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Norman Moosmann
Arbeit 4.0
Master Thesis
12/2018
Ehrenwörtliche Erklärung:
- die Inhalte, die ich aus Werken Dritter oder eigenen Werken wortwörtlich oder
sinn-gemäß übernommen habe, in geeigneter Form gekennzeichnet und den
Ursprung der Information durch möglichst exakte Quellenangaben (z.B. in Fuß-
noten) ersichtlich gemacht habe;
- die Arbeit bisher weder im Inland noch im Ausland einer Prüfungsbehörde vor-
gelegt habe und dass
- die zur Plagiatskontrolle eingereichte digitale Version der Arbeit mit der ge-
druckten Version übereinstimmt.
Ich bin mir bewusst, dass eine tatsachenwidrige Erklärung rechtliche Folgen haben
wird.
Danke an meine Frau Mirjam und meine beiden Jungs Marvin und
Marlon für eure endlose Geduld. Ohne eure Unterstützung, wäre ich nie
so weit gekommen.
Danke auch an meine ganze Familie und alle Freunde für den Mut, den
ihr mir gemacht habt - und an Papa, für die permanente Frage:
„Und, wieviel Sita?“
Danke an Frau Prof. (FH) Mag. Dr. Ursula Liebhart für die großartige
Unterstützung bei dieser Arbeit. Ihre Geduld und die motivierenden
Worte sowie ihre Gelassenheit waren mir eine große Hilfe.
Und zu guter Letzt, aber nicht als Letztes. Danke an die Jungs aus
unserer „ginialen“ Lerngruppe. Das gemeinsame Lernen und der
Austausch haben während des gesamten Studiums vieles erleichtert.
Vor allem aber zum Ende, beim Schreiben der Thesis, hat das
gegenseitige Pushen zu Höchstleistungen animiert.
Seite IV
Die Jugend liebt heutzutage den Luxus. Sie hat schlechte Manieren, verachtet die
Autorität, hat keinen Respekt vor den älteren Leuten und schwatzt, wo sie arbeiten
sollte. Die jungen Leute stehen nicht mehr auf, wenn Ältere das Zimmer betreten. Sie
widersprechen ihren Eltern, schwadronieren in der Gesellschaft, verschlingen bei
Tisch die Süßspeisen, legen die Beine übereinander und tyrannisieren ihre Lehrer.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung .............................................................................................................. 1
3. Die Generation Y und ihr Zugang zur Arbeit & Leistung ..................................... 12
5.1.2. Employer Branding: Unterstützung gegen den „War for Talents“ .......... 30
5.1.3. Talent Management: Prävention gegen den „War for Talents“ .............. 31
5.4. Mitarbeiterbindung........................................................................................ 69
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1 - Durchschnittsalter Österreich .................................................................... 2
Tabelle 2 - Übersicht der Generationen ...................................................................... 8
Tabelle 3 - Erwartungen an den Arbeitsplatz ............................................................ 15
Tabelle 4 - Ergebnisse der Studie von McCrindle .................................................... 17
Tabelle 5 - Vor- und Nachteile der internen Personalbeschaffung ............................ 26
Tabelle 6 - Vor- und Nachteile der externen Personalbeschaffung ........................... 28
Tabelle 7 - Talentansätze .......................................................................................... 32
Tabelle 8 - Geschichte Heron .................................................................................... 34
Tabelle 9 - Phasen des Onboarding .......................................................................... 63
Tabelle 10 - Wahrnehmung positiver Merkmale beim eigenen Arbeitgeber nach
Generationen in Prozent ........................................................................................... 73
Seite VIII
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Gender Erklärung
Aus Gründen der leichteren Lesbarkeit wird in der vorliegenden Masterarbeit die ge-
wohnte männliche Sprachform bei personenbezogenen Substantiven und Pronomen
verwendet. Dies impliziert jedoch keine Benachteiligung des weiblichen Geschlechts,
sondern soll im Sinne der sprachlichen Vereinfachung als geschlechtsneutral zu ver-
stehen sein.
Seite 1
1. Einleitung
1.1. Problemstellung
Die Transformation der Arbeit, wie wir sie bisher kannten, ist bereits im Gange und sie
wird sich noch weiter verändern. Auf der einen Seite erleichtert uns die Digitalisierung
immer mehr die Arbeit und auf der anderen Seite ist mit der Generation Y eine Gene-
ration in die Arbeitswelt getreten, die einen großen Wertewandel vollzieht. Die Verein-
barkeit von Arbeit und Familie, lieber auf Gehalt anstatt auf Freizeit zu verzichten oder
die Forderung von flexiblen Arbeitszeiten und sinnstiftender Arbeit, schaffen neue Her-
ausforderungen für den Arbeitgeber von heute.1
„Das beginnt bei der Gestaltung des Arbeitsplatzes von morgen. Das Einbinden der
Mitarbeiter wird in diesem Bereich immer wichtiger. Ein Unternehmen muss es schaf-
fen, die Mitarbeiter in solchen Fragen mitzunehmen und so einen gemeinsamen Weg
zu vermitteln, was Arbeitgeber und Arbeitnehmer am Arbeitsplatz wichtig ist.“2
Die Mitarbeiter der Zukunft wollen mitgestalten, mitwirken und mitbestimmen. Zudem
gewinnt es immer mehr an Bedeutung, Themen wie Arbeits- und Privatleben sowie
Aufstiegs- und Entwicklungsmöglichkeiten in einen Kontext zu bringen. Somit stellt
sich die Aufgabe an die Unternehmenskultur und die Personalpolitik von Morgen, den
ganzen Menschen im Blick zu behalten. In Zukunft wird demzufolge das Vermitteln der
gelebten Unternehmenskultur zu einem wesentlichen Faktor der Identifikation mit dem
Unternehmen.3
Neben dem Wertewandel durch die Generation Y und die Entwicklung der Digitalisie-
rung, wird zudem auch der immer ansteigende 'War for Talents' ein wichtiger Grund
für die Entwicklungen am Arbeitsplatz. Der Arbeitgeber muss in den Arbeitsstätten ein
liebliches Wohlfühl-Ambiente schaffen, um gute Leute zu halten oder noch bessere
anzulocken.4
Hinzu kommt, dass die Bevölkerung immer älter wird. Die Geburtenzahlen werden,
hingegen zu denen aus der Generation der Babyboomer, immer weniger bzw. bleiben
1
Vgl. (Osztovics, Kovar & Fernsebner-Kokert, 2016), S. 4-9.
2
(o.V., 2017).
3
Vgl. (o.V., 2015), S. 68.
4
Vgl. (Lixenfeld, 2017).
Seite 2
auf einem niedrigen Niveau.5 Hinzu kommt, dass die Lebenserwartung immer weiter
ansteigt. Anhand der untenstehenden Tabelle (Tab. 1) kann man entnehmen, wie sich
das Durchschnittsalter in Österreich bisher entwickelt hat und wie es sich in Zukunft
entwickeln wird.6 „Die Tatsache, dass wir älter und weniger werden, dazu noch länger
leben, hat auf alle gesellschaftlichen Subsysteme Auswirkungen, auch auf das Wirt-
schaftssystem und insbesondere auf die Unternehmen.“7
Männer Frauen
2016 41 43,7
„Die Frage danach, wie wir in Zukunft leben und arbeiten werden, treibt Trendfor-
schende, Unternehmens- und Personalverantwortliche, aber auch jedes Individuum
bereits seit Jahren um. Im Kontext der voranschreitenden Digitalisierung erhält diese
Diskussion jedoch noch einmal eine neue Dynamik. Nicht selten fallen Begriffe wie die
„vierte industrielle Revolution“, die verdeutlichen, dass hier ein Umbruch von lange
nicht dagewesenem Ausmaß bevorsteht bzw. bereits im Gange ist. Dabei kann die
Digitalisierung allerdings nicht losgelöst von weiteren zentralen Trends und Entwick-
lungen betrachtet werden, die vielfach miteinander in Wechselwirkung stehen.“9
„Deshalb braucht es eine neue Strategie mit neuer Kultur, in der die wichtigste Res-
source – der Mensch – nicht verkümmert, sondern seinen Beitrag zum Nutzen der
Organisation und seiner selbst voll einbringt und gleichzeitig „organisch“ seine Kom-
petenz stärkt. Betriebsklima, Arbeitszufriedenheit, Service und Erfolg sind im Visier.
Die Arbeitswelt 4.0 bietet neben vielen neuen Chancen auch Risiken.“10
5
Vgl. (Armutat, 2018), S. 23.
6
Vgl. (STATISTIK AUSTRIA, 2018).
7
(Armutat, 2018), S. 24.
8
(STATISTIK AUSTRIA, 2017).
9
(Rump & Eilers, 2017), S. 4.
10
(Schircks, 2017), S. 10.
Seite 3
1.2. Zielsetzung
Mit dieser Arbeit wird der Begriff „Arbeit 4.0“ und die Generation Y in Zusammenhang
zu heutigen Arbeitgebern und den Anforderungen an HR und deren Handlungs-mög-
lichkeiten von morgen theoretisch sowie konzeptionell erarbeitet.
Ziel dieser Arbeit ist es, darzustellen, was die Generation Y in ihrer Gruppe ausmacht
und wie sie sich von anderen Generationen unterscheidet und abhebt. Weiteres ist es
das Ziel, die Zusammenhänge von Employer Branding, Recruiting, Onboarding und
Mitarbeiterbindung darzustellen und in einen Zusammenhang mit der Generation Y zu
bringen.
Wie sollten HR-Abteilungen und Unternehmen auf die Generation Y vorbereitet sein
und wie müssen diese reagieren?
Anhand von Best Practice Beispielen sollen ausgezeichnete Maßnahmen aus den Be-
reichen Employer Branding, Recruiting, Onboarding und Mitarbeiterbindung darge-
stellt werden. Diese Best Practice Beispiele in Verbindung mit den theoretischen Aus-
arbeitungen sollen HR-Abteilungen und Unternehmen auf die Erwartungshaltung der
Generation Y vorbereiten und aufzeigen, wie bereits andere Unternehmen mit moder-
nen Ansätzen reagiert haben.
Für die Bearbeitung der Masterarbeit „Arbeit 4.0 - Wie reagiert der Arbeitgeber von
heute auf die Generation Y?“ wird als erstes ein theoretischer Rahmen gesetzt. In die-
sem Rahmen wird die Entwicklung der Generationen dargestellt, wobei das spezielle
Augenmerk hier auf den Wertewandel der Generation Y gelegt wird. Des Weiteren wird
im theoretischen Teil die klassische Personalbeschaffung beschrieben.
Abschließend wird auf die neuen Herausforderungen, die nun durch die veränderten
Werte der Generation Y an das HR anstehen, eingegangen.
Dem theoretischen Rahmen folgt der konzeptionelle Teil der Arbeit (Kapitel 5). Hier
werden die Erkenntnisse der vorhergehenden Kapitel in Bezug auf die Generation Y
in Kontext mit Employer Branding, Recruiting, Onboarding und Mitarbeiterbindung ge-
bracht.
Seite 4
Mit dieser Darstellung des Zyklus des Employer Brandings bis hin zur Mitarbeiterbin-
dung, wird Anhand von Best Practice Beispielen dargestellt, wie andere Unternehmen
bereits auf die veränderte Arbeitswelt reagiert haben.
In der Einleitung soll mit der Problemstellung in die Thematik eingeführt werden, um
mit der Zielsetzung ein schlüssiges Bild darzustellen.
Das Kapitel 2 befasst sich mit der Erläuterung der Generationen von den Babyboo-
mern bis hin zur Generation Y. Hier werden die generellen Eigenschaften der einzel-
nen Generationen tabellarisch dargestellt. Des Weiteren wird hier in einem reduzierten
Rahmen auf die einzelnen prägenden Ereignisse, Werte sowie Entwicklungen der je-
weiligen Generationen eingegangen.
Aufbauend darauf, befasst sich das Kapitel 3 jetzt im Detail mit der sich veränderten
Erwartungshaltung und Ansprüche der Generation Y. Der Fokus bezieht sich hier nun
ausschließlich auf die Arbeitswelt. In diesem Kapitel wird für Unternehmen und HR-
Verantwortliche ein Bild der Generation Y dargestellt, das helfen soll, bei deren HR-
Prozesse näher auf die Bedürfnisse einzugehen. Dieses Bild soll helfen die Entwicke-
lung von Employer Branding Strategien sowie Recruiting-, Onboarding- und Mitarbei-
terbindungsmaßnahmen auf die Generation Y zuzuschneiden.
Um später im 5. Kapitel auf das sich veränderte Bild der HR-Maßnahmen einzugehen,
wird im 4. Kapitel separat auf den Prozess der klassischen Personalbeschaffung Be-
zug genommen. Das soll dazu dienen, sich einen Überblick zu verschaffen, wie der
klassische Personalbeschaffungsprozess dementsprechend angepasst werden soll,
um auf den veränderten Markt reagieren zu können.
Im Speziellen wird hier die Reziprozität dieser Maßnahmen in Kontext mit der Erwar-
tungshaltung der Generation Y gebracht. Was bedeutet der Wertewandel der Genera-
tion Y für die Prozesse des Employer Branding, des Recruiting, Onboarding sowie
Seite 5
Als weitere Unterstützung für Unternehmen und HR-Abteilungen sind in Kapitel 5 Best
Practice Beispiele angeführt, um vorzuzeigen, was andere Firmen bereits unternom-
men haben, um auf die herrschende Arbeitnehmermarktsituation zu reagieren.
2. Die Generationen
In diesem Kapitel sind die Generationen von den Babyboomer über die Generation X
bis hin zur Generation Y dargestellt. Es wird die Charakteristik in Bezug auf die Ar-
beitswelt jeder einzelnen Generation erläutert. Des Weiteren ist in diesem Abschnitt
auch die jeweilige Entwicklung der Generationen zusammengefasst. Diese Entwick-
lung sowie die typische Erziehung und Ereignisse die die Generationen in ihrer Zeit
erlebt haben, geben unter anderem Rückschlüsse auf die Werte und Erwartungen der
jeweiligen Generation an das Leben sowie den Arbeitsplatz wieder.
Folgende Tabelle (Tab. 2) stellt die Generationen Babyboomer, Generation X und Ge-
neration Y nach Jahrgang und Charakteristik dar. Verglichen wurde hier nach Man-
gelsdorf und Bruch, Kunze & Böhm.
anpassungsfähig
tatkräftig
konsensorientiertes
Entscheiden
„Null-Bock-Stim-
Generation X 1965 – 1979 mung“
unabhängig
skeptisch
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direkt
anspruchsvoll
geltungsbedürftig
kompromisslos
Generation Y 1980 – 1995
mobil
sozial vernetzt
sprunghaft
kritisch
durchsetzungsfähig
teamfähig
materialistisch
medieninteressiert
ehrgeizig
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lernbereit
„Es gibt viele Definitionen von Baby Boomer und nachweislich begann der Baby Boom
früher in den USA (eher direkt nach dem 2. Weltkrieg) als in Deutschland.“11 „Soziolo-
gen wie die Amerikaner Neil Howe und William Strauss bezeichnen mit diesem Begriff
die geburtenstarken Jahrgänge der Nachkriegsgeneration bis Anfang der 60er Jahre.
