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ohne Antistalinismus.
Willi Münzenberg, Die Zukunft und die
antistalinistische Wende in der
deutschsprachigen Emigration 1933 –1940.
Bernhard H. Bayerlein
1 Der Beitrag fußt auf den Forschungen zur Münzenbergschen Wochenzeitung Die Zukunft
(1938-1940) am Institut für soziale Bewegungen der Ruhr-Universität Bochum, mit einer
zweijährigen Förderung durch die Fritz-Thyssen-Stiftung. Ich danke Uwe Sonnenberg (Berlin)
für wichtige Hinweise. Alle Übersetzungen durch den Autor.
2 Das Wirkungsdreieck von KPD, Komintern und kommunistischer Partei Russlands wurde
ausführlich in einer dreibändigen Quellenedition dargestellt. Siehe: Hermann Weber, Jakov
218
▶ Inhaltsverzeichnis / Content
chigen politischen Emigration in Frankreich nach, die sich unter
diesem Aspekt als eine Sequenz offener oder verdeckter poli-
tischer Anfeindungen, Diffamierungen und Skandale erweist,
die sich empirisch in den meisten Fällen auf stalinistische Prak-
tiken der KPD bzw. des „Linienkommunismus“ (Babette Gross)
zurückführen lassen.
3 Zum Begriff des kulturellen bzw. kollektiven Traumas siehe: Angela Kühner: Trauma und kol-
lektives Gedächtnis, Gießen, Psychosozial-Verlag 2008. Zur Verbindung mit der deutschen
Zeitgeschichte siehe: Aleida Assmann: Ein deutsches Trauma? Die Kollektivschuldthese
zwischen Erinnern und Vergessen. In: Merkur, Heft 608/1999, S. 1142-1154; Geffrey C.
Alexander: Cultural Trauma and Collective Identity, University of California Press 2004 (mit Ron
Eyerman, Bernhard Giesen, Neil J. Smelser and Piotr Sztompka); Wilhelm Reich: Menschen im
Staat, Frankfurt am Main, Stroemfeld 1995, S. 171- 229, hier S. 213f. (Nexus. 24).
4 Hier sei nur auf wichtige Repräsentanten der deutschen Osteuropa- bzw. Sowjetunionfor-
schung hingewiesen oder die kaum mehr überschaubare Menge der Beiträge zum 100.
Jahrestag der Oktoberrevolution, die jedoch eine Stalinismusanalyse vermissen lassen. Siehe
als Beispiel: Dietrich Beyrau: Oktoberrevolution. „Flammenschrift auf Europas östlicher Wand.“
In: Jahrbuch für historische Kommunismusforschung 2017, S. 31-52.
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▶ Inhaltsverzeichnis / Content
sendwende in Deutschland die Vermeidung des Stalinismus-
begriffs in den Sozialwissenschaften dominant war. Wenn
Stalinismuskritik problematisiert wurde, dann vielfach (in Ost
wie West) fälschlicherweise bzw. einseitig antikommunistisch
konnotiert und/oder als überholte trotzkistische These abquali-
fiziert. Dies führte nach der Jahrtausendwende dazu, dass im
Verbund mit der These des „antitotalitären Konsenses“ als Lei-
tideologie der (neo-)liberalen kapitalistischen Demokratie (trotz
des überwältigenden empirischen Anschauungsmaterials) Bol-
schewismus und Stalinismus als Kontinuum ein und desselben
Phänomens des Kommunismus gesehen werden. Tiefgehende
Transformationsprozesse in der Geschichte des Kommunismus
und der Sowjetunion werden so nicht mehr erkannt oder waren
nicht mehr von Interesse. Angespornt durch die Absicht, seine
eigene persönliche „Verblendung“ als Mitglied der französischen
Kommunistischen Partei zu überwinden, hatten die französischen
Historiker François Furet (und nach ihm Stéphane Courtois), der
zwar KP-Mitglied, jedoch kein Kommunismusforscher war, 1995
und 1997 eine Lawine losgetreten, die in der Folge den Stalinis-
mus mit dem Bolschewismus und schließlich auch die Idee des
Sozialismus mit der des Parteikommunismus bzw. Realsozialis-
mus sowjetischen Typs (und diese wiederum mit Nationalsozialis-
mus, Faschismus, Kemalismus etc.) gleichsetzte, um ein- für alle-
mal „das Ende der Illusion“ zu proklamieren.5
5 François Furet: Le Passé d‘une illusion. Essai sur l‘idée communiste au XXe siècle, Éditions
Robert Laffont/Éditions Calmann-Lévy, Paris 1995; Stéphane Courtois, Nicolas Werth, Jean-
Louis Panné, Andrzej Paczkowski, Karel Bartošek, Jean-Louis Margolin, Rémi Kauffer, Pierre
Rigoulot, Pascal Fontaine, Yves Santamaria, Sylvain Boulouque: Le livre noir du communisme.
Crimes, terreur, répression. Robert Laffont, Paris 1997.
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▶ Inhaltsverzeichnis / Content
schaftlichen Methodik ist es vor allem zu verdanken, dass an
den Universitäten Lehrstühle oder Forschergruppen zur Kom-
munismus- bzw. Stalinismusforschung so gut wie nicht vertre-
ten sind und trotz tausender Veranstaltungen und Konferenzen
weltweit zum 100. Jahrestag der Oktoberrevolution im Jahre
2017 dieser Trend bisher nicht endgültig rückgängig gemacht
wurde.
„Es ist ganz gleich, wie man den Bolschewismus als histo-
risch-politische Strömung ‚an sich’ bewertet und ob man ihm
Haß und Feindschaft entgegenbringt, aber ihn mit Stalinis-
mus – der den Bolschewismus greulich verfälschte, gleichzu-
setzen, ist ‚einfach unmöglich‘. Daß der Stalinismus gewisse
marxistische Phrasen benutzt, sich auf (einen greulich ver-
fälschten) Lenin beruft und es ‚folglich‘ gewisse Verbindun-
gen zwischen Marx-Lenin und Stalin gibt“, sei dagegen eine
Binsenweisheit.6
6 Joseph Weber: Krieg als Ausweg? In: ders.: „Dinge der Zeit“. Kritische Beiträge zu Kultur
und Politik. Mit einem Vorwort von Michael Schneider, Hamburg, Argument-Verlag 1995, S.
141-164, hier S. 160 (Edition Philosophie und Sozialwissenschaften. 31).
222
▶ Inhaltsverzeichnis / Content
verdrängen.7
7 Eine Kombination der beiden Vorgehensweisen, die letztlich nicht nur auf Relativierung,
sondern auch auf eine Apologie des Stalinismus hinauslaufen, findet sich jüngst in den
Veröffentlichungen Domenico Losurdos. Siehe: Domenico Losurdo: Stalin. Geschichte und Kritik
einer schwarzen Legende, Köln, PapyRossa 2012. Für Losurdo bildet auch der sowjetische
Antikolonialismus und Antiimperialismus eine ungebrochene historische Konstante.
8 Hans Manfred Bock: Versöhnung oder Subversion? Deutsch-französische Verständi-
gungs-Organisationen und -Netzwerke der Zwischenkriegszeit, Tübingen, Narr 2014 (Edition
Lendemains. 30), S. 417.
