galt früher als Beispiel für Toleranz und interreligiösen Dialog. Seit sechs Jahren wird es von schweren Terroranschlägen heimgesucht.
Auf Einladung des katholischen Hilfswerks „Kirche in
Not“ feierte der afrikanische Priester Abbé André Quedraogo aus Burkina Faso am 11. und 12. September 2021 Gottesdienste in Weisstannen, Mels, Heiligkreuz und Sargans. In seinen Predigten informierte er über die schwierige Lage der etwa 23 Prozent meist katholischen Christen in dem überwiegend muslimischen Land. Der Name Burkina Faso bedeutet „Land der ehrenwerten, aufrichtigen Menschen“. Es ist eines der ärmsten Länder der Welt.
Abbé André Quedraogo und Ivo Schürmann von Kirche in Not.
Vor sechs Jahren begann der Terror.
Bis vor wenigen Jahren haben Muslime und Christen miteinander gesungen, getanzt und gelebt, erzählte Abbé André Quedraogo in seiner Predigt am Sonntagmorgen in der Kirche St. Oswald und Cassian in Sargans. Am Ramadan gingen die Christen mit den Muslimen gemeinsam in die Moschee, an Weihnachten ging man gemeinsam in die Kirche. Es wurde gemeinsam gebetet. Mischehen zwischen Muslimen und Christen waren Normalität. Eine Schwester von Abbé André ist mit einem Muslim verheiratet, ihre drei Kinder gehen mit der Mutter in die Kirche. Wichtig war allein der gemeinsame Glaube an Gott. Seit sechs Jahren ist die Situation anders. Islamische Terroristen verübten Terroranschläge. Gläubige und Priester wurden umgebracht oder entführt. Im Juni dieses Jahres geschah ein Anschlag mit mehr als 160 Toten, darunter viele Kinder. Bei anderen Anschlägen wurden reformierte Pastoren während dem Gottesdienst ermordet. Inzwischen gibt es mehr als eine Million Flüchtlinge im Land. Diese brauchen Unterkunft und Verpflegung. Die Kirche kann, auch dank „Kirche in Not“, diesen Flüchtlingen helfen. Geholfen wird nicht nur Christen. Niemand fragt nach dem Taufschein. Vor allem bräuchten die Betroffenen Gebete und Liebe von den Menschen im Abendland, die ihnen einst den Glauben gebracht hatten, betonte Abbé André Quedraogo am Ende der Predigt. Die Kollekte war zur Unterstützung der Flüchtlinge und Verfolgten in Burkina Faso bestimmt.
Abbé André Quedraogo mit Kirchenbesuchern.
Das Land sucht eine Lösung.
Im Interview nach dem Gottesdienst sagte Abbé André, dass er im Sarganserland Gastfreundschaft erlebt habe, die Liebe zu den Christinnen und Christen, die Liebe zueinander, aber auch die Liebe zu den Verfolgten in Burkina Faso. „Das habe ich gespürt, wirklich reichlich gespürt, und das hat mir grosse Freude gemacht. Ich habe gespürt, dass die Verbundenheit im Gebet, in der Liebe und im Glauben ständig da ist. Die Leute in Burkina Faso haben Freude, Mut und Kraft, weiterhin den Glauben zu bekennen, wenn sie wissen, dass sie unterstützt werden. Diese Unterstützung durch Gebete und Liebe habe ich gespürt, und ich danke Gott dafür“. Sein Land versucht, mit der neuen Situation, dem Terrorismus, eine Lösung zu finden, sogar einen Dialog mit den Terroristen. Aber man wisse nicht, mit wem reden. Die Terroristen hätten kein Gesicht, man kenne auch die Gründe für den Terrorismus nicht. Ist es religiös, politisch, wirtschaftlich, das sei die grosse Frage. Der Feind hat kein Gesicht, man weiss nicht, wer Terrorist ist. Vielleicht bist du unterwegs mit ihm, vielleicht am Tag ist er wie ein Freund für dich, und in der Nacht etwas anderes. Es sind Leute aus der Bevölkerung, aber auch Ausländer. Sie haben eine Ermutigung von geistlichen Leuten, von wem genau, weiss man nicht.
Abbé André Quedraogo und Sakristanin Manuela Perret.
Das Ziel sollte Gott sein.
Die Regierung und das Militär kämpfen gegen die Terroristen, aber das Ziel ist noch nicht erreicht. Auch viele von der Bevölkerung versuchen, sich zu verteidigen. Aber Strategie haben sie nicht viel und materiell auch nicht. Die Armee kommt ihnen zu Hilfe. Selbstverteidigungsgruppierungen gibt es in jedem Dorf. Die leisten schon viel, aber das ist noch nicht genug. Während die Regierung das Gespräch mit den Terroristen sucht, bete die Kirche, bete jeden Tag und bitte um Unterstützung, um Frieden, um Versöhnung der Leute. Sie bittet um Gebete für das ganze Land, auch für die Terroristen, um Umkehr. Der interreligiöse Dialog ist sehr stark. Bis heute haben die Bischöfe, die Bischofskonferenz mit den Muslimen einen guten Kontakt. Beim letzten Ramadan hat ein Imam mit seinen Leuten das letzte Gebet im Bischofshaus gebetet und nachher mit Kardinal Philippo Quedraogo zu Abend gegessen. Gemütlich, um zu sagen, wir sind nicht gegeneinander. Wir sind Brüder und Schwestern, wir sind Geschwister, und das Ziel ist Gott. Wir sollen einander unterstützen. Auch die Muslime leiden unter dem Terrorismus, auch die Leute von den Naturreligionen sind betroffen, die reformierte Kirche, die Freikirchen, alle. Da muss man einfach miteinander auf dem Weg sein, zum Frieden, zur Versöhnung.