auf den 22. Juni 1941 mit der Bombardierung sowjetischer
Flugplätze begann, bestand innerhalb des Oberkommandos der Luftwaffe kein Zweifel daran,
dass der Überfall auf den „Koloss auf tönerneren Füßen“ Sowjetunion binnen zweier Monate
abgeschlossen sein werde, wobei diese eklatanten Fehleinschätzung nicht unwesentlich im
von der Luftwaffengeneralität unkritisch übernommenen Optimismus des „Größten Führers
aller Zeiten“ gründete, den „bolschewistischen Erzfeind“ in einem kurzen Feldzug
„zerschlagen“ zu können“196. Tatsächlich übertrafen die Erfolge der Luftwaffe im Kampf mit der
Roten Luftwaffe (WWS) zunächst sämtliche Erwartungen: Bedingt durch die völlige
Überrumpelung der sowjetischen Luftstreitkräfte gelang es der Luftwaffe am ersten Tag der
Invasion über achthundert Flugzeuge beinahe ausnahmslos am Boden zu zerstören197.

189
Der für die Feindaufklärung verantwortliche Josef Schmidt als Chef der 5. Abteilung hatte zur
Koordination dieser Luftschläge mit der Aufklärung des rückwärtigen sowjetischen Gebietes in einem
200-Kilometer-Gürtel hinter der Demarkationslinie beginnen lassen, jedoch sollte es ihm bis
Kriegsausbruch nicht gelingen, ein verlässliches Bild über die Stärke der sowjetischen Luftwaffe zu
gewinnen, weshalb die Schätzung einsatzbereiter sowjetischer Kampfflugzeuge auch innerhalb der
Luftwaffe großen Schwankungen zwischen insgesamt sechs- bis fünfzehntausend Fliegern unterlag, vgl.
Muller, The German Air Force and the Campaign against the Soviet Union 1941-1945, S. 69-70. Die
Auswertung der im Aufbau befindlichen sowjetischen Rüstungsindustrie im Transural unterblieb
aufgrund der operativen Ausrichtung des Luftwaffeneinsatzes sogar völlig, was sich im weiteren
Verlaufe des Krieges als Kardinalfehler herausstellen sollte, vgl. Boog, Die Luftwaffe und der Angriff
auf die Sowjetunion, S. 689.
190
Boog, Die Luftwaffe zwischen der Luftschlacht um England und Unternehmen Barbarossa, S. 301.
191
Corum, The Luftwaffe's Army Support Doctrine, 1918-1941, S. 67.
192
Boog, Die Luftwaffe und der Angriff auf die Sowjetunion, S. 692.
193
Plocher, The German Air Force versus Russia. 1941, S. 40-41.
194
Müller, Der Bombenkrieg 1939-1945, S. 99.
195
Boog, Die Luftwaffe zwischen der Luftschlacht um England und Unternehmen Barbarossa, S. 279.
196
Overy, Hitler and Air Strategy, S. 412.
197
Boog, Die Luftwaffe und der Angriff auf die Sowjetunion, S. 654.

25
Diese Erfolgsserie sollte sich aufgrund des Schocks der WWS auch in den Folgewochen
ungebrochen fortsetzen, so dass die sowjetische Luftwaffe im europäische Teil Russlands
nach dem Verlust von annähernd siebentausend Flugzeugen bis zum 12. Juli als
ernstzunehmende Bedrohung für das restliche Jahr aus dem Krieg ausschied198. Die Luftwaffe
hatte diesen ungeahnten Erfolg nicht zuletzt durch das Erringen vollkommener
Luftüberlegenheit über den nur vereinzelt zum Starten gekommenen Gegner bereits am ersten
Invasionstag verwirklichen können und ihr erstes operatives Ziel somit erfüllt.
In Anlehnung an die L.Dv. 16 sahen die Befehlshaber der drei Luftflotten ihre nächste Aufgabe
in der Unterstützung der jeweiligen im Verbund mit ihnen operierenden Heeresgruppe:
Während Luftflotte 1 den Vorstoß der Heeresgruppe Nord in Richtung Leningrad unterstützte
und hierbei sowohl direkte wie indirekte Heeresunterstützung (Bombardierung der
Eisenbahnlinie Moskau-Leningrad199) gewährte, leistete im Süden Luftflotte 4 einen
entscheidenden Beitrag zum Gelingen der vom Heer initiierten Umklammerungsbewegungen
im ukrainischen Raum, welche zum Sieg in der Kesselschlacht von Kiew beitrug200. In
ähnlicher Weise hatte auch Löhrs Luftflotte 2 zunächst den Vorstoß der Heeresgruppe Mitte
auf Minsk durch Schläge gegen die logistische Infrastruktur unterstützt und den Ausbruch der
sowjetischen Truppen aus dem dortigen Kessel verhindert. Nachdem die Luftwaffe im
Anschluss auch den Übergang der Bodentruppen über den Dnjepr gegen lokale Attacken der
sowjetischen Luftwaffe erzwungen hatte, gelang der Wehrmacht schließlich die Eroberung von
Smolensk am 21. Juli.
Die Eroberung dieser lediglich 400 km von der sowjetischen Hauptstadt entfernten Metropole
gewährte der Luftwaffe erstmals eine Vorwärtsbasis mit für den Masseneinsatz adäquat
ausgebauten Flugplätzen im zentralen europäischen Gebiet der Sowjetunion. Als Anfang
August der Vorstoß der Heeresgruppe Mitte aufgrund logistischer Probleme kurzfristig ins
Stocken geriet, entschloss sich das OKW zu einer Strategieänderung: Mit dem Führerbefehl
Nr. 33201 wurde das vor Beginn des Unternehmens Barbarossa geltende kategorische Verbot
von strategischen Bombardements widerrufen um den Einsatzfokus der Luftstreitkraft von der
direkten Heeresunterstützung auf den „Kampf gegen die Kraftquellen“ der Sowjetunion zu
verlagern202. Auf persönlichen Befehl des „obersten Befehlshaber der Wehrmacht“ sollte
überdies die sowjetische Hauptstadt als „Zentrum des bolschewistischen Widerstandes“ aus
ideologischen wie Prestigegründen durch massive strategische Bombenangriffe dem
Erdboden gleichgemacht werden203. Demgemäß flog die Luftflotte 2 von ihrer Smolensker
Basis bis Mai 1942 mindestens 87 Tages- und Nachtangriffe auf Moskau204 sowie gegen die

198
Muller, The German Air Force and the Campaign against the Soviet Union 1941-1945, S. 254.
199
Murray, Strategy for Defeat. The Luftwaffe 1933-1945, S. 83.
200
Plocher, The German Air Force versus Russia. 1941, S. 117-126.
201
Murray, Strategy for Defeat. The Luftwaffe 1933-1945, S. 88.
202
Overy, Hitler and Air Strategy, S. 414.
203
Boog, Die Luftwaffe und der Angriff auf die Sowjetunion, S. 690.
204
Muller, The German Air Force and the Campaign against the Soviet Union 1941-1945, S. 88-94.