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▶ Inhaltsverzeichnis / Content
ter Kommunisten, Anarchisten, Linkssozialisten und undogma-
tischer, größtenteils marxistisch orientierter Intellektueller und
Denker – keineswegs also seitens des Antikommunismus. An-
tistalinismus stellt genausowenig wie der Antifaschismus ein
strategisches Konzept dar, ist jedoch heuristisch ein Schlüs-
sel zum Verständnis des 20. Jahrhunderts. Während unscharfe
und ideologisch geprägte Begriffe wie „antitotalitärer Konsens“
nicht nur Antistalinismus und Antikommunismus, sondern
auch die semantischen Ebenen von Antistalinismus und An-
tikommunismus ungerechtfertigterweise verschmelzen, lenkt
die Rezeptionsgeschichte des Stalinismus/Antistalinismus die
Aufmerksamkeit auf die politischen und kulturellen Transfers
und führt damit zugleich zur Entdeckung einer neuen Dynamik
der Anti-Hitler-Opposition in den 1930er Jahren.
9 Michael Rohrwasser: Der Stalinismus und die Renegaten. Die Literatur der Exkommunisten,
Stuttgart, Metzler 1991, S. 22 (Metzler. Studienausgabe).
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▶ Inhaltsverzeichnis / Content
mehr mit der neuerstandenen sowjetischen Bürokratie zu errei-
chen waren. Neben den Bewusstwerdungsprozessen stellte die
theoretische und praktische Abarbeitung am Stalinismus aber
auch eine Quelle für Skeptizismus und Pessimismus dar. Poli-
tische Führer des Exils, die diesen gordischen Knoten hätten
durchschlagen können, waren nicht vorhanden. Erst kurz bevor
mit dem Zweiten Weltkrieg die Sozialbarbarei der „Mitternacht
des Jahrhunderts“ endgültig über Europa hereinbrach, über-
nahm Münzenberg für die kurze Zeitspanne bis zu seiner Flucht
aus Paris vor der heranrückenden Wehrmacht diese Rolle.
10 Als umfassende Untersuchung dazu siehe: Michael Rohrwasser: Der Stalinismus und die
Renegaten.
11 Als positive Ausnahmen (mit stärkerer Betonung des Widerstands im Reich) siehe: Jan
Foitzik: Zwischen den Fronten. Zur Politik, Organisation und Funktion linker politischer Kleinor-
ganisationen im Widerstand 1933 bis 1939/40 unter besonderer Berücksichtigung des Exils,
Bonn-Bad Godesberg, Verlag Neue Gesellschaft 1986; Hartmut Mehringer: Widerstand und
Emigration. Das NS-Regime und seine Gegner, München, Deutscher Taschenbuch Verlag 1998
(Deutsche Geschichte der neuesten Zeit).
12 Foitzik: Zwischen den Fronten, S. 241.
225
▶ Inhaltsverzeichnis / Content
dings verbessert hat.13
13 Michael Rohrwasser: Der Stalinismus und die Renegaten, S. 32. Zur Krise der Exilforschung:
Ernst Loewy, Zum Paradigmenwechsel in der Exilliteraturforschung, in: Exilforschung. Ein
Internationales Jahrbuch, Bd. 9: Exil und Remigration, München 1991, S. 208-217; Lutz
Winckler, Mythen der Exilforschung?, in: ebd., Bd. 13, Kulturtransfer im Exil, München 1995, S.
68-81; Stephan Braese, Fünfzig Jahre „danach“. Zum Antifaschismus-Paradigma in der
deutschen Exilforschung, in: ebd., Bd. 14: Rückblick und Perspektiven, München 1996, S.
133-149.
14 H. West: „Der Verfall der KPD“. In: Sozialistische Tribüne, Nr. 3/1938.
15 Kurz behandelt in: Walter Uka: Willi Münzenberg. Probleme einer linken Publizistik im Exil.
In: Exilforschung 7(1989), S. 40-50.
16 Siehe hierzu die Beiträge der beiden Autoren im vorliegenden Band.
17 Claus-Dieter Krohn, Patrik von zur Mühlen; Gerhard Paul, Lutz Winckler: Handbuch der
deutschsprachigen Emigration. Unter redaktioneller Mitarbeit von Elisabeth Kohlhaas. In
Zusammenarbeit mit der Gesellschaft für Exilforschung, Darmstadt, Wissenschaftliche
Buchgesellschaft 1998. Zur Bewertung des Skandals im Handbuch siehe weiter unten, Anm.
75.
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▶ Inhaltsverzeichnis / Content
ter Krohn zum Stichwort „Exilforschung“ in der vom Zentrum
für Zeithistorische Forschung herausgegebenen Online-Enzyk-
lopädie „Docupedia“ aus dem Jahre 2012 die Begriffe „Stali-
nismus“ oder „Antistalinismus“ vergeblich sucht.18 Durch die
Übernahme eines ideologischen und instrumentellen Antifa-
schismusbegriffs haben Teile der Forschung auf diese Weise
die Lügengebäude, Desinformationskampagnen und großflä-
chigen Manipulationen stalinistischen Typs als fake news re-
produziert und ihnen einen wissenschaftlichen Anstrich gege-
ben. Am Beispiel der Politskandale im deutschsprachigen Exil
lässt sich jedoch ein manipulativer Umgang mit Geschichte
selbst nachweisen.
20 Bernhard H. Bayerlein: The Entangled Catastrophe: Hitler’s 1933 “Seizure of Power” and
the Power Triangle – New Evidence on the Historic Failure of the KPD, the Comintern, and the
Soviet Union. In: Ralf Hoffrogge/ Norman Laporte (eds.): Weimar Communism as Mass Mo-
vement 1918-1933, London, Lawrence & Wishart, p. 260-280. „Linienkommunisten“ und
„Linienkommunismus“ waren in der Spätphase von Willi Münzenberg und seiner Frau Babette
Gross häufig gebrauchte Begriffe.
21 Wie es insbesondere die Komparatisten und Literaturwissenschaftler Thomas Keller (Aix/
Marseille) und Dieter Schiller (Berlin) herausgearbeitet haben. Siehe u.a.: Thomas Keller: Das
rheinisch-revolutionäre Europa. Die Exilzeitschrift „Die Zukunft“ (1938-1940). In: Michel
Grunewald (ed.): Le discours européen dans les revues allemandes (1933-1939) / Der Europa-
diskurs in den deutschen Zeitschriften (1933-1939), Bern e.a., Lang, 1999, S. 63-93; Dieter
Schiller: Der Traum von Hitlers Sturz: Studien zur deutschen Exilliteratur 1933-1945, Frankfurt
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▶ Inhaltsverzeichnis / Content
Kontexte des Antistalinismus ...
Als zentral für die in der zweiten Hälfte der 1930er Jahre ein-
setzende antistalinistische Transformation lassen sich vier Kon-
texte anführen:
am Main, Peter Lang 2010. Siehe auch die Beiträge der beiden Autoren im vorliegenden Band.
22 Isaac Deutscher: Trotzki. Bd. III. Der verstoßene Prophet 1929-1940, Stuttgart-Berlin u.a.,
Kohlhammer 1963.
23 Deutsche Nationalbibliothek, Frankfurt am Main, Deutsches Exilarchiv, NL 114 Werner
Thormann, EB 97/145, 101.0029, Bl. 6.
