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09.04.

2021, 09:19 Uhr

https://www.br.de/nachrichten/wissen/wetterfuehligkeit-was-tun-kreislaufprobleme-
migraene-kopfweh,RL43YH7

Wetterfühligkeit: Was tun, wenn der


Kreislauf verrückt spielt?
Bei extremen Temperaturschwankungen kommt der Körper oft nicht mit. Mögliche
Folgen: Migräne und Kopfschmerzen, Müdigkeit, Abgeschlagenheit und
Gelenkschmerzen. Wetterfühlige werden oft aber nicht ernst genommen. Ist alles nur
Einbildung?
Mehr als die Hälfte aller Deutschen bezeichnet sich als wetterfühlig, so eine Umfrage des
Deutschen Wetterdienstes, ein Fünftel der Bundesbürger gibt sogar an, stark unter dem
Wetter zu leiden. Besonders bei stürmischem Wetter und wenn es kälter wird, klagen viele
über Beschwerden. Das Problem: Betroffene werden häufig nicht ernst genommen, die
Symptome als Einbildung abgetan. Auch in der Wissenschaft ist man sich nicht einig, was
hinter dem Phänomen Wetterfühligkeit steckt.

Starke Symptome bei Wetterwechsel


Die Älteren spüren das Wetter subjektiv stärker als die Jüngeren: In der Altersgruppe der ab
60-Jährigen klagen nahezu 70 Prozent darüber, dass ihnen das Wetter in Knochen und
Kopf fährt. Auch Frauen in der Menopause leiden bei Wetterumschwüngen.
Die häufigsten wetterbedingten Symptome sind Kopfschmerzen und Migräne (59 Prozent),
Müdigkeit (55 Prozent), Abgeschlagenheit (49 Prozent), Gelenkschmerzen (42 Prozent) und
Schlafstörungen (40 Prozent). Betroffene fühlen sich matt, müde, antriebslos, deprimiert
oder gereizt. Aber, so Andreas Matzarakis, Meteorologe vom Deutschen Wetterdienst,
Zentrum für Medizin:
"Die Wetterfühligkeit, das ist eine große Palette von Beschwerden, die nicht unbedingt mit
dem Wetter zusammenhängen müssen. Aber das Wetter führt dazu, dass diese
Beschwerden das Glas zum Überlaufen bringen." Andreas Matzarakis

Das Wetter verstärkt Beschwerden


Frieren und Schwitzen, das sind ganz normale Körperreaktion auf ganz
normale Wetterreize. Matzarakis vermutet, dass wetterfühlige Menschen eine niedrige
Reizschwelle haben könnten und dass ihr Körper darum schon auf geringe Wetterreize
heftig reagiert. Darum unterscheidet man auch zwischen "nur" wetterfühlig und
wetterempfindlich.
Wetterempfindliche Menschen haben bereits Vorerkrankungen, die sich durch den
Wetterwechsel verstärken. Die Krankheitssymptome verschlechtern sich bei
wetterempfindlichen Menschen bei Wetterumschwüngen in manchen Fällen deutlich.