26
„Kraftzentren“ der sowjetischen Rüstungsindustrie in Leningrad, Ryasan und Charkow, wobei
die Schäden aufgrund der meist nicht fünfzig Bomber205 übersteigenden Anzahl der
Bomberflotte minimal ausfielen. Diese Episode verdeutlicht einerseits die wachsende
Besorgnis der Luftwaffenführung, durch die „taktische Fesselung“ an das langsame Vorrücken
der Erdfronten ihre nominelle administrative Autonomie zu verlieren206, sie verdeutlicht darüber
hinaus aber auch die mangelnde Trennschärfe der deutschen Luftkriegsdoktrin in der
theoretischen Unterscheidung zwischen Aufgaben der „mittelbaren Heeresunterstützung“
durch Kampf gegen Ziele innerhalb des umliegenden Operationsgebietes, deren Zerstörung
„sich rechtzeitig auf die Operationen des Heeres auswirkt“ sowie dem strategischen
Bombardement weit entfernt liegender „Kraftquellen“.
Dass die Luftwaffe strukturell zu einer effektiven strategischen Operationsweise nicht in der
Lage war, bewies aufs Neue der geringe Schaden dieser aufgrund der starken sowjetischen
Flakabwehr verlustreichen Attacken. Die unweigerlich folgende Kräftediffusion zeigte
abermals fatale Folgen, da die Bombermissionen dringend benötigte Reserven von den im
Verbund mit der Heeresgruppe Mitte vorrückenden Fliegerkorps der Luftflotte 2 abzogen.
Demgemäß ist das Stocken und letztendliche Scheitern der ab September anrollenden
Bodenoffensive TAIFUN mit dem Ziel der Einnahme Moskaus trotz großer Erfolge etwa in der
Doppelschlacht von Wjasma und Brjansk im Dezember 1941 nicht zuletzt als Resultat der
strategischen „Ablenkung“ der beteiligten Luftflotten zu werten207.
In dieser militärisch prekären Lage traf das Anrollen der „Stalin-Offensive“208 entlang des
gesamten Frontverlaufs am 6. Dezember die Luftwaffe umso heftiger, da die russische
Luftwaffe hier erstmals ihre asiatischen Reserven in das Kräftegewicht einbrachte. Die Abwehr
dieser Herausforderung sowie die beständige Notwendigkeit die bedrängten Erdfronten durch
engste taktische Unterstützung bis hin zum Erdkampf vor dem Zusammenbruch zu bewahren,
ließen schließlich alle anderen Aufgaben in den Hintergrund treten. In Verkennung der
Situation forderte jedoch der „Haltebefehl“ Hitlers vom 8. Dezember209 erneut strategische
Angriffe gegen die sowjetischen Rüstungszentren in Rostow, Stalingrad, Krasnodar und Gorki.
Die für den unsachgemäßen Einsatz im Erdkampf zweckentfremdenden Bombergeschwader
sahen sich aufgrund hoher Verluste zu derartigen Attacken jedoch nicht mehr in der Lage,
woran auch die Übernahme des Oberbefehls über die operative Planung durch Hitler am 19.
Dezember 1941210 an dieser Situation nichts ändern konnte.

205
Boog, Die Luftwaffe und der Angriff auf die Sowjetunion, S. 717.
206
Bezeichnend für den mangelnden Grad der Unabhängigkeit der Luftwaffenführung von der
administrativen Struktur des Heeres ist, dass erst im Mai 1944 die Einrichtung eines eigenständigen
Oberkommandos der Luftwaffe mitsamt der Ausdifferenzierung der Generalsstabssäule in den Bereich
Generalstab, Generalflugzeugmeister für Technik und General der Fliegerausbildung angegangen
wurde, vgl. Boog, Strategischer Luftkrieg in Europa und Reichsluftverteidigung 1943-1944, S. 231.
207
Castano, The Failure of Operation Barbarossa, S. 17-28.
208
Boog, Die Luftwaffe und der Angriff auf die Sowjetunion, S. 702.
209
Murray, Strategy for Defeat. The Luftwaffe 1933-1945, S. 107 sowie Overy, Hitler and Air Strategy,
S. 413.
210
Boog, Das Problem der Selbständigkeit der Luftstreitkräfte in Deutschland 1908–1945, S. 54.

