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Waltraud Wolff

Mitglied des Deutschen Bundestages

Verbraucherschutz in der Telekommunikation

Rede vor dem Plenum des Deutschen


Bundestages

Berlin, 7. April 2011


Anrede,
Waltraud Wolff, MdB
19 Cent pro Minute für ein Ferngespräch innerhalb Deutschlands. Platz der Republik 1
Heute klingt das absurd teuer. 1998 war das ein Kampfpreis, damit 11011 Berlin
begann der Wettbewerb im deutschen Festnetz. Die relativen Telefon: 030 227-72591
Fax: 030 227-70166
Kosten fürs Telefonieren sind seit damals drastisch gesunken. waltraud.wolff@bundestag.de
Absolut zahlen wir eher mehr, wir bekommen dafür aber eine ganz
andere Leistungen: Die Telefonleitung dient nicht mehr nur zum Dienstgebäude:
Fernsprechen, sie ist der Anschluss an ein neues Kommunikations- Unter den Linden 50
10117 Berlin
und Konsumsystem.
MitarbeiterInnen:
Der Telekommunikationsmarkt ist einer der dynamischsten. Neue Martin Deschauer
technische Möglichkeiten sorgen für immer wieder neue Conny Hotescheck
Geschäftsmodelle. Die Telekommunikationsbranche zu einem der
Wahlkreis:
wichtigsten Wirtschaftszweige in Deutschland geworden. Sie ist Bahnhofstraße 18
ein wichtiger Motor für Innovation, Wachstum und Beschäftigung 39326 Wolmirstedt
– sowohl die Zahl der Unternehmen als auch deren Umsätze Telefon: 039201 21201
steigen. Fax: 039201 29101
waltraud.wolff@wk.bundestag.de

Das ist zu begrüßen, die Anbieter von Informationstechnik, Mitarbeiterinnen:


Telekommunikation und Internetdiensten sind mit über 840.000 Eva Marquardt
Beschäftigten mittlerweile zweitgrößter Arbeitgeber in der Annette Wilke
deutschen Industrie.
Internet:
Web: www.waltraud-wolff.de
Die Anzahl der Anbieter ist gestiegen. Auch die Anwendungen – Facebook: waltraud.wolff
und damit die Tarife – wurden vielfältiger und komplexer. Twitter: waltraud_wolff
Wir, die Verbraucherinnen und Verbraucher profitieren durch Flickr: waltraudwolff
MeinVZ: waltraud-wolff
niedrige Preise und leistungsfähige Produkte. Das ist eigentlich
toll. Doch die zunehmende Unübersichtlichkeit wurde zur
absoluten Herausforderung für den Verbraucherschutz. Zum Teil,
weil Verbraucherinnen und Verbraucher schlicht überfordert sind,
sich im Tarif- und Angebotsdschungel zurechtzufinden. Zum Teil
aber auch, weil diese Unübersichtlichkeit ausgenutzt und
Verbraucherinnen und Verbraucher schlicht betrogen werden.

Wir als Gesetzgeber müssen also genau beobachten, wo es


Fehlentwicklungen im Markt gibt. Wir müssen diese aufgreifen,
müssen nachjustieren, müssen die Rechte der Telefonkunden
wahren und stärken.

Dabei, meine Damen und Herren, geht es um höchst


unterschiedliche Probleme:

Call-by-call-Anbieter vervielfachen unvorhersehbar ihre


Preise,
Unternehmen belästigen mit unerwünschten Werbeanrufen,
Verbraucherinnen und Verbraucher bezahlen für
Warteschleifen bei Hotlines,
Verträge werden untergeschoben,
mit Gewinnversprechen wird auf teure 0900er-Nummern
gelockt.

Um all diese Probleme in den Griff zu bekommen, haben wir mit


unserem Antrag ein ganzes Maßnahmenbündel vorgeschlagen.

Anrede,

nun liegt der Entwurf der Bundesregierung für eine Novelle des
Telekommunikationsgesetzes vor. Er bietet einiges an Fortschritten
für die Verbraucherinnen und Verbraucher:

Die kostenfreien Hotlines haben ja alle Fraktionen gefordert;


es gibt bessere Vorgaben zur Preisangabe und zur
Beschreibung der Qualität der Angebotenen Dienste;
die Verbraucherrechte beim Umzug und beim
Anbieterwechsel werden gestärkt.