24 Siehe: Bernhard H. Bayerlein: Das geheime Winogradow-Treffen im Februar 1933. Wie
Moskau die Gegner Hitlers im Stich ließ. In: INDES. Zeitschrift für Politik und Gesellschaft, Heft
1/2017, S. 172-182. online: http://indes-online.de/autor/bernhard-h-bayerlein
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▶ Inhaltsverzeichnis / Content
der Pressesekretär der sowjetischen Botschaft, Boris Vino-
gradov, angesichts dieser letzten noch bestehenden hypotheti-
schen Chance für eine Aktionseinheit eine Stellungnahme der
Sowjetunion zur Hitlerregierung als unerlaubte Einmischung in
die inneren deutschen Angelegenheiten ablehnte, schleuderte
der Sozialdemokrat und außenpolitische Redakteur des Vor-
wärts, Victor Schiff, dem Pressesprecher, der zugleich Offizier
der sowjetischen Auslandsspionage war, entgeistert entgegen:
„Was soll denn noch geschehen, damit man in Moskau der
K.P.D. erlaube, sich mit uns ehrlich zu verständigen?“ Auf die
dringenden Bitten der beiden Sozialdemokraten, wenigstens
den in der NS-Presse kursierenden Meldungen entgegenzutre-
ten, denen zufolge „(...) die Vernichtung des Kommunismus in
Deutschland keinerlei Rückwirkungen auf das deutsch-russi-
sche Verhältnis haben würde, und die Sowjet-Regierung dar-
aus selbstverständlich keinerlei außenpolitische Konsequenzen
ziehen würde“, antwortete der Botschaftssekretär und Geheim-
dienstoffizier: „Die Moskauer Presse (...) werde bestimmt keine
Stellung nehmen. Sie müsse sich sehr davor in Acht nehmen,
auch nur den Anschein der Einmischung in die innerdeutschen
Verhältnisse zu erwecken.“25
„Wir haben uns [...] getäuscht und müssen [...] zu der Erkennt-
nis gelangen, dass die Regierung Stalins weniger Solidarität
für die Männer in Deutschland gezeigt hat, die für sie kämpf-
ten und litten, als z.B. die amerikanischen Juden für ihre in
27 Bernhard H. Bayerlein: Abschied von einem Mythos. Die UdSSR, die Komintern und der
Antifaschismus. In: Osteuropa LIX (2009), Nr. 7-8, S. 125-148. Siehe auch: Weber/Drabkin/
Bayerlein: Deutschland, Russland, Komintern, Bd. 1, S. 240ff., 270ff.; Bd. 2, S. 1024ff., 1036ff.
u.a.
28 Hierzu ausführlicher weiter unten.
29 Siehe eine Kompilation der Politbürobeschlüsse in: Weber/Drabkin/Bayerlein: Deutschland,
Russland, Komintern, Bd. 2.
30 Lew Besymenski: Stalin und Hitler. Das Pokerspiel der Diktatoren. Aus dem Russischen von
Hilde und Helmut Ettinger, Berlin, Aufbau-Verlag 2002 (Archive des Kommunismus – Pfade des
XX. Jahrhunderts. 1), S. 74.
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▶ Inhaltsverzeichnis / Content
Deutschland verfolgten Glaubensgenossen.“31
39 Hierzu: Gerd-Rainer Horn: European Socialists Respond to Fascism. Ideology, Activism, and
Contingency in the 1930s, New York, Oxford University Press 1996. Siehe auch den Beitrag des
Autors in diesem Band.
40 Zur Geschichte der Volksfront ausführlich: Ursula Langkau-Alex: Deutsche Volksfront
1932-1939. Zwischen Berlin, Paris, Prag und Moskau. I: Vorgeschichte und Gründung des
Ausschusses zur Vorbereitung einer deutschen Volksfront. II: Geschichte des Ausschusses zur
Vorbereitung einer deutschen Volksfront. III: Dokumente. Chronik, Berlin, Akademie-Verlag
2004.
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▶ Inhaltsverzeichnis / Content
KPD, der Komintern und der Sowjetunion anlässlich der Mach-
tübernahme der Nationalsozialisten verdeckt. Als Hauptorga-
nisator der deutschen Volksfront vertrat er ein dynamischeres
Konzept, das sowohl ein breites Volksfrontbündnis aller oppo-
sitionellen Bevölkerungsschichten, als auch eine Einheitsfront
der Arbeiter und ihrer Organisationen und Parteien einschloss.
Er wurde jedoch in einem konspirativen Verfahren von Walter
Ulbricht mit Hilfe des KPD- und Kominternapparates aus die-
ser Position verdrängt. Dies war wiederum einer der Ausgangs-
punkte für seine antistalinistische Wandlung, die erst 1939
auch öffentlich vollzogen wurde.
41 Auf die im Rahmen dieses Aufsatzes jedoch aus Platzgründen nicht weiter eingegangen
werden kann.
235
▶ Inhaltsverzeichnis / Content
dazu bis zu 80% der KPD-Emigranten Opfer des Geheimdiens-
tes und bis zu 1000 politische Emigranten (die meisten waren
Kommunisten) an das NS-Regime ausgeliefert. Die deutschen
Kommunisten wurden nicht nur als Stiefelhalter Moskaus miss-
braucht, sondern auch als zynische Form der Prophylaxe für
den Abschluss des Stalin-Hitler-Pakts schlicht beseitigt, zumin-
dest da, wo man, wie im sowjetischen Einflussbereich, ihrer
habhaft werden konnte.
44 Hierzu: Reinhard Müller: Bericht des Komintern-Emissärs Bohumir Smeral über seinen
Pariser Aufenthalt 1937. In: Exilforschung. Ein internationales Jahrbuch (1991), 9, S. 236-261;
Weber/Drabkin/Bayerlein: Deutschland-Russland-Komintern, II, Dok. 435.
45 Kasper Braskén: ”Hauptgefahr jetzt nicht Trotzkismus, sondern Münzenberg” – East
German Uses of Remembrance and the Contentious Case of Willi Münzenberg, CoWoPa
– Comintern Working Paper 22/2011, Åbo Akademi University (online at acadmie.edu).
237
▶ Inhaltsverzeichnis / Content
Etappen der antistalinistischen Transformation
In der 2. Hälfte der 1930er Jahre folgten im Rahmen der neuen
Volksfronttaktik der Komintern auch in Deutschland – bzw. im
deutschen Exil – die Versuche der Errichtung einer „Volksfront“,
die anfänglich vom Glauben der linken Parteifunktionäre getra-
gen war, dass Sowjetunion, Komintern und KPD zum Antifa-
schismus und den Ursprüngen der Einheitsfrontpolitik zurück-
gefunden hätten. Doch entgegen der anfänglich geweckten
Hoffnungen entpuppte sich das Projekt der „Deutschen Volks-
front“ als eine reaktive, instrumentelle und kominterninspi-
rierte Antwort auf den häufig spontanen transnationalen anti-
faschistischen Reflex. Vor allem die starre, bürokratische Linie
der KPD-Vertreter im vorbereitenden „Lutetia-Komitee“, die
jede Kritik an den Moskauer Prozessen und der Sowjetunion
als „trotzkistisch“ diabolisierte, provozierte Widerspruch, ge-
folgt von einer Kette von Abspaltungen. Je umfassender sich
die „großen Säuberungen“ in der UdSSR entwickelten, desto
schneller entfernte sich ein großer Teil der nichtkommunisti-
schen politischen Emigration von der anfänglich unterstützten
„Deutschen Volksfront“. Während 1936 die Gestapo das seit
zwei Jahren neu aufgebaute illegale Netz der KPD im Innern de-
finitiv zerschlug, schafften es die Hauptvertreter der deutsch-
sprachigen Emigration nicht einmal, gegen das Verschwinden
ihrer Schauspielerkollegin (und Brecht-Freundin) Carola Neher
im Jahre 1936 in der Sowjetunion zu protestieren:
46 Siehe u.a.: Walter Held: Neue Medizinmänner. Zur Ideologie der Zeitschrift ‚Freies
Deutschland‘. In: Unser Wort (1938), Nr. 2 (86) Anfang März 1938.