27
Ihre größten Verluste erlitt die Luftwaffe im Winter 1941 allerdings beim Versuch die bei Cholm
und Demjansk eingeschlossenen Heeresteile mithilfe einer Luftbrücke zu unterstützen211. Im
Ergebnis des Scheiterns der „Blitzkrieg-Strategie“ der Wehrmacht vor Moskau sah die
Luftwaffe ihren operativen Radius auf den Status einer „Feuerwehrtruppe“ reduziert212, welche
das Heer ununterbrochen in engsten taktischen Gefechten zu unterstützen hatte.
An diesem Zustand sollte auch das Anrollen der Sommeroffensive „Fall Blau“ im Folgejahr
keine grundlegende Änderung mehr bewirken213. Vielmehr schien sich, von einigen kleineren
„Nadelstichattacken“ der Luftwaffe auf Gorki und Saratow abgesehen214, der Einsatzfokus der
Luftwaffe beständig weiter in Richtung „Nahkampf“ zu verlagern. So profilierte sich etwa der
Fliegerkorps VIII von Richthofen bei der Einnahme der Krimfestung Sewastopol durch Stuka-
Angriffe, von denen ein Zeuge des Bombardements berichtet: „Das Vertrauen der Feldtruppen
in die Luftwaffe war vollkommen, und zu unzähligen Gelegenheiten stellte der vertraute Umriss
der Flieger mit den schwarzen Kreuzen den wankenden Mut wieder her und vereitelten einen
Angriff der Russen“215.
Nach Eroberung der Krim begleitete Luftflotte 4 die Heeresgruppe Süd auf dem Vormarsch in
den Kaukasus. Infolge der im Führerbefehl Nr. 45216 angeordneten Spaltung dieses
Großkampfverbandes217 sah sich die zu Beginn über 1000 Flugzeuge umfassende Luftflotte
parallel mit den Aufgaben des direkten taktischen Assistierens beider Heeresteile sowie der
indirekten Heeresunterstützung, etwa durch die Bombardierung der Don-Brücken, und
schließlich der Bekämpfung der WWS im Kaukasusraum konfrontiert. Die Missachtung des
Prinzips des „Schwerpunktes“ bewirkte die vollkommene Kräfteüberspannung und das
letztendlich Scheitern der im November 1942 nur noch 400 einsatzbereite Flugzeuge
zählenden Luftflotte an allen genannten Operationszielen218.
Als schließlich die sechste Armee an der Einnahme Stalingrads zu scheitern drohte, mussten
die Überreste der vierten Luftflotte die abgekämpften Bodentruppen bei der blockweisen
Einnahme der Stadt unterstützen. Diesen taktischen Sieg erkaufte die völlig beanspruchte
Luftflotte von Richthofens jedoch mit der Ablenkung von der in der L.Dv. 16 als eigentliche
Kernaufgabe definierte indirekt-operativen Vorgehensweise. Demnach gelang es der
besagten Luftflotte auch nicht mehr, den Aufmarsch der sowjetischen Entlastungsoffensive
„Uranus“ durch rechtzeitige Schläge gegen die rückwärtige logistische Infrastruktur zu
verhindern. Nach der subsequenten Einschließung der sechsten Armee scheiterte auch die
von Göring initiierten Luftbrücke219.

211
Overy, Hitler and Air Strategy, S. 414.
212
Müller, Der Bombenkrieg 1939-1945, S. 103.
213
Plocher, The German Air Force versus Russia. 1942, S. 194-235.
214
Muller, The German Air Force and the Campaign against the Soviet Union 1941-1945, S. 190.
215
Sajer, Denn dieser Tage Qual war groß. Bericht eines vergessenen Soldaten, S. 72.
216
Murray, Strategy for Defeat. The Luftwaffe 1933-1945, S. 152.
217
Overy, Hitler and Air Strategy, S. 413.
218
Groehler, Geschichte des Luftkrieges 1910-1980, S. 432 sowie Murray, Strategy for Defeat. The
Luftwaffe 1933-1945, S. 267.
219
Plocher, The German Air Force versus Russia. 1942, S. 236-288.

28
In Analogie zu den Ereignissen des Vorjahres musste die Luftwaffe im Winter 1942 nach der
katastrophalen Niederlage das Zurückfallen der Heeresgruppe Süd in aufreibenden
Rückzugsgefechten decken, so dass die Zahl einsatzfähiger Flugzeuge bis Januar des neuen
Jahres einen besorgniserregenden Tiefstand erreichte. Als sich die Frontlage infolge der
Rückeroberung Charkows im März 1943 leidlich stabilisierte und der Generalstab der Luftwaffe
eine „Atempause“ von der Planung taktischer Einsätze erlangte, nutzte Generalstabschef
Jeschonnek diese um den bislang unbefriedigenden Verlauf des Krieges in den vergangenen
beiden Jahren einer theoretischen Analyse zu unterziehen. Erneut musste ein Abweichen von
den grundlegenden Prinzipien der Operativen Kriegführung konstatiert werden220, da es dem
Führungsstab der Luftwaffe nicht gelungen war, die operative „Zwangsjacke“ der taktischen
Heeresunterstützung zu überwinden.
Zum Jahreswechsel setzte sich daher im im Generalstab der Luftwaffe die Erkenntnis durch,
dass der Missbrauch der Luftflotten im taktischen Unterstützungskampf als „fliegende
Artillerie221“ zum Verlust der Eigeninitiative geführt habe. Ausgehend von diesem Ergebnis
postulierte der Generalstabschef Jeschonnek die Notwendigkeit, sich von diesen vermeintlich
„reaktiven“ Verhaltensmustern emanzipieren. Wenngleich bereits im Juni 1943 erste Versuche
Jeschonneks in Kooperation mit Generalleutnant Rudolf Meister zur Einführung einer
aggressiveren Kriegführung dokumentiert sind222, wurden diese Ansätze durch die
Notwendigkeit, das Heer bei seiner dritten Sommeroffensive im Rahmen der Operation
„Zitadelle“ zu unterstützen, gehindert. Bei Abbruch des Vorstoßes auf Kursk Mitte Juli 1943
musste sich das Oberkommando des Heers ebenso wie der Luftwaffe eingestehen, dass der
endgültige Verlust der Initiative am Boden wie in der Luft eingetreten und der Luftwaffeneinsatz
an der Ostfront zum Abnutzungskrieg degeneriert war223. Der Suizid des Generalstabschef
Jeschonnek im Folgemonat ist demnach wohl auf diese bedenkliche Kriegslage an der
Ostfront sowie das gleichzeitige Scheitern der Luftwaffe bei der Abwehr der „Operation
Gomorrha“ zurückzuführen224.
So blieb es dem Amtsnachfolger Jeschonneks Günther Korten225 überlassen, einen
Gegenentwurf zur offensichtlich gescheiterte Art der Luftkriegführung zu entwerfen226. Für eine
Umorientierung der von der Luftwaffenführung als problematisch gegenwärtigen
Heeresgebundenheit konnte sich der neue Generalstabschef hierbei an den Präzepte der
deutschen Luftkriegsdoktrin orientieren. Im konkreten Fall der von Korten nach der
Rückgewinnung Charkows diagnostizierten zwischenzeitlichen „Erstarrung des Krieges“227
schlug §21 der Luftwaffendienstvorschrift 16 den „Kampf gegen die Kraftquellen“ vor.

220
Murray, Strategy for Defeat. The Luftwaffe 1933-1945, S. 154.
221
Boog, Die Luftwaffe und der Angriff auf die Sowjetunion, S. 703.
222
Muller, The German Air Force and the Campaign against the Soviet Union 1941-1945, S. 183-238.
223
Groehler, Geschichte des Luftkrieges 1910-1980, S. 373 sowie Stilla, Die Luftwaffe im Kampf um
die Luftherrschaft, S. 85. Vgl. auch Priest, The Luftwaffe and its War of Attrition.
224
Corum, Airpower Thought in Continental Europe between the Wars, S. 179.
225
Boog, Strategischer Luftkrieg in Europa und Reichsluftverteidigung 1943-1944, S. 229.
226
Plocher, The German Air Force versus Russia 1943, S.
227
Vgl. Paragraph § 31 der L.Dv. 16.