In Deutschland hatte der Boom seinen Höhepunkt im Jahr 1964, als das Allzeithoch
von 1.357.304 "Lebendgeborenen" erreicht wurde; im statistischen Durchschnitt hat
eine Frau damals 2,53 Kinder zur Welt gebracht.“12 Im Jahr 1965 brach jedoch die
immer steigende Geburtenrate abrupt mit der Einführung der „Anti-Baby-Pille“ und so-
mit mit dem sogenannten „Pillenknick“ ab.13
Die Babyboomer wurden von ihren traditionsbewussten Eltern großgezogen und be-
kamen von diesen auch Werte wie Fleiß, Disziplin, Respekt vor Autorität und Gehor-
sam mit auf den Lebensweg. Auch die gelebten hierarchischen Strukturen aus den
traditionell aufgestellten Familien nahmen dann die jungen Erwachsenen mit in ihren
Arbeitsalltag. Im Gegensatz zu der düsteren und traumatisierten Vergangenheit ihrer
Eltern, erlebten die Babyboomer in der Nachkriegszeit das sogenannte „Wirtschafts-
wunder“. Das Betreten des Mondes, Urlaubsreisen im Ausland und die Verbreitung
der Popmusik zählten genauso zu den Erfahrungen der Generation, wie die Kubakrise
und die Ermordung John F. Kennedys. Auch in der Arbeitswelt wandelte sich die Zeit
fortlaufend. Frauen erreichten immer häufiger akademische Grade und rückten somit
11
(Parment, 2013), S. 8.
12
(Geißler, 2005), S. 17.
13
Vgl. (Bruch, Kunze & Böhm, 2010), S. 102.
Seite 9
auf höhere Positionen vor. Gastarbeiter hatten die Möglichkeit in anderen Ländern zu
arbeiten, was für mehr Vielfalt in der Arbeitswelt sorgte.14
Somit haben die Babyboomer mit ihren Erfahrungen der Nachkriegszeit, des Wirt-
schaftswunders und der Veränderung der Diversität erheblich zur Weiterentwicklung
der Gesellschaft beigetragen und den nächsten Generationen einen hohen Lebens-
standard ermöglicht.15
„Der Begriff der Generation X geht auf einen sozialkritischen Roman von Coupland
(1991) zurück und bezeichnet in der amerikanischen Literatur zum Thema „Generati-
ons at work“ in etwa die Geburtsjahrgänge zwischen 1963 und 1980. Die Geburtsjahr-
gänge der Generation X in Deutschland liegen nach der Einteilung von Klaffke zwi-
schen Mitte der 60er bis Ende der 70er Jahre und umfassen damit die unter dem Be-
griff „Generation Golf“ bekannte Altersgruppe.“16
Die Entwicklungen in der Arbeitswelt, dass jetzt auch Mütter zum Haushaltseinkom-
men beitragen, zeichnete sich in der Generation X ab. Diese musste dadurch viel
schneller erwachsen werden als ihre Vorgängergeneration. Der Begriff „Schlüsselkin-
der“ ist entstanden.17
Im Gegensatz zu den Babyboomer legt die Generation X nicht mehr so viel Wert auf
die Selbsterfüllung am Arbeitsplatz. Sie hat aus der Vergangenheit gelernt, dass man
14
Vgl. (Mangelsdorf, 2015), S. 14-15.
15
Vgl. (Parment, 2013), S. 10.
16
(Oertel, 2014), S. 45.
17
Vgl. (Mangelsdorf, 2015), S. 17-18.
18
Vgl. (Klaffke, 2014a), S. 12-13.
19
Vgl. (Oertel, 2014), S. 46.
Seite 10
auch trotz hoher Qualifikationen nicht sicher vor Entlassungen und Arbeitslosigkeit
ist.20
„Für die Generation X stehen die persönliche Zufriedenheit und ein glückliches Leben
an erster Stelle. Die Mitglieder dieser Generation arbeiten gern autonom und sind sel-
tener an Führungsrollen interessiert. Ihre Loyalität gilt weniger dem Arbeitgeber als
den Fähigkeiten einzelner Vorgesetzten. Sie legen Wert auf Arbeitszufriedenheit und
Lebensqualität. Der Ausgleich zwischen Beruf und Privatleben ist ihnen wichtiger als
den Babyboomern. Sie arbeiten schnell und lösungsorientiert und nutzen dabei gerne
informelle Wege statt formaler Hierarchien.“21
Im privaten und familiären Leben zeigte sich ist die Generation X noch vom „Pillen-
knick“ und der beruflichen Veränderung der Frau geprägt. Die Kinderzahl war deutlich
niedriger als in Generationen vor ihnen. Dafür war der Nachwuchs der Generation X
im Wesentlichen erwünscht und wurde von den Eltern und Großeltern zeitlich sowie
finanziell aber auch emotional unterstützt. Das Spielen der Kinder verlagerte sich zu-
sehends von der freien Natur in das Kinderzimmer und vor Fernseher und Computer,
wobei Konsumgüter und auch Erlebniskonsum an immer höherer Bedeutung ge-
wann.22 Dieses Spielverhalten zeichnet sich auch später in der stetig schneller fort-
schreitenden Innformations- und Kommunikationstechnologie ab. So wird die Digitali-
sierung ein wesentlicher Bestandteil von Privatleben und Arbeitswelt für die nun gebo-
rene Generation Y.23
1993 wurde in der Fachzeitschrift „Ad Age“ der Ausdruck „Generation Y“ das erste Mal
verwendet. Dieser Begriff wurde hier für Personen verwendet, die nach 1981 geboren
sind. Für die Generation Y gibt es - wie auch bei vorhergehenden Generationen - we-
der eine einheitliche Bezeichnung, noch eine zeitlich einheitliche Eingrenzung. So ver-
wendete Forrester zum Beispiel den Ausdruck „Millenials“. Sacks grenzte die Genera-
tion Y in die Jahrgänge von 1978 bis 2000 ein. Demzufolge steht fest, dass die Gene-
ration Y die Generation ist die in den 1980er Jahren aufgewachsen ist und somit die
20
Vgl. (Bruch, Kunze & Böhm, 2010), S. 121-122.
21
(Otto & Remdisch, 2015), S. 54-55.
22
Vgl. (Oertel, 2014), S. 45-46.
23
(Rump & Eilers, 2017), S. 5.
Seite 11
„Während die Zukunft der Babyboomer noch rosig war und für die Generation X eher
entmutigend, fragt sich die Generation Y, ob sie überhaupt noch eine Zukunft hat. Per-
manente Bedrohungen durch globale Erwärmung, Umweltverschmutzung, Naturkata-
strophen, Schulattentate und fanatischen Terrorismus – stets gegenwärtig dank multi-
medialer Omnipräsent – haben diese Generation tief geprägt. Anstatt jedoch wie ihre
Vorgänger ihre Ängste in Frust oder Resignation auszudrücken, hat sich die Genera-
tion Y entschieden, das Leben in vollen Zügen zu genießen.“26
Aufgewachsen vor dem Fernseher und am Computer, dennoch gut gebildet und tech-
nik-begeistert. Der Alltag ist schnell, es wird über das Internet und soziale Netzwerke
kommuniziert. Die jungen Menschen sind gerne flexibel, erwarten das jedoch auch von
ihrem Arbeitgeber. Für den Arbeitgeber heißt es daher, man muss die Einstellung der
neuen Generationen nicht nur teilen, sondern sich auch direkt auf dieser Welle befin-
den.27
Genau diese Tatsache bringt neue Herausforderungen für den Arbeitgeber. Bereiche
wie Work-Life-Balance, Talent-Management und Employer Branding gewinnen immer
mehr an Bedeutung. Die Anforderungen an den Arbeitgeber und –nehmer sind in beide
Richtungen sehr hoch.28
24
Vgl. (Klaffke & Parment, 2011), S. 5.
25
Vgl. (Bruch, Kunze & Böhm, 2010), S. 108.
26
(Mangelsdorf, 2015), S. 18.
27
Vgl. (Schmidt, 2010).
28
Vgl. (Parment, 2013), S. 3.
Seite 12
„Die junge Generation, die „Generation Y“, wie sie meist genannt wird, besteht aus
„heimlichen“ Revolutionären. Die strukturellen Umwälzungen, die sie initiiert, werden
in ihrer Tragweite unterschätzt, eben weil sie sie nicht mit militantem Gehabe, ja noch
nicht einmal mit befreiter Aufbruchsstimmung angeht. Sie lebt sie einfach, so als wären
sie selbstverständlich. Die Generation Y schlägt damit eine besonders wirkungsvolle
und nachhaltige Strategie ein, um die Welt zu verändern. Sie hat ihre Gründe dafür.
Schon lange stand keine junge Generation mehr vor so gewaltigen Herausforderungen
wie die Generation Y. Von ihren Eltern behütet und gefördert wie keine andere vor ihr,
könnten die Ypsiloner die Ersten seit dem Zweiten Weltkrieg sein, für die das Verspre-
chen auf immer mehr Wohlstand tatsächlich nicht mehr gilt: Die Zahl sozialversicherter
Vollzeitjobs für Berufseinsteiger nimmt ab, die Mieten steigen, und das Versprechen,
die Renten seien sicher, scheint heute aus einer anderen Zeit. Eine Kette von Krisen
hat schon die Jugend im vergangenen Jahrzehnt geprägt: Der 11.September, der Bei-
nahe-Zusammenbruch des Weltfinanzsystems nach der Lehman-Pleite, Fukushima
und unzählige Klimakatastrophen. Die Generation Y hat daraus zweierlei gelernt:
Nichts ist mehr sicher. Und: Es geht immer irgendwie weiter.“29
Schulenburg erarbeitete im Jahr 2016 aus mehreren aktuellen Quellen (von 2009 bis
2014) 50 Eigenschaften, die charakteristisch für die Generation Y sind. Da jedoch 50
Eigenschaften für seine Arbeit zur Darstellung der Führung der Generation Y für Füh-
rungskräfte zu umfangreich gewesen wären, reduzierte er diese auf die Wesentlichs-
ten (Abb. 2). Schulenburg geht zwar davon aus, dass diese Eigenschaften grundsätz-
lich allen Personen der Generation Y zuzuschreiben sind, jedoch ist die Stärke der
29
(Hurrelmann & Albrecht, 2014), S. 7-8.
Seite 13
Die Erwartungen an den Arbeitsplatz der Generation Y sind ganz andere, als die von
den vorhergehenden Generationen. Gepflegter Führungsstil, flexibles und selbststän-
diges Arbeiten, Vereinbarkeit von Familie und Freizeit oder Freude an der Arbeit sind
einige Forderungen an den Arbeitsplatz von heute.33 Bei kurzer Betrachtung wirken
diese Ansprüche sogar beinahe trivial, man denkt sofort, dass in dieser Art und Weise
ja vermutlich jede Generation ihren Arbeitsalltag gestalten möchte. Die Generation Y
ist jedoch die Generation, die hieraus klare Vorstellungen definieren.34
30
Vgl. (Schulenburg, 2016), S. 10.
31
(Moskaliuk, 2016), S. 7.
32
(Schulenburg, 2016), S. 10.
33
Vgl. (Zimmermann & Fischer, 2013).
34
Vgl. (Krause, 2015), S. 97.
Seite 14
Klaffke hat die Erwartungen an den Arbeitsplatz von Millennials in sechs Gruppen ein-
geteilt (Tab.3).
● Entwicklung
Aufgrund dessen, dass die Generation Y den Umgang mit der Technik nicht nur gewohnt,
sondern für sie auch alltäglich ist, erwarten sie auch an ihrem Arbeitsplatz diese Ausstattung
moderner Technik.
● Leistung
Die Generation Y macht sich weniger Gedanken um die Höhe ihrer Bezahlung, vielmehr
muss diese für die erbrachte Leistung und Gegenleistung fair sein. „Nicht zuletzt kommt
hierin der Wunsch zum Ausdruck, Zeit sinnvoll entsprechend der eigenen Vorstellungen ei-
genverantwortlich einzusetzen und Lebensfreude auch bei der Arbeit zu empfinden.“35 Des
Weiteren erwarten die Arbeitnehmer der Generation Y laufend Rückmeldungen auf ihre
Arbeit.
35
(Klaffke, 2014b), S. 65.
Seite 15
● Genuss
Bei Genuss geht es im Grunde um den Genuss des Lebens und des Glücks. Monetäre Anreize
spielen im Kontext Glück jedoch keine Rolle, vielmehr geht es um das Glücksgefühl beim
Genießen von Lebensmomenten. Daher gewinnt auch die Work-Life-Balance immer mehr
an Bedeutung.
● Sinnstiftung
Mitarbeiter aus der Generation Y müssen einen Sinn in ihrer Aufgabe sehen. Sinnlose oder
triste Aufgaben werden auch bei der Aussicht auf Aufstiegsmöglichkeiten nur ungern erle-
digt. Und solche Aufgaben mit einer hohen Bezahlung abzugelten, wird auch nur widerwillig
akzeptiert. Vorgesetzte werden daher dazu angehalten, klarzustellen welchen Wert die Auf-
gabe für das Unternehmen hat. Dies sollte sich auch in Aktionen des Employer Branding
wiederspiegeln.
Werte, Visionen und Strategien müssen im Employer Branding klar und absolut transparent
dargestellt werden. Die Generation Y erwartet sich diese Offenheit. Wird etwas „vorgegau-
kelt“ und am Ende nicht eingehalten, so kann das in sozialen Netzwerken oder Portalen zur
Bewertung von Arbeitgebern (bsp. Kununu), schwere Folgen haben. Zudem haben junge
Generationen ein höheres Bedürfnis an sozialen Kontakten und sind auch nicht abgeneigt,
im beruflichen Umfeld emotionale Bindungen einzugehen. Nicht umsonst reagieren mo-
derne Unternehmen darauf mit offenen Büroräumen, Relaxzonen, Spielräumen oder Sport-
möglichkeiten.
36
Vgl. (Klaffke, 2014b), S. 64-67.
Seite 16
Die Studie von McCrindle (Tab 4) aus dem Jahr 2006 beschäftigte sich unter anderem
auch mit den Faktoren zur Gewinnung und Bindung von Mitarbeitern aus der Genera-
tion Y stammenden Personen. In Diskussionsgruppen und auch in Befragungen erga-
ben sich 5 Faktoren, die besonders herausstachen:37
„Wenn es zu einer Auseinandersetzung zwischen dem Job und dem Leben gibt,
gewinnt das Leben“
„Du musst gut mit den Leuten klarkommen mit denen du arbeitest, das ist nicht ver-
handelbar“
„Ich bin offen zu den Menschen, um zu sehen, was mich mit ihnen verbindet“
„Wenn mir der Job nicht gefällt, sehe ich mich um“
„Wenn alles in Ordnung ist, bleibe ich, aber nur bis zu einem gewissen Punkt“
37
Vgl. (McCrindle, 2006), S. 20-23.