47 Hierzu: Astrid von Pufendorf: Mut zur Utopie. Otto Klepper. Ein Mensch zwischen den
Zeiten, Frankfurt am Main, Societäts-Verlag 2015.
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▶ Inhaltsverzeichnis / Content
unterstützte, dem KPD-Vorsitzenden Wilhelm Pieck schriftlich
den Beschluss der Nichtkommunisten im Volksfrontausschuss
mit, alle gemeinsamen Aktivitäten mit den Vertretern der KPD
bis zur Beseitigung der Ursachen der Konflikte ruhen zu lassen.
Im Dezember 1937 wurde in Dijon der Bund freiheitlicher Sozi-
alisten gegründet, mit dessen Hilfe der Volksfrontgedanke we-
nigstens unter den Intellektuellen und bürgerlichen Liberalen
gerettet werden sollte. Den Vorsitz übernahm Heinrich Mann.
Doch obwohl der Begriff „Volksfront“ in Zukunft vermieden
werden sollte, scheiterte die Initiative.48 Europäisch, pazifis-
tisch und gegen Bestrebungen der Sowjetunion ausgerichtet
war der von Hugo Simon, Hans Siemsen, Willi Münzenberg
zur Jahreswende 1937/1938 gegründete Bund Neues Deutsch-
land (1937/1938), der den pazifistischen Bund Neues Vaterland
aus dem Ersten Weltkrieg zum Vorbild hatte. Seine Programm-
zeile „Ein freies Deutschland in einem friedlich geeinten Eu-
ropa!“ nahm den Untertitel der ein halbes Jahr später gegrün-
deten Zukunft („Ein neues Deutschland! Ein neues Europa!“)
vorweg. Fast eine elitäre, intellektuelle Freundesorganisation
(Dieter Schiller) wurde der Bund von „Freunden“ wie Thomas
Mann, Emil Ludwig, Paul Tillich und Alfred Döblin unterstützt,
ausdrücklich sollte die notwendige Agitation in Deutschland
mit der Agitation und Propaganda im Ausland verbunden wer-
den, wo sich das Schicksal Deutschlands entscheiden würde.
U.a. organisierte man den Protest gegen die NS-Ausstellung
„Entartete Kunst“ in Paris. 49
„(...) Ich sehe eine Sozialdemokratie, die erst siegen wird, wenn
es sie nicht mehr gibt – und zwar nicht nur, weil sie charakter-
los und feil und feige gewesen ist (und wer war denn das an-
ders als eben wieder Deutsche) – sondern die Schlacht verlo-
ren hat, weil die Doktrin nichts taugt – sie ist falsch.“54
„Man muß vorn anfangen. (...) Man muß von vorn anfangen –
nicht auf diesen lächerlichen Stalin hören, der seine Leute ver-
rät, so schön, wie es sonst nur der Papst vermag – nichts da-
von wird die Freiheit bringen. Von vorn, ganz von vorn.“55
53 Kurt Tucholsky: Juden und Deutsche. In: Die Neue Weltbühne 32 (1936), Nr. 6, 6.2.1936, S.
160–165.
54 Der unzensierte Brief wurde von Joseph Weber veröffentlicht. Siehe Wilhelm Lunen (d.i.
Joseph Weber): Kurt Tucholskys Testament. In: Dinge der Zeit, Nr. 1, Juni 1947, S. 31-39;
ebenfalls abgedruckt in: Joseph Weber: Dinge der Zeit, S. 47-56.
55 Ibid., S. 54.
241
▶ Inhaltsverzeichnis / Content
Präsident der Akademie der Künste der DDR, bezeichnete die
Neue Weltbühne 1939 als eine der wenigen KPD-treuen Zeit-
schriften.56
61 Léon Poliakov: Die Affäre Pariser Tageblatt. In: Hélène Roussel, Lutz Winckler (Hg.):
Deutsche Exilpresse und Frankreich 1933-1940, Bern-Berlin e.a., Peter Lang Verlag, 1992, S.
105-115, hier S. 108 ff.
62 Siehe das Urteil in der Klageberufung Poliakov/Stora und Bernhard vom 18.7.1938 in:
Jasper: Die Poliakov-Affäre, S. 128-131. Vgl. Hélène Roussel: Das deutsche Exil in den dreißiger
Jahren und die Frage des Zugangs zu den Medien. In Hélène Roussel; Lutz Winckler (Hrsg.):
Rechts und links der Seine. Pariser Tageblatt und Pariser Tageszeitung 1933–1940. Niemeyer,
Tübingen 2002, S. 22f. u.a.
63 Münzenberg wurde gewarnt und folgte der Einladung nicht. Siehe hierzu: Georgi Dimitroff.
Tagebücher 1933-1943. Hrsg. von Bernhard H. Bayerlein. Aus dem Russischen und Bulgari-
schen von Wladislaw Hedeler und Birgit Schliewenz. 2 Bde, Bd. 1, Berlin, Aufbau-Verlag 2000,
244
▶ Inhaltsverzeichnis / Content
Im Verlaufe des Jahres hatte sich der zweite große Skandal,
diesmal der Pariser Tageszeitung, entwickelt, der jedoch im Un-
terschied zum Redakteursputsch 1936 verdeckt blieb. Trotz ei-
ner Fülle von (darunter zahlreichen unkritischen) Beiträgen über
das Medium in Frankreich und Deutschland wurde erst im Jahr
2000 aufgedeckt, dass im März 1937 das Sekretariat der Ko-
mintern in Moskau beschlossen hatte, die Pariser Tageszeitung
über Strohmänner der KPD kurzerhand aufkaufen zu lassen.64
Die intendierte Absicht war, sie Münzenberg zu entreißen, der
das (genauso geheim gebliebene) Projekt verfolgte, die Zeitung
in Zusammenarbeit mit Georg Bernhard ebenfalls aufzukau-
fen.65 Für Ulbricht war es
S. 165.
64 Selbst im Handbuch der deutschsprachigen Emigration, das den Rang eines neuen
Standardwerks beansprucht, heißt es, zum „Zerwürfnis“ der Redakteure mit dem Verleger habe
allein die schlechte Finanzlage geführt. Das Blatt wird dort generell als „erfolgreiches Unter-
fangen“ bewertet: Es sei zwar zu einem „langandauernden Skandal“ gekommen, doch die
Redakteure hätten unter dem neuen Titel ihre Arbeit fortgesetzt. Ausdrücklich positiv wird
bewertet, dass nach dem Putsch „bisher unbeachtet“gebliebene politische Diskussionen und
Aktivitäten des Exils endlich aufgegriffen worden seien. So habe sich die „zuvor vernachläs-
sigte Volksfrontdiskussion (…) in der Berichterstattung verstärkt, niederschlagen können.“ Die
Zeitung habe weiterhin „die vielfältigen Meinungen des Exils wieder(gegeben), ohne jedoch
eindeutig Partei zu ergreifen.“ (Bernhard H. Bayerlein, Maria Matschuk: Vom Liberalismus zum
Stalinismus? Georg Bernhard, Willi Münzenberg, Heinrich Mann und Walter Ulbricht in der
chronique scandaleuse des Pariser Tageblatts und der Pariser Tageszeitung. In: Francia,
Forschungen zur westeuropäischen Geschichte, Institut historique allemand/Deutsches
Historisches Institut, Paris, XVII/3 (2000), S. 89-118, hier S. 113).