29
„Bei engem Zusammenwirken mit dem Heer findet die Luftwaffe […] häufig nicht die Ziele, bei
deren Bekämpfung ihre Angriffskraft voll zur Geltung kommt. Sie wird zweckmäßiger gegen
Fernziele angesetzt, deren Zerstörung die Operationen des Heeres entscheidend
beeinflussen.“ Korten, der als ehemaliger Stabschef der Luftflotte 4 im Kaukasus die Diffusion
und Aufreibung der verbliebenen Bombergeschwader in anhaltenden taktischen
Unterstützungsmissionen erlebt hatte, sollte sich in der Folgezeit als Katalysator für die
Verlagerung des „Schwerpunktes“ auf die Methode des „strategischen“ Bombens betätigen.
Im Zuge dieses Bestrebens erhob Korten den einflussreichen Luftkriegstheoretiker Hans-
Detlef Herhudt von Rohden228 zum Leiter der 8., „Kriegswissenschaftlichen Abteilung“ des
Generalstabs der Luftwaffe229, welche mit der konkreten Bestimmung von strategischen
„Kraftquellen“ beauftragt wurde. In dieser Funktion legte Herhudt von Rohden, welcher seit der
Veröffentlichung seines 1938 erschienenen Hauptwerkes „Vom Luftkrieg“ zu den
hervorragenden Vertretern des Douhetismus in Deutschland gezählt hatte230, das Fundament
für die folgende Rückbesinnung auf die „strategischen“ Wurzeln der deutschen
Luftkriegsdoktrin im Douhetismus.
Die als strategische „Tankstelle der Luftwaffe“231 fungierende Expertengruppe der 8. Abteilung
sollte diese die theoretischen Grundlagen für eine grundsätzliche Neuorientierung des
„Schwerpunktes “der deutschen Luftkriegführung an der Ostfront erarbeiten. Entsprechend
den in der L.Dv. 16 definierten „Kraftquellen“ erstellte sie hierzu eine Auflistung möglicher
strategischer Einsatzziele, worunter sie neben Stätten der Rüstungsproduktion vor allem die
Zerstörung von Elektrizitätswerken begriff. Unter Mitwirkung diverser weiterer Sektionen der
Luftwaffe sowie des Rüstungsministeriums unter Speer wurde schließlich bis Dezember 1943
ein konkreter Operationsplan erstellt232, der den Namen „Aktion Russland“ erhielt. Der
Augenblick für ein strategisches „Experiment“ der Luftwaffe schien günstig gewählt, da der
geplante Beginn der Aktion Russland mit dem Eintreffen erster Verbände des lange erwarteten
Langstreckenbombers He 177 an der Ostfront koinzidierte233. Gleichzeitig sorgte Korten für
die Neuaufstellung eines Gutteils der verbliebenen Bombergeschwader an der Ostfront zum
Fliegerkorps IV unter Generalleutnant Meister234, welches von den unmittelbaren
Kampfhandlungen abgezogen wurde und bis zum Frühjahr 1944 den strategischen
Bombenabwurf trainieren sollte235. Als die theoretischen wie praktischen Vorbereitungen zur
Auslösung der „Aktion Russland“ im Februar 1944 abgeschlossen waren, bestätigte sich
jedoch einmal mehr die Warnung der L.Dv. 16 vor der Diffusion begrenzter Ressourcen236.

228
Boog, Strategischer Luftkrieg in Europa und Reichsluftverteidigung 1943-1944, S. 240.
229
230
Corum, Airpower Thought in Continental Europe between the Wars, S. 158.
231
Vgl. Muller, The German Air Force and the Campaign against the Soviet Union 1941-1945, S. 248.
232
Stilla, Die Luftwaffe im Kampf um die Luftherrschaft, S. 110.
233
Murray, Strategy for Defeat. The Luftwaffe 1933-1945, S. 248
234
Groehler, Geschichte des Luftkrieges 1910-1980, S. 395.
235
Maier, Totaler Krieg und Operativer Luftkrieg, S. 61.
236
Murray, Strategy for Defeat. The Luftwaffe 1933-1945, S. 244.

30
So zeigte sich die durch den Abzug der Bomberstaffeln weiter geschwächten Luftflotte 6 und
4 nicht in der Lage, den Aufmarsch feindlicher Großverbände in Vorbereitung auf die
sowjetischen Sommeroffensive an der Ostfront durch Störattacken auf russische
Transportlinien zu unterbinden237.
Konfrontiert mit dieser Situation entschied sich Korten daher zum Abbruch der geplanten
strategischen Kampagne und den Einsatz aller Bomber zur Bombardierung der logistischen
Infrastruktur im Rahmen der „Eisenbahninitiative“. Dennoch gelang es der Luftwaffe weder die
ab Mai 1944 anrollende Operation Bagration einzudämmen noch den Fall der „Panther-“ bzw.
„Siegriedstellung“ zu verhindern238. Der hiermit verbundene Rückzug der Wehrmacht über
tausend Kilometer westwärts beraubte die „Aktion Russland“ durch den Verlust sämtlicher für
die strategische Operation eingeplanter Flugplätze an die Rote Armee ihrer physischen
Grundlage239.
Erschwerend hierzu trat die zu diesem Zeitpunkt drückende zahlenmäßige Überlegenheit der
ab 1943 wieder massiv aufgerüsteten Roten Luftwaffe240, welche das unbegleitete Aufsteigen
von Bomberströmen illusorisch werden ließ. Jedoch sind für die zunehmende Auszehrung241
der materiellen wie personellen Substanz der Luftwaffe an der Ostfront ab 1944 auch
wesentlich „externe“242 Faktoren beteiligt:
Die im Rahmen der 1943 auf der Casablanca Konferenz beschlossenen Point Blank
Initiative243 angelaufenen Bombenkampagne des alliierten Combined Bomber Command über
Deutschland brachte im Zuge der sog. „Big Week“244 ab Februar 1944 die Treibstoffproduktion
des Reiches graduell zum Erliegen245, so dass sich die Luftwaffe bis Anfang 1945 weitgehend
ihrer Manövrierfähigkeit beraubt sah. Darüber hinaus wurden gerade die modernsten Bomber
in großer Zahl für die von Hitler als Reaktion auf die zunehmend effektiven „area bombings“246
der RAF angesetzten Vergeltungsangriffe247 auf britische Städte im Rahmen der Operation
„Steinbock“ von der Ostfront an den Ärmelkanal verlegt248.