Seite 17
„Die geschlossene Tür und Manager der „alten Schule“ sind nicht gefragt“
„Die Mitarbeiter haben Meinungen und Ideen, also muss man sich zusammenschlie-
ßen“
● Training Weiterbildung
„Man muss seine Fähigkeiten aufrechthalten, wenn der Chef zahlt, bin ich da“
„Ich mag Weiterbildung, die ich im Job und auch privat nutzen kann“
„Wir haben gerade die Ausbildung abgeschlossen, also ist es wichtig dranzubleiben“
Zusammenfassend aus der Darstellung von Klaffke und der Studie von McCrindle las-
sen sich in Bezug auf die Erwartungen an den Arbeitsplatz der Generation Y folgende
Aussagen treffen:
Die gesammelten Punkte werden auch in Zukunft Unternehmen vor große Herausfor-
derungen stellen. Schaffung von passenden Arbeitsstätten oder das Schulen von Füh-
rungskräften sind nur kleine Ansätze und werden die Problematik, vor der HR-Verant-
wortliche stehen, nicht langfristig lösen. Um in Zukunft weiterhin am Arbeitgebermarkt
attraktiv sein zu können, empfiehlt sich eine umfänglichere Lösung. So sollte der ge-
samte Personalprozess genau analysiert werden, um eine stimmige Strategie für das
Unternehmen finden zu können.39
„Die Generation Y bringt neue Karrierestrategien in den Arbeitsmarkt, die nicht nur
beinhalten, dass man den Arbeitsplatz öfter wechseln will, sondern auch bedeuten,
dass es schwieriger wird, die berufliche Laufbahn vorauszusehen – schwieriger sowohl
38
Vgl. (McCrindle, 2006), S. 20-23.
39
Vgl. (Klaffke, 2014b), S. 67-68.
Seite 18
aus Sicht des einzelnen Mitarbeiters wie auch, anhand aggregierter Kriterien, aus Sicht
des Unternehmens.“40
Die stetige Zunahme des Wohlstandes in Europa seit 1980 hat dazu geführt, dass in
der heutigen Gesellschaft die Befriedigung der Grundbedürfnisse in hohem Maße ge-
sichert ist. Die Arbeit gilt daher nicht mehr der reinen Existenzsicherung und muss
einem anderen Zweck dienen. Für die heranwachsende Generation Y wurde somit die
Arbeit eher als Mittel angesehen, Ansprüche und Wünsche zu verwirklichen. Die
extrinsische Motivation des Geldes zur Existenzsicherung steht nicht mehr im Vorder-
grund. Um sich neu für die Arbeit motivieren zu können, muss die Motivation für die
40
(Parment, 2013), S. 77.
41
Vgl. (Parment, 2014), 64.
42
Vgl. (Schmidt, 2010).
Seite 19
Generation Y also in der Arbeit selbst liegen. Eine stark ausgeprägte Leistungsorien-
tierung ist das Resultat dieses Wertewandels.43
Eine Umfrage an der Hochschule Pfortsheim (Abb. 3) hat ergeben, dass der Genera-
tion Y in erster Linie die Freude an der Arbeit am wichtigsten ist. Work-Life-Balance
und die Inhalte der Arbeit gewinnen immer mehr an Bedeutung als eine schnelle und
steile Karriere.44
„Die Ypsiloner möchten etwas leisten und sind durchaus als leistungsorientiert zu be-
zeichnen. Sie wissen, dass sie es nur mit Arbeit und Leistung zu etwas bringen können
und setzen sich damit teilweise unter Druck - manchmal zu sehr. Dabei sind sie unsi-
cher, ob sie alles schaffen können, was ihre Eltern einmal geschafft haben. Wir haben
es hier also keineswegs mit einer untätigen Generation zu tun.“46
43
Vgl. (Schulenburg, 2016), S. 11.
44
Vgl. (Zimmermann & Fischer, 2013).
45
(Zimmermann & Fischer, 2013).
46
(Bleumortier, 2014).
Seite 20
Neue Mitarbeiter zu gewinnen wird immer schwieriger. Die Generation Y sieht inzwi-
schen vermehrt angebotene Benefits wie ein Diensthandy, Fort- und Weiterbildungs-
möglichkeiten oder flexible Arbeitszeitmodelle als selbstverständliche und obligatori-
sche Angebote des Arbeitgebers an. Das heißt aber nicht, dass man die neuen Gene-
rationen nicht trotzdem für ein Unternehmen begeistern kann. Viele legen ebenso gro-
ßen Wert auf Sportangebote und Gesundheitsmanagement, kostenloses Obst und Ge-
tränke oder Mitarbeiterrabatte.47
„Die Generation Y wuchs mit einer zunehmenden Globalisierung und allseits präsen-
ten Digitalisierung auf. Ebenso normal ist für sie eine zuverlässig wachsende Wirt-
schaft sowie die fast uneingeschränkte weltweite Mobilität.“48
Der Umgang mit neuen Medien und der digitalen Technik ist für die Generation Y all-
täglich geworden. Das spiegelt sich auch in den Anforderungen an den Arbeitsplatz
wieder, die „Digital Natives“ erwarten folglich ein modern ausgestattetes Arbeitsum-
feld. Der Vorteil dieser Entwicklung ist, dass die angebotene Technik und IT auch voll
ausgeschöpft wird und dementsprechend zu Prozessoptimierungen und höherer Ar-
beitsqualität führt.50
Durch die allgegenwärtige Nutzung sozialer Medien und digitaler Kommunikation, äu-
ßert sich das auch im Bewerberverhalten. Unternehmen sind gezwungen ihre Re-
cruiting Strategien zu überdenken und den Gegebenheiten anzupassen. Bewerber
47
Vgl. (Hassel, 2018).
48
(Uhe & Würtenberger, 2016).
49
Vgl. (Huber & Rauch, 2013), S. 15.
50
Vgl. (Schmidt et al., 2011), S. 522-523.
Seite 21
kommunizieren offen über die Arbeitgeber. Unternehmen kämpfen um die besten Mit-
arbeiter, die auf einmal die Auswahl haben. Dadurch haben die potentiellen Arbeitneh-
mer mehr Macht über den Stellenmarkt als es bisher der Fall war. 51
51
Vgl. (Dannhäuser, 2017), S. 2-3.
Seite 22
4. Klassische Personalbeschaffung
In erster Linie liegt der Fokus dieser Arbeit in der Personengewinnung. In diesem Ka-
pitel wird die klassische Personalbeschaffung beschrieben. In der folgenden Abbildung
nach Schulz (Abb. 4) wird der Prozess der Personalbesetzung veranschaulicht:
Nicht in dieser Darstellung berücksichtigt ist der vorhergehende Prozess der Personal-
planung, des Employer Branding und des Personalmarketings, welcher für die Ent-
scheidung sowie den Erfolg einer Stellenbesetzung ebenso maßgeblich ist. Wenn
nicht auf alle Faktoren geachtet wird, wird auch das Recruiting nicht zu einem Erfolg
52
(Schulz, 2014), S. 14.
Seite 23
führen.53 Wie sich Teile der klassischen Personalbeschaffung in Bezug auf die Gene-
ration Y verändert, wird in Kapitel 5 näher erläutert.
4.1. Definition
„Es ist die Aufgabe der Personalbeschaffung, die benötigten Mitarbeiter in der gefor-
derten Anzahl und Qualität zum geeigneten Zeitpunkt für die nachgefragte Funktion zu
marktgerechtem und leistungsorientiertem Einkommen zu beschaffen. Dabei bedarf
sie vor allem der Daten eines qualifizierten Nettopersonalbedarfsplanes, der sich aus
der Personalbedarfs- und Personalbestandsplanung ergibt.“54
Diese Definition stellt lediglich die Aufgaben der Personalbeschaffung dar. Ob sich
jedoch ein potentieller Mitarbeiter dazu entscheidet, in einem Unternehmen beschäftigt
sein zu wollen, ist interdependent von vielen Faktoren, wie z.B. Employer Branding
oder die richtige Rekrutierungsstrategie. „Die Hemmschwelle (intern wie extern) sich
bei Ihnen zu bewerben, darf nicht zu hoch sein“55. Entscheiden Kandidaten, sich bei
einem Unternehmen zu bewerben, muss nun derjenige herausgefiltert werden, der für
das Unternehmen am besten geeignet ist.56
4.2. Personalplanung
53
Vgl. (Ausserwöger, 2015).
54
(Jung, 2017), S. 134.
55
(Schuhmacher & Geschwill, 2014), S. 57.
56
Vgl. (Schuhmacher & Geschwill, 2014), S. 57.
57
(Jung, 2017), S. 113.
58
Vgl. (Jung, 2017), S. 113-114.
Seite 24
4.3. Personalmarketing
„Der Begriff „Personalmarketing“ bezieht sich auf den Prozess der Anwerbung poten-
ziell geeigneter Kandidaten im Rahmen der Personalauswahl.“59 Ausgehend für das
Personalmarketing ist die Vakanz einer Stelle. Um einen geeigneten Bewerber für
diese offene Position in das Unternehmen zu bringen kann man sich verschiedenster
Möglichkeiten bedienen. Klassisch betrachtet sind das z.B. Anzeigen in Zeitungen o-
der Zeitschriften, immer mehr Bedeutung bekommen jedoch auch Online-Bewerber-
plattformen oder Businessnetzwerke oder Headhunter. Ein großer Kanal der auch ge-
nutzt werden sollte ist es Bewerber über den Bekanntenkreis von aktiven Mitarbeitern
zu bekommen, um hier Erfolg zu haben bedarf es eines guten Employer Branding. 60
Es sind unzählige Kanäle gegeben, um das Unternehmen nach Außen in ein gutes
Licht zu rücken. Die Möglichkeiten bestehen beispielsweise in einem „Tag der offenen
Tür“, Pressemitteilungen über Firmenveranstaltungen, Teilnahme an Messen usw. Es
empfiehlt sich Weiteres, ein laufender Kontakt zu Schulen und anderen Ausbildungs-
stätten.61
Die folgende Grafik (Abb. 5) stellt das Zusammenspiel von Personalmarketing, Mitar-
beiterbindung und Employer Branding nach Kanning dar:
59
(Kanning, 2017), S. 2.
60
Vgl. (Kanning, 2017), S. 2.
61
Vgl. (Jung, 2017), S. 142-143.
62
(Kanning, 2017), S. 3.
Seite 25
Bei der Personalbeschaffung kann zwischen der internen und der externen Personal-
beschaffung ausgewählt werden. Welche Variante ausgesucht wird, hängt einerseits
von der jeweiligen Situation und andererseits von der generellen Personalentwick-
lungspolitik ab. In jedem Fall müssen sämtliche quantifizierbare, aber auch nicht quan-
tifizierbare Faktoren gründlich in Betracht gezogen werden.63
„Als interne Personalbedarfsdeckung gilt die Besetzung von Stellen mit Mitarbeitern
des eigenen Unternehmens, Arbeitszeitveränderung, Personalentwicklungs- und Or-
ganisationsentwicklungsmaßnahmen.“64
Nutzung des bereits vorhandenen Wissens und Kenntnisse über die Unterneh-
menskultur
63
Vgl. (Thommen, Achleitner, Gilbert, Hachmeister & Kaiser, 2017), S. 388.
64
(Wickel-Kirsch, Janusch & Knorr, 2008), S. 39.
65
Vgl. (Drumm, 2008), S. 281.
Seite 26
Die interne Personalbesetzung ist jedoch mit Vorsicht zu genießen. Möchte der Vor-
gesetzte den Mitarbeiter wirklich einer anderen Abteilung überlassen? Wurde das So-
ziogramm beachtet? Können Neidgefühle bei anderen Mitarbeitern entstehen? Solche
Fragen müssen vorab unbedingt miteinbezogen werden.66 Die Vor- und Nachteile
nach Schulz sind in der folgenden Tabelle (Tab. 5) abgebildet:
Vorteile Nachteile
Die Mitarbeiter erkennen Entwicklungs- Begrenzte Auswahlmöglichkeit
und Aufstiegschancen
Die Bindung des Arbeitnehmers an das Lediglich eine Verlagerung des qualitati-
Unternehmen wird erhöht ven Personalbedarfs
Das Unternehmen kennt den Arbeitneh- Angst des Arbeitnehmers vor negativen
mer Reaktionen des aktuellen Vorgesetzten
66
Vgl. (Schulz, 2014), S. 38.
67
(Schulz, 2014), S. 38.
Seite 27
Wird bei der internen Personalbeschaffung kein geeigneter Kandidat gefunden oder
die Personalentwicklungsstrategie lässt keinen Wechsel zu, wird in der Regel auf die
externe Personalentwicklung zurückgegriffen.68 Zuvor ist es wie bereits erwähnt, sehr
wichtig, dass eine positive Außenwirkung des Unternehmens gegeben ist, um geeig-
nete Kandidaten anzusprechen.
Wie die folgende Darstellung (Abb. 6) zeigt, kann die externe Personalbeschaffung
wiederum in ein passive und aktive Personalbeschaffung unterteilt werden:69
68
Vgl. (Schulz, 2014), S. 39.
69
Vgl. (Jung, 2017), S. 143.
70
(Jung, 2017), S. 143.
Seite 28
Ebenso wie in der internen, gibt es auch bei der externen Personalbeschaffung Vor-
und Nachteile. Diese sind in der untenstehenden Tabelle (Tab. 6) nach Schulz aufge-
listet:
Vorteile Nachteile
Auswahlmöglichkeit aus vielen Bewer- Demotivation bei internen Interessenten
bern mit Gefahr der erhöhten Fluktuation
71
(Schulz, 2014), S. 39.
Seite 29
In diesem Kapitel wird verdeutlicht, wie die Unternehmen und HR-Abteilungen auf die
zuvor beschriebenen Wünsche und Herausforderungen an den Arbeitgeber eingehen
und reagieren können. Es wird der komplette Prozess, den ein potentieller Mitarbeiter
dazu bringt, sich für ein Unternehmen zu bewerben und folglich langfristig in diesem
zu arbeiten (Abb. 7), dargestellt.
72
Vgl. (Büning, Norbert, Marchlewski & Fred, 2009), S. 58-59.
Seite 30
„Employer Branding ist der strategische Prozess, ein Unternehmen als Arbeitgeber zu
positionieren.“73
Beim Employer Branding geht es einerseits darum sich von anderen Unternehmen
abzugrenzen und andererseits die Unternehmensinhalte wie Vision, Strategie, Füh-
rungsgrundsätze oder personalpolitische Grundsätze klar zu kommunizieren. Bei der
Darstellung dieser Inhalte ist es ausschlaggebend, ehrlich und realistisch zu bleiben.
Trotzdem sollte man aber auf sich aufmerksam machen, um das Interesse von poten-
tiellen Arbeitnehmern zu wecken.74
Am Ende ist es wichtig ein Mittelmaß zwischen Aufmerksamkeit und reiner Darstellung
zu finden. Die inneren Werte, die die Erfolgsfaktoren der Arbeitgeberattraktivität wie-
derspiegeln, spielen hierbei eine tragende Rolle.75 Dass reines Recruiting, ohne eine
funktionierende Arbeitgeber-Marke nicht mehr zu großen Erfolgen führt, ist nun auch
in den Geschäftsleitungsebenen angekommen. Die Notwendigkeit einer umfassenden
Employer Branding Strategie, bekommt daher immer höheren Stellenwert. Einen gro-
ßen Vorteil können dabei auch die aktiven Mitarbeiter daraus ziehen. Sollen sie ja als
Sprachrohr für die Arbeitgeberattraktivität dienen.76
„War for Talents“77 – ein Begriff aus dem Jahre 1997 gewinnt in der heutigen Zeit des
Fachkräftemangels immer mehr an Bedeutung. Darauf zu warten, dass sich ein richti-
ger Kandidat in einem Unternehmen bewirbt, ist heute nicht mehr möglich. 78
73
(Süßmuth, 2009), S. 54.
74
Vgl. (Schuhmacher & Geschwill, 2014), S. 33-34.
