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Roland Heuermann

Matthias Tomenendal
Christian Bressem Hrsg.

Digitalisierung
in Bund, Ländern
und Gemeinden
IT-Organisation, Management
und Empfehlungen
Digitalisierung in Bund, Ländern und
Gemeinden
Roland Heuermann · Matthias Tomenendal
Christian Bressem
(Hrsg.)

Digitalisierung in Bund,
Ländern und Gemeinden
IT-Organisation, Management
und Empfehlungen
Herausgeber
Roland Heuermann Christian Bressem
Bonn, Deutschland Hamburg, Deutschland

Matthias Tomenendal
Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin
Berlin, Deutschland

ISBN 978-3-662-54097-8 ISBN 978-3-662-54098-5 (eBook)


https://doi.org/10.1007/978-3-662-54098-5

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Stimmen zum Buch

„Deutschlands Verwaltungs-IT-Landschaft auf einen Blick. Wer wissen will, worum es


bei „Digitaler Verwaltung“ geht und was der aktuelle Stand im Bund, in Ländern und
Gemeinden ist, dem sei dieses Buch empfohlen.“
Prof. Dr. Frank Hochapfel, Dekan, Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung

„E-Government und damit die Digitalisierung im Öffentlichen Bereich gehört oft zu den
unterschätzten Themen im Rahmen der Digitalen Transformation unserer Wirtschaft
aber auch Gesellschaft. Dabei ist es eine immer stärker werdende Schnittstelle zwischen
Staat und Bürger, in der jeder von uns die Digitalisierung fast täglich spüren kann und
sollte. Insofern bietet das Buch einen wertvollen Beitrag, um die diese Bedeutung des
E-Government für alle Beteiligten nochmals zu unterstreichen.“
Univ.-Prof. Dr. Tobias Kollmann, Lehrstuhl für E-Business und E-Entrepreneurship,
Universität Duisburg-Essen

„Den Autoren ganz unterschiedlicher Herkunft und Erfahrung ist es gelungen, ein voll-
ständiges Bild der zerklüfteten Digitallandschaft im Öffentlichen Sektor darzustellen.
Dabei spannen sie den Bogen von der frühen Entwicklung über den gegenwärtigen Stand
bis zu Zukunftsbildern mit Handlungsempfehlungen. Sie sprechen den Praktiker im
Management ebenso an, wie den Wissenschaftler. Die Perspektive reicht von der klei-
nen Kommunalbehörde über Landes- und Bundesbehörden bis zu Ministerien und in die
Politik. Dabei werden die Verknüpfungen mit der Wirtschaft nicht außer Acht gelassen.
Bei all der Vielschichtigkeit des Themas und den Verästelungen im Öffentlichen Sektor
folgt das Buch einem logischen roten Faden, sodass der Leser nie die Orientierung ver-
liert. Für Politiker, Verwaltungsmanager, Wissenschaftler, Studenten und auch Interes-
sierte aus der Wirtschaft ist das Werk anregende Lektüre und Fundgrube.“
Giso Schütz, Vizepräsident des Bundesverwaltungsamtes a.D.

V
Vorwort

Deutschland ist eine auf vielen industriellen Schlüsselmärkten an der weltweiten Spitze
liegende Wirtschaftsnation. Unbestritten sind die Fahrzeugindustrie, der Maschinenbau,
immer noch Teile der chemischen Industrie, aber auch die Logistikbranche und viele
kleine, von mittelständischen „hidden champions“ beherrschte Marktsegmente Domä-
nen deutscher Weltmarktführer. Gelobt werden deren Innovationskraft und – besonders
bei den mittelständischen Anbietern – die hohe Kundennähe. Im Bereich der preiswerten
Konsumentenwaren beherrschen asiatische und amerikanische Hersteller den Weltmarkt,
Deutschlands Industrie ist gerade im Bereich der Produkte für das „Backoffice“ der Wirt-
schaft, also in erzeugenden Branchen, besonders stark.
Im Öffentlichen Bereich hält sich unser Land zugute, eine besonders verlässliche und
kompetente Verwaltung zu haben. Auch die hohe Leistungsfähigkeit der deutschen Ver-
waltung wird von manchen Politikern gelobt. Allerdings ergibt sich ein anderes Bild,
wenn man die Innovationskraft betrachtet: Hier liegt Deutschland gegenüber den führen-
den Ländern zurück und belegte z. B. in 2017 nur Platz 11 von 26 im EU-Digitalisie-
rungsindex (EU-Kommision, 2017 [4]). Auch in der Meinung befragter Bürger über die
Qualität des E-Governments erreicht Deutschland durchgängig nur Plätze im Mittelfeld
internationaler Vergleiche, seit Jahren liegt Deutschland hinter den anderen deutschspra-
chigen Ländern Österreich und der Schweiz im eGovernment-Monitor zurück (IPIMA &
Initiative D21, 2016 [6]).
Das deutsche Selbstlob über die Leistungsfähigkeit der Verwaltung kontrastiert auch
mit einzelnen schlaglichtartig öffentlich bekannt werdenden Struktur- und Ablaufproble-
men, wie sie sich der breiten Öffentlichkeit beispielsweise angesichts der administrativen
Bewältigung der „Flüchtlingskrise“ 2015 oder dem Behördenverhalten im Vorfeld einzel-
ner, leider gelungener Attentate, z. B. demjenigen auf einem Berliner Weihnachtsmarkt
2016, offenbaren.
Daher die Fragen: Wie managt der Öffentliche Bereich eine Schlüsselkompetenz,
d. h. die eigene Informationswirtschaft? Wie stehen Bund, Länder und Kommunen
konkret da, nachdem die Digitalisierung etwa ab 2013 auch von der „großen Poli-
tik“ als Megathema entdeckt wurde? Welchen Stand hat das IT-Management in diesen
drei Gliederungsebenen? Welche Trends gibt es in der dynamisch voranschreitenden

VII
VIII Vorwort

Digitaltechnologie, und welche Auswirkungen haben diese auf den einzelnen Menschen,
die Wirtschaft, die Gesellschaft, die Politik, die Verwaltung und den Staat? Welche Emp-
fehlungen lassen sich daraus ableiten?
Nun, ab Kap. 2 sollen Antworten auf diese Fragen gegeben werden!
Herzlichen Dank möchten wir an dieser Stelle den mitwirkenden Autoren aus dem
Öffentlichen Bereich, der Wissenschaft und der Beratungsbranche sagen. Am Inhalt der
Beiträge kann man erkennen, dass ein gehöriges Maß an Enthusiasmus der Autoren für
eigene Ideen mitschwingt. Und in Vielem sind sich diejenigen, die täglich operative Top-
Management-Verantwortung zu komplexen und dynamischen Gestaltungsaufgaben in
Strukturen und Abläufen der Digitalisierung des Öffentlichen Bereichs tragen, einig mit
denen, die das Geschehen als Wissenschaftler und Berater begleiten. Teilweise sind es
genau jene Personen, die aus der Praxis des Öffentlichen Bereiches selbst kommen, die
zäh für Innovationen und Effizienzsteigerungen in der Verwaltung kämpfen. Dafür sei
ihnen an dieser Stelle noch mehr Lob ausgesprochen als für den Beitrag von Artikeln in
diesem bescheidenen Buch!
Einen herzlichen Dank möchten wir auch dem Springer-Verlag und namentlich der
Lektorin Frau Susanne Kramer und ihrem Kollegen Herrn Michael Bursik dafür sagen,
die Idee zu diesem Buch gefördert und das Werk in seiner Entstehung geduldig begleitet
zu haben. Kleine Terminschwierigkeiten, die bei Herausgebern und Autoren mit einem
operativen Hauptberuf gerade in einer boomenden Branche schwer zu vermeiden sind,
wurden ohne Murren verziehen. Diese Gnade muss verdient werden, daher haben sich
alle Autoren auch besonders angestrengt und danken dem Springer-Verlag. Wir hoffen,
dass man es am Ergebnis sieht.
Trotz aller Fachlichkeit und des Ernstes der Sache soll der geneigte Leser heiteren
Gleichmut behalten. Diesen zu bewahren, helfen hoffentlich gelegentlich eingestreute
Karikaturen mit dem sanften Humor des Hamburger Grafikers Klaus Bergner. Vielen
Dank für die künstlerische Begleitung!
Last but not least sei für unermüdliche Hilfe bei allen kleinen und großen hand-
werklichen Fragen der Bucherstellung sowie darüber hinaus in einigen Bereichen auch
redaktionell Frau Bettina Heuermann gelobt, die mit großer Geduld die Optik der Dar-
stellungen, die Orthografie und Lesbarkeit der Texte verbesserte, Recherchen durch-
führte und zahlreiche kleine und große redaktionelle Vorschläge machte. Ohne sie würde
es den Lesern bei einigen Beiträgen ihres Ehemanns in diesem Buch eventuell manchmal
allein des Satzbaus wegen gruseln.
Die trotz allen Bemühens verbleibenden Fehler und Schwächen sind allein den drei
Herausgebern anzulasten, sie würden sich über Verbesserungsvorschläge, aber natürlich
auch über Lob der Leser freuen!

Dr. Roland Heuermann


Prof. Dr. Matthias Tomenendal
Christian Bressem
Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1
Roland Heuermann
1.1 Warum dieses Buch? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1
1.2 Übersicht der bisherigen Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2
1.3 Zielgruppen und Aufbau des Buches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5
Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
2 Digitalisierung: Begriff, Ziele und Steuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
Roland Heuermann, Andreas Engel und Jörn von Lucke
2.1 Begriff Digitalisierung und neuzeitliche Technikgeschichte . . . . . . . . . . . . 9
2.2 Digitalisierung der Verwaltung – Ziele und Organisation . . . . . . . . . . . . . . 13
2.2.1 Ziele der Digitalisierung im Öffentlichen Bereich allgemein . . . . . 13
2.2.2 Ziele der Digitalisierung in der Öffentlichen Kernverwaltung. . . . . 15
2.2.3 Managementthemen und Organisation der IT-Steuerung. . . . . . . . . 18
2.3 Digitalisierung in der Kernverwaltung – Konzepte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28
2.3.1 Einsatz von Informationstechnik im Öffentlichen Sektor . . . . . . . . 28
2.3.2 Multidisziplinarität rund um den IT-Einsatz im
Öffentlichen Sektor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
2.3.3 Wissenschaft Verwaltungsinformatik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
2.3.4 Trends der Verwaltungsinformatik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32
2.3.5 Electronic Government. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33
2.3.6 Open Government . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
2.3.7 Open Government Data . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37
2.3.8 Smart Government . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38
2.3.9 Real-Time-Government . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39
2.4 Quintessenz IT-Geschichte und Frage der „Disruption“ . . . . . . . . . . . . . . . 40
Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45
3 Digitalisierung auf kommunaler Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51
Roland Heuermann, Carsten Jürgens, Peter Adelskamp und Tanja Krins
3.1 Konventionelle IT in einzelnen Kommunen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51

IX
X Inhaltsverzeichnis

3.1.1 Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51
3.1.2 Fachliche Aufgaben der Kommunen und Services der
Kommunal-IT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56
3.1.3 Digitale Dörfer – ein neuer kommunaler Service? . . . . . . . . . . . . . . 61
3.2 Smart City: Das Konzept und generelle Aspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63
3.2.1 Übersicht und Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63
3.2.2 Projektvorgehen Smart Citys . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65
3.3 Smart-City-Herangehensweisen einzelner Kommunen . . . . . . . . . . . . . . . . 67
3.3.1 Berlin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67
3.3.2 Düsseldorf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69
3.3.3 Hamburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75
3.3.4 Köln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76
3.3.5 München . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83
3.3.6 Wien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84
3.4 Bewertung Situation Konventionelle IT und Smart City . . . . . . . . . . . . . . . 85
3.4.1 Konventionelle kommunale IT-Dienstleistungen . . . . . . . . . . . . . . . 85
3.4.2 Smart-City-Situation in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87
Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92
4 Digitalisierung auf Landesebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99
Roland Heuermann, Stefan Krebs, Christian D. Kohl, Carsten Jürgens, Johann
Bizer und Michel Golibrzuch
4.1 Übersicht Landes-Aufgaben und IT-Management . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99
4.2 Situation in ausgewählten Ländern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105
4.2.1 Baden-Württemberg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105
4.2.2 Berlin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109
4.2.3 Dataport-Kernländer Bremen, Hamburg, Schleswig-Holstein . . . . . 111
4.2.4 Niedersachsens IT-Strategie: Kooperation mit
kommunalen Partnern. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124
4.2.5 Nordrhein-Westfalen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130
4.3 Bewertung Situation und Landesstrategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132
Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134
5 Digitalisierung auf Bundesebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137
Falk A. Schmidt und Gerhard van der Giet
5.1 Übersicht Bundes-Aufgaben und Struktur der Verwaltung . . . . . . . . . . . . . 137
5.2 Ziele, Management und Mittel der Digitalisierung Bund . . . . . . . . . . . . . . 140
5.2.1 Verbesserung der Steuerung, Konsolidierung der Dienstleister . . . . 140
5.2.2 Beschlüsse zur inhaltlichen Beschleunigung
der Digitalisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142
5.3 Bundeswehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143
5.3.1 Die Bedeutung der Informationstechnik für die Bundeswehr . . . . . 143
5.3.2 Die administrative IT der Bundeswehr. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144
Inhaltsverzeichnis XI

5.3.3 Die einsatznahe IT der Bundeswehr. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146


5.3.4 Neue Bedrohungen und Herausforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148
5.3.5 Neue Bedrohungen aus dem Cyberraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148
5.3.6 Neue Technologien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149
5.3.7 Neue Formen der Zusammenarbeit mit der Wirtschaft . . . . . . . . . . 150
5.3.8 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151
Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151
6 Treiber, Ratgeber, Meinungsmacher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153
Jörn von Lucke, Roland Heuermann, Helmut Poder, Mario Walther, Heinrich
Rentmeister, Marc Reinhardt, Jan Reddehase, Ulf Schitkowsky, Mathias
Oberndörfer, Ferdinand Schuster, Philipp Kleinmanns, Carsten Hentrich und
Michael Pachmajer
6.1 Lehre und Forschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154
6.1.1 Deutschsprachige Lehrstühle an Universitäten & Hochschulen . . . 154
6.1.2 Deutsche Forschungseinrichtungen zur Digitalisierung. . . . . . . . . . 165
6.2 Gremien, Arbeitsgemeinschaften und Interessenverbände . . . . . . . . . . . . . 168
6.2.1 Rein öffentlich: Euritas, KGSt und VITAKO . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168
6.2.2 Rein privat: Bitkom und Interessenverbände . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170
6.2.3 Gemischt privat-öffentlich: AWV und NEGZ . . . . . . . . . . . . . . . . . 176
6.3 Private Anbieter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178
6.3.1 Accenture: Integratives Projektmanagement im
Digital Government . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178
6.3.2 BCG: Verwaltung 4.0 − Mit Digitalisierung zur
Service-Revolution . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182
6.3.3 Capgemini: Thesen NKR-Gutachten 2016 und Stand
der Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185
6.3.4 Computacenter: Digitalisierung − mehr als Apps und
Self-Service . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191
6.3.5 KPMG: Daten in Nutzen verwandeln − ein wichtiger
Schritt auf dem Weg in die Digitalisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197
6.3.6 Materna: IT forciert die digitale Verwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201
6.3.7 PwC: Digital Experience Center in der Kommune
unterstützen Unternehmensveränderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206
Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210
7 Wirkungen und Erfolge der Digitalisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215
Roland Heuermann, Matthias Tomenendal und Carsten Jürgens
7.1 Erfolgsmaßstäbe und Erfolgsberichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215
7.2 Technische Veränderungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218
7.2.1 Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218
7.2.2 Blockchain . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220
7.2.3 Cloud . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224
XII Inhaltsverzeichnis

7.2.4 Künstliche Intelligenz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226


7.2.5 Roboter für den Einsatz bei öffentlichen Aufgaben . . . . . . . . . . . . . 234
7.3 Sozio-kulturelle Veränderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236
7.3.1 Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236
7.3.2 Kommunikation und Interaktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237
7.3.3 Wissen und Fähigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238
7.3.4 Verhalten und Einstellungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240
7.4 Veränderungen in der Verwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241
7.4.1 Organisatorische Wirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241
7.4.2 Wirkungen auf Inhalt und Form von Services . . . . . . . . . . . . . . . . . 243
7.5 Politische Veränderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251
7.5.1 Gestiegene Bedeutung von Digitalthemen für die Politik . . . . . . . . 251
7.5.2 Kompetenzen, Abläufe und Kommunikation in der Politik . . . . . . . 253
7.5.3 Inhalte der Politik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260
7.5.4 Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265
Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268
8 Handlungsempfehlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277
Roland Heuermann
8.1 Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277
8.2 Handlungsempfehlungen im Detail . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281
8.2.1 Ehrgeizige Ziele und Strategien verfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281
8.2.2 Änderung von Regeln und Kultur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285
8.2.3 Bessere Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen und
Kostentransparenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287
8.2.4 Integration von Organisation und IT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290
8.2.5 IT-Services verbessern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291
8.2.6 Abläufe und Struktur optimieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294
8.2.7 Personal-Ressourcen sachgerecht auswählen und
systematisch entwickeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300
8.2.8 Frontoffice optimieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303
8.3 Rechtslage: Ansprüche an Rechtssetzung und -inhalte . . . . . . . . . . . . . . . . 304
8.3.1 Ex-ante- und Ex-post-Prüfung der Rechtssetzung:
Normenkontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304
8.3.2 Inhaltliche Potenziale besserer Rechtssetzung und Umsetzung . . . . 308
Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312

Glossar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317

Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 319

Die Autoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 323


Abbildungsverzeichnis

Abb. 1.1 Aufbau des Buches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6


Abb. 2.1 Digitale Innovationsbereiche der Verwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
Abb. 2.2 Managementthemen in der IT-Steuerung der Verwaltung . . . . . . . . . . . 18
Abb. 2.3 Steuerung mit Architekturmodell TOGAF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
Abb. 2.4 Übersicht Steuerungsgremien Bund und Länder sowie
benachbarte Instanzen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22
Abb. 2.5 IT-Planungsrat – Detailsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
Abb. 2.6 Transformation der Rolle des CIOs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28
Abb. 2.7 Multidisziplinarität rund um den Einsatz von IT im Öffentlichen
Sektor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
Abb. 2.8 Häflers Trends des World Wide Web und des Internets . . . . . . . . . . . . . 33
Abb. 2.9 Geschichtlicher Ablauf Digitalisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41
Abb. 3.1 Vier Arten der Konsolidierung von IT-Dienstleistern . . . . . . . . . . . . . . . 56
Abb. 3.2 Übersicht fachliche Aufgaben in Kommunen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57
Abb. 3.3 Landkarte mit Ortsangabe digitaler Dörfer. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62
Abb. 3.4 Smart-City-Themen – sachliche Nähe und Synergien . . . . . . . . . . . . . . 65
Abb. 3.5 Digitale Stadt Köln 2012 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77
Abb. 3.6 Digitale Stadt Köln 2016 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78
Abb. 3.7 Karikatur kommunale IT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87
Abb. 4.1 Typische Aufgaben der Länder und große zugeordnete
IT-Behörden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100
Abb. 4.2 Organisatorische Anbindung des CIOs in den Bundesländern . . . . . . . . 101
Abb. 4.3 Beispiel Vernetzungsbedarf Landes-IT und Kommunal-IT . . . . . . . . . . 103
Abb. 4.4 Anforderungen an CIOs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104
Abb. 4.5 Karikatur Landes-IT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134
Abb. 5.1 Übersicht der Aufgaben der Kernverwaltung des Bundes . . . . . . . . . . . 139
Abb. 5.2 Leistungsportfolio der Bundeswehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147
Abb. 6.1 Deutschsprachige Akteure Verwaltungsinformatik Universitäten
DACH-Länder. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155

XIII
XIV Abbildungsverzeichnis

Abb. 6.2 Deutschsprachige Akteure Verwaltungsinformatik Hochschulen


DACH-Länder. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156
Abb. 6.3 Lehrstuhlinhaber Verwaltungsinformatik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157
Abb. 6.4 Lehrstuhlinhaber Wirtschaftsinformatik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158
Abb. 6.5 Lehrstuhlinhaber Verwaltungswissenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159
Abb. 6.6 Lehrstuhlinhaber Rechtsinformatik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161
Abb. 6.7 Lehrstühle Öffentliches Recht, Informationsrecht
und Medienrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162
Abb. 6.8 Liste Professoren Politik- und Kommunikationswissenschaften . . . . . . 163
Abb. 6.9 Der Design-Thinking-Ansatz mit iterativem Vorgehen . . . . . . . . . . . . . 181
Abb. 6.10 Cloud delivery model . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192
Abb. 6.11 Evolution der technischen Infrastrukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193
Abb. 6.12 Idealtypische Betriebsorganisation für den Betrieb von
Cloud-Infrastrukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196
Abb. 6.13 Nutzung von Datenanalysen in der Öffentlichen Verwaltung . . . . . . . . 199
Abb. 6.14 Hürden bei der Verwendung fortgeschrittener Datenanalysen . . . . . . . . 200
Abb. 6.15 IT4IT-Modell der Open Group . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203
Abb. 7.1 Öffentlicher Raum und digitale Identitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216
Abb. 7.2 Blockchain – Prinzipdarstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221
Abb. 7.3 Einsatzmöglichkeiten der Cloud als Element eines IT-
architektonischen Zielszenarios . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225
Abb. 7.4 Karikatur Künstliche Intelligenz aus der Flasche . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227
Abb. 7.5 Lebenslagen nach Eintrittsalter und Ereignisketten . . . . . . . . . . . . . . . . 248
Abb. 7.6 Arten und Gründe für Rechtsformvorschriften und persönliches
Erscheinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249
Abb. 7.7 Digitale Hilfsmittel in Staat und politischer
Gesellschaftsverfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257
Abb. 7.8 Karikatur Smartphones für Politiker. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258
Abb. 8.1 Rollen des Staates allgemein und im Digitalisierungskontext . . . . . . . . 278
Abb. 8.2 Mensch – Organisation – IT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280
Abb. 8.3 Ziele und Themen der strategischen Organisationsentwicklung . . . . . . 284
Abb. 8.4 Mögliche Skalierungseffekte – Erfahrungskurve und
Größendegression . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297
Abb. 8.5 Vertikale und horizontale Konsolidierungsziele Öffentlicher IT . . . . . . 299
Abb. 8.6 Prüfung Schriftlichkeitsanforderung und Erscheinenspflicht . . . . . . . . . 311
Tabellenverzeichnis

Tab. 1.1 Literatur über IT-Management und Digitalisierung im


Öffentlichen Bereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
Tab. 1.2 Periodika, Internetangebote und Branchenmessen . . . . . . . . . . . . . . . . . 5
Tab. 2.1 Vier industrielle Revolutionen – grobe sachliche und zeitliche
Eingrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
Tab. 2.2 Digitalisierungsthemen „4.0“ – Schlagworte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
Tab. 2.3 Themencluster der Digitalisierung aus Sicht von
Staat und Politik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
Tab. 2.4 Mögliche mit der Digitalisierung verbundene Innovationsziele
der Verwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
Tab. 2.5 Merkmale disruptiver Wirkungen der Digitalisierung . . . . . . . . . . . . . . 44
Tab. 3.1 Ausgewählte überregionale kommunale
IT-Dienstleistungsbetriebe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53
Tab. 3.2 Beispiele: In ihrem Bundesland jeweils dominierende kommunale
IT-Anbieter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55
Tab. 3.3 Häufigkeit Lebenslagen Bürger auf Webseiten Großstädte . . . . . . . . . . 60
Tab. 3.4 Themen von Smart-City-Konzepten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64
Tab. 3.5 Smart-City-Vorhaben der Stadt Berlin und privater Betreiber . . . . . . . . 68
Tab. 3.6 Betrachtung über „Smart Technologies“ und
„Urban Technologies“. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69
Tab. 3.7 Smart-City-Vorhaben der Stadt Hamburg. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76
Tab. 3.8 Smart-City-Vorhaben der Stadt München . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84
Tab. 3.9 Smart-City-Vorhaben der Stadt Wien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85
Tab. 4.1 Bundesländer und ihre IT-Dienstleister auf Landesebene . . . . . . . . . . . 102
Tab. 4.2 IT-relevante Gutachten, Empfehlungen und Maßnahmen zur
Innovation in Berlin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110
Tab. 4.3 Ziele des E-Government-Gesetzes Berlin. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111
Tab. 4.4 Ausgewählte Inhalte des E-Government-Gesetzes in IT.NRW . . . . . . . 132
Tab. 6.1 Forschungsinstitute Digitalisierung im Öffentlichen Bereich
(Stand 3/2017) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166

XV
XVI Tabellenverzeichnis

Tab. 6.2 Öffentliche überregionale Arbeitsgemeinschaften und Verbände. . . . . . 168


Tab. 6.3 Ausgewählte private Interessensverbände im IT-Bereich
(Vgl. teils auch „Öffentliche Liste über die Registrierung von
Verbänden und deren Vertretern“ des Deutschen Bundestages,
www.bundestag.de). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171
Tab. 6.4 Beispiel aktuelle Studien des NEGZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177
Tab. 7.1 Erfolgs und Misserfolgsmaßstäbe der Digitalisierung
(absolut und relativ) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217
Tab. 7.2 Neue Technologien mit Potenzial großer Wirkung im Öffentlichen
Bereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219
Tab. 7.3 Konkrete kommerzielle Einsatzbereiche von Software mit
Künstlicher Intelligenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229
Tab. 7.4 Naheliegende potenzielle und schon gegebene Einsatzfelder für
KI im Öffentlichen Bereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231
Tab. 7.5 Bekannte frühe (Teil-)Roboter für zivile und militärische Zwecke . . . . 237
Tab. 7.6 Große Reformkonzepte der Verwaltungsmodernisierung auf
allen Ebenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242
Tab. 7.7 Organisatorische Wirkungen der Digitalisierung
in der Verwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244
Tab. 7.8 Mögliche Wirkungen der Digitalisierung auf den
Inhalt von Service . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245
Tab. 7.9 Grade der Auswahl- und Gestaltungskompetenz von
Behörden für IT-Services . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247
Tab. 7.10 Wirkungen auf Kompetenzen, Abläufe und Kommunikation in
der Politik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256
Tab. 7.11 Aufnahme von Digitalthemen in Parteiprogramme
großer Parteien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260
Tab. 7.12 Mögliche inhaltliche Wirkungen auf politische Handlungsfelder . . . . . 263
Tab. 7.13 Durch Digitalisierung in Deutschland gefährdete Arbeitsplätze
nach Berufsgruppe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265
Tab. 8.1 Handlungsempfehlungen für besseres Verwaltungsmanagement . . . . . . 282
Einleitung
1
Roland Heuermann

1.1 Warum dieses Buch?

Die „Digitalisierung“ ist ein seit wenigen Jahren geradezu inflationär verwendetes
Schlagwort für den Einsatz der Informationstechnologie in Privatwirtschaft und Öffent-
licher Verwaltung. Gemeint ist hiermit – anders als der Begriff es bei wortwörtlicher
Auslegung nahelegt – nicht die schon seit den 1990er Jahren weit fortgeschrittene Über-
führung analoger Daten in digitale Speicherformate, sondern die teils radikale Einfüh-
rung „disruptiver“ Geschäfts- und Organisationsmodelle, die vollständige elektronische
Abbildung aller Kommunikationswege zwischen Kunden/Bürgern und Anbietern/Behör-
den sowie – als neuerem Megatrend – das Aufkommen cyber-physischer Systeme in
der Erstellung von Gütern und Dienstleistungen. In der Privatwirtschaft firmieren diese
neuen, digital gesteuerten Produktionsweisen als „Industrie 4.0“ und beinhalten die auto-
matisch gesteuerte Produktion in der Industrie und das „Internet der Dinge“. Im Öffent-
lichen Bereich ist die intelligente Steuerung kommunaler Infrastrukturen in „Smart
Cities“ – teilweise – das Pendant.
Teils angejahrte Stichwörter für digitale Programme und Leistungsbündel sind
„E-Commerce“ und „E-Government“. Aktuell en vogue sind die programmatisch
gemeinten Begriffe „Industrie 4.0“, „Smart City/digitale Stadt“ und „Verwaltung 4.0“.
Einzelne fachliche und technische Angebote in der jüngeren Diskussion sind „Big Data“,
„Cloud“, „virtual“ und „augmented reality“, „E-Akten“, „Block Chains“ und „Künstli-
che Intelligenz“.

R. Heuermann (*)
Bonn, Deutschland
E-Mail: roland_heuermann@t-online.de

© Springer-Verlag Berlin GmbH Deutschland 2018 1


R. Heuermann et al. (Hrsg.), Digitalisierung in Bund, Ländern und Gemeinden,
https://doi.org/10.1007/978-3-662-54098-5_1
2 R. Heuermann

Viele Schlagwörter und das Nachlaufen hinter einzelnen Visionen begleiten zwar die
aktuelle Diskussionswelle über Digitalisierung, thematisieren aber nicht das ganze Bild,
sondern nur einzelne Fragmente des Puzzles. Digitalisierung ist kein fertiges Ergebnis,
sondern ein mehrstufiger und mehrschichtiger Prozess. Digitalisierung in diesem Sinne
meint zunächst Investition, Innovation und manchmal langjährige Transformation, dann
aber schnell auch „neue Konvention“. Digitalisierung meint ebenso eine immer stärkere
Durchdringung der privaten Freizeit und des privaten Kommunikationsverhaltens durch
digitale Angebote an Nutzer. Dies birgt Chancen für den Einzelnen, die Gesellschaft und
alle Verantwortlichen für öffentliche und private Organisationen, aber auch Herausforde-
rungen und Risiken.
Zu den Management-Chancen und Herausforderungen dieser Entwicklung gibt es
zahlreiche prophetische und erklärende Bücher, die fast ausschließlich Szenarien aus der
Privatwirtschaft oder dem Verhalten privater Nutzer beschreiben. Eine Gesamtdarstel-
lung der Situation aus dem Blickwinkel der Öffentlichen Verwaltung und der sie teils
steuernden, teils laufen lassenden Politik Deutschlands fehlt jedoch. Nur wenige Auto-
ren kümmern sich darum, die Anstrengungen des Staates selbst bei der eigenen Digita-
lisierung darzustellen und hier einen Beitrag zur gezielten Weiterbildung von Politikern/
Entscheidern sowie einen Überblick für alle an diesem Thema interessierten mitdenken-
den Bürger inner- und außerhalb der Verwaltung zu leisten.
Dieses Werk möchte hier Abhilfe schaffen und eine erste Zusammenstellung von
Konzepten, Initiativen und Ansichten zur Digitalisierung im Öffentlichen Sektor vorle-
gen. Gleichzeitig würden wir uns freuen, wenn wir dazu anregen, dass demnächst noch
weitere Bücher zu diesem Thema erscheinen.

1.2 Übersicht der bisherigen Literatur

Die Öffentliche IT als Managementaufgabe der eigenen IT-Leistungserbringung und als


Baustein der Digitalisierung der Gesellschaft wird erstaunlich wenig zum Thema zwischen
zwei Buchdeckeln gemacht, obwohl ein Großteil öffentlicher Dienstleistungen ohne Spe-
zialsoftware der Verwaltung gar nicht mehr denkbar ist und die Funktionsfähigkeit des
Staates weit mehr von IT abhängt, als vielen Bürgern und auch Politikern bewusst ist. Die
Gründe für die geringe mediale Präsenz mögen vielfältig sein: Die wenigen Fachhoch-
schul-Studiengänge für Verwaltungsinformatik thematisieren IT-Managementthemen,
wie auch andere betriebswirtschaftliche Fragen, nur am Rande (eigene Recherche in [5,
S. 5 f.]) und haben daher – genauso wie die Studiengänge für die Ausbildung von Lauf-
bahnbeamten – kaum Bedarf an entsprechender Literatur. In der Politik und der media-
len Öffentlichkeit spielt die verwaltungsinterne IT nur sporadisch eine Rolle – meist bei
Bekanntwerden von Softwareproblemen, wie z. B. im Laufe der als „Flüchtlingskrise“
bezeichneten Verwaltungs- und Politikkrise in 2015: Hier waren es Medienbrüche und
zwischen den Behörden und den Bundesländern inkompatible Computerprogramme,
die einen Teil des Arbeitsrückstands und des mangelnden Überblicks über die Situation
1 Einleitung 3

verursachten. In anderen Fällen sind es meist als „Computerpannen“ beschriebene


Programmierfehler, schwerwiegende Architekturfehler der Software (z. B. bei der
Polizei-Informationssoftware INPOL-neu), zum Projektexitus führende grundsätzliche
Meinungsverschiedenheiten von Projektauftraggebern (z. B. das an Architekturmängeln
und anderen Problemen gescheiterte Mehrländer-Projekt für eine neue Steuerverwaltungs-
Software Fiscus1), zu fatalen Folgen führende Fehler von IT-Beschäftigten2, drastische
Kostensteigerungen3, die Verwaltungsarbeit behindernde und/oder sogar Betrug erleich-
ternde veraltete Software4 oder sachliche Fehler der Verwaltung bei Bedienung ihrer
Fachsoftware, die für Aufmerksamkeit sorgen. Zahlreiche gelungene IT-Vorhaben, wie
z. B. die von mehreren Bundesländern unter dem schönen Namen KONSENS arbeitstei-
lig vorangetriebene Entwicklung von Software in der Steuer-Fachverwaltung, finden sehr
viel seltener den Weg in die Schlagzeilen der allgemeinen Presse und werden meist nur,
wenn überhaupt, in Periodika des Öffentlichen Bereichs dargestellt. Die Tatsache, dass alle
Öffentlichen IT-Anbieter tausende von Verwaltungs-Fachverfahren aller Ebenen (teils im
24/7-Modus) betreiben und vermutlich hunderte Verfahren jährlich aktualisieren, relati-
viert einzelne Meldungen über Probleme – eventuell aber auch nicht. Für eine Beurteilung
der Situation fehlen an dieser Stelle genügend Informationen über die Bedingungen, unter
denen die Öffentliche Verwaltung IT-Services herstellt.
Das lange Jahre zu beobachtende relative Schattendasein von innovativen Manage-
mentthemen in der gelebten Praxis der Verwaltung ist – so eine unter IT-Verantwortli-
chen häufig zu hörende Meinung – teilweise einfach zu erklären: eine geradezu den
potenziellen Systemvorteilen durch stärkere IT-Integration und Digitalisierung wider-
sprechende gelebte Verwaltungskultur der Betonung des Trennenden und vieler kleiner
innerbehördlicher, regulatorischer Hürden für effiziente Lösungen. Das Ressortprinzip
erlaubt es jedem Ministerium, im eigenen Apparat weitgehende Gestaltungsautonomie
auszuüben. Die drei Ebenen der Gebietskörperschaften Bund, Länder und Gemeinden
pflegen untereinander und gegenüber den jeweils anderen Ebenen, manchmal jenseits
von Schaufenstererklärungen, sogar absichtlich das Trennende. Gemeinsame Aktionen
sind, wenn sie zustande kommen, sehr aufwendig anzubahnen und unter zig gleichbe-
rechtigten Beteiligten abzustimmen.
Durch dieses relative „Loch“, in dem sich Digitalisierungsvorhaben lange Zeit im
Öffentlichen Bereich befanden, mag auch erklärbar sein, dass sich solche Querschnitts-
themen (wie die innerbehördliche IT) sachlich manchmal im Nirwana zwischen Haus-
halts-, Innen-, Wirtschafts- und Finanzpolitik und teils Rechtspolitik bewegen und
nirgendwo „aus einem Guss“ durchdacht und gesteuert werden.

1Detaillierte Analyse der Gründe für diese und andere Pannen Öffentlicher IT in Mertens [11].
2Zum Beispiel fälschliche Überweisung von 5 Mrd. EUR durch die KfW-Bank am 20.03.2017 [2].
3Zum Beispiel bei der Personalsoftware KoPers für Hamburg und Schleswig-Holstein [13].

4Zum Beispiel das zum länderübergreifenden Austausch von Umsatzsteuerdaten verwendete VIES,

dessen deutscher Teil schon 2006 veraltet und sogar 2015 noch nicht erneuert war [3].
4 R. Heuermann

Die Digitalisierung wurde erstmals im dritten Bundeskabinett unter Angela Merkel


(2013–2017) intensiv und mit einer Vielzahl von Maßnahmen auf höchster politischer
Ebene thematisiert, aber gestückelt – formal dem Ressort für Verkehr (wegen der IT-
Netze umbenannt in Ministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur), dem Ressort
für Inneres sowie dem für die Wirtschaft – zugeordnet. Die größten Öffentlichen IT-
Dienstleister betreiben aber die Bundesministerien für Finanzen, für Inneres und für
Verteidigung.
Die Betrachtung der Situation mag erklären, wieso die in Tab. 1.1 enthaltene Liste
aktueller Bücher über Öffentliche IT sehr überschaubar ist und in den Werken eher Steu-
erungsfragen und Kritik an den Schwächen des politischen Managements als inhaltliche
Sachfragen adressiert werden.
Wesentlich bunter und lebendiger als die Bücherwelt über Öffentliche IT sind die
periodischen Zeitschriften und die regelmäßigen, inzwischen zu großen Foren mit teils
weit über tausend hochrangigen Teilnehmern gewordenen Fachmessen der Branche. Die
Tab. 1.2 enthält eine Liste der bekanntesten Zeitschriften und größten, meist jährlichen,
deutschen Branchenmessen für Öffentliche IT.
Über die genannten Messen in Deutschland hinaus gibt es auch internationale Ver-
anstaltungen mit ähnlichem Fokus und teils netten Veranstaltungsorten: Zu nennen sind
hier die CeDEM (Conference for eDemocracy and Open Government) und die eGov-
ePart (eGovernment/eParticipation).

Tab. 1.1 Literatur über IT-Management und Digitalisierung im Öffentlichen Bereich. (Eigene
Darstellung)
Titel + Erscheinungsjahr Autor(en) Kommentar
Deutschland 4.0. Wie die digi- Kollmann & Schmidt breit und fundiert angelegte Darstel-
tale Transformation gelingt [10] lung – die IT in der Kernverwaltung
wird nicht dargestellt
Die smarte Stadt – den digitalen Kaczorowski
Wandel intelligent gestalten [8]
IT-Governance in Staat und Engel (Hrsg.) und Positionen, Fakten und Beispiele zur
Kommunen [3] mehrere Autoren Steuerung Öffentlicher IT
IT im Korsett organisatorischer Neudhart Insider stellt typische kulturelle Kon-
Rahmenbedingungen [12] fliktzonen deutscher Büro-kratiekultur
mit den Erfordernissen des IT-
Managements dar
Smart City wird Realität [7] Jaeckel Darstellung der Stadtentwicklung hin
zu einer Smart City
Stein-Hardenberg 2.0 [9] Köhl, Lenk, Löbel, Ideen und Konzept für stärker als
Schuppan & Viehstädt bisher digitale Möglichkeiten nutzende
Verwaltungsabläufe
1 Einleitung 5

Tab. 1.2 Periodika, Internetangebote und Branchenmessen. (Eigene Darstellung)


Zeitschrift/Magazin/Messe Autor(en)/Veranstalter Verweis/Kommentar
Behördenspiegel Progress Verlagsgesellschaft http://www.behoerden-spiegel.
de/Startseite/
Digitaler Staat (Messe) Progress Verlagsgesellschaft http://www.digitaler-staat.org/
(bis 2015 „effizienter Staat“)
eGovernment Computing Vogel Business Media http://www.egovernment-
computing.de/
eGovernment Monitor initiiert vom Institute for Pub- http://www.egovernment-
lic Information Management monitor.de/startseite.html
(IPIMA, TU München) und der
Initiative D21
Fachtagungen Rechts- und Gesellschaft für Informatik finden i. d. R. in zweijährigem
Verwaltungsinformatik Rhythmus statt. http://www-
ftvi.de
ÖFIT – Kompetenzzentrum Fraunhofer FOKUS, Berlin Diverse aktuelle Fachpublika-
Öffentliche IT tionen zum Management der
Digitalisierung im Öffentli-
chen Bereich
http://www.oeffentliche-it.de/
Verwaltung und Management Nomos Verlag http://www.vum.nomos.de/
Zukunftskongress (Messe) Wegweiser http://www.zukunftskongress.
info/

1.3 Zielgruppen und Aufbau des Buches

Zielgruppen dieses Buches sind alle an Managementthemen der Öffentlichen IT ober-


halb technisch-operativer Fragen interessierten Leser, namentlich

• Organisations- und Haushaltsverantwortliche innerhalb einzelner Behörden, vor allem


aber auch in Oberbehörden von Bund und Ländern sowie Kommunalverwaltungen,
• Fachpolitiker, die ihren Schwerpunkt in der Innenpolitik, dem Verwaltungsmanage-
ment und dem Innovationsmanagement sehen,
• CIOs der Gebietskörperschaften und IT-Verantwortliche in den Behörden,
• Leiter von Stabsstellen für E-Government, Verwaltungsmodernisierung und Smart
City,
• Lehrende und Studierende der Fächer Public Management, E-Government und gene-
rell der Verwaltungswissenschaften,
• Lehrende und Studierende der Verwaltungsinformatik,
• Berater und
• Journalisten.
6 R. Heuermann

Besonders herausgehoben werden sollen IT-Verantwortliche von Behörden. Nach eige-


nem Eindruck sind sie bisher weniger an genereller Literatur über ihre Branche interes-
siert, vermutlich weil der Öffentliche Bereich fachlich und damit in den IT-technischen
Herausforderungen teils sehr heterogen ist und die Arbeits- und Lebenswirklichkeit nur
in den von vielen als nachteilig empfundenen Merkmalen der Öffentlichen IT gleich ist,
z. B. bei den komplexen vergaberechtlichen Vorgaben, einer großen heterogenen Zahl
von Anspruchsgruppen und einer Vielzahl teils herausfordernder Randbedingungen.
Ihnen sollte Mut gemacht werden, dass ihr Fachgebiet in der Öffentlichen Verwaltung
mit weiter fortschreitender Digitalisierung stärker wahrgenommen und sich gegen man-
che Hemmnisse von heute künftig besser durchsetzen können wird.
Der in Abb. 1.1 dargestellte Aufbau des Buches versucht, allen Lesern einen mög-
lichst intuitiv logischen Darstellungsgang zu bieten. Die Reihenfolge der Kapitel ist
folgendermaßen angelegt:

• Das Buch gibt nach dieser Einleitung in Kap. 2 einen Überblick der IT-Steuerung
im Öffentlichen Bereich, beginnend mit den Zielen und folgend den Konzepten.
Da sich ein erheblicher Teil der geschichtlichen und sachlichen Digitalisierungs-
themen – nämlich diejenigen an der Schnittstelle der Verwaltung zu Bürgern und
Unternehmen – mit E-Government-Lösungen verbindet, ist dem Thema E-Govern-
ment hier ein besonderer Platz eingeräumt.
• Danach folgen in Kap. 3, 4 und 5 Darstellungen jeweils zur IT im Bereich der Kom-
munen, der Länder und des Bundes. Da in einer von der Seitenzahl her begrenzten

Abb. 1.1 Aufbau des Buches


1 Einleitung 7

Monografie nicht alle Kommunen und Bundesländer einzeln beschrieben werden kön-
nen, wurde eine Auswahl nach Größe und Verfügbarkeit von Informationen getroffen.
Die IT in der Europäischen Union, als möglicherweise hier zu nennende vierte Ebene
der Gebietskörperschaften, ist nicht dabei. Der Grund dafür ist, dass sie keine eigenen
Verwaltungsorgane für die Durchsetzung ihrer Beschlüsse auf nationaler Ebene hat
und damit praktisch keine eigenen digitalen Services in Deutschland betreibt.
• Kap. 6 ist eine Mischung aus der Darstellung institutioneller Thinktanks und den indi-
viduellen Stellungnahmen bekannter Unternehmens- und Systemberatungshäuser.
• Die nicht auf einen einfachen Nenner zu bringenden Wirkungen und Erfolge der Digi-
talisierung enthält das Kap. 7. Es nimmt sich Zeit, aktuelle technische Hypethemen
auf das Potenzial für die Öffentlichen Dienstleistungen abzuklopfen. Gleichzeitig wer-
den auch gesellschaftliche und politische Wirkungen der Digitalisierung betrachtet.
• Schlussendlich bündelt und erläutert das Kap. 8 Empfehlungen an die politischen Ent-
scheider über Strategie und Mittel der Verwaltungs-IT.

Die Inhalte des Buches sind von verschiedenen Autoren nach einer gemeinsamen Glie-
derung erstellt worden. Die Namen der Autoren werden jeweils unterhalb der Überschrift
eines Abschnitts genannt. Für den Inhalt ihres Abschnitts und die hierin dargestellten
Meinungen sind sie verantwortlich, für den „roten Faden“ trotz aller Freiheiten haben die
Herausgeber „den Hut“ aufgehabt. Verweise auf andere Abschnitte im Buch sind von den
Herausgebern nachträglich eingefügt worden. Es gibt ein gemeinsames Glossar am Ende
dieses Buches, Literaturhinweise sind jeweils in den Literaturverzeichnissen am Ende
eines Kapitels in alphabetischer Reihenfolge gesammelt worden. Bei Links auf Quellen
im Internet wurde die Verfügbarkeit nachträglich im Frühjahr 2017 geprüft.
Der besseren Lesbarkeit wegen wurde weitestgehend nur die männliche Form der
Grammatik verwendet. Aus Erfahrung wissen die Herausgeber, dass auch die meisten
Mitbürgerinnen diesen Stil bevorzugen und darin keine Benachteiligung sehen.

Literatur

1. DPA: Fünf Milliarden Euro auf falsche Konten. FAZ, 24.03.2017. http://www.faz.net/aktuell/
finanzen/ueberweisungspanne-fuenf-milliarden-euro-auf-falsche-konten-14941061.html.
Zugegriffen: 24. Apr. 2017
2. Eggers, E.: Alte Computerprogramme erleichtern Umsatzsteuer-Betrug. FAZ, 12.10.2015
3. Engel, A. (Hrsg.): IT-Governance in Staat und Kommunen. Edition Sigma, Berlin (2015)
4. Europäische Kommission: Digitalisierung in Deutschland kommt voran: Deutschland beim Digi-
talisierungsindex auf Platz 11. 03.03.2017. https://ec.europa.eu/germany/news/digitalisierung-
europa-kommt-voran-deutschland-beim-digitalisierungsindex-auf-platz-11_de. Zugegriffen: 24.
Apr. 2017
5. Heuermann, R.: Strategisches IT-Management. Oldenbourg, München (2014)
6. IPIMA & Initiative D21: eGovernment-Monitor 2016. http://www.egovernment-monitor.de/
startseite.html (2016). Zugegriffen: 30. Apr. 2017
8 R. Heuermann

7. Jäkel, M.: Smart City wird Realität. Wegweiser für neue Realitäten in der Digitalmoderne.
Springer, Berlin (2015)
8. Kaczorowski, W.: Die smarte Stadt – den digitalen Wandel intelligent gestalten. Handlungsfel-
der – Herausforderungen – Strategien. Boorberg, Stuttgart (2014)
9. Köhl, S., Lenk, K., Löbel, S., Schuppan, T., Viehstädt, A.-K.: Stein-Hardenberg 2.0: Architek-
tur einer vernetzten Verwaltung mit E-Government. Edition Sigma, Berlin (2014)
10. Kollmann, T., Schmidt, H.: Deutschland 4.0. Wie die digitale Transformation gelingt. Springer,
Wiesbaden (2016)
11. Mertens, P. (Hrsg.): Schwierigkeiten bei IT-Großprojekten der Öffentlichen Verwaltung.
http://wi1.uni-erlangen.de/sites/wi1.uni-erlangen.de/files/swp_4_aufl_arbeitsbericht.pdf
(2012). Zugegriffen: 31. März 2017
12. Neudhart, N.: IT-Organisationen im Korsett organisatorischer Rahmenbedingungen. Verlag D.
Müller, Saarbrücken (2009)
13. Witte, J.: Pannen-Programm KoPers wird noch teurer. Die Welt, 18.08.2016. https://www.
welt.de/regionales/hamburg/article157738742/Pannen-Programm-KoPers-wird-noch-teurer.
html. Zugegriffen: 31. März 2017
Digitalisierung: Begriff, Ziele und
Steuerung 2
Roland Heuermann, Andreas Engel und Jörn von Lucke

2.1 Begriff Digitalisierung und neuzeitliche Technikgeschichte

Roland Heuermann

Der seit ca. 2014 im und vom Öffentlichen Bereich geradezu inflationär benutzte Aus-
druck „Digitalisierung“ ist für das aktuelle Geschehen schon fast ein Anachronismus,
da die erstmalige Digitalisierung – genau: die Digitalisierung von Daten – tatsächlich
schon Jahrzehnte zuvor stattgefunden hat. Digitalisierung meint im engen Wortsinn das
Überführen analoger Daten in ein diskretes System mit nur sehr wenigen Wertezustän-
den, im Extremfall sogar nur zwei (Binärsystem). Von Vorteil ist die Nutzung digitaler
Abbildungen analoger Daten erst mit dem Einsatz technischer Systeme, die mit viel bil-
ligeren technischen Bauteilen digitale als analoge Zustände abbilden können. Erstmalig
wurde dieser Vorteil „großtechnisch“ nach der Erfindung des Schreibtelegrafen 1833 in
der Signalübermittlung durch das Morsealphabet mit drei Zuständen (kurzes Signal, lan-
ges Signal, Pause) genutzt.