237
Overy, Die Wurzeln des Sieges. Warum die Alliierten den Zweiten Weltkrieg gewannen, S. 170-173.
238
Groehler, Geschichte des Luftkrieges 1910-1980, S. 435.
239
Boog, Strategischer Luftkrieg in Europa und Reichsluftverteidigung 1943-1944, S. 242.
240
Stoll, Luftwaffe Doctrine and Air Superiority through World War II, S. 29.
241
Boog, Die Luftwaffe und der Angriff auf die Sowjetunion, S. 711.
242
Beaumont, The Bomber Offensive as a Second Front, S. 16.
243
Boog, Strategischer Luftkrieg in Europa und Reichsluftverteidigung 1943-1944, v. a. S. 112-132.
244
Hammel, The Road to Big Week, S. 335-357 sowie Groehler, Geschichte des Luftkrieges, S. 404.
245
Biddle, Anglo-American Strategic Bombing 1940-1945, S. sowie "Facilis descensus averni est". The
Allied Bombing of Germany and the Issue of German Suffering, S. 104.
246
Davis, Bombing the European Axis Powers. A Historical Digest of the Combined Bomber Offensive
1939–1945
247
Groehler, Geschichte des Luftkrieges 1910-1980, S. 393. Bereits 1942 kam es zu derartigen
Angriffen, welche als Baedeker Raids bekannt geworden sind, vgl. Quester, Bargaining and Bombing
During World War II in Europe, S. 435.
248
Murray, Strategy for Defeat. The Luftwaffe 1933-1945, S. 251. Vgl. auch Groehler, Geschichte des
Luftkrieges 1910-1980, S. 388.

31
Paradoxerweise erscheint jedoch gerade die Endphase des Kampfes der Luftwaffe an der
Ostfront als eine Zeit hektischer Planungen; fast scheint es, als solle der Einsatz des zuvor
mühsam konstituierten Fliegerkorps IV gegen die vom Rückzug der Luftwaffe geprägte
Kriegslage249 zur Rechtfertigung dieser „Investition“ erzwungen werden. In rascher Folge
entwickelte die 8. Abteilung um Herhudt von Rohden immer weitreichendere Operationspläne
wie die Unternehmen „Burgund“ im September 1944 sowie „Eisenhammer“ im Januar 1945,
wobei die ressourcentechnischen Realitäten der Luftwaffe und der strategische Anspruch ihrer
Führung immer weiter auseinanderklafften250. Exemplarisch für die zunehmende Verzweiflung
der Luftwaffenführung steht ein Vorschlag Kortens aus dem Mai 1944, Selbstmordangriffe
gegen sowjetische Kraftwerke fliegen zu lassen.
Diese Episode illustriert anschaulich die graduelle Pervertierung der als „Notlösung“
ersonnenen Verlagerung des „Schwerpunktes“ zum strategischen Bombardement, welche die
Luftwaffenführung noch bis in die letzten Kriegsmonate gefangen hielt, als die versprengten
Überreste des Fliegerkorps IV sich bereits in verlustreichen taktischen Abwehrkämpfen gegen
den Vormarsch der Roten Armee aufrieben251. Letztendlich war eine Situation eingetreten, wie
sie die Luftwaffendienstvorschrift 16 bereits 1936 skizziert hatte: „Unbeschadet einer straffen
Zielsetzung ist eine Überspitzung des Schwerpunktgedankens fehlehrhaft. Sie führt leicht zum
Verlust anderweitig errungener kriegswichtiger Erfolge“ 252. Obwohl es der Luftwaffe auch 1945
noch vereinzelt gelang, die sowjetische Offensive auf Berlin zu verlangsamen (etwa durch die
Bombardierung der Weichselbrücken), brach sie angesichts der erdrückenden alliierten
Luftüberlegenheit bis März 1945 schließlich zusammen.
Die Auseinandersetzung mit den Ursachen für das Scheitern der Luftwaffe an der Ostfront
prädatiert das Kriegsende um beinahe ein Jahr. Bereits im September 1944 veröffentlichte
Herhudt von Rohden eine bemerkenswerte Fehleranalyse: „Der Verlauf des Luftkrieges seit
1941 war durch den Umstand gekennzeichnet, dass die Luftwaffe nicht in konzentrierten
Angriffen gegen einen Feind an einer Front verwendet wurde. Sie war durch gleichzeitiges
Operieren an verschiedenen Kriegsschauplätzen gezwungen ihre Schläge in viele Richtungen
zu führen. Das unvermeidliche Ergebnis war eine Minderung ihrer operativen Kapazität an
verschiedenen Frontabschnitten. Daher rührt ihr Abkommen von den vormaligen Prinzipien
des operativen Luftkrieges.“253 In der abschließenden Analyse soll demnach der spezifische
Stellenwert besagter Doktrin für die praktische Operationalisierung des Luftwaffeneinsatzes
an der Ostfront fokussiert und hierbei der Frage nachgegangen werden, ob und in wie weit die
militärische Niederlage der Luftwaffe auf diesem Kriegsschauplatz als Konsequenz eines
doktrinären Versagens aufzufassen ist.

249
Groehler, Geschichte des Luftkrieges 1910-1980, S. 464-468.
250
Price, The Last Year of the Luftwaffe. May 1944 to May 1945, S. 72-81.
251
Einen Überblick über die Zerschlagung der Luftwaffe an der Ostfront bietet Hooton, War over the
Steppes. The air campaigns on the Eastern Front, S. 208-255.
252
Vgl. Paragraph 14 der Luftwaffendienstvorschrift 16,
253
Generalstab 8. Abteilung: „Die Douhet-Theorie und ihre Anwendung auf d. gegenwärtigen Krieg“, S. 10.

32
5 Das Scheitern der Luftwaffe - ein Scheitern der Doktrin?