75
Vgl. (Füllgraf, 2009), S. 56.
76
Vgl. (Franke, 2009), S. 56.
77
(Michaels, Handfield-Jones & Axelrod, 2009), S. 1.
78
Vgl. (Bieber, 2013), S. 234.
Seite 31
Employer Branding sollte jedoch nicht nur darauf zielen, möglichst viele Bewerber für
eine vakante Position zu gewinnen. Vielmehr muss die Wirkung des Unternehmens
nach außen so dargestellt werden, dass sich die geeigneten Kandidaten finden lassen.
Diese sollten einerseits fachlich, charakterlich in das Unternehmen passen, um fol-
gernd möglichst produktiv zu arbeiten.81
Heutzutage nach der sogenannten „Post and Pray“ Methode zu verfahren, wird durch
die Veränderung am Arbeitsmarkt immer schwieriger.82 Die Vakanz einer Stelle steht
bei gewohnten Vorgehensweisen im Vordergrund. Erst wenn eine offene, bzw. geneh-
migte Position erkannt wurde, erhält die HR-Abteilung den Auftrag, diese Stelle zu be-
setzen. Erst jetzt beginnt der klassische Recruiting-Prozess (wie im Kapitel 4 beschrie-
ben). Das Problem beim klassischen Recruiting ist, dass nach Besetzung der Stelle
und Beendigung des Prozesses, die nicht in Frage kommenden Kandidaten eine Ab-
sage bekommen und somit in der Regel für das Unternehmen nicht mehr relevant sind.
(Abb. 8 – Vakanzfokus) Ambivalent verhält sich hier jedoch das „Talent Management“.
Hier wird in erster Linie nach Talenten Ausschau gehalten und für diese dann eine
Vakanz geschaffen (Abb. 8 – Talentfokus). Vorteil besteht darin, dass im Gegensatz
zu aktuell offenen Vakanzen, immer und permanent nach Talenten gesucht werden
kann und sollte. Wenn eine solche Vorgehensweise praktiziert wird, unterstützt jeder
einzelne Mitarbeiter im Unternehmen die Rekrutierung, da sich in jedem Gespräch po-
tentielle Talente herausstellen können.83
79
Vgl. (Kürn, 2009), S. 148.
80
Vgl. (Krüger, 2018), S. 90.
81
Vgl. (Ternès & Runge, 2016), S. 13.
82
Vgl. (M. Hartmann, 2015a), S. 7-8.
83
Vgl. (Trost, 2012), S. 18-19.
Seite 32
Bevor sich ein Unternehmen mit der Thematik des Talent Managements beschäftigt,
sollte intern jedoch entschieden werden, was „Talent“ bedeutet? Hierzu gibt es grund-
sätzlich zwei Fokusansätze:85
Tabelle 7 - Talentansätze86
Was im Profisport bereits zum alltäglichen Geschäft gehört, wird in Unternehmen auf-
grund von mangelnden Ressourcen noch zu wenig betreut. Somit müssen Strategien
im Unternehmen angepasst werden, um schneller auf die sich verändernden Situatio-
nen zu reagieren. Hierzu muss ein Unternehmen in erster Linie wissen, welche Talente
benötigt werden. Wenn beispielsweise der Fokus auf Fach- und Führungskräfte liegt,
84
(Trost, 2012), S. 19.
85
Vgl. (Enaux & Henrich, 2011), S. 12-13.
86
Vgl. (Enaux & Henrich, 2011), S. 12-13.
Seite 33
können kritische Positionen definiert und dazu passende Kandidaten entwickelt wer-
den (intern sowie auch extern).87
In Bezug auf das Externe-Talent Management schließt sich der Kreis wieder mit dem
Employer Branding. Eine laufende Zusammenarbeit mit Schulen, Bildungseinrichtun-
gen sowie Professoren und Studenten kann einen Vorteil im Arbeitsmarkt erwirken. 88
Als Best Practice Beispiel im Bereich Employer Branding wird hier das Vorarlberger
Unternehmen Heron beschrieben. Im Detail, deren Vorgehensweise bei der ersten
Vorstellungsrunde im Bewerberverfahren.
Quelle: http://www.heron.at/de/Ueber-uns/heron-ideenfabrik
87
Vgl. (Wagner & Herlt, 2010), S. 82-83.
88
Vgl. (Jung, 2017), S. 143.
Seite 34
1988 wicklung und Bau von Montageautomaten. Heute ist Heron Dienst-
Quelle: http://www.heron.at/de/Ueber-uns/chronik/
89
(O.V., 2018b).
Seite 35
Der Bewerber´- bekommt wie auch bei anderen Unternehmen - eine Info per E-Mail
über den Termin des Vorstellungsgespräches. In dieser E-Mail wird bereits darauf hin-
gewiesen, dass auch noch andere Kandidaten anwesend sein werden. Am Empfangs-
bereich stellt sich schnell heraus, dass man auch wirklich nicht der einzige Interessent
ist, es sind noch einige weitere Bewerber anwesend. Man stellt sich schon auf eine
längere Wartezeit ein. Zudem kommt der Gedanke auf, dass dies wohl eine hart um-
kämpfte Position sein muss, für die man sich beworben hatte. Eine Führungskraft
kommt zu den Bewerbern und führt diese gesammelt in einen Besprechungsraum.
Spätestens jetzt bemerkt der Kandidat, dass diese erste Vorstellungsrunde eine an-
dere wird, wie man sie ansonsten gewohnt ist. Im Sitzungsraum befinden sich das
Ehepaar - zugleich auch Geschäftsleiter - Christian und Bettina Beer sowie weitere
Mitarbeiter des Unternehmens. Später stellt sich heraus, dass diese Mitarbeiter, Füh-
rungskräfte und Abteilungsleiter bei Heron sind.
dieser Vorstellungsrunde folgt eine Führung durch das gesamte Unternehmen. Büro-
räume, Produktion, Kantine, Ruheräume und Besprechungszimmer, es wird alles im
Detail vorgestellt und es steht sehr viel Zeit für Fragen zur Verfügung.
Als sich Christian Beer vorstellte, machte er eine Aussage, bei der deutlich wurde,
dass sich dieser Prozess als Employer-Branding Maßnahme äußert.
Er sagte: „Diese Art der Vorstellungsrunde ist uns wichtig. Sie gibt nicht nur einen Ein-
blick in unser Unternehmen, sondern legt auch offen, wie wir sind und wie wir ticken.
Wer sich die Zeit nicht nehmen möchte, um an dieser Vorstellungsrunde teilzunehmen,
wird nicht in unser Unternehmen passen.“
Hier wird kein Blatt vor den Mund genommen und es wird von Anfang an offen kom-
muniziert. Klare Ansichten, passend zum gesamten Unternehmensbild. Hell gestaltete
Büroräume, eine Kantine in der Mitte der Produktionshalle, Entspannungsräume mit
Relax-Sesseln, ein eigener Kindergarten und sogar eine Rutsche, die von den Büro-
räumen in die Produktionshalle führt, spiegelt die Unternehmenskultur wieder. Beglei-
tet wird die gesamte Vorstellungsrunde von einer permanenten Ruhe und alles wirkt
recht gelassen, teilweise sogar äußerst spontan, was einen gewissen Flair und Reiz
versprüht.
All das gibt einem das Gefühl, sich in einem jungen Start-Up zu bewegen, und nicht in
einem 1988 gegründeten Maschinenbau-Unternehmen.
Seite 37
Fazit aus dem Best Practice Beispiel „erste Vorstellungsrunde“ bei Heron
Wird die Maßnahme nochmals reflektiert, hat dies sowohl Vor- als auch Nachteile.
Nachteile:
Ein Nachteil ergibt sich aus einem Vorteil – Alle firmenrelevanten Personen
müssen an einem Termin teilnehmen. Dies ist oftmals gar nicht so einfach.
Wenn jedoch in der Firmenkultur die Wichtigkeit dieses Termins einen hohen
Stellenwert hat, so sollte auch dieser Nachteil zu bewältigen sein.
Seitens des Bewerbers ergibt sich der Nachteil, dass er sich in einer Gruppe
vielleicht nicht so äußern kann, wie er es vielleicht in einem persönlichen Ge-
spräch machen würde. Die Chance hierfür ergibt sich in weiterer Folge bei einer
zweiten Gesprächsrunde, diese ist dann jeweils persönlich mit dem Stellenver-
antwortlichen (dargestellt wurde jedoch im Beispiel explizit nur die erste Vor-
stellungsrunde).
Der Bewerber muss viel Zeit mitbringen, bekommt hierfür aber auch einen tiefen
Einblick in das Unternehmen.
Seite 38
Der Interessent wird total überrascht und mit der Kultur des Unternehmens di-
rekt konfrontiert. Damit wird jedem Kandidaten sofort klar, auf was er sich hier
einlassen würde, insofern er sich für diese Stelle entscheidet.
Generell kann man von dieser Art der ersten Vorstellungsrunde sagen, dass sie durch-
aus gut gelungen ist. Zumindest für ein Unternehmen, welches diese Kultur besitzt und
auch lebt. Daher muss auch klargestellt werden, dass ein solcher Prozess mit Be-
stimmtheit nicht in jedem Unternehmen einen Platz findet. Auch Heron setzt sich nach
dieser Vorstellungsrunde selbst vor die Aufgabe, dem neuen Mitarbeiter in Folge auch
das zu bieten, was er in dieser Runde erlebt hat.
Seite 39
Der Umgang mit dem Internet und neuen Medien zeichnet sich bei der Generation Y
natürlich auch im Berufsleben und somit auch in der Stellensuche ab. Personalverant-
wortliche stehen jetzt vor der Aufgabe, herauszufinden, welche Möglichkeiten zur Per-
sonalbeschaffung überhaupt noch funktionieren. Die sozialen Medien haben sich zu-
sammen mit Online-Stellenportalen und Mitarbeiterempfehlungs-Aktionen in jüngster
Vergangenheit am besten durchsetzen können. Die Zeit des klassischen Prozess -
eine Stellenanzeige zu schalten und abzuwarten, bis sich eine große Zahl an Bewer-
bern gemeldet hat, um daraus aussuchen zu können - ist inzwischen vorbei. Somit
steht in der heutigen Zeit der Personaler vor dem gleichen Problem, wie ein Vertriebs-
mitarbeiter. Er muss wissen, was sein Kunde will. Und dieser Kunde ist aktuell die
Generation Y.90 Um Kandidaten aus dieser Generation Y ansprechen zu können, ist
es essenziell, digitale Recruiting-Maßnahmen zu nutzen. Der Aufbau eines Karriere-
portals auf der Unternehmensseite oder die Nutzung von sozialen Medien ist dabei
von hohem Stellenwert. Das Unternehmen auf sozialen Medien bestmöglich zu prä-
sentieren, empfiehlt sich sehr. Hier gibt es nahezu keine Grenzen. Portale wie z.B.
XING, LinkedIn, Facebook oder YouTube sollten in Zukunft zum Standard gehören.
Bei näherer Betrachtung von modernem Recruiting wird deutlich, wie wichtig das
Employer Branding ist. Das Unternehmen kann sich noch so gut in sozialen Medien
darstellen, wesentlich ist es jedoch, dass diese Botschaft auch in die Welt getragen
wird. Und die primären Botschafter für das Employer Branding sind die aktiven sowie
auch ehemaligen Mitarbeiter. 91
90
Vgl. (Dannhäuser, 2017), S. 2-4.
91
Vgl. (Klaffke & Parment, 2011), S. 16.
Seite 40
5.2.2. E – Recruiting
Da sich die Generation Y viel mit den neuen Medien identifiziert, müssen sich die Per-
sonalsuchenden, ebenso wie ihre Kandidaten, im Internet und den sozialen Medien
aufhalten. Um den ganzen Bewerberprozess zu optimieren und sich an die neuen Ge-
gebenheiten anzupassen, ist anzuraten auch diesen Prozess mithilfe von elektroni-
schen Medien und Programmen abzuwickeln.95 . „Im Prinzip bedeutet E-Recruiting
bzw. Online-Recruiting also nichts anderes, als eine computer- und webbasierte Per-
sonalsuche einschließlich der Bewerberverwaltung und -kommunikation.“96
92
Vgl. (Krüger, 2018), S. 13.
93
Vgl. (Dannhäuser, 2017), S. 1.
94
Vgl. (Rechsteiner, 2016), S. 31-32.
95
Vgl. (Erlat, 2013).
96
(Erlat, 2013).
Seite 41
In den nächsten Abschnitten der Arbeit werden die Möglichkeiten der Online Jobpor-
tale und des Recruiting über Social-Media-Kanälen dargestellt.
In einer Studie der Otto-Friedrich Universität Bamberg wurden die 1000 Top-Unterneh-
men, 1000 Unternehmen des Mittelstandes und 300 Unternehmen der IT-Branche in
Deutschland zum Thema Employer Branding und Personalmarketing befragt. Des
Weiteren wurden über 3400 Personen befragt, um die Arbeitnehmersituation darzu-
stellen.98
Aus der Studie lassen sich in Bezug auf Jobportale und Bewerbungsplattformen zu-
sammenfassend folgende Aussagen machen:
88,9 Prozent der offenen Stellen werden auf der eigenen Unternehmens-Website ver-
öffentlicht. 67,6 Prozent werden auf Online-Stellenportalen ausgeschrieben. 46,3 Pro-
zent werden über das Arbeitsamt (Agentur für Arbeit) angeboten. Es folgen noch die
Karrierenetzwerke mit 23,5 Prozent, die Mitarbeiterempfehlung mit 22,5 und die Print-
medien mit 13,8 Prozent. Gegenübergestellt sind jeweils die Zahlen, mit wel-
chen Kanälen die Stellen tatsächlich besetzt wurden. 27,3 Prozent über die eigene
Unternehmens-Website, 41,4 Prozent über Online-Stellenportale, nur 5,9 % über das
Arbeitsamt, 4,2 Prozent über Karrierenetzwerke und Mitarbeiter sowie Printmedien mit
jeweils 8,2 Prozent. Den besten Rücklauf aus Sicht des Unternehmens haben somit
die Online-Stellenportale.
97
Vgl. (Jäger, 2017).
98
Vgl. (Weitzel et al., 2017b), S. 3.
Seite 42
99
Vgl. (Weitzel et al., 2017b), S. 10-14.
Seite 43
40,6 Prozent der Bewerber suchen eine Stelle auf der Unternehmens-Website. Hinge-
gen 77,2 Prozent suchen über die Online-Stellenportale. 26,5 Prozent suchen über
das Arbeitsamt. 42,7 Prozent (mehr als über die Unternehmens-Website) suchen über
die Karrierenetzwerke, 23,1 Prozent über Mitarbeiter- bzw. in diesem Fall über Be-
kanntenempfehlungen und 17,5 Prozent in Printmedien. Über eine Jobzusage stehen
folgende Informationen zur Verfügung: 33,3 Prozent finden über die Unternehmens-
Website eine Stelle, 54,6 Prozent über die Online-Stellenportale und 38 Prozent über
Bekanntenempfehlungen.100
100
Vgl. (Weitzel et al., 2017b), S. 10-14.
Seite 44
101
Vgl. (Weitzel et al., 2017b), S. 10-14.