65 Der Wortlaut des Beschlusses in: Weber/Drabkin/Bayerlein: Deutschland-Russland-Komin-
tern, Bd. 2, S. 1353f. Dazu Bayerlein/Matschuk: Vom Liberalimus zum Stalinismus; vgl. Ulla
Langkau-Alex: „... von entscheidender Bedeutung ist, ob Münzenberg die Zeitung hat oder wir“.
Neues zur Instrumentalisierung der „Pariser Zeitung“ in der Auseinandersetzung zwischen dem
Sekretariat des ZK der KPD in Paris und Willi Münzenberg. In: Internationale wissenschaftliche
Korrespondenz zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung 37 (2001), H. 1, S. 77-91, hier
S. 86.
66 ibid., S. 90.
245
▶ Inhaltsverzeichnis / Content
talinistischen Typs nach sich zog, zeigen nachfolgende Initia-
tiven und Neugründungen im französischen Exil. Bruchlinien,
die neue politische Vereinigungs- und Konzentrationsprozesse
beförderten, entstanden in zahlreichen Exilorganisationen, in
Frankreich sowohl in den traditionellen Vertretungskörper-
schaften wie dem Schutzverband deutscher Schriftsteller, als
auch im Koordinationsausschuss deutscher Gewerkschafter
oder den politischen Komitees. Symptomatisch war die Spal-
tung des Verbandes Deutscher Journalisten im Exil im Jahre
1937, gefolgt von einer weiteren im Schutzverband deutscher
Schriftsteller. Infolge des KP-gesteuerten Verleumdungsskan-
dals der Redakteure des Pariser Tageblatts hatte sich im Ver-
band deutscher Journalisten in der Emigration mit Sitz in Pa-
ris eine Opposition gebildet, zu der eine Vielzahl von späteren
Zukunft-Autoren gehörten. Die Liste der Namen enthält Edgar
Alexander, Erich Andermann, Hugo Bieber, Bernhard von Bren-
tano, Alfred Döblin, Theodor Fanta, Siegfried Förster, Bruno
Frank, Karl Retzlaw-Groehl, Joachim Haniel, Konrad Heiden,
Iwan Heilbut, Hans A. Joachim, Justus Verus, Hermann Kes-
ten, Stefan Lackner, Rudolf Lang, Emil Lengen, Ernst Leonhard,
Klaus Mann, Valeriu Marcu, Walter Mehring, Norbert Mühlen,
Ernst E. Noth, Karl Otten, Heinz Pol, Wilhelm Rodominsky, Jo-
sef Roth, Hans Sahl, Gottfried Salomon, Leopold Schwarz-
schild, Hildegard Wald und Hans W. von Zwehl.67 Auch für die
Spaltung im Schutzverband spielte die Auseinandersetzung um
André Gide eine Rolle. Klaus Mann warf die Frage auf, ob die
Freiheit des Gewissens und Denkens, die im Volksfront-Aufruf
„An das Deutsche Volk“ gefordert werde, ernst gemeint sei und
nicht nur „Taktik“ – „das heißt (...) Bluff, Trick und Schwindel.“68
Am 4. Mai 1937 gründete eine einflussreiche Gruppe von „Se-
zessionisten“ des stark unter KP-Einfluss stehenden Schutzver-
bandes den Bund Freie Presse und Literatur. Zumindest anfäng-
lich war die Spaltung dabei nicht nur gegen die Verteidigung
des stalinistischen Terors, sondern auch noch explizit gegen
die „Münzenberg-Clique“ gerichtet.69 Unter den Mitgliedern
und Unterzeichnern des Gründungsaufrufs fanden sich jedoch
eine große Anzahl von Namen, u.a. Alfred Döblin, Hermann
Kesten, Klaus Mann, Valeriu Marcu, Walter Mehring, Heinz Pol,
Joseph Roth, Hans von Zwehl, die ein Jahr später in der Mün-
zenbergschen Zukunft zusammenkamen.70 Wie Babette Gross
67 Peterson: Das Dilemma linksliberaler deutscher Journalisten, S. 283. Vgl. Berens: Trotzkis-
ten gegen Hitler, S. 130.
68 Dieter Schiller: Die ‚Volksfront-Sache‘ – ‚moralisch zerstört‘? Aus dem redaktionellen
Briefwechsel von Leopold Schwarzschilds ‚Neuem Tage-Buch‘ im Jahr 1937. In: Id.: Der Traum
von Hitlers Sturz, S. 419-431, S. 429.
69 Schiller: Der Traum von Hitlers Sturz, S. 146.
70 Siehe: Ralph Grobmann, Bettina Widner: Wie lange muss man schweigen einer Idee
246
▶ Inhaltsverzeichnis / Content
darstellt, vollzog sich Münzenbergs Bruch mit dem Stalinismus
im Jahre 1937 – vorerst und vornehmlich allerdings als inne-
rer Bruch. Wie tief der Bruch im SDS bereits reichte, zeigte
ein hasserfüllter Artikel Bruno Freis in der KPD-eigenen Deut-
schen Volkszeitung, der die Mitglieder des Bundes als „gleich-
geschaltete Söldner der Goebbels-Propaganda“ titulierte.71 Frei
war seit 1937 einer der Sekretäre des Schutzverbandes Deut-
scher Schriftsteller in Paris.
zuliebe? Der Bund Freie Presse und Literatur. In: Jahrbuch für Historische Kommunismusfor-
schung 2000/2001, S. 304–331; vgl. Hans Sahl: Das Exil im Exil, Frankfurt am Main, Luchter-
hand, 1990 (Memoiren eines Moralisten, II. Veröffentlichungen der Deutschen Akademie für
Sprache und Dichtung Darmstadt. 63); Dieter Schiller: Der Traum von Hitlers Sturz, S. 144f.
71 Dieter Schiller: „In bewußtem Gegensatz zu der kommunistisch-ullsteinschen Bande“.
Leopold Schwarzschilds Bund Freie Presse und Literatur 1937 bis 1939. In: Id.: Der Traum von
Hitlers Sturz, S. 143ff.