Das zu Beginn der Untersuchung eingeführte historiographischen Narrativ der Korrelation des
evidenten Scheiterns der Luftwaffe in der vier Jahre währenden militärischen
Auseinandersetzung mit der Sowjetunion am Kriegsschauplatz der Ostfront 1941-1945,
sowohl in ihren Anstrengungen zur effektiven Bekämpfung der Roten Armee und ihrer
Luftstreitkräfte als auch das sukzessive Unvermögen der wirkungsvollen Ausschaltung der
industriellen „Kraftquellen“, mit dem postulierten Versagen der luftwaffenspezifischen Doktrin
von der „Operativen Kriegführung“ soll in einer abschließenden synoptischen Analyse der
Erkenntnisse aus den vorangegangenen genetischen, quellenkritischen wie praktisch-
strategischen Untersuchungen hinterfragt werden.
Als Amalgam divergierender luftkriegstheoretischer Elemente besitzt die Doktrin des
„Operativen Luftkrieges“ einen Sonderstatus im Kontext der evolutionären Ausdifferenzierung
der unterschiedlichen Doktrinen der Zwischenkriegszeit. Der historische Entwicklungsprozess
dieses genuin deutschen Phänomens der Luftkriegstheorie lässt sich im Ergebnis der
vorangehenden „genetischen“ Analyse vor allem als Tendenz zur Abgrenzung von
divergierenden „nationalen“ wie internationalen Konzeptionen und Theorien der
Luftkriegsführung entlang fundamentaler Antinomien visualisieren. Neben der Divergenz
deutscher Luftkriegstheoretiker in der spezifischen Gewichtung der Bewertung der
Erfahrungen des Ersten Weltkrieges254 sowie deren Stellenwert für die Erstellung einer
zukünftigen Doktrin des Luftkrieges gehörte hierbei vor allem die skeptische Bewertung255 der
Schriften Giulio Douhets als internationalem „Referenzrahmen“256 der aufkommenden
Luftkriegstheorie zu den Leitlinien der doktrinären Entwicklung in Deutschland257.
Während die douhetisch inspirierten „nationalen“ Doktrinen der Alliierten258 den Einsatz
strategischer Bomberflotten für potenziell kriegsentscheidend hielten und dem taktischen
Luftwaffeneinsatz nur eine nachrangige Bedeutung beimaßen, versuchte die deutsche
Konzeptionalisierung des Luftkrieges diese beiden scheinbar antithetischen Prinzipien durch
die reflektierende Adaption unterschiedlicher Erfahrungsquellen im Spannungsfeld
einflussreicher doktrinärer Gesamtströmungen wie in der deutschen Heeresdoktrin verorteter
Denkschulen zu einer einheitlichen Theorie zu verbinden259.
Ausgehend von den luftkriegstheoretischen Forschungen der Zwanzigerjahre fanden diese
Bestrebungen im Gefolgeder Wiederbegründung der Luftwaffe nach der nationalsozialistischen
Machtübernahme ihren Kulminationspunkt in der Kodifizierung der Luftwaffendienstvorschrift
16.

254
Napp, Die deutschen Luftstreitkräfte im Ersten Weltkrieg, S. 441-456.
255
Müller, Der Bombenkrieg 1939-1945, S. 28.
256
Stephens, The True Believers. Airpower between the Wars, S. 29-68.
257
Muscha, Strategic Airpower Elements in Interwar German Air Force Doctrine, S. 71-76.
258
Spaatz, Strategic Air Power: Fulfillment of a Concept, S. 385-396.
259
Völker, Die deutsche Luftwaffe 1933 – 1939, S. 31.

33
Als prägendes Charakteristikum dieses eigentlichen „Gründungsdokuments der Operativen
Luftwaffendoktrin“ erscheint auf Basis der vorangegangenen Quellenuntersuchung die
grundlegende Offenheit sowie die Balanciertheit im Spannungsfeld zwischen strategischer
und taktischer Luftkriegführung. Die ersichtliche Flexibilität der umfassendsten und
vielseitigsten militärischen „Doktrin des Mittelweges“260 erlaubte deren Anwendung in
heterogenen Einsatzarten, so dass der Generalstab der Luftwaffe bei der praktisch-adaptiven
„Übersetzung“ der dort formulierten Präzepte auf eine breite methodische Bandbreite in der
Umsetzung unterschiedlicher Missionen zurückgreifen konnte261. Der experimentale Charakter
der deutschen Luftkriegsstrategie wird auch von der L.Dv. 16 selbst betont: „Luftstrategie und
Lufttaktik stehen am Anfang ihrer Entwicklung“262.
Angesichts der bewusst unterlassenen Konkretisierung der angebotenen methodischen
Vielfalt auf eine etwaige Festlegung auf eine taktische oder strategische Vorgehensweise
erkannte die L.Dv. 16 die Bereitstellung einer „Richtschnur“ für die Selektion geeigneter
Methoden für die jeweils konkrete Einsatzart der Luftwaffe als Kernproblematik. Daher erhob
sie das Konzept der „Schwerpunktbildung“, d.h. der Fokussierung der materiellen, personellen
und planerischen Ressourcen auf ein bestimmtes Missionsziel, zur zentralen Kernkompetenz
der Luftwaffenführung.
Letztlich delegierte die deutsche Luftkriegsdoktrin die operative „Übersetzung“ ihrer
theoretischen Konzeptionen hin zur Individuierung des jeweiligen relevanten „Schwerpunktes“
auf die jeweiligen Führungsfiguren der Luftwaffe und vertraute hierbei auf deren individuelles
Urteilsvermögen. In der Praxis räumte dieses Modell den Prioritäten und Vorlieben der jeweils
amtierenden Führungsfiguren des Generalstabes große Freiräume bei der Legung eines
spezifischen Fokus ein263.
Die historische Analyse der praktischen Applikation des „Operativen Luftkrieges“ in den
vielgestalten Kampfeinsätzen der Luftwaffe im Zweiten Weltkrieges verdeutlicht in diesem
Zusammenhang das Potenzial ebenso wie die inhärenten Risiken einer derartigen
„Kompetenzdelegation“.
Während sich die unter den der Ägide Kesselrings sowie und seiner Amtsnachfolger graduelle
verstärkende Verlagerung des „Schwerpunktes“ der Luftwaffe auf eine vorwiegend taktisch-
unterstützenden Funktionsweise für die Bewältigung der „lokalen“ europäischen Kriege 1939-
1940 als durchaus zielführend erwies264, spielte diese zunehmende Fixierung auf in Hinblick
auf die im Vorangegangenen analysierte Luftwaffeneinsatzes im Kampf an der Ostfront 1941-
1945 eine ambivalentere Rolle.