Seite 45
Zusammenfassend aus Sicht der Unternehmen und der Bewerber lässt sich aus dieser
Studie schließen, dass die Kanäle der Online-Stellenportale und der Unternehmens-
Website am besten Kandidaten hervorbringt. Einen sehr hohen Stellenwert hat jedoch
auch die Mitarbeiterempfehlung, vor allem aus der Sicht des Bewerbers.102
Auf der Unternehmens-Website empfiehlt es sich auch, nicht nur auf das Unternehmen
und deren Produkte einzugehen, sondern auch eine spezielle Karriere-Website bereit-
zustellen. Den Bewerbern sollte hier die Möglichkeit geboten werden, Kontakt mit Per-
sonalverantwortlichen aufzunehmen. Um dem Unternehmen die Möglichkeit zu bieten,
auf Talente zurückzugreifen, wäre hier ideal, wenn sich ein Interessent über seine Be-
dürfnisse, wie z.B. Gehalt, Home-Office, Position oder Aufstiegschancen und Gehalts-
vorstellungen, äußern könnte.103 Denn die jungen Generationen verwenden Online-
Jobbörsen zum Teil nur noch als Einstieg. Schnell werden durch das technische Wis-
sen und die richtige Handhabung des Internets Informationen über einen künftigen
Arbeitgeber gefunden.104
Die rasche Entwicklung des Internets in den 90er Jahren und die Schaffung von sozialen
Plattformen in den 2000er Jahren gaben schon dort dem Informationsaustausch neue
Richtungen. Die Entwicklung der Smartphones und Tablets, sowie die Angebote an Inter-
net-Flatrates und die damit verbundene Möglichkeit, das Internet laufend nutzen zu kön-
nen, setzten in Sachen Informationsfluss ganz neue Maßstäbe. Es gibt für alle Ereignisse
und Geschehen auf der Welt einen „Hashtag“ (Hashtag = Kennwort, bzw. Vorzeichen für
einen Beitrag auf Twitter). Aber nicht nur Spaß und Humbug wird mit den neu geschaffe-
nen Möglichkeiten kommuniziert, auch Kritisches oder Politisches wird in den sozialen Me-
dien diskutiert.105 Somit ergibt sich, dass die sozialen Medien als äußerst schnelle Infor-
mationsquelle dienen.106 Recruiting-Spezialisten sollte das einen Denkanstoß geben, wie
sie diese Entwicklung für sich nutzen können.107
102
Vgl. (Weitzel et al., 2017b), S. 10-14.
103
Vgl. (Rechsteiner, 2016), S. 33.
104
Vgl. (Bieber, 2013), S. 232.
105
Vgl. (Schmidt, 2018), S. 8-10.
106
Vgl. (Schmidt, 2018), S. 45.
107
Vgl. (Dannhäuser & Braehmer, 2017), S. 496.
Seite 46
„Dass die Kommunikation über und mit den sozialen Internetmedien nicht nur ein vo-
rübergehendes Phänomen ist, dürfte nicht mehr ernsthaft infrage gestellt werden kön-
nen.“108 Durch die häufige Verwendung der sozialen Medien (z.B. Facebook, Twitter,
YouTube, XING, LinkedIn, etc.) der aktuellen Generationen, sind viele Unternehmen
der Ansicht, dass es notwendig ist, hier eine stärkere Präsenz zu zeigen. Die sozialen
Medien können aus Sicht der Unternehmen für vier verschiedene Einsätze herange-
zogen werden. Für Stellenausschreibungen, Employer Branding, Active Sourcing und
um sich über potentielle Kandidaten zu informieren. Bewerber hingegen nutzen diese
Kanäle, um sich hauptsächlich über das Unternehmen zu informieren sowie zur Suche
nach offenen Stellen und um sich mit Unternehmen zu vernetzen.109
Es empfiehlt sich für die Unternehmen, einen gezielten Plan für die Nutzung und Dar-
stellung in den sozialen Medien zu erstellen. So müssen die kommunizierten Inhalte
unbedingt auf die zu ansprechenden Zielgruppen zugeschnitten werden. Viele Unter-
nehmen nutzen die sozialen Medien bereits, um Wettbewerbe oder Case Studies ab-
zubilden. Einige wenige nutzen diese Plattformen für Karriere Blogs oder Podcasts.
Der Aufwand, die sozialen Medien zu füttern ist jedoch auch eine neue Herausforde-
rung und benötigt dementsprechende Ressourcen.110 Daher stellt die Nutzung von
Social Media für Unternehmen in Zukunft eines der wichtigsten Instrumente für das
Employer Branding dar.111
Die sozialen Medien können jedoch neben der Beschreibung des Unternehmens, auch
zur direkten Ansprache von potentiellen Kandidaten dienen. Plattformen wie XING o-
der LinkedIn sind genau für diese Nutzung aufgebaut.112 Hier können mögliche Kandi-
daten identifiziert und direkt angesprochen werden.113
Hier wird die Bewerberauswahl dargestellt. Diese kann mithilfe von modernen Prozes-
sen, wie einem Assessment Center und E-Assessment oder sogar einer komplett au-
tomatisierten Bewerberauswahl, wie dem Robot-Recruiting, verarbeitet werden.
108
(Ulbricht, 2017), S. 334.
109
Vgl. (Weitzel et al., 2017a), S. 4-6.
110
Vgl. (Jäger & Hempe, 2013), S. 216-218.
111
(R. Hartmann, 2015), S. 227.
112
Vgl. (Weitzel et al., 2017a), S. 10.
113
Vgl. (Brickwedde, 2017), S. 458.
Seite 47
5.2.3.1. Recruitainment
„Das Assessment-Center ist ein komplexes und standardisiertes Verfahren, das zur
Beurteilung der Eignung und des Entwicklungspotenzials von Bewerbern und Bewer-
berinnen dient.“114 Im Assessment-Center wird somit in ein Arbeitsumfeld simuliert. Die
potentiellen Kandidaten können hier direkt und in der Regel objektiv in ihrer Arbeits-
weise beurteilt werden.115 Im klassischen Assessment-Center werden somit Übungen
wie beispielsweise führerlose Gruppendiskussionen, Rollenspiele, Fallbeispiele oder
die Postkorbübung ausgeführt und bewertet (Abb. 12)116
Eine Variante des Assessment Centers ist das E-Assessment oder auch Online-As-
sessment. Wie die Bezeichnung schon sagt, wird hier das Assessment-Center in das
Internet verlagert. Von der Anmeldung des Kandidaten, über die Durchführung, bis hin
zur Rückmeldung an den Bewerber, wird hier alles online und digital abgehandelt. Es
gibt mehrere Vorteile, die für das E-Assessment sprechen. Durch die Auswertung ei-
nes Programmes ist es objektiver, schneller, kostengünstiger und der Bewerber kann
114
(Thommen, Achleitner, Gilbert, Hachmeister & Kaiser, 2017), S. 391.
115
Vgl. (Enaux & Henrich, 2011), S. 26-27.
116
Vgl. (Krause, 2017), S. 205.
Seite 48
sich aufhalten, wo er möchte. Es besteht auch kein Druck, der auf einen Bewerber
lasten könnte.117
Hier werden beispielsweise mit Hilfe von „Serious-Games“ kleine Computerspiele an-
geboten, die die Arbeitswelt unterhaltsam simulieren sollen. Als Beispiel bietet die
Commerzbank das Spiel „Probier dich aus“ (Abb. 13) an.119
117
Vgl. (Lorenz & Rohrschneider, 2009), S. 179.
118
Vgl. (Lorenz & Rohrschneider, 2009), S. 184.
119
Vgl. (Jäger & Hempe, 2013), S. 218.
Seite 49
Quelle: http://www.probier-dich-aus.de/
Was in erster Linie etwas unpersönlich wirkt, kann aber durchaus auch seine Vorteile
haben. Eine Maschine beurteilt nicht nach Geschlecht, Hautfarbe oder ethnischer Ab-
stammung. Dieses Verfahren wird einerseits zur Abbildung von externen Kandidaten
benutzt, kann aber auch zur Talentsuche im eigenen Unternehmen verwendet wer-
den.121 Was z.B. im Sinne der Gleichberechtigung und Kosteneinsparung von vielen
als Positiv angesehen wird, gibt es für einige natürlich auch Bedenken. So stellt sich
120
Vgl. (Dannhäuser & Braehmer, 2017), S. 493.
121
Vgl. (Dietz, 2018).
Seite 50
auch die Frage, wo die eingegebenen Algorithmen herkommen, oder was mit den Da-
ten passiert. Sowohl Bewerber als auch Unternehmer stellen diese Punkte durchaus
in Frage.122 Wird Robot Recruiting in den USA bereits von vielen Konzernen verwen-
det, so wird es bei uns noch lange als Zukunftsmusik gelten.123
122
Vgl. (Weitzel et al., 2016), S. 7-9.
123
Vgl. (Dannhäuser & Braehmer, 2017), S. 493.
124
Vgl. (Weitzel et al., 2016), S. 9.
Seite 51
Als Best Practice Beispiel im Bereich Recruiting werden drei aktuelle Recruiting-Maß-
nahmen der Allianz-Versicherung vorgestellt.
Um für den Arbeitsmarkt vorbereitet zu sein, bietet die Allianz Versicherung eine ganze
Bandbreite an Möglichkeiten, um das Recruiting für jüngere Generationen auf ein
neues Level zu bringen. Alle vorgestellten Best Practice Beispiele der Allianz sind zu
diesem Zeitpunkt nur auf Englisch verfügbar.
125
Vgl. (o.V., 2018c).
Seite 52
Game of Drones
o Ein Online-Tool, welches spielerisch feststellt, für welchen Typ Job ein
Bewerber geeignet ist.
Allie
o Ein Chatbot (textbasierendes Dialogsystem, ermöglicht das chatten mit
einem technischen System) auf Facebook, bei dem Informationen über
Karrieremöglichkeiten und offene Positionen erfragt werden können.
Game of Drones
Quelle: https://www.allianzriseofdrones.com/
Seite 53
Zu Beginn des Spieles wird der Verlauf des Spieles vorgestellt (Abb. 16).
Es wird angezeigt, wo das Drone-Race stattfinden (hier ist es das Stadion der
American Football Mannschaft - Miami Dolphins).
Es wird die Mission vorgestellt – hier gilt es, 9 Business-Fragen aus einem fik-
tiven Business Modell zu beantworten.
Es wird erläutert, dass es vier verschiedene „Eigenschafts-Drohnen“ gibt, die
man mit Beantwortung der Fragen erhalten kann.
In Aussicht wird gestellt, dass nach Beendigung des Spiels eine passende
Drohne für den Spieler gefunden wird.
Quelle: https://www.allianzriseofdrones.com/
Seite 54
Noch vor Beginn des Fragespiels werden nochmal im Detail die 4 verschiedenen Droh-
nen vorgestellt. Folgende „Eigenschafts-Drohnen“ können erreicht werden:
Unternehmer
Vertrauen
Marktexperte
Zusammenarbeit
Abbildung 17 - Drohnenauswahl
Quelle: https://www.allianzriseofdrones.com/
Seite 55
Nun startet das eigentliche Spiel (Abb. 18). In einem fiktiven Business-Modell werden
dem Spieler gesamt neun Fragen gestellt. Bei den Fragen handelt es sich unter ande-
rem um Strategie, Marketing oder Fragen aus dem Bereich der Mitarbeiterführung so-
wie Innovationen. Mit nur neun Fragen wird hier relativ viel abgebildet.
Abbildung 18 - Fragespiel
Quelle: https://www.allianzriseofdrones.com/
Seite 56
Zwischenzeitlich werden die Fragen ausgewertet und in einem Mix von allen mögli-
chen Drohnen angezeigt, um herauszufinden, wieviel von jedem Charakter in einem
steckt (Abb. 19).
Quelle: https://www.allianzriseofdrones.com/
Seite 57
Abschließend wird die Drohne angezeigt, die deinen Charakter für die Allianz am bes-
ten beschreibt (Abb. 20). Mit einem Link gelangt man am Ende des Spiels direkt auf
die Karriereseite der Allianz. Hier werden dem Interessenten offene Stellen angezeigt,
die in sein Profil, welches er sich in „Rise of Drones“ erspielt hat, passen.
Quelle: https://www.allianzriseofdrones.com/
Seite 58
Allie
Eine weitere Maßnahme im Recruitingkatalog der Allianz Versicherung ist „Allie“. Ein
Chatbot, den man über die internationale Facebook-Karriereseite von Allianz erreichen
kann. Ein Chatbot ist ein Roboter, der in einem Chat Fragen beantworten kann.
Besucht man auf Facebook die Seite „Allianz Careers“ und schreibt wie gewohnt eine
Nachricht (via Facebook-Messenger), meldet sich Allie (Abb. 21). Allie beantwortet in
kürzester Zeit alle möglichen Fragen. Auch von Allie werden Fragen gestellt. So fragt
sie beispielsweise, in welcher Region oder Stadt man arbeiten möchte, Außerdem
bringt sie in Erfahrung in welchem Bereich man tätig sein möchte. Wenn im Interes-
sensbereich - den man sucht - Stellen frei sind, werden diese angezeigt.
Quelle: https://www.facebook.com/AllianzCareers/
Seite 59
Als dritte Maßnahme, die als Best Practice Beispiel im Bereich des Recruiting vorge-
stellt wird, ist eine Funktion auf dem „Google Assistant”.
Der „Google Assistant“ kann neuerdings mit der Aussage „… i want to talk to Allianz
Carreers“ konfrontiert werden. Hier bekommt der potentielle Bewerber die Möglichkeit,
sich durch simulierte Vorstellungsgespräche auf ein bevorstehendes Bewerbungsge-
spräch vorzubereiten. Es können aber auch generelle Informationen über den Allianz-
Recruiting Prozess abgerufen werden (Abb. 22).
Quelle: https://www.linkedin.com/company/allianz/
Seite 60
Das Online-Spiel „Rise of Drones“ überzeugt durch Unterhaltung und bildstarkes En-
tertainment. Die Videoeinspielungen zwischen den verschiedenen Spielabschnitten
sind beeindruckend und actionreich. Man erhofft sich zu Beginn bei diesem Spiel viel-
leicht auch etwas mehr „Spiel“. Was aber vermutlich hinter dem Sinn eine Bewertung
zu bekommen, noch viel schwieriger umzusetzen gewesen wäre. Das Ziel, eine Be-
wertung des Interessenten zu bekommen, um herauszufinden, welche Rolle für ihn in
der Allianz am besten ist, wurde in dem Spiel jedoch sehr gut umgesetzt.
Die Tatsache, dass lediglich neun Fragen gestellt werden, könnte jedoch als Schwach-
stelle gewertet werden. Ob diese neun Fragen reichen, um eine aussagekräftige Ein-
schätzung einer Person zu erhalten, kann durchaus angezweifelt werden. Hierbei han-
delt es sich immerhin um eine Einschätzung zur Berufswahl.
Zu Allie kann gesagt werden, dass diese ausschließlich auf Mobilen Endgeräten mit
der Facebook-Messenger App funktioniert. Bei dem Versuch, Allie auf dem Desktop
zu kontaktieren, streikt sie.
Ein großer Nachteil von Allie ist darauf zurückzuführen, dass es sich hierbei um einen
Chatbot handelt. Es können nur bestimmte Fragen gestellt werden. Sind die passen-
den Fragen nicht dabei, so kann das System nicht antworten, sondern nur noch abge-
brochen werden. Auch wenn man es schafft, sich bis ans Ende durchzufragen, kann
es sein, dass für die gefragte Aufgabe, Kontinent, Region und Stadt am Ende keine
Position verfügbar ist. Dem Interessenten wird es möglicherweise schnell zu aufwän-
dig, immer wieder von vorne zu beginnen. Jedoch wird die Technik in Zukunft auch
dieses Problem lösen und dann hat die Allianz mit Allie bereits einen Chatbot im Ein-
satz und ist somit anderen Unternehmen voraus.