R. Heuermann (*)
Bonn, Deutschland
E-Mail: roland_heuermann@t-online.de
A. Engel
Frechen, Deutschland
E-Mail: andreas.engel@stadt-koeln.de
J. von Lucke
The Open Government Institut, Zeppelin Universität Friedrichshafen,
Friedrichshafen, Deutschland
E-Mail: jorn.vonlucke@zu.de

© Springer-Verlag Berlin GmbH Deutschland 2018 9


R. Heuermann et al. (Hrsg.), Digitalisierung in Bund, Ländern und Gemeinden,
https://doi.org/10.1007/978-3-662-54098-5_2
10 R. Heuermann et al.

Einen nächsten, ungleich größeren Aufschwung nahm die Digitaltechnologie im Zuge


der 3. Industriellen Revolution (siehe Tab. 2.1), die nach Ende des Zweiten Weltkriegs
vor allem mit aus Halbleitermaterial gefertigten binären integrierten Schaltungen star-
tete. Sie nahm zunächst eine relativ langsame Entwicklung, „zündete“ dann aber mit
zunehmend rasanter Geschwindigkeit in den 1990er Jahren und führte zu einer schon
sehr weitgehenden Übernahme analoger Datenbestände in digitale Medien bis zum Ende
des letzten Jahrtausends. Außerdem wurden Konzepte für eine Unterstützung der Steu-
erung von Arbeitsabläufen im Bürobereich durch Software erstmalig umgesetzt. Dieser
Prozess läuft auch aktuell noch weiter, wird allerdings wegen des schon hohen Aus-
gangsniveaus evtl. als weniger dynamisch wahrgenommen als zuvor. Bis zum Jahr 2016
waren nach Schätzungen der Bitkom in Deutschland [3] ca. 51 % aller Dokumente digi-
talisiert, 44 % der Arbeitsabläufe digital unterstützt und in 35 % der Firmen und Verwal-
tungen mit einem elektronischen Dokumentenmanagement ausgestattet.
Dann, aus dem Blickwinkel einer sehr groben zeitlichen Betrachtung, wurde das
schon in den 1960er Jahren vorhandene, aber erst seit 1990 auch für private Nutzer frei-
gegebene Internet ab ca. dem Jahr 2000 zur zentralen Plattform für den überwiegenden
Anteil des technischen Informationsaustauschs. Dieser Zeitpunkt wird von manchen als
Beginn der 4. Industriellen Revolution betrachtet. Die Besonderheit dieser – chronolo-
gisch betrachtet – zweiten Welle der Digitalisierung (so auch [23, S. 11], der gar keine

Tab. 2.1 Vier industrielle Revolutionen – grobe sachliche und zeitliche Eingrenzung. (Eigene
Darstellung)
Ereignis Beginn Erläuterung der sachlichen Errungenschaften
Erste Industrielle 1760 ff., Schwerpunkt Dampfmaschinen ersetzen in vielen Indus-
Revolution 19. Jahrhundert trien bei schwersten Arbeiten die blanke
Muskelkraft
Zweite Industrielle 1870 ff., Schwerpunkt ca. Eisenbahn, Fließbänder, Gas- und Wasser-
Revolution 1900 bis 1970 versorgung, Telefonie, Schreibmaschinen,
Autos und vor allem die flächig verfügbar
gemachte Elektrizität verbessern die Lebens-
bedingungen und Produktion dramatisch
Dritte Industrielle 1950, Vermehrt Elektronik und Digitaltechnik in
Revolution, „digitale Schwerpunkt ab 1970 Einzelgeräten, erste Computer im Mas-
Revolution“ seneinsatz von Wirtschaft und Verwaltung,
Verbesserung von Abläufen
Vierte Industrielle ca. 2000 f. Über das Internet medienbruchfreie Kom-
Revolution munikation zwischen Menschen, Behörden
und Unternehmen möglich, cyber-physische
Systeme vernetzen Maschinen in Produk-
tionswirtschaft, Haushalt und im mobilen
Einsatz
2 Digitalisierung: Begriff, Ziele und Steuerung 11

4. Industrielle Revolution sieht), besteht nicht in der Überführung analoger Daten in


digitale Abbilder, sondern in einer Mehrzahl nicht mehr nur auf einen Nenner zu brin-
gender Maßnahmen: Hierzu gehören eine konsequente Ausrichtung der Leistungen von
Privatwirtschaft und Verwaltung auf medienbruchfreie digitale Wege zum Kunden und
von ihm zurück, auf selbststeuernde Produktionsanlagen und automatisierte Büroab-
läufe, autonome Mobilgeräte und darüber hinaus auf ganz neue Geschäftsmodelle, um
den gleichen oder höheren Nutzen auf evtl. ganz anderen Wegen als früher zu erreichen.
Während die vorherigen industriellen Revolutionen erst nachträglich so klassifiziert wur-
den, fällt die 4. Revolution dadurch auf, dass sie quasi schon im Vorfeld dazu erklärt
wurde. Da die Möglichkeiten und Folgen dieser 4. „Industriellen“ Revolution gar nicht
nur die Industrie selbst, sondern – wie auch im Übrigen schon bei der 2. und 3. Indus-
triellen Revolution – den Dienstleistungsbereich mit u. a. der Öffentlichen Kernverwal-
tung betreffen und Auswirkungen auch auf den gesellschaftlichen Bereich haben, wird
oft nicht mehr von „4. Industrieller Revolution“ gesprochen, sondern eine Vielzahl von
„4.0“-Themen aufgefächert. Die wichtigsten davon werden in der Tab. 2.2 mit einer kur-
zen Erläuterung gezeigt. Zu fragen ist also, ob man den Begriff „Digitalisierung“ nicht
besser durch einen „4.0“-Ausdruck ablöst. In diesen „4.0“-Themen werden nicht nur rein
technische Aspekte und das Handling von Daten als Teilbedeutung von Digitalisierung
angesprochen, sondern auch die Auswirkungen auf große Zielbereiche wie Wirtschaft,

Tab. 2.2 Digitalisierungsthemen „4.0“ – Schlagworte. (Eigene Darstellung – angeregt durch [31,
S. VI])
Schlagwort Erläuterung
Arbeit 4.0 Vielgestaltige Auswirkungen der Digitalisierung auf Arbeitsangebot und
Arbeitsnachfrage. Eine durch mehrere Expertenrunden vorbereitete Sammlung
von Aspekten des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales enthält zahlrei-
che Facetten – und Fragen [8]
Gesellschaft 4.0 Selten verwendet
Industrie 4.0 Cyber-physische Systeme, d. h. per Internet vernetzte und sich selbst per Sen-
soren und ggf. Aktoren wartende Maschinen, Internet der Dinge. Der Ausdruck
„Industrie 4.0“ wurde in Deutschland geprägt [39, S. 173], im Ausland ist er
bisher praktisch kaum übernommen worden
Politik 4.0 Frage nach mehr Transparenz, mehr Beteiligung und direkter Demokratie,
höhere Meinungsmacht der Bürger durch leichteren Zugang zum öffentlichen
Meinungsmarkt
Technologie 4.0 Begrenzt den Inhalt von Industrie 4.0 auf den technologischen Anteil, d. h. per
standardisierter Schnittstellenwelt digital steuerbarer Maschinen
Verwaltung 4.0 Begriff stammt von Kruse & Hogrebe (vgl. [39]), in ihm sammeln sich mit
Bezug auf die Verwaltung wieder Teilthemen der allgemeinen Digitalisierung
Wirtschaft 4.0 Ein neben der Industrie 4.0 auch die Dienstleistungsgewerbe einschliessender
Begriff. Selten verwendet
12 R. Heuermann et al.

Arbeitsplätze, Politik und auch Verwaltung. Viel gewonnen ist damit hinsichtlich einer
komplexitätsreduzierenden Wirkung aber zumeist nicht. Zunächst sind diese Begriffe
teils nicht ganz sauber trennbar, manche hängen als Teilmenge oder mit gemeinsamer
Schnittmenge zusammen – so ist „Politik“ letztlich ein Teil der „Gesellschaft“, „Arbeit“
ein Teil der „Wirtschaft“ und der „Industrie“, andere Begriffe haben eine wechselweise
Beziehung („Technologie“ und „Gesellschaft“).
Wenn man hinter diese Schlagworte in Tab. 2.2 schaut, entdeckt man zumeist die
gleichen Themen und Fragen wieder, deren Antwort zuvor zur Suche nach einem erklä-
renden Begriff führte. Dies gilt auch für „Verwaltung 4.0“. Das sehen Schuppan und
Köhl [54, S. 32] ähnlich: „Bei Verwaltung 4.0 […] handelt es sich um einen ‚Container-
begriff‘, der teilweise verwirrend wirkt, weil alte Konzepte und Ideen einfach nur neu
gelabelt werden“. Gleiches könnte man analog für Arbeit 4.0, Politik 4.0 oder Indust-
rie 4.0 sagen. Dies entwertet die in diesen „Containern“ enthaltenen Detailthemen nicht,
es sagt nur: Der „4.0“-Obergriff hilft dann nicht viel weiter, wenn man sich von der
Technik entfernt und alle betroffenen sozialen Aggregate damit etikettiert. Außerhalb
Deutschlands spricht man hier statt von „Industrie 4.0“ von cyber-physikalischen Sys-
temen. Das bezeichnet die technische Veränderung, die den Unterschied macht. Diesen
Ursprung von allem fest im Blick zu behalten erscheint sinnvoll, weil es über den Kern
der gemeinten Veränderungen in der Technik kaum Meinungsunterschiede geben kann.
Es ist dann ein zweiter Schritt, zu fragen, ob und wo diese cyber-physischen Veränderun-
gen Wirkung zeigen und wie diese aussehen. Hier ist etwas Vision und vor allem unter-
schiedlich weit ausfransende Spekulation dabei – daher gibt es auch einen erheblichen
Überlapp der verschiedenen „4.0“-Derivate. Ob diese dann zusätzlichen Erklärungswert
bringen oder eher um ihrer selbst Willen Fragen generieren oder Listen auch ohne sie
zu erzeugender Unterfälle mag der Leser entscheiden. Wegen seiner Begrenzung auf
den Kern macht das Häfler-Stufenmodell der Entwicklung einen plausiblen Ansatz, von
Lucke stellt es in Abschn. 2.3.4 dieses Kapitels näher vor. Demzufolge ist die aktuelle
Entwicklungsstufe des Internets und seiner Nutzenpotenziale die vierte Evolutionsstufe,
d. h. „Web 4.0“.
Die Wirkungen von Web 4.0 und seine Vorgängerversionen streuen auf alles. Die
zuvor genannten verschiedenen 4.0-Themen haben keinen zusätzlichen Wert bei der
Komplexitätsreduzierung, daher kann man sich davon auch ohne Nachteil wieder lösen.
Es bleibt also, mangels besserer und diskussionsfreier Alternativen, bei dem nicht
ganz scharf den jetzigen geschichtlichen Augenblick treffenden Ausdruck der „Digitali-
sierung“. Wichtiger als das Etikett sind jedoch der Sinn und die Bedeutung, daher fragt
der nächste Abschnitt nach den zu erwarteten Chancen und Risiken, den die Verwaltung
und der Staat von der Digitalisierung haben.
2 Digitalisierung: Begriff, Ziele und Steuerung 13

2.2 Digitalisierung der Verwaltung – Ziele und Organisation

2.2.1 Ziele der Digitalisierung im Öffentlichen Bereich allgemein

Roland Heuermann

Die Digitalisierung ist eine Entwicklung, die Chancen und Risiken sowohl für Einzel-
personen, Organisationen, Gesellschaften wie auch Staaten bietet. Die Erwartungen und
Befürchtungen an die Digitalisierung im Öffentlichen Bereich kann man pragmatisch
durch geeignete Aggregation in sieben große Handlungsbereiche sortieren, die alphabe-
tisch in der Tab. 2.3 aufgelistet sind. Die Öffentliche Verwaltung ist einer davon. Die
genannten Handlungsbereiche sind nicht vollständig unabhängig voneinander. Die Ver-
waltung profitiert oder leidet ggf. unter Entwicklungen in allen anderen allgemeinpoliti-
schen Handlungsbereichen:

• Der allgemeine Arbeitsmarkt ist für die IT-Bereiche der Verwaltung ein Markt für
zukünftige eigene IT-Arbeitskräfte. In Deutschland wächst dank einer gestiegenen
Zahl von Ausbildungsplätzen und Studienplätzen das Angebot an für IT-Tätigkeiten
qualifizierten Absolventen und berufserfahrenen Arbeitskräften, Engpässe an Bewer-
bern gab es z. B. 2016 nur punktuell [7, S. 4]. Auch in der Öffentlichen IT ist seit
Jahren das befürchtete Problem eines generellen Engpasses bei der Einstellung von
Nachwuchs nicht flächendeckend eingetreten. „Normal“ sind jedoch (wie überall in
der IT-Wirtschaft) temporäre Engpässe bei gerade aktuellen neuen Technologien oder
im IT-Sicherheitsbereich sowie gelegentlich lokale Probleme in besonders hochpreisi-
gen Städten, wie z. B. München. Es gibt eine strategische Aufmerksamkeit für dieses
Thema (siehe z. B. Ausarbeitung zur Personalgewinnung durch den IT-Planungsrat
[27]) und aus Sicht vieler Öffentlicher Dienstleister eine erfolgreiche Rekrutierung
von Personal im knappen Segment des gehobenen Dienstes (Qualifikationsstufe 3)
durch die Einrichtung eigener dualer Studiengänge (ergänzende Betrachtung des IT-
Arbeitsmarktes in Abschn. 7.5.3.3).
• Vor allem die digitale Bildung in der Schule ist wegen der Kompetenzen und Kapazi-
täten von Schulen immer noch ein Thema für die Allgemeinpolitik. Direkte Wirkung
auf den Nachwuchs für die Verwaltungs-IT lässt sich nicht beobachten. Indirekt sollte
der Öffentliche Bereich selbst davon profitieren, wenn ein immer größerer Teil der
Schüler und Jugendlichen hohe digitale Kompetenz erwirbt und sich dafür interes-
siert, im IT-Bereich beruflich tätig zu sein.
• Forschungsergebnisse: Technische Forschungsthemen wie auch Fragen des Manage-
ments, sowohl von Prozessen wie auch Ressourcen, beeinflussen die Effizienz und
Effektivität des IT-Einsatzes. Aus Erkenntnissen hierzu kann auch der Öffentliche
Bereich unmittelbar Nutzen ziehen.
14 R. Heuermann et al.

Tab. 2.3 Themencluster der Digitalisierung aus Sicht von Staat und Politik. (Eigene Darstellung)
Handlungs- Positive Erwartungen, Hoffnungen Negative Erwartungen, Befürchtungen
bereich
Arbeitsmarkt • Neue Arbeitsplätze • Netto-Verlust an Arbeitsplätzen durch
• Hochwertige Jobs schaffen disruptive Wirkungen
• Wettbewerbskraft deutscher Firmen • Im Tempo der Änderungen gegenüber
• Start-ups und Gründerszene beflügeln Konkurrenz zurückzufallen
Bildung • Gute Bildung: Vorteile für Einzelper- • Hohe Zahl digitaler „Analphabeten“
sonen und den Standort Deutschland oder Verweigerer sind Standort-
• Web-basierte Technologien und/oder nachteil und belasten künftig den
Künstliche Intelligenz können die Ver- Arbeitsmarkt
mittlung von Bildung erleichtern
Forschung • Marktfähige Erfindungen oder nütz- • Forschung führt nicht zu verwertba-
liche Grundlagenforschung bringen ren Ergebnissen oder die Ergebnisse
Vorteil für die deutsche Wirtschaft und verwerten andere
Gesellschaft
Infrastruktur • Gute Infrastruktur, besonders schnelle • Verwundbarkeit kritischer Infrastruk-
Breitbandnetze (Stand 3/2017: turen steigt
Schnell = könnte durchschnittlich > 25 • Servicediskriminierung ist möglich,
Mbps sein; zu Gründen von relativ politischer Widerstand dagegen
langsamem Netz in Deutschland siehe • Aktuelles Hinterherhinken Deutsch-
Kratz [33]), höhere Geschwindigkeit lands bei Breitbandangebot ist Stand-
könnte Standortvorteil sein ortnachteil
Politik selbst • Wünsche nach höherem Maß an • Meinungsmanipulation durch
Transparenz, Teilhabemöglichkeiten Falschnachrichten („fake news“) oder
und Open Government fordern zwar, durch Roboter („Bots“), die künstlich
fördern aber am Ende auch den Staat massenhafte Meinungsäußerungen
erzeugen
Verwaltung • Effizienz und Effektivität der Verwal- • Ein Zurückbleiben der Verwaltung ist
tung werden gestärkt, Akzeptanz in der ein Standortnachteil
Bevölkerung und Wirtschaft wachsen • Angst vor mangelndem Datenschutz
Wirtschaft • Digitales Wachstumsland Nr. 1 werden • Deutschland fällt gegenüber den USA
und Asien weiter zurück

• Allgemeine IT-Infrastruktur: Die Öffentliche Verwaltung hat eigene Verwaltungs-


netze, von der allgemeinen Netz-Infrastruktur profitiert sie nur indirekt.
• Die Wirkungen auf die Politik selbst betreffen auch die Verwaltungs-IT, weil sie als
Serviceanbieter für die Politik tätig ist und z. B. für Open-Government-Vorhaben
Anwendungen und Standards entwickelt sowie Plattformen bereitstellt. In geringe-
rem Maße sind auch mehr Transparenz und Beteiligungsmöglichkeiten schaffende IT-
Anwendungen gefragt, dieser Anteil dürfte aber sehr überschaubar sein.
• Die Verwaltung ist auch ihr eigener Kunde: Die Digitalisierung von Verwaltungsab-
läufen und das Angebot von digitalen Services für die Bürger und Unternehmen der
einen Behörde strahlen auch auf andere Behörden indirekt ab, weil es zum einen in
2 Digitalisierung: Begriff, Ziele und Steuerung 15

geringem Umfang evtl. einen Leistungsaustausch zwischen Behörden gibt, zum ande-
ren aber auch ein Leistungsvergleich stimulierend wirken kann.
• Wirtschaft: Die Wirtschaft ist „Kunde“ der Verwaltung und in Teilen auch Lieferant.
Eine stark digitalisierte Wirtschaft „treibt“ die Verwaltung vermutlich auch zu stärke-
rer eigener Digitalisierung, auf der anderen Seite stellt sie vermutlich mehr innova-
tive Produkte auch für die Verwaltungsarbeit bereit. Die Bundesregierung hat in 2010
und wiederum in 2013 in Koalitionsverträgen das Ziel formuliert, Deutschland zum
digitalen Wachstumsland Nr. 1 zu machen. Genaue, messbare Maßstäbe für das Errei-
chen der Ziele wurden nicht formuliert. In dem in 2017 veröffentlichten „Weißbuch“
des BMWi wird festgestellt, dass die USA – gemessen an einem von der Fa. Roland
Berger (mit einer Befragung von ca. 240 Unternehmen) ermittelten Index mit 21
Indikatoren – mit 18 % des realisierten Digitalisierungspotenzials weltweit führend
ist, während Europa zurückhängt: „Auch Deutschland gehört zu den Nachzüglern“ –
Deutschland hat nur 10 % seines Potenzials erreicht und liegt sogar hinter Großbritan-
nien, Frankreich und den Niederlanden [10, S. 24 f.].

2.2.2 Ziele der Digitalisierung in der Öffentlichen Kernverwaltung

Roland Heuermann

Alle rationalen Motive der Öffentlichen Verwaltung, über Themen der Digitalisierung
nachzudenken, sind mit dem Begriff „Innovation“ verbunden. Da der Einsatz von IT-
Technologie, auch der fortschrittlichsten, kein Selbstzweck ist, sondern den Zielen und
Aufgaben der Verwaltung dienen muss, sind die Bereiche des Innovationsbedarfs mög-
lichst genau zu bestimmen. In absteigender Reihenfolge der Bedeutung für die Ziele des
Staates sind dies vier Bereiche der Innovation:

1. Leistungen (im Folgenden „Services“) für die Bürger und die Gesellschaft,
2. Arbeitsabläufe in der Verwaltung und zwischen Verwaltung, Bürgern und Unter-
nehmen,
3. die Informationstechnik (IT) selbst, geschuldet den eigenen Kontrollbedarfen, sowie
4. die Steuerung der Verwaltung in Gänze wie auch der eigenen IT.

Diese vier großen Innovationsbereiche kann man – wie in Abb. 2.1 dargestellt – auf eine
Vielzahl ihnen untergeordneter Themen herunterbrechen.
Eine kurze, ergänzende Erläuterung dazu:

• Service- und Prozessinnovation: Für den Außenstehenden wird der Wert der digita-
len Kompetenz der Verwaltung unmittelbar durch das Ergebnis, den Verwaltungs-
service (d. h. das Produkt), sichtbar. Gegebenenfalls werden in manchen Fällen
einige Etappen der dahin führenden Zwischenschritte (d. h. Zwischenprodukte) in
16 R. Heuermann et al.

Abb. 2.1 Digitale Innovationsbereiche der Verwaltung

den Verwaltungsverfahren sichtbar. Ablauf und Produkt sind bei Dienstleistungen,


wie der staatlichen Kernverwaltung, oft sehr dicht beieinander, teils ist das Verfah-
ren selbst das Produkt. Bürger und Unternehmen wollen im Grunde möglichst rich-
tig und schnell ihre Ansprüche an die Verwaltung bzw. den Staat entschieden sehen,
möglichst wenig mit ihm und seinen internen Abläufen in Kontakt treten und davon
verstehen müssen und wenn, dann kostenlos. Dazu wird evtl. mehr Transparenz über
das Geschehen, auch den Bearbeitungsstand längerer Verwaltungssachen, gewünscht.
Gleiches gilt analog auch für Behörden, die mit anderen Behörden in Kontakt treten
• IT-Innovation: Es ist ein besonderes Merkmal der dynamischen Entwicklung von
Digitaltechnologien, dass sie selbst einem schnellen Innovationszyklus unterliegen,
einem schnelleren als andere Querschnittsdienste wie Personalmanagement oder
Liegenschaftsmanagement. IT-Innovationen sind für Außenstehende zunächst nur
2 Digitalisierung: Begriff, Ziele und Steuerung 17

behördenintern an der Mensch-Maschine-Schnittstelle der Sachbearbeitung und im


IT-Bereich selbst bemerkbar. Es ist geradezu Absicht mancher IT-Innovationen für die
interne und externe IT, vom Nutzer gar nicht, und wenn, dann nur positiv bemerkt
zu werden. Hierzu zählen namentlich alle Innovationen im Rechenzentrum. Meist
sofort bemerkbar sind Innovationen im Frontend-Bereich, u. a. bei Endgeräten, in der
Hotline usw. Sichtbarkeit und – wenn sichtbar – Verständlichkeit des Wertes inter-
ner IT-Innovationen sind deutlich geringer. Für Außenstehende, auch für laienhafte
Behördenleiter, scheinen IT-Bereiche manchmal Orte der unverständlichen Selbstbe-
schäftigung mit permanenten Umbaumaßnahmen zu sein.

Die Tab. 2.4 listet je Innovationsbereich mögliche Nutzenerwartungen an Veränderungen


in der Öffentlichen Verwaltung auf.
Über diese, auf sich selbst gerichtete, Sicht hinaus kann und sollte die Öffentliche
Verwaltung auch die Absicht haben, durch eigene Fortschritte bei der Digitalisierung
eine positiv abstrahlende Innovationswirkung auf Wirtschaft und Gesellschaft zu haben.

Tab. 2.4 Mögliche mit der Digitalisierung verbundene Innovationsziele der Verwaltung. (Eigene
Darstellung)
Innovationsbereich Mögliche Nutzen-Ziele der Innovation
Serviceinnovation • Kompletter Entfall eines Verwaltungsverfahrens
➩ Hauptzweck • Entfall von Nachweisen
• Erleichterung für den Verwaltungskunden (Zeitbedarf, Kosten)
• Effektivität (Ergebnissicherheit) erhöhen
• Transparenz über Verfahrensstand und Inhalt erhöhen
• Proaktiv auf Kunden zugehen können
Innovation der Abläufe • Ablauf überflüssig machen
(Verwaltungsverfahren) • Sachliche Qualität erhöhen
Hilfsmittel 1. Ebene • Verfügbarkeit erhöhen (bis zu 7 × 24 h), Ausfallrisiko mindern
• Kosten bei gleichbleibender Qualität senken
• Geschwindigkeit erhöhen
• Automatisieren, Erleichterung für die Beschäftigten
• Bessere Verzahnung mit anderen Abläufen
• Komplexität verkleinern
• Wirtschaftlichkeit erhöhen
Informationstechnologie • Skalierbarkeit nach Bedarf der Leistungsnachfrage
Hilfsmittel 2. Ebene • Flexibilität zur Anpassung auf neue Situationen erhöhen
• Bedienung erleichtern
• Automatisieren
Steuerungsinnovation • Transparenz: Nutzdaten und Betriebsdaten der Verwaltung in einem
„Cockpit“ zentral und drill-down-fähig verfügbar machen
• Daten aus verschiedenen Verwaltungsbereichen vernetzen können
und damit neue Steuerungsinformationen gewinnen
• Daten aus dritten Quellen (z. B. sozialen Netzwerken) nutzen
18 R. Heuermann et al.

2.2.3 Managementthemen und Organisation der IT-Steuerung

2.2.3.1 Managementhemen in der Steuerung Öffentlicher IT


Roland Heuermann

Die Themen im Management der Digitalisierung der Öffentlichen Verwaltung kann man
nach dem in der Abb. 2.2 dargestellten Raster mit 15 sachlichen Kategorien systematisie-
ren. Die Steuerungssituation stellt sich kurz gefasst wie folgt dar:
1. Bedarfe der Bürger, Unternehmen und der Exekutive: „Kunde“ ist für die Öffentli-
che IT sehr oft die eigene Fachverwaltung, Nutzer sind die eigenen Mitarbeiter der
Behörde, andere Behörden, aber auch Bürger und Unternehmen. Der Öffentliche
Bereich setzt zur Klärung der Bedarfe alle „klassischen“ Mittel der Anforderungs-
analyse ein, hierzu gibt es u. a. den Leitfaden des Bundesinnenministeriums zu
Organisationsuntersuchungen [6].
2. Service Level Management: Es gibt bei vielen, vermutlich bei allen in der Rolle
eines Shared Service Centers betriebenen IT-Dienstleistern explizite Servicekatego-
rien.
3. IT-Kommunikation und Marketing: Die IT-Dienstleister bewerben in unterschied-
lichem Ausmaß ihre Kunden in der Öffentlichen Verwaltung. Es gibt viele pro-
fessionelle, inhaltlich interessant und abwechslungsreich erstellte Homepages,
gelegentlich auch Periodika und Messeauftritte.
4. Produkt-/Leistungskatalog: Mit dem Leistungskatalog „LeiKa“ (siehe Abschn. 7.4.2)
gibt es eine im weiteren Aufbau befindliche, behörden- und ebenenübergreifende
detaillierte Liste von Verwaltungsverfahren.
5. Produkt-/Service-/Portfoliomanagement: Öffentliche IT-Dienstleister kennen die
Rolle des „Kundenbetreuers“ und des Servicemanagers für bestimmte IT-Services.

Abb. 2.2 Managementthemen in der IT-Steuerung der Verwaltung


2 Digitalisierung: Begriff, Ziele und Steuerung 19

Anders als in der Privatwirtschaft geht es hier aber nicht um ggf. das Wecken ganz
neuer Bedarfe, sondern eher um die Betreuung von Behörden, die aufgrund rechtli-
cher Vorgaben einen ganz bestimmten IT-Service benötigen, aber evtl. in der Wahl
der Bezugsquelle die Freiheit der Auswahl unter zwei oder mehr Anbietern oder
Entwicklungspartnern haben.
6. Qualitäts- und IT-Sicherheitsmanagement: Es gibt mit dem IT-Grundschutzkatalog
und vielen Detailvorgaben des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstech-
nik (BSI) eine standardisierte Vorgehensweise zur Erhöhung der Sicherheitsqualität
von Öffentlichen IT-Services.
7. Aufbauorganisation und Betriebsprozesse: Behörden in Deutschland arbeiten inzwi-
schen weitgehend – dem Anspruch nach – mit den auch in der Wirtschaft bekannten
Standards, d. h.für die Prozessorganisation des Servicebereichs mit ITIL (IT Infra-
structure Library), bei der Bestimmung des Personalbedarfs mit einer analytischen
Personalbedarfsermittlung. Die Aufbaustruktur trennt meist den Servicebereich von
dem Betrieb, einem Bereich mit IT-Entwicklung und einem Bereich für Steuerung,
Budgetierung usw.
8. IT-Governance und IT-Rollen: Der Öffentliche Bereich hat kein verbindliches,
behördenübergreifendes Rollenset, auch die Steuerung ist – jenseits der Rechtsform –
behördenindividuell.
9. IT-Projektmanagement: Für die Bundesebene gilt formell das allerdings anpassungs-
bedürftige V-Modell XT; praktisch dürfte es auch viele Behörden geben, die agile
Projektmanagement-Methoden durch entsprechende „Anpassung“ des V-Modells
XT und gleich nach der Methode SCRUM einsetzen.
10. IT-Beschaffung und Vendorenmanagement: Bund, Länder und Kommunen haben
zunehmend Instanzen für die Bündelung der Beschaffung gebildet, allerdings kaum
ebenenübergreifende. Außerdem ist die Nutzung von zentralen Beschaffungsein-
richtungen längst nicht über alle Instanzen zwingend. Darüber hinaus bündeln auch
viele überregionale kommunale IT-Dienstleister und die praktisch als Bundesver-
band der kommunalen Dienstleister arbeitende ProVitako den Einkauf für Öffentli-
che IT-Dienstleister.
11. Personalmanagement: Es gibt kein gemeinsames behördenübergreifendes IT-Perso-
nalmanagement, jede Behörde rekrutiert für sich. Eine Rotation zwischen Behörden
und ein Austausch von Spezialisten wären bei Beamten per Abordnung möglich,
dürften aber sehr selten stattfinden. Dagegen kommen Beauftragungen eines Öffent-
lichen Dienstleisters an einen anderen, um mit dessen Personal Dienste im Namen
des Auftraggebers zu erstellen, durchaus vor (s. z. B. die virtuellen Rechenzenten
des Dachverbandes kommunaler IT-Dienstleister in NRW, KDN, in Rechenzentren
von Mitgliederbetrieben, siehe Abschn. 4.2.5).
12. Architekturmanagement: Es gibt auf Bundesebene mit der Koordinierungsstelle für
IT-Standards (KoSit) ein speziell für Architektur tätiges „Kompetenzcenter“, das als
Referat in der Verwaltung der Freien- und Hansestadt Bremen angesiedelt ist und
sowohl für den IT-Planungsrat als auch andere öffentliche Auftraggeber arbeitet.
20 R. Heuermann et al.

Architekturvorgaben des Bundes werden vom CIO des Bundes in Form einer regel-
mäßig aktualisierten Richtlinie [11] herausgegeben. Die Idee des ganzheitlichen
Managements von IT-Landschaften ist gerade bei konsolidierten IT-Dienstleistern,
die eine große Zahl, in der Regel mehrere hundert, ihnen vorher unbekannte Ver-
waltungsfachverfahren „geerbt“ haben, besonders wichtig. Einzelne Bundesländer
haben ein sehr strukturiertes Vorgehen oder wollen es einführen und stärken (z. B.
IT-Architekt ITDZ Berlin, Herzberg, 2014 [19]). Ein ebenen- und regionenübergrei-
fendes angestimmtes Vorgehen fehlt praktisch jedoch selbst im IT-Planungsrat, der
einen Leitfaden Architekturmanagement für die Bundesverwaltung herausgegeben
hat [11].
13. IT-Strategie: Viele Öffentliche IT-Bereiche haben eine explizite, nicht unbedingt
öffentlich bekannt gegebene Strategie.
14. IT-Controlling: Es gibt kein systematisches, behördenübergreifendes IT-Controlling
über die klassischen Kennzahlen des Öffentlichen Haushaltsmanagements hinaus,
d. h. keine Standard-Kosten-Leistungsrechnung (KLR) und keine definierten Kalku-
lationswege von Servicekosten. Die Kennzahlen von zwei verschiedenen Öffentli-
chen IT-Dienstleistern sind somit oft eigentlich nicht vergleichbar.
15. Budgetierunf: Sach- und Personalhaushalt: Die in einer öffentlich-rechtlichen
Rechtsform geführten IT-Dienstleister unterliegen den dort gepflegten Regeln, die
zumindest eine jährliche kameralistische Ein- und Auszahlungsrechnung beinhalten.
Viele Behörden dürften darüber hinaus eine Kosten-Leitungsrechnung (KLR) mit
KLR-Produkten haben, außerdem werden Anlagegegenstände in einem „Gerätein-
ventar“ erfasst. Darüber hinaus dürften einige, auf jeden Fall die in privater Rechts-
form geführten Behörden-IT-Dienstleister, ein „echtes“ doppisches System mit
Abschreibungen haben.

2.2.3.2 Gremien und Berichtslinien Öffentlicher IT-Dienstleister


Roland Heuermann

Öffentliche IT-Dienstleistungen kommen in zwei grundsätzlich unterschiedlichen Orga-


nisationsformen sowie dazwischen liegenden Mischformen vor:

• Als in die Fachbehörde eingebetteter IT-Bereich. Es gibt viele IT-Bereiche, die Teil
der Zentralbereiche ihrer Behörde sind. Andere sind teils auf Fachbereiche aufgeteilt,
teils zentral. Wieder andere sind gleichrangig mit dem Zentralbereich der Behörden-
leitung zugeordnet.
• Als eigenständige, behördenübergreifende IT-Dienstleister im Stile eines Shared
Service Centers. Hier sind verschiedene Rechtsformen, öffentlich-rechtliche (z. B.
Anstalt Öffentlichen Rechts, aber auch Regiebetriebe) wie privatrechtliche (Genos-
senschaften, GmbH), zu finden.
2 Digitalisierung: Begriff, Ziele und Steuerung 21

Eine Mischform besteht darin, den örtlichen IT-Service und evtl. einzelne behördenspe-
zifische Fachverfahren vor Ort in der eigenen Behörde zu betreiben, Querschnittsservices
aber und evtl. das Hosting besonders anspruchsvoller Fachverfahren einem Shared Ser-
vice Center zu überlassen.
Für die sachliche Abstimmung über die Schnittstellen der Zusammenarbeit und die
Zuordnung der Verantwortung zwischen den fachlichen Kunden der IT und den IT-
Dienstleistern gibt es kein bundesweit verbindliches Vorgehensmodell. Damit wird es
vermutlich von Behörde zu Behörde, von Bundesland zu Bundesland verschiedene
Vorgehensweisen geben. Einige Gebietskörperschaften haben standardisierte Vorgaben
zumindest für ihre eigene Arbeit näher geprüft, wie es z. B. NRW mit dem TOGAF-
Modell getan hat [43]. Ob und wie diese tatsächlich gelebt werden, ist eine hier nicht
untersuchte Frage. Der Mindestrhythmus und der Mindestinhalt von Abstimmungen
zwischen Fachbereichen und IT-Bereichen wird durch die jährliche Haushaltsplanung
und die Gliederungstiefe der dafür zu erstellenden IT-Rahmenplanungen bestimmt. Eine
standardisierte Sicht der Aufgabenteilung am Beispiel der Aufgabenzuschnitte zwi-
schen IT-Landesdienstleister und den Auftraggebern in den Ressorts mit Begriffen des
TOGAF-Modells ist in Abb. 2.3 dargestellt.
Oberhalb der Ebene einzelner Behörden und einzelner IT-Dienstleister hängt es von
der Ebene der Verwaltungsgliederung und ggf. von der Zugehörigkeit zu bestimmten
Ressorts ab, welche Abstimmungswege einzuhalten und welche Gremien zuständig
sind. Abb. 2.4 zeigt, mit dem IT-Planungsrat an der Spitze, eine schematische Darstel-
lung der Zusammenhänge von Gremien, beratenden Instanzen und operativen IT-Dienst-
leistern auf der Ebene Bund und Länder: Der IT-Planungsrat auf Bund-Länderebene

Abb. 2.3 Steuerung mit Architekturmodell TOGAF


22 R. Heuermann et al.

Abb. 2.4 Übersicht Steuerungsgremien Bund und Länder sowie benachbarte Instanzen

(i. F. nur „IT-Planungsrat“) ist das höchste Gremium gleichberechtigter Entscheidungs-


findung von Bund und Ländern und hat die Kompetenz für folgende Aufgaben:

• Koordination der IT-Zusammenarbeit von Bund und Ländern.


• Entwicklungsaufträge für Softwarekomponenten im Stile des „einer für alle“, die
dann kostenlos Behörden auf allen Ebenen der Verwaltung zur Verfügung gestellt
werden. Die Ersteller der Softwarekomponenten sind oft kommunale IT-Dienstleister
oder solche der Länder. Für die Verwendung der Komponenten gibt es allerdings kei-
nen „Anschlusszwang“, die Kommunen sind gar nicht Mitglieder des IT-Planunsrates.
• Temporär: Planung und Aufbau eines neuen IT-Verbindungsnetzes für die Öffentliche
Verwaltung.
• Entwicklungsaufträge für IT-Standards.

Der IT-Planungsrat tagt, gemäß Festlegung in einem am 01.04.2010 geschlossenen Ver-


trag [24], mindestens zweimal jährlich oder auf Antrag des Bundes und von mindestens
drei Ländern. Beschlüsse werden durch Zustimmung des Bundes und einer Mehrheit
von mindestens elf Ländern gefasst (d. h., so ganz gleichberechtigt mit dem Bund sind
einzelne Länder nicht).
Mitglieder des IT-Planungsrates können mit einer zweijährigen Kündigungsfrist aus-
treten. Falls es zu Austritten aus dem Planungsrat kommt, löst sich „der Rest“ bei weni-
ger als zehn Mitgliedern auf.
Neben den CIOs von Bund und Ländern können u. a. als Gäste drei Vertreter von
Kommunen oder Kommunalverbänden teilnehmen sowie der Datenschutzbeauftragte
2 Digitalisierung: Begriff, Ziele und Steuerung 23

des Bundes. Den Vorsitz haben turnusmäßig im Jahreswechsel der Bund und einzelne
Länder, die sich untereinander einigen müssen. Nachweisbare, besondere IT-relevante
Berufsqualifikationen oder langjährige eigene IT-Berufserfahrungen – wenn auch nur in
der Politik – werden im Vorsitz des Planungsrats nicht erwartet. Daher ist das Gremium
in der personellen Zusammensetzung auch in dieser Hinsicht sehr gemischt.
Um seinen eigenen Auftrag und seine inhaltliche Vorgehensweise zu präzisieren,
hat der IT-Planungsrat im September 2010 eine „nationale E-Government-Strategie“
(NEGS) beschlossen [25] und in 2015 fortgeschrieben, deren Inhalt in zuletzt fünf Ziel-
festlegungen für das E-Government besteht [26, S. 9]:

1. Der Zugang wird allen potenziellen Nutzern eines Dienstes ermöglicht.


2. Der Zugang ist barrierefrei, die Benutzung nutzerfreundlich.
3. Die Nutzer haben einen einfachen und sicheren Weg zur Verwaltung.
4. Verwaltungsangelegenheiten lassen sich über das Internet abschließend elektronisch
erledigen.
5. Die Verwaltung verfügt über Kompetenzen im E-Government.

Für die Umsetzung haben die Mitglieder des IT-Planungsrats mit „koordiniertem Han-
deln in Eigenverantwortung“ zu handeln, d. h., es gibt keine zentrale Kontrollinstanz und
keine gegenseitige Rechenschaftspflicht.
In operativen Themen koordiniert sich der IT-Planungsrat bei Bedarf insbesondere mit
den Fachministerkonferenzen, wenn es z. B. um verwaltungsfachliche IT-Anwendungen
geht.
Die Binnenstruktur des Planungsrates wird in der Abb. 2.5 aufgezeigt. Im Vertrag zwi-
schen Bund und Ländern wird die Geschäftsstelle des IT-Planungsrates angesprochen
und deren Finanzierung durch Bund und Länder geregelt. Die Struktur der sechs in der
Abbildung darunter befindlichen Aufgabenbereiche ist heterogen und nicht permanent,
sondern folgt derzeitigen pragmatischen Gesichtspunkten. Neben den projekären Aufga-
ben ist insbesondere die mit IT-Standardisierungsaufgaben beauftragte KoSIT zu erwäh-
nen, die seit Jahren für den IT-Planungsrat die unter dem Stichwort „xÖV“ bekannten
Standardformat-XML für den behördenübergreifenden Datenaustausch erstellt, aber
auch z. B. für die Innenministerkonferenz arbeitet (Stand 3/2017) und organisatorisch
einem E-Government-Referat der Verwaltung im Bundesland Bremen zugeordnet ist. Die
bis 2017 im IT-Planungsrat gegebene Kapazität zum Wissensaustausch und zur Steue-
rung gemeinsamer Projekte wird als zu gering betrachtet, um den eigentlich anstehen-
den Aufgaben nachzugehen (Hessens CIO Schäfer am 13.10.2016, Kommune21 [32]),
daher kam der Vorschlag einer ergänzenden operativen Einheit mit Namen „Föderale IT-
Kooperation“ als unterstützende Instanz für den IT-Planungsrat [32, S. 3].
Die an der Spitze der Gremien wie dem IT-Planungsrat, aber auch in den Gebietskör-
perschaften stehenden CIOs sind wichtige Gestalter der Digitalisierung in der Verwaltung.
Auf sie kommt es ganz wesentlich an, von alleine bewegt sich der Apparat vermutlich nicht
wirklich. Außerdem haben Bund und Länder keine ausreichend differenzierten allgemeinen
24 R. Heuermann et al.

Abb. 2.5 IT-Planungsrat – Detailsicht. (Quelle: [28])

Corporate-Governance-Regeln, aus denen sich bereits für den IT-Apparat klare IT-Gover-
nance-Regeln und Erwartungen ableiten lassen (s. [59, S. 57]). Die Person selbst prägt
damit sehr stark die Rolle und Funktion des CIOs, hierin liegen große Chancen für Kön-
ner und auch systemische Risiken im Falle von weniger kompetenten Vorsitzenden. Daher
stellt der folgende Abschnitt diese Rolle und neuere Entwicklungen näher vor.

2.2.3.3 Die gewandelte Rolle des CIOs


Andreas Engel

2.2.3.3.1 Rollendefinition
Ein Chief Information Officer (CIO) ist nach allgemeinem Verständnis die ranghöchste
Position oder Führungskraft in einer Organisation mit Gesamtverantwortung (Ergeb-
nisverantwortung) für den Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnik.
Sie ist in der Regel im Vorstand vertreten und zeichnet dafür verantwortlich, dass die
Organisationsstrukturen (IT-Management) und Leistungsprozesse der IT-Bereitstellung
(IT-Servicemanagement) optimal gestaltet werden und eine den Organisationszielen
entsprechende, zeitgemäße und effektive IT-Unterstützung gewährleistet wird (business
alignment), vgl. [15, S. 8, 21, 22].
Nach klassischem Rollenverständnis ist es Aufgabe eines CIOs, den Einsatz der Infor-
mations- und Kommunikationstechnik in der Organisation strategisch zu steuern, d. h. eine
IT-Strategie zu entwickeln, im Vorstand abzustimmen und organisationsweit umzusetzen.
Im Zentrum der Aufgabe steht die Koordination und Steuerung der organisationsinternen
2 Digitalisierung: Begriff, Ziele und Steuerung 25

Bedarfsträger und Stakeholder, um die Nachfrage zu bündeln und das Angebot an IT-Leis-
tungen in einer integrierten Infrastruktur- und Anwendungslandschaft zu harmonisieren und
zu standardisieren. Der CIO ist verantwortlich für das IT-Controlling und die IT-Gover-
nance.
In Abgrenzung zum CIO obliegt dem Chief Technology Officer (CTO) bzw. dem
Chief Information Manager (CIM) die Verantwortung für die effektive Bereitstellung
der IT-Leistungen (IT-Supply) bzw. den IT-Betrieb. Gegenüber internen bzw. exter-
nen IT-Dienstleistern nimmt der CIO die Auftraggeberrolle wahr, er bestimmt die Fer-
tigungstiefe der IT-Produktion in der eigenen Organisation und wirkt beim internen
IT-Dienstleister darauf hin, dass die Betriebsorganisation und das Leistungsangebot opti-
miert und konsolidiert werden.
In der Öffentlichen Verwaltung stand in den vergangenen Jahren die Grundsatzfrage
der Institutionalisierung eines CIOs im Mittelpunkt (in der Regel bezeichnet als IT-
Beauftragte bzw. IT-Beauftragter), die Ausstattung mit Entscheidungsbefugnissen und
in diesem Zusammenhang die Anbindung in der Entscheidungshierarchie von Regierung
oder Verwaltung. Im Bund und in den meisten Ländern wird die Aufgabe im Rang eines
Staatssekretärs wahrgenommen, in einzelnen Ländern auch von Ministern oder höheren
Beamten. Im Unterschied zum Bund und allen Bundesländern ist die CIO-Rolle in den
Kommunen vielerorts noch nicht etabliert, ganz zu schweigen von einer Verankerung auf
der Chefebene.
Noch sind die Positionen mit sehr unterschiedlichen Handlungsmöglichkeiten und
Entscheidungsrechten ausgestattet. Aufgrund der ausgeprägten Eigenständigkeit von
Regierungs- bzw. Verwaltungsträgern (Ressortprinzip, Fach-, Organisations- und Bud-
getverantwortung) ist es für die effektive Wahrnehmung der Steuerungsrolle jedoch
wichtig, dass der CIO mit einem Budget bzw. mit Genehmigungsvorbehalten in der Bud-
getbewirtschaftung ausgestattet ist.