260
Boog, Das Problem der Selbständigkeit der Luftstreitkräfte in Deutschland 1908–1945, S. 48.
261
Völker, Die deutsche Luftwaffe 1933 – 1939, S. 32.
262
Vgl. Paragraph 32 der L.Dv. 16.
263
Stilla, Die Luftwaffe im Kampf um die Luftherrschaft, S. 48.
264
Weinberg, German Strategy 1939-1945, S. 107-118 sowie Völker, Die deutsche Luftwaffe 1933 –
1939, S. 28.

34
Wenngleich die in den „Blitzkriegen“ 1939-1940 bewährte enge Kooperation mit dem Heer
während der Eröffnungsphase des „Unternehmen Barbarossa“ abermalig schnelle Erfolge
zeitigte, zog das dem Scheitern der Bodentruppen in der Operation TAIFUN vor Moskau
1941265 die Luftwaffe in einer „Abwärtsspirale“ mit sich266, welche den zweijährigen
permanenten Einsatz als „Feuerwehr“ und die konsequente graduelle Absorption ihrer
Unabhängigkeit zur Folge haben sollte267. Besonders nach den verehrenden sowjetischen
Gegenoffensiven im Winter 1941 und 1942 sank die Luftwaffe dabei beim Versuch zur
Stabilisierung der deutschen Erdfronten auf den Status einer „fliegenden Artillerie“ herab, so
dass die allmähliche Habitualisierung der engen taktischen Zusammenarbeit268 die faktische
Degradierung der Luftwaffe zur „Dienstmagd des Heeres“ nach sich zog269.
Angesichts der temporären taktischen Erfolge der Luftwaffe im Verlauf des „Fall Blau“ konnte
sich die Luftwaffenführung unter Generalstabschef Jeschonnek zu einem Eingeständnis der
prinzipiellen Verfehltheit ihres Beharrens auf der ursprünglichen Schwerpunktsetzung in der
Heeresunterstützung durchringen. Erst als die materiellen und personellen Ressourcen der
Luftwaffe infolge der Niederlage bei Stalingrad einen bedrohlichen Stand der Auszehrung
erreicht hatten, versuchte die Führung unter dem neuen Generalstabschef Korten eine
Verlagerung des „Schwerpunktes“ auf den strategischen Bombereinsatz durchzusetzen270.
Dass dieser „Neustart“ der Luftkriegführung an der Ostfront im Sommer 1943 möglich wurde,
ist im Wesentlichen ein Produkt des hohen Grad an Flexibilität, wie ihn die L.Dv. 16 im
operativen Denken der Luftwaffenführung angelegt hatte271.
Die bedeutenden luftkriegstheoretischen Fortschritte in der konkreten Operationalisierung des
strategische“ Luftkrieges, wie sie etwa im theoretischen Werk Herhudt von Rohdens ersichtlich
sind, vollzogen sich angesichts der rapiden Verschlechterung der Ressourcenbasis der
Luftwaffe272 ab Mitte des „Katastrophenjahrs 1943“ aufgrund „interner“ wie „externer“ Faktoren
im „luftleeren Raum“273. Obwohl die L.Dv. 16 sowohl vor dem Aufwand eines mit hohen
materiellen Kosten verbundenen strategischen Bombardements wie auch der Gefahr der
übergebührlichen Versteifung auf einer spezifischen Einsatzart gewarnt hatte, gelang der
Luftwaffenführung bis ins letzte Kriegsjahr trotz der fundamental gewandelten
Kräfteverhältnisse, welche das Führen eines strategischen Luftkrieges illusorisch erscheinen
ließen, keine Kurskorrektur.

265
Castano, The Failure of Operation Barbarossa, S. 25.
266
Stone, Operations on the Eastern Front 1941–1945, S. 739.
267
Boog, Das Problem der Selbständigkeit der Luftstreitkräfte in Deutschland 1908–1945, S. 52.
268
Müller, Der Bombenkrieg 1939-1945, S. 103.
269
Boog, Das Problem der Selbständigkeit der Luftstreitkräfte in Deutschland 1908–1945, S. 61.
270
Völker, Die deutsche Luftwaffe 1933 – 1939, S. 211.
271
Corum, The Development of German Air Doctrine Between the Wars, S. 98.
272
Eichholtz, Geschichte der deutschen Kriegswirtschaft 1939-1945 III. Von 1943-45. Vgl. v.a. “Das
Krisenjahr 1944. Klimax und Verfall der kriegswirtschaftlichen Organisation”, S. 1-78.
273
Caldwell, Don/ Muller, Richard. Luftwaffe Over Germany, S. 122.