Mit „I want to talk to Allianz Carreers” ist die Allianz mit der Verlinkung zu einem Assis-
tenzdienst gut im Geschehen. In vielen Haushalten werden Assistenzdienste wie
„Google – Assistent“ oder „Alexa“ bereits täglich genutzt. Hier mit dem Recruiting an-
zusetzen, ist speziell für eine „verstaubt“ wirkende Versicherungsbranche, äußerst in-
novativ.
Seite 61
5.3. Onboarding
Onboarding bezeichnet man den Prozess, welcher ein Mitarbeiter durchläuft, wenn er
neu im Unternehmen beginnt. Übersetzt werden kann der Begriff mit „an Bord neh-
men“.126
Nach der Auswahl eines geeigneten Kandidaten für eine vakante Stelle und somit nach
dem Prozess der Personalbeschaffung ist die Arbeit jedoch nicht abgeschlossen. Den
neuen Mitarbeiter jetzt in das Unternehmen zu integrieren, benötigt Fingerspitzenge-
fühl. So setzt der folgende Onboarding-Prozess den ersten Meilenstein für die zukünf-
tige Zusammenarbeit von Unternehmen und Mitarbeiter.127
5.3.1. Onboarding-Prozess
Der Onboarding-Prozess sollte jedoch nicht einfach nur eine Einarbeitung oder gar nur
die Arbeitsaufnahme am ersten Tag beinhalten. Ein Onboarding soll dem neuen Mit-
arbeiter die Möglichkeit geben, sich sozial in der Firma einzufinden. Ebenso soll es
auch den bestehenden Mitarbeitern die Gelegenheit bieten, den neuen Mitarbeiter in
das Team zu integrieren. Man spricht beim Onboarding also von einem länger andau-
ernden Prozess.128 Formal gesehen, beinhaltet das Onboarding auch sämtliche für die
Personalverwaltung relevante Datenerhebung, wie z.B. Krankenkasse, Adresse,
Bankverbindung etc. Der neue Mitarbeiter bekommt die Informationen über eventuelle
Benefits sowie Arbeitszeitmodelle. Wichtig bei allen Punkten ist jedoch, dass die Ein-
arbeitung des neuen Mitarbeiters genau geplant wird. Hierzu können Checklisten (Abb.
23) und Einarbeitungspläne durchaus hilfreich sein.129
126
Vgl. (Moser, Soucek, Galais & Roth, 2018), S. 2.
127
Vgl. (Lorenz & Rohrschneider, 2009), S. 187.
128
Vgl. (Moser, Soucek, Galais & Roth, 2018), S. 5.
129
Vgl. (Lorenz & Rohrschneider, 2009), S. 187-190.
Seite 62
130
(Brenner, 2014), S. 20.
Seite 63
Zeitraum Inhalte
Empfang des neuen Mitarbeiters (Wert-
schätzung)
Namensschilder an Tür oder Schreibtisch
sind bereits angebracht
Der erste Arbeitstag
Unterlagen, Arbeitsmittel und Arbeitsplatz
sind vorbereitet
Der neue Mitarbeiter wird am schwarzen
Brett vorgestellt
131
(Brenner, 2014), S. 25.
132
Vgl. (Brenner, 2014), S. 25-28.
Seite 64
Ein neuer Mitarbeiter wird das Onboarding dazu nutzen, um die Strukturen und die
Fähigkeiten des Unternehmens einzuschätzen. Es rät sich hier die Erwartungen eines
Kandidaten im Vorfeld abzuklären um ggf. das Onboarding dementsprechend anpas-
sen zu können.133
Die Zugehörigkeit in ein Team, Führungskompetenzen und der Umgang mit Mitarbei-
tern bekommen bei der Generation Y einen immer höheren Stellenwert. Bei Angehö-
rigen der Generation Y wird beobachtet, dass es eine höhere Fluktuation bei geringe-
rer Firmenzugehörigkeit gibt. Die emotionale Bindung dieser Mitarbeiter muss also in
den ersten 24 bis 36 Monaten geschehen. Ein umfassender Onboarding-Prozess und
damit auch auf die Bedürfnisse der Generation Y einzugehen, ist somit empfehlens-
wert.134
Als Best Practice Beispiel wird das Unternehmen Zappos und deren vierwöchiger Ein-
arbeitungsplan vorgestellt.
Quelle: https://officesnapshots.com/2013/12/16/new-zappos-downtown-las-vegas-
headquarters/
133
Vgl. (Brenner, 2014), S. 21.
134
Vgl. (Thoma, 2014), S. 168.
Seite 65
Das Unternehmen Zappos wurde im Jahr 1999 vom damals 24jährigen Nick Swinmurn
in San Francisco gegründet. Die verzweifelte Suche nach genau den Schuhen, die er
wollte, ließ Swinmurn den Onlineshop Zappos (angelehnt an das spanische Wort für
Schuhe - „Zapatos“) eröffnen. Zu Beginn war Zappos auf den Online-Verkauf von
Schuhen spezialisiert. Inzwischen verkauft der Onlineshop zusätzlich zu Schuhen,
auch Kleidung, Accessories, etc. Nick Swinmurn konnte gleich zu Beginn Tony Hsieh
als Investor hinzuziehen, der auch heute der aktuelle CEO des Unternehmens ist.135
Im Jahr 2009 entschieden sich Tony Hsieh und Zappos sich dem Unternehmen Ama-
zon anzuschließen, um die gemeinsamen Kernkompetenzen nutzen zu können.137 Im
Jahr 2013 siedelte das Unternehmen von San Francisco nach Las Vegas. In der ehe-
maligen „City Hall“ konnte sich das Unternehmen mit dem großen Platzangebot wei-
terentwickeln. So entstand dort der Zappos Campus mit offenen Büroräumlichkeiten
und vielen Angeboten für die Mitarbeiter.138 Das Unternehmen heute eine große Band-
breite an Benefits für die Mitarbeiter an. Am Zappos Campus gibt es unter anderem
Basketball, Minigolf, Tischtennis oder ein Fitnessstudio, welches die Mitarbeiter 24
Stunden und 7 Tage in der Woche nutzen können. Die Mitarbeiter können in Massa-
gestühlen oder Schlafräumen entspannen oder in der hauseigenen Bücherei aktuelle
Bücher ausleihen.139 Neben diesen Benefits, sind es noch viele weitere die Zappos
über die Jahre zu einem attraktiven Arbeitgeber werden ließ. Diese Kultur ist Zappos
sehr wichtig, die Recruiter und HR-Verantwortlichen von Zappos nehmen sich viel Zeit,
um jeden einzelnen Bewerber zu begutachten, ob er in das Unternehmen passt. Wenn
ein Bewerber „auserwählt“ wurde und ihm eine Position angeboten wurde, so kann er
den Zappos Onboarding-Prozess antreten.140
135
Vgl. (o.V., 2018e).
136
Vgl. (Christoffersen, 2017).
137
Vgl. (o.V., 2018a).
138
Vgl. (o.V., 2018e).
139
Vgl. (Liggins, 2016).
140
Vgl. (Heathfield, 2018).
Seite 66
Der Begriff Onboarding geht bei Zappos über den in anderen Unternehmen bekannten
Prozess hinaus. Das Bereitstellen von einem Arbeitsplatz mit dem eingerichteten Com-
puter oder das Informieren der Mitarbeiter über einen Neueintritt, ist für Zappos selbst-
verständlich und somit außerhalb der Diskussionsgrundlage für das Onboarding.
Zappos hat einen Einarbeitungsplan von vier Wochen entworfen. Jeder einzelne neue
Mitarbeiter durchläuft das gleiche Programm, absolut unabhängig davon, in welcher
Position der neue Mitarbeiter in das Unternehmen kommt. Diese Maßnahme garan-
tiert, dass die Kultur - welche das Unternehmen prägt - bewahrt werden kann. Für die
ersten beiden Wochen begeben sich die neuen Mitarbeiter erneut hinter die Schul-
bank. Im Klassenzimmer werden die kulturellen Werte des Unternehmens geschult.
Neben des „Kulturunterrichts“ lernen die neuen Mitarbeiter auch das „WOW“ Konzept
kennen und wie wichtig dieses Konzept für das Unternehmen und die Kunden ist. Ne-
ben den kulturellen Grundsätzen und der Vision des Unternehmens, machen sich die
neuen Mitarbeiter natürlich mit ihrem neuen Arbeitsumfeld vertraut. Sämtliche Compu-
terprogramme, die der neue Mitarbeiter für seinen Arbeitsalltag braucht, können in die-
sen ersten beiden Wochen als Simulationen durchgespielt werden. Nach den ersten
beiden Wochen verbringen die neuen Mitarbeiter die weiteren Wochen im Call-Center
und nehmen Anrufe von Kunden entgegen. Ebenso folgen in den Wochen drei und
vier Teambildungs-Maßnahmen und weitere Vorträge zum Thema Unternehmenskul-
tur. Sobald die Mitarbeiter das vierwöchige Einarbeitungsprogramm durchlaufen ha-
ben, gibt es zum Abschluss eine kleine Zeremonie, bei welcher der Abschluss des
Onboardings gefeiert wird. Nach eigener Aussage von Zappos ist es jedes Mal aufs
Neue toll mitanzusehen, wie in nur vier Wochen, völlig fremde Menschen zu Freunden
werden. Hierdurch sind schon jahrelange Freundschaften entstanden, obwohl die Mit-
arbeiter danach sogar in verschiedenen Abteilungen tätig waren.141
Zusätzlich zur Abschlussfeier hat nun jeder neue Mitarbeiter die Chance auf einen Bo-
nus von 3.000,- US-Dollar, genannt „The Offer“. Dieses Geld gibt es jedoch nicht dafür,
dass er in Zukunft eine gute Arbeit machen soll, sondern dafür, dass er das Unterneh-
men verlässt. 3.000,- US-Dollar kann jeder neue Mitarbeiter dafür bekommen, wenn
er geht. Somit ist gewährleistet, dass ein Mitarbeiter, der sich nach diesen vier Wochen
nicht zu diesem Team zählen möchte, auch wirklich willens ist, das Unternehmen so-
fort zu verlassen. Wenn ein Kandidat kein Zappos-Mitarbeiter geworden ist, der sich
141
Vgl. (o.V., 2018f).
Seite 67
zu 100% mit dem Unternehmen und deren Visionen und Kultur identifizieren kann,
bevorzugt es Zappos, dass dieser das Unternehmen verlässt. Entscheidet sich ein
Kandidat jedoch für diese 3.000,- US-Dollar, so braucht er nie wieder zurückzukom-
men.142
Neben dem bunten Angebot an Benefits und der Erschaffung einer ganz speziellen
Unternehmenskultur, ist es Zappos mit der Einführung von „The Offer“ gelungen, nur
die Mitarbeiter bei sich arbeiten zu lassen, die wirklich bei Zappos arbeiten wollen.
Dem Unternehmen ist es offensichtlich lieber keinen Mitarbeiter einzustellen, anstatt
einen, der sich nicht mit dem Arbeitgeber identifizieren kann. Und „The Offer“ erleich-
tert einem Kandidaten die Entscheidung, ob er lieber einen Job in einem Unternehmen
hat, welches ihm nicht gefällt – als im Moment eben keinen Job zu haben.
In vielen Unternehmen kann ein neuer Mitarbeiter teilweise darauf hoffen, dass über-
haupt alle relevanten Personen im Unternehmen Bescheid wissen, dass ein Neueintritt
stattfindet. Überraschte IT oder nicht informierte Arbeitskollegen sind keine Seltenheit.
Jedoch haben auch viele Firmen sich inzwischen auf die Fahnen geschrieben, hier
eine Änderung vorzunehmen und die Prozesse zu verbessern und anzupassen.
Zappos jedoch gestaltet das Onboarding sehr umfangreich. Die Entwicklung dieses
Onboarding-Prozesses hat mit Sicherheit viel Zeit in Anspruch genommen. Zappos hat
jedoch erkannt, dass es in weiterer Folge Vorteile bringen wird, wenn zuerst ein or-
dentliches Konzept entworfen wird.
Vorteile:
Mitarbeiter wissen nach der Einarbeitung von vier Wochen mit allen technischen
Gegebenheiten umzugehen. Somit ist eine langfristige Einschulung von beste-
henden Mitarbeitern zum größten Teil nicht mehr notwendig, bzw. nur begrenzt
nötig.
142
Vgl. (Heathfield, 2018).
Seite 68
Die Maßnahme, dass alle Mitarbeiter, unabhängig von Position und Gehalts-
stufe an diesem Onboarding teilnehmen, gibt ein Gefühl der Verbundenheit und
der Gleichstellung.
Das Angebot „The Offer“ schließt weitgehend aus, dass ein Mitarbeiter auch nur
für kurze Zeit im Unternehmen bleibt, obwohl ihm das Unternehmen gar nicht
gefällt. Eben nur aus dem Grund, dass er halt gerade einen Job hat.
Nachteile:
5.4. Mitarbeiterbindung
„In einer Welt voller Möglichkeiten ist es nicht einfach, erfolgreiche Talente auf Dauer
an ein Unternehmen zu binden.“143
Hier wird auf der einen Seite der Begriff der Mitarbeiterbindung beschrieben und auf
der anderen Seite darauf eingegangen, wie sich HR-Verantwortliche am besten auf
die Erwartungen der Generation Y vorbereiten können.
Die Thematik der Mitarbeiterbindung beschäftigt natürlich schon seit vielen Jahren die
Arbeit der Unternehmen und HR-Abteilungen. Doch die immer verändernden Gege-
benheiten lassen es nicht zu, dass sich die Mitarbeiterbindung abschließend auf ein
Schema zusammenfassen lässt. Speziell in heutigen Zeiten des Wertewandels und
der sich schnell veränderten Marktsituationen, ist es eine enorme Aufgabe für Unter-
nehmen, Mitarbeiter langfristig an ihr Unternehmen zu binden. Auch wenn man sagen
könnte, dass eine grundsätzliche und persönliche Bindung zum Unternehmen auf Ge-
fühlsebene nicht sehr ausschlaggebend ist, so stellt der Verbleib von Mitarbeitern prin-
zipiell einen erheblichen Erfolgsfaktor dar.145
143
(Parment, 2013), S. 93.
144
Vgl. (Kanning, 2017), S. 192-210.
145
Vgl. (Welk, 2015), S. 7.