2.2.3.3.2 Veränderung der Rahmenbedingungen


Die Digitalisierung der Verwaltung setzt einen Transformationsprozess in Gang, der zu
nachhaltigen Veränderungen in Staat und Verwaltung führt. Haupttreiber dieses Ver-
änderungsprozesses sind die informationelle, kommunikative und prozessorientierte
Vernetzung der Verwaltungsträger untereinander und mit ihren Leistungsempfängern.
Digitalisierung eröffnet die Chance zum Redesign von Verwaltungsprozessen intern und
über Organisationsgrenzen hinweg. Digitalisierte Verwaltungsprozesse werden so Teil
von vernetzten Wertschöpfungsketten, in die Bürgerinnen, Bürger und Unternehmen eng
eingebunden und beteiligt werden bis hin zur Rolle eines Ko-Produzenten von Verwal-
tungsdiensten.
Auch neue Organisationsmodelle werden möglich wie One-Stop-Government, mit nur
noch einer Anlaufstelle für alle Anliegen, das Once-Only-Prinzip, Informationen nur noch
einmal der Verwaltung liefern zu müssen, bis hin zur No-Stop-Verwaltung, die Leistungen
ohne aktiven Verwaltungskontakt erbringt. In digitalisierten Verwaltungsprozessen wird
26 R. Heuermann et al.

die Trennung von Frontoffice- und Backoffice-Aufgaben eine Option mit neuen Organi-
sationsmodellen wie Shared Service Center und Leistungsnetzwerke für das Backoffice.
Die Digitalisierung führt schließlich zu einer Öffnung von Staat und Verwaltung im
Sinne einer höheren informationellen Transparenz (Open Data) und einer stärkeren Teil-
habe an politischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozessen.
Diese durch die Digitalisierung angestoßenen Veränderungsprozesse haben weitrei-
chende Folgen für die Aufgaben des CIOs, mit der Konsequenz einer Spezialisierung
bzw. Differenzierung von drei neuen Rollen (vgl. [15, S. 11, 29]):

1. Der CIO als Chief Innovation Officer (Innovationsmanager): Organisationsintern


verändert sich die Rolle des CIOs von einem betriebswirtschaftlich und technisch ori-
entierten Steuerer des IT-Einsatz zu einem Innovations- und Veränderungsmanager,
der die (Mit-)Verantwortung für die digitale Organisationsgestaltung übernimmt, Rah-
menbedingungen für erfolgreiche Innovationsprozesse schafft und strategisch wich-
tige Modernisierungsprojekte anstößt. Der Chief Innovation Officer (teilweise auch
als Chief Process Innovation Officer bezeichnet) wird daran gemessen, ob das Poten-
zial der Automatisierung und Digitalisierung zum Erreichen der Verwaltungsziele aus-
geschöpft wird, die notwendigen Veränderungsprozesse angestoßen und erfolgreich
zu Ende geführt werden.
2. Der CIO als Chief Supply Chain Officer (Kooperationsmanager): Die digitale
Vernetzung von Verwaltungsaufgaben und die Gestaltung von organisationsübergrei-
fenden, digitalen Verwaltungsprozessen bedingt, dass im föderalen Mehrebenensys-
tem die Abstimmungsaufgaben horizontal und vertikal zunehmen. Eine durchgängige
Bearbeitung von Verwaltungsaufgaben auch über Organisations- und Zuständigkeits-
grenzen hinweg erfordert angepasste organisatorische Regeln, die Standardisierung
von Schnittstellen und Formaten zum Datenaustausch, interoperable Anwendungssys-
teme und gemeinsame Infrastrukturen. Dazu bedarf es in der Verwaltungsorganisation
einer Instanz, in der Initiativen zur organisationsübergreifenden Aufgabenwahrneh-
mung im IT-Bereich vorbereitet werden, IT-Angelegenheiten mit übergreifender Rele-
vanz abgestimmt und Gesetzesinitiativen bzw. Erlasse und Verordnungen bewertet
und auf ihre digitale Umsetzbarkeit geprüft werden. Für den Verwaltungs-CIO kommt
daher als weitere Aufgabe die Anbahnung, Etablierung und Koordination von hori-
zontalen und vertikalen Leistungsnetzwerken (zwischen Kommunen, Land und Bund)
hinzu. Zusammenarbeit wird in der digitalen Verwaltung zum Regelfall. Daher wird
der CIO auch zum Kooperationsmanager, dessen Aufgabe es ist, strategische Partner-
schaften aufzubauen, organisationsübergreifende Veränderungsprozesse zu managen
und dafür in der eigenen Organisation die notwendige Akzeptanz zu sichern. Der CIO
wird zum Chief Supply Chain Officer (CSCO).
3. Der CIO als Chief Digital Community Officer (Teilhabemanager und Mitgestal-
ter der Digitalen Agenda): Digitalisierung ist heute unbestritten ein wichtiger, wenn
nicht gar der entscheidende Standortfaktor, um die wirtschaftliche und gesellschaft-
liche Zukunftsperspektive zu sichern. Deshalb ist es eine Pflichtaufgabe von Politik
2 Digitalisierung: Begriff, Ziele und Steuerung 27

und Verwaltung, den digitalen Wandel zum Wohl der Bürger sowie der Unternehmen
aktiv mitzugestalten. Unter den Rahmenbedingungen einer digitalisierten, vernetzten
Wirtschaft und Gesellschaft kann der CIO sich daher nicht nur auf die Rolle eines
organisationsinternen Modernisierers zurückziehen. Sein Aufgabenfeld ist nicht mehr
nur das Gestalten von internen Regierungs- und Verwaltungsprozessen (E-Govern-
ment), sondern auch das (Mit-)Gestalten der Digitalisierung in Staat, Wirtschaft und
Gesellschaft. Dazu ist er gefordert, eine Digitale Strategie für die Kommune bzw. die
Region oder das Land mitzuentwickeln, d. h. ein Programm für innovative techni-
sche, organisatorische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Transformationsprozesse,
die darauf abzielen, die Lebens-, Aufenthalts- und Arbeitsqualität zukunftsfähig zu
gestalten.

Der Umsetzungsplan für eine Digitale Strategie ist eine Digitale Agenda. Sie ist mehr
als E-Government und Verwaltungsmodernisierung. Sie betrifft alle Lebensbereiche,
den Wirtschafts- und Bildungsstandort, Kultur, Mobilität, Gesundheit und das sozi-
ale Zusammenleben. Nicht nur der Bund, sondern jede Kommune, jede Region, jedes
Land braucht eine eigene Digitale Agenda. Jede Gebietskörperschaft muss ihre eigenen
Schwerpunkte setzen, die zu den Lebensverhältnissen, den wirtschaftlichen und sozio-
kulturellen Rahmenbedingungen vor Ort passen und alle Interessen berücksichtigen.
Wegen ihrer Bedeutung sollte die Entwicklung einer Digitalen Agenda Chefsache sein.
Daraus folgt, dass auch der CIO sich in den Prozess zur Entwicklung einer Digitalen
Agenda aktiv einbringen muss. Er wird zu einem CDO – dem Chief Digital Officer oder
präziser: Chief Digital Community Officer –, und erweitert damit sein Rollen-Set um das
des Digitalisierungsbeauftragten.
Als Digitalisierungsbeauftragter ist es eine der wichtigsten Aufgaben, den Multista-
keholder-Prozess zur Entwicklung einer Digitalen Agenda (mit) zu organisieren und
Anreize zur Selbstorganisation im Agenda-Prozess zu schaffen. Denn die Digitalisierung
ist nur in dem Maße erfolgreich, wie Zivilgesellschaft und Wirtschaft sich auch aktiv ein-
bringen und beteiligen. Der Erfolg der Digitalisierung steht und fällt mit der Einbindung
der Betroffenen und Beteiligten. Noch nimmt diese Aufgabe weder die Wirtschaft noch
die Zivilgesellschaft selbst an. So bleibt die Verantwortung dafür, den organisatorischen
Rahmen für einen Agenda-Prozess zu entwickeln, in erster Linie bei den Öffentlichen
Institutionen und damit beim CIO.
Organisationen reagieren auf neue Aufgaben und Veränderungen in der Umwelt,
indem sie Aufgaben und Rollen, Prozesse und Strukturen anpassen und (weiter-)entwi-
ckeln, um die Herausforderungen besser bewältigen zu können. Auch die Verwaltung
reagiert auf die Digitalisierung von Gesellschaft, Wirtschaft, Politik und Verwaltung mit
einem Wandel der Rolle des Verwaltungs-CIO, mit Erweiterungen zu einem Rollen-Set,
siehe Abb. 2.6. Aus dem auf die organisationsinternen Steuerungsprozesse fixierten IT-
Manager wird zusätzlich ein Innovations- und stärker nach außen orientierter Koope-
rations- und Teilhabe-Manager. Vom Verwaltungs-CIO wird erwartet, dass er all diese
Rollen beherrscht und für seine Verwaltung den situativ passenden Rollen-Mix findet.
28 R. Heuermann et al.

Abb. 2.6 Transformation der Rolle des CIOs

Nicht auszuschließen ist, dass die Komplexität dieser Aufgaben und Anforderungen
zukünftig dazu führt, dass jede einzelne Rolle für sich institutionalisiert und mit entspre-
chenden Ressourcen und Entscheidungskompetenzen ausgestattet wird.

2.3 Digitalisierung in der Kernverwaltung – Konzepte

Jörn von Lucke

2.3.1 Einsatz von Informationstechnik im Öffentlichen Sektor

Die Digitalisierung und damit der Einsatz von Rechnern zur Datenverarbeitung in der
Öffentlichen Verwaltung besitzen eine lange Tradition. Bereits 1890 wurden in den USA
Lochkartenmaschinen zur Aufbereitung der Volkszählung eingesetzt, um die statistische
Auswertung der Zensusdaten zu erleichtern und zu beschleunigen. Die erste elektroni-
sche Datenverarbeitungsanlage in der Öffentlichen Verwaltung in Deutschland ist 1956
bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte in Berlin aufgestellt worden. In der
Finanz-, Sozial- und Personalverwaltung begann dann rasch die Umstellung der großen
Verwaltungsverfahren auf elektronische Datenverarbeitung (EDV). Diese Systeme boten
Vorteile, weil sie hohe Arbeitsvolumina übernahmen und bereits vorgegebene Arbeits-
methoden automatisierten. Seit Mitte der 1960er Jahre findet die EDV breiten Einzug
in die Öffentliche Verwaltung in Deutschland. Rechenzentren wurden eingerichtet, spä-
ter weiter ausgebaut. Erste Rechnernetzwerke kamen hinzu. Eine immer größere Anzahl
von Verwaltungsverfahren wurde über Datenverarbeitungsanlagen abgewickelt. Seit den
1980er Jahren setzten sich die mittlere Datentechnik, Arbeitsplatzrechner und Personal
2 Digitalisierung: Begriff, Ziele und Steuerung 29

Computer durch. Heute dominieren Hochleistungsserver in Rechenzentren, Laptops,


Tablets und Smartphones. Durch die dezentrale Zuständigkeit für organisatorische Fra-
gen, die sich vor allem aus dem Föderalismus, dem Ressortprinzip und der kommuna-
len Selbstverwaltung ableitet, hat sich eine sehr heterogene Landschaft für Daten- und
Informationstechnik in der deutschen Bundes-, Landes- und Kommunalverwaltung her-
ausgebildet. Für identische Aufgaben wird eine Vielzahl unterschiedlicher Produkte und
Dienste eingesetzt, die untereinander meist inkompatibel sind und am Markt gegeneinan-
der konkurrieren (vgl. [34, S. 50, 18, S. 6, 61, S. 36]).
Seit Mitte der 1990er Jahre sorgen zudem die Internet-Technologien für nachhal-
tige Veränderungen im Öffentlichen Sektor. Einerseits erweitern sich die Einsatzmög-
lichkeiten für die Daten- und Informationsverarbeitung in der Öffentlichen Verwaltung
erheblich. In vielen Verwaltungsbereichen sind sie andererseits Auslöser für eine Neuge-
staltung von Arbeitsabläufen innerhalb und zwischen Behörden und im Kontakt mit Bür-
gern und Unternehmen. Effizientere Mechanismen zur Information, Kommunikation und
Transaktion stellen traditionelle Verwaltungsstrukturen und -verfahren infrage, da diese
sich im Vergleich als nicht mehr leistungsfähig genug erweisen. Politik, Staat und Ver-
waltung setzen auf neuartige Formen sozialer Netzwerke aus Personen, Institutionen und
webbasierten Diensten, um die öffentlichen Aufgaben und ihre Ziele effektiver erreichen
zu können. Gleichzeitig beschränkt sich die Einbindung in Geschäftsprozesse und Wert-
schöpfungsketten des Öffentlichen Sektors nicht mehr nur auf öffentliche Stellen. Im
Gegensatz zu den Systemen der traditionellen EDV werden Bürger, Unternehmen und
der Dritte Sektor immer stärker in die IT-Verfahren eingebunden und aktiv in Abläufe
integriert. Dies führt zu einem Paradigmenwechsel, bei dem der Fokus zunehmend auf
die Adressaten von Verwaltungsleistungen gelegt wird. Weltweite Rechnernetze wie das
Internet tragen zu einer Neuordnung von staatlichen Organisationsstrukturen bei. Sie set-
zen Entscheidungsträger in Staat und Verwaltung unter einen starken Kosten- und Verän-
derungsdruck, auf den noch intensiv einzugehen sein wird (vgl. [36, S. 25, 37, S. 37]).

2.3.2 Multidisziplinarität rund um den IT-Einsatz im Öffentlichen


Sektor

Bedingt durch die lange Tradition wissenschaftlicher Lehre und Forschung, den skiz-
zierten Kosten- und Veränderungsdruck für bestehende Strukturen, aber auch durch die
vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten der Digitalisierung, ist es nicht überraschend,
dass sich unterschiedliche Wissenschaften mit dem Einsatz von Informationstechnik im
Öffentlichen Sektor auseinandersetzen. Multidisziplinarität ist in einem sehr heteroge-
nen Umfeld das Gebot der Stunde, denn es gilt, die Bereiche Recht, Politik, Verwaltung,
Organisation, Bürger, Unternehmen und Technik – siehe Abb. 2.7 – einzubinden.
Im Kern sind es die Verwaltungsinformatik und die Rechtsinformatik, die sich mit
dem Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien in Staat, Verwaltung,
Gesetzgebung und Justiz auseinandersetzen. Rasch wird aber klar, dass auch andere
30 R. Heuermann et al.

Abb. 2.7 Multidisziplinarität rund um den Einsatz von IT im Öffentlichen Sektor

Wissenschaften der angewandten Informatik wie die Politikinformatik, die Justizinfor-


matik, die Sozioinformatik und die Wirtschaftsinformatik sowie die Informatik selbst
wertvolle Beiträge zur Erkenntnis- und Wissensgewinnung um die Digitalisierung im
Öffentlichen Sektor beitragen können. Die Verwaltungswissenschaften bringen weitere
wertvolle Aspekte in eine multidisziplinäre Auseinandersetzung ein. Theorien, Modelle
und Methoden der Verwaltungsökonomie (öffentliche Betriebswirtschaftslehre, Public
Management), der Finanzwissenschaft, der Verwaltungsgeografie, der Stadt-, Raum- und
Landschaftsplanung, der Soziologie, der Verwaltungspsychologie und der Verwaltungs-
geschichte helfen, die Auswirkungen und Konsequenzen der Digitalisierung im öffent-
lichen Raum zu verstehen und der Sache angemessene Handlungsempfehlungen zu
entwickeln. Sozialwissenschaftliche Erkenntnisse der Politikwissenschaft und die Kom-
munikationswissenschaft sollten ebenfalls einbezogen werden. Weitere Impulse kommen
aus den Rechtswissenschaften, insbesondere den Verwaltungs- und Staatsrechtswissen-
schaften, aus dem Informationsrecht und dem Medienrecht. Sie reflektieren und interpre-
tieren den gesetzlichen Rahmen, zeigen aber auch dem Gesetzgeber Möglichkeiten zur
Rechtsgestaltung auf.

2.3.3 Wissenschaft Verwaltungsinformatik

Die Verwaltungsinformatik ist eine interdisziplinäre Wissenschaft, die ihre Wurzeln


sowohl in den Verwaltungswissenschaften als auch in der Informatik hat. Bei ihr han-
delt es sich um eine eigenständige, auf den Öffentlichen Sektor bezogene, anwendungs-
orientierte Informatik, die neben der Wirtschaftsinformatik, der Rechtsinformatik, der
Medieninformatik und der medizinischen Informatik steht (vgl. [52, S. 53–55]). Aus
Sicht der Informatik ist sie die Wissenschaft, die sich mit dem Entwurf, Betrieb und Ein-
satz von Rechnern zur Informationsverarbeitung in Staat und Verwaltung beschäftigt.
2 Digitalisierung: Begriff, Ziele und Steuerung 31

Dazu ist sie auf Kenntnis, Weiterentwicklung und Anwendung von Methoden der Projek-
torganisation, der Istanalyse, der Informationsbedarfsplanung, des Systementwurfs, der
Alternativenbewertung, des Software-Engineering und der Implementierung von Neue-
rungen angewiesen (vgl. [45, S. 888 f.]). Als Teilbereich der Verwaltungswissenschaften
strebt sie grundsätzliche Erkenntnisse und Regelungen für Staat und Verwaltung an, die
sich aus dem Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien ergeben kön-
nen. Dementsprechend beschäftigt sie sich mit der informationstechnikgestützten Gestal-
tung von Verwaltungshandeln. Somit ist sie auch eine spezielle Organisationslehre, die
auf organisationstheoretischer Grundlage arbeitet, Methoden der Organisationsanalyse
auf die Öffentliche Verwaltung anwendet und einen fundamentalen Organisationsas-
pekt behandelt. Ausgehend von konkreten Situationen und Aufgabenstellungen in der
Verwaltung einerseits und generellen Problemlösungskonzepten der Informatik anderer-
seits sollen auf der Grundlage organisationstheoretisch gestützter Ziele, Verfahren und
Methoden Problemlösungen gefunden werden, die in einer optimalen Zuordnung von
Aufgaben und Methoden beziehungsweise Systemen bestehen (vgl. [4, S. 4 f. und 18 ]).
Durch die zunehmende Ubiquität von Daten, Personen, Programmen und Objekten erge-
ben sich vollkommen neue Ansätze zur Gestaltung von Aufbau- und Ablauforganisation
der bestehenden Verwaltung und des Öffentlichen Sektors insgesamt [46, S. 434 ff., 49,
S. 5 f., 48, S. 128 f., 37, S. 15].
Bei der Verwaltungsinformatik handelt es sich um eine praxisorientierte Wissenschaft.
Sie lässt sich den Ingenieurwissenschaften und den Geisteswissenschaften gleicherma-
ßen zuordnen. Bedingt durch die verschiedenen Wissenschaftstraditionen bedient sie
sich verschiedener Methoden zur Erkenntnisgewinnung: Zur Konzeption neuartiger IT-
Systeme, die für den künftigen Einsatz in der Öffentlichen Verwaltung gedacht sind und
die selbst Grundlage für eine Reorganisation der Verwaltung sein können, wird normativ-
gestalterisch im Sinne von „Design Science“ vorgegangen. Im Rahmen der Systement-
wicklung müssen Visionen, Konzepte, Pflichtenhefte und Prototypen entwickelt werden,
wozu auch auf die Rechtswissenschaften und die Verwaltungsökonomie Bezug genom-
men werden kann. Zur Implementierung dieser oft sehr innovativen Systeme wird auf
Vorgehensstrategien und -modelle zurückgegriffen. Ihre Programmierung erfolgt mit-
hilfe von Programmiersprachen, die auf Basis axiomatischer Modelle entwickelt wurden.
Empirisch-analytische Methoden können zur Beschreibung, zur Erklärung, zur Folgen-
abschätzung und zur Wirkungsforschung verwendet werden. Mit deskriptiven Analysen
lassen sich beschreibende Abbildungen der Erkenntnisobjekte, etwa bereits eingesetzter
IT-Systeme, anfertigen. Erklärende Aussagen stellen über die beschreibenden Aussagen
hinaus die Bedingungen, Ursachen, Wirkungen und sodann erkannten Gesetzmäßigkei-
ten des Erkenntnisobjekts fest. Dabei kann es sich auch um Vermutungen handeln, die
durch Beobachtungen und Experimente zu bestätigen sind (vgl. [2, S. 102]). Mit der
Technikfolgenabschätzung sollen die Auswirkungen des Einsatzes von Informationstech-
nik auf die Organisation, die Aufgabenerledigung und die Umwelt der Verwaltung vor
einem Einsatz untersucht werden, damit frühzeitig auf Risiken und unerwünschte Ent-
wicklungen reagiert und gestaltend eingegriffen werden kann. Sie kann auch während
32 R. Heuermann et al.

und nach der Implementierung durchgeführt werden (vgl. [13, S. 3–9 ff.]). Nach der
Implementierung eignen sich empirisch-analytische Methoden, um die Akzeptanz und
die Wirkungen des eingesetzten IT-Systems zu messen und um Anregungen zu seiner
Weiterentwicklung zu gewinnen. Für die Aufgaben des Systembetriebs, der Systemwar-
tung und der Systemablösung werden wiederum technisch-handwerkliche Methoden
verwendet. Hermeneutische Methoden eignen sich für die historische Betrachtung der
Einführung von IT-Systemen in der Öffentlichen Verwaltung. Als ursprüngliche Hand-
lungswissenschaft will die Verwaltungsinformatik allerdings nicht nur Erkenntnisobjekte
beschreiben, erklären und beobachten, sondern diese auch und vor allem aktiv gestalten.
Die Verwaltungsinformatik als Wissenschaft verfolgt also gleichermaßen beschreibende,
erklärende und gestalterische Erkenntnisinteressen aus einer objektiven Perspektive. Sys-
tematische und mit Methoden erzielte Erkenntnisfortschritte tragen zur Weiterentwick-
lung dieser vergleichsweise jungen wissenschaftlichen Disziplin bei (vgl. [37, S. 15 f.]).
Einige Wissenschaftler fassen den Begriff „Verwaltungsinformatik“ sehr breit auf und
schließen in ihrem umfassenden Verständnis auch Themen der Rechtsinformatik, der
Justizinformatik, der Politikinformatik und der Wirtschaftsinformatik mit ein. Wissen-
schaftler dieser durchaus eigenständigen Wissenschaften sehen tatsächlich bestehende
Gemeinsamkeiten, betonen mit Blick auf das jeweilige Erkenntnisobjekt aber auch die
unterschiedlichen Ziele sowie die Entwicklung und Verwendung eigenständiger Theo-
rien, Modelle und Methoden. So bündelt die Rechtsinformatik sowohl Forschungsfragen
rund um das elektronisch unterstützte Handeln von Gesetzgebung, Gesetzesumsetzung
und Justiz, beschäftigt sich aber auch mit dem Recht der Daten- und Informationsver-
arbeitung sowie mit dem Datenschutz. Die Justizinformatik deckt dabei nur den Teil ab,
den das Justizwesen betrifft. Die sich gerade erst entwickelnde Politikinformatik fokus-
siert sich auf die Rolle der Politiker und ihre Gestaltungsmöglichkeiten durch die zuneh-
mende Digitalisierung, denkt aber auch über neuartige digitale Formen der politischen
Meinungsbildung und politischen Entscheidungsfindung nach. Das Verständnis der Wirt-
schaftsinformatik ist dagegen viel umfassender angelegt. Gegenstand der Wirtschaftsin-
formatik sind Informations- und Kommunikationssysteme in Wirtschaft und Verwaltung.

2.3.4 Trends der Verwaltungsinformatik

Die Internet-Technologien sorgen seit den 1990er Jahren für nachhaltige Veränderun-
gen im gesamten Öffentlichen Sektor. Für diese Entwicklung fand weltweit zunächst
der noch näher zu spezifizierende Anglizismus „Electronic Government“ weite Verbrei-
tung. Bedingt durch den rasanten technischen Fortschritt und eine intensivere Vernet-
zung in allen Bereichen gewinnen weitere charmante Schlagwörter an Bedeutung, die
allerdings ebenso wie der Begriff „Digitalisierung“ zur Verwirrung beitragen. Im Rah-
men von Lehre und Forschung wird an der Zeppelin Universität in Friedrichshafen daher
das „Häfler-Stufenmodell für die weitere Entwicklung des Internets und des World Wide
Webs“, Abb. 2.8, verwendet. Es orientiert sich an den populären Marketing-Begriffen
2 Digitalisierung: Begriff, Ziele und Steuerung 33

Abb. 2.8 Häflers Trends des World Wide Web und des Internets. (Quelle: [39, S. 175])

„Web 1.0“, „Web 2.0“, „Web 3.0“, „Web 4.0“ und „Web 5.0“ und deren Verwendungen
in der Öffentlichkeit. Oft werden diese Begriffe für ganz unterschiedliche Ideen, Kon-
zepte und Produkte verwendet. Mit dem Stufenmodell wird eine Struktur in die Diskus-
sion, die Entwicklung und die Verwendung von Schlagwörtern gebracht, um im Kontext
der Vernetzung über das Internet und das World Wide Web über dieselben Inhalte zu
sprechen. Zugleich dient es als Grundlage für die weiteren Ausführungen (vgl. [40,
S. 225 f.]).
Das Häfler-Stufenmodell (Abb. 2.8) zeigt Entwicklungsschritte für das World Wide
Web auf, die seit 1990 zu beobachten sind und als Trends des Internets bezeichnet wer-
den können. Mit dem Internet der Systeme, dem Internet der Menschen, dem Internet
der Daten, dem Internet der Dinge und dem Internet der Dienste wird die technische
Entwicklung der Digitalisierung jedoch nicht abgeschlossen sein. Weitere Technologie-
fortschritte, etwa in Richtung des taktilen Internets, sind in den kommenden Jahrzehnten
zu erwarten. Technisch handelt es sich bei diesen, in den folgenden Abschnitten noch
näher aufzubereitenden Trends um evolutionäre Entwicklungen, die vom andauernden
Ausbau der Bandbreiten und Fortschritten bei Datennutzung, Datenspeicherung, Daten-
verarbeitung und Datenkommunikation profitieren. Mit weiteren, durchaus signifikanten
Entwicklungsschüben ist in den kommenden Jahren durch die verbesserten Maschine-
zu-Maschine-Kommunikationsmöglichkeiten noch zu rechnen (vgl. [39, S. 174, 40,
S. 226]).

2.3.5 Electronic Government

Das Internet selbst ist der weltweit größte zusammenhängende Verbund von Compu-
ternetzwerken, in dem alle beteiligten Rechner und Server auf Basis der Internet-Proto-
kolle kommunizieren und so wie ein virtuell verbundenes Netzwerk funktionieren. Seine
Simplizität, seine Interoperabilität und seine weite Verbreitung sorgten früh für eine Ver-
drängung anderer elektronischer Datennetze und -dienste. 1989 entwarf Tim Berners-Lee
am CERN mit dem World-Wide-Web-Dienst (Web 1.0; Berners-Lee 1989) ein hypertext-
basiertes System zur Lösung von Organisationsproblemen im „Internet der Systeme“.
34 R. Heuermann et al.

Diesem folgten 1990 ein Prototyp und seit 1993 viele marktfähige und immer leistungs-
fähigere Produkte und Anwendungen für Internet, Intranet und Extranet. Der seitdem
andauernde rapide technische Fortschritt im Bereich von Servern, Software, Netzwerken
und Bandbreiten sorgt für immer neue Entwicklungs- und Gestaltungsmöglichkeiten
(vgl. [39, S. 174 f., 40, S. 226]).
Der Begriff „Electronic Government“ (E-Government) findet seit dieser Zeit Verwen-
dung. Nach der „Speyerer“ Definition aus dem Jahr 2000 wird darunter die mithilfe von
IKT durchgeführte Abwicklung jener geschäftlichen Prozesse über nicht traditionelle
elektronische Medien verstanden, die im Zusammenhang mit dem Regieren und Ver-
walten (Government) stehen. Bei E-Government geht es sowohl um Prozesse innerhalb
des Öffentlichen Sektors als auch um jene zwischen diesem und der Bevölkerung, der
Wirtschaft und dem Dritten Sektor. Aufgrund der technischen Entwicklung wird ange-
nommen, dass diese Prozesse künftig sogar vollständig elektronisch durchgeführt wer-
den können, sodass Medienbrüche in Abläufen entfallen. Diese Definition umfasst
sowohl die lokale oder kommunale Ebene, die subnationale oder Landesebene, die natio-
nale oder Bundesebene sowie die supranationale oder globale Ebene. Eingeschlossen ist
somit der gesamte Öffentliche Sektor, bestehend aus Legislative, Exekutive und Jurisdik-
tion sowie öffentlichen Unternehmen [41, 49, S. 1 ff., 37, S. 38].
Der Fachausschuss Verwaltungsinformatik der Gesellschaft für Informatik definierte
2000 in seinem Memorandum „Electronic Government“ als Durchführung von Prozes-
sen der öffentlichen Willensbildung, der Entscheidung und der Leistungserstellung in
Politik, Staat und Verwaltung unter sehr intensiver Nutzung der Informationstechnik.
Eingeschlossen sind in dieser ebenfalls gebräuchlichen Definition auch die zahlreichen
Hilfs- und Managementprozesse sowie die Prozesse der politischen und finanziellen
Rechenschaftslegung (vgl. [16, S. 3, 37, S. 38]).
E-Government wird von beiden Definitionen als ganzheitlicher Ansatz verstanden, der
das gesamte sozio-technische System beschreibt und die Verwaltungsstrategie, die Ver-
waltungsprozesse und die Verwaltungsorganisationsformen umfasst (vgl. [60, S. 8, 51,
S. 32]). Im Gegensatz zu anderen Interpretationen beschränken sich diese beiden Defi-
nitionen nicht nur auf das Internet oder das World Wide Web (WWW). Denkbar wäre
auch eine Abwicklung über andere elektronische Datennetze, -dienste und -protokolle,
über Sprachtelekommunikationsnetze (Call-Center, Sprachcomputer) oder mithilfe von
elektronischen Offline-Lösungen (CD-ROM, DVD, USB-Sticks). Diese Auslegung bein-
haltet eine Erreichbarkeit des Öffentlichen Sektors über alle verfügbaren elektronischen
Medien im Sinne einer allgegenwärtigen Verwaltung „Ubiquitous Government“ (vgl.
[47, S. 78 f., 41, S. 2, sowie 37, S. 38 f.]).
In den vergangenen 25 Jahren waren es aber vor allem die Internet-Technologien
und das WWW, die sich weltweit erfolgreich durchgesetzt und zahlreiche beobachtbare
Internet-Effekte ausgelöst haben. Die zunehmende Digitalisierung, Vernetzung und
Multimedialität ermöglicht eine Dematerialisierung und Digitalisierung vieler Produkte
und Dienstleistungen. Papier, Texte, Bilder, Musikstücke, Hörbeiträge und Filme las-
sen sich in Form digitaler Dateien speichern und einfach über das Internet verbreiten.
2 Digitalisierung: Begriff, Ziele und Steuerung 35

Dadurch entwickelt sich eine neuartige Konkurrenz zum bisherigen Angebot. Durch
die Digitalisierung verändern sich auch die Kostenstrukturen. Im Digitalen lässt sich
eine Dominanz der Fixkosten beobachten. Die Herstellungskosten des ersten digita-
len Endprodukts sind für die Kostenkalkulation entscheidend. Da aber vom Original
nahezu ohne zusätzliche Kosten beliebig viele digitale Kopien angefertigt werden kön-
nen, tendieren die Grenzkosten gegen Null. Dies eröffnet ganz neue Kostenmodelle,
die sich bei hohen Stückzahlen für die Anbieter besonders rasch rentieren (vgl. [50]).
Über das Internet und die mobilen Datendienste sind Angebote und Produkte zudem
ubiquitär verfügbar. Territoriale Grenzen spielen bei der Datenübertragung kaum noch
eine Rolle. Die globale Zugänglichkeit eröffnet Organisationen einen weltweiten Ver-
trieb zu vertretbaren Kosten. Insofern ist es nicht überraschend, dass sich viele Unter-
nehmen mit einem Fokus auf das Internet gegründet haben, die sich mit neuen und
weltweit verfügbaren Dienst-, Geschäfts-, Preis- und Erlösmodellen gegenüber der
Konkurrenz erfolgreich positionieren. Vor allem beim Vertrieb von Produkten profitie-
ren diese vom langen Schwanz, „Long Tail“ (vgl. [1]), also der Möglichkeit, bei einem
Digitalvertrieb über räumlich verteilte Lager ein größeres Angebot anbieten zu können,
das sich auch bereits bei überschaubarer Nachfrage rentiert (vgl. [40, S. 226 f.]).
Für die Verwaltungsinformatik stellen sich vor diesen Entwicklungen zahlreiche
Forschungsfragen rund um das elektronisch unterstützte Regierungs- und Verwaltungs-
handeln (E-Government). Im Kern geht es um die Gestaltung des Behördenhandelns
mithilfe von Informationstechnik. Dies hat Auswirkungen auf die Aufbau- (Frontoffice,
Backoffice, Leistungsportfolio, Bürgerbüros, Dienstleistungszentren, Portale) und die
Ablauforganisation (Neuausrichtung der Prozesse, Einführung elektronischer Akten- und
Vorgangsbearbeitungssysteme, elektronische Rechnung, elektronische Bezahlung) sowie
die Zusammenarbeit. Die skizzierten Internet-Effekte lassen sich zur Neugestaltung des
Kontakts mit den Bürgern, Angeklagten und Mittlern sowie des Vertriebs von Verwal-
tungsleistungen nutzen. In diesem Zusammenhang reicht es aber nicht, das bestehende
Portfolio einfach anzupassen, also unreflektiert „in Softwarebeton zu gießen“. Viel-
mehr müssen auch dort, wo dies einer effizienteren und effektiveren Erfüllung öffent-
licher Aufgaben dient, neue Angebote und Dienste durchdacht, konzipiert, eingeführt
und betrieben werden. Dabei sind die besonderen Anforderungen an Datenschutz und IT-
Sicherheit zu berücksichtigen, denn der Staat trägt hier den Bürgern und den Unterneh-
men gegenüber eine besondere Verantwortung (vgl. [40, S. 227]).

2.3.6 Open Government

Tim O’Reilly skizzierte 2006 das durchaus schon wahrnehmbare Web 2.0 mit sei-
nen neuartigen Entwurfsmustern und Geschäftsmodellen [44]. In diesem „Internet der
Menschen“ können Menschen dank der „gesellschaftlichen Medien“ (Social Media)
vielfältige Angebote und Dienste einfach nutzen, ohne Details über Handhabung, Funk-
tionsweise, Programmierung und Schnittstellen kennen zu müssen. Das Angebot dieser
36 R. Heuermann et al.

zweiten Generation an Webdiensten ist sehr breit gefächert. Es umfasst unter anderem
Text-, Bilder-, Musik-, Audio- und Videoplattformen, soziale Netzwerke, Kurznachrich-
ten, Blogs, Wikis, Apps, Foren und Bewertungsgemeinschaften. Viele dieser sich selbst
tragenden Angebote werden als Dienste aus der Cloud bereitgestellt. Ihren jeweiligen
Betreibern liegt viel an einer laufenden Erweiterung, um deren Attraktivität, Nutzerzahl
und gegebenenfalls Werbeumsatz zu steigern (vgl. [38, 39, S. 175, 40, S. 227]).
Das Internet der Menschen profitiert vor allem von den Netzwerkeffekten und
den dadurch entstehenden positiven Rückkopplungen. Je mehr Menschen an einem
Netzwerk(-dienst) teilnehmen, desto höher steigen dessen Reichweite, dessen Nutzer-
zahl, dessen Attraktivität und der damit verbundene Mehrwert für die Teilnehmer (vgl.
[30, S. 146 f., 55]) Einigen Anbietern gelingt der Aufbau von sowohl äußerst attraktiven
als auch den Markt dominierenden Social-Media-Netzwerken, die der gesamten Konkur-
renz nur noch geringe Marktanteile übrig lassen. Oft bieten sie ihre Dienste für die Nut-
zer kostenlos an, analysieren und vermarkten dann jedoch die generierten Nutzerdaten
etwa für Werbezwecke, zur Einnahmegenerierung oder zum Schutz der (US-amerikani-
schen) nationalen Sicherheit. Um Nutzer an sich zu binden, erschweren Social-Media-
Anbieter das Verlassen ihrer Netzwerke. All dies führt zu einem Ende der Privatheit,
denn die Nutzer müssen damit rechnen, dass ihre Kommunikation im Internet der Men-
schen von Dritten ausgespäht und ausgewertet wird. Bei aller Beteiligungsfreude verlau-
fen Diskussionen und Debatten in Social Media nicht immer nur fair, konstruktiv und
ausgleichend. Möglichkeiten der Anonymität und der Pseudonyme enthemmen einige
Akteure. Sogenannte „Trolle“ geben häufig abwertende, verletzende und hasserfüllte
Beiträge und Kommentare von sich. All dies führt zu einem Strukturwandel von Öffent-
lichkeit im Internet. Social Media verfügen in der Regel über keine eigene filternde
Chefredaktion, wie es sie zur Qualitätssicherung in den klassischen Medien gibt. Ande-
rerseits erfolgen Diskussionen und Debatten zunehmend transparenter. Alternativen,
Argumentationen, Entscheidungen und Umsetzungen lassen sich über das Internet sehr
transparent darstellen, analysieren und verfolgen. Durch die soziale Offenheit könnte
sich theoretisch jeder einbringen, an Entscheidungen mitwirken und seine Teilhabe voll
ausschöpfen. Durch das „Internet zum Mitmachen“ eröffnen sich auch neue Formen der
Zusammenarbeit. Aus Konsumenten können „Prosumenten“ (vgl. [57]) werden, die nicht
nur wie bisher Vorgesetztes (Text, Bilder, Hörbeiträge, Videos) konsumieren, sondern
auch eigene Beiträge produzieren und sich Angebote nach ihren eigenen Vorstellungen
zusammenstellen und mit anderen teilen (vgl. [40, S. 227 f.]).
Dieses „Internet zum Mitmachen“ bietet Staat, Verwaltung und Justiz neuartige Mög-
lichkeiten zur Öffnung und für Transparenz, Mitwirkung und Zusammenarbeit. Dies
kann zur Stärkung von Demokratie und Bürgergesellschaft beitragen. Die Verwaltungsin-
formatik beschäftigt sich mit dem breit interpretierbaren Sammelbegriff „Open Govern-
ment“. Konkret geht es um die inhaltliche Gestaltung von offenen Verwaltungsdaten,
Transparenz 2.0, Bürgerbeteiligung 2.0, Zusammenarbeit 2.0, Informationsfreiheit, Open
Innovation, offene Standards, offene Schnittstellen und Open-Source-Software aus staat-
licher Sicht. Auch hier stellen sich Fragen nach den Grenzen, etwa beim Datenschutz
2 Digitalisierung: Begriff, Ziele und Steuerung 37

und der IT-Sicherheit. Sollten sich andere Staaten oder Feinde der offenen Gesellschaft
vorhandener Social Media bedienen, um mit Desinformation, Gegenpropaganda und
gezielten Netzangriffen die Öffentliche Ordnung zu stören und den Staat zu destabilisie-
ren, so muss der wehrhafte Staat dagegen vorgehen (vgl. [40, S. 228]).

2.3.7 Open Government Data

Tim Berners-Lee et al. ([1, S. 34–43] entwarfen 2001 bereits eine Vision eines semanti-
schen Webs, in dem Daten und Informationen für Computer verwertbar sind. Das „Inter-
net der Daten“ (Web 3.0) vernetzt mittlerweile vorhandene Datenbestände und erschließt
sie so für eine offene Weiternutzung durch Dritte. Durch eine Öffnung ihrer Daten (Open
Data) und deren Vernetzung (Linked Open Data) bieten sich für Behörden, Unterneh-
men, Verbände und Vereine neuartige Perspektiven zur Integration, Analyse, Bewertung
und Nutzung von großen wie vielfältigen Datenbeständen, die künftig nach Möglichkeit
in Echtzeit auszuwerten sind (Big Data). Gerade in diesen Bereichen besteht für den
Öffentlichen Sektor auf Basis seiner Datenbestände (Open Government Data) ein gro-
ßes Potenzial zur Generierung zusätzlichen Wirtschaftswachstums (vgl. [38, S. 17, 39,
S. 175, 40, S. 228]).
Offene und zur weiteren Nutzung frei zugängliche Datenbestände erzeugen weitere
Effekte, denn die an diesen Daten Interessierten werden sie sich herunterladen, analysie-
ren und nach eigenen Vorstellungen verarbeiten und verwerten. Dies kann zum Beispiel
zu einer Veredelung der Datenbestände, zu neuartigen Visualisierungen und zu neuen
Anwendungen führen. Das trägt zur Stärkung der Datenwissenschaften (Data Science)
bei, also einer auf Daten gestützten und statistischer Analyse und Methodik fundierten
Wissenschaft, die Wissen aus Daten extrahiert. Gerade die zunehmend so ausgebildeten
Datenanalysten werden künftig dazu beitragen, dass die von ihnen noch zu entwickeln-
den datengetriebenen Lösungen neue Antworten auf bestehende Probleme und Heraus-
forderungen liefern werden, an die bisher aus verschiedensten Gründen nicht zu denken
war. Mit zunehmender Verarbeitungskapazität werden solche Lösungen den Anforderun-
gen von Big Data Analytics gerecht (vgl. [12, S. 64–73]) Eine solche datenorientierte
Herangehensweise bedeutet aber auch, übrigens ganz im Gegensatz zu einer postfakti-
schen Politik, dass evidenzbasierte Entscheidungen eine zunehmend wichtigere Rolle
für Meinungsbildung, Entscheidung und Management spielen werden. Zudem sind die
Effekte einer Datenökonomie (vgl. [17]) zu berücksichtigen, in der datengestützte Unter-
nehmen durch ihre Aktivitäten, Produkte und Dienstleistungen einen nicht zu vernachläs-
sigenden Beitrag zum Bruttosozialprodukt leisten (vgl. [40, S. 228 f.]).
Das „Internet der Daten“ eröffnet Staat, Verwaltung und Justiz vielfältige Möglich-
keiten zu Bereitstellung und Nutzung von Daten zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben.
Datenschutz und Datensicherheit (IT-Sicherheit) sind in diesem Zusammenhang ganz
entscheidende Herausforderungen, mit denen sich staatliche Stellen seit mehr als 50 Jah-
ren intensiv auseinandersetzen müssen. Laufend werden datenschutzkonforme Lösungen
38 R. Heuermann et al.

erarbeitet und überprüft, die aus unterschiedlichen Gründen und durch die technische
Weiterentwicklung eigentlich ständig wieder infrage gestellt werden. Die Verwaltungs-
informatik setzt sich zudem mit Forschungsfragen auseinander, inwieweit offene und
vernetzte Datenbestände etwas zur Verbesserung der Abläufe, Prozesse und Verfahren in
Regierung und Verwaltung beitragen. Während einerseits oft gefragt wird, welches Wis-
sen aus vorhandenen Datenbeständen generiert werden könnte, sollte auch überlegt wer-
den, welche „Public-Big-Data“-Bestände, etwa im Bereich von Bildung, Wissenschaft,
Kunst, Kultur und Medien, vernetzt aufzubauen sind, um dauerhaft neues Wissen zu
generieren und zu etablieren (vgl. [40, S. 229]).

2.3.8 Smart Government

Die vierte Generation der Web-Technologien (Web 4.0) wird vom Internet der Dinge und
vom Internet der Dienste geprägt. Das Internet der Dinge verbindet intelligent vernetzte
Objekte mit ihren Sensoren und Aktoren sowie die darauf aufsetzenden cyber-physischen
Systeme über die IP-Protokolle. Eingebettete Alltagsgegenstände und cyber-physische
Systeme lassen sich von Personen, Programmen, Diensten und Datenpaketen über eine
IP-Adresse eindeutig identifizieren, ansprechen, nutzen und gegebenenfalls auch steu-
ern. Das Internet der Dinge steht damit für die globale „elektronische Vernetzung von
Alltagsgegenständen“ (vgl. [9]) und den direkten gegenseitigen Informationsaustausch
von Objekten ohne menschliche Eingriffe im Sinne einer echten Kommunikation von
Maschine zu Maschine. Im Internet der Dienste werden Dienste und Funktionalitäten
als feingranulare Softwarekomponenten abgebildet und von Providern auf Anforderung
über das Internet zur Verfügung gestellt werden. Web Services, Cloud Computing und
standardisierte Schnittstellen ermöglichen dies. Die einzelnen Softwarebausteine sind so
miteinander integrierbar. Die enge Verzahnung des Internets der Dienste mit dem Inter-
net der Dinge beruht darauf, dass sich eine Reihe an realen Dingen wie etwa Papier bei
mindestens gleichwertiger Funktionalität auch in webbasierte Dienste überführen und
um ergänzende durchdachte Funktionen erweitern lässt. Vor allem durch die direkte
Maschine-zu-Maschine-Kommunikation eröffnen sich hier zahlreiche neue Ansätze, die
bei konsequenter Umsetzung grundlegende Veränderungen und mit smarten Objekten
auch einen Einstieg in „Smart Government“ bedeuten (vgl. [38, S. 18 f., 39, S. 175, 40,
S. 229]).
Die direkte Kommunikation von Maschinen untereinander und ohne Einbindung von
Menschen wird den signifikantesten Effekt haben. Deswegen wird mit Blick auf die
industrielle Nutzung bereits von der „vierten industriellen Revolution“ gesprochen. IT-
Systeme werden sich zunehmend eigenständig informieren und eine Situation analysie-
ren, aber auch automatisch und autonom Entscheidungen treffen und diese umsetzen.
Sensoren und sensorbasierte Datensammlungen werden in diesem Zusammenhang eine
besondere Rolle einnehmen, denn Industrie, Wirtschaft, Politik, Gesetzgebung, Verwal-
tung und Justiz werden sich zunehmend auf sie verlassen. Sensorbasierte Entscheidungen
2 Digitalisierung: Begriff, Ziele und Steuerung 39

und sensorbasierte Rückkopplungen werden bei Entscheidungen an Einfluss gewinnen.


Menschen werden durch entscheidende Systeme eher in den Hintergrund gedrängt und
zu Objekten heruntergestuft, deren Verhalten andererseits durch Raum und Zeit voll
verfolgbar wird. Sorge bereiten jene Akteure, die die Sensoren manipulieren, um Sys-
teme durch unzutreffende Eindrücke zu ihren Gunsten zu steuern. Neue smarte Lösun-
gen werden zudem zu Disruption und Transformation führen, wenn die cyber-physischen
Systeme im Hintergrund den bisherigen Ansätzen an Nutzen, Flexibilität, Qualität und
Wirksamkeit überlegen sind. Mit einer grundlegenden Marktbereinigung und einer Kon-
vergenz von Märkten ist gerade hier zu rechnen (vgl. [40, S. 229 f.]).
Das Internet der Dinge und das Internet der Dienste, vor allem smarte Objekte und
cyber-physische Systeme, verfügen über das Potenzial, mit ihrer neuartigen Funkti-
onslogik bestehende Systeme substanziell zu übertreffen. Damit können sie disruptive
Wirkungen auslösen, mit denen nicht nur Wirtschaft und Gesellschaft, sondern auch der
Staat, die Gesetzgeber, die Öffentliche Verwaltung und die Justiz konfrontiert wären
(vgl. [39, S. 174]). Die Verwaltungsinformatik muss sich der Frage stellen, welche
intelligent vernetzten Objekte und welche cyber-physischen Systeme Staat, Verwaltung
und Justiz zur wirtschaftlichen wie sparsamen Erfüllung öffentlicher Aufgaben benöti-
gen. Zugleich muss abgeklärt werden, welche vorhandenen smarten Objekte und wel-
che vorhandenen cyber-physischen Systeme schon heute eingesetzt werden könnten,
beziehungsweise wo Grenzen bei deren Einsatz zu ziehen sind, damit aus dem Staat
kein Überwachungsstaat wird. Aus der Gestaltung des Internets der Dinge und des Inter-
nets der Dienste ergibt sich ein enormer Rechtsgestaltungsbedarf für den Gesetzgeber,
etwa wenn es darum geht, den zulässigen Handlungsraum von autonomen Drohnen und
autonomen, vernetzten und selbstfahrenden Automobilen zu bestimmen. Zudem müssen
offene Standards und offene Schnittstellen vereinbart werden, um eine Interoperabilität
zwischen den verschiedenen Systemen, Anbietern und Akteuren zu gewährleisten (vgl.
[38, S. 32 f., 40, S. 230]).