72 Michael Rohrwasser: Du bist das Schlimmste. Hans Sahl, ein Mann des „Jahrgangs 1902“,
wird neunzig. In: Der Tagesspiegel, Berlin, 20. Mai 1992. http://www.glanzundelend.de/Artikel/
artikelalt/hans_sahl_roman.htm
73 Dieter Schiller: Die Volksfront-Sache moralisch zerstört, S. 420.
74 Oskar Fischer (d.i. Otto Schüssler), Johre (d.i. Joseph Weber): Der Skandal um die „Pariser
Tageszeitung“. In: Unser Wort, Paris (1937), Nr. 2, Mitte Mai 1937. Hierzu: Peter Berens:
Trotzkisten gegen Hitler, Köln, Neuer ISP-Verlag 2007, S. 130.
247
▶ Inhaltsverzeichnis / Content
zwang, sondern auch, dass es nur vordergründig um persönli-
che Auseinandersetzungen (hier einen Streit zwischen Leopold
Schwarzschild und Georg Bernhard) ging. So war es nicht zu-
letzt auf die Kampagne der deutschen Trotzkisten zurückzufüh-
ren, dass die Urheber des Redaktionsputsches Georg Bernhard
und Kurt Caro wegen arglistiger Verleumdung gerichtlich zu ei-
ner Entschädigungszahlung verurteilt wurden. Dass diese Aus-
einandersetzungen das politische Exil zunehmend handlungs-
unfähig machten, lag in der Natur der Sache. Doch zugleich
beförderten sie einen Richtungswechsel im Sinne der antista-
linistischen Transformation der deutschsprachigen Emigration.
So formulierte der einer antikommunistischen Sichtweise ge-
wiss nicht verdächtige Berliner Literaturwissenschaftler Dieter
Schiller zugleich als Maßgabe für die Exilforschung:
76 Siehe: Helène Roussel: Les Peintres allemands émigrés en France et l‘Union des Artistes
Libres. In: Gilbert Badia, Jean Baptiste Joly, Jean Philippe Mathieu, Jacque Omnes, Jean
Michel Palmier, Hélène Roussel: Les Bannis de Hitler. Études et Documentation Internationa-
les/Presses Universitaires de Vincennes, Paris (1984), S. 287ff.
77 Boris Schilmar: Der Europadiskurs im deutschen Exil 1933-1945, München, Oldenbourg
2004, S. 171.
78 Zum Ausschuss siehe: Werner Link: Die Geschichte des Internationalen Jugend-Bundes
(IJB) und des Internationalen Sozialistischen Kampfbundes (ISK). Ein Beitrag zur Geschichte
der Arbeiterbewegung in der Weimarer Republik und im Dritten Reich, Meisenheim am Glan,
Anton Hain 1964, S. 255-263; Foitzik: Zwischen den Fronten, 217-220. Langkau-Alex: Deutsche
Volksfront, Bd. III, S. 453 u.a.
249
▶ Inhaltsverzeichnis / Content
den Pakt mit Hitlerdeutschland zwei Monate später als „Dolch-
stoß“ gegen das deutsche Exil vorweg.79
79 Während jedoch über den gescheiterten KPD-Verlag 10. Mai publiziert wurde, ist der
Sebastian-Brant-Verlag unter Willi Münzenberg und Babette Gross bisher kaum erforscht
worden. Siehe hierzu: Dieter Schiller: „Wir konnten nicht mit dem K-Unglück rechnen ...“ Der
Verlag 10. Mai in Paris 1938/39. In: Id.: Der Traum von Hitlers Sturz, S. 181-198.
80 Thomas Mann, Vorwort zur ersten Ausgabe von Mass und Wert, 1937, https://kuens-
te-im-exil.de/KIE/Content/DE/Objekte/mann-thomas-mass-und-wert.html?single=1
81 Albrecht Betz: Exil und Engagement. Deutsche Schriftsteller im Frankreich der Dreissiger
Jahre, München, Edition Text und Kritik, 1986 (vgl. http://golm.rz.uni-potsdam.de/seghers/
paris/éditions_du_carrefour.htm).
250
▶ Inhaltsverzeichnis / Content
gen und Medien.82 Schließlich musste zu Beginn des Jahres
1939 der erst ein Jahr zuvor als Unternehmen der Internationa-
len Schriftstellervereinigung zur Verteidigung der Kultur (ISVK)
in Paris gegründete Verlag 10. Mai mit Louis Aragon als Leiter,
Willi Bredel als Lektor und Maria Osten als Mitarbeiterin (zu-
sammen mit dem kurz darauf in Moskau abgesetzten und zum
Tode verurteilten Michail Kol‘cov) aufgeben. Er sollte die Nach-
folge der Editions du Carrefour antreten, musste jedoch infolge
Mittelentzugs aus Moskau als letzter noch aktiver KPD-Verlag
seine Tätigkeit einstellen.83 Ziel war explizit, „Arbeiten kommu-
nistischer und volksfrontfreundlicher Autoren herauszubringen
und (...) dem Münzenberg-Verlag das Wasser (abzugraben)“.84
87 Ibid.
88 Siehe den Beitrag Thomas Kellers im vorliegenden Band.
89 Thomas Keller: Du café du Dôme à la revue Die Zukunft. Les expatriés allemands en France
avant 1914 et avant 1940. In: Engagements. Culture politique, guerres, mémoires, mondes du
travail (XVIIIe-XXIe siècle). (Ed. Marie-France Attard-Maraninchi/Xavier Daumalin/Stéphane
Mourlane/Isabelle Renaudet), Aix-Marseille Université, Presses Universitaires de Provence
2016, S. 145-168.
252
▶ Inhaltsverzeichnis / Content
Literatur – nicht zuletzt als eine Folgewirkung des sowjetischen
Sieges über Hitler 1945 – kaum wahrgenommen.
90 Bock: Versöhnung oder Subversion, S. 418. Für Bock war dieser Prozess 1938 bereits
abgeschlossen.
91 Bekenntnis zu Finnland. In: Zukunft, 8.12.1939.
253
▶ Inhaltsverzeichnis / Content
ten des Stalinismus beschützt werden. Der Name der „Mün-
zenberg-Gruppe“ wurde von Ulbricht als Vorlage für die Benen-
nung der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands usurpiert.
So wurde Münzenberg posthum zum unfreiwilligen Namens-
geber für die SED.
93 Ibid., S. 167.
94 Schiller: Der Traum von Hitlers Sturz, S. 151.
95 Trotzki an J. Frankel, 5.6.1938. In: Broué (éd.): Trotsky. Oeuvres, 1933-1940, vol. 18, Paris,
Institut Léon Trotsky, 1984, S. 51f.
255
▶ Inhaltsverzeichnis / Content
Konzept eines sozialistisch fundierten Antistalinismus war, lässt
sich in der Wochenzeitung seit August 1939 nachverfolgen.