Seite 70
Wie den bisherigen Ausführungen zu entnehmen ist, gilt bereits der erste Arbeitstag
als großer Schritt für die Mitarbeiterbindung. Am ersten Tag wird dem neuen Mitarbei-
ter sofort bewusst, welchen Stellenwert er im Unternehmen einnehmen wird und wie
er behandelt werden wird. Sind Arbeitskollegen und Vorgesetzte informiert, ist der Ar-
beitsplatz dementsprechend vorbereitet oder gibt es ausreichend Informationen um
einen problemlosen Einstieg zu gewährleisten? All das ergibt ein erstes Charakterbild
des Unternehmens.146
„Die effizienteste Form des Recruiting ist das Vermeiden von Vakanzen oder anders
formuliert: Wachstum entsteht durch das Besetzen neu geschaffener Stellen und nicht
durch das Ersetzen frei gewordener Positionen. Die Mitarbeiterbindung wird damit zu
einer zentralen Größe.“147 Eine der wichtigsten Herausforderungen für das HR und die
Führungskräfte ist es, die bereits eingestellten Mitarbeiter zufrieden zu stellen und im
Unternehmen zu behalten. Des Weiteren wird zudem klar, dass sich die Themen des
Employer Branding, des Recruiting und Onboarding reziprok mit der Thematik der Mit-
arbeiterbindung verhalten. Die „einfachste“ und grundlegende Art der Mitarbeiterbin-
dung ist also eine gute Employer Branding, Recruiting und Onboarding – Arbeit.148
Welche Rolle die Erwartungen und Wünsche der Generation Y bei der Mitarbeiterbin-
dung übernimmt, wird im nächsten Abschnitt erläutert.
146
Vgl. (Ruthus, 2014), S. 30.
147
(R. Hartmann, 2015), S. 225.
148
Vgl. (R. Hartmann, 2015), S. 225-227.
Seite 71
Es ist festzuhalten, dass viele Mitarbeiter auch bei ihrem Arbeitgeber bleiben wollen,
ohne diesen für besonders positiv und angenehm zu empfinden. Dafür kann es ver-
schiedene Gründe geben. Fest steht aber, dass in zunehmendem Alter diese Ansich-
ten und Meinungen verstärkt werden. Das kann an dem Gedanken der Sicherheit, ei-
nes stabilen Einkommens oder die Gebundenheit an einen Standort in Bezug auf Fa-
milie und Lebensmittelpunkt liegen. Daraus lässt sich zumindest für die älteren Gene-
rationen schließen, dass es nicht alleine davon abhängt, ob ein Unternehmen für ein
positives Umfeld sorgt, damit Mitarbeiter langfristig bestehen bleiben. Es spielen ge-
nauso die privaten und sozialen Hintergründe eines jeden einzelnen Mitarbeiters
mit.149 „Im Vergleich zu früheren Generationen bekommen Leute aus der Generation
Y öfter Jobangebote und haben überhaupt mehr Einfluss und Wissen aus außerbe-
trieblichen Quellen.“150 Früher war es üblich, dass junge Mitarbeiter automatisch im
Sinn hatten, langfristig in einem Unternehmen zu verbleiben. Daraus ergab sich un-
weigerlich, dass sich diese an das Unternehmen anpassten. Für die Generation Y ist
es hingegen gängig oder zum Teil sogar schon bei Eintritt in ein Unternehmen geplant,
früher oder später einen Jobwechsel vorzunehmen. Auf solche Veränderungen müs-
sen Unternehmen laufend vorbereitet sein, um dementsprechend reagieren zu kön-
nen.151
Auch die Tatsache, dass ein Mitarbeiter aus der Generation Y mitunter weniger Bin-
dung zu einem Arbeitgeber aufbaut und diesen auch bedeutend kritischer beurteilt als
andere Generationen, machen es für das Unternehmen schwierig, die Generation Y
zu binden. Erschwerend kommt dazu, dass sich keine nennenswerten Charakteristika
zwischen unterschiedlichen Positionen oder Qualifikationen ziehen lassen. Wie sich
das in zunehmendem Alter der Generation Y entwickeln wird, kann aktuell nicht beant-
wortet werden. Ob die Generation Y zu hohe Erwartungen hat oder, ob sich diese in
Zukunft noch verändern, bleibt abzuwarten.152
Eine Studie des Innovations-Inkubators der Leuphana Universität Lüneburg (Tab. 10)
hat hinterfragt, was einen Arbeitgeber besonders auszeichnet und somit attraktiv
149
Vgl. (Otto & Remdisch, 2015), S. 60.
150
(Parment, 2013), S. 93-94.
151
Vgl. (Parment, 2013), S. 100-101.
152
Vgl. (M. Hartmann, 2015b), S. 60.
Seite 72
macht. Im Groben betrachtet ergibt sich, dass sich einige Faktoren durchaus de-
ckungsgleich verhalten (wie z.B. Standort, Produkt oder flexible Arbeitszeiten). Bei ge-
nauerer Interpretation der Zahlen, ergeben sich jedoch durchaus erhebliche Unter-
schiede. Lage und Standort sind bei Generation X und Y deutlich wichtiger als bei den
Babyboomern. Wobei flexible Arbeitszeiten der Generation X am wichtigsten erschei-
nen. Große Unterschiede gibt es ebenso bei Lern- und Entwicklungsmöglichkeiten.
Hier wird klar, dass die Generation Y sehr forciert auf Bildung und Entwicklung ist.
Ebenso in Bezug auf die Arbeitsbelastung, auch hier möchte die Generation Y einer
weniger hohen Arbeitsbelastung ausgesetzt werden.
Tabelle 10 - Wahrnehmung positiver Merkmale beim eigenen Arbeitgeber nach Generationen in Prozent153
Es wird Unternehmen nicht möglich sein und es ist auch nicht zielführend, sich lediglich
auf eine am Arbeitsmarkt befindende Generation zu konzentrieren. Es empfiehlt sich
hingegen als Unternehmen seine Marktattraktivität zu reflektieren und dementspre-
chend an die Gegebenheiten anzupassen. Es kann angenommen werden, dass wirt-
schaftliche Entwicklungen und Erlebnisse im Weltgeschehen, die alle Generationen
gemeinsam erlebt haben, auch die Wertvorstellung und Erwartungen an einen Arbeit-
geber grundsätzlich verändert haben. Die Erwartungen und Wünsche der Generation
Y kann in folgenden Punkten zusammenfassend dargestellt werden: 154
153
Vgl. (Otto & Remdisch, 2015), S. 56-61.
154
Vgl. (Ruthus, 2014), S. 33-34.
Seite 74
• Attraktiver Standort
• Flexibilität hinsichtlich der Arbeitszeitmodelle und der Abgrenzung von Arbeit und
Privatleben
• Umfassende Entwicklungsmöglichkeiten
Wie bereits beschrieben, sind diese Faktoren nicht nur für die Generation Y relevant.
In verschiedener Ausprägung und Wichtigkeit gelten diese für alle sich am Arbeits-
markt befindende Generationen. Die Generation Y ist jedoch die Generation, die diese
Punkte am meisten einfordert. In Zeiten des „War for Talents“ und sich immer ändern-
den Gegebenheiten dürfen das die Unternehmen nicht außer Acht lassen.156
155
(Ruthus, 2014), S. 34.
156
Vgl. (Ruthus, 2014), S. 34.
157
(Parment, 2013), S. 83.
Seite 75
Fachkräften. Dies ermöglicht jüngeren Generationen ihre Prioritäten bei der Berufs-
wahl so zu legen, dass auch private Bedürfnisse nicht zu kurz kommen.158
Die Generation Y legt hohen Wert auf die Work-Life-Balance. So ist diese oftmals auch
nicht bereit auf die Vereinbarkeit von Familie, Privatleben und Hobbys für den Job zu
verzichten. Und das nicht einmal bei der Bezahlung von hohen Gehältern.159 Somit ist
es vielen Menschen in der heutigen Zeit wichtig, nicht zu leben um zu arbeiten, son-
dern viel mehr zu arbeiten um zu leben.160 Wer aber denkt, dass sich die Work-Life-
Balance nur in eine Richtung bewegt, hat sich getäuscht. Es ist dem Arbeitgeber bei-
nahe nicht mehr möglich, seine Mitarbeiter daran zu hindern, Arbeitszeit für freizeitli-
che Zwecke zu nutzen. So wird während der Arbeit im Internet gesurft, Flugtickets
bestellt oder privat relevante Telefonate geführt. Genauso ist aber auch die Generation
Y dazu bereit, private Zeiten - die früher als absolutes Tabu galten - zum Arbeiten zu
nutzen. So werden auch von zuhause aus, zu später Stunde, noch Telefongespräche
geführt oder Emails beantwortet. Somit ergibt sich aus der Work-Life-Balance nicht nur
das Bild, dass die Freizeit, Familie und Hobbies im Vordergrund stehen, sondern, dass
alles miteinander verschmelzen kann.161
158
(Rump & Eilers, 2017), S. 35.
159
Vgl. (Zimmermann & Fischer, 2013).
160
Vgl. (Aarstol, 2016), S. 19.
161
Vgl. (Parment, 2013), S. 84-85.
Seite 76
Als Best Practice Beispiel zum Thema Mitarbeiterbindung wird im folgenden Abschnitt
die Geschäftsidee der Firma Tower Paddle Boards vorgestellt.
Quelle: https://www.towerpaddleboards.com/v/sup-retail.htm
Das Unternehmen Tower Paddle Boards wurde im Jahr 2010 von Geschäftsführer
Stephan Aarstol in San Diego, Kalifornien gegründet. Nach einem Auftritt von Stephan
Aarstol in der Fernsehsendung „Shark Tank“ im Jahr 2011, investierte der Milliardär
Mark Cuban 150.000,- US-Dollar in das Unternehmen. Und das, obwohl bis dahin nur
ein Umsatz von rund 100.000,- US-Dollar erzielt werden konnte. Seither erwirtschaf-
tete das Unternehmen einen Gesamtumsatz von 30 Millionen US-Dollar und ist somit
eine der größten Erfolgsgeschichte der Fernsehsendung „Shark Tank“. Nach den ers-
ten Jahren des Unternehmens und der, nach Aussage von Stephan Aarstol, gesund-
heitsschädlichen „Start-Up-Kultur“, entschied sich Aarstol zu einem ungewöhnlichen
Schritt.162 Er veränderte sein gesamtes Unternehmen mit einer, wie er es nennt, „klei-
162
Vgl. (o.V., 2018d).
Seite 77
nen Maßnahme“. Eine Maßnahme, die es ihm ermöglichte seinen Mitarbeitern Lohn-
erhöhungen zu geben. Eine Maßnahme, die es ermöglichte, dass sein Geschäft noch
schneller wuchs als bisher. Das Resultat dieser Veränderung war, dass die Produkti-
vität gesteigert wurde. Die Mitarbeiter und auch die Kunden wurden glücklicher. Und
was war es, was eine solch unglaubliche Veränderung hervorrufen konnte? Er kürzte
den Arbeitstag in seinem Unternehmen auf fünf Stunden. Das klingt vielleicht einfach,
war es jedoch nicht.163
Sein bester Freund starb im Alter von 13 Jahren an Leukämie. Stephan Aarstol musste
sich somit schon sehr früh mit der Thematik des Todes auseinandersetzen. Die Weise,
wie sein Freund nach dieser Diagnose mit dem Leben umging und die Tatsache, dass
sein Freund jeden Tag, der ihm noch blieb, unbeschwert genoss, prägten Aarstol maß-
geblich. Obwohl er sich schon in jungen Jahren in den Kopf gesetzt hatte, dass er
eines Tages selbständiger Unternehmer werden würde, hielt er sich nicht an die un-
beschriebenen Regeln und üblichen Vorgehensweisen, wie es die Gesellschaft da-
mals von einem erwartete. So nahm er sich beispielsweise zwischen der High School
und dem College eine Auszeit von einem Jahr, welches er in Hawaii verbrachte (was
für diese Zeit – 1990 – sehr ungewöhnlich war). Außerdem trampte er nach dem Col-
lege für drei Monate mit dem Rucksack durch Australien. Die Zeit in Australien und die
vielen Menschen, die er mit verschiedensten Lebensweisen und Ansichten kennenler-
nen durfte, brachten ihn zu der Erkenntnis, dass er nicht leben möchte um zu arbeiten,
sondern genau umgekehrt.164
163
Vgl. (Aarstol, 2016), S. 9-10.
164
Vgl. (Aarstol, 2016), S. 9-19.
Seite 78
Nach einiger Zeit als Arbeitnehmer gründete er in den USA ein Unternehmen, welches
Pokerchips vertrieb. Das Geschäft hatte anfänglich nur wenig Erfolg (eine Bestellung
in 6 Monaten) und er war weiter dazu gezwungen, nebenbei zu arbeiten. Nach dieser
einen Bestellung jedoch, stiegen die Umsätze immer weiter. So erreichte er nach wei-
teren 6 Monaten einen monatlichen Umsatz von rund 50.000,- US-Dollar. Dies ermög-
lichte ihm nun, seine aktuelle Stelle zu kündigen und sich fortan auf sein eigenes Un-
ternehmen zu konzentrieren. Nach ungefähr einem Jahr stellte er fest, dass sein Ge-
schäft zwar nicht mehr weiterwuchs, er jedoch durchgehend damit beschäftigt war.
Sich um sein Unternehmen zu kümmern. Inspiriert von dem Buch „The Four Hour
Workweek“ von Tim Ferriss, beschloss er in seinem Pokerchip-Unternehmen eine Ver-
änderung vorzunehmen. Diese Veränderung beeinflusste in weiterer Folge auch sein
Unternehmen Tower Paddle Boards. Er entschied sich nach dem Konzept „Manage-
ment by absence“ zu arbeiten. Er hörte auf Dinge zu tun, von denen er dachte, dass
sie absolut notwendig seien und sah zu, was passiert.
Er begann damit seine Ware nicht mehr täglich, sondern nur noch 3x pro Woche zu
versenden. Am Montag, Mittwoch und Freitag. Des Weiteren beantwortete er diens-
tags und donnerstags keine Telefonanrufe mehr. Durch diese Änderung gab es weder
Umsatzeinbrüche noch Kundenreklamationen. Somit hatte er zwei Tage in der Woche
zur freien Verfügung gewonnen.165
Die Idee zur Gründung des Unternehmens Tower Paddle Boards findet seinen Ur-
sprung wieder in Australien. Ein Freund, den er aus seiner Back-Packer Zeit aus Aust-
ralien kannte und mit dem Aarstol noch in Kontakt war, kam ihn in Kalifornien besuchen
und zeigte ihm das Stand-up-Paddle Board. Aarstol war so fasziniert von dieser Sport-
art, dass er sich sofort dafür entschied, ein Unternehmen zu gründen, um Paddle-
Boards zu verkaufen.166
Wie bereits beschrieben, besuchte Aarstol die TV-Sendung „Shark Tank“ und bekam
finanzielle Unterstützung. Nach wenigen Jahren des Wachstums entschied Aarstol die
Einführung des 5-Stunden-Arbeitstages.167 Was waren die Gedanken hinter dieser
Einführung und wie kam Aarstol auf diese Idee? Einerseits inspirierte ihn das Buch
165
Vgl. (Aarstol, 2016), S. 20-24.
166
Vgl. (Aarstol, 2016), S. 25-28.
167
Vgl. (Aarstol, 2016), S. 29-34.
Seite 79
„The Four Hour Workweek“ von Tim Ferriss und seine eigenen Erfahrungen, mit sei-
nem Pokerchip-Business.168 Weitere Inspiration bekam er von Henry Ford. Er war es,
der vor über 100 Jahren den 8-Stunden-Arbeitstag und die 5-Tage Woche einführte.