2.3.9 Real-Time-Government

Das taktile Internet (Web 5.0) als erkennbare nächste Entwicklungsstufe des Internets
wird dafür sorgen, dass schrittweise ab 2020 über Gigabit-breitbandige Netzwerke und
die künftige fünfte Mobilfunkgeneration (5G) eine Netzwerkkommunikation und ein
Handeln nahezu in Echtzeit erfolgen können. Durch minimale Reaktionszeiten im Mil-
lisekundenbereich, höchste Verfügbarkeit, Zuverlässigkeit und Sicherheit wird es einen
weiteren Innovationsschub für Wirtschaft und Gesellschaft bringen. Es ermöglicht durch
taktile und haptische Sinneseindrücke eine neue Dimension in der Mensch-Maschine-
Kommunikation und beschleunigt zugleich die Interaktion von Maschinen [58, 38, S. 25,
39, S. 175 f., 40, S. 230].
Das taktile Internet wird zahlreiche Effekte zur Folge haben, die derzeit in ihrem
Umfang weder voll abschätzbar noch vorstellbar sind. Die minimalen Reaktionszeiten
40 R. Heuermann et al.

im Millisekundenbereich bei höchster Verfügbarkeit erlauben ein Echtzeitprinzip über


größere Distanzen. Von Sendern ausgelöste Impulse haben dann nahezu in Echtzeit
Reaktionen beim Empfänger zur Folge. Zuverlässig und vor Unberechtigten geschützt
können so Eingriffe aus der Ferne ausgelöst oder begleitet werden. Diese steuernden
Eingriffe eröffnen neue Möglichkeiten zur Steuerung von schnell beweglichen Teilen,
Robotern oder anderen smarten Objekten. In Verbindung mit optischen Sensoren und
smarten Brillen ergeben sich neue Ansätze für die virtuelle Realität und die erweiterte
Realität. Dies bietet neuartige Perspektiven für Montage- und Reparaturarbeiten, Tele-
chirurgie, Assistenzsysteme, kooperative Verkehrssysteme und Lernumgebungen. Nutzer
müssen aber permanent mit Aktualisierungen rechnen, was die Komplexität entsprechen-
der Systeme erhöhen wird (vgl. [58, 40, S. 230]).
Staat und Verwaltung stehen hier vor der Frage, in welchen Bereichen Investitionen
in ein „Real-Time-Government“ zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben sinnvoll und ver-
tretbar wären (vgl. [39, S. 176]). Visuell aufbereitete Zusatzinformationen und Assistenz-
dienste, die automatisch aus den Akten heraus generiert werden können, ermöglichen
neuartige Ansätze für Strafprozess- und Verwaltungsverfahren. Drohnen und Roboter
können Menschen bei Analyse-, Montage- und Reparaturarbeiten entlasten und so drin-
gend gesuchte Produktivitätsreserven freisetzen. Zugleich muss aber auch über Grenz-
ziehungen nachgedacht werden, denn nicht alles, was in Echtzeit aus der Ferne möglich
wäre, ist aus Sicht des Staates oder der Bevölkerung auch wünschenswert. Beispiels-
weise wäre erstmals ein staatlicher Zugriff auf (selbstfahrende autonome) Kraftfahrzeuge
aus der Ferne vorstellbar, etwa um diese aus triftigem Grunde anzuhalten und aus dem
Verkehr zu ziehen. Aber wäre dies auch wirklich wünschenswert, oder handelt es sich
gar um einen unzulässigen Eingriff in den Straßenverkehr? Und wie anfällig sind Staa-
ten, wenn es Unberechtigten, Kriminellen oder Cyberkriegern gelingen würde, solche
Systeme als Waffen gegen die herrschende Ordnung und die Gesellschaft einzusetzen
(vgl. [40, S. 230 f.])?

2.4 Quintessenz IT-Geschichte und Frage der „Disruption“

Roland Heuermann

Prof. von Lucke zeichnete in Abschn. 2.3 detailliert die Entwicklung der Digitalisierung
bis zur Jetztzeit nach und eröffnete einen Blick auf Web 5.0, das Real Time Management
ermöglichen wird. Die Frage ist natürlich, ob der Öffentliche Bereich diese theoretischen
Angebote auch für seine Verwaltungspraxis zügig erschließen kann oder nicht. Was lehrt
die Geschichte?
Der Einsatz von IT im Öffentlichen Bereich startete in ersten Ansätzen schon in den
1950er Jahren, massiv dann in den 1960er, 1970er und 1980er Jahren. Als das Internet zu
Beginn der 1990er Jahre für den kommerziellen Gebrauch freigegeben wurde und sich
im privatwirtschaftlichen Bereich mit dem „E-Commerce“ ein regelrechter dot.com-Hype
2 Digitalisierung: Begriff, Ziele und Steuerung 41

Ende der 1990er Jahre entwickelte, blieb der Öffentliche Bereich in der Nutzung dieses
Mediums als Kanal für Informationen und Services sehr abwartend. Um diese Situation
zu überwinden und mit „E-Government“ ein Pendant zu E-Commerce voranzutreiben,
wurde im Jahr 2000 mit dem programmatischen Titel „BundOnline 2005“ unter Feder-
führung des Bundesinnenministeriums eine Projektgruppe gestartet, die zwei große Ziele
hatte: Steigerung der Leistungsfähigkeit des Staates und Einsparen von Kosten. Rund
einhundert Bundesbehörden bearbeiteten unter Zuhilfenahme teils kostenloser Beratungs-
leistungen und teils kostenloser Software (wie dem Government Site Builder als generelle
Content Management Lösung) innerhalb von fünf Jahren einige ihrer Verwaltungsverfah-
ren und stellten bis Ende 2005 ca. 440 Verwaltungsverfahren oder einzelne Dienste im
Internet bereit [5, S. 3]. Das kommunale Pendant zu BundOnline 2005 war das Projekt
Media@Komm-Transfer. Mit einem – allerdings in der Praxis als recht komplex empfun-
denen – Signaturgesetz für elektronische Signaturen wurde im Jahr 2001 außerdem ein
Ersatz für die händischen Unterschriften geschaffen.
Wie die Abb. 2.9 in einer schematisierten Darstellung einer vielschichtigen Situa-
tion zeigt, kam es dann in manchen Behörden zur Erkenntnis, dass die angestrebten
Wirtschaftlichkeitsvorteile sich nicht in dem erwarteten Ausmaße einstellten, weil eine
Anbindung des Internets an die Prozesse im „Backend“ der Behörden fehlte. Seltener
wurde auch thematisiert, dass parallel zu den elektronischen Zugangswegen weiterhin
die alten analogen Wege bestehen blieben, sodass die Behörden jetzt doppelte Struktu-
ren hatten. Schuppan [53, S. 189] nennt diese Zeit „nachholende aktionistische Phase“,
weil ihr ein verwaltungspolitisches Leitbild fehlte und die Politik auf Bundesebene alles
online stellen wollte, was da war, ohne dass der tatsächliche Nutzen aus dieser techni-
schen Möglichkeit konsequent berücksichtigt wurde. Da der Bund relativ wenig Verwal-
tungsverfahren mit direktem Kontakt zu Bürgern hat, war der Erfolg auf Bundesebene
von vornherein begrenzt. Außerdem: „Online“ meinte nur den Außenkontakt mit Web-
seiten, die Veränderung der Verwaltungsprozesse selbst war nicht mitgedacht. Nur, wenn

Abb. 2.9 Geschichtlicher Ablauf Digitalisierung


42 R. Heuermann et al.

sich von Nutzern via Web-Eingabe liebevoll ausgefüllte Formulare auch in der Verwal-
tung medienbruchfrei weiter verarbeiten lassen, ist der Datenfluss gut. Die Erkenntnis
dazu und die Umsetzung medienbruchfrei(erer) Verwaltungsverfahren brachte in der
2005 begründeten Initiative „Deutschland online“ in Bund, Ländern und Kommunen
wieder einen Aufschwung der Zufriedenheit mit der eigenen E-Government-Arbeit.
Allerdings wurden in der öffentlichen Diskussion immer mehr die weiterbestehenden
Schwächen der Öffentlichen IT sichtbar, diesmal weniger in einzelnen Behörden als in
der Behördenlandschaft als Ganzes: ein Zoo an parallelen Anwendungen für gleiche
Zwecke, Mängel in der Vernetzung von Behörden untereinander usw. Die Reaktion dar-
auf war das Einsetzen von Standardisierungsbestrebungen, die u. a. die Welt der heute
von der KoSIT betreuten xÖV-Schnittstellenstandards begründeten – Schuppan nennt
das „Standardisierungsbürokratie“ [53, S. 189]. Das Ergebnis auch dieser Bemühungen
blieb hinter den Erwartungen zurück, weil zwar eine Vielzahl von „Einer-für-alle“-Ein-
zelanwendungen und Schnittstellenstandards entstanden ist, aber eine stärkere Vernet-
zung der behördlichen Fachprozesse nur langsam voranging. Außerdem gab und gibt
es weder für „Einer-für-alle“-Produkte einen Abnahmezwang der Behörden noch einen
Vernetzungszwang, sodass weiterhin ein Zoo an Anwendungen und Parallelentwicklun-
gen existiert. Dass selbst bei eigentlich durchgängigen Fallgeschichten, wie z. B. Asyl
(man könnte aber auch „Problemkinder“ und andere Betreuungsfälle quer über mehrere
Behörden nennen), teils zu wenig Vernetzung der Sacharbeit und wenig vernetzte IT-
Systeme über die Ebenen hinweg zu sehen sind, zeigte die „Flüchtlingskrise“ in 2015. In
der Abb. 2.9 wird der Beginn dieser als „Krise“ bezeichneten Erkenntnis zwischen den
Jahren 2012 und ca. 2014 verortet. Sie ist letztlich Teil der Frage nach richtiger Gover-
nance der Verwaltung im Staat insgesamt und der IT-Governance im Besonderen. Einige
Publikationen thematisieren das auch direkt mit mehr oder weniger weitem Fokus (z. B.
[14, 56]). Ein Teil der Betrachtungen ist das zentrale Problem der oft für durchgehende
IT-Lösungen hemmenden Wirkung von Ressortprinzip, Föderalismus und Silodenken
der Behörden als Teil der deutschen Verwaltungskultur. Die Jahre 2014 und 2015 zeigten
erste praktische Konsequenzen aus diesen Erkenntnissen: Dies ist die Zeit der E-Govern-
ment-Gesetze von Bund und Ländern. Sie schreiben u. a. verbindlich die Bereitstellung
der Möglichkeit zu einer digitalen Signatur, die digitale Abbildung aller Verwaltungs-
verfahren und teils die komplette digitale Abbildung aller dafür geeigneten innerbehörd-
lichen Abläufe vor. Dazu kommt die 2016 zwischen Bund und Ländern am Rande der
Verhandlungen über eine Neuordnung der Finanzbeziehungen erreichte Einigung über
einen Portalverbund Bund-Länder und die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz des
Bundes bei dem ebenenübergreifenden Zugang auf digitale Verwaltungsleistungen.
In den folgenden Kapiteln über die Situation in Kommunen, Ländern und Bund wer-
den hier genannte Themen der IT-Governance – neben anderen – teils aus der besonde-
ren Perspektive der Ebenen von Gebietskörperschaften gezeigt.
Die Darstellung in Abb. 2.9 endet mit einem dritten Gipfel des E-Governments, der
hier programmatisch „Smart E-Government“ genannt wird und eine Lösung der Frage
des optimalen Managements bzw. der IT-Governance beinhaltet. Eine offene Frage ist,
2 Digitalisierung: Begriff, Ziele und Steuerung 43

wie es „danach“ weitergeht. Sicher ist, dass die Digitalisierung mit ihren Evolutions-
stufen Web 3.0 und Web 4.0 schon ein – wenn nicht der größte und tiefste – Umbruch
in der Technikgeschichte der Menschheit ist. Die Frage aber, ob sie auch zu komplett
neuen Spielregeln für eine Branche, hier dem Öffentlichen Bereich, führt und damit
kein „glatter“ Übergang stattfindet, sondern „disruptiv“ für das „Geschäftsmodell“ des
Öffentlichen Bereichs wirkt, lässt sich derzeit nicht mit letzter Sicherheit beantworten,
weil der Prozess noch nicht beendet ist und somit auch noch keine genaue Abgrenzung
von Wirkungen der digitalen und nicht-digitalen Entwicklungen zu finden ist. Außerdem
ist eine genaue Definition für die Eigenschaft „disruptiv“ nötig. Es gibt Stimmen, die von
„disruptiver“ Entwicklung durch Digitalisierung sprechen [42], andere vermeiden diesen
eine große Heftigkeit und einen Bruch suggerierenden Begriff: „Die Technik, die heute
die Welt verändert, ist selbst ein Produkt der Industriegesellschaft. Deshalb rede ich nicht
gern von Disruption. Was wir jetzt erleben, sind Prozesse, die vor mehr als 100 Jahren
begonnen haben“ (Rödder, zit. n. [35, S. 51]).
Wenn man die Frage „Disruption oder nicht?“ systematisch mit Blick auf den Öffent-
lichen Bereich untersuchen will, kann man sich an einer von Meyer [42] verwendeten
Liste mit sieben Merkmalen von Disruption orientieren. In der Tab. 2.5 sind diese Merk-
male aufgelistet und mit einem Vermerk darüber versehen, ob sie auch auf Behörden
zutreffen können oder nicht. Das Ergebnis ist einfach zu interpretieren:
Einige Kriterien schlagen nicht oder nur sehr gebremst an: Die Digitalisierung kann
in einzelnen Behörden ganz erhebliche Veränderungen nach sich ziehen. Eine „Erschüt-
terung“ mit der Folge des Wegfalls der Geschäftsgrundlage, wie in manchen privatwirt-
schaftlichen Branchen, wird es aber nicht flächig für die ganze „Branche“ Öffentlicher
Bereich geben. Die Geschäftsgrundlage ist hier ein in Gesetzen geronnener politischer
Willen, nicht eine besonders bequeme und effiziente Art der Bedarfsbefriedigung für
(Kauf-)Kunden. Die Internet-Revolution „Web 4.0“ an der Kundenschnittstelle kann
nicht zum Verlust des Marktzugangs führen, weil die Behörden der Kenverwaltung per
Gesetz zum regionalen oder bundesweiten Monopolisten privilegiert wurden und selbst
die Kanäle festlegen können. Natürlich können sie aber den Zugang selbst modernisie-
ren, mit anderen Behörden zusammenlegen („Bundesportal“) und alle ihre IT-Erstel-
lungsprozesse im Backend der Behörde radikal automatisieren („Bundes-Cloud“). Dies
ist – wenn es geschieht – ein Fortschritt im Denken der Behördenleitungen. Viele Behör-
den im kommunalen Bereich und auch auf Landesebene kennen und arbeiten mit ihren
Kunden persönlich und im Rahmen der rechtlichen Vorgaben auch individuell angepasst.
Ein grundsätzlicher technischer Durchbruch vom anonymen Massenmarkt zum indivi-
duellen Dienstleister ist hier nicht mehr möglich und nötig, dennoch aber vermutlich
mehr Individualisierung und Bequemlichkeit des Zugangs zu Behörden durch „Bürger-
konten“, Sortierung der Dienste nach „Lebenslagen“ und Verschlankung der Pflichten
zum Beibringen von Nachweisen, Belegen und Unterschriften dadurch, dass sich Behör-
den im Hintergrund besser vernetzen. Dazu aber mehr in den folgenden Kapiteln und in
Abschn. 3.1.2.2 sowie Abschn. 8.2.5.
44 R. Heuermann et al.

Tab. 2.5 Merkmale disruptiver Wirkungen der Digitalisierung. (Eigene Darstellung, angelehnt an
[42, S. 23 f.])
Nr Merkmal Erläuterung Anwendbarkeit auf Behörden
1 Nutzung ohne Eigentum „Shared economy“, der Ja. Es gibt öffentliche
Nutzer leiht sich Produktions- „Shared Service Center“, es
mittel gibt auch Ent-/Verleihungen
unter Behörden
2 Crowdifikation Statt klarer persönlicher Nein. Behörden können die
Zuordnung übernimmt Aufgabenerledigung nicht
irgendwer mit helfender Hand dem Zufall oder der freihän-
Tätigkeiten digen Zuordnung überlassen
(Fristen, Haftung, formale
und meist auch hoheitliche
Kompetenz)
3 Personalisierung Individuell zugeschnittene Ja, aber hier überaschungs-
Leistungen frei. Staatliche Services sind
in großem Umfang personali-
siert, allerdings durch Daten-
schutz auch fragmentiert. Die
Personalisierung ließe sich
steigern
4 Datengestützte Vorhersagen Big Data, „Sozioskopie“ JEIN. Mehr Predictive
Analytics könnten Nutzen
bringen, die Effekte sind nur
in bestimmten Behörden groß
5 Kompetenzstandardisierung Ja. Es gibt ein sehr großes
Standardisierungspotenzial,
Regelungslücken und unter-
schiedliche Praxis
6 Kundenschnitt-stelle Die Kundenschnittstelle selbst Nein. Die Kundenschnittstelle
und die dahinter liegenden aller Behörden ließe sich im
Backoffice-Systeme in die Sinne der „One stop agency“
eigene Hand nehmen radikal zentralisieren, den-
noch verbleibt sie damit im
Öffentlichen Bereich und
„unter Kontrolle“
7 Radikale Effizienzsteigerung Große Vorteile möglich, ver- Jein. Nur wenn die nicht-digi-
mutlich keine „radikalen“ talen Kanäle „dicht“ gemacht
werden, können Effizienzvor-
teile resultieren.

Abschließend stellt sich die theoretische Frage, ob eventuell auch schon dann „Disrup-
tion“ vorliegt, wenn sich das Denken der Verantwortlichen schlagartig ändert. Hill [33,
S. 8] schreibt unter Verweis auf eine kleine Kette von Vor-Autoren „unter Disruption wird
[…] nicht nur der radikale technische Wandel, sondern auch die Managementfähigkeit,
2 Digitalisierung: Begriff, Ziele und Steuerung 45

mit dem Wandel umgehen zu können, verstanden“. Nun, man kann Hill zustimmen oder
nicht. Von einem schlagartigen Wandel in der Mentalität der Öffentlichen Verwaltung
spricht auch er nicht. Deshalb klingt der Gedanke interessant, ist es aber für dieses Buch
letztlich doch nicht.

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www.elektroniknet.de/markt-technik/industrie-40-iot/deutschland-hat-die-erste-halbzeit-verlo-
ren-116855.html. Zugegriffen: 23. Apr. 2017
Digitalisierung auf kommunaler Ebene
3
Roland Heuermann, Carsten Jürgens, Peter Adelskamp
und Tanja Krins

3.1 Konventionelle IT in einzelnen Kommunen

Roland Heuermann

3.1.1 Übersicht

In Deutschland gibt es ca. 11.054 Gemeinden, davon haben ca. 2059 das Stadtrecht
(Stand 2017). Fast alle Gemeinden sind in ca. 294 (Land-)Kreisen organisiert, hiervon
ausgenommen sind ca. 107 kreisfreie Städte [81]. Diese Körperschaften unterhalb der
Ebene von Bund und Land versorgen die Bevölkerung einerseits mit IT-Fachverfahren
zur Abdeckung der Kernaufgaben Öffentlicher Verwaltung, andererseits erfüllen sie –
mit oder ohne rechtlichen Zwang – noch eine ganze Reihe weiterer Aufgaben, wie z. B.
die Versorgung mit Strom, Gas und Wasser, betreiben den Öffentlichen Nahverkehr,

R. Heuermann (*)
Bonn, Deutschland
E-Mail: roland_heuermann@t-online.de
C. Jürgens
Berlin, Deutschland
E-Mail: carsten.juergens@computacenter.com
P. Adelskamp
Erkrath, Deutschland
E-Mail: peter.adelskamp@duesseldorf.de; peter@adelskamp.de
T. Krins
Köln, Deutschland
E-Mail: Tanja.Krins@stadt-koeln.com

© Springer-Verlag Berlin GmbH Deutschland 2018 51


R. Heuermann et al. (Hrsg.), Digitalisierung in Bund, Ländern und Gemeinden,
https://doi.org/10.1007/978-3-662-54098-5_3
52 R. Heuermann et al.

fördern den Wohnungsbau und stellen selbst Wohnraum zur Verfügung usw. Für diese
Aufgaben neben der Kernverwaltung haben sie teils rechtlich unselbstständige Regie-
betriebe, wie z. B. Bauhöfe und manchmal Friedhöfe, Schwimmbäder usw., teils aber
auch privatrechtlich (z. B. als GmbH) organisierte Stadtwerke, Wohnungsbaugesellschaf-
ten und Mitgliedschaften in privatrechtlichen Vereinen wie z. B. Fördervereinen. Diese
rechtlich selbstständigen Einrichtungen können zu 100 % staatlich sein oder aber auch
nur den Staat als Miteigentümer haben neben privaten Investoren bzw. Gesellschaftern,
Aktionären oder Mitgliedern. Alle Kommunen benötigen für ihre Aufgaben IT-Services,
typischerweise wird die IT-Versorgung der Kernverwaltung und ihrer Regiebetriebe
getrennt von der IT rechtlich selbstständiger Öffentlicher Einrichtungen organisiert. Des-
halb dürfte ein Großteil der großen Stadtwerke keinen gemeinsamen IT-Betrieb mit der
Kommune haben. Im Folgenden wird – um sich auf das Wesentliche zu konzentrieren –
ausschließlich die Digitalisierung der kommunalen Kernverwaltung betrachtet, nicht die
aller Öffentlichen Beteiligungen.
Die Geschichte der kommunalen IT ist ein Weg von der anfänglichen Zersplitterung
vieler eigenständiger IT-Dienstleister auch in kleinen Kommunen hin zu einer kleineren
Anzahl mehr oder weniger großer, überregionaler Shared Service Center für mehrere
Gebietskörperschaften. Über diese historische Entwicklung – zumindest zu bestimm-
ten Zeitstrecken daraus – gibt es teils sehr fundierte Berichte damals verantwortlicher
Personen, so z. B. von Tramer [72] für Baden-Württemberg, Trageser [71] in Bayern,
Weggen [75] in NRW und Kammer im Bereich der Dataport-Länder Hamburg, Bremen
und Schleswig-Holstein [34]. Der Weg zu mehr Konsolidierung verlief dabei aber kei-
neswegs linear: Engel [14, S. 135–137] schildert, dass sich nach einer ersten Konsolidie-
rungswelle mit dem Bedarf nach Finanzierung der teuren Großrechner-Architekturen in
den 60er Jahren des letzten Jahrtausends wieder Auflösungserscheinungen in den 1970er
und 1980er Jahren zeigten, als die preiswerteren und leistungsfähigen Client-Server-
Architekturen aufkamen. Erst mit dem Marktauftritt der Cloud-Technologie als in vielen
Fällen wohl kostengünstigerer Alternative zum weniger automatisierten und virtualisier-
ten Rechenzentrum früherer Jahre, dem anhaltenden Kostendruck, der Furcht vor einem
Fachkräftemangel usw. baut sich wieder Druck zu mehr Konsidierung auf.
Heutiger Sachstand ist: Nur einige der größten von über 12.000 deutschen Kommu-
nen, z. B. die Städte Köln und München, haben noch einen eigenen IT-Dienstleister mit
Rechenzentrumsbetrieb, wie dies zu Beginn der Einführung von IT in den 1960er Jah-
ren der Fall gewesen sein mag (zur Geschichte der kommunalen IT siehe Aufsätze in
VITAKO [73]). Die meisten kleineren und mittleren Kommunen sind Kunden regiona-
ler oder überregionaler kommunaler Shared-Service-Rechenzentren. Diese sind öffent-
lich-rechtlich, z. B. als Zweckgesellschaften, Genossenschaften, oder privatrechtlich als
GmbH organisiert. Eine Übersicht zu einigen der größten kommunalen IT-Anbieter ist
in der Tab. 3.1 enthalten. Da viele der Dienstleister aufgrund ihrer Rechtsform keiner
Veröffentlichungspflicht unterliegen, sind die Angaben zur Höhe des Umsatzes, der Zahl
an Kunden und der Zahl betreuter IT-Arbeitsplätze unvollständig und werden auch von
3 Digitalisierung auf kommunaler Ebene 53

Tab. 3.1 Ausgewählte überregionale kommunale IT-Dienstleistungsbetriebe. (Eigene Darstellung)


Namen, Sitz Betreute Kommunen Betreute IT-Nutzer
AKDB München Träger: bayrische kommunale 4500 Kunden
Spitzenverbände
Citeq, Münster Stadt Münster + 20 umliegende 37.000 (1)
Verwaltungen
Citkomm 3 Kreise und deren Städte und
Gemeinden
Civitec Dienstleister für 1,7 Mio. Einwohner, 16.000, 350
Marktanteil 10 %
Dataport, Hamburg 80 kommunale Kunden 8500
Dosys
Ekom 21, Kassel Drittgrößter Anbieter in DE, 700 30.000
Kunden
Esh
Govconnect
HannIT
Itebo
ITK Rheinland 350 Verwaltungen
KDO
KDRS, Stuttgart
KDZ 189 Mitglieder (Kommunen,
Behörden)
KID, Magdeburg 18 Städte, Gemeinden, Landkreise 4000
KIVBF
KIRU 489 Kommunen, 24 Stand- und
Landkreise
Kommunalbit 3 Landkreise, ca. 34 Kommunen 7500 Arbeitsplätze
KRZ Minden-Ravensberg, Lemgo Mehr als 344 Städte + Gemeinden und 38 Mio. EUR
über 400 Vertragskunden Umsatz
KRZN, Kamp-Lintfort 12.000
Lecos 43 Kommunen
LVR-Infokom
Regio IT

Haus zu Haus unterschiedlich gezählt. Selbst bei Vorhandensein von Zahlen zum glei-
chen Gegenstand sind die Daten nicht ohne Kenntnis der Zählmethode unbesehen ver-
gleichbar. Ergänzend zu dieser Liste überregionaler IT-Dienstleister sind ebenfalls sehr
große IT-Bereiche einzelner Städte zu nennen, so z. B. in der Stadt München, Köln, das
Dortmunder Systemhaus Dosys usw.
54 R. Heuermann et al.

Eine „amtliche Statistik“ der Zahl öffentlicher kommunaler IT-Anbieter gibt es nicht,
Daten hierzu lassen sich nur schätzen. Dadurch kommt für Dritte ein lückenhaftes Bild
wie in der vorstehenden Tabelle zustande. Neben den regionalen Zusammenschlüssen
von Kommunen zur gemeinsamen Versorgung durch die genannten Shared-Service-IT-
Betriebe gibt es auch eine überregionale Organisation, die Bundes-Arbeitsgemeinschaft
kommunaler IT-Dienstleister VITAKO. Hier sind 55 Öffentliche IT-Betriebe, vermutlich
die größten, Mitglieder (Stand 1/2017). VITAKO betreibt mit ihrer Tochtergesellschaft
ProVitako auch eine Einkaufsgenossenschaft für 36 Mitgliedsbetriebe (eigene Zählung,
Stand 3/2017). Die Mitglieder von VITAKO haben nach eigenen Angaben über 12.000
IT-Beschäftigte, betreuen 590.000 Öffentliche IT-Arbeitsplätze, versorgen mehr als
10.000 Kommunen und stehen für einen Umsatz von jährlich ca. 2,17 Mrd. EUR (Anga-
ben 7/2017 in VITAKO [74]). Wenn man diese Angaben mit den Schätzungen für den
Umsatz kommunaler IT-Dienstleister bundesweit vergleicht (ca. 3,8 Mrd. EUR in 2013,
[82, S. 104]), dann steht die VITAKO rein rechnerisch betrachtet für ca. 57 % aller
kommunalen IT-Dienstleistungen für die Kernverwaltung1. Die Rolle von VITAKO als
„Lobby“ der Kommunen in der politischen Diskussion über Digitalsierung stellt der
Abschn. 6.2.1 etwas näher dar.
Die weitere Analyse der Situation in den Bundesländern zeigt einen markanten Unter-
schied zwischen den Ländern im Grad ihrer vertikalen Konsolidierung: Es gibt einige
Bundesländer, die praktisch nur einen einzigen, sehr großen kommunalen IT-Dienstleis-
ter haben, daneben evtl. mehrere kleine. In den drei deutschen Stadtstaaten Hamburg,
Bremen und demnächst zumindest teilweise Berlin ist dieser Anbieter zudem teilweise
identisch mit dem Landes-IT-Dienstleister (Dataport bzw. ITDZ Berlin). Die Tab. 3.2
zeigt diese Situation. In den anderen Bundesländern ist der Anbietermarkt stärker zer-
splittert, namentlich in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen gibt es jeweils mehrere
starke kommunale IT-Dienstleister.
Anzunehmen ist, dass die in der Übersichtsliste in Tab. 3.2 gezeigte Situation kom-
munaler IT-Anbieter letztlich nur eine historische Zwischenetappe der Anbieterland-
schaft auf dem Weg zu noch stärkerer vertikaler Konsolidierung ist: Viele der genannten
Betriebe sind bereits Zusammenschlüsse mehrerer früherer kommunaler und/oder über-
regionaler Dienstleister, und dieser Prozess der vertikalen Konsolidierung wird ver-
mutlich weitergehen. Die bisherigen Dienstleister agieren untereinander oft schon in
Netzwerken gegenseitiger Tauschbeziehungen von Leistungen, d. h. horizontaler Kon-
solidierung. Die Rechtsform der Genossenschaft ist hier besonders en vogue, weil sie
den formal aufwandsarmen Leistungsaustausch ohne öffentliche Ausschreibung sowie
gemeinsame Entwicklungsarbeiten ermöglicht. Gleichzeitig ist es so leicht möglich, das

1Diese Betrachtung ist aus mehreren Gründen nicht ganz exakt: Dataport ist Mitglied der VITAKO
und versorgt auch die IT-Services für mehrere Bundesländer. Auch ist der Zeitbezug bei den Zah-
len nicht der gleiche. Die Berechnung überschätzt also vermutlich etwas den „wahren“ Anteil der
VITAKO an allen kommunalen IT-Dienstleistern.
3 Digitalisierung auf kommunaler Ebene 55

Tab. 3.2 Beispiele: In ihrem Bundesland jeweils dominierende kommunale IT-Anbieter. (Eigene
Darstellung)
Landes-IT-Kommunalanbieter Größenhinweis Kommentar
AKDB, Träger sind die kommunalen
Bayern Spitzenverbände
Dataport, Auch Landes-IT-Anbieter
Hamburg/Bremen/Schleswig-
Holstein
EGo Saar Alle Kommunen vertreten
Ekom21,
Hessen
ITDZ Berlin, Auch Landes-IT-Anbieter,
Berlin Anschlusszwang für Quer-
schnitts-IT

„Frontend“ zur eigenen Kommune mit eigener Marke und individueller Corporate Iden-
tity zu belassen. Manchmal wird diese Form der Zusammenarbeit auch als Gegenargu-
ment für den Vorschlag noch weitergehender vertikaler Zusammenschlüsse gebraucht.
Die Begründung ist sinngemäß, dass man auch mit den Netzwerken und arbeitsteiligem
Vorgehen bereits diejenigen Skalierungseffekte erzielen könne, die die Befürworter der
vertikalen Konsolidierung erst durch einen vollständigen rechtlichen Zusammenschluss
erwarten (s. sinngemäß z. B. [15]). Der rechnerische Beweis hierfür steht allerdings noch
aus und dürfte vor allem auch deshalb schwer sein, weil es keine behördenübergreifen-
den normierten Standards der internen Kostenrechnung für IT-Leistungen Öffentlicher
Anbieter gibt und unabhängig davon die Öffentlichen IT-Dienstleister auch ein unter-
schiedliches Maß an Transparenz über ihre betriebswirtschaftlichen Eckdaten haben.
Sicher erscheint aber, dass alle vier in der Abb. 3.1 genannten Arten der Konsolidie-
rung einen Beitrag für die Erhöhung der Wirtschaftlichkeit leisten könnten.
Es ist daher aus betriebswirtschaftlicher Sicht vorteilhaft und konsequent, wenn die
vertikale Konsolidierung zügig weiterginge. Das natürliche Ende dieses Prozesses muss
nicht „ein kommunaler IT-Dienstleister je Bundesland“ sein, weil Bundesländer nicht die
natürliche, sondern nur eine politisch-administrative Grenze sind, die man auch sogar
innerhalb des bisherigen Rechtsrahmens überwinden könnte: Am Beispiel von Dataport
sieht man, dass der Schlusspunkt auch ein einziger Dienstleister für Kommunen meh-
rerer Bundesländer, wenn nicht sogar einer für alle Kommunen aller Bundesländer sein
könnte (vgl. auch Abschn. 8.2.6).
56 R. Heuermann et al.

Abb. 3.1 Vier Arten der Konsolidierung von IT-Dienstleistern

3.1.2 Fachliche Aufgaben der Kommunen und Services der


Kommunal-IT

3.1.2.1 Übersicht Verwaltungsverfahren in den Kommunen


Die klassische Kommunalverwaltung kennt ca. 70 Fachverfahren, die man in sechs (Vor-
schlag der Kommunalen Gemeinschaftsstelle KGSt) oder mehr fachliche Kategorien
einteilen kann. Die aufgrund ihrer Zuständigkeit gegebenen Aufgaben einer Kommu-
nalverwaltung lassen sich – losgelöst von einer einzelnen Kommune – nach Ähnlichkeit
strukturieren, sie sind in der Abb. 3.2 dargestellt. Zusätzliche, in der Abbildung als Icon
dargestellte Hinweise bei den Fachaufgaben zeigen, ob sie vornehmlich mit Daten über
Finanzmittel, Liegenschaften, Bauobjekten oder Personen arbeiten und daher zumindest
großteils gleiche Stammdaten verwenden.
Inhaltlich sind die 70 Fachverfahren bundesweit durch gleiche oder sehr ähnliche
rechtliche Anforderungen gekennzeichnet. Sie unterscheiden sich ggf. in Parametern,
jedoch nicht grundsätzlich.
Aus dieser Situation der großen Ähnlichkeit oder Gleichheit von Verwaltungsver-
fahren lässt sich die Erkenntnis ableiten, dass die ca. 70 Fachverfahren grundsätzlich
bundesweit mit je der gleichen IT-Anwendungssoftware bedient werden könnten. Tat-
sächlich aber ist derzeit eine sehr große Anzahl konkurrierender IT-Produkte im Einsatz.
Es gibt – bis auf wenige Ausnahmen mit dominanten Marktführern, wie z. B. bei der
Friedhofsmanagement-Software (WinFried) und der Standesamt-Software (AutiSta) –
eine sehr heterogene Anwendungslandschaft. Selbst wenn man den Zoo der bisherigen
Anwendungen eingrenzen und aus einem einzigen Rechenzentrum heraus betreiben
3 Digitalisierung auf kommunaler Ebene 57

Abb. 3.2 Übersicht fachliche Aufgaben in Kommunen

würde, wäre die Frage, ob dann große Skalierungseffekte auftreten würden: Zu hinterfra-
gen ist z. B., ob diese Produkte auch mandanten- und/oder cloudfähig sind. Viele sind es
vermutlich nicht, weil die Anforderungen bisher so nicht gestellt wurden und die klein-
bis mittelständischen Anbieter mit ihren Produktentwicklungen dem Markt nicht weit
vorauslaufen können. Die Frage ist hier, ob der Öffentliche Bereich in der Vergangen-
heit seine potenzielle Marktmacht optimal gebündelt und die Hersteller genügend dahin
getrieben hat, ihre Produkte bestmöglich zu einer Optimierung der Betriebskosten der
Öffentlichen Betreiber hin entwickelt zu haben.

3.1.2.2 Optimierungspotenziale der kommunalen Fachverfahren


Über die vertikale Konsolidierung der Landschaft Öffentlicher IT-Anbieter und eine
Verringerung des Gerätezoos bei der Software hinaus dürfte vor allem die weitere Opti-
mierung von Verwaltungsverfahren selbst sehr großes Potenzial der Kosteneinsparung
58 R. Heuermann et al.

auf beiden Seiten – den Behörden wie auch der Wirtschaft und den Bürgern – bieten.
Auf fachliche Verbesserungsdetails einzelner Verfahren kann hier wegen der Vielzahl
an Verwaltungsverfahren nicht eingegangen werden. Generell empfehlenswert wäre ein
Vergleich der Arbeitsweise vieler Kommunen untereinander, um „Best Practices“ heraus-
zufinden. Diesen Weg können sie bisher freiwillig z. B. über Vergleichsringe der Kom-
munalen Gemeinschaftsstelle (KGSt) beschreiten, eine regelmäßige Detail-Überprüfung
durch die in den Innenministerien der Bundesländer sitzende Kommunalaufsicht findet
jedoch nicht statt. Dennoch gibt es eine Reihe von besonders auch die Digitalisierung
betreffenden Erkenntnissen. Diese werden nachfolgend aufgezeigt.

Weglassen unnötiger Form- und Verfahrensanforderungen


Es bestehen vermutlich eine Vielzahl rein rechtlich gar nicht benötigter Nachweis- und
Unterschriftsverpflichtungen im Kommunalen Bereich, das zeigt ein Beispiel aus einem
Positionspapier der bundesweiten Interessenvertretung kommunaler IT-Dienstleister
VITAKO [67, S. 7 f.]: Für das Verwaltungsverfahren „Sondernutzung Parkerlaubnis
Handwerker“ gibt es eigentlich keine rechtlich zwingenden Formerfordernisse, dennoch
müssen in einigen Kommunen mit dem Antrag mehrere Nachweise eingereicht werden
(z. B. Kopie der Gewerbeanmeldung, Fahrzeugscheine usw.). Diesen Antrag zu erstellen
und Belege einzureichen, erfordert eine von VITAKO errechnete Bearbeitungszeit von
90 min. Wenn die Behörde eine Upload-Möglichkeit für die geforderten Dokumente statt
der bisher üblichen Papiereinreichung böte, ließe sich für den Antragsteller die Bearbei-
tungszeit drastisch auf 17 min reduzieren! Weiteres Sparpotenzial könnte man erreichen,
wenn die Behörden selbstkritisch die Vielzahl der einzureichenden Nachweise reduzie-
ren würden und ggf. sogar benötigte Nachweise aus dem Datenbestand anderer Behör-
den automatisch anforderten, anstatt die erneute Vorlage dem Bürger oder Unternehmen
abzuverlangen.
Bemerkenswert ist an diesem Befund nicht nur die behauptete dramatische Zeiter-
sparnis durch eine konsequente medienbruchfreie Digitalisierung, sondern schon die
eingangs von der VITAKO festgestellte Situation, dass OHNE zwingende rechtliche For-
merfordernisse von den Behörden Formanforderungen gestellt werden. Dies bedeutet,
dass Statistiken über die aufgrund rein rechtlicher Prüfung bisheriger Formerfordernisse
erzielbaren Erleichterungen nicht die ganze Wahrheit aufzeigen, weil darüber hinaus
wahrscheinlich weitere Erleichterungen auf Seite der Verwaltung wie der Verwaltungs-
kunden erreicht werden könnten, wenn man in die Verwaltungspraxis schaut und ALLE
Formerfordernisse (nicht nur die mit bisher gegebener rechtlicher Begründung) zur Aus-
gangsbasis für Entbürokratisierung macht. Siehe hierzu auch die Diskussion über die
Lücken in einer Normenkontrolle von Verwaltungsvorschriften mit erforderlicher händi-
scher Unterschrift in Abschn. 8.3.2.
3 Digitalisierung auf kommunaler Ebene 59

Erleichterung der Nutzung digitaler Dienste durch Bürgerkonten und Sortierung


nach Lebenslagen
Statt einzeln auf jedes Verwaltungsverfahren mit immer wieder neuer Authentifizierung
zugreifen zu müssen, kann ein zentraler Zugang die Hürde der Nutzung von E-Govern-
ment-Diensten erleichtern. Der Weg dahin führt über „digitale Bürgerkonten“, die ein-
zurichten schon 2012 eine Koalitionsvereinbarung der Bundesregierung vorsah [10,
S. 109]. Eine Untersuchung des IT-Planungsrates aus 2015 [29] zu Erfahrungen mit Bür-
gerkonten zeigte, dass in 2015 zehn von sechzehn Bundesländern temporäre oder per-
manente Bürgerkonten mit Identifizierung über die E-ID (elektronische Identifizierung
über Personalausweis) hatten und die anderen eigene Bürgerkonten einzurichten planten.
Der Bund stellt kein generelles Bürgerkonto bereit, will aber einen singulären Zugriff auf
einzelne Services ermöglichen. Dagegen haben einzelne Behörden auf Bundesebene, die
Bundesagentur für Arbeit und die Deutsche Rentenversicherung, eigene Bürgerkonten.
Auf Bundesebene soll zudem ein Portalverbund mit Zugriff auf die Landesportale entste-
hen [30]. Die bisherigen Portale der Länder unterscheiden sich ausweislich der Befunde
des Planungsrates hinsichtlich

• des Umfangs der darüber erreichbaren Kommunen,


• der Art und des Umfangs darüber erreichbarer Landesverfahren,
• der dem Bürgerkonto angegliederten Postfach- und Dokumentensafe-Funktionalitä-
ten.

Über die Qualität der über das Bürgerkonto zu erreichenden Services, d. h. vollständige
Abdeckung und behördenübergreifende Bearbeitung von Anliegen, sagt die Erhebung
des IT-Planungsrates nichts.
Ein zweiter Aspekt der Erleichterung des Zugangs zu Behördendiensten ist die Frage,
wie leicht ein Bürger oder Mitarbeiter von Unternehmen entsprechende Verwaltungs-
leistungen finden kann. Manche Städte sortieren ihre Dienste alphabetisch, andere nach
sogenannten „Lebenslagen“. Beispiele für die Häufigkeit von Lebenslagen zeigt die
Tab. 3.3. Da die alphabetische Sortierung in manchen Fällen eine Kenntnis der internen
Zuständigkeiten und Sprechweise von Behörden voraussetzt, ist eine nach Lebenslagen
sortierte Darstellung sicher besser.

Umfang und Qualität der Behörden-Leistung bei digitaler Anfrage durch Bürger &
Unternehmen
Wenn der Zugriff auf Behördenleistungen gelungen ist, stellt sich für den Behördenkun-
den die Frage, wie serviceorientiert und leicht, d. h. aufwandsarm die Beantwortung sei-
nes Anliegens erfolgt. Nicht nur die Zahl überflüssiger, weil gesetzlich nicht notwendiger
Nachweise und Unterschriftserfordernisse kann hier stören, sondern auch die Mehrfach-
eingabe von Daten, wenn der Behördenapparat die benötigten Vor-Informationen eigent-
lich schon selbst hat, aber auf diese Datentöpfe aus technischen, verwaltungsegoistischen
oder unnötig hohen Hürden des Datenschutzes nicht zugreifen will. In einigen Fällen
60 R. Heuermann et al.

Tab. 3.3 Häufigkeit Nr. Lebenslage gesamt %


Lebenslagen Bürger auf
1 Hausbau 64,5
Webseiten Großstädte. (Quelle:
gekürzt aus [25, S. 190]) 2 Umzug 60,5
3 Eheschließung/Lebenspartnerschaft 52,6
4 Kinderbetreuung 48,7
5 Geburt 44,7
6 Einschulung 36,8
7 Tod eines Angehörigen 36,8
8 Arbeit verlieren/suchen 36,8
9 Berufsausbildung/Studium 29,0
10 Adoption/Pflegekind 25,0
11 Angehöriger wird pflegebedürftig 17,1
12 Kfz an-/abmelden 17,1
13 Scheidung 13,2
14 Steuererklärung abgeben 11,8

berichten Kommunen darüber, wie sie durch bessere interne Zusammenarbeit und Ver-
netzen von Registern usw. ihren internen Datenaustausch zum Vorteil von Bürgern ver-
bessern. Ein schönes Beispiel für die Überwindung solcher Hürden gibt Kubicek [49,
S. 249], der davon berichtet, dass bei Wohnortwechsel die Kommune des neuen Wohn-
ortes den Umziehenden bei der alten Kommune abmeldet. So spart der Bürger unnötige
Wege. Ein anderes Beispiel zeigt, wie kommunale Behörden durch Datenaustausch die
von Bürgern bis dato immer wieder bei Anträgen einzureichenden Geburtsurkunden
untereinander anfordern und damit den Antragssteller davon entlasten, diese mehrfach
einreichen zu müssen. Das dahinter stehende Problem ist allerdings größer als der Ein-
zelfall: Die Vernetzung verschiedener Datenbestände kommunaler Behörden im Backend
ist generell kaum zu finden. Am Beispiel des Bayernportals und des Portals service-bw
kritisiert Kubicek [49, S. 242 f.], dass dort zwar kommunale Dienstleistungen im Fron-
tend gut erläutert und nach Lebenslage sortiert gut zu finden sind, eine Vernetzung
der Dienste und Daten im Backend aber nicht gegeben ist, sodass der Nutzer statt zu
einer „one stop agency“ wie früher – diesmal nur digital – mit einem Lebenssachver-
halt ggf. zu mehreren Behörden gehen muss, um sein Anliegen abzuarbeiten. Die letzt-
lich erwartete Reduzierung des Aufwandes im Sinne eines Bürokratieabbaus erfolge so
nicht, die Frontend-Lösung sei nur ein schöneres Schaufenster. Kubicek kritisiert auch,
dass im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD aus 2013 zwar die Digitalisierung
von 100 der wichtigsten Verwaltungsverfahren vereinbart wurde, aber die Vernetzung
der Behördenarbeit im Backend auch in einer für die Bundesregierung erstellten Studie
des Nationalen E-Government-Zentrums in 2015 (siehe [24]) nicht erkennbar zwingend
dazugehört. Hier bliebe man im Vagen und verschiebe die Festlegung von Details auf
eine bis dato (Stand 3/2017) nicht vorliegende Machbarkeitsstudie.
3 Digitalisierung auf kommunaler Ebene 61

3.1.3 Digitale Dörfer – ein neuer kommunaler Service?

Es gibt eine Reihe kommerzieller sozialer Medien, die Personen miteinander vernetzen.
Sie zielen auf beruflich vernetzungswillige Teilnehmer (Xing, LinkedIN), Schulfreunde
(Stayfriends), allgemeine Nutzergruppen (Facebook), Dating-interessierte Personen
(Parship, Friendscout24) usw. Eine für kommunalpolitische Zwecke interessante Lücke
haben manche Kommunen erspäht: die Vernetzung von Einzelpersonen und Organisatio-
nen (Vereine, Betriebe, Verwaltung) mit regionalem Bezug. Die Themen dieser digitalen
Vernetzung können u. a. sein:

• Förderung von Nachbarschaftsnetzwerken


• Förderung von Kunst und Kultur
• Mediale Bündelung von E-Health-Angeboten
• Lokale Wirtschaftsförderung
• Förderung des Vereinswesens
• Förderung von Open Government und Entscheidungspartizipation

Die begriffliche Klammer für kommunal, d. h. nicht privat betriebene Plattformen speziell
zur Bündelung mehrerer digitaler Services für die genannten Zwecke ist „digitales Dorf“
(alternativ: „digitale Gemeinde“). Eine sehr detaillierte Übersicht mit Beschreibung der
gebotenen Services von deutschen Gemeinden mit sozialen E-Plattform-Diensten findet sich
in einem Übersichtsbericht von Höhn-Consulting. Abb. 3.3 zeigt daraus beispielhaft Kom-
munen, die speziell für die Stärkung lokaler Bürgernetzwerke Web-Plattformen betreiben.
Zweck der Idee für digitale Dörfer und der Grund, wieso sie – wenn auch schwach –
politisch gefördert werden, ist die Hoffnung, mithilfe lokaler identitätsstiftender Vernet-
zung ein Gegengewicht zu den Nachteilen des Lebens in Gebieten mit dünnerer Besied-
lung zu schaffen und damit letztlich auch die Landflucht einzudämmen. Daher fördern
auch einige Bundesländer entsprechende Projekte:

• „eDorf“ in Bayern (Umbenennung „eDorf“ in „digitales Dorf“ beschlossen): Aus


20 zumeist aus mehreren Gemeinden bestehenden Bewerbungskonsortien wurden
am 13.12.2016 zwei durch die bayrische Landesregierung für die Förderung ihrer
Modellvorhaben ausgewählt [1].
• „Digitales Dorf“ in Rheinland-Pfalz: Die durch wettbewerbliche Vergabe von Förder-
mitteln gesponserte Initiative hat in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer Institut für
Experimentelles Software Engineering (IESE) in 2015 die Gewinner eines Auswahl-
verfahrens für die Förderung der ersten beiden „digitalen Dörfer“ Deutschlands ermit-
telt: Betzdorf und die Gemeinden Eisenberg/Göllheim (s. [13]).