Zu diesem Aufschlag haben die Ausschüsse des Bundesrates


bereits ihre Vorschläge gemacht. Auch der Verbraucherzentrale
Bundesverband hat seine Stellungnahme dazu abgegeben.

Auf dieser Grundlage sollten wir nun endlich zu guten Lösungen


kommen. Wir jedenfalls werden uns konstruktiv beteiligen.

Anrede,

einen ganz konkreten Vorschlag hab ich schon. Die Verpflichtung,


dass Call-by-Call- Anbieter die Preise anzugeben haben, gehört
gleich ins Gesetz. Wozu warten? Wir kennen doch alle die
Abzocke, weil es unerwartete Preissprünge gibt. Wenn sie sich
dazu nicht durchringen können, müsste die Rechtsverordnung
zumindest zeitgleich kommen.
Anrede,

auch wenn ich den Aufschlag der Bundesregierung positiv sehe,


in der Breite insgesamt versagt die Bundesregierung aber beim
Verbraucherschutz in der Telekommunikation. Für Kostenfallen,
untergeschobene Verträge und Abzocke mit Gewinnversprechen
gibt es keine Hilfe!

Bereits in der letzten Legislaturperiode haben wir das Gesetz zur


Bekämpfung unerlaubter Telefonwerbung und zur Verbesserung
des Verbraucherschutzes bei besonderen Vertriebsformen auf den
Weg gebracht. Mit diesem Gesetz wurden die Rechte der
Verbraucherinnen und Verbraucher erheblich gestärkt,
insbesondere im Hinblick auf unerlaubte Telefonwerbung und
untergeschobene Verträge.

Die SPD-Fraktion hat gleichzeitig eine Evaluation dieses Gesetzes


durchgesetzt. Es war richtig sie vorzuziehen, denn die
Beschwerdezahlen waren ja weiterhin hoch.

Was sagen uns die Ergebnisse?

Zum Teil greift das Gesetz,


zwar verstoßen Unternehmen weiterhin mit ungewollten
Initiativanrufen gegen das Gesetz gegen den unlauteren
Wettbewerb. Aber diese Anrufe lassen deutlich nach.
Zugenommen dagegen haben Anrufe von Telefonbetrügern:
Vermeintliche Gewinnversprechen mit der Aufforderung
teure Nummern zurückzurufen oder das Abgreifen von
Kontodaten sind durch die gesetzlichen Maßnahmen nicht
ausreichend eingedämmt worden.

Anders gesagt: Die Verbraucherinnen und Verbraucher werden nun


seltener belästigt, dafür öfter und schneller abgezockt. Hier muss
gesetzlich reagiert werden.

Und eines steht fest: Verbraucherrechte müssen künftig besser


durchgesetzt werden. Eine Möglichkeit dazu ist die Bildung einer
Schwerpunktstaatanwaltschaft. Positive Signale dazu gibt es aus
dem Bundesrat. Aber auch im europäischen Raum ist die
Strafverfolgung weiter zu verbessern.

Was uns weiter beschäftigt, sind die so genannten „Kostenfallen im


Internet“. Dabei werden Verbraucherinnen und Verbrauchern Abos
untergeschoben, Angebote werden als vermeintlich kostenlos
dargestellt und Kosten verschleiert.
Anrede,

die SPD hatte die sogenannte Button-Lösung eingebracht. Damit


hätte man die Verbraucherinnen und Verbraucher schützen
können. Die Regierungsfraktionen haben dies abgelehnt.

Erst haben Sie sich darauf zurückgezogen, dass dies EU-weit


geregelt werden muss. Jetzt trommelt der Buschfunk: sie wollen
doch eine nationale Regelung.
Vorgelegt aber haben sie noch nichts. Und die Verbraucherinnen
und Verbraucher werden weiter abgezockt. Spaßig ist das nicht!

Verbraucherschutz in der Telekommunikation ist mehr als das, was


im Telekommunikationsgesetz geregelt wird.
Wir haben die Handlungsfelder und Lösungsmöglichkeiten
aufgezeigt. Was jetzt noch fehlt ist das Handeln der
Bundesregierung und der Regierungsfraktionen. Tun sie es, für die
Verbraucherinnen und Verbraucher.

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