Und damals hielt man Ford für verrückt, denn es war durchaus Standard am Tag 16
Stunden und 6 Tage pro Woche zu arbeiten. Die synchron eingeführte Automation in
der Ford Motor Company ermöglichte dies.169 Ford wurde durch diese Maßnahme zu
einer der gefragtesten Arbeitgeber. Das war am 5. Januar 1914. Über 10.000 Men-
schen pilgerten damals nach Detroit und standen bei der Ford Motor Company
Schlange, um einen dieser begehrten Arbeitsplätze zu bekommen. Und das obwohl
Winter war. Ford wurde zu einem Talent-Magnet.170 Das war auch einer der Haupt-
gründe, warum Stephan Aarstol den 5-Stunden-Arbeitstag einführte – er wollte Talente
bekommen und den „War for Talents“ für sich gewinnen. Finanziell konnte er das nicht
bewerkstelligen, also brauchte er eine andere Idee, geschaffen aus der Idee des Un-
ternehmens selbst und dem Produkt. Er wollte diesen Lifestyle in sein Unternehmen
bringen.171
168
Vgl. (Aarstol, 2016), S. 25.
169
Vgl. (Aarstol, 2016), S. 57-59.
170
Vgl. (Aarstol, 2016), S. 75.
171
Vgl. (Aarstol, 2016), S. 189.
Seite 80
o Der Mitarbeiter bringt seinen gewonnenen Mehrwert aus der Freizeit und
das damit verbundene Glücksgefühl mit in die Arbeit.
Finanzielle Vorteile
o Mitarbeiter, die Kinder haben, können sich selbst mehr um die Kinder
kümmern, anstelle diese in teure Tagesstätten zu geben.
Weiterbildung
o Muss nur noch 5 Stunden am Tag gearbeitet werden, bleibt noch genü-
gend Zeit und vor allem Kraft, um sich laufend weiterzubilden.
Nebenbeschäftigung
o Mitarbeiter, denen die gewonnene Freizeit nicht wichtig ist, können diese
Zeit für Nebenjobs nutzen.
o Ein weiterer Vorteil - auch für das Unternehmen. So können gelernte Fä-
higkeiten aus Nebentätigkeiten mitunter auch im eigenen Unternehmen
genutzt werden. Man stelle sich diesen ROI vor. 0 Investition bei 100%
Nutzung der Kenntnisse.
Eine der wichtigsten Vorteile – gegenseitiges Vertrauen
o Durch die Ermöglichung und sogar Förderung von Nebenbeschäftigun-
gen, durch faire Bezahlung und mehr Freizeit, gewinnt das Unternehmen
gegenüber dem Mitarbeiter an Vertrauen.172
Wettbewerbsvorteil
o Jeder Mitarbeiter muss innovativ sein und Lösungen zur Steigerung der
Produktivität einbringen.
o Um die Produktivität zu steigern, werden moderne Technologien verwen-
det.
Finanzieller Vorteil
o Die Mitarbeiter fragen weniger nach Lohnerhöhungen, da für die meisten
die gewonnene Zeit mehr wert ist, als Geld.
o Die Einführung eines Bonus Systems ermöglicht den Mitarbeitern bei Er-
reichung von Umsatzvorgaben mehr zu verdienen – und somit ergeben
sich auch höhere Umsätze für das Unternehmen.
172
Vgl. (Aarstol, 2016), S. 153-167.
Seite 81
Die Vorgabe von Stephan Aarstol an sein Unternehmen und seine Mitarbeiter zur Ein-
führung des 5-Stunden-Arbeitstages war ganz einfach. Weniger Arbeitszeit bei gleich-
bleibenden Produktionszahlen. Wie soll das erreicht werden? Darüber musste sich je-
der einzelne Mitarbeiter selbst Gedanken machen und sich dementsprechend einbrin-
gen. Die Mitarbeiter wussten am besten wo und wie sie an ihrem Arbeitsplatz Zeit
einsparen können, um produktiver zu werden. Die Tatsache, dass der „Cyber Monday“
(Aktionstag von Amazon) der umsatzstärkste Tag von Amazon ist, spricht Bände. Der
„Cyber Monday“ fällt - wie es der Name schon sagt - auf einen Montag, somit einen
Arbeitstag. Wenn die Mitarbeiter keinen Vorteil in dem sehen, die Arbeit zu optimieren,
warum sollten sie es dann tun?174
Es gehört viel Mut dazu, eine solche Maßnahme in einem Unternehmen durchzufüh-
ren. Was auch dazu gehört, ist eine gewisse Einstellung, welche die gesamte Unter-
nehmenskultur beeinflusst. Stephan Aarstol hatte diesen Mut und diese Einstellung.
Für ihn und Tower Paddle Boards hat es funktioniert. Die Zahlen der zu besetzenden
Stellen bei Tower Paddle Boards sprechen für sich.
173
Vgl. (Aarstol, 2016), S. 175-195.
174
Vgl. (Aarstol, 2016), S. 40.
Seite 82
Man kann durchaus sagen, dass dies nicht viele Unternehmer machen würden. Zum
einen, weil vielen Unternehmern bei der ersten Betrachtung die eigenen Vorteile fehlen
würden. Warum soll eine solche Maßnahme durchgeführt werden? Eine Maßnahme,
die einen gigantischen Aufwand hervorruft, jedoch nicht augenblicklich Geld einbringt,
– wird in der Regel nicht durchgeführt.
Stephan Aarstol hat jedoch durch seine persönlichen Erfahrungen, die er im Leben
gemacht hat und durch seine Erfahrungen aus dem Projekt „Management by absence“
erkannt, was für Vorteile durch solche Maßnahmen geschaffen werden können.
Bei der Arbeit und in der Produktion wird weitgehend versucht auf Verschwendungen
zu verzichten. Jeder Prozess wird genau durchleuchtet, um möglichst wenig Zeit in
Anspruch zu nehmen. Produktionszahlen und Qualität werden jedoch nicht aus dem
Fokus verloren.
Nachteil kann durchaus sein, dass sehr viel Leistung von den Mitarbeiten gefordert
wird. Die Performance, die dafür nötig ist - 37,5% der täglichen Arbeitszeit einzusparen
- ist enorm. Gerade auf Mitarbeitern, die seit Beginn dieses Projektes involviert sind,
lastet ein großer Druck. Auf genau diese Mitarbeiter muss im Moment des Change viel
Rücksicht genommen werden. Ein duales Management von fördern und fordern ist hier
unabdingbar.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Aarstol offensichtlich erkannt hat wie wichtig
die Mitarbeiter sind. Auch wenn es dem Unternehmen finanziell gesehen keine großen
Fortschritte einbringt – eine attraktive Arbeitgebermarke ist daraus auf jeden Fall ent-
standen.
Seite 83
Ziel der Arbeit war es, ein Bild über die Generation Y und deren Erwartungen an einen
Arbeitgeber abzugeben.
Erst wurde eine theoretische Grundlage über die verschiedenen Generationen und der
klassischen Personalbeschaffung abgebildet. Weiteres war es im konzeptionellen Teil
wichtig, das Zusammenspiel und die gegenseitigen Zusammenhänge von Employer
Branding, Recruiting, Onboarding sowie der Mitarbeiterbindung darzustellen. Auch
hier war es wieder die Generation Y und der immer wachsende Mangel an Fach- und
Führungskräfte, auf die besonders eingegangen wurde.
Mithilfe von besonders ausgefallenen und internationalen Best Practice Beispielen, je-
weils in den Bereichen Employer Branding, Recruiting, Onboarding und Mitarbeiter-
bindung wurde HR-Verantwortlichen und Unternehmern vorgezeigt, wie weit andere
gehen, um den „War for Talents“ für sich zu entscheiden.
Das Vorarlberger Unternehmen Heron hat sich für seine erste Vorstellungsrunde et-
was Besonderes ausgedacht. In regelmäßigen Abständen werden mehrere Bewerber
für verschiedenste Stellen gemeinsam zum Vorstellungsgespräch eingeladen. Alle
kommen gesammelt - inkl. Führungskräfte und Geschäftsführung - in einen Raum, in
dem ganz offen kommuniziert wird. Die offene Art des Unternehmens und der Umgang
mit den Mitarbeitern werden für jeden ab der ersten Sekunde klar dargestellt. Wem
dieser Umgang unangenehm ist, kann gerne wieder gehen.
Die Allianz Versicherung hat mit drei neuen und technisch modernen Maßnahmen im
Bereich Recruiting anderen weit vorgegriffen.
Das Spiel „Rise of Drones“: Mithilfe eines Online-Spiels ist es dem Interessenten mög-
lich, seine Fähigkeiten einzuschätzen. Darauf abgestimmt, kann er im Anschluss auf
der Karriereseite eine dementsprechende Position im Unternehmen finden.
Seite 84
Der Chatbot „Allie“: Mit „Allie“ kann über den Facebook-Messenger kommuniziert wer-
den. „Allie“ liefert schnelle Antworten. Auch hier lässt sich – abgestimmt auf die ge-
stellten Fragen – eine passende Stelle in der Allianz Versicherung.
Des Weiteren bietet die Allianz mit „I want to talk to Allianz Carreers“ eine Funktion
beim Assistenzdienst „Google Assistent“. Hier können beispielsweise Informationen
zum Unternehmen abgerufen werden. Zudem ist es möglich, sich auf ein bevorstehen-
des Bewerbungsgespräch bei der Allianz vorzubereiten.
Der Online-Shop Zappos in Las Vegas bietet mit seinem vierwöchigen Einarbeitungs-
plan eine äußerst umfangreiche Einschulung an. Der Umgang mit der Software am
Arbeitsplatz wird simuliert, die Firmenkultur wird geschult und es wird im Call-Center
gearbeitet. Und das für jeden neuen Mitarbeiter, unabhängig von seiner Position oder
Funktion. Am Ende der vierwöchigen Einschulungsphase werden jedem Mitarbeiter
3.000,- US-Dollar geboten – genannt „The Offer“. Und zwar dafür, dass er das Unter-
nehmen verlässt. Eine klare Aussage. Wem die ersten vier Wochen nicht gefallen, soll
bitte gleich gehen und das ist es dem Unternehmen auch noch 3.000,- US-Dollar wert.
Im Bereich der Mitarbeiter hat Stephan Aarstol mit seinem jungen Unternehmen Tower
Paddel Boards etwas sehr Außergewöhnliches unternommen. Er hat für sich und seine
Mitarbeiter den 5-Stunden-Arbeitstag eingeführt. Dabei bekommen die Mitarbeiter
nicht etwa weniger, sondern effektiv mehr Geld. Es wurde sowohl die Produktivität, als
auch der Umsatz gesteigert. Das Resultat aus dieser Maßnahme - zufriedene Mitar-
beiter und zufriedene Kunden. Eine Maßnahme, bei der er sich weit von anderen Un-
ternehmen und deren Denkweise, in Bezug auf den Umgang mit Mitarbeitern, abhebt.
Seite 85
Aus allen Best Practice Beispielen und auch aus der Theorie lassen sich folgende
besonderen Erkenntnisse und Schlüsse ziehen:
Ein „Out of the Box – Denken“ kann durchaus hilfreich sein, um sein Unternehmen von
anderen abzuheben. Wie weit es sich empfiehlt das Unternehmen von anderen her-
vorheben, hängt von der tatsächlichen Ist-Situation und der gelebten Kultur ab. Es
empfiehlt sich auf keinen Fall, ein Employer Branding zu entwerfen, in dem den mög-
lichen Bewerbern etwas vorgespielt wird, was nicht der Realität entspricht.
Die Generation Y legt vielleicht großen Wert auf schöne offene Arbeitsplätze, freie
Zeiteinteilung, faire Entlohnung oder Entwicklungsmöglichkeiten. Viel größere Bedeu-
tung bei Mitgliedern der jungen Generationen haben jedoch Transparenz und Offen-
heit.
„Walk he Talk“. Ein Unternehmen darf nur dann ausgefallen dargestellt werden, wenn
es das wirklich ist.
Es gibt kein universelles Rezept für einen funktionierenden Prozess. Was jedoch je-
dem Unternehmen bewusst sein muss, ist, dass der Fachkräftemangel immer größer
werden wird. Und um den sogenannten „War for Talents“ für sich zu gewinnen, wird
es unumgänglich sein, etwas zu unternehmen.
Für den Fall, dass dies noch nicht auf der Agenda steht, wird es Zeit!
Seite 86
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beit/
Seite X
Generelle Frage zu Ihrem Unternehmen – was hebt Sie in Bezug auf Mitarbeiter
und Zusammenarbeit von anderen Unternehmen ab? (Unabhängig von der Bran-
che)
Unser Produkt Servus, ist ein tolles und spezielles Produkt, auch in Bezug auf
die Mitarbeiter. Programmierer und Techniker schwärmen immer wieder, wie
toll es ist, mit Servus zu arbeiten.
Wir bieten viele abwechslungsreiche Tätigkeiten in allen Bereichen.
Jeder der eingestellt wird, lernt mindestens eine Person aus der Geschäftslei-
tung kennen. Das ist uns wirklich sehr wichtig, unter Anderem machen wir das
aus diesem Grund schon viele Jahre in dieser Art.
Bei der Vorstellungsrunde ist auch immer ein Abteilungsleiter dabei, dass auch
dieser kennengelernt werden kann bzw. er sich ein Bild des Bewerbers machen
kann.
Wir versuchen auch mit jedem Kandidaten einen halben Tag als Probetag zu
vereinbaren, dass er auch die Abteilung und den Arbeitsplatz nochmal besser
zu sehen bekommt.
Zusätzlich zu der ersten Runde gibt es noch ein Einzelgespräch, auch hier ver-
suchen wir, dass mindestens ich oder mein Mann anwesend sein können.
Wir legen bei neuen Mitarbeitern nicht den ersten Fokus auf die fachliche Qua-
lifikation – was natürlich schon nicht außer Acht gelassen werden darf – son-
dern für uns ist sehr wichtig ob der Kandidat zu unserer Kultur und zum künfti-
gen Team passt. An erster Stelle steht immer der Mensch und damit haben wir
schon lange Jahre gute Erfahrung.
Wir bieten sehr gute persönliche Entwicklungsmöglichkeiten. Alle Führungs-
kräfte nehmen beispielsweise bei einem Coaching teil. Bei diesem Coaching
wird darauf geachtet, wo deren Potentiale aber auch deren Schwächen und
wunden Punkte liegen. Bei genau diesen Punkten geht man dann nochmals in
die Tiefe.
Wir schauen darauf, was kann jemand und wo liegen seine Talente. Wir achten
darauf, dass diese Talente bestmöglich gefördert werden können.
Wie kamen Sie auf die Idee diese Art der Vorstellungsrunde zu wählen?
Wir sehen das als eine Art von Assessment-Center. Wir wollten aber nicht ein klassi-
sches Assessment-Center, etwa über zwei Tage oder Ähnliches anbieten. Sondern
eben auch hier mehr Wert auf die Persönlichkeiten legen.
Seite XI
Die Rückmeldungen sind durchwegs positiv, nur sehr selten meldet sich jemand mit
einem negativen Feedback.
In der Regel sind die Rückmeldungen durchwegs gut. Nur sehr selten kommt es vor,
dass ein Kandidat sagt, dass er an dieser Runde nicht teilnehmen möchte. Aber hier
ist es für uns dann auch gleich klar, dass dieser Kandidat auch nicht in unsere Kultur
und unser Unternehmen passen würde.
Würden Sie anderen Unternehmen auch diese Art von Vorstellungsrunde emp-
fehlen?
Ja klar, auf jeden Fall. Wir haben so viele gute Erfahrungen damit gemacht. Es wird
ein umfassendes Bild des Bewerbers gegeben, welches man ansonsten nicht bekom-
men würde.