Diese beiden genannten Initiativen sind Pilotvorhaben, deren Services noch entwickelt
oder stärker in die Fläche getragen werden sollen. Ob sie sich bewähren und diese weni-
gen Leuchtturmprojekte viele andere Gemeinden – auch ohne Fördermittel – dazu anre-
gen, gleiche Wege zu beschreiten, ist offen.
62 R. Heuermann et al.

Abb. 3.3 Landkarte mit Ortsangabe digitaler Dörfer. (Quelle: [23, S. 176])
3 Digitalisierung auf kommunaler Ebene 63

3.2 Smart City: Das Konzept und generelle Aspekte

3.2.1 Übersicht und Definition

Carsten Jürgens

Der Begriff „Smart City“ bezeichnet ein Stadtentwicklungskonzept mit dem Ziel, alle
kommunalen Services – öffentliche wie private, selbst erstellte wie durch Dritte betrie-
bene – möglichst energie-, zeit- und kosteneffizient sowie bequem für die Nutzer anzu-
bieten. Neben der blanken Notwendigkeit, die besonders in noch nicht ganz so weit
entwickelten Staaten bestehenden Infrastrukturprobleme wie einen beinahe täglichen
Verkehrskollaps (z. B. Mexiko Stadt) und eine sehr starke Umweltverschmutzung (z. B.
Volksrepublik China) in Schwellenländern mit starkem Wirtschaftswachstum mit digi-
talen Ideen zu mildern, hat die „Smart-City“-Idee auch einen werbenden Charakter für
Tourismus und vor allem eine unternehmerische Gründungszene, weil es „chic“ ist,
„smart“ zu sein, und von Experimentierfreude und Investitionsbereitschaft kündet. Das
beinahe allen Ideen für Smart-City-Maßnahmen zugrunde liegende unabdingbare Hilfs-
mittel für diese Optimierung ist der Einsatz digitaler Steuerungswerkzeuge und teils
der Einsatz einer Vielzahl von Sensoren und Aktoren. Optimiert werden sollen u. a.
der Energieverbrauch, Umweltschutz, öffentliche und private Infrastrukturen, Gesund-
heit, Bildung und die Stadtverwaltung selbst. Diese teils heterogenen Themen werden
durch den Begriff „Smart City“ zusammengehalten, selten werden weitgehend synonym
Begriffe wie „digitale Stadt“ oder „E-Stadt“ verwendet.
Die Bezeichnung „Smart City“ ist vermutlich erstmals durch IT-Unternehmen
wie IBM (Programm „Smarter Planet“ in 2008) und Cisco („smart + connected“)
sowie Energie- und Infrastruktur-Versorger benutzt worden, die hierin auch ein neues
Geschäftsfeld mit großem Potenzial für ihre Dienste sehen. Es gibt inzwischen einige
Literatur über Smart Citys, die den Begriff und die Themen dahinter bekannt machen.
Darüber hinaus sind auch Wirtschaftsprognoseinstitute wie IDC und Beratungsfir-
men wie PwC (IBM) mit vergleichenden Untersuchungen und Vorgehenskonzepten zu
Smart-City-Projekten aktiv. Es gibt aber mehr als nur ideelle Förderung: Die Europäi-
sche Union (Programm Horizont 2020, Fördervolumen für Smart Citys 25 Mio. EUR)
sowie einige große Konzerne, wie z. B. IBM und Cisco, haben teils beachtliche För-
dergelder oberhalb einer Million Euro für Smart-City-Planungen ausgelobt und verge-
ben diese Subventionen für Smart-City-Vorhaben im Rahmen von Auswahlverfahren für
Städte, die sich einzeln oder als Städtepartnerschaft bewerben. In der Bundes- wie der
Landesverwaltung Deutschlands gibt es (Stand 1/2017) keine über Leuchtturm-Vorhaben
hinausgehenden Initiativen für Smart Citys, ebenfalls eher homöopathisch sind private
und verbandliche Initiativen in Deutschland: Der deutsche Städte- und Gemeindebund
DSTGB sowie der Branchenverband Bitkom mit zahlreichen Sponsoren fördern ab 2018
eine einzige Stadt als „Digitalstadt“ für zwei Jahre „pro bono“ und haben die Absicht,
diese eine deutsche Stadt – nach eigenen Worten – so in die internationale Spitzenliga
64 R. Heuermann et al.

der Smart Citys zu führen [6]. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung för-
dert in einem „Wettbewerb Zukunftsstadt“ mit bis zu 200.000 EUR zwanzig Kommunen,
die innovative Ideen für ihre Stadtentwicklung haben [9]. Ob hiermit auch die Erwartung
von Spitzenergebnissen im Weltmaßstab verbunden ist, verlautbart das BMBF nicht.
Alle genannten Autoren, städtischen Akteure und Firmen haben i. d. R. eigene, aller-
dings manchmal nur in Nuancen voneinander abweichende Vorstellungen über die
Inhalte von Smart-City-Vorhaben. Tab. 3.4 zeigt im Vergleich die Meinung einiger aus-
gewählter Quellen.
Sachlogisch gibt es Überlappungen und Synergien zwischen den Teilthemen, aber
auch teils völlig unabhängig voneinander stehende Vorhaben. Abb. 3.4 zeigt dies in
einem Kreisdiagramm.
Eine Smart City kann auf zwei Wegen entstehen: Durch komplette Neugründung „auf
der grünen Wiese“ („Greenfield City“) oder durch Wandel („Retrofitting“) einer beste-
henden Stadt. International gibt es einige „Grüne-Wiese“-Projekte am Reißbrett ent-
worfener Städte, wie z. B. New Songdo City, Südkorea (Sponsor Cisco), Masdar City,
Vereinigte Arabische Emirate (Sponsor Siemens AG), Living PlanIT in Paredes (Portu-
gal), Nano Stadt und Lavasar (Indien), Neapolis (Zypern), Skolkovo (Russland), Meixi-
Dongtan-Wuxi Huishan (China), Putrajaya (Malaysia), König Abdullah Economic City
(Saudi-Arabien), Fujisawa (von Panasonic geplante kleine Fertighaus-Stadt nahe Tokio,
hier sollen auch Roboter zum Einsatz kommen), Toyota-City, Santander – die „Stadt
mit 20.000 Sensoren“ (s. [70]) usw. Der Zweck solcher Städte ist es, ein Schaufenster
von Modernität & Selbstversorgung, energetischer Effizienz und dem Zusammenwirken
aller oder zumindest vieler der Smart-CityThemenfelder zu sein. Keine dieser Reißbrett-
Smart-Citys war Ende 2016 komplett fertig und bevölkert.
In Deutschland gibt es keine „Grüne-Wiese“-Projekte. Die größte geschlossene Reiß-
brett-Entwicklung ist wohl diejenige eines Forschungs- und Technologieparks in Berlin:
Unter dem Namen „urban tech republic Berlin“ ist das Gelände des Flughafens Tegel

Tab. 3.4 Themen von Smart-City-Konzepten. (Eigene Darstellung, Sachstand 2016)


Autoren/Quellen von Konzepten [12] EU [18] IDC [26] [32] TU Delft, Lubjana &
Optimierungsfelder Wien
Bildung x x
Gebäude/Wohnen x x x x
Gesundheit x (x) x
IT x
Mobilität/Verkehr x x x x x
Öffentliche Verwaltung x x x x x
Personen/Bürger x x x x
Umwelt x x x x x
Wertschöpfung/Ökonomie x x x x
3 Digitalisierung auf kommunaler Ebene 65

Abb. 3.4 Smart-City-Themen – sachliche Nähe und Synergien

als Showbühne und gleichzeitig als Entwicklungszentrum für digitale Technologien der
zukünftigen Gestaltung von Städten vorgesehen, siehe Abschn. 3.3.1. Durch die jahre-
langen Verzögerungen bei der Fertigstellung des neuen Berliner Großflughafens BER ist
dieses Vorhaben bis 2018 bislang eine reine Vision geblieben.

3.2.2 Projektvorgehen Smart Citys

Smart-City-Vorhaben bieten aufgrund einiger Besonderheiten geradezu ein „klassisches“


Szenario für ein Multi-Projektmanagement der Kommunen: Sie haben eine große the-
matische Breite, die Vorhaben haben teils untereinander gar keine sachliche Beziehung,
es gibt viele Projektbeteiligte mit unterschiedlichen Motiven und organisationaler Zuge-
hörigkeit. Oft findet sich ein „Smart-City“-Projektverantwortlicher neben einer für das
Thema „Digitalisierung“ oder „E-Government“ zuständigen Instanz, entweder gleichbe-
rechtigt oder untergeordnet. In der Stadt Berlin ist das Thema „Smart City“ sachlich Teil
der Wirtschaftsförderung sowie dem Stadtmarketing und daher konsequenterweise der
stadteigenem GmbH zur Betreuung von Start-ups und Wirtschaftskontakten zugeordnet.
In Wien ist es integriertes Thema der gesamten Stadtverwaltung.
66 R. Heuermann et al.

Zur idealen Vorgehensweise bei solchen Vorhaben gibt es u. a. Vorschläge von Kaczo-
rowski [32] und PwC [62], hier wird nun ein eigener „Best-of-the-breed“-Ansatz vorge-
stellt:

1. Ein Ziel/eine Vision, ein digitales Leitbild und auf dieser Basis eine Digitale Strate-
gie für jede Kommune entwickeln: Wertvolle Informationen zur Vorbereitung dieses
Arbeitsschritts könnten eine grobe IST-Analyse und eine Recherche der „Best Practi-
ces“ bei den Smart-City-Projekten anderer Kommunen sein. Ideal ist es, wenn man
bereits in dieser frühen Phase Wünsche der Bürger, der am Projekt als Sponsor, Teil-
projekt-Gestalter oder Kunde interessierten Firmen, eigener städtischer Beteiligungen
sowie gesellschaftlicher Gruppen einbezieht. Die Strukturierung der Ziele, die Unter-
teilung in Kurz- und das Setzen von Langfristzielen, das Aufzeigen möglicher Wider-
sprüche zwischen konfliktären und das Zusammenwirken konkordanter Ziele können
hilfreich sein, Prioritäten zu setzen und Außenstehenden zu verdeutlichen, dass man-
ches schnell und anderes langsam kommen wird. Engagierte Strategie-Entwicklung
ist kein Privileg großer Städte, ein schönes Beispiel mit der Stadt Norderstedt gibt
hierfür Weißenfels [76].
2. Digitalisierung zur Chefsache machen: Smart-City-Vorhaben brauchen wegen ihres
querschnittlichten Charakters unbedingt die Spitzeninstanz, d. h. den Hauptverwal-
tungsbeamten (Stadtdirektor/Bürgermeister) als „Sponsor“ des Vorhabens. Dies des-
halb, weil sie sowohl in die Verwaltung hinein wirken wie auch in Gesellschaft und
Wirtschaft der Kommune, auch wegen der Außenwirkung. Ohne diesen operativ für
den Verwaltungsapparat der Stadt verantwortlichen Macher laufen Smart-City-Vor-
haben Gefahr, eher Marketingprojekte als operative, an sonstige Investitionsvorhaben
der Stadt angebundene Umsetzungsprojekte zu werden.
3. Die Finanzierung und die Organisation des Vorhabens sind zu klären. In Smart-City-
Vorhaben dürfte ein Großteil der Finanzmittel durch Sachspenden der beteiligten Fir-
men, die digitale Services pilotieren wollen, sowie ggf. durch deutsche/europäische
Fördermittel aus Wettbewerben kommen. Spannend zu beobachten ist, ob städtische
Haushaltsmittel für mehr als nur ggf. die Projektmanagement-Stelle zur Steuerung der
Smart-City-Vorhaben investiert werden.
4. Das operative Projektgeschäft sollte in die Kompetenz eines hoch angesiedelten Pro-
jektleiters, einer „Leitstelle“ oder der bisherigen CIOs gegeben werden. Da viele der
Teilprojekte in eigener operativer Zuständigkeit von Fremdfirmen und stadteigenen
Regiebetrieben liegen, ist deren Rolle eher mit „Programm-Manager“ zu beschreiben,
weil das Mikro-Management und die operative Umsetzungsverantwortung in anderer
Zuständigkeit liegen.
5. Ganz wesentlich ist es, die Innovationskultur in der Kommune – gerade auch der Ver-
waltung selbst – zu stärken und offen für neue technische Konzepte und Pilotanwen-
dungen zu sein. Smart-City-Vorhaben sind i. d. R. eine Mehrzahl von Pilotvorhaben,
die ggf. einen leichteren Weg durch behördliche Genehmigungsinstanzen bekommen
sollten als übliche Vorhaben.
3 Digitalisierung auf kommunaler Ebene 67

6. Kommunikationsplattformen nutzen, um Projektinhalte und Ideen zu kommunizieren,


interessierte Partner zu gewinnen und Projekt- sowie Stadtmarketing zu betreiben.
7. Ideal wäre eine Kooperation mit anderen Kommunen, um evtl. Skaleneffekte zu erzie-
len. Die beteiligten Projekt-Lösungspartner könnten so ihren Pilotierungsbereich
ausbauen, außerdem gäbe es so einen gewissen Druck auf die Standardisierung der
Lösungen, sofern es sich nicht um von außen an die Kommune herangetragene Stan-
dard-Lösungen eines überregional tätigen Partners handelt.
8. Ein wesentlicher Faktor für die Akzeptanz der einzelnen Smart-City-Teilprojekte und
damit eine breitere Unterstützung bei der Umsetzung und fortlaufende Optimierung
der Ansätze aus der Praxis heraus ist die Teilhabe auf Bürgerseite. Dies beinhaltet
sowohl die Möglichkeit einer finanziellen Bürgerbeteiligung als auch eine stärkere,
als die bisher gelebte, Einbindung der Bürgerschaft während der Pilotierungsphase
(z. B. Wien: Kraftwerksbeteiligung).

3.3 Smart-City-Herangehensweisen einzelner Kommunen

3.3.1 Berlin

Carsten Jürgens

Berlin ist – Stand 2015 [80] – die mit ca. 3,5 Mio. Einwohnern vor Hamburg
(ca. 1,8 Mio.) und München (ca. 1,5 Mio.) bevölkerungsreichste und seit der deutschen
Wiedervereinigung ab 1989 auch in der Stadtentwicklung – sozial, wirtschaftlich und
städtebaulich – dynamischste deutsche Stadt. In der Privatwirtschaft ist Berlin ein rela-
tives nationales IT-Eldorado: 17 % aller Start-ups in Deutschland haben ihren Hauptsitz
in Berlin [47, S. 17], der Anteil von IT-Neugründungen lag im Jahr 2015 mit 6,4 Grün-
dungen pro 1000 Bestandsbetrieben ebenfalls mit deutlichem Abstand vor dem nächst-
platzierten Bundesland, Baden-Württemberg, mit 4,8 Gründungen an der Spitze [48].
Die öffentliche Steuerung der Smart-City-Vorhaben in Berlin ist nicht einer eigens für
dieses Thema gewidmeten Geschäftsstelle oder einem städtischen Projektbüro zugeord-
net, sondern der allgemein im Auftrag des Berliner Senats für alle Kontakte der Stadt
zu Wirtschafts- und Technologiepartnern tätigen Berlin Partners GmbH. Berlin sieht sich
generell als den Standort mit einer großen Dynamik innovativer Technologieunterneh-
men, darunter viele Start-up-Unternehmen. Die Berlin Partner GmbH betreut diese alle
und hat ein Netzwerk von über 200 Firmen, Forschungseinrichtungen und Behörden.
Smart-City-Vorhaben werden nach eigenen Angaben in einem eigenen „Netzwerk Smart
City“ mit ca. 130 Mitgliedern geführt. Welche Vorhaben das genau sind, lässt sich aller-
dings (Stand 3/2017) aus keiner konsolidierten veröffentlichten Berichterstattung entneh-
men. Die städtische Smart-City-Strategie ist in einem 2015 herausgegeben Konzept [4]
68 R. Heuermann et al.

mit eher visionärem und allgemeinem Inhalt niedergelegt, eine konkrete Umsetzungspla-
nung soll folgen. Genannt werden hier als integraler Bestandteil weitere kommende oder
schon vorhandene Konzepte:

• ServiceStadtBerlin: Deutliche Verbesserung der Leistungsfähigkeit der Berliner Stadt-


verwaltung.
• Stadtentwicklungsplanung StEP 2025: Verzahnung der Smart-City-Initiativen mit den
Zielen und Maßnahmen für eine verbesserte Verkehrssituation.

In einem Zwischenbericht im Herbst 2016 (Presseartikel darüber vom 18.10.2016, [66])


gab der Senator für Stadtentwicklung und Umwelt u. a. bekannt, dass die Smart-City-
Entwicklung vornehmlich mit städtischen Unternehmen und der Verwaltung vorangetrie-
ben wird und drei Schwerpunktthemen haben soll:

• Energie und Klimaschutz,


• smarte Mobilität und
• smartes Wohnen.

Ein detailliertes Umsetzungskonzept des Senats mit einer Liste konkreter Planungen für
Vorhaben ist bis Anfang 2017 nicht bekannt geworden. Die Koalitionsvereinbarung der
Ende 2016 gebildeten neuen Regierung des Landes Berlin verspricht neuen Schwung
in Digitalthemen und eine aktualisierte Smart-City-Strategie [4, S. 50 f.]. Deutlich wird
hierin genauso wie aus der schon zuvor erkennbaren Situation in Berlin, dass sich diese
Stadt auch in ihrem Smart-City-Denken mit besonderem Schwerpunkt auf die Moder-
nisierung und Digitalisierung der Verwaltung konzentriert und weniger auf eine große
Bandbreite von Initiativen in den sonstigen Themenbereichen von Smart City. Einige aus
der Presse zu entnehmende Smart-City-Vorhaben in Berlin sind in Tab. 3.5 zu finden.
Das größte Vorhaben ist der seit 2007 schrittweise gewachsene, von der privatwirt-
schaftlichen EUREF AG errichtete Gewerbepark rund um ein altes Gasometer. Vision

Tab. 3.5 Smart-City-Vorhaben der Stadt Berlin und privater Betreiber. (Eigene Darstellung)
Projekte (alphabetisch) Erläuterung des Service
EUREF Schon 2007 mit wachsendem Umfang (jeweils neu dazukommender
Campus) errichteter Gewerbepark mit Schwerpunkt Umwelt und Ener-
gie, ca. 2500 Arbeitsplätze
Hotspots 650 kostenlose Hotspots an 250 Standorten freigeschaltet (seit März
2017)
Service Konto Unter service.berlin.de soll es ab ca. 2018 mit einem persönlichen Konto
Zugriff auf sehr viele antragsbedürftige Verwaltungsdienste geben, in
2017 waren schon 70 Dienste digital zugänglich
Urban Tech Republic Geplantes Quartier in Tegel mit Gewerbepark und Wohnraum
3 Digitalisierung auf kommunaler Ebene 69

Tab. 3.6 Betrachtung über „Smart Technologies“ und „Urban Technologies“. (Quelle: [17, S. 8])
Smart Technologies Urban Technologies
• Vorhandene Technologien zu neuen Lösungen • Verdichtete Systeme lebenswert managen
vernetzen • Innovative Technologien mit bestehenden
• Innovative Serviceangebote für Bürger und Infrastrukturen verbinden
Besucher • Den Einzelnen versorgen und dabei vorhan-
• Prozesse integrieren und umsetzen dene Ressourcen effizient nutzen
• Schnittstellen organisieren und Mehrwert • Überblick schaffen, individuelle Orientierung
erzeugen geben, neue Handlungsoptionen anbieten
• Effizienzsteigerung durch intelligentere Nut-
zung von Ressourcen

der Betreiber ist es, ein Symbol für die Energiewende und Umweltschutz zu sein [19].
Der Park bietet ca. 2500 Arbeitsplätze (Stand 2016) und erreicht nach eigenen Angaben
auf dem 5,5 ha großen Gelände schon seit 2014 die Klimaschutzziele der Bundesregie-
rung für 2050.
Größer als der EUREF-Gewerbepark wird die von der Stadt Berlin auf dem Gelände
des jetzt (Stand 3/2017) noch aktiv betriebenen Flughafens Tegel, Kürzel TXL, nach
dessen Schließung geplante „Urban Tech Republic“ sein [5]: ein Gewerbe- und For-
schungspark, für den in seiner Endausbaustufe in ca. 25 Jahren 17.500 Arbeitsplätze
prognostiziert werden. Darüber hinaus soll das Schuhmacher-Quartier, eine für ca. 5000
Wohnungen ausgelegte smarte Wohnsiedlung, in Tegel entstehen [3]. Da der Flughafen
Tegel erst nach der immer wieder in den letzten Jahren verschobenen Inbetriebnahme
des neuen Großflughafens Berlin geschlossen werden soll, sind beide Vorhaben derzeit
noch eine Vision.
Ein anderes Vorhaben ist schon gestartet. Die Technische Universität Berlin hat 2013
angekündigt, mit einer Smart-City-Plattform ein Forum für die vor allem interdiszipli-
näre technologische Forschung über Smart-City-Services einrichten zu wollen. Die Kon-
zepte für einzelne technische Services in Smart Citys werden dort als Teil der Lösung
für die auch ohne das Schlagwort bekannten Herausforderungen an urbane Technologien
gesehen, wie in Tab. 3.6 gezeigt. Soweit es der Internetplattform zu entnehmen ist, hat
dieses Forum seine praktische Tätigkeit zu Jahresbeginn 2017 noch nicht gestartet (Stand
3/2017).

3.3.2 Düsseldorf

Peter Adelskamp

3.3.2.1 Ausgangslage
Die Entwicklung einer Großstadt ist von vielen Faktoren abhängig. Wird sie als attraktiv
und zukunftsfähig wahrgenommen, wächst sie und mit ihr ihre Infrastruktur. So bieten
70 R. Heuermann et al.

insbesondere Städte auf kompaktem Raum ein breites Angebot an Kultur, Bildung, For-
schung, Veranstaltungen, beruflichen Möglichkeiten, Gastronomie und anderen Freizeit-
angeboten, was zu einer weiteren Urbanisierung unserer Lebensweise führt. So wuchs
die nordrhein-westfälische Landeshauptstadt Düsseldorf Anfang 2016 auf 628.437
Menschen [54] und konnte zum zweiten Mal in Folge einen positiven Bevölkerungs-
saldo erreichen. Den größten Teil des Wachstums machten, wie auch in anderen Städten,
Zuzüge aus.
Wachsende Städte können häufig nicht in die Breite expandieren. Sie müssen daher
mit dem vorhandenen Raum intelligent umgehen. Dies betrifft insbesondere die Lan-
deshauptstadt Düsseldorf, die von der Einwohnerzahl her die siebtgrößte Stadt [80]
Deutschlands ist, nach der Fläche in km2 jedoch nur an 17er Stelle liegt. Neben Wohn-
raum und Kindergarten- und Schulplätzen muss die gesamte Infrastruktur an die größere
Nachfrage angepasst werden, die auch durch eine immer älter werdende Bevölkerung
erfolgt. Der Bewegungsraum in einer Stadt verdichtet sich, was auch Auswirkungen auf
den Nah- und Individualverkehr und damit auf die Luftreinheit und die Lärmemissionen
hat. Bei der Stadtplanung müssen immer neue Lösungen für die räumlichen und ökolo-
gischen Anforderungen gefunden werden. Solche Lösungen werden zunehmend dadurch
begünstigt, dass es durch die technische Entwicklung Lösungsmöglichkeiten gibt, die in
den zurückliegenden Jahren nicht oder nicht wirtschaftlich realisiert werden konnten.
Insbesondere die Digitalisierung und die Vernetzung von Datenbeständen bieten nun ein
enormes Potenzial, durch Information und Kommunikation Lösungen auf eine einfache
Art und Weise für die Menschen nutzbar zu machen.
Um sich diesen Herausforderungen zu stellen hat die Landeshauptstadt Düsseldorf
bereits 2009 ein Stadtentwicklungskonzept aufgelegt, das im Jahr 2013 [51] überarbei-
tet wurde. Besonders dem Thema Nachhaltigkeit widmet sich das Programm „Lokale
Agenda 21“, das im Sinne des Mottos „Global denken – Lokal handeln“ über 30 Pro-
jekte und Aktionen in Düsseldorf umsetzt. Ökologisch, sozial und wirtschaftlich aus-
gewogen zeigen diese, wie gehandelt werden kann, ohne künftige Generationen oder
andere Nationen zu belasten. Alle Bürger sind eingeladen, sich bei Aktionen einzubrin-
gen und in den Fachforen der Lokalen Agenda mitzumachen.
Der Trend zum Wachstum in urbanen Räumen wird sich in Zukunft fortsetzen. Es ist
daher erforderlich, die Stadtentwicklung als fortlaufendes und lernendes System zu ver-
stehen, das sich den Erfordernissen anpassen kann. Hierfür ist es wichtig, die Bürger,
Touristen und Unternehmen in die Entwicklung einzubeziehen und ihren Interessen mit
Blick auf die nächsten Jahre und Jahrzehnte zu folgen.

Smart City Düsseldorf


Die vielen Maßnahmen die zur Entwicklung der Stadt bisher ergriffen wurden und der-
zeit geplant werden, machen aber auch deutlich, dass eine Vernetzung der Initiativen,
Ideen und Beteiligten bislang nicht in dem erforderlichen Maße erfolgte. Hierdurch
konnte manches gute Projekt auch noch nicht seinen optimalen Wirkungsgrad erzeu-
gen, weil die Verbindung zu anderen Projekten und Systemen nicht hergestellt wurde. Es
3 Digitalisierung auf kommunaler Ebene 71

zeigt sich, dass sich viele Organisationen und auch städtische Töchter mit ähnlichen The-
men der Digitalisierung befassen und dass es immer mehr Schnittstellen untereinander
gibt. Dies war der Grund für die Initiative des Düsseldorfer Oberbürgermeister Thomas
Geisel, Anfang 2017 eine Stabsstelle „Smart City Düsseldorf“ in seinem Büro einzu-
richten und damit zu beauftragen, neben der Entwicklung neuer Projekte insbesondere
die Vernetzung der lokalen Akteure sicherzustellen. Hierzu wurde auch erstmals im Mai
2017 ein Chief Digital Officer (CDO) bestellt, der unmittelbar dem Oberbürgermeister
zugeordnet ist. Neben der Stadtverwaltung und den städtischen Töchtern und Beteili-
gungen wie Stadtwerke Düsseldorf AG, Rheinbahn AG, Flughafen Düsseldorf GmbH,
Messe Düsseldorf GmbH sind es die Düsseldorfer Bürger und Unternehmen, die in die
weitere Entwicklung und Kommunikation einbezogen werden.

Pilotprojekte zu Smart Mobility und Smart Governance


So stehen Anfang 2017 zwei Teilprojekte im Vordergrund, die der „smarten“ Entwick-
lung Düsseldorfs dienen: Die Optimierung und Vernetzung multimodaler Mobilitätsop-
tionen für Düsseldorfer Bürger, Gäste und Pendler und die Schaffung durchgängig
digitaler transaktionsorientierter Zugangsmöglichkeiten zu kommunalen Verwaltungs-
prozessen.
Der Ansatz für das Projekt aus dem Handlungsfeld „Smart Mobility“ ist für Düs-
seldorf auch deshalb von großer Bedeutung, weil durch eine Reduzierung des Ver-
kehrsaufkommens von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren überfüllte Straßen und
Stickoxidbelastungen vermieden werden können. Die Überschreitung von Grenzwerten
in der Düsseldorfer Innenstadt hat beispielsweise das Düsseldorfer Verwaltungsgericht
veranlasst, ein Fahrverbot für Diesel-Fahrzeuge zu empfehlen. Durch den geplanten mul-
timodalen Ansatz sollen relevante Fortbewegungsmittel und -konzepte wie ÖPNV, Park
& Ride, Carsharing, Bikesharing, Taxi u. a. sowohl an physischen Infrastruktur-Knoten-
punkten als auch in einer für Bürger, Pendler und Gäste einfach zugänglichen integrier-
ten Informations- und Buchungsplattform gebündelt werden. Das Ziel ist die Schaffung
zweier erster Mobilitätsstationen in Unterbilk und Lohausen.
Flankiert wird das Ziel der emissionsfreien Innenstadt von Initiativen der Rheinbahn.
Dort werden u. a. mit Wasserstoff betriebene Busse in Zusammenarbeit mit den Stadt-
werken als Wasserstofflieferanten im Pilotbetrieb getestet. Ende 2016 wurde darüber hin-
aus ein Klimaschutz-Masterplan gemeinsam mit der Kreishandwerkerschaft aufgesetzt,
der die sechs Themenfelder Energieeffizienz in Betrieben, ein Sanierungsmodellprojekt,
Sonnenenergiekampagne, Aktivitäten zur KlimaExpo.NRW, Lernpartnerschaft und Elek-
tromobilität umfasst [52].
Fortgeführt werden die etablierten Projekte für ein intelligentes Verkehrsmanagement.
So sind bereits weit über 600 Sensoren im Düsseldorfer Stadtgebiet im Einsatz, die
Rund um die Uhr Meldungen über Straßenzustände, Störungen und Verkehrsaufkommen
automatisiert an die Verkehrsleitstelle melden. Sie sind die Basis für Echtzeit-Verkehrs-
lenkung über lokale Informationssysteme, Rundfunk und Navigationssysteme. Zu den
72 R. Heuermann et al.

hierfür verarbeiteten Daten gibt es Open-Data-Schnittstellen, sodass Dritte die Informa-


tionen für eine bessere Verkehrslenkung nutzen können. Durch das umgesetzte Konzept
wird auch die Sicherheit in den Düsseldorfer Tunneln erhöht, da innerhalb von 30 s die
Steuerungssysteme auf Verkehrsbedingungen reagieren.
Die Messpunkte dienen auch der Steuerung des Parkleitsystems, an das 41 Parkhäu-
ser in 5 Parkquartieren angebunden sind. Eine Optimierung der Parkplatzsuche dient den
Zielen des Luftreinhalteplans, da das hierdurch verursachte Verkehrsaufkommen etwa
30 % [61] der Stickoxid-Emissionen ausmacht. Der Parkvorgang als solcher wird durch
die Bereitstellung von Bezahlmöglichkeiten über SMS oder App optimiert. Sollte es hier
dennoch zu Verkehrsverstößen kommen, werden diese über eine mobil vernetzte Anwen-
dung erfasst, sodass Rückfragen schnell und unkompliziert beantwortet werden können.
Auf dieser Basis werden bald auch Online-Anhörungen zu Ordnungswidrigkeitenverfah-
ren und elektronische Bezahlmöglichkeiten von Verkehrsverstößen möglich sein.
Zur Reduzierung von Lichtemissionen und Stromverbrauch wird auf der Danziger
Straße in Düsseldorf über eine verkehrsadaptive Beleuchtungssteuerung die Helligkeit
der Straßenbeleuchtung an das Verkehrsaufkommen angepasst [50]. Es wird damit nur
so viel Licht erzeugt, wie auch tatsächlich benötigt wird. Hierdurch lassen sich 30 %
der bislang benötigten Energie einsparen. Der Beitrag zum Klimaschutzprogramm „Die
Schöpfung bewahren“ ist ein Pilotprojekt, das in dem Wettbewerb „Energieeffiziente
Stadtbeleuchtung“ prämiert wurde. Auch für die Kriminalprävention ist eine intelligente
und bedarfsgerechte Beleuchtung ein wichtiger Baustein.
Die zukunftsorientierte Weiterentwicklung von Infrastrukturen bedarf auch Investi-
tionen in Zukunftstechnologien. So hat sich die Landeshauptstadt Düsseldorf um För-
dermittel im Bereich „Automatisiertes und vernetztes Fahren auf digitalen Testfeldern
in Deutschland“ beworben [65]. Es soll hier zu einer praxisnahen Erprobung neuer
Technologien zur Fahrzeug-Infrastruktur-Vernetzung, sowie des hoch- und voll auto-
matisierten Fahrens kommen. Das Testfeld ist dabei anspruchsvoll, müssen doch künf-
tig autonome Fahrzeuge fehler- und unfallfrei den Wechsel von Autobahnen in den
Innenstadtverkehr meistern, Sortier- und Spurwechselvorgänge ausführen und die ange-
messenen Geschwindigkeiten beachten können. Eine automatisierte Verkehrsführung
vermeidet dabei Anhalte- und Anfahrt-Vorgänge, was wiederum der CO2- und Lärm-Ver-
meidung dient. Hieraus können auch Schaltzeitprognosen abgeleitet werden, die durch
Navigationssysteme an herkömmliche Fahrzeuge weitergeleitet werden können. Beson-
deres Augenmerk liegt hierbei auf dem Schwerlastverkehr, der durch häufiges Anfahren
im Stadtverkehr die Luftreinheit besonders negativ beeinflusst. Projekte zur Digitalisie-
rung kommen dabei nicht nur digital denkenden und handelnden Bürgern und Unterneh-
men zugute. Sie dienen der Verbesserung der gesamtstädtischen Infrastruktur, von der
alle profitieren. Im Idealfall merkt man nicht einmal, dass sie für bessere Luft, besse-
res Wasser, attraktivere Dienstleistungsangebote, ein optimiertes Gesundheitswesen oder
auch einfach zu mehr Freizeit führen, weil man beispielsweise seltener die Behörden
persönlich aufsuchen muss – es aber noch sehr wohl kann, wenn man es möchte.
3 Digitalisierung auf kommunaler Ebene 73

Gerade im Bereich „Smart Governance“ und hier bei den Maßnahmen des E-Govern-
ments, gibt es für die Kommunen noch viele Herausforderungen. Auch wenn sich durch
die E-Government-Gesetze von Bund und Ländern bereits viele gesetzliche Anforderun-
gen an die persönliche Identifizierung und die Schriftform verbessert haben, bestehen
weiterhin noch erhebliche Hürden für die Bereitstellung medienbruchfreier transakti-
onsorientierter Verwaltungsdienstleistungen. Technische Lösungen hierzu wie der elek-
tronische Identitätsnachweis (E-ID) des neuen Personalausweises (nPA) oder die sichere
E-Mail über De-Mail finden nicht den Zuspruch der Bürger.
Nach einer Studie des IPIMA und der Initiative D21 [28] sind nur 4 % der Besitzer
des nPA in der Lage, dessen digitale Möglichkeiten zu nutzen. Hierfür muss die E-ID-
Funktion freigeschaltet und ein Ausweislesegerät vorhanden sein. Von den Befragten
nutzten nur 17 % ein De-Mail-Konto oder überlegten überhaupt, sich ein solches zuzu-
legen. Fast die Hälfte der Befragten kannte das Angebot gar nicht, der Rest hatte man-
gels wahrnehmbarer Mehrwerte, fehlender Usability und anderer Gründe kein Interesse
daran. Es muss daher das Ziel sein, für die Nutzung behördlicher Dienstleistung niedrig-
schwellige Angebote bereitzustellen, die einfach und schnell zur Anwendung kommen
können. Diesem Ziel dient das Teilprojekt zur Schaffung eines Serviceportals, das ver-
schiedene Verwaltungsdienstleistungen unter einem Dach bündelt und modular E-Pay-
ment-Möglichkeiten und ein Servicekonto anbietet. Hierdurch wird es möglich sein, dass
z. B. Unternehmen, die häufig Kontakt zu der Verwaltung haben, durch die Vorausfül-
lung von Anträgen Aufwand sparen und den Bearbeitungsstand abfragen können.
Dieses Projekt dient auch den Zielen der Digitalen Strategie [2], die Ende 2016 für
die Stadtverwaltung Düsseldorf erarbeitet wurde. Das Serviceportal stellt eine wich-
tige Schnittstelle zwischen dem digitalen Eingangskanal und der unmittelbaren digita-
len Weiterverarbeitung durch die Verwaltung dar, die sich derzeit sehr intensiv mit dem
Thema der Digitalisierung ihrer Prozesse befasst. Ein verwaltungsweites Modernisie-
rungsprojekt mit dem Titel „Verwaltung 2020“ [53] hat 2016 eine Vielzahl von Opti-
mierungsansätzen hinsichtlich Prozessabläufen, Aufbauorganisation, Schnittstellen und
Digitalisierung aufgezeigt. Hierbei werden die größten Investitionen in den Bereichen
elektronische Vorgangsbearbeitung und automatisierte Workflows gesehen. Konserva-
tive Schätzungen gehen hier von einem Investitionsbedarf in Höhe von 12 Mio. EUR bis
2020 aus, von denen der Düsseldorfer Stadtrat für 2017 bereits 3,1 Mio. EUR bereitge-
stellt hat.

3.3.2.2 Unternehmensförderung
Während die kommunale IT häufig in langlaufenden und damit betagten Fachverfahren
gefangen ist, geht technologische Innovation oftmals von kleinen und agilen Start-up-
Firmen aus. Junge Gründer und Spin Offs größerer Konzerne treiben Ideen voran, die
die Zukunft prägen. So unterstützt die Landeshauptstadt Düsseldorf aktiv die Start-
up-Szene, die sich insbesondere im STARTPLATZ Düsseldorf [69] im Medienha-
fen etabliert hat und dort Hilfestellung bei der strategischen Weiterentwicklung ihrer
Firmen erhält. An gleicher Stelle hat sich 2016 der „Digital Innovation Hub (digihub)
74 R. Heuermann et al.

Düsseldorf/Rheinland“ gegründet, um den sich Oberbürgermeister Geisel mit vielen


Kooperationspartnern erfolgreich bemüht hat. Es handelt sich um eins von sechs Zentren
der Digitalen Wirtschaft in Nordrhein-Westfalen mit Standorten in Aachen, Bonn, Düs-
seldorf, Köln, Münster und im Ruhrgebiet. Gemeinsam gestalten hier Mittelstand, Start-
ups, Hochschulen und Industrie die Zukunft. Hierbei stehen gesellschaftliche und nicht
technische Herausforderungen im Mittelpunkt. Dieses Entwicklungspotenzial zahlt in
bedeutendem Umfang auf die Ziele einer „smarten“ Stadt Düsseldorf ein. Die Kommu-
nikation mit Unternehmen, Hochschulen, Öffentlichen Einrichtungen und Interessens-
vertretungen der digitalen Branche ist hierbei ein wichtiger Faktor. Seit einigen Jahren
ist hier auch der Verein „Digitale Stadt Düsseldorf e. V.“ aktiv, der sich zu dem größten
Netzwerk der Zukunftsbranchen der Informations- und Telekommunikationsbranchen in
Deutschland mit über 270 Mitgliedern entwickelt hat. Der Verein ist ein wichtiger Bran-
chenmotor in Düsseldorf.

3.3.2.3 Erfolgsfaktoren und Herausforderungen


Cyberkriminalität wie beispielsweise die Angriffe mit Verschlüsselungstrojanern auf
Öffentliche Einrichtungen und ihrer anschließenden Erpressung zeigen, dass die Infra-
strukturen verwundbar sind. So verwundert es auch nicht, dass die Nutzung Öffentlicher
IT und von E-Government-Angeboten durch Vorbehalte hinsichtlich Datenschutz und
Datensicherheit belastet ist [27]. Auf der einen Seite wird noch zu wenig darüber aufge-
klärt, was Behörden mit den Daten ihrer Bürger und Unternehmen machen, zum anderen
werden die IuK-Infrastrukturen immer mehr zu einem neuralgischen Punkt. Ihre Fähig-
keit zur Resilienz rückt immer stärker in die Betrachtung ihrer Architekten. Dabei stei-
gen die Anforderungen an die Kommunen und ihre Dienstleister, die es nicht mehr nur
mit begrenzten lokalen Bedrohungen der kritischen Infrastruktur zu tun haben, sondern
nun vernetzte weltweite Angriffsszenarien zu berücksichtigen haben. Dies bedarf einer
weitergehenden Professionalisierung des IuK-Betriebes durch entsprechende Qualifizie-
rungsmaßnahmen, Fachkräfte und etablierte und standardisierte Sicherungsmaßnahmen.
Die Gefahr für einen Missbrauch von Daten steigt auch durch immer mehr Daten-
sätze zu unserem Konsumverhalten, unseren Bewegungsprofilen und unseren intimsten
Gesundheitsinformationen. Daten sind schon längst eine Handelsware geworden. Es ist
eine Gratwanderung zwischen Datenerhebung und -verarbeitung für eine Optimierung
gut gemeinter Angebote und der Vermeidung einer Zweckentfremdung für ungewollte
Marketingaktivitäten oder des Datenhandels. Die Öffentliche Hand hat hierbei eine
besondere Verantwortung gegenüber ihren Bürgern, die sich in der Regel nicht aussu-
chen können, ob und mit welchen Behörden sie zu tun haben. Sie müssen sich darauf
verlassen können, dass ihre Daten nur zweckbestimmt erhoben und genutzt werden und
sie hierüber transparent aufgeklärt werden. Auch dies ist bei der Entwicklung des Hand-
lungsfeldes „Smart Governance“ zu berücksichtigen.
Der Begriff „Smart City“ beschrieb lange Zeit Marketingkonzepte von Hard- und
Softwarefirmen, die mit der Nutzung ihrer Produkte die „smarte“ Ausrichtung ihrer Kun-
den „bescheinigt“ haben. Es zeigen sich aber weltweit immer mehr gute Beispiele von
3 Digitalisierung auf kommunaler Ebene 75

Kommunen, die Konzepte für eine zukunftsorientierte Stadtentwicklung im positivsten


Sinne der Smart-City-Definition der Wiener Stadtwerke [79] erstellen und umsetzen.
Diese Zukunft braucht gute Konzepte und Unternehmer und Gemeindevertreter, die über
Vertragslaufzeiten und Wahlperioden hinaus nachhaltige Projekte unterstützen und auf-
setzen, auch wenn sie selbst die positiven Ergebnisse nicht immer in ihrer aktiven Zeit
erleben. In diesem Sinne soll und muss unser Lebensumfeld smarter werden.

3.3.3 Hamburg

Roland Heuermann

Hamburg ist die zweitgrößte deutsche Metropole und liegt – anders als die weiteren hier
vorgestellten Städte – durch eine gute Anbindung über den Fluss Elbe praktisch, nicht
geografisch, an der Nordseeküste. Historisch ist sie durch eine lange und sehr erfolg-
reiche Hafenwirtschaft und die Handelsschifffahrt geprägt. Der offizielle Start von
Smart-City-Vorhaben in Hamburg kann mit der Unterzeichnung eines Memorandums
of Understanding mit der Fa. Cisco am 30.04.2014 gesehen werden. Hierin wurde
die Zusammenarbeit für eine Reihe von konkreten Projekten – namentlich der Hafen-
City und dem Smart Port – vereinbart [21]. Ziele sind hier u. a., bis zum Jahr 2025 die
Betriebskosten bei gleichem Umsatz um ca. 70 % zu senken und die Zahl der Contai-
ner, die umgeschlagen werden können, ohne Mehrverbrauch an Fläche gegenüber der
Kapazität von 2014 nahezu zu verdoppeln [22]. Neben den detaillierteren Planungen
im Aufgabenbereich der Hamburg Port Authority gibt es weitere im übrigen Stadtge-
biet. Der Schwerpunkt auf verkehrsbezogenen Projekten, die den wirtschaftlichen und
geografischen Besonderheiten Hamburgs entsprechen, ist sehr deutlich. Seitdem hat es,
ausweislich diverser einzelner Verlautbarungen auf Internetseiten des stadteigenen Lan-
desbetriebs Straßen, Brücken und Gewässer [55] und einzelner Meldungen des Ham-
burger Senats sowie Darstellungen in der lokalen Presse, die in Tab. 3.7 aufgelisteten
Vorhaben gegeben. Ein Teil der Vorhaben ist mit Piloten bereits gestartet. Der Senat
Hamburgs mit seiner Leitstelle Digitale Stadt bietet hierzu keine genaue Auflistung
der Vorhaben mit Angaben zu Reichweite/Abdeckungsgrad stadtweit, Meilensteinen,
Umsetzungsstand, Kostenanteilen der Stadt und der Fa. Cisco an. Eine Darstellung der
Gesamtstrategie fehlt. Hierzu gibt es teils lokalpolitischen Streit [77]. Der Senat sieht
Hamburg in der internationalen Spitzengruppe von Smart-City-Vorhaben vergleichbar
großer Städte.
76 R. Heuermann et al.