Als eine Art Apotheose seiner Beweggründe, kurz bevor im de-
finitiven Einbruch der „Mitternacht des Jahrhunderts“ (Victor
Serge) deutsche Panzer in Paris einrollten, veröffentlichte Mün-
zenberg in der vorletzten Ausgabe im April 1940 den offenen
Brief Fjodor Raskolnikows an Stalin. Der Bolschewik, Mitorga-
nisator der Oktoberrevolution, Militärführer der Roten Flotte
und später sowjetischer Diplomat, schleuderte in direkter An-
rede Stalin die Anklage entgegen, Totengräber der Revolution
zu sein. Kurz darauf kam er in Nizza durch einen Sturz aus dem
Fenster ums Leben, was ebenfalls auf einen Auftragsmord des
Kreml hindeutet: „Bei keiner einzigen Deiner Spekulationen“ –
klagte Raskolnikow Stalin an:
„Die Liste Deiner Verbrechen ist endlos. Endlos ist auch die
Liste Deiner Opfer. Es ist unmöglich, sie alle aufzuzählen. Frü-
her oder später wird Dich das Volk Sowjetrusslands auf die
Anklagebank setzen und es wird Dich beschuldigen, ein Ver-
räter des Sozialismus und der Revolution zu sein, der Haupt-
saboteur, der wahre Feind, der Organisator von Hunger und
Meineid!“96
96 Feodor Raskolnikoff: Ein Toter klagt an. Feodor Raskolnikoff an Stalin. In: Zukunft, 26.4.1940
(Deutsche Arbeiterbriefe, Nr. 4).
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▶ Inhaltsverzeichnis / Content
nistische Transformation aufgrund der angeblich antikommu-
nistischen Zielrichtung abgetan bzw. diskreditiert wurde. Das
Argument des Antikommunismus verdeckt einen geistes-, kul-
tur- und politikgeschichtlichen Transfer im 20. Jahrhundert, der
mit Namen wie Isaac Deutscher, Georges Orwell, Victor Serge
oder George Padmore verbunden ist, deren epochale Bedeu-
tung für die Stalinismuskritik jedoch heute wieder relativiert
wird, wie Domenico Losurdo oder Robert Service zeigen. Zwar
führte der Weg zahlreicher Dissidenten und Mitarbeiter der Zu-
kunft wie Arthur Koestler, Ruth Fischer oder Margarete Bu-
ber-Neumann zum Antikommunismus – doch selbst dies erst
nach einem längeren, oft jahrelangen Prozess. Gerade die Per-
formanz der Münzenberg-Gruppe zeigt, dass es nicht um eine
„antikommunistische Diskurswende“ ging. Leitmotiv war nicht
der Antikommunismus, sondern gerade der Widerstand gegen
die Abwendung des Parteikommunismus von den Zielen und
Idealen der Oktoberrevolution und den Traditionen der Kom-
munistischen Internationale der ersten Jahre, nicht nur des
Antifaschismus, sondern auch der gerade von Münzenberg
weiter hochgehaltenen Tradition des Antikolonialismus, des
Antirassismus, des Antiimperialismus und der Anerkennung
des Selbstbestimmungsrechts der Völker, die seit dem neoko-
lonialen Überfall Mussolinis auf Abessinien und der Hinwen-
dung zu den großen Kolonialmächten in der Volksfrontperiode
aus dem Repertoire der sowjetischen Politik und nachfolgend
auch der Komintern gestrichen wurde.
97 Als Beispiele der englische „ruhmhafte Veteran“ Tom Wintringham, der „irische Marty“
Fred Copeman, der deutsche Gustav Regler. Siehe: Bernhard H. Bayerlein: The ‚Cultural
International‘ as the Comintern‘s Intermediate Empire. International Mass and Sympathizing
Organisations Beyond Parties. In: Holger Weiss (ed.): International Communism and Transnatio-
nal Solidarity: Radical Networks, Mass Movements and Global Politics, 1919-1939, Dor-
drecht, Brill 2016, S. 28-88, hier S. 76 (Studies in Global History. 26).
98 Es fehlt eine vergleichende, auf das gesamte französische Lagersystem bezogene Untersu-
chung. Siehe: Dieter Nelles: Die Unabhängige Antifaschistische Gruppe 9. Kompanie im Lager
257
▶ Inhaltsverzeichnis / Content
pen der Interbrigadisten schlossen sich der Zukunft bzw. der
Münzenberg-Gruppe an. Dabei ging es keineswegs nur um
ideologische Auseinandersetzungen, die historische Dimen-
sion war beträchtlich, gerade vom Standpunkt des Antifaschis-
mus aus betrachtet: es ging um den Einsatz, das Potential bzw.
die zentrale militärisch-politische Rolle der ehemaligen Spani-
enkämpfer, die sie als kollektive militärische Formation im he-
ranrückenden Krieg übernehmen sollten bzw. hätten einneh-
men können.
Gurs. In: Helga Grebing, Christl Wickert (eds.): Das „andere Deutschland“ im Widerstand gegen
den Nationalsozialismus, Essen, Klartext 1994 (Veröffentlichungen des Instituts zur Erforschung
der europäischen Arbeiterbewegung. Schriftenreihe A, Darstellungen 6), S. 56-85; vgl. Rémi
Skoutelsky: Novedad en el frente. Las Brigadas Internacionales en la Guerra Civil, Madrid,
Temas de Hoy 2006, S. 410.
99 Hierzu: Weber/Drabkin/Bayerlein: Deutschland. Russland. Komintern, Bd. I, S. 380.
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▶ Inhaltsverzeichnis / Content
ren gewinnt erneut die ex-sowjetische, ideologische und bis-
weilen apologetische Deutung an Terrain, die den Pakt nicht
als fundamentalen Bruch im Rahmen einer strategischen Neu-
ausrichtung, sondern als taktisch motivierte Maßnahme Stalins
historisiert, um angesichts der Angriffspläne Hitlers einen Zeit-
gewinn zu erzielen.100
100 Neuere Dokumente vermitteln ein anderes Bild. Siehe: Bernhard H. Bayerlein: „Der
Verräter, Stalin, bist Du!“ Vom Ende der internationalen Solidarität. Komintern und kommunisti-
sche Parteien im Zweiten Weltkrieg 1939 –1941. Unter Mitarbeit von Natal‘ja Lebedeva,
Michail Narinskij und Gleb Albert. Mit einem Zeitzeugenbericht von Wolfgang Leonhard.
Vorwort von Hermann Weber, Berlin, Aufbau-Verlag 2008 (Archive des Kommunismus – Pfade
des XX. Jahrhunderts. 4).
101 Schilmar: Der Europadiskurs im deutschen Exil, S. 152.
259
▶ Inhaltsverzeichnis / Content
organisatorisch das „deutsch-französische Tandem“ voran.102
102 Ibid.
103 Hierzu bspw.: Erich Fromm: Es geht um den Menschen. Eine Untersuching der Tatsachen
und Fiktionen in der Außenpolitik, Edition Erich Fromm, Open Publishing Rights GmbH 2015.
104 Siehe: Alexander Schifrin: Der Aufmarsch zum Zweiten Weltkrieg, Strasbourg, Sebastian
Brant Verlag, 2. durchgesehene Auflage, 1938. Zur Bedeutung von Schifrins Militäranalysen:
Winfried Mönch: Entscheidungsschlacht „Invasion“ 1944? Prognosen und Diagnosen, Stuttgart,
Steiner 2001, S. 103ff.
260
▶ Inhaltsverzeichnis / Content
weitgehend unbekannt, sie gehörten zur Münzenberg-Gruppe
und schrieben in der Zukunft. Für die sozialistisch-demokra-
tische und zugleich nationale Befreiungsperspektive aus der
Sicht des deutschen Volkes als Grundmotivation für den Sturz
Hitlers stand vor allem der Münzenberg-Freund Kurt Kersten.