Der Nachweis von Wetterfühligkeit ist schwierig


Warum das Wetter so einen Einfluss hat, oder ob das Ganze nicht doch nur Einbildung ist,
ist schwer zu erforschen. Das liegt unter anderem daran, dass es zu einem bestimmten
Zeitpunkt viele verschiedene Wettervariablen gibt. Alle ändern sich gleichzeitig, oft heftig
bei einem Wetterumschwung.
Fachleute gehen davon aus, dass Reaktionen auf das Wetter sich durch das
Zusammenspiel aller Faktoren wie Temperatur, Feuchtigkeit, Sferics (elektromagnetische
Gewitterimpulse), Druckschwankungen sowie UV- und Infrarotstrahlen erklären. Dazu
kommt die persönliche Disposition. Wie genau das alles zusammenspielt, konnte bisher
aber nicht geklärt werden.
Das Biowetter - Hilfe für Wetterfühlige?
Der Deutsche Wetterdienst stellt schon lange auch ein "Biowetter" zusammen und definiert
dabei mehrere Wetterlagen. Am besten ist die stabile Hochdrucklage, hier haben die
wenigsten Menschen Probleme mit der Gesundheit. Bei einem Tiefdruckzentrum treten
eher allgemeine Befindlichkeitsstörungen auf, aber auch Phantomschmerzen. Eine höhere
Luftfeuchtigkeit ist schlecht bei Gelenkproblemen und nähert sich eine Warm- oder
Kaltfront, haben Menschen häufiger Kopfschmerzen. Dieser Wetterumschlag ist die
problematischste Wetterkonstellation, vor allem zum Kalten hin.
Mit großer Wahrscheinlichkeit haben also Temperatur- und Feuchtigkeitssprünge eine
Auswirkung auf unsere Gesundheit, vor allem bei chronischen Schmerzpatienten. Unklar
bleibt aber der genaue Einfluss des Wetters. Der Wirkmechanismus auf Wetterfühlige ist
unbekannt und auch eine Regelhaftigkeit, also welches Wetter welche Beschwerden
auslöst, ist nicht festzustellen. Biowettervorhersagen basieren auf statistischen
Zusammenhängen, gelten nicht für einzelne Personen, ihre Vorhersagekraft ist also nur
begrenzt.

Woher kommt Wetterfühligkeit?


Dass wir auf Wetterwechsel mit körperlichen Beschwerden reagieren, ist unter anderem
eine Folge unseres Lebens in vier Wänden, meint Angela Schuh, Professorin für
medizinische Klimatologie an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München in ihrem
Buch "Biowetter". Danach beruht Wetterfühligkeit zu einem großen Teil auf einem
Trainingsmangel des Körpers. Das führe dazu, dass er sich nicht schnell genug und auch
nicht mit den richtigen körperlichen Abläufen anpassen könne.
Zudem leben viele immer stärker gegen den eigenen Biorhythmus: Das Berufsleben findet
für viele Menschen in Innenräumen statt. Dort gibt es zwangsläufig zu wenig Tageslicht,
was zu Beschwerden führen kann, so Angela Schuh. Aber auch ein unregelmäßiges Leben
bringe den zirkadianen (суточный) Rhythmus durcheinander.

Wetterfühligkeit: Das können Sie dagegen tun


 Ab an die frische Luft - wann immer es geht und bei jedem Wetter. Besonders gut ist
Ausdauertraining: also wandern, walken, joggen, Rad fahren, spazieren gehen. Sie
trainieren durch die sportliche Betätigung im Freien nicht nur Ihr Immunsystem,
sondern der Körper übt auch die Anpassung an wechselnde Wetterlagen.
 Man sollte sich so kleiden, dass man sich leicht kühl fühlt, aber nicht friert. Das
trainiert die Thermoregulation des Körpers. Außerdem hilfreich ist jede Art der
Abhärtung: Wechselduschen, Kneippsche Anwendungen und regelmäßige
Saunabesuche.
 Wetterfühlige sollten sich einen immer gleichen Tagesablauf angewöhnen - also
Weckzeit, Mahlzeiten und Schlafensgehenzeit sollten möglichst immer zur selben
Zeit stattfinden.
 Regelmäßiger und ausreichender Schlaf kann Wetterfühligkeit lindern. Wer es kann,
sollte sich ein kurzes Mittagsschläfchen gönnen, allerdings nicht länger als eine
halbe Stunde.
 Gesund und regelmäßig, möglichst immer zur selben Zeit essen.
 Wetterfühlige sollten auf Nikotin, Alkohol oder Kaffee verzichten, da diese
Genussmittel Kopfschmerzen verursachen können.
 Melissentee und grüner Tee sowie Bäder mit Rosmarinöl werden immer wieder als
Hausmittel gegen Kopfschmerzen und Wetterfühligkeit empfohlen.

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