Tab. 3.7 Smart-City-Vorhaben der Stadt Hamburg. (Eigene Darstellung)


Projekte (alphabetisch) Erläuterung des Service
Ampelphasensteuerung „Ampelassistent“: Optimierung der Schaltzeiten durch Einbezug vieler
Verkehrsdaten und eine veröffentlichte Prognose der Ampelphasen
Apartimentum Durch privaten Investor wurden 37 Mietwohnungen in einem voll digi-
tal gesteuerten Haus erstellt [57]
Bürgerkioske Verwaltungsdienste wie Kfz-Zulassung werden online angeboten
Elektroladestellen Bis 2018 sollen 4000 Elektro-Ladestellen in Hamburg existieren
Hafencity Innerstädtisches Entwicklungsprojekt, hier auch Test einer „smart buil-
ding solution“ und e-basierte Sharingmodelle (E-Auto/E-Fahrad)
Intelligente Weiche 10 von ca. 1000 Weichen im Hafen melden selbsttätig Wartungsbedarf
Open Online University Wissens- und Diskussionsplattform zwischen Universitäten und Dritten
Portmonitor „Hafenleitstand“-App mit Überblick über alle Ereignisse auf dem
Wasser
Port Road Monitor Pendant Portmonitor, Überblick aller Bewegungen auf der Straße im
Hafen
Schulwegesicherung Tags am Schulranzen sollen Ampeln auf Grün schalten
Smart Ambulance Verbesserung Anfahrt Rettungswagen, ggf. „fast lane“ mit smarten
Ampelschaltungen, Vorinformation Krankenhaus über Zeit des Eintref-
fens
Smart Port Intelligente Steuerung des ruhenden und rollenden Verkehrs im Hafen
Straßenbeleuchtung Straßenbeleuchtung soll nur bei Dunkelheit eingeschaltet werden
Transparenzportal Bereitstellen öffentlicher Daten, z. B. Geo-Daten, Ratsbeschlüsse

3.3.4 Köln

Tanja Krins

3.3.4.1 Motivation und Zielsetzung


Die Stadt Köln hat sich bereits frühzeitig mit den Möglichkeiten und den Herausforde-
rungen der Digitalisierung beschäftigt und verfügt seit 2012 mit dem Konzept „Inter-
netstadt Köln, Ziele – Strukturen – Zusammenarbeit – Unterstützung“ über die erste
Digitale Agenda einer deutschen Großstadt (vgl. [36]). Motivation war und ist es, in
einer überdurchschnittlich wachsenden Stadt (vgl. [8, S. 23]) die etablierten Abläufe,
Prozesse und Geschäftsmodelle an den grundlegenden Wandel anzupassen, der durch
die Digitalisierung von Bildung und Weiterbildung, Wirtschaften und Arbeiten, Woh-
nen und Mobilität, Einkaufen und Freizeit, Sport und Kultur, Gesundheit und Vorsorge,
Politik und Verwaltung, kurz: aller Bereiche einer Kommune, möglich und nötig wird.
Die Akteure der Stadtgesellschaft fordern einerseits mit geänderten Erwartungen an die
Daseinsvorsorge der Kommunen neue Nutzerszenarien und Interaktionsmodelle ein und
3 Digitalisierung auf kommunaler Ebene 77

entwickeln andererseits neue Geschäftsmodelle, gerade auch mit kommunalen Daten. In


dieser Erkenntnis, dass der Digitale Wandel in der Mitte der Gesellschaft verankert ist
und von allen gesellschaftlichen Gruppen mit gestaltet wird, hat Köln mit dem „Konzept
Internetstadt Köln“ Handlungsfelder beschrieben, in denen die Stadt den digitalen Wan-
del vor Ort gestaltet. Dies sind:

• der Aufbau und die Förderung von Wissen und Kompetenzen,


• die Verfügbarkeit digitaler Infrastrukturen wie Bandbreite und freies WLAN,
• der Ausbau zu einer modernen, zukunftsfähigen digitalen Verwaltung, insbesondere
mit Blick auf das Internet als Informations- und Partizipationsinstrument für die Bür-
gerschaft (vernetzte Verwaltung – Open Government, Partizipation und digitale Bür-
gerdienste),
• die Förderung des Mittelstandes durch Wissenstransfer,
• die Förderung neuer Lebens- und Arbeitsmodelle,
• die Stärkung Kölns als Ausbildungs- und Wissenschaftsstandort für die Informations-
und Kommunikations-Branche mit einer aktiven Start-up-Szene, wissenschaftlicher
Forschung, smarten Bildungsräume und Bildungsnetzwerken.

Abb. 3.5 stellt die Handlungsfelder des „Konzepts Internetstadt Köln“ 2012 den Begriff-
lichkeiten gegenüber, die mit Veröffentlichung der Digitalen Agenda des Bundes in der
Diskussion des Jahres 2016, siehe hierzu Abb. 3.6, gebräuchlich sind.
Die „Digitale Stadt“ ist Aufgabe aller gesellschaftlichen Kräfte in der Stadt (Bürger-
schaft, Wirtschaft, Wissenschaft, Stadtpolitik, Stadtverwaltung …) und wird daher als
ein umfassendes Querschnittsthema verstanden. E-Government und Verwaltungsmoder-
nisierung sind Voraussetzung und Basisdienste für digitale Geschäftsmodelle; sie stellen
die Grundlagen für eine ganzheitliche Betrachtung der Digitalisierung im Dialog mit
allen Akteuren der Stadtgesellschaft dar (vgl. Positionspapier der Fokusgruppe „Kom-
munale Digitale Agenda“, [33, S. 2]). Dies beinhaltet mehr als eine reine Elektrifizierung

Abb. 3.5 Digitale Stadt Köln


2012
78 R. Heuermann et al.

Abb. 3.6 Digitale Stadt Köln


2016

etablierter Verwaltungsprozesse und die Nutzung von Online-Verwaltungsdiensten: die


bestehenden Prozesse müssen vielmehr grundsätzlich hinterfragt und auf den Prüfstand
gestellt werden.

3.3.4.2 Vom Konzept Internetstadt zur Digitalstrategie


Ausgehend vom Beschluss, das Konzept Internetstadt Köln regelmäßig fortzuschreiben
und städtischerseits einen Dialog aller Akteure in der Stadtgesellschaft zu organisieren,
wurden das Konzept und dessen bisherige Umsetzung 2015 mit externer Begleitung und
Expertise analysiert, evaluiert und zur Digitalstrategie Köln weiterentwickelt. Maßgeb-
liche Erweiterungen betreffen neben der organisatorischen Aufstellung die Vernetzung
bereits bestehender Maßnahmen, Initiativen und Projekte (wie der Smart City Colo-
gne), die Einbindung der Stadtgesellschaft, der Austausch mit den städtischen Beteili-
gungsgesellschaften und die Vernetzung in der Region. Gerade die Interkommunale
Zusammenarbeit, beispielsweise in sogenannten Erprobungsräumen, ermöglicht die Ent-
wicklung gemeinsamer innovativer Lösungen im Sinne von Blaupausen, Kooperationen
und Shared Services sowie deren lokal angepasste Umsetzung (vgl. [33, S. 6 f.]).
Die Digitalstrategie Köln versteht sich daher als ein langfristiger Gesamthandlungs-
rahmen der Vernetzung und offenen, transparenten Interaktion für die Digitale Stadt. In
diesem Sinne fokussiert sie auf

• die Verbesserung des Verwaltungshandelns, indem zentrale Verwaltungsprozesse


(Basisprozesse und Leistungsprozesse) unter Beteiligung der Mitarbeiter und ihres
Fachwissens digitalisiert werden,
• die übergreifende Einbindung der Akteure in der Kölner Stadtgesellschaft auf einer
breiten Basis, um die unterschiedlichen Bereiche und Facetten der Digitalisierung in
Köln aufzugreifen.
3 Digitalisierung auf kommunaler Ebene 79

Ihre Umsetzung erfolgt mehrstufig in einem strukturierten Prozess, in dem ausgehend


von einem Grundsatzbeschluss der obersten städtischen Leitungsebene zur Digitalisie-
rung („Magna Charta der Digitalisierung“) sukzessive ein Rollenmodell etabliert wird,
über das die unterschiedlichen Akteure in Verwaltung und Stadtgesellschaft in den
gemeinsamen Dialog eingebunden werden.
Vonseiten der Verwaltung wurden in einer ersten Stufe für jedes Dezernat geeignete
Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner zum Thema Digitalisierung als sogenannte
„Digitale Lotsen“ benannt. Sie agieren als Multiplikatoren in die Verwaltung hinein und
tauschen sich in einer gemeinsamen Koordinierungsrunde unter Beteiligung weiterer
städtischer Akteure aus. Insbesondere bereiten sie zusammen mit einer Koordinierungs-
stelle, der Geschäftsstelle Digitale Agenda, unterjährig eine jährliche Themen- und Pro-
jektpräsentation vor, die sich sowohl an Vertreter der Kölner Verwaltung als auch an die
Akteure in der Stadtgesellschaft richtet. Ziel dieser jährlichen Zusammenkunft ist es,
die Bandbreite der digitalen Aktivitäten und Maßnahmen Kölns sichtbar zu machen,
Impulse in die Stadtgesellschaft zu geben und die Weiterentwicklung der Digitalstrategie
Kölns vorzustellen. Die Geschäftsstelle Digitale Agenda recherchiert aktuelle digitale
Entwicklungen, informiert, koordiniert und nimmt in ihrer Rolle das Projektcontrolling
wahr.
Weitere Rollenmodelle für die Impulsgeber aus Wissenschaft, Wirtschaft und Poli-
tik zur kontinuierlichen Weiterentwicklung der Digitalstrategie sowie zur Beteiligung
von Bürgern werden im Rahmen der weiteren Umsetzungsstufen derzeit entwickelt und
abgestimmt.

3.3.4.3 Aktivitäten in den digitalen Handlungsfeldern – einige


Beispiele
Exemplarisch für die Bandbreite der digitalen Aktivitäten Kölns sind im Folgenden für die
genannten Handlungsfelder einige Initiativen und Maßnahmen kurz skizziert. Eine umfas-
sende und detaillierte Darstellung ist im Rahmen dieses Beitrags leider nicht möglich.

3.3.4.3.1 Digitale Bildung


Die Stadt Köln als eine der bundesweit größten Schulträger mit über 137.000 Schülern
(vgl. [39, S. 199]) an mehr als 261 Schulen (vgl. [40, Tab. 602, S. 203]) hat 2014 das
„Konzept zu einer ganzheitlichen technischen Schul-IT an Kölner Schulen“ (vgl. [37]) vor-
gelegt. Erklärtes Ziel ist es, in einem ganzheitlichen Ansatz IT- und Medien-Kompetenzen
für Schule und Beruf zu vermitteln und technisch zu unterstützen. Dies umfasst die ent-
sprechende Infrastruktur, den Schulsupport und die unterschiedlichen Dienste und Servi-
ces sowohl für den Bereich der Schulverwaltung als auch für den pädagogischen Bereich
(vgl. [60, S. 8 f.]). Zahlreiche Maßnahmen und Lösungen, teilweise auch interkommunal,
wurden bereits umgesetzt bzw. werden im Rahmen der kontinuierlichen, dynamischen
Fortschreibung entwickelt.
Im Sinne nutzerorientierter smarter Bildungsräume wird voraussichtlich 2018 die
Bildungslandschaft Altstadt-Nord realisiert. Sie beinhaltet einen Bildungsverbund von
80 R. Heuermann et al.

sieben Einrichtungen in städtischer und freier Trägerschaft in der Kölner Altstadt, von
der Kindertagesstätte über eine Grundschule und eine Realschule bis zu Gymnasien und
Freizeiteinrichtungen. Ziel ist es, ausgehend von abgestimmten pädagogischen Zielen
Räume mit entsprechender technischer Ausstattung baulich und pädagogisch gemeinsam
zu nutzen (vgl. [60, S. 9]).
Die innovativen Digitalprojekte der Kölner Stadtbibliothek geben ein weiteres
Beispiel erfolgreicher digitaler Aktivitäten im Bereich der Bildung und Weiterbildung.
Sie resultieren aus dem Verständnis, dass sich mit der Digitalisierung sukzessive die
Anforderungen an Stadtbibliotheken verändert haben. Im Zentrum steht nicht mehr nur
die Informationsbereitstellung für einen breiten Adressatenkreis, sondern verstärkt die
Vermittlung von Kompetenzen. Die Rolle des Bibliotheksnutzers wandelt sich vom rei-
nen Konsumenten, der ausleiht, zum Prosumenten, der nicht nur ausleiht, sondern auch
selber Ergebnisse produziert (vgl. [38, S. 3]). Diese reichen von der Digitalisierung von
Schallplatten bis zur Herstellung von 3-D-Objekten, vom Umgang mit Nao-Computern
bis zum Einstieg in Virtuelle Erlebniswelten. Vor diesem Hintergrund hat sich die Kölner
Stadtbibliothek mit unterschiedlichsten digitalen Angeboten breit aufgestellt und bietet
für alle Altersstufen und Nutzergruppen Angebote an. Dabei wird bewusst die Koope-
ration mit weiteren Akteuren in der Stadt gesucht, beispielsweise aus den Bereichen
Gaming und IT, aber auch mit Schulen im Rahmen von Bildungspartnerschaften und mit
der Kölner Volkshochschule.

3.3.4.3.2 Digitales Arbeiten


In ihrer Rolle als Arbeitgeberin hat sich die Stadt Köln schon seit Ende der 90er Jahre
mit den Möglichkeiten und den Herausforderungen technischer Entwicklungen auf den
Arbeitsalltag auseinandergesetzt. Die „Förderung neuer Arbeitsmodelle“ ist daher auch
einer der zentralen Punkte im „Konzept Internetstadt Köln“.
Ausgehend von ersten Erfahrungen, die ab 1999 mit dem Angebot von alternierender
Heim-/Telearbeit und später mit Self-Services im Bereich Arbeitszeiterfassung gesam-
melt wurden, wurde in 2015 vom Amt für Informationsverarbeitung mit dem Modell-
haus „Digitales Arbeiten“ eine für die Verwaltung neue Arbeitsumgebung entwickelt
und umgesetzt. Kern des Konzepts für das „Digitale Arbeiten“ sind Teambüros mit inte-
grierten Besprechungsbereichen und einer bedarfsgerechten Ausstattung mit digitalen
Arbeits- und Präsentationsmitteln für die mobile und vernetzte Büroarbeit. So wird die
vernetzte, kooperative und flexible Arbeit unterstützt, und es werden neue Möglichkeiten
für Kommunikation und soziales Miteinander geschaffen [16].
Das Modellhaus wurde unter aktiver Beteiligung der Beschäftigten entwickelt und
von diesen mitgestaltet. Es berücksichtigt eine Vielzahl der Anforderungen, nicht nur an
die Technikausstattung, sondern auch für neue Arbeitsformen und das soziale Miteinan-
der beispielsweise mit der Einrichtung von Sozial- und Gesundheitsräumen sowie soge-
nannten „Flexbüros“ für die Nutzung im Rahmen kurzfristiger Kinderbetreuung.
3 Digitalisierung auf kommunaler Ebene 81

Dabei wird durch die intelligente und moderne Raum(aus)nutzung insgesamt der
Büroflächenbedarf reduziert. Inzwischen hat sich das Modellhaus innerhalb der Kölner
Verwaltung als eine Blaupause für eine moderne Arbeitsplatzgestaltung etabliert.

3.3.4.3.3 Digitale Verwaltung und Open Government


Mit der Freischaltung des Portals „Offene Daten Köln“ im Jahre 2012 (vgl. [44]) ist
Köln eine der ersten Open-Data-Kommunen in Nordrhein-Westfalen. Ausgehend vom
Ratsbeschluss zum „Konzept Internetstadt Köln“ hat die Verwaltung den Auftrag erhal-
ten, Verwaltungsinformationen als offene Daten (Rohdaten) für die informelle Grund-
versorgung mit Daten verfügbar zu machen. Im Portal „Offene Daten Köln“ sind sie
als maschinenlesbare Daten verfügbar, themenbezogen übersichtlich auffindbar, dau-
erhaft erreichbar und verwendbar. Teilweise steht auch ergänzend eine Visualisierung
zur Verfügung, beispielsweise als georeferenzierte Auflistung der Kölner Bauprojekte
(vgl. [45]).
Die Möglichkeit der gemeinsamen Datennutzung im Dialog ist wesentliches Element
des Portals „Offene Daten Köln“. Ziel ist es, durch die Bereitstellung offener Daten mit
zu einer modernen, transparenten und kooperativen Verwaltungsstruktur beizutragen.
Dies beinhaltet Schnittstellen zu weiteren städtischen Projekten wie beispielsweise dem
Projekt GrowSmarter im Rahmen der Smart City Cologne. GrowSmarter ist eine von der
Europäischen Union unterstützte Initiative im Rahmen der Horizon-2020-Förderung, die
die Nutzung von Echtzeitdaten über Dashboards in der Stadt erschließt. Aktuelle Infor-
mationen, beispielsweise zu Standorten von Leihfahrrädern, aber auch zu Störungen oder
Einschränkungen des Verkehrs, sind einige Anwendungsszenarien (vgl. [46]).

3.3.4.3.4 Digitale Gesellschaft


2011 haben die Stadt Köln und die RheinEnergie AG, ein in Köln ansässiger Energiever-
sorger, das Projekt „SmartCity Cologne“ initiiert. Das Projekt wird gemeinsam von Köl-
ner Unternehmen, Privatleuten, Verbänden und der Verwaltung getragen, mit dem Ziel,
innovative Lösungen für ein umweltbewusstes urbanes Leben zu entwickeln, die die
Energie- und Verkehrswende in Köln unterstützen und auf die Herausforderungen des
Klimawandels reagieren. Die „SmartCity Cologne“ nutzt die Möglichkeiten der Digita-
lisierung, beispielsweise durch Einbindung von Echtzeitdaten, den Einsatz von Sensorik
und die interaktive Einbeziehung der Bürger.
Prägend für die Entwicklung der „SmartCity Cologne“ waren städtischerseits die sehr
limitierten finanziellen Rahmenbedingungen. Daher wurden im Rahmen der Initiative
zunächst zahlreiche als gut erachtete Beispiele gebündelt (Strategie des „Milky Way to
SmartCity“), zu Blaupausen entwickelt und Projekte und Fördermittel akquiriert (bei-
spielsweise Förderung durch die Morgenstadt-Initiative der Fraunhofer-Gesellschaft, vgl.
[20], und die Europäische Union im Rahmen der Förderung Horizon 2020).
Die SmartCity Cologne versteht sich als ein Reallabor zahlreicher Initiativen und
Maßnahmen. Dies sind beispielsweise:
82 R. Heuermann et al.

1. ein virtuelles Kraftwerk/Siedlungsmanagement für die integrierte Steuerung von


Energieverbrauch und Energieproduktion in der Kölner Stegerwaldsiedlung,
2. die Entwicklung eines Urban Cockpit mit Daten aus den Bereichen Energie, Parken
und Mobilität für eine bessere Steuerung der Stadt,
3. der Test von Sensoren zur Datenerfassung in den Bereichen Parkraumauslastung,
Luftqualität, Feinstaub, Lärm u. a. in der Klimastraße in Köln-Nippes,
4. die Berechnung von Emissionen und eine 3-D-Darstellung von Szenarien zu den The-
men Lärm, Hochwasser, Energie und Mobilität für das Gebiet Mülheim-Süd (Koope-
ration mit dem Netzwerk Morgenstadt und einem Unternehmen, vgl. [63]).

3.3.4.3.5 Digitale Wirtschaft


Die Stärkung der Digitalen Wirtschaft und die Unterstützung des ansässigen Mittel-
standes bei der Digitalisierung sind schon im „Konzept Internetstadt Köln“ bedeutende
Schwerpunkte. Köln ist ein Industriestandort (mit den Bereichen Automobil, Chemie
und Maschinenbau), ein Standort für Informations- und Kommunikationstechnologien,
für die Medien und Kreativwirtschaft, aber insbesondere auch der wichtigste deutsche
Versicherungsstandort mit 70 Versicherungsunternehmen und mehr als 26.000 sozialver-
sicherungspflichtigen Beschäftigten (vgl. [42]). Mit dem Ziel, den Versicherungsstand-
ort weiter zu stärken, hat Köln sich für den Aufbau des #InsurLab Germany erfolgreich
beworben. Das #InsurLab Germany ist Teil der bundesweiten Digital-Hub-Initiative
Deutschland, mit der der Bund die enge Zusammenarbeit von Unternehmen und Grün-
dern (Start-ups) in sogenannten Digital Hubs als Innovationsräumen fördert. Das #Insur-
Lab Germany unterstützt die Digitalisierung der Versicherungswirtschaft in Köln und der
Region (vgl. [43]).
Stärkende Impulse ergeben sich auch durch internationale Kooperationen, beispiels-
weise die Städtepartnerschaft Kölns mit Tel Aviv hat sich eine Kooperation im Bereich
der Start-up-Wirtschaftsförderung entwickelt. Den Unternehmen der Kölner Gründer-
szene steht das renommierte Innovationszentrum SOSA (South of Salame) in Tel Aviv als
Ansprechpartner zur Verfügung. Zu SOSA zählen zahlreiche globale Risikokapitalfondsge-
sellschaften, Business Angels und weltweit führende Technologieunternehmen (vgl. [41]).

3.3.4.3.6 Digitale Infrastrukturen


Eine möglichst flächendeckende Breitbandversorgung mit einem zukunftsfähigen Glas-
fasernetz und kostenloses öffentliches WLAN sind Grundlagen für eine digitale Stadt.
Wirtschaft, Bildungseinrichtungen, Verwaltungen, private Haushalte – kurz: alle Akteure
in der Digitalen Stadt benötigen eine moderne Infrastruktur. In Köln verfügen mehr als
97 % der Haushalte über Internetanschlüsse mit einer Anschlussqualität von mehr als
50 Mbit/s (vgl. [7]). Dies ist bereits eine sehr hohe Breitbandabdeckung. Mit Blick auf
die wachsenden Anforderungen an Übertragungsraten (Beispiel: Nutzen von Streaming-
diensten) werden 50 Mbit/s künftig jedoch nicht mehr ausreichend sein. Zudem gibt es
auch in Köln sogenannte „weiße Flecken“, in denen nur eine geringe Bandbreite verfüg-
bar ist.
3 Digitalisierung auf kommunaler Ebene 83

Vor diesem Hintergrund wird die Stadt künftig die Rolle eines Breitbandkoordinators
besetzen, der im Sinne der gesamtstädtischen Breitbandversorgung Zuwendungen für die
Finanzierung von Maßnahmen und weitere Fördermaßnahmen beantragt.

3.3.5 München

Carsten Jürgens

Die Stadt München hat das Thema Smart City im Jahr 2015 über die Teilnahme an
dem europäischen Förderwettbewerb „Smarter Together“ aufgegriffen und im Rah-
men einer gemeinsamen Bewerbung mit Lyon und Wien für sich einen Anspruch auf
EU-Fördermittel in Höhe von 6,85 Mio. erworben. Im Wettbewerb waren insgesamt 42
Städteteams, gewonnen haben fünf Teams, darunter dasjenige mit München. Zu den För-
dermitteln der EU kommen ergänzend durch Zusagen der Wirtschaft, eigene Mittel und
Forschungsgelder insgesamt weitere ca. 20 Mio. EUR. Diese Gelder werden innerhalb
eines Zeitrahmens von fünf Jahren – so lang ist die Dauer des EU-Förderprojekts für die
Gewinner des Wettbewerbs in 2015 – verfügbar werden. Aus europäischer Sicht sind die
Gewinner-Projekte der fünf Städteteams Leuchtturmprojekte, die auf andere europäische
Städte abstrahlen sollten.
Die Koordination der Smart-City-Aktivitäten liegt bei dem vom Bürgermeister selbst
geleiteten Referat für Arbeit und Wirtschaft und bei der zu 100 % der Stadt gehören-
den Münchner Gesellschaft für Stadterneuerung. Auf deren Internetseiten findet sich
(31.03.2017) allerdings das Stichwort „Smart City“ bisher nicht im Hauptmenü. Die
Ausrichtung der bisher bekannten Münchner Smart-City-Vorhaben ist in der Gewichtung
bau-/infrastrukturorientiert und wird auf zwei Stadtteile konzentriert:

• Neuaubing-Westkreuz: Hier ist geplant, eine energetische Sanierung von


ca. 40.000 m2 Wohnraum durchzuführen. Ziel ist bis 2030 eine Reduzierung des
Energieverbauchs um 80 %.
• Freiham: Hier sollen 20.000 Menschen Unterkunft finden und ca. 7500 Arbeitsplätze
entstehen.

Der offizielle Start dieser Smart-City-Vorhaben in München war am 16. Februar 2016,
als eine Vereinbarung von München mit den Städten Wien und Lyon für Zusammenarbeit
geschlossen wurde.
Eine nur grobe Darstellung der Detailthemen von Smart-City-Projekten in diesem
Rahmen findet sich im Stadtprotal München, die Tab. 3.8 zeigt die geplanten Inhalte.
Über diese unmittelbar mit dem Förderprojekt zusammenhängenden Maßnahmen hin-
aus gibt es die Ankündigung weiterer teils privat initiierter Vorhaben, z. B. ein gemein-
sam von der BMW-Eignerin Susanne Klatten mit der Stadt München und dem Land
Bayern geplantes Innovations- und Gründerzentrum für Smart-City-Start-ups [56].
84 R. Heuermann et al.

Tab. 3.8 Smart-City-Vorhaben der Stadt München. (Eigene Darstellung, sachlich entnommen aus
[59])
Projekte (alphabetisch) Erläuterung des Service
Aufbau von Niedrigenergie-Quartieren Fernwärmeausbau und Ausbau erneuerbarer Energie
Infrastruktur: Stadtteil-Labore Veranstaltungen, in denen Anbieter von Smart-City-Pro-
dukten, externe Experten, Verantwortliche für Konzepte
und Bürger ihre Erwartungen an Smart Citys „vor Ort“
austauschen und gemeinsam Lösungen entwickeln
sollen
Ganzheitliche Sanierung Vor allem energetische Sanierung eines Wohnungsbe-
standes mit ca. 40.000 m2 Wohnfläche
Ausbau integrierter Infrastrukturen Gemeint sind Apps, Laternenmasten mit Steckdosen für
E-Autos, Außenlicht- und situationsabhängig leuchtende
Laternen, Paketboxen mit Kühlfunktion
Lösung für nachhaltige Mobilität Verleihstationen für E-Autos, E-Fahrräder, Infosäulen
usw.

3.3.6 Wien

Roland Heuermann

Die Hauptstadt Österreichs Wien ist von der Einwohnerzahl her mit Hamburg vergleich-
bar (ca. 1,84 Mio. Einwohner) und damit zusammen mit Hamburg die zweitgrößte
deutschsprachige Stadt. Wien spielt in Geschichte, Kultur, Städtebau und Politik Öster-
reichs, wie auch Europas, eine ganz eigene Rolle und hat eine weit in das Umland, auch
in die anliegenden Länder Osteuropas, strahlende kulturelle Rolle. In der deutschspra-
chigen Literatur über Smart-City-Konzepte ist Wien wegen der als sehr engagiert und
fortschrittlich wahrgenommenen Strategie prominent vertreten und erreicht in internatio-
nalen Rankings oft Spitzenplätze.
Eine Besonderheit Wiens: die am 25.06.2014 verabschiedete, sehr langfristige
Dachstrategie mit Laufzeit bis 2050 [78]. Hier sind ehrgeizige Ziele zum Klima- und
Umweltschutz, zur Mobilität und praktisch – wenn auch teils sehr grob – allen anderen
Handlungsfeldern der Kommunalpolitik gesetzt. Ziel ist es, das gesamtstädtische Niveau
der Lebensqualität zu heben, nicht nur punktuelle digitale Entwicklungsthemen. Um das
zu erreichen, ist Smart City quasi „Gesetz“ und damit bindend für alle Teilplanungen
in den städtischen Handlungsfeldern. Daher werden Smart-City-Vorhaben in Wien auch
integriert in der städtischen Haushaltsplanung berücksichtigt. Smart-City-Vorhaben sind
demzufolge kein einzelnes Projekt, sondern können Linienaufgabe UND Projekt sein.
Wegen der großen thematischen Breite der Vorhaben gibt es auch viele, unter dem Dach
von Smart City geführte Projekte, die keinen digitalen Anteil haben. Am 24.07.2013 ver-
einbarte Wien mit der österreichischen Bundesebene in einem Memorandum of Under-
standing eine Zusammenarbeit zur Förderung von Smart-City-Vorhaben, u. a. mit dem
Ziel, durch koordiniertes Vorgehen eine höhere Chance auf internationale Fördergelder
3 Digitalisierung auf kommunaler Ebene 85

Tab. 3.9 Smart-City-Vorhaben der Stadt Wien. (Eigene Darstellung auf Basis von Informationen
aus Smart City Wien [68])
Themenbereich Projekte (Beispiele)
Bildung DigitalCityWien. Diskussionsplattform für Bürger, Experten usw. zwecks
Austauschs über Ideen für weitere Smart-City-Vorhaben
Digitales Seniortab – Tablet für Senioren. WAALTeR– in 83 Haushalten Test integrier-
ter Digitaldienste
Energie ECOTram, E-Taxi Wien, LED-Straßenbeleuchtung
Gebäude Marxbox (Grünes Laborgebäude) und andere einzelne Maßnahmen
Gesundheit E-Health, Mobile Health – Gesundheitsdienste am Smartphone
Infrastruktur wien.at Public LAN, IKT Integration Aspern
Innovation Smart Hubs 2.0 – Optimierung multimodaler Knoten im Donaukorridor
Mobilität Optihubs – logistische Prozessoptimierung wasseraffiner Gütersegmente
Soziales wien.at live – Apps für Kulturelles
Stadtentwicklung Autofrei wohnen, Bike City
Umwelt Die 48er-App – Informationen zur Müllentsorgung

zu erhalten. Wien hat nach eigener Einschätzung mehr öffentlich finanzierte Fördergel-
der von der Europäischen Union für Smart-City-Vorhaben erhalten als irgendeine andere
europäische Stadt.
Es gibt bei den Smart-City-Vorhaben Wiens keine besonders privilegierten Indust-
riepartnerschaften mit einzelnen privatwirtschaftlichen Partnern, sehr wohl aber breit
gestreute Kooperationen in vielen Projekten. Wien widmet den Smart-City-Themen
einen sehr prominenten, konsolidierten, differenzierten und bis hin zur Beschreibung ein-
zelner aktueller Projekte professionell durchgestylten Auftritt in den Internetseiten der
Stadt. Verantwortlich für den medialen Auftritt ist die, zur Wienholding GmbH gehö-
rende, Agentur TINA Vienna Wien. Tab. 3.9 enthält eine nach den von Wien definierten
Themenbereichen sortierte Liste mit Beispielen in 2017 aktueller Smart-City-Projekte
(bei Durchsicht fällt die teilweise Mehrfach-Zuordnung von Projekten zu Themen auf).

3.4 Bewertung Situation Konventionelle IT und Smart City

Roland Heuermann

3.4.1 Konventionelle kommunale IT-Dienstleistungen

Die digitale Versorgung der „klassischen“ behördlichen Aufgaben in der kommunalen


Verwaltung ist in den letzten Jahren stetig – ein relativer Begriff in der ja von Paradig-
menwechseln geprägten IT – in den folgenden vier Dimensionen gestiegen:
86 R. Heuermann et al.

• Technische Qualität der Fachanwendungen (u. a. Web-Fähigkeit, Vernetzung mit


E-Akten usw.).
• Nutzer-Qualität für Mitarbeiter der Verwaltung: Dies ist zwar nur eine Vermutung,
dürfte aber mit der zunehmenden Umstellung älterer Fachverfahren auf modernere
Anwendungen mit hoher Wahrscheinlichkeit eingetreten und die Einschätzung daher
sehr plausibel sein.
• Abdeckungsgrad der Verwaltungsverfahren durch IT-Unterstützung: Die IT-Vernet-
zung von Verwaltungs-Fachverfahren im kommunalen Bereich nimmt weiter zu.
• Effizienz und Steuerungseffektivität, horizontale und vertikale Konsolidierung der IT-
Dienstleister.

Belastbare exakte Zahlen und Daten zu diesen gesamthaften Entwicklungen sind bei
dem unübersichtlichen Anbietermarkt leider nicht zu berichten.
Die Qualität der IT-Services sowohl für Bürger wie für Kunden lässt sich pauschal
ebenfalls nicht beurteilen. Zu vermuten ist, dass weiterhin ein sehr erhebliches Potenzial
an Verbesserungen durch eine Kombination einer fachlichen mit drei technisch-fachli-
chen Maßnahmen zu erreichen wäre:

• Strengste Reduzierung der Erscheinenspflichten und des Zwangs zu elektroni-


schen Unterschriften auf das gesetzlich erzwungene Minimum (siehe hierzu auch
Abschn. 8.2.4).
• Konsequente Orientierung der Frontends zum Bürger und zu Unternehmen durch
lebenslagenorientierte Darstellung der Services.
• Im Backend maximale Vernetzung von Datenbeständen untereinander, um Antrags-
stellern das Einreichen von Unterlagen, die andere Behörden schon haben (Geburts-
und Heiratsurkunden, Kfz-Zulassungen, Genehmigungen und Versagungen,
personenbezogene Daten usw.) zu erleichtern. Das Motto „Die Daten, und nicht die
Bürger laufen lassen“ ist hier richtig, auch wenn dies in der Vergangenheit nicht opti-
mal gelungen ist.

Die Landschaft der Öffentlichen IT-Dienstleister für die Eigenversorgung der Stadtver-
waltung und ihr unmittelbar angegliederten kommunalen Einrichtungen ist deutsch-
landweit durch eine weiterhin erhebliche Zersplitterung gekennzeichnet, obwohl es eine
zunehmende Anzahl vertikal konsolidierter, überregionaler IT-Dienstleister gibt. Die
organisatorische Verschmelzung ist noch nicht abgeschlossen, immer wieder ist in Ein-
zelfällen von Fusionen zu lesen, wie z. B. bei der Fusion großer kommunaler IT-Dienst-
leister in Baden-Württemberg in das DZBW hinein.
Neben der vertikalen Konsolidierung gibt es auch eine horizontale Entwicklung: Die
Zusammenarbeit der Netzwerke (horizontale Konsolidierung) selbstständiger kommuna-
ler IT-Anbieter dürfte ebenfalls zugenommen haben. Die Qualität der Kooperation lässt
sich flächig vermutlich an u. a. Bündelungen des Einkaufs erkennen: Hier ist durch Pro-
Vitako und andere kleinere Einkaufsgemeinschaften ein erhebliches Synergiepotenzial
3 Digitalisierung auf kommunaler Ebene 87

Abb. 3.7 Karikatur kommunale IT

gehoben und Marktmacht gegenüber den Herstellern aufgebaut worden. Die Richtung
stimmt, allerdings gilt auch: Hier existiert sicher noch einiges Verbesserungspotenzial,
denn eine systematische überregionale Transparenz über eigene Kosten je Serviceeinheit
und bezahlte Preise für bezogene Leistungen hat niemand und kontrolliert auch niemand.
Das Gesamtsystem der Öffentlichen Verwaltung lässt hier also vermutlich Effizienzvor-
teile ungenutzt.
Digitale Services der Stadtwerke und anderer großer kommunaler Beteiligungen sind
meist nicht Teil der kommunalen Verwaltungs-IT, hier ist auch keine besondere Konsoli-
dierungsbewegung zu erkennen. Künftig könnten die Smart-City-Dienste verstärkt auch
Services von den Stadtwerke-ITs verlangen. Betrachtet man alle digitalen Services von
Kernverwaltung und Smart-City-Diensten zusammen, wird ein immer größerer Teil des
realen kommunalen Lebens – nicht nur die Verfahren in der Kernverwaltung – ein digita-
les Steuerungsabbild haben. Abb. 3.7 will das andeuten.

3.4.2 Smart-City-Situation in Deutschland

Die in den vorhergehenden Abschnitten dargestellte Situation in den größten Städten


Deutschlands und der Hauptstadt Österreichs, Wien, zeigte zweierlei:

• Eine große Bandbreite interessanter Ideen, Konzepte und Produkte: Mit der etwas
künstlichen begrifflichen Klammer „Smart City“ gelingt es, die Aufmerksamkeit
sowohl der Städte selbst wie auch der Industriepartner und der Bevölkerung für einen
ganzen Strauß an interessanten Ideen und Konzepten für ein besseres Infrastruktur-
management, ökologische Effekte und ein kluges Mobilitätsmanagement in Verdich-
tungsräumen zu bekommen. Ohne den Impuls eines Marketings der Innovationen
88 R. Heuermann et al.

täten diese sich vermutlich deutlich schwerer, angesichts der teils sehr kleinen Piloten
(z. B. drei digitale Ampeln …) überhaupt wahr- und ernst genommen zu werden.
• Leider sind alle betrachteten Städte noch keine echten „Smart Cities“, wenn man die
flächendeckende Versorgung mit auch nur einem der pilotierten Services als Maßstab
nimmt. Bereits implementierte Smart-City-Services sind ganz überwiegend allenfalls
„Mini-Piloten“, von flächendeckenden Lösungen auch nur in einem der Themenfelder
sind alle Kommunen noch – teils weit – entfernt. Dies ist keine als Kritik an den Ver-
antwortlichen gemeinte Feststellung, sondern eher wohl ein Hinweis darauf, dass die
Aufgabe eine sehr große ist: Die Fläche der hier zu gestaltenden Infrastruktur und das
Volumen der zu tätigenden Investitionen ist noch von keiner Instanz für Deutschland
insgesamt geschätzt worden. Es dürfte im deutlich dreistelligen Milliardenbereich
liegen, wenn nicht sogar bei mehr als einer Billion Euro. Die zu einem erheblichen
Teil noch in der Haushaltssicherung lebenden oder erst kürzlich aufgrund eines oder
zweier günstiger Jahre aus der Überschuldung herausgewachsenden Kommunen
haben nicht das Geld, um die Pilotvorhaben selbst zu finanzieren. Das Geschick und
die Hartnäckigkeit einiger Verantwortlicher, für ihre Stadt das Beste aus dieser Situa-
tion zu machen, sind sehr zu loben.

Auf einige der deutschen Kommunen mit Smart-City-Vorhaben trifft Folgendes zu:

1. Ob Vereine oder die Stadtverwaltung „Smart-City“-Vorhaben bündeln oder vermark-


ten – die Steuerung scheint nur selten in der zwingenden Initiative zu flächende-
ckenden Einzelvorhaben und erst recht nicht im Projektmanagement der Details von
Einzelvorhaben zu bestehen. Die kommunalen Projektverantwortlichen sind meist
mit der Einwerbung gewerblicher Investoren, den Vorbereitungen zur Teilnahme an
Förderprogrammen (z. B. der EU), dem Marketing, Schnittstellen-Services und der
Koordination von parallelen Vorhaben sowie der Unterstützung beim Einholen von
Genehmigungen beschäftigt. Dies mag ein Vorgeschmack auf eine Entwicklung sein,
die bei weiter ausgeprägten „Smart Cities“ eventuell kommen mag: Die Kommunen
werden evtl. Teile der „smart“ gesteuerten Infrastruktur privaten Anbietern überlassen
(z. B. das digitale Management des Parkraums) oder aus der Kernverwaltung (z. B.
dem Ordnungsamt) einer eigenen Betriebstochter (z. B. den Stadtwerken) auslagern,
wo geeignetes Personal – d. h. Kompetenz – zu digital unterstützter Steuerung von
Infrastrukturen vorhanden ist. Die Kernverwaltung nimmt in den neuen smarten Ser-
vices dann mehr die Aufgabe des „Beteiligungsmanagements“ als die der Durchfüh-
rung wahr.
2. Ein sich selbstrechnendes Vorhaben lässt sich aus den Beschreibungen in den Pro-
jektplänen nicht erkennen. Die meisten Smart-City-Initiativen haben noch nicht den
Zustand des „Return of investment“ erreicht oder sind von vornherein nicht so ausge-
legt, das je zu schaffen. Der technische Aspekt, die Machbarkeit und das Testen der
Nutzerakzeptanz scheinen im Vordergrund zu stehen. Dies ist angesichts des frühen
Standes der Produktentwicklung und der Markteinführung aber auch nicht verwun-
derlich.
3 Digitalisierung auf kommunaler Ebene 89

3. Synergie-Effekte zwischen verschiedenen Vorhaben einer Stadt oder mehreren Städ-


ten sind nur selten erkennbar. Mittlerweile sind aber z. B. durch gemeinsame Teams
in gleichen Wettbewerben (z. B. Wien, Lyon und München) und evtl. durch große
industrielle Partner, die gleiche Ideen in mehreren Städten pilotieren könnten, sol-
che Transfereffekte zu vermuten. Eventuell ist diese mangelnde Synergie untereinan-
der (also z. B. innerhalb einer Kommune) auch nur Ausdruck der Tatsache, dass die
Abdeckung mit Services noch lückenhaft ist und daher eine Verzahnung der Ange-
bote noch nicht herstellbar war – teils geschuldet der in Gänze noch fragmentarischen
Abdeckung des Raumes der Möglichkeiten.
4. In keiner der Städte scheint eine Gesamtplanung für eine systematische Abdeckung
ALLER geeigneten Funktionen einer Smart City zu bestehen. Dies erklärt sich ver-
mutlich dadurch, dass die Kommunen kaum eigenes Geld für die Vorhaben selbst
in die Hand nehmen, sondern die Pilotvorhaben durch die beteiligten Firmenpartner
finanzieren lassen.
5. In keiner der Städte wird erkennbar die Kopie eines der Vorhaben anderer Städte ver-
wendet. Jede Stadt scheint das „Rad (teilweise) neu erfinden“ zu wollen/müssen. Die-
ser Behauptung steht nicht entgegen, dass gerade in den größten Kommunen durchaus
auf die anderen geschaut und einiges übernommen wird. Insbesondere die Steuerung
der Smart-City-Vorhaben in Wien scheint ein Ziel der „Hingucker“ zu sein. Ergän-
zend zu den einzelnen Smart-City-Vorhaben der Städte könnte ein städteübergreifen-
der Ansatz, z. B. koordiniert durch das jeweilige Bundesland oder sogar bundesweit,
Synergiepotenziale bieten.
6. Die Smart-City-Vorhaben aller Städte sind relativ jung. In der Beschreibung kann
man oft nicht exakt den Umsetzungsstand erkennen. Eventuell ist das Absicht, um die
geringe Größe und den Charakter des Piloten statt der flächendeckenden Versorgung
nicht gleich auf den ersten Blick deutlich werden zu lassen. Als Außenstehender dage-
gen wünscht man sich im Sinne des Open Government ein überregional standardisier-
tes, drill-down-fähiges Reporting mit Statusmeldungen nicht nur der Pilotvorhaben,
sondern auch der prozentualen Abdeckung aller Bedarfe. Die erwartbar sehr großen
Diskrepanzen sollten keinen Schrecken auslösen, sondern Ansporn zu verstärkten
Initiativen, mehr Engagement der Bundesländer zur Förderung ihrer Kommunen und
Wettbewerb zwischen den Kommunen sein.

Da das Themenfeld Smart City viele Services abdeckt, kann man der Literatur viele
Kommentare und Verbesserungsvorschläge zu einzelnen Fachthemen entnehmen. Hier
sind einige punktuell ausgewählte Meinungen:

1. An den außerhalb Deutschlands im Entstehen begriffenen „Grüne-Wiese“-Smart-


Citys wird bemängelt, sie seien „steril“ und hätten keine Atmosphäre. Jäkel [31,
S. 36] sammelt kritische Bemerkungen und zitiert mehrere kritische Anmerkungen,
u. a.: „Die Architektur zahlreicher Reißbrett-Smart-Citys wirkt monoton, da viele
Strukturen in Modulen vorgefertigt werden […] In New Songdo City wurden die
90 R. Heuermann et al.

Strukturen einfach als Funktionen entworfen, es fehlt das Prinzip der architektoni-
schen Diversität“. Diese Kritik trifft vermutlich nicht den visionären technologischen
Kern der Smart-City-Services, sondern eher die fantasiearme zeitgenössische Archi-
tektur und Stadtplanung – hässliche und „kalte“ Städte gab es schon im vordigitalen
Zeitalter.
2. Eine speziell dem Thema „digitalisierte urbane Mobilität“ gewidmete Studie des
DIVSI (Deutsches Institut für Vertrauen und Sicherheit im Internet) widmet sich einer
Reihe offener sachlicher und rechtlicher Fragen autonomen Fahrens [35]. Hier kön-
nen nur auszugsweise einige besonders wichtige Aspekte wiedergegeben werden: Ein
grundsätzliches Dilemma optimaler Angebote zur Verkehrslenkung ist darin zu sehen,
dass bestmögliche Tipps für Autofahrer zur Umgehung von Staus nur möglich sind,
wenn das Navigationsgerät des Autofahrers auch die Daten des aktuellen Standorts
ständig an ein zentrales System meldet. Wenn alle Verkehrsteilnehmer ihre Daten mel-
den, können optimale Tipps zum Ausweichen, ohne die Gefahr auf Umfahrungsstre-
cken wieder in einen Stau zu geraten, gegeben werden. Diese zentral gesammelten
Daten sind ein Pool, für den aber auch kommerzielle oder polizeiliche Zwecke denk-
bar sind [35, S. 44 f.]. Regeln für die Verfügbarkeit dieser Daten sind daher noch zu
definieren und die Nutzer müssen diesen zustimmen. Digitale Angebote für das Park-
platzmanagement erfordern nicht nur Sensoren für das Melden freier Parkplätze sowie
digitale Formen der Abrechnung, sie müssten eigentlich auch Aktoren zum Verhindern
von Falschparkern haben [35, S. 52 f.]. Immerhin sind diese Systeme gewissermaßen
kollateral auch automatische Falschparker-Meldesysteme. Automatische Falschpar-
ker-Verhinderungssysteme gibt es außerhalb geschlossener Gebäude bisher nicht.
3. Die generelle Angreifbarkeit von stärker digital gesteuerten Städten ist Gegenstand
vieler Betrachtungen. Die Wirkungen eines Angriffs kann man aus zwei Blickwinkeln
betrachten: Der objektiven und der „gefühlten“ Wirkung: Objektiv sind Städte digi-
tal umso angreifbarer, je mehr digitale Steuerung vorhanden ist. Subjektiv ist auch
das vom deutschen Bundesinnenministerium selbst so genannte „Verletzlichkeitspa-
radox“ zu betrachten: Je sicherer eine digitale Infrastruktur ist, desto verheerender
kann sich ein doch einmal auftretender seltener Ausfall auswirken (mehr dazu in: [64,
S. 225]). Zu vermuten ist, dass man die Auswirkungen eines Ausfallszenarios eher
dann beherrschen kann, wenn ähnlich wie beim Szenario „Feuer“ regelmäßige Not-
fallübungen stattfinden und der Ausfall kritischer digitaler Infrastruktur mit rettenden
analogen Ersatzlösungen – die vermutlich ein deutlich geringeres Qualitätsniveau
haben – durchgespielt wird.
4. Neben dem Angriff mit dem Ziel der Lahmlegung einer ganzen Stadt wird es vermut-
lich viel häufiger Angriffe auf die sensiblen Datenschätze einer Stadtverwaltung und
einzelner Bürger geben, um personenbezogene Informationen und Geschäftsgeheim-
nisse im weitesten Sinne zu erfahren. Die Angreifbarkeit von Smart-City-Services ist
ohne große Fantasie zu erahnen. Beispiele sind:
• Selbststeuernde Fahrzeuge → Personendaten mit Bewegungsmustern
• intelligente öffentliche Parkraumbewirtschaftung → Personendaten mit Bewe-
gungsmustern
3 Digitalisierung auf kommunaler Ebene 91

• Daten bei Bezahldiensten für kommunale Leistungen → Kontodaten, Behörden-


kontakte
• Smart Metering (15-minütliche Messung des Stromverbrauchs) → Lebensstil
Alles ist theoretisch hackbar, z. B. öffentliche Kameras, Sensoren usw. [11]. Aus
diesem Grund gibt es fast fundamental wirkende Kritik an privaten Angeboten von
jedwedem digitalen Service, der auch persönliche Daten von Bürgern benötigt (z. B.
[58]), selbst wenn diese ihre Daten freiwillig an den privaten Anbieter geben. Dif-
ferenzierter sind Berichte, in denen einer Stadt vorgeworfen wird, leichtsinnig durch
den einem privaten Anbieter überlassenen digitalen Betrieb einer zentralen öffentli-
chen Leitstelle (Gelsenkirchen) auch die dort anfallenden Daten weiterzugeben. Dem
Problem, dass mit mehr individuellem Service auch mehr Daten benötigt werden und
noch mehr Daten evtl. „zufällig“ anfallen, kann man grundsätzlich nicht ausweichen.
Wenn man diese Situation aus Gründen des Datenschutzes immer dadurch lösen
wollte, dass man die Entwicklung solcher Dienste verhindert oder den Staat zum
Diensteanbieter macht, wäre das sicher keine Lösung im Sinne der Nutzer: Einerseits
ist der Staat nicht für besonders preiswerte und gute Servicequalität bekannt, ander-
seits ist dem Staat grundsätzlich ebenso zu misstrauen wie einem privaten Unterneh-
men. Gerade der deutsche Staat hat in der Geschichte mehrfach – von ganz links und
ganz rechts kommend – seine eigenen Bürger schamlos ausgespäht und persönliche
Daten zum Zweck politischer Unterdrückung missbraucht. Dem Dilemma also, dass
mit mehr digitalem Service auch mehr Daten anfallen, kann man nicht grundsätzlich
dadurch ausweichen, dass man eine ganz sichere „Insel“ risikofreier Datenaufbewah-
rung findet. Die gibt es nicht. Letztlich lautet das Dilemma also: „Mehr Service oder
mehr absolute Datensicherheit“?
5. Manche kritisieren die angebliche Dominanz der oft ja in einen Großteil der
Smart-City-Vorhaben aktiven Technologie- und Beratungskonzerne. „Tatsächlich
haben IBM & Co. den Smart-City-Gedanken ins Leben gerufen. Inzwischen haben sie
dazugelernt. Über den Know-how-Transfer hinaus engagieren sich Cisco, IBM und
Siemens vor allem bei der Wahrnehmung der Orchestrierungsrolle. In dieser Rolle
finanzieren sie dann Projektbüros […]“. Kaczorowski [32, S. 205] kritisiert hiermit,
dass die großen Konzerne auf ein weltweites Geschäftsvolumen von ca. 1,5 Billio-
nen US$ bis 2020 hoffen und daher in diesem Themenfeld sehr aktiv seien. Dass die
Aussicht auf Verdienstmöglichkeiten privatwirtschaftliche Konzerne zu Angeboten ver-
leitet, ist nichts Neues und nichts Schlechtes. Tatsache aber dürfte auch sein, dass ohne
das sicher letztlich kommerziellen Motiven folgende, aber dennoch in der Wirkung
gemeinnützige Engagement von Konzernen kaum ein größeres Smart-City-Vorhaben
auch nur annähernd da wäre, wo es immerhin jetzt steht. Das Gleiche gilt übrigens
auch für andere historische Innovationsschübe in den Städten, wie z. B. die Elektrifi-
zierung, Öl(-zentral)heizungen und die Mobilität: Diese den Lebenskomfort deutlich
steigernden Entwicklungen sind nicht aufgrund öffentlicher Initiative erfunden und in
die Fläche gebracht worden. Die Schwäche des Öffentlichen Bereichs bei unmittelbar
ihren Nutzen zeigenden digitalen Investitionen ist viel mehr zu kritisieren als das kom-
merzielle Interesse derjenigen Anbieter, die ihre digitalen Produkte verkaufen wollen.
92 R. Heuermann et al.

