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a) W ir halten soziale Gründe nicht für allein bestimmend, sondern nehmen ein
Zusammenwirken (Auslösung, Verstärkung) mit biologischen und psychischen
Mechanismen an;

b) im Umkehrschluß können unserer Auffassung nach auch weder psychische noch


biologische Gründe allein als bestimmend für den Gesundheitszustand gelten.

2. In West-Deutschland bisher diskutierte theoretische Ansätze

2.1. Ansatz von Geissler

Geissler (1979) konzentriert sich auf die beiden folgenden Fragen: Wie groß sind die beruf­
lichen Belastungen? Wie können die beruflich bedingten Belastungen in der berufsfreien Zeit
ausgeglichen bzw. kompensiert werden? Sie betont somit den engen Zusammenhang
zwischen betrieblichem und außerbetrieblichem Lebensbereich und die sozialen Unterschiede
in den Möglichkeiten der Bedürfnisbefriedigung. Berufliche Belastungen und Erholungs­
chancen beeinflussen die Gesundheit sowohl direkt als auch indirekt: "Daß der Inhalt der
beruflichen Tätigkeit weitgehend den Erfahrungsbereich und die Lebensweise außerhalb des
Betriebes bestimmt, gilt nicht nur für soziale, sondern auch für körperliche Aktivitäten, sowie
für andere die Gesundheit erhaltende bzw. gefährdende Verhaltensweisen (Ernährung,
Rauchen, Alkoholkonsum u.ä.), welche als Risikofaktoren für die heute vorherrschenden
Krankheiten mit chronischem Charakter verantwortlich gemacht werden können" (ebd.,
S. 128).

Sie hebt dabei auch die notwendige Trennung zwischen den objektiven Bedingungen und
dem subjektiven Erleben dieser Bedingungen hervor, auch wenn sie sich in diesem Beitrag
vor allem auf objektive Kriterien wie den Arbeitslohn konzentriert. Der Arbeitslohn be­
stimme "in entscheidendem Maße die Möglichkeiten, den aus der Arbeit resultierenden Be­
lastungen im außerbetrieblichen Bereich zu kompensieren" (ebd., S. 119). Berufe mit
geringem Status wie z.B. viele Arbeiterberufe seien gekennzeichnet durch relativ geringes
Einkommen und größere Einkommens-Unsicherheit, so seien diese Berufstätigen z.B. in wirt­
schaftlichen Krisen eher von Kurzarbeit oder Entlassungen bedroht als andere Erwerbstätige.
Das geringere Einkommen bedinge ein geringeres verfügbares Einkommen für Bildung,
Unterhaltung, Körper- und Gesundheitspflege. Es führe auch dazu, daß in den Bereichen
Wohnen und Wohnumwelt, die direkt mit den Möglichkeiten der Regeneration Zusammen­
hängen, eine relativ geringe Qualität akzeptiert werden müsse (z.B. Belastungen durch Lärm
und Luftverschmutzung, ungenügende Verkehrsanbindung, schlechte Ausstattung mit Frei­
zeiteinrichtungen, Schulen, ärztlicher Versorgung).

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