Gemeinsam mit ihm schrieb er bereits 1938 in einer der grund-
sätzlichen Exildebatten gegen die These einer Kollektivschuld
der Deutschen am Nationalsozialismus an.105 Beide erkannten
früh die negativen Folgen der Strategie der westlichen Staaten
und der Alliierten. In seinen letzten Artikeln warnte Münzen-
berg vorausschauend vor einer Zerstückelung Deutschlands als
Kriegsfolge. Sein Zukunftskonzept war die „demokratisch-sozi-
alistische Sammlung“ mit dem Ziel der Gründung einer Einheit-
spartei der deutschen Arbeiterbewegung.106 Münzenberg ent-
warf vorauschauend das folgende Szenario:
105 Siehe: Kurt Kersten: Unter Freiheitsfahnen. Deutsche Freiwillige in der Geschichte,
Strasbourg, Sebastian Brant-Verlag 1938.
106 Nach 1945 machte Ulbricht hier eine weitere Anleihe bei Münzenberg, die er im Sinne
der SED veränderte.
107 Willi Münzenberg: Verrat, Utopie oder politische Notwendigkeit?. In: Zukunft, 26.4.1940.
108 In Finnland liegt begraben. In: Zukunft, 23.2.1940. Zu Brandt siehe: Krieg Oslo [d.i. Willi
Brandt] an Lieber Freund, 12.12.1939, Archiv der Friedrich-Ebert-Stiftung, Nachlaß Willy Brandt,
Emigration, 9a, Juni–Dezember 1939, zit. in: Bayerlein: Der Verräter, Stalin, bist Du, S. 193f.
261
▶ Inhaltsverzeichnis / Content
sie es denen nachtun „die sich zu den Kampfformationen ge-
meldet haben, die ihnen zugänglich waren“. Damit sollten die-
jenigen angesprochen werden, die entweder „freiwillig an die
Front geeilt“ waren und/oder „ihren Dienst in Legionen oder
Arbeitskompanien“ leisteten.109
So setzten sich die Prozesse, die 1938 zur Abspaltung der Zu-
kunft geführt hatten, vier Jahre später auch in der globalen Pe-
ripherie fort. Am 14. Juli 1941 tauchte der erwähnte Katz in der
mexikanischen Öffentlichkeit an der Seite des Gewerkschafts-
führers Vicente Lombardo Toledano auf, was Regler folgender-
maßen kommentierte:
110 Siehe u.a.: Alfred Diwersy: Gustav Regler. Bilder und Dokumente, Saarbrücken, Saarbrü-
cker Druckerei und Verlag 1983, S. 74f.
111 Ibid., S. 164.
112 Patrik von zur Mühlen: Fluchtziel Lateinamerika. Die deutsche Emigration 1933-1945.
Politische Aktivitäten und soziokulturelle Integration, Bonn, Verlag neue Gesellschaft 1988, S.
172.
113 Fritz Pohle: Das mexikanische Exil. Ein Beitrag zur Geschichte der politisch-kulturellen
Emigration aus Deutschland (1937-1946), Stuttgart, Metzler 1986, S. 147.
263
▶ Inhaltsverzeichnis / Content
und Frauen, die irgendwann das Mißfallen des russischen
Diktators und seiner kleinen Bürokraten erregt haben. (...) Es
wird wesentlich einfacher sein, Rußland als einen echten Al-
liierten zu akzeptieren, wenn die Russen so klug sind, ihre
Otto Katzes zurückzuhalten.“114
114 The Nation, New York, 7.2.1942. Zit. in: Pohle: Das mexikanische Exil, S. 156.
115 Hierzu wurde eine Broschüre ediert, siehe: Victor Serge, Julian Gorkín, Marceau Pivert,
Gustavo Regler: La GPU prepara un nuevo crimen!, Mexico D.F. 1942 (Serie Documentos.
Edicion de Analisis, Revista de Hechos e Ideas).
116 Pohle: Das mexikanische Exil, S. 156f.
117 Neue Volkszeitung, New York, 21.12.1942.
118 Zur Mühlen: Fluchtziel Lateinamerika, S. 173.
264
▶ Inhaltsverzeichnis / Content
nativ-sozialistischen Kräfte wie Das Andere Deutschland unter
der Leitung von August Siemsen in Argentinien oder die Deut-
schen Blätter in Santiago de Chile kooperativ zu stärken und der
apparatemäßig organisierten stalinistischen Performanz entge-
genzustellen, deren neu gegründete Organisationsformen wie
die Bewegung Freies Deutschland teilweise erneut die Ober-
hand gewannen.
119 Walter Benjamin: Über den Begriff der Geschichte. In: Walter Benjamin, Gesammelte
Schriften, Bd. II, 1-3, hg. von R. Tiedemann und H. Schweppenhäuser, Frankfurt am Main,
Suhrkamp 1991, S. 691-704 (Suhrkamp Taschenbuch Wissenschaft. 932), hier S. 698f.
120 Ibid.
266
▶ Inhaltsverzeichnis / Content
liierten bzw. sozialdemokratischen Einfluss aufgesogen. So en-
dete mit der rückwärtigen Bewegung auch eine Traditions- und
Kontinuitätslinie demokratisch-sozialistischen Avantgarde-Den-
kens, das in der europäischen Teilung und dem neuen, bipola-
ren Weltsystem nach 1945 untergepflügt wurde. Dies erklärt
zum Teil, warum nach dem Zweiten Weltkrieg ein Projekt wie
das der Zukunft und das kollektive, fast anarchistische Engage-
ment von Linkskatholiken, demokratischen Sozialisten, „anti-
liberalen Revolutionären“, kriegserprobten antifaschistischen
Kombattanten, Dissidenten und Antistalinisten auch in neuer
Form nicht mehr zustande kam.
Und er schließt mit den folgenden Sätzen, die auch als sein po-
litisches Testament gelten können:
122 Ein Toter klagt an. Feodor Raskolnikoff an Stalin. In: Deutsche Arbeiterbriefe. Beilage der
Zukunft, Nr. 4, 26.4.1940.
123 Boaventura de Sousa Santos: Pela Mão de Alice. O social e o político na pós-moderni-
dade, São Paulo, Cortez Editora, 15. Aufl. 1995, S. 26.
268
▶ Inhaltsverzeichnis / Content
des ‚anderen Deutschland‘.“124
124 Der Kampf gegen Hitler Im Reich und Im Exil. In: Zukunft, 20.10.1939.
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▶ Inhaltsverzeichnis / Content
sprachigen Emigration umfassend und kritisch dargestellt wer-
den können. Dabei sollte die Rolle Willi Münzenbergs nicht nur
als ein (wenn auch kritischer) Hauptakteur des veralteten, ins-
trumentellen Antifaschismus hervorgehoben werden. Mit der
Konstruktion seines letzten, wenn auch im Verhältnis zu seinen
früheren Unternehmungen viel bescheideneren „Imperiums“
um die Wochenzeitung Die Zukunft erwies er sich als persona-
lisierte Klammer von Antifaschismus und Antistalinismus der
deutschen Linken, und liefert damit bis heute ein Gegennar-
rativ zur Mainstream-Geschichte des Exils, der Arbeiterbewe-
gung und der deutschen Linken.125 Eine wichtige Vorausset-
zung für diese neue Geschichte ist der freie Zugang und die
weitere Aufbereitung der Archivdokumente des Exils in den
russischen Archiven, speziell im Militärarchiv der Russischen
Föderation.