Die technologische Entwicklung verbesserter, energiefreundlicherer Angebote und Ser-


vices in dem weiten Themenspektrum von „Smart Cities“ wird weiter voranschreiten,
wenn sie sich für die Investoren rechnen. Die alle Projekte bündelnde Idee der Smart
Citys hat sicher einige dieser Entwicklungen schneller und leichter möglich gemacht als
ohne diesen Klammerbegriff „Smart City“, selbst wenn innovative Services noch nicht
flächendeckend eingeführt sind. Viele der Vorhaben dürften sich aber erst rechnen, wenn
das Volumen der Nachfrage größer wird, d. h. auch das Angebot über kleine Piloten hin-
aus ausgeweitet werden konnte. Daher wird die organisatorische und innovationsför-
dernde Funktion einer Smart-City-Strategie noch für viele Jahre nutzstiftend sinnvoll
sein, bis eines Tages die jetzt innovativen Konzepte und Produkte flächendeckend im
Dienst sind und eine projektäre Klammerfunktion nicht mehr nötig ist.

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Digitalisierung auf Landesebene
4
Roland Heuermann, Stefan Krebs, Christian D. Kohl, Carsten Jürgens,
Johann Bizer und Michel Golibrzuch

4.1 Übersicht Landes-Aufgaben und IT-Management

Roland Heuermann

Die 16 Bundesländer Deutschlands sind hinsichtlich ihrer Größe und Binnenstruktur sehr
unterschiedlich: Zum einen gibt es mit Hamburg, Berlin und Bremen drei Stadtstaaten,
von denen einer „historisch“ ist und zwei erst nach Ende des 2. Weltkriegs in ihrer jetzi-
gen Form gegründet wurden. Die 13 Flächenstaaten sind ebenfalls teils erst nach Ende des
2. Weltkriegs und nach der Wiedervereinigung entstanden (NRW, Baden-Württemberg,

R. Heuermann (*)
Bonn, Deutschland
E-Mail: roland_heuermann@t-online.de
S. Krebs · C. D. Kohl
Stuttgart, Deutschland
E-Mail: Stefan.Krebs@im.bwl.de
C.D. Kohl
E-Mail: christian.kohl@im.bwl.de
C. Jürgens
Berlin, Deutschland
E-Mail: carsten.juergens@computacenter.com
J. Bizer
Altenholz, Deutschland
E-Mail: johann.bizer@dataport.de
M. Golibrzuch
Hannover, Deutschland
E-Mail: Michel.Golibrzuch@lgln.niedersachsen.de

© Springer-Verlag Berlin GmbH Deutschland 2018 99


R. Heuermann et al. (Hrsg.), Digitalisierung in Bund, Ländern und Gemeinden,
https://doi.org/10.1007/978-3-662-54098-5_4
100 R. Heuermann et al.

Brandenburg), teils historisch älter. Sie unterscheiden sich stark in territorialer Größe
und Zahl der Einwohner: Das Saarland als kleinster Flächenstaat hat ca. 995.600 (Stand
2015) Einwohner, während Nordrhein-Westfalen mit ca. 17,9 Mio. Einwohnern ca. um
das 18-fache größer ist. Das Bundesland „Freie Hansestadt Bremen“ mit den zwei Stadt-
gemeinden Bremen und Bremerhaven (genau genommen also ein Doppelstadt-Stadtstaat)
hatte 2015 ca. 671.000 Einwohner, Nordrhein-Westfalen hat insgesamt 270 Städte, davon
vier Städte mit mehr Einwohnern als Bremen und ca. 20 mit mehr Einwohnern als Bremer-
haven. Hinsichtlich der fachlichen Aufgaben der Landesverwaltungen gibt es jedoch – mit
Ausnahme von Extra-Aufgaben bei geografischen Besonderheiten von Küstenländern und
der beiden Länder mit sehr hohen Bergen (Bayern und Sachsen) – prinzipiell keine großen
Unterschiede. Abb. 4.1 zeigt am Beispiel von NRW schematisch in vereinfachter Bezeich-
nung der Landesministerien die Aufgabenbereiche und die ihnen typischerweise nachgeord-
neten Behörden mit großem Personalkörper und erheblichem Bedarf an IT-Unterstützung.

Abb. 4.1 Typische Aufgaben der Länder und große zugeordnete IT-Behörden
4 Digitalisierung auf Landesebene 101

Aus dieser Übersicht kann man erkennen, dass die Ressorts der Landesregierungen mal
große, mal kleine Behördenwelten im nachgeordneten Bereich haben. Schulen und Hoch-
schulen, Polizei, Finanzämter sowie Justiz arbeiten mit recht großen Zahlen an Mitarbei-
tern, weil sie in der Fläche präsent sind. Sie haben auch eine Zahl von IT-Arbeitsplätzen, die
Anforderungen sind aber unterschiedlich anspruchsvoll: Die Justiz benutzt im Wesentlichen
Office-Anwendungen, während die Polizei einige teils in länderübergreifender Kooperation
entwickelte, anspruchsvolle IT-Fachverfahren einsetzt und eine relativ gute Vernetzung zu
verschiedenen Registern u. a. auch der Kommunalverwaltung (z. B. Einwohnermelderegis-
ter) besitzt. Außerdem profitiert sie von Erfolgen in der bundesweiten Vereinheitlichung und
Zusammenführung von Registern, wie z. B. dem Nationalen Waffenregister.
Die formale Spitze des IT-Managements in den Ländern ist der jeweilige Landes-
CIO; in allen Bundesländern gibt es einen Landes-CIO. Die organisatorische Anbindung,
die formalen Kompetenzen und der dem CIO zugeordnete Apparat ist in den Ländern
verschieden: Die CIOs sind fast zur Hälfte je dem Finanz- und dem Innenministerium
zugeordnet. Einzig in Schleswig-Holstein ist der CIO, vermutlich einer zuvor vom dorti-
gen Landesrechnungshof ausgesprochenen Empfehlung folgend, dem Ministerpräsiden-
ten direkt zugeordnet. Abb. 4.2 zeigt eine Übersicht der in 3/2017 tätigen CIOs und ihrer
organisatorischen Zuordnung.
Neben den Unterschieden in der aufbauorganisatorischen Zuordnung der CIOs gibt es
auch erhebliche Unterschiede in der organisatorischen Verantwortung für die IT-Versor-
gung. Alle Bundesländer haben mittlerweile zentralisierte IT-Dienstleister für die Lan-
desressorts, allerdings gibt es hinsichtlich der Zahl dieser zentralen Dienstleister, ihrer
Verantwortungsreichweite für die Ressorts der Landesregierungen und im Grad ihrer
Zusammenarbeit mit kommunalen Dienstleistern Unterschiede. Allgemeine Aussagen
über die Zuständigkeit der IT-Landesdienstleister sind:

Abb. 4.2 Organisatorische Anbindung des CIOs in den Bundesländern


102 R. Heuermann et al.

• Die zentrale Zuständigkeit bezieht sich NICHT auf die IT der Landespolizei (Aus-
nahmen: Mecklenburg-Vorpommern und – teilweise durch einen Polizei-Clienten –
Niedersachsen). Polizei-IT ist oft den allgemeinen Technik-Abteilungen der Polizei
zugeordnet, sie wird nicht vom landesweiten Öffentlichen IT-Dienstleister bezogen.
• Die zentrale Zuständigkeit bezieht sich nicht auf die IT der Justiz – diese Situation
folgt dem lange Zeit geltenden Dogma, dass der Justiz als „3. Gewalt“ nicht zuzumu-
ten sei, ihre IT-Services von einem Dienstleister zu beziehen, der auch die Exekutive
versorgt.
• Die zentrale Zuständigkeit bezieht sich nicht auf IT der Hochschulen.

Tab. 4.1 zeigt eine Übersicht der landeseigenen zentralen IT-Dienstleister in Deutschland
und – sofern vorhanden – voll konsolidierter kommunaler Dienstleister.
Die Bundesländer sind in der Hierarchie der Gebietskörperschaften das „Zwischen-
glied“, sie haben sowohl mit dem Bund als auch mit den Kommunen zahlreiche Arbeits-
kontakte. In der digitalen Weltsicht sind Kontakte „Schnittstellen“, die Bundesländer
haben den höchsten ebenübergreifenden Bedarf an Schnittstellen zu anderen Ebenen der
Gebietskörperschaften. Dazu kommen noch horizontale Arbeitsbeziehungen zu ande-
ren Bundesländern. An einem realen Thema, der Verwaltungsarbeit zur Erfassung und

Tab. 4.1 Bundesländer und ihre IT-Dienstleister auf Landesebene. (Eigene Darstellung)
Bundesland Landes-IT-Dienstleister
Baden-Württemberg BITBW
Bayern Aufsicht: Landesamt für Digitalisierung, Vermessung und Breitband
Dienstleister: 1) Landesamt für Steuern und 2) IT-Dienstleistungs-
zentrum (IT-DLZ)
Berlin IT-Dienstleistungszentrum Berlin, ITDZ
Brandenburg ZIT-BB
Bremen Dataport, Mehrländer-Anstalt
Hamburg Dataport, Mehrländer-Anstalt
Hessen Hessische Datenzentrale, HZD
Mecklenburg-Vorpommern DVZ-MV, Zuständigkeit Steuern bei Dataport
Niedersachsen IT.Niedersachsen, IT.N
Nordrhein-Westfalen IT.NRW
Rheinland-Pfalz Landesbetrieb Daten und Information, LDI
Saarland IT-Dienstleistungszentrum, ITDLZ
Sachsen Staatsbetrieb Sächsische Informatik Dienste, SID
Sachsen-Anhalt Dataport, Mehrländer-Anstalt
Schleswig-Holstein Dataport, Mehrländer-Anstalt
Thüringen Thüringer Landesrechenzentrum, TLRZ
4 Digitalisierung auf Landesebene 103

Versorgung von Asylbewerbern, zeigt Abb. 4.3 fiktive Vernetzungsbedarfe. Das ist fach-
lich nicht ganz korrekt, zeigt aber das Wichtige besonders prägnant: Sehr verschiedene
Behörden, die oft lange Jahre ihr Einzeldasein gepflegt haben und/oder sich in ganz
verschiedenen Zuständigkeiten befinden, müssen sich über die gegenseitigen Zugriffs-
möglichkeiten auf Daten, auf deren Formate usw. einigen. Der Austausch findet in der
Verwaltungswelt sehr oft über „Register“ statt. Wie schon in der horizontalen Beziehung
zwischen Ämtern in den Kommunen (vgl. Abschn. 3.1.2.2) ist hier Vernetzung das Zau-
berwort zur Steigerung der Effizienz.
Die wichtigste Ressource der Digitalisierung ist keine einzelne Technologie, son-
dern der Mensch. Ähnlich wie in den Kommunen sind auch auf Länderebene der
jeweilige CIO und die unter ihm für die Weiterentwicklung der IT-Services zuständige
Mannschaft ein ganz wesentlicher Faktor für die Innovation. Prof. Dr. Engel hat in
Abschn. 2.2.3.3 auf die gewandelte Rolle des CIOs hingewiesen, der nicht nur intern in
seinem Bereich die Technik und Organisation voranbringen muss, sondern zunehmend
auch als Netzwerker zwischen Behörden, d. h. letztlich als Organisationsentwickler
der Gesamtverwaltung, arbeiten muss. Auf Ebene der Länder gibt es die gleiche Situ-
ation, darüber hinaus haben die CIOs als Vertreter der Länder auch eine Rolle im IT-
Planungsrat. Sie wirken – theoretisch – in diesem ebenenübergreifenden Gremium auch
an bundesweiten IT-Standards mit und damit an Regeln oberhalb ihrer eigenen Region.
Abb. 4.4 zeigt diese Aufgaben als Teil des sehr umfangreichen Rollenprofils der CIOs in
den Ländern.

Abb. 4.3 Beispiel Vernetzungsbedarf Landes-IT und Kommunal-IT


104 R. Heuermann et al.

Abb. 4.4 Anforderungen an CIOs

Die tatsächliche Rolle der CIOs, die Stärke ihrer Durchsetzungskraft ist sowohl per-
sonen- wie auch organisationsabhängig. Die organisationalen Befugnisse sind grundsätz-
lich schwächer als in manchen Privatunternehmen, weil CIOs im Öffentlichen Bereich
an einigen harten Grenzen nicht rütteln können: der Ressorthoheit, den Autonomierech-
ten von Gebietsköperschaften, den Regeln des Beschaffungsrecht usw. [17]. Analoge
Regeln in Großkonzernen sind leichter zu ändern, wenn der betriebswirtschaftliche Nut-
zen dafür spricht. Innerhalb der im Öffentlichen Bereich möglichen Kompetenzen unter-
scheiden sich die organisationalen Befugnisse der CIOs in den Bundesländern ebenfalls
stark (siehe [18, S. 56]): Formal hat ein CIO auf Ministerebene (z. B. Finanzminis-
ter Markus Söder in Bayern) eine ganz andere Durchschlagskraft als ein CIO, der aus-
schließlich seiner CIO-Funktion wegen Staatssekretär ist, oder ein Staatssekretär, der die
CIO-Funktion nebenbei ausübt.
CIOs im Nebenjob und Minister, die evtl. gar keine eigene persönliche IT-Kompetenz
durch entsprechende berufliche Erfahrung haben, mögen in der Sache nicht die beste Beset-
zung sein, weil sie entweder nicht genügend Zeit oder Willen haben, sich evtl. zeitlich oder
sachlich zulasten ihrer parallelen politischen Themen mit größerem Lustfaktor – z. B. auch
Minister für Sport zu sein – für ihre Aufgaben in der Digitalisierung zu verkämpfen. So wird
z. B. aus einem Bundesland berichtet, dass ein frisch nach den Wahlen zum Staatssekre-
tär gewordener Politiker erst nach Antritt seines Postens bemerkte, dass der CIO-Job auch
daran hing. Ein anderer – so hieß es – weihe lieber neue Turnhallen ein als neue Rechen-
zentren. Das politische Umfeld und die Behördenwelt unter einem CIO registriert selbst
schwache Signale über das Engagement der Person und die Ergebnisse tatsächlicher Durch-
setzung. Umgekehrt kann auch ein formal schwach aufgestellter CIO in der Sache Stärke
zeigen, wenn sein Ministerpräsident hinter ihm steht. Allerdings ist es unwahrscheinlich,
4 Digitalisierung auf Landesebene 105

dass „der Apparat“ und Außenstehende das so wahrnehmen, weil im politischen Umfeld für
Themen, die dem Ministerpräsidenten wichtig sind, immer noch der geeignete Dienstgrad
gefunden wird, diese Wichtigkeit auch äußerlich darzustellen. Insofern ist es verwunderlich,
wenn ein Bundesland die Digitalisierung als Topthema ansieht, der CIO aber aufgrund zu
geringer Hierarchie über die Maßen zu sehr vorsichtigen und aufwendigen Abstimmungsa-
rien mit der Bürokratie in vielen Ministerien und ggf. nachgeordneten Behörden gezwungen
wird.

4.2 Situation in ausgewählten Ländern

4.2.1 Baden-Württemberg

Stefan Krebs und Christian D. Kohl

4.2.1.1 Hintergrund und historische Entwicklung


Baden-Württemberg ist gemessen an Fläche und Einwohnern das drittgrößte Land der
Bundesrepublik Deutschland und gehört zu den wirtschaftsstärksten und innovativsten
Regionen in Europa. Die Bürger und die Wirtschaft des Landes sind auf eine entspre-
chend leistungsfähige Landesverwaltung angewiesen.
Bereits Mitte der 1980er Jahre begann das Land Baden-Württemberg, die in der Ver-
waltung vorhandenen IT-Systeme zu vernetzen. Insbesondere vor dem Hintergrund des
Reaktorunglücks von Tschernobyl wurde der Aufbau eines Kommunikationsnetzes für
den raschen Nachrichten- und Dokumentenaustausch in Not- und Vorsorgefällen forciert.
Dieses Netz hat sich kontinuierlich, bis zum derzeit in Betrieb befindlichen Landesver-
waltungsnetz (LVN), weiterentwickelt.
Ebenfalls Mitte der 1980er Jahre trat zum ersten Mal der Landessystemausschuss
(LSA) zusammen, um Einsatz und Entwicklung der IT in der Landesverwaltung abzu-
stimmen. Der LSA bestand aus den Leitern der Querschnittsabteilungen der Ministerien
und dem Amtschef des Innenministeriums als Vorsitzendem.
Entsprechend dem Fortschritt in der IT-Branche stieg in den folgenden Jahren die
IT-Durchdringung in der Landesverwaltung kontinuierlich an. So entstanden an vielen
Stellen der Landesverwaltung IT-Entwicklungs- und Rechenzentren und teilweise hoch
spezialisierte Fachwendungen – vom Umweltinformationssystem, Geoinformationssys-
tem über Fachsysteme der Polizei bis hin zur Steuerverwaltung.

4.2.1.2 IT-Neuordnung – IT-Bündelung und CIO


Bereits im Jahr 2007 legten Finanzministerium und Innenministerium mit Blick auf die
Landes-IT „Eckpunkte für ein Konzept zur Bündelung von IuK-Aufgaben durch Zusam-
menführung von Personal und von Sachmitteln an einer Stelle“ vor. Diese Eckpunkte
mündeten 2013 in einem IT-Grobkonzept und der in den folgenden Jahren umgesetzten
IT-Neuordnung in der Landesverwaltung. Ziel der IT-Neuordnung ist es, die bis dahin
106 R. Heuermann et al.

auf die Ressorts verstreuten Rechen- und IT-Entwicklungszentren, soweit dies rechtlich
möglich ist, bei einem zentralen IT-Dienstleister für die Landesverwaltung zu bündeln.
Dies soll es ermöglichen, mit der raschen Weiterentwicklung im IT-Bereich Schritt zu
halten, die wachsenden Anforderungen an IT-Sicherheit noch besser zu erfüllen und
Kosten durch die Nutzung von Synergien, beispielsweise durch die Konsolidierung von
Rechenzentren, sowie durch Standardisierung, etwa durch die Einführung eines landes-
weit einheitlichen PC-Arbeitsplatzes, senken zu können.
Ein weiteres zentrales Element der IT-Neuordnung war die Einsetzung eines haupt-
amtlichen Beauftragten der Landesregierung für Informationstechnologie. Aufgabe
dieses Chief Information Officers (CIO) für die Landesverwaltung ist es, Betrieb und
strategische Weiterentwicklung der Landes-IT ressortübergreifend zu planen, zu koordi-
nieren und voranzutreiben.
Am 1. Juli 2015 wurde Ministerialdirektor Stefan Krebs als erster hauptamtlicher CIO
des Landes Baden-Württemberg eingesetzt. Am selben Tag wurde im Geschäftsbereich
des Ministeriums für Inneres, Digitalisierung und Migration die Landesoberbehörde „IT
Baden-Württemberg“, die BITBW, als zentraler IT-Dienstleister für die Landesverwal-
tung errichtet.
Um tatsächlich Synergien, beispielsweise durch die Bündelung von Softwarelizenzen,
generieren zu können, besteht für die Dienststellen und Einrichtungen der unmittelba-
ren Landesverwaltung eine grundsätzliche Pflicht zur Nutzung des Dienstleistungsange-
bots der BITBW. Gleichzeitig können die Ministerien ihre Interessen als Kunden über
den Verwaltungsrat der BITBW einbringen. Der Verwaltungsrat überwacht die Einhal-
tung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit bei der BITBW. Ferner hat
er ein Informationsrecht zu allen wichtigen Fragen der Betriebsführung. Der Verwal-
tungsrat wird durch einen Fachbeirat unterstützt, in welchem ebenfalls alle Ministerien
und der Rechnungshof Baden-Württemberg vertreten sind. Die Gesetzeslage lässt einen
schrittweisen und individuellen Eintritt der Nutzungspflicht zu. Spätestens im Jahr 2021
müssen Betrieb, Entwicklung und Pflege der IT-Verfahren von der BITBW bezogen wer-
den, sofern nicht zuvor abweichende Termine vereinbart werden. Dabei gilt der Grund-
satz „Personal folgt Aufgabe“. Mit dem Übergang von IT-Verfahren zur BITBW ist in
der Regel auch der Übergang des jeweils zugehörigen Personals verbunden. Ausgangs-
punkt für die Errichtung der BITBW bildeten das Informatikzentrum Landesverwaltung
Baden-Württemberg (IZLBW) und der nicht steuerliche Teil des Landeszentrums für
Datenverarbeitung (LZfD).
Aufgrund verfassungsrechtlicher Vorgaben wurden die steuerfachabhängigen Verfah-
ren des Rechenzentrums der Steuerverwaltung von der IT-Bündelung ausgenommen.
Ebenso wurden besondere Regelungen zur Wahrung der Unabhängigkeit der Judikative
getroffen.

4.2.1.3 IT-Organisation in der Landesverwaltung


Die gesetzlichen Regelungen zur IT-Neuordnung – die Errichtung der BITBW, die
Rechte und Pflichten des Landes-CIO sowie die Organisation der Landes-IT – sind im
4 Digitalisierung auf Landesebene 107

Errichtungsgesetz BITBW (BTIBWG), im E-Government Gesetz Baden-Württemberg


(EGovG BW) sowie untergesetzlich in der Verwaltungsvorschrift BITBW, in der Verwal-
tungsvorschrift IT-Organisation und der Verwaltungsvorschrift Informationssicherheit
geregelt.
Der Landes-CIO plant, koordiniert und steuert den Einsatz der Informationstechnik
im Land. In Bezug auf die operative Umsetzung wirkt er mit an der Fachaufsicht über
die BITBW. Gleichzeitig vertritt er Baden-Württemberg im Bund-Länder-übergreifenden
IT-Planungsrat. Der dem Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration zuge-
ordnete Landes-CIO hat den Rang eines Ministerialdirektors und steht damit auf dersel-
ben Stufe wie die Amtschefs der Ministerien. Er hat Vortragsrecht im Kabinett und ein
umfassendes Informationsrecht zu allen Bereichen des E-Governments und der IT der
Landesverwaltung und staatlicher Einrichtungen.
Die Amtschefs der Ministerien bilden in ihrer Funktion als „Ressort-CIOs“ den „IT-
Rat Baden-Württemberg“. Den Vorsitz des Gremiums hat der Landes-CIO. Der „IT-Rat
Baden-Württemberg“ beschließt auf Vorschlag des Landes-CIO die IT-Standards des
Landes sowie Vorgaben für die Aufstellung des Informationstechnischen Gesamtbudgets
(IGB). Er bereitet die E-Government-Strategie und die IT-Strategie des Landes vor und
berät den Landes-CIO.
Der „Arbeitskreis Informationstechnik“ (AK-IT) bereitet die Beratungen des IT-Rats
Baden-Württemberg vor und begleitet die Umsetzung der dort gefassten Beschlüsse.
Jedes Ministerium entsendet einen stimmberechtigten Vertreter in den AK-IT. Hinzu
kommen beratende Mitglieder, wie der Landesbeauftragte für den Datenschutz oder die
BITBW. Vorsitz und Geschäftsführung des AK-IT obliegen dem Ministerium für Inneres,
Digitalisierung und Migration.
Das Land und die Gemeinden und Gemeindeverbände wirken beim E-Government
und bei der IT zusammen. Der „IT-Kooperationsrat Baden-Württemberg“ ist das entspre-
chende Gremium für die ebenenübergreifende Kooperation. Den Vorsitz hat der Landes-
CIO. Mitglieder sind die Ministerien, die kommunalen Landesverbände, die BITBW, die
Zusammenschlüsse für kommunale Datenverarbeitung und die Datenzentrale Baden-
Württemberg sowie weitere beratende Mitglieder.
Die im Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration angesiedelte „Stelle
für IT-Koordination“ unterstützt den Landes-CIO bei seinen Aufgaben, beispielsweise
durch die Ausarbeitung des Vorschlags für Entwürfe der E-Government- und der IT-
Strategie und anderer Konzeptpapiere. Auch die ressortübergreifende Koordination der
Informationssicherheit in der Landesverwaltung ist dort angesiedelt. Um den Landes-
CIO bei der Planung, Koordination und Steuerung der Lands-IT sinnvoll unterstützen zu
können, benötigt die „Stelle für IT-Koordination“ einen Überblick der in der Landesver-
waltung eingesetzten und geplanten IT-Verfahren. Daher müssen grundsätzlich alle soge-
nannten IT-Vorhaben der „Stelle für IT-Koordination“ angezeigt und von dieser bewertet
werden, beispielsweise auf Konformität mit den aktuellen E-Government-Standards des
Landes. Zu den „IT-Vorhaben“ zählen sowohl geplante IT-Projekte als auch der laufende
Betrieb von IT-Verfahren. Ohne eine zustimmende Bewertung der IT-Koordination sind
108 R. Heuermann et al.

IT-Vorhaben nicht haushaltsreif. Nicht genehmigungspflichtig sind Bestellungen von


standardisierten Angeboten aus dem Service-Katalog der BITBW, beispielsweise die
Bereitstellung von Speicherplatz im Netzwerk oder der Betrieb eines Datenbankmanage-
mentsystems.
Die Planung, Koordination und Steuerung der IT innerhalb eines Ressorts erfolgt
durch die in jedem Ressort eingerichtet IT-Leitstelle. Die IT-Leitstellen sind erste
Ansprechpartner für den Landes-CIO und die „Stelle für IT-Koordination“. In dieser
Rolle sind sie auch verantwortlich für die Anzeige der IT-Vorhaben ihres Ressortbe-
reichs.
Zuständig für den operativen IT-Betrieb ist die BITBW als zentraler IT-Dienstleister
der Landesverwaltung. Die BITBW betreibt eigene Rechenzentren sowie das Landesver-
waltungsnetz, über welches die Dienststellen und Einrichtungen der Landesverwaltung
angebunden und vernetzt sind. Auch das Computer-Notfall-Team des Landes (CERT
BWL) ist bei der BITBW angesiedelt. Die BITBW kann sich bei der Leistungserbrin-
gung externer Dienstleister bedienen, beispielsweise wenn dies wirtschaftlich güns-
tiger als der Eigenbetrieb ist. Darüber hinaus werden im Rahmen der IT-Neuordnung
auch die Entwicklerkompetenzen für fachübergreifende und fachspezifische IT-Verfah-
ren der Landesverwaltung bei der BITBW gebündelt werden. Daneben ist es Aufgabe
der BITBW, den Nutzen und die Eignung neuer Entwicklungen im IT-Bereich für die
Landesverwaltung zu evaluieren. Die bei ihrer Errichtung aus rund 300 Beschäftigten
bestehende BITBW wird nach der vollständigen Umsetzung der IT-Neuordnung voraus-
sichtlich über 600 Personen beschäftigen.
Neben der BITBW existieren mehrere eigenständige Rechenzentren für die kommu-
nale Ebene des Landes. Ähnlich der IT-Neuordnung der Landesverwaltung wird mit
dem Projekt „4IT“ auch auf der kommunalen Ebene eine IT-Bündelung durch Zusam-
menschluss der Rechenzentren der Zweckverbände für kommunale Datenverarbeitung
angestrebt. Geplant ist der organisatorische Zusammenschluss von Kommunaler Infor-
mationsverarbeitung Baden-Franken (KIVBF), Kommunalem Informationszentrum
Reutlingen-Ulm Zweckverband (KIRU), Datenverarbeitung und Rechenzentrum der
Region Stuttgart (KDRS) sowie der Datenzentrale Baden-Württemberg (DZBW).

4.2.1.4 E-Government
Für eine Vielzahl von Verwaltungsangelegenheiten sind die Kommunen erste Anlauf-
stelle für die Bürger. Insbesondere für einzelne, kleine Kommunen wäre die Vorhaltung
von E-Government-Angeboten häufig kaum realisierbar. Das Land Baden-Württemberg
entwickelt daher bereits seit über zehn Jahren mit „service-bw“ (www.service-bw.de) ein
Service-Portal, dessen Inhalte nahtlos in kommunale Internetauftritte integriert werden
können. Im Jahr 2016 wurde eine technisch vollständig überarbeitete Version von „ser-
vice-bw“ in den Wirkbetrieb übernommen, welche über die Funktion eines reinen Service-
Portals hinaus zur zentralen E-Government-Plattform des Landes ausgebaut werden soll.
Das Referat „E-Government, Open Government, Verwaltungsmodernisierung“ des
Ministeriums für Inneres, Digitalisierung und Migration koordiniert die strategische
4 Digitalisierung auf Landesebene 109

Ausrichtung des E-Governments der Landesverwaltung und ist zuständig für Pflege und
Weiterentwicklung von service-bw.de. Darüber hinaus ist das Referat zuständige für
Strategie und Projekte in den Bereichen Open Data und Open Government.

4.2.1.5 digital@bw
Ergänzend zur Digitalisierung innerhalb der Landesverwaltung sieht die Landesre-
gierung die Digitalisierung als Chance, die Lebensqualität der in Baden-Württemberg
lebenden Menschen zu verbessern und den Wirtschaftsstandort des Bundeslandes zu
stärken. Dementsprechend soll die Digitalisierung von Wirtschaft, Industrie und Lebens-
welt der Menschen in Baden-Württemberg unterstützt und kanalisiert werden. Hierzu
wurde im Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration eine eigene Stabstelle
für Digitalisierung geschaffen. Aufgabe der Stabstelle ist es beispielsweise, die Bemü-
hungen zur Digitalisierung ressortübergreifend zu bündeln.
Der amtierende Landes-CIO ist in Personalunion auch zuständig für die Digitalisie-
rungsstrategie „digital@bw“ des Landes Baden-Württemberg.

4.2.2 Berlin

Carsten Jürgens

Berlin ist mit ca. 3,5 Mio. Einwohnern Deutschlands größte Gemeinde, die größte
Stadt und gleichzeitig ein Bundesland. Die Besonderheit der Stadt Berlin ist, dass sie
aus zwölf Stadtbezirken mit jeweils eigener Verwaltungsautonomie, eigener Verwaltung
sowie je einem Bezirksbürgermeister an der Spitze besteht. Die zwölf Bezirksbürger-
meister bilden zusammen mit dem Regierenden Bürgermeister den Rat der Bürgermeis-
ter, der wiederum den gewählten Senat berät.
Diese fragmentierte politische Situation ist für eine Stadt überraschend, nicht jedoch
für ein Flächen-Bundesland. Sie zu kennen ist hilfreich, wenn man die Situation der Ver-
waltungsmodernisierung, der Digitalisierung und der Organisation der Öffentlichen IT in
Berlin verstehen will.
Das Land Berlin hat der hohen Verschuldung wegen in den 1990er Jahren massive
Sparprogramme gestartet, die u. a. fast zu einer Halbierung der Zahl der Beschäftigten
im Öffentlichen Dienst führten. Der Schrumpfungsprozess war ca.von 2000 bis Ende
2015 in der Bezirksverwaltung mit über 50 % deutlich stärker als in der Senatsverwal-
tung mit ca. 12 %. Zwischen der Senatsverwaltung und den Bezirksverwaltungen gibt
es anhaltende Spannungen [19]. Gleichzeitig hat Berlin den Anspruch, eine moderne
Servicestadt zu sein. Um zu guten Ideen und strategischen Lösungen für die Vielzahl an
Herausforderungen zu kommen, hat Berlin – genauso wie manche andere Bundesländer
– teils mit externen Beauftragungen Ratschläge eingeholt. Herauszuheben ist das 2007
mit dem Titel „ServiceStadt Berlin“ gestartete Programm, zu dessen Zielen u. a. mehr
elektronische Bürgerdienste und die elektronische Baugenehmigung zählten. Das 2008
110 R. Heuermann et al.

mit einem Gutachten zur Situation in Berlin beauftragte Deutsche Instituts für Urbanistik
stellte 2009 fest:

In Berlin gibt es eine Vielzahl von innovativen Überlegungen und Handlungsansätzen, die
in dieser Vielfalt und Gedrängtheit kaum anderswo in Deutschland zu finden ist […] Das
entscheidende ‚Aber‘ ist allerdings: Diese Aktivitäten sind sehr verteilt, bleiben teilweise
in der Umsetzung stecken, bleiben vielfach Insel- oder Pilotlösungen ohne Ausstrahlung
z. B. auf andere Bereiche oder Bezirke und gehen teilweise im ‚Gesamtrauschen‘ unter.
Wenn Berlin aus all den verteilten Innovationen zu einer breiter getragenen Innovations-
offensive käme, die sich alleine aus dem Vorhandenen speist, wäre die Stadt Vorreiter in
Modernisierungsfragen […] [7, S. 165 f.].

Das Besondere an Berlin ist, dass es eine stattliche Anzahl bis ins Detail gehender,
öffentlich gemachter Gutachten mit Empfehlungen an die Politik zur Verbesserung der
Verwaltungs-IT gibt. In anderen Ländern mag es Ähnliches geben, öffentlich gemacht
wurden entsprechende Unterlagen aber viel zurückhaltender. Tab. 4.2 enthält einen Über-
blick einiger auf die IT-Organisation zielender Untersuchungen und Gutachten.
In der Berliner Presse wurde 2016 weiter von schlechten, weil langsamen und unzu-
verlässigen Verwaltungsservices berichtet [6, 20].
Der zentrale Berliner IT-Dienstleister ITDZ leistete 2015/2016 nur für ca. 14 % der
Berliner Bezirksbehörden eine IT-Vollversorgung, den Rest erbrachten die Bezirke
selbst. Als Grund hierfür wurde vom ehemaligen Leiter des ITDZ ein Strukturfehler im
Auftrag des ITDZ gesehen, der in einem Spagat zwischen hohem Leistungsanspruch der
Behörden und der Erwartung niedrigerer Preise mündet [13]. Angesichts der allgemeinen
Beziehungssituation zwischen Senats- und Bezirksverwaltungen waren auch noch ergän-
zend andere Gründe für die geringe Nutzung der Dienste des dem Senat zugeordneten
Landes-IT-Dienstleisters denkbar.
Die Frage, wie man die Bezirke in Berlin zu mehr IT-Nachfrage beim IT-Landes-
dienstleister bewegt, ist mittlerweile beantwortet worden – mit Abnahmezwang: Am
09.06.2016 wurde ein Berliner E-Government-Gesetz veröffentlicht [11], das zwei große
Zielrichtungen vorgibt: zwingende konkrete Vorgabe an die Verwaltung der Berliner
Bezirke zu mehr und besseren E-Government-Services und, an die IT in den Bezirken
gerichtet, robuste Regeln für eine wesentlich stärkere Zentralisierung der Berliner IT-
Versorgung. Der Landesdienstleister ITDZ hat das Privileg des zwingenden Angebots für

Tab. 4.2 IT-relevante Gutachten, Empfehlungen und Maßnahmen zur Innovation in Berlin.
(Eigene Darstellung)
Themenbereich Gegenstand des Gutachtens oder der Maßnahme
Innovationspartnerschaft Das Land Berlin schließt mit dem Land Brandenburg eine Ver-
einbarung über einen stärkeren Austausch und eine Partnerschaft
bei Innovationsthemen, darunter auch IT
Wirtschaftlichkeitsbetrachtung Plädoyer für eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung der landeswei-
ten IT, Beispiel Standardarbeitsplatz
4 Digitalisierung auf Landesebene 111

Tab. 4.3 Ziele des E-Government-Gesetzes Berlin. (Eigene Darstellung)


Zielbereich Festlegungen und Termine
Ausbau Serviceportal Das Serviceportal für Bürger und Unternehmen soll ausgebaut werden
Beschäftigtenportal Personal-Portal für die Landesbediensteten
Bezahlung kostenlos Behörden müssen kostenlose elektronische Bezahlung möglich machen
Budget Alle Budgets für verfahrensunabhängige IT werden beim CIO gebündelt
E-Akte Bis 2023: allein führend (komplette Ablösung Papierakte)
IKT-Lenkungsrat Ein IKT-Lenkungsrat mit u. a. dem Chef der Senatskanzlei und je einem
Staatssekretär je Senatsverwaltungsbereich
Interne Abläufe Bis 2020: sind i. d. R. elektronisch durchzuführen
IT-Konsolidierung • Basisdienste: für ganz Berlin nur noch durch das ITDZ
• Verfahrensunabhängige IT: Abnahmezwang gegenüber ITDZ
IT-Standards Zentrale Festsetzungskompetenz durch Landes-CIO
Marktübliche Preise Das ITDZ muss marktübliche Preise bieten
Verwaltungsverfahren Bis 2020: sind i. d. R. vollständig elektronisch durchzuführen

Basis- und Querschnittsleistungen, ist selbst aber zu marktüblichen Preisen verpflichtet.


Das Preisniveau wird jährlich geprüft (Tab. 4.3).
Die hier aufgeführten Ziele sind angesichts der Vorgeschichte der Berliner Verwaltung
und der IT-Versorgung engagiert, mit der strategischen Entscheidung für mehr Zentrali-
sierung dürfte aber der richtige Weg eingeschlagen worden sein – jetzt kommt es mehr
denn je auf die Leistungsfähigkeit von ITDZ und des CIOs an!
Jenseits der zumeist auf die Frage der Service- und IT-Organisation abzielenden
Gutachten wird in der Presse auch immer wieder die Frage nach einer grundsätzlichen
Reform der zweistufigen Berliner Verwaltungsorganisation zugunsten einer zentralis-
tischeren Lösung gestellt, um mit der teils schlechten sachlichen und menschlichen
Zusammenarbeit einen Grund für den als schlecht empfundenen Zustand der Servicequa-
lität in der Verwaltung zu überwinden (z. B. [19]). Die eingeleitete stärkere Konsolidie-
rung der IT nimmt diese Entwicklung vorweg.

4.2.3 Dataport-Kernländer Bremen, Hamburg, Schleswig-Holstein

Johann Bizer

4.2.3.1 Vorwort
Vor einigen Jahren wurde in der Öffentlichkeit intensiv über soziale Medien und die Ver-
änderungen in der Kommunikationskultur und der politischen Meinungsbildung debat-
tiert. Die „digitale Agora“ hieß das damals. Parallel dazu wurde über die „entörtlichte
Verwaltung“ gesprochen – über digitale Daseinsvorsorge, den Zugang zum Amt online.
E-Government 2.0. Dann wurde es still um diese Themen.
112 R. Heuermann et al.

Jetzt, ein paar Jahre später, ist es selbstverständlich geworden, einen Großteil des
Lebens online abzuwickeln, einzukaufen, Bankgeschäfte zu tätigen, zu diskutieren und
zu kommentieren. Man weiß, dass Amazon, Google und Co. die Daten der Menschen
sammeln und auswerten sowie ihre Angebotsstrukturen auf deren individuelle Vorlie-
ben ausrichten. Das Internet der Dinge, Smart Home und Smart City sind zu Begriffen
geworden, die vertraut klingen. Obwohl man nicht immer sicher ist, ob – und wenn ja,
wie – die digitalisierte Lebenswelt gesteuert werden kann oder in welcher Dimension die
Menschen gesteuert werden können.
Nun erlebt man, wie der digitale Informationsfluss zunehmend das Bewusstsein
prägt. Man sieht, welche Rolle soziale Netzwerke für die politische Meinungsbildung
spielen und wie Informationen digital auf Wegen jenseits der alten organisatorischen
Grenzen fließen. Das Internet hat die Menschen verändert. Dieser steht inmitten eines
der radikalsten Veränderungsprozesse, den die Menschheit erlebt hat: der digitalen
Transformation.
Dabei ist der Begriff Digitalisierung nicht neu. Seit mehr als dreißig Jahren verändert
Informationstechnik in all ihren Facetten die Art zu leben, zu arbeiten und auch zu den-
ken. Die Welt kommuniziert digital, Informationen stehen übergreifend digital zu Verfü-
gung. Doch die deutsche Verwaltung tut sich mit diesem digitalen Kommunikationsfluss
noch schwer. Das muss nicht immer verkehrt sein, „arbeitet“ Verwaltung doch primär
mit den Daten der Bürger dieses Landes. Es ist aber dort verkehrt, wo Verwaltung sich
Neuerungen verschließt, die eben diesen Bürgern einen großen Nutzen bringen.
Der derzeit zu beobachtende radikale Umbruch birgt Chancen in sich, aber auch
Gefahren. Mag es bequem sein, am späten Abend noch den Einkauf für den morgi-
gen Tag zu bestellen oder schnell noch eine Rechnung online zu bezahlen, nach dem
Wetterbericht über das Smartmeter die Heizungseinstellungen für den morgigen Tag
festzulegen, so steht der Mensch doch skeptisch der Frage gegenüber, ob er all seine
Gesundheitsdaten zentral gespeichert auf einer Gesundheitskarte will.
Es gilt, sich mit den Möglichkeiten und den Risiken der digitalen Transformation aus-
einanderzusetzen. Neben den Chancen, die die Menschen nutzen sollten – und vor allem
auch nutzen müssen –, werden Grenzen benötigt, ein sinnvoller Rahmen, der vor digita-
ler Übergriffigkeit schützt und sicherstellt, dass die Daten und Lebenszusammenhänge
der Menschen selbstbestimmt bleiben.
Die digitale Transformation ist ein gesamtgesellschaftlicher Prozess, der sämtliche
Facetten des Lebens, Kommunizierens, Arbeitens und auch des Denkens verändert. Bis
dieser Prozess vollständig durchlaufen ist, wird noch einige Zeit ins Land gehen. Danach
wird die Gesellschaft eine andere sein als heute – mit anderen Möglichkeiten und viel-
leicht auch mit anderen Regeln. Also sollten Verwaltung und Politik diesen Prozess jetzt
vorausschauend und aktiv gestalten. Gerade die Öffentliche Verwaltung kann und sollte
hier eine Vorreiterrolle spielen, damit nicht Amazon und Google allein das Rahmenwerk
für die Zukunft festlegen.
4 Digitalisierung auf Landesebene 113

4.2.3.2 Digitalisierung ist Programm


Digitalisierung erfordert ein Umdenken und Umsteuern, weil Organisation und Prozesse
nach anderen Kriterien gedacht, konzipiert und umgestaltet werden können und müs-
sen als bisher. Möglich wird dies einzig und allein durch Informationstechnik und deren
intelligenten Einsatz.
Diesen Veränderungsprozess durchlaufen alle privatwirtschaftlichen Unternehmen,
und auch die Öffentliche Verwaltung muss ihn durchlaufen. In Folge werden sich Ver-
waltungsprozesse verändern. Bürger und Unternehmen erwarten Angebote, wie sie
sie von der Privatwirtschaft kennen. Eine Orientierung der Verwaltungsprozesse nach
der Erwartungshaltung von Bürgern und Unternehmen aber bedeutet in aller Konse-
quenz, dass die bisherigen Leistungen der Verwaltung gebündelt angeboten werden
müssen.
Eine Gestaltung von Leistungsbündeln steht jedoch im Widerspruch zu der bisherigen
Organisationskultur „Ein Fachamt – ein Fachverfahren“. Verwaltung muss sich also vom
Prinzip der singulären Zuständigkeit und dem damit verbundenen Verweis an andere
(„Ich bin nicht zuständig.“) zum Grundsatz der umfassenden Dienstleistung aus einer
Hand entwickeln. Moderne IT macht das möglich und wird diesen Veränderungsprozess
unterstützen. Das Grundmodell: ein elektronischer Zugang zur Verwaltung, die Stamm-
daten immer verfügbar und eine an Bürgern und Unternehmen orientierte Bündelung von
bedarfsgerechten Verwaltungsdienstleistungen, die über einen intelligenten Verbund von
Serviceportalen abrufbar sind.
Wenn E-Government 2.0 die Elektronifizierung des Verwaltungsprozesses ist, dann
ist Verwaltung 4.0, in Analogie zur Industrie 4.0, eine an dem Modell „Amazon“ ori-
entierte Öffentliche Verwaltung. Diese würde zum Beispiel einen Jugendhilfeempfänger
dann auch zu anderen Hilfeleistungen, seien es Wohngeld, Sozialhilfe oder Kindergeld,
beraten. Der Gedanke dahinter: Wer Jugendhilfe braucht, hat auch Anspruch auf Wohn-
geld. Ob die bisherige funktionale Organisation der Verwaltung dadurch obsolet wird,
ist noch offen. Zumindest müsste sie unter diesem Paradigma neu sortiert werden. Die
hierfür erforderlichen rechtlichen und organisatorischen Grundlagen müssten überprüft
und ggf. angepasst werden.
Digitalisierung umfasst auch die Überprüfung, ob durch eine Umgestaltung der Pro-
zesskette nicht die jeweilige Fachverwaltung von Prozessschritten entlastet werden kann.
Aus der öffentlichen Diskussion ist das Beispiel der Kindergeldverwaltung geläufig.
Gemessen an den Kosten der Kindergeldverwaltung stellt sich die Frage: Warum sollte
diese staatliche Leistung nicht voraussetzungslos, d. h. ohne eine manuelle Prüfung, ab
der Geburt bis zu einem bestimmten Alter, an die Eltern ausgezahlt werden?
Ist eine staatliche Leistung an bestimmte Voraussetzungen geknüpft, so könnten diese
automatisiert abgefragt und geprüft werden. Um die Informationen über Sachverhalte
und Voraussetzungen von Verwaltungsleistungen zu plausibilisieren, werden schon heute
Bewertungssysteme, beispielsweise in der Steuerverwaltung, eingesetzt, um indifferente
oder atypische Sachverhalte herauszufiltern, weiterzuleiten und manuell zu prüfen.
114 R. Heuermann et al.