35
Das von Korten und Koller bis ins die letzten Kriegsmonate zu verantwortende Festhalten der
deutschen Luftkriegführung an der Schwerpunktsetzung auf „strategischen“ Bombardements
parallelisiert hierbei mit dem nicht minder schädlichen Beharren der Luftwaffenführung auf
einem „taktischen“ Fokus zu Beginn des Krieges274.
Dieses „Fallen vom einem Extrem ins andere“ bis hin zur Realitätsverleugnung275 bedeutete
in beiden Fällen eine unverantwortliche Fixierung des „Schwerpunktes“ der Luftwaffenführung
auf ein in der Situation als unwirksam erwiesenes doktrinäres Instrument. Dabei ignorierte die
Luftwaffenführung unter den genannten Generalstabschefs eine fundamentale Lektion der
Operativen Luftkriegsdoktrin, wie sie in der LDV 16 ausgedrückt wird: die rechtzeitige
Rekonfiguration des „Schwerpunktes“ gemäß der fluktuierenden Kriegslage276.
Schließlich machte sich auch der immer größere Einfluss der nationalsozialistischen Führung
auf die Gestaltung der strategischen wie doktrinären Grundlagen der Kriegführung im Vorfeld
des Zweiten Weltkrieges auf die „Rekonfiguration“ der ehedem generalistisch ausgerichteten
deutschen Luftkriegsdoktrin bemerkbar277. Hitler, der den Wert der Luftwaffe in erster Linie an
deren Eignung zur Abschreckung und Durchsetzung seiner revisionistischen Forderungen
bemaß278, zeigte sich unfähig, die Bedeutung des „strategischen Elementes“ der Operativen
Doktrin für den modernen Luftkrieg zu erkennen279. Bezeichnend hierfür steht etwa eine
bizarre Episode im September 1944, als der „Angriffsführer England“ Peltz die von Hitler
geforderten Vergeltungsangriffen gegen Großbritannien infolge der Aufreibung seiner
zahlenmäßig unzureichenden Bomberverbände einstellen musste, infolge dessen Hitler
Göring androhte die Luftwaffe zugunsten der Verstärkung der „zuverlässigeren“ FLAK-
Artillerie auflösen zu lassen280.
Als weitaus schädlicher erwies sich allerdings Görings sprunghafte Personalpolitik mit ihren
fehlenden strukturellen Kontinuitäten, welche die Verankerung und langfristige Festigung einer
konkreten „Auslegung“ der Grundsätze der Operativen Luftkriegführung in den von disruptiven
Personalwechseln geprägten Reihen der mittleren und unteren Offiziersränge verhindern
musste. Die variierenden Anforderungen der im Vorfeld der Operation Barbarossa zu
bestreitenden Feldzüge zeigten sich dabei ebenso an der Ausgestaltung der „Operativen“
Doktrin beteiligt wie individuelle Vorlieben und Entscheidungen der beteiligten Planer in den
Reihen des Luftwaffenführungsstabes ebenso wie der nationalsozialistischen Führung281, so
dass die aus diesen widersprüchlichen Einflüssen konstituierten deutschen Luftstreitkräfte
gelegentlich mit dem Begriff der „Kompromiss-Luftwaffe“ belegt worden sind282.

274
Stoll, Luftwaffe Doctrine and Air Superiority through World War II, S. 4.
275
Boog, Strategischer Luftkrieg in Europa und Reichsluftverteidigung 1943-1944, S. 238.
276
Muscha, Strategic Airpower Elements in Interwar German Air Force Doctrine, S. 76.
277
Ehrhart/Hurley, Air Power and Warfare, S. 148.
278
S. v.a. Overy, Hitler and Air Strategy, S. 405 sowie Müller, Der Bombenkrieg 1939-1945, S. 95.
279
Corum, Airpower Thought in Continental Europe between the Wars, S. 167.
280
Overy, Hitler and Air Strategy, S. 417.
281
Boog, Strategischer Luftkrieg in Europa und Reichsluftverteidigung 1943-1944, S. 231.
282
Maier, Totaler Krieg und Operativer Luftkrieg, S. 54.

36
In der Gesamtschau basierte der militärische Erfolg oder Misserfolg der Operativen
Luftkriegsdoktrin im Ergebnis dieser Analyse stärker als bei vergleichbaren doktrinären
Luftkriegskonzeptionen auf der individuellen Ausnutzung des ihr inhärenten
„Methodenangebotes“283. Während Generäle wie Wever oder Korten diesen Spielraum zu
einer Akzentuierung des „strategischen“ Elementes verwendeten284, zeigte das Gros der
deutschen Luftwaffenführung eine Tendenz zur Bevorzugung taktischer Einsatzmodi285.
Jedoch erscheint die grundsätzliche Konzeption der theoretischen Grundlagen des Operativen
Luftkrieges in ihrer Betonung der flexiblen Rolle und multidimensionalen Einsatzmodi bei der
Adressierung konkreter militärischer Problemlagen als nicht minder geeignet als vergleichbare
strategische Konzeptionen alliierter Luftstreitkräfte, vielmehr erscheint sie deren einseitiger
Fixierung auf das Element des „strategischen“ Luftkrieges sogar überlegen286.
Die in der Konzeption der deutschen Luftkriegsführung angelegte Flexibilität gewährte der
Luftwaffe einen Vorteil beim Umschalten zwischen divergierenden Operationsarten im Falle
einer veränderten Kriegslage287. Eben diese Flexibilität kann demgegenüber jedoch auch als
„Schwachpunkt“ der deutschen Luftwaffendoktrin angesehen werden. Demgemäß zeigte sich
die hybride Natur der deutschen Luftwaffendoktrin als „Allrounder“288 unter den
zeitgenössischen Luftkriegskonzeptionen anfällig für „extreme Interpretationen“ der
ursprünglich als „Doktrin des Mittelweges“289 konzipierten Luftkriegsstrategie290.
Im Ergebnis der vorliegenden Analyse muss eine monokausale Attribuierung des Scheiterns
der Luftwaffe im Kampf an der Ostfront auf den Faktor der Doktrin somit zugunsten eines
Faktorenbündels von individuell divergierenden strategischen „Interpretationen“ und
Modifikationen zurücktreten. In jedem Fall muss die ungebrochene Auseinandersetzung mit
den vermehrt als paradigmatisch für eine ausbalancierte, fortschrittliche und teilweise
visionäre Luftwaffendoktrin291 verstandenen Konzeptionen zu Luftkriegstheorie und -strategie,
wie sie in der Luftwaffendienstvorschrift 16 niedergelegt sind, die weiterhin hohe Relevanz der
Luftwaffendoktrin des „Operativen Luftkrieges“ bezeugen292.

283
Corum, Airpower Thought in Continental Europe between the Wars, S. 174.
284
Corum, The Development of German Air Doctrine Between the Wars, S. 96.
285
Boog, The Policy, Command and Direction of the Luftwaffe in World War II, S. 68. Vergleiche auch
Corum, The Luftwaffe's Army Support Doctrine, S. 53-76.
286
Corum, The Luftwaffe's Army Support Doctrine, 1918-1941, S. 53.
287
Showalter, German Grand Strategy: A Contradiction in Terms?, S. 87.
288
Vgl. Stilla, Die Luftwaffe im Kampf um die Luftherrschaft, S. 59.
289
Völker, Die deutsche Luftwaffe 1933 – 1939, S. 31.
290
Charakteristisch für diesen Befund erscheint etwa die Feststellung des Luftwaffenoffiziers Paul
Deichmann, im Führungsstab der Luftwaffe gebe es so viele Definitionen des „Operativen Luftkrieges“
wie Köpfe, vgl. Maier, Totaler Krieg und Operativer Luftkrieg, S. 46.
291
Posen, Source of Military Doctrine. France, Britain, & Germany between the World Wars, S. 179.
292
Corum, The Development of German Air Doctrine Between the Wars, S. 93.

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