Der Veränderungsprozess wird unterstützt von den technischen Möglichkeiten der


IT. Getrieben wird er von der selbstverständlichen Erwartungshaltung, dass sich Verwal-
tungsdienstleistungen an der Erfahrungswelt des E-Commerce orientieren. Dynamisiert
wird diese Entwicklung aber auch durch die Demografie. Stehen weniger personelle Res-
sourcen zur Verfügung, um dieselben Aufgaben zu bewältigen, bedeutet dies im Umkehr-
schluss: Verwaltungsprozesse müssen verschlankt und Abläufe automatisiert werden.

4.2.3.3 Blick auf die Digitalisierungsstrategien der Trägerländer von


Dataport
Die Bundesländer stellen sich in puncto Digitalisierung auf. Bremen, Hamburg und Schles-
wig-Holstein haben bereits Digitale Agenden vorgelegt und befinden sich mitten in der
Umsetzung1. Ihre Strategien zeigen: Im Effekt wird ein gesellschaftlicher Wandel einset-
zen, der eine neue Sicht von Bürgern und Unternehmen auf die Verwaltung mit sich bringen
wird. Die Verwaltung entwickelt sich zum Dienstleister und Partner in allen Lebenslagen.

4.2.3.3.1 Hamburg
„Digital First – Chancen der Digitalisierung für eine bürgerfreundliche und moderne Verwal-
tung nutzen“ – so lautet die Digitalisierungsstrategie in Hamburg (s. ergänzende Informa-
tion in [16]). Der Weg zur „Digitalen Verwaltung“ wird als ein ganzheitlicher Reform- und
Organisationsentwicklungsprozess verstanden. Konzeptionelle Grundpfeiler für die vollum-
fänglich digitale Verwaltung sind Datenschutz sowie Daten- und Techniksicherheit. Hohe
Standards sind, so Hamburg, die Voraussetzungen dafür, dass digitale Angebote angenom-
men und akzeptiert werden. Wo rechtliche oder fachliche Hemmnisse entgegenstehen, sollen
sie abgebaut werden. Dabei umfassen die Neuregelungen Formerfordernisse (Schriftform,
Vorlage von Originalen) und Verfahrenshindernisse ebenso wie Zuständigkeitsfragen.
Um die Attraktivität und Nutzung digitalisierter Verwaltungsdienstleistungen zu erhö-
hen, hat sich Hamburg vier Leitlinien gesetzt:

1. Soweit möglich, werden die Anliegen proaktiv und antragslos erledigt.


2. Once-Only-Principle zur Vermeidung mehrfacher Dateneingaben.
3. Automatisierung von Routineverfahren und -verfahrensschritten.
4. Digitaler Zugang, digitale Kommunikation und digitale Dienstleistung sind die Regel
(und nicht die Ausnahme), sofern keine Formerfordernisse dagegen sprechen.

1Hier soll der Blick auf die Bundesländer im Dataport-Verbund gelenkt werden, die bereits kon-
krete Strategien vorgelegt haben und diese mit Dataport umsetzen. Auch die weiteren Trägerlän-
der von Dataport haben Digitalisierungsstrategien vorgelegt, respektive erarbeiten diese zurzeit. So
wird die Landesregierung Sachsen-Anhalt bis September 2017 eine Digitalisierungsstrategie vor-
legen. In Niedersachsen hat das Kabinett am 25.09.2016 eine IT-Strategie „Digitale Verwaltung
2025“ beschlossen (siehe [12, S. 8]). Mit dem „Ministerium für Energie, Infrastruktur und Digi-
talisierung“ hat die Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern der zunehmenden Bedeutung der
Digitalisierung Rechnung getragen.
4 Digitalisierung auf Landesebene 115

Mit ihrem Smart-City-Memorandum von 2014 (siehe [15]) hatte die Hansestadt Ham-
burg bereits eine Vision für die vernetzte und „kluge“ Stadt der Zukunft entwickelt: die
Digitale Stadt. Mit der Vision von der Digitalen Stadt und Digital First als Strategie für
die Verwaltungsdigitalisierung hat sich Hamburg konsequent und vorausschauend aufge-
stellt. Ein konkreter Umsetzungsplan wird folgen. Da Digitalisierung als Querschnitts-
thema verstanden wird, hat Hamburg in der Senatskanzlei eine Leitstelle Digitale Stadt
eingerichtet. Damit ist deutlich: Digitalisierung ist Chefsache.

4.2.3.3.2 Schleswig-Holstein
Ähnlich wie Hamburg sieht auch Schleswig-Holstein in der Digitalisierung ein „Quer-
schnittsthema für sämtliche politische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Bereiche“
[14, S. 41]. Die Digitale Agenda Schleswig-Holsteins bündelt die Maßnahmen der ein-
zelnen Bereiche. Schleswig-Holstein sieht für sich als Flächenland eine große Chance
darin, dass in der digitalen Welt wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung nicht
mehr an bestimmte Produktionsstätten, Rohstofflager oder logistisch vorteilhafte Orte
gebunden sind. Durch die Entwicklung in der Informations- und Kommunikationstech-
nologie lösen sich zudem klassische Zuständigkeitsgrenzen im Verwaltungshandeln
zunehmend auf und interdisziplinäre Zusammenarbeit wird nötig.
Schleswig-Holstein verfolgt sieben strategische Kernthemen:

1. Digitale Infrastrukturen prioritär ausbauen: flächendeckende Abdeckung Schleswig-


Holsteins mit Glasfasertechnologie und leistungsfähigen Mobilfunknetzen.
2. Digitale Lösungskompetenzen für staatliches Handeln schaffen: vollumfängliche
Digitalisierung der staatlichen Strukturen.
3. Digitalisierung der Wirtschaft fördern.
4. Medienkompetenz und Teilhabe sichern.
5. Lernen in einer digitalen Welt fördern.
6. Digitalisierung im Wissenschaftsbereich.
7. Demokratische Gestaltung und digitale Ordnungspolitik weiterentwickeln. Hier vor
allem auch Privacy by Design2, Privacy by Default3.

Konkrete Vorgehensplanungen werden noch folgen. Im Flächenland Schleswig-Holstein


setzt die Digitale Agenda auf eine enge Zusammenarbeit zwischen Land und Kom-
munen. Bei letzteren kommt der Prozess der Vorgehensplanung langsam in Gang. Es
sind aber gerade die Kommunen, die vor der entscheidenden Herausforderung stehen,

2Das Konzept Privacy by Design sieht die rechtzeitige Identifikation von Datenschutzproble-
men bei der Entwicklung neuer Technologien vor. Datenschutz wird damit von vornherein in das
Gesamtkonzept eingebunden.
3Privacy by Default sieht Standardeinstellungen in Produkten oder bei Dienstleistungen vor. Sie

werden standardmäßig datenschutzfreundlich eingestellt.


116 R. Heuermann et al.

Daseinsvorsorge in Zeiten des demografischen Wandels sicherzustellen. Die zentralen


Fragen „Wie können schrumpfende Ortschaften, aus denen sich Einzelhandel, Ärzte und
auch Verwaltung (Kundenzentren) zurückgezogen haben, weiterhin versorgt werden?“4
und „Wie schaffen Kommunen den Sprung in die digitalisierte Welt?“ müssen beantwor-
tet werden.

4.2.3.3.3 Bremen
Die Digitalisierungsstrategie von Bremen ist im Programm „Zukunftsorientierte Verwal-
tung“ verortet. Die Strategie Verwaltung 4.0 [5] betrachtet primär die Verwaltungspro-
zesse bzw. die Verzahnung aller Vorgänge und Abläufe in der Öffentlichen Verwaltung
mit modernster Informations- und Kommunikationstechnik. Bremen definiert die Rolle
von Verwaltung klar: „Die Öffentliche Verwaltung muss auf die neuen Anforderungen
reagieren. Sie muss einerseits regulatorisch oder kontrollierend durch entsprechende
Rechtssetzung und Vollzugsmethoden reagieren. Dabei ist eine papierbasierte Vorge-
hensweise nicht nur nicht mehr zeitgemäß, sondern auch ineffektiv“ [5, S. 2]. Bremen
verweist auf die Vorbildfunktion der Verwaltung. Das heißt, sie muss sich selbst digita-
lisieren. Die Stärke der Verwaltung im Rechtsstaat, ihre gute Berechenbarkeit und ihre
Verlässlichkeit sind entscheidende Qualitäten, die auch den neuen digitalen Angeboten
innewohnen müssen. Bremen setzt mit sieben konkreten Zielen an:

1. Vollständige Digitalisierung der verwaltungsinternen Prozesse.


2. Elektronischer Datenaustausch zwischen Bürgern und Verwaltung.
3. Transparenz und Selbstbedienung: proaktive Veröffentlichung von Informationen
(Open Data).
4. Sicherheit, Verlässlichkeit, Souveränität.
5. Guter Arbeitsplatz: funktionierende Hard- und Software.
6. Zukunftsfähige IT-Organisation.
7. Zusammenarbeit mit Bund und Ländern.

Bremen setzt, ähnlich wie Hamburg, auf den Grundsatz „Digital by default“. Zugleich
fordert auch Bremen vollständig neue Verwaltungsangebote auf Basis zeitgemäßer Tech-
nologien. Verwaltungsverfahren sollen so verändert werden, dass Anträge oder andere

4Ein Aspekt, der nicht zu vernachlässigen ist – sind es doch gerade die Kommunen, die die gesell-

schaftlichen Herausforderungen vor Ort lösen müssen. Die Bertelsmann-Stiftung konstatiert aus
ihrem Projekt „Die Kommune der Zukunft“ heraus: „Der Stellenwert der Kommunen wird wachsen.
Gleichzeitig wachsen wird auch die Anzahl der Herausforderungen, denen sich Kommunen künftig
gegenüber sehen. Die Finanznot, der Demografische Wandel, die Gestaltung der Bildung sind zent-
rale Schlüsselfaktoren für die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft. Sie wollen gemeistert werden.
Künftig werden die Impulse nicht von einigen wenigen kommen, sondern das Zusammenspiel zwi-
schen Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft wird unter dem Aspekt der Kooperation und einem
wachsenden Anspruch an Transparenz und Beteiligung neu verhandelt werden“ [1].
4 Digitalisierung auf Landesebene 117

persönliche Verwaltungskontakte entfallen können. Dabei ist nicht mehr der Wegfall der
Schriftform gemeint, sondern der Wegfall des (Teil-)Verfahrens. Das Antragsverfahren
wird durch den Datenaustausch zwischen (bestehenden) IT-Verfahren ersetzt. Um das
verbriefte Recht der Bürger auf digitale Souveränität zu schützen, ist ein zuverlässiger
und sicherer IT-Betrieb notwendig. Datenschutz und integere und verlässliche Datenver-
arbeitung sind Voraussetzungen für die Akzeptanz der digitalen Anwendungen. Sie sind
zudem verfassungsmäßig verbriefte Grundrechte.
Bremen betrachtet Digitalisierung zunächst streng auf Verwaltung bezogen und legt
damit Grundlagen für den gesellschaftlichen Digitalisierungsprozess – umso mehr, als
der Fokus auf digitaler Souveränität und dem Schutz der Bürgerrechte liegt. Grundpfei-
ler für das Erreichen der Ziele sind Bremen-weite Kooperationen zwischen den Ressorts
sowie länderübergreifende Kooperationen im IT-Planungsrat und mit ihrem IT-Dienst-
leister Dataport.

4.2.3.4 Grundlagen und Umsetzungsstand


So unterschiedlich die verschiedenen Ansätze der Bundesländer sein mögen, bezogen
auf die Anforderungen an die IT lassen sie sich ohne Weiteres auf ein Basisgerüst als
Grundlage für Digitalisierung herunterbrechen: vereinfachte Prozesse, ein hohes Maß
an Automatisierung, hohe IT-Sicherheits- und Datenschutzstandards sowie leistungs-
und zukunftsfähige Infrastrukturen (Rechenzentren und Netze). Wobei Automatisierung
ebenso Basis für den sicheren und stabilen IT-Betrieb als auch Voraussetzung für die
Umgestaltung der Verwaltung ist.
Die Umsetzungsstände in den Trägerländern von Dataport variieren in Teilen. Dies
liegt an unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen und Ausgangslagen. Doch die ent-
scheidenden Bausteine für Digitalisierung stellt Dataport bereits zur Verfügung, und die
entscheidenden Schritte werden zurzeit gemacht. Ein grundlegender Schritt für Digitali-
sierung sind die Einführung der elektronischen Akte als Basis für E-Government und die
weitere Digitalisierung von Prozessen. Die Umsetzungsprojekte in Bremen, Hamburg
und Schleswig-Holstein sind nahezu abgeschlossen. Eine Lösung für den elektronischen
Rechnungseingang ist ebenfalls bereits umgesetzt5. Zudem steht mit dem „Nachrichten-
broker“ eine Infrastrukturkomponente für den standardisierten Datenaustausch zwischen
unterschiedlichen Verwaltungsebenen zur Verfügung. Weitere Bausteine und Grundlagen
für Digitalisierung sind:

Government as a Service (GaaS)


Als Umsetzungsmodell für Digitalisierung setzt Dataport auf das Modell Government as a
Service (GaaS). Prozesse und Formate für wiederkehrende Leistungen werden standardisiert

5Dataportstellt mit dem ZeRD eine Lösung bereit, die verschiedene Eingangsformate in ein
gewünschtes Format für die Verarbeitung der angeschlossenen Buchhaltungssysteme an deren
Workflow übergibt.
118 R. Heuermann et al.

und einheitliche Software unterstützt bei der Automatisierung von Aufgaben. Das Ergebnis
ist ein modulares E-Government, das dynamisch nach Bedarf abgerufen werden kann. Man
nennt dies „Government as a Service“, da standardisierte Fachverfahren und modularisierte
Servicebausteine aus einer sicheren Verwaltungs-Cloud abgerufen werden. Die Services
sind so weit modularisiert, dass sie ohne Weiteres in unterschiedlichen Systemen eingesetzt
werden können. Hinter GaaS steckt damit mehr als die bekannten Servicemodelle des Cloud
Computings: Es geht um die prozessuale Umsetzung und Bereitstellung von Verwaltungs-
leistungen (Einsatz von Micro-Services) an Bürger und Unternehmen sowie an andere Ver-
waltungseinheiten.
Die Chance hinter GaaS: Die modular bereitgestellten und skalierbaren Services
ermöglichen es auch kleineren Verwaltungseinheiten zu moderaten Kosten, die entschei-
denden Schritte auf dem Weg zu einer digitalen Verwaltung zu gehen.

Cloud Computing
Zentrales Prinzip für die Digitalisierung mit GaaS ist Cloud Computing. Entscheidend
beim GaaS-Ansatz ist damit die Cloud-Fähigkeit sowohl des Anbieters als auch der
eingesetzten Fachverfahren. Dataport selbst ist Cloud-ready und bietet sowohl eigene
Lösungen als auch externe Services an. Dazu gehört, als eigene Lösung der Community
Cloudmail Service (CMMS) mit einem Volumen von rund 100.000 elektronischen Post-
fächern. Die Verwaltungen von Hamburg, Bremen und auch Dataport arbeiten in dieser
E-Mail-Infrastruktur. Schleswig-Holstein hat einen Piloten gestartet. Der Cloudmail-
Service steht als dSecureMail inzwischen auch für Behörden in ganz Deutschland zur
Verfügung.
Daneben betreibt Dataport eine interne Cloud für den Abruf von Infrastructure as a
Service (IaaS). Dieser Cloud-Service wird zurzeit primär für Test- und Entwicklungsar-
beiten genutzt. Durch den hohen Sicherheitsstandard unseres Rechenzentrums eignet sie
sich auch für die Verarbeitung personenbezogener Daten.
Ausgelöst durch die verschiedenen Digitalisierungsstrategien der Länder ist der
Bedarf an selbst abrufbaren und flexibel skalierbaren Services gestiegen. Deshalb stellt
Dataport seit Mitte November einen weiteren Cloud-Service zur Verfügung. Nach einer
Ausschreibung können Kunden über einen Rahmenvertrag IaaS als Self-Service aus
einer in Deutschland befindlichen Cloud abrufen.

Infrastrukturen Netze und Rechenzentren


Entscheidende Bausteine für Digitalisierung und für die Arbeit mit GaaS sind ausge-
baute, sichere Netzinfrastrukturen sowie ein sicheres Cloud-fähiges Rechenzentrum.
In Schleswig-Holstein, Hamburg und Bremen betreibt Dataport hochleistungsfähige
Netzinfrastrukturen für die Verwaltung in Generalunternehmerschaft. Auch das Flä-
chenland Schleswig-Holstein setzt auf die flächendeckende Versorgung mit zukunfts-
fähigen Glasfaserleitungen. Rund 70 % des im Jahr 2016 neu ausgeschriebenen
Landesnetzes kann wirtschaftlich mit Glasfaserkabeln versorgt werden – ein für ein
Flächenland außergewöhnliches Ergebnis. Der Clou: Durch eine geschickte Bündelung
4 Digitalisierung auf Landesebene 119

verschiedener, insbesondere auch kommunaler Glasfaseranbieter werden bereits vor-


handene Infrastrukturen genutzt6 – ein bundesweit einmaliges Vorgehen. Der Umset-
zungsplan dafür wurde vom Land (Wirtschaftsministerium und Staatskanzlei), dem
Breitbandkompetenzzentrum Schleswig-Holstein und Dataport gemeinsam im Rahmen
der Breitbandstrategie Schleswig-Holstein erarbeitet.
Für ihre Digitalisierungsprojekte steht den Trägern von Dataport ein hochsicheres
Twin-Data-Center zu Verfügung. Das Hochsicherheitsrechenzentrum von Dataport ist
nach TÜV-IT Level 4 sowie ISO 27001 auf der Basis von IT-Grundschutz „sehr hoch“
zertifiziert und ist damit eines der sichersten Rechenzentren Europas7. Nur wenige
öffentlich-rechtliche IT-Dienstleister bieten ein vergleichbar hohes Sicherheitsniveau.

Servicekonten
Zentrale Schnittstelle für den Zugang zu E-Government-Leistungen und damit ein wei-
terer entscheidender Baustein für Digitalisierung der Verwaltung ist das Servicekonto.
Mit dieser Infrastrukturkomponente lassen sich Prozesse durchgängig und automatisiert
ausgestalten. Servicekonten ermöglichen es, Verwaltungsdienstleistungen online abzu-
wickeln und können als zentrale Identifizierungskomponente dienen. So sieht auch der
IT-Planungsrat von Bund und Ländern ihren Einsatz vor. Mithilfe der Ergänzung des Arti-
kels 91c Grundgesetz [3] soll die Grundlage für einen Portalverbund geschaffen werden,
über den alle Nutzer übergreifend auf Verwaltungsdienstleistungen zugreifen können8.
Hamburg und Schleswig-Holstein setzen bereits seit Jahren eine vergleichbare techni-
sche Infrastruktur ein – das „HamburgGateway“ bzw. „Schleswig-Holstein Portal“. Auch
Rheinland Pfalz, Berlin und Sachsen-Anhalt setzen die von Dataport entwickelte Infra-
struktur ein. Das „GovernmentGateway“ ist auf hohe Sicherheitsstandards ausgerichtet
und stellt alle Services bereit, die für den Online-Zugang zu Verwaltungsdienstleistungen
notwendig sind. Das sind unter anderem: die Verwaltung, Identifikation und Authentifi-
zierung der Kunden (Bürger, Verwaltung, Wirtschaft), die sichere Kommunikation zwi-
schen Kunden und Verwaltung, Bezahlmodelle sowie die Ablage der Ergebnisse und

6Erreicht wird dies durch die Bündelung von 26 regionalen Anbietern und 1&1 Versatel als Auf-
tragnehmer. Kommunen aber auch Stadtwerke in Schleswig-Holstein verfolgen bereits seit 2008
das Ziel, den Glasfaserausbau in Eigeninitiative voranzutreiben. Diese Netze stehen jetzt gebündelt
zur Verfügung.
7Die beiden Standorte des Twin-Data-Centers sind über eine redundante Hochgeschwindigkeits-

datenanbindung gekoppelt. Das Designprinzip basiert auf zwei identischen Rechenzentren mit
verteilten IT-Systemen. Die Infrastruktur ist so ausgelegt, dass jederzeit flexibel auf Technologie-
sprünge reagiert werden kann. Nur wenige Rechenzentren in Deutschland verfügen über ein ver-
gleichbares Sicherheits- und Redundanzkonzept.
8Durch die Ergänzung des Artikels 91c GG wird die Einrichtung eines verbindlichen, bundeswei-

ten Portalverbunds ermöglicht, über den alle Nutzer einfach und sicher auf die Online-Anwendun-
gen der öffentlichen Verwaltung von Bund und Ländern zugreifen können. Grundlage ist die von
den Regierungschefs von Bund und Ländern am 14. Oktober 2016 beschlossene Verbesserung der
Digitalisierung von Verwaltungsleistungen in Deutschland [3].
120 R. Heuermann et al.

Unterlagen in einem Postfach. In Hamburg interagieren mehr als 300.000 Nutzer, dar-
unter viele Unternehmen, über dieses Portal mit der Verwaltung. Hamburg und Dataport
arbeiten zurzeit daran, das Hamburger Servicekonto im Hinblick auf Digitalisierungsan-
sätze zu modernisieren und setzen dabei bereits Überlegungen zu einem interoperablen
Servicekonto in die Praxis um. In Schleswig-Holstein erfolgt der Zugang zu den Online-
Diensten des Landes über den Schleswig-Holstein-Service. Der darüber abgebildete
zentrale E-ID-Service für den neuen Personalausweis (nPA) und den elektronischen Auf-
enthaltstitel sowie die Infrastruktur für das sogenannte Bürgerkonto sind Elemente der
E-Government-Infrastruktur der Kommunen und des Landes.

4.2.3.5 Digitale Souveränität sicherstellen


Digitalisierung bedeutet in letzter Konsequenz: Mehr Daten werden erhoben und stehen
übergreifend zur Verfügung. Google, Amazon und Co. nutzen dies für neue Geschäfts-
modelle. Doch lässt sich dies 1:1 auf das Verwaltungshandeln übertragen? Was auf der
einen Seite Transparenz und Effizienz schafft, sei es durch Open-Data-Portale oder durch
den behördenübergreifenden Datenaustausch, hat für den Bürger auch eine Kehrseite:
Eine staatlich finanzierte Datenerhebung- und Auswertung „durchleuchtet“ den Einzel-
nen im Zweifel noch mehr. Daten sind zwar die kostbarste Ware im digitalisierten Zeit-
alter, aber es gilt immer noch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Bürger
müssen jederzeit sicher sein, das sie über die Nutzung ihrer Daten selbst entscheiden
können. Nicht zuletzt ist die Akzeptanz für staatliche E-Government-Angebote davon
abhängig, und die deutsche Bevölkerung ist besonders kritisch. Ansonsten hätten sich die
elektronische Gesundheitskarte und De-Mail erfolgreich durchgesetzt.
Für staatliche Institutionen heißt das: Sie müssen einen Beitrag zur digitalen Souverä-
nität der Bürger leisten. Die Schlussfolgerung ist simpel: Die IT-Infrastruktur der Öffent-
lichen Verwaltung muss so sicher wie möglich gestaltet werden. Bürger müssen darauf
vertrauen können, dass die Daten der Verwaltung ausschließlich von der Verwaltung
oder befugten Einrichtungen der Öffentlichen Hand verarbeitet werden. Und sie müssen
sicher sein, dass Daten nicht willkürlich erhoben und ausgewertet werden. Wenn wir von
der Digitalisierung der Verwaltung sprechen, muss immer im Fokus der Entwicklung
stehen: Verwaltungshandeln muss transparent sein, Bürger müssen immer genau wissen,
wo ihre Daten liegen und in welcher Form sie eingesetzt werden. Das Ziel, effizient und
zeitgemäß Verwaltungsdienstleistungen anzubieten, schließt immer das Primat der Digi-
talen Souveränität ein.
Das bindet Staat und staatliches Handeln und zwingt sie in eine Verantwortung, der
sie sich nicht entziehen können. Es heißt auch zwingend: Die Verarbeitung sensibler
Daten kann der Staat nicht aus der Hand geben. Sie verbleibt bei öffentlich-rechtlichen
IT-Dienstleistern, wie es z. B. das Land Niedersachsen in seiner Digitalisierungsstrategie
[12] beschreibt und wie es auch Bremen formuliert [5, S. 19]. Durch die Festlegung der
Arbeitsweise öffentlicher Dienstleister und klarer Regeln für die Nutzung von Diensten
kommerzieller Dienstleister gewinnt der Staat Souveränität gegenüber diesen und kann
jederzeit steuernd eingreifen. Auch im Staatsvertrag zur Gründung von Dataport ist dies
4 Digitalisierung auf Landesebene 121

mit der Einsetzung von Dataport als zentraler IT-Dienstleister für Bremen, Hamburg,
Schleswig-Holstein und Sachsen-Anhalt festgeschrieben (siehe [4]).
IT-Dienstleister wie Dataport, die für ihre Träger nach kooperativen Modellen arbei-
ten und über die sich Verwaltungen Kosten aufteilen, haben zudem einen vergleichsweise
großen Spielraum, wenn es darum geht, hochsichere IT-Infrastrukturen bereitzustellen,
um den größtmöglichen Schutz zu bieten.
Unabhängig davon, wie verantwortlich die Öffentliche Verwaltung mit den ihr anver-
trauten Daten umgeht: Digitalisierung wird zu einem Anstieg an Datenmengen und zu
höheren Bedarfen an dahinterliegender Technik, Prozessen und IT-Sicherheit – Cyber-
Kriminalität spielt eine immer größere Rolle – führen. Infrage steht, ob sich dies künftig
für die vergleichsweise kleinen Verwaltungs-IT-Einheiten wirtschaftlich abbilden lässt.
Müssen hier neben der Kooperation von Verwaltungseinheiten oder öffentlich rechtli-
chen IT-Dienstleistern andere Umsetzungsmodelle gefunden werden? Modelle, die sich
mit den zur Verfügung stehenden technischen Möglichkeiten abbilden lassen? Die wirt-
schaftlich attraktiv sind – auch für kleinere Verwaltungseinheiten – und gleichzeitig ein
Maximum an Sicherheit bieten? Ein Gedankenspiel: Die Kulturbehörde Hamburg erar-
beitet zurzeit die „Digitale Speicherstadt“. Die Hamburger Speicherstadt gehört zum
UNESCO-Weltkulturerbe. Nun sollen Besucher und alle, die sich für die Speicherstadt
interessieren, einen vollumfänglichen digitalen Zugang erhalten. Die Generalunterneh-
merschaft für das Projekt hat Dataport übernommen. Die Bilddaten werden über den
Rahmenvertrag von Dataport in der Deutschland Cloud von T-Systems gehostet. Der
Speicherplatz ist variabel und wird automatisiert an den tatsächlichen Bedarf angepasst.
Die Daten sind nicht personenbezogen oder vertraulich. Sie können in einer Cloud, auf
die der Zugriff über das Internet erfolgt, ohne Weiteres gelagert werden. Die Digitalisie-
rung von Bilddaten von Kulturgütern, wie z. B. der Hamburger Speicherstadt, erscheint
zunächst unkritisch. Eine Vielzahl von Bildern kursiert im Netz. Sieht man von Urhe-
berrechtsfragen ab, erscheint es auf den ersten Blick unkritisch, diese Bilddaten in einer
öffentlichen Cloud, wie sie Microsoft, Amazon oder andere anbieten, zu speichern. Per-
sönliche Daten scheinen nicht involviert zu sein. Aber was, wenn Metadaten mitgespei-
chert werden sollen? Daten, die Auskunft über den Besitzstand eines Gemäldes geben?
Die Namen ehemaliger Besitzer oder über seine Herkunft preisgeben? Personenbe-
zogene Daten, die einen besonderen Schutzbedarf haben? Lassen sich Metadaten und
Bilddaten an verschiedenen Orten bereithalten? Daten, die bei Bedarf und nach entspre-
chender Authentifizierung zusammengeführt werden?
Es wird über Modelle nachgedacht werden müssen, die ein solches Zusammenspiel
ermöglichen. Wie sieht es mit Archiven aus, die ein bestimmtes Alter überschritten
haben? Die Chancen der digitalen Gesellschaft liegen nicht nur, bezogen auf die Kom-
munikation, in der Vernetzung. Bekannte Strukturen mit Silos für einzelne Aufgaben und
einer streng getrennt verteilten Verantwortung brechen auf. Vernetzung meint dann nicht
nur, dass Verwaltungen untereinander digital vernetzt agieren, sondern auch, dass Verwal-
tungen über ihre öffentlich-rechtlichen IT-Dienstleister mit Unternehmen der Privatwirt-
schaft kommunizieren. Grundvoraussetzung wäre auch hier, wie bei der Vernetzung der
122 R. Heuermann et al.

Verwaltung: Es braucht Schnittstellen und Standards. Nicht mehr Schnittstellen für den
Datentransfer zwischen einzelnen Verwaltungseinheiten, sondern für den übergreifen-
den Transfer von Daten zwischen Verwaltung, Privatwirtschaft und Bürgern. Die Rolle
des Staates? Er ist der Souverän, der entscheidet und steuert: Was gebe ich ab, was muss
zwingend von mir verwaltet werden? Und das unter der Prämisse des maximalen Schut-
zes der Bürgerdaten?
Auch hier werden noch neue Modelle für die Zusammenarbeit gefunden werden müssen.

4.2.3.6 Föderalismus, ein Problem?


Eine Frage, die im Kontext der Diskussion um die Digitalisierung immer wieder aufge-
worfen wird, ist, ob die föderale Struktur der Bundesrepublik ein Handicap für eine digi-
talisierte, vernetzte Verwaltung ist.
Die Erfahrungen aus der sogenannten „Flüchtlingskrise“ haben gezeigt: Ein Prob-
lem ist es nicht. Das von Bundes-CIO Klaus Vitt initiierte und von Dataport unterstützte
Projekt des IT-Planungsrats zur Implementierung einer IT-Lösung, die die eindeutige
Erfassung von Flüchtlingen bundesübergreifend ermöglicht, hat dies gezeigt9. Das Pro-
jekt, das sich als konsequente Umsetzung des GaaS-Modells verstehen lässt, ist durchaus
eine Blaupause für vergleichbare Aufgaben, für die eine vollständig digitale, verzahnte
Zusammenarbeit von Bund, Land und Kommunen erforderlich ist.
Die Herausforderung lag wie bei so vielen IT-Projekten im föderalen Deutschland in
der Frage: „Wie bekommt man eine heterogene Struktur von IT-Plattformen und Fach-
anwendungen auf einen Nenner und das in kurzer Zeit?“ Anstatt sich in langwierigen
Diskussionen um eine durchgehende Standardisierung zu verfangen, war es einfacher,
die Datenübermittlung zu standardisieren und flexible Zugriffsmöglichkeiten zu schaf-
fen. Die Lösung war in diesem Fall ein zentrales Kerndatensystem (Stammdaten), auf
das verschiedene Fachanwendungen über standardisierte Schnittstellen, wie z. B. den
Nachrichtenbroker, zugreifen können.
Dataport hat mit diesem Ansatz auch in anderen Bereichen Erfahrungen gesammelt.
So werden z. B. die Meldedaten aus Schleswig-Holstein, Hamburg und Bremen in
einem gemeinsamen Register gepflegt. Der Austausch der Daten zwischen den Behör-
den erfolgt ebenfalls über eine zentrale Infrastruktur, den sogenannten Nachrichtenbro-
ker. Er übermittelt standardisierte Datensätze an verschiedene Fachanwendungen. Dieses
Prinzip der niederschwelligen Standardisierung in einem heterogenen Umfeld hat sich
bewährt. Es lässt sich ohne Weiteres auf andere Digitalisierungsprojekte übertragen.

9DieIdee hatte Dataport mit Klaus Vitt, dem CIO des Bundes, diskutiert. Bund und Länder haben
dann in einer Sondersitzung des IT-Planungsrats am 30.11.2015 einstimmig ein Projekt für ein
medienbruchfreies, digitalisiertes Asylverfahren beschlossen. Von vornherein wurde dabei die
Koordinierungsstelle für IT-Standards (KoSIT) als „Werkbank“ des Planungsrates in die Überle-
gungen einbezogen.
4 Digitalisierung auf Landesebene 123

Basis der bundesrepublikanischen föderalen Demokratie ist das eigenverantwortli-


che Handeln auf definierten Ebenen. Wie man sehen konnte, muss das nicht aufgege-
ben werden. Erfolgsfaktor für vernetzte Digitalisierungsstrategien ist nicht die zentrale
Vorgabe einzelner Verfahren, die bundesweit eingesetzt und womöglich zentral betrieben
werden – wobei hier immer eine Gefahr der Monopolisierung mit all ihren wirtschaftli-
chen Konsequenzen besteht –, sondern der interoperable, vernetzte Ansatz; der zudem
die Integration von Lösungen ermöglicht, die an die jeweils unterschiedlichen rechtli-
chen Rahmenbedingungen in den Bundesländern angepasst sind.
Zurzeit fehlen einem Großteil der Bundesländer und Kommunen die finanziellen
Mittel und die notwendigen Fachkräfte, um den für Digitalisierung unumgänglichen
sicheren IT-Betrieb alleine zu stemmen. Auch hier liegt das Problem nicht im föderalen
System an sich, sondern vielmehr in der mangelhaften Bündelung und Fokussierung der
Kräfte auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene. Erfolgreich ist die Öffentliche Ver-
waltung, wenn Bund, Länder und Kommunen bei Digitalisierungsprojekten zusammen-
arbeiten – am besten schon in der Planungsphase. Das funktioniert aber auch nur, wenn
sich die Protagonisten von jeglichem Kirchturmdenken lösen und miteinander kooperie-
ren wollen.
Mit dem IT-Planungsrat gibt es dafür bereits ein geeignetes Instrument, das zukünftig
noch stärker genutzt werden sollte. Insbesondere die Einbindung der Kommunen sollte
hier vorangetrieben werden. So können IT-Infrastrukturen und personelle Ressourcen
gemeinsam genutzt und auch Großprojekte erfolgreich umgesetzt werden. Das ist natür-
lich nicht immer einfach. Um IT gemeinsam zu entwickeln und zu steuern, braucht es
eine ausgeprägte Kooperationskultur bei allen Beteiligten. Dazu gehören Partnerschaft
auf Augenhöhe, Sachkompetenz, klare Kommunikation und Transparenz. Innerhalb des
Dataport-Verbunds hat sich diese Art der Zusammenarbeit bereits zwischen Bundeslän-
dern und Kommunen etabliert und in vielen Projekten positiv ausgewirkt.
Unter diesen Bedingungen kann ohne Weiteres eine digital vernetzte Verwaltung und
Behördenlandschaft in einem föderalen System entstehen.

4.2.3.7 Fazit
Die Öffentliche Verwaltung kann die digitale Transformation im positiven Sinne gestal-
ten. Eine entscheidende Rolle wird sie dann einnehmen, wenn sie bereit ist, die positiven
Aspekte – Transparenz, Vernetzung, Ausbrechen aus Silos – voll und ganz auszuspielen.
Dass dies mit durchaus unterschiedlichen Ansätzen umsetzbar ist, zeigen die digitalen
Agenden von Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein. Den Trägerländern von Data-
port stehen für die digital-kompatible Neuausrichtung von Verwaltungsprozessen bereits
die notwendigen, sicheren IT-Infrastrukturen zur Verfügung.
Das föderale System selbst ist für konsequente Digitalisierung kein Handicap. Im
Gegenteil: Im Sinne eines kooperativen Föderalismus, durch gemeinsame IT-Steuerung
und die gemeinsame Nutzung von Infrastrukturen werden Bund, Länder und Kommunen
erfolgreich zusammenarbeiten. War es möglich, zur Erfassung der Flüchtlinge ein gemein-
sames Datensystem zu schaffen, das von allen Behörden auf Bundes- bis Kommunalebene
124 R. Heuermann et al.

gleichermaßen genutzt wird, wird es auch möglich sein, dieses Vorgehen auf andere Pro-
jekte und Vorhaben zu übertragen.
Auf diesem Weg wird Verwaltung zum entscheidenden (Mit-)Gestalter der digitalen
Transformation.

4.2.4 Niedersachsens IT-Strategie: Kooperation mit kommunalen


Partnern

Michel Golibrzuch

4.2.4.1 Leitbild der Inneren Verwaltung ist der medienbruchfreie


Geschäftsprozess
Ende September 2016 hat die Niedersächsische Landesregierung ihre IT-Strategie für die
Innere Verwaltung bis 2025 verabschiedet (siehe [12]). Neben der notwendigen Konso-
lidierung und Ertüchtigung der IT-Landschaft stehen der medienbruchfreie Geschäfts-
prozess und die ebenenübergreifende IT-Kooperation mit den Kommunen im Fokus. Ziel
ist es, die Wirtschaftlichkeit zu verbessern und die Betriebs- und Informationssicherheit
der Öffentlichen IT im Land insgesamt auf ein deutlich höheres Niveau zu bringen. Die
Kooperation mit den kommunalen Partnern wird dabei von der Philosophie geprägt, die
Selbstständigkeit aller Beteiligten als Strukturprinzip zu verankern.
Die Ausgangslage für das IT-Management auf Landesebene stellt sich dabei wie folgt
dar: Mit dem Landesbetrieb IT.Niedersachsen (kurz: IT.N) gibt es einen IT-Dienstleis-
ter, der für alle Ministerien und eine Vielzahl der nachgeordneten Behörden tätig ist.
IT.N verantwortet die zentralen IT-Infrastrukturen der Landesverwaltung, hierzu zählen
Rechenzentren, Landesdatennetz inklusive der Basisdienste wie Verzeichnisse, Netz-
werkadressen, Großrechner und Serverfarmen. Für die Entwicklung der Fachverfahren
sind im Regelfall die Ressorts bzw. Fachverwaltungen zuständig, die innerhalb ihrer
Bereiche häufig noch über eigene IT-Dienstleister verfügen, etwa den Zentralen IT-
Betrieb der Justiz, die Oberfinanzdirektion (künftig: Landesamt für Steuern) oder die
Zentrale Polizeidirektion. Die Steuerverwaltung betreibt ihre Fachverfahren überdies
gemeinsam mit den Steuerverwaltungen der Länder Hamburg, Bremen, Schleswig-
Holstein, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern im „Datacenter Steuern“ von
Dataport in Schwerin.
Die in der Niedersächsischen Landesverwaltung verwirklichten zentralen Lösungen
für die Betreuung von PC-Arbeitsplätzen markieren die Bedingungen einer erfolgrei-
chen Konsolidierung der IT-Landschaft. Neben der Reduzierung der Anwendungsviel-
falt bedarf es vor allem auch versionsmäßig angeglichener Betriebssysteme und einer
adäquaten Netzanbindung der beteiligten Dienststellen. In entsprechenden Betreuungs-
clustern befinden sich rund 16.000 IT-Arbeitsplätze der Justiz beim dortigen zentralen
IT-Betrieb, etwa 12.500 Clients der Veranlagungsfinanzämter in der OFD, gut 8500
„Niedersachsen-Clients“ bei IT.N und etwa 1200 Arbeitsplätze beim Servicezentrum
4 Digitalisierung auf Landesebene 125

Landentwicklung im Geschäftsbereich des Landwirtschaftsministeriums. Für die knapp


25.000 Beschäftigten der Landespolizei befindet sich die Strategie einer Ein-Plattform-
Lösung aktuell in der Umsetzung. Ziel des laufenden Projektes ist es, die in der Polizei
eingesetzten Arbeitsplatz-Computer nach dem Vorbild des „Niedersachsen-Clients“ zu
standardisieren und in die Betriebsverantwortung des IT.N zu überführen.

4.2.4.2 Situation in den Kommunen


Bei der IT handelt es sich um eine Aufgabe, die im eigenen Wirkungskreis der Kommu-
nen erledigt und häufig noch als bloß unterstützende Tätigkeit der Facharbeit wahrgenom-
men wird. Rund die Hälfte aller niedersächsischen Kommunen bedient sich dabei der in
der GovConnect GmbH zusammengeschlossenen kommunalen IT-Dienstleister, das sind
der Zweckverband KDO (Oldenburg), die Anstalt öffentlichen Rechts HannIT (Han-
nover), die ITEBO GmbH (Osnabrück). Letztere hat vor gut vier Jahren den bis dahin
selbstständigen IT-Dienstleister Kosynus (Braunschweig) übernommen. Mit der Anstalt
öffentlichen Rechts KDG (Göttingen) hat sich ein vierter kommunaler IT-Dienstleister in
der GovConnect als Nachfolger der KDS etabliert. Während die GovConnect mit ihren
Gesellschaftern also etwa fünfzig Prozent der Kommunen in Niedersachsen mit IT-Leis-
tungen versorgt, bedienen sich die übrigen Kommunen sehr kleiner eigener Dienstleister
oder nehmen die Aufgabe in den ehemaligen Hauptämtern der eigenen Verwaltung wahr.

4.2.4.3 Ausrichtung der Landesstrategie


Mit seiner Strategie verabschiedet sich das rot-grüne Landeskabinett zunächst einmal
von der Politik seiner schwarz-gelben Vorgänger, große Teile der Öffentlichen IT-Leis-
tungen zu privatisieren. So soll der ursprünglich als „Managed Port-Modell“ ausge-
lagerte Betrieb des Landesdatennetzes ab 2019 wieder durch IT.N wahrgenommen
werden. Bereits zum Beginn der Wahlperiode hatte man die vor einigen Jahren vorge-
nommene Privatisierung des Client-Betriebs für rund 8000 IT-Arbeitsplätze insbesondere
der Ministerialverwaltung rückgängig gemacht. Der Umstand, dass schon die Vorgän-
gerregierung einer Vertragsverkürzung beim Betrieb des Weitverkehrsnetzes zugestimmt
hatte und die Vertragsauflösung beim Client-Betrieb im völligen Einvernehmen mit dem
privatwirtschaftlichen Dienstleister erfolgte, macht deutlich, dass weniger ideologische
als vielmehr fachliche Gründe für die Kurskorrektur maßgeblich waren und sind.
Da mit Blick auf die zeitweilig geplante Privatisierung der gesamten TK-Infrastruktur
notwendige Ersatzinvestitionen über Jahre hinweg zurückgestellt worden sind, werden
insoweit nunmehr nachholende Investitionen in erheblichem Umfang fällig. Mit Verab-
schiedung des Doppelhaushalts 2017/2018 hat das Landeskabinett den Mittelansatz hier-
für dauerhaft von gut 30 auf knapp 50 Mio. € aufgestockt. Finanziert werden mit diesem
Geld gleichzeitig der Technologiesprung zu Voice over IP, also die Zusammenführung
der Sprach- und Datenkommunikation, und deren Erweiterung in Richtung Unified
Communications. Weil auch die Datenverkabelung der Netze in den Liegenschaften der
neuen Technologie entsprechend leistungsfähig gemacht werden muss, sind für das ange-
laufene Projekt insgesamt sechs bis acht Jahre veranschlagt.
126 R. Heuermann et al.

Im Leistungsumfang noch übertroffen wird dieses TK-Projekt von der geplanten Aus-
weitung des standardisierten Client-Betriebs in der Verantwortung des Landesbetriebs
IT.N. Nach dem Vorbild des vor allem in der Ministerialverwaltung, aber auch im Lan-
dessozialamt und in der Landesaufnahmebehörde bereits eingeführten sogenannten Nie-
dersachsen-Clients sollen bis 2019 zusätzlich rund 19.000 Arbeitsplätze10 in der Polizei
mit standardisierten Endgeräten ausgestattet werden. Neben einem höheren Schutzniveau
für die zentral betriebenen Tablets und Computer soll damit vor allem erreicht werden,
die Polizei zu entlasten, damit diese sich noch stärker auf ihre Vollzugsaufgaben konzen-
trieren kann.
Zu erneuern sind in den nächsten Jahren auch zahlreiche IT-Fachverfahren der Lan-
desverwaltung. Im Bereich der Justiz und der Steuer folgt Niedersachsen dabei den bun-
desgesetzlichen Vorgaben bzw. den Vorgaben aus dem Entwicklungsverbund KONSENS,
allerdings mit dem Alleinstellungsmerkmal, dass rund 12.500 Arbeitsplätze in den
Finanzämtern zwischen Ems und Elbe auf einem Linux-Betriebssystem aufgesetzt sind.
Soweit bekannt, handelt es sich hierbei um die größte „Linux-Insel“ im Client-Betrieb
einer Öffentlichen Verwaltung in den Bundesländern.
Mit der Modernisierung der Fachverfahren strebt das für die IT in Niedersachsen
federführende Innenministerium grundsätzlich eine zentrale Datenhaltung und -verarbei-
tung an. Insbesondere Anwendungsserver, die heute noch zahlreich in den Dienststellen
der Verwaltung im ganzen Land verteilt sind, sollen auf diese Weise in die geschützte
Umgebung eines Rechenzentrumsverbundes hinein konsolidiert werden. Gleichzeitig
sollen die Fachverfahren aber auch in einer Weise ertüchtigt werden, dass sie künftig den
Anforderungen an einen strukturierten Datenaustausch mit anderen Behörden, inklusive
Bund oder Kommunen, genügen.
Die Schwierigkeiten im Asylverfahren haben beispielhaft deutlich gemacht, wel-
che Folgen eine fehlende Interoperabilität von IT-Verfahren haben kann. Der selbstver-
ständliche Anspruch an jede künftige IT-Entwicklung – auch in länderübergreifenden
Verbünden – muss daher sein, die Interoperabilität eines auch ressort- oder ebenenüber-
greifenden Datenaustausches zu gewährleisten und einen medienbruchfreien Geschäfts-
prozess zu unterstützen. Fach- wie Querschnittsverfahren können daher nicht mehr in
Silostrukturen bzw. mit einer monolithischen Architektur entwickelt werden, sondern
müssen definierte Schnittstellen aufweisen, um den vorgenannten Anforderungen zu
genügen.
Wichtigster Qualitätsmaßstab für die Leistungsfähigkeit und Qualität der elektroni-
schen Verwaltungsarbeit in einer digitalen Landesverwaltung ist der medienbruchfreie
Geschäftsprozess. Es entspricht dem Organisationskonzept „Elektronische Verwaltungs-
arbeit“ des BMI, dass sich die Themen E-Zusammenarbeit, E-Vorgangsbearbeitung und
E-Fachverfahren modular ergänzen bzw. der E-Akte anschließen – im Gegensatz zu der
Vorstellung des alten DOMEA-Konzepts mit dem monolithischen Ansatz für Workflow

10Die Differenz zu den oben erwähnten 25.000 Beschäftigten ergibt sich aus dem Schichtbetrieb.
4 Digitalisierung auf Landesebene 127

und Akte. Die Lösung aller Aufgaben für die digitale Verwaltung lässt sich deshalb auch
nicht als ein integriertes Softwareprodukt am Markt einkaufen. Vielmehr handelt es sich
um eine von vornherein mehrjährige Transformation, als deren treibender Faktor der
Geschäftsprozess dient.
Sowohl die bereits bestehenden E-Government-Gesetze als auch das E-Justice-
Gesetz haben zum Ziel, die Grundlagen für den medienbruchfreien Geschäftsprozess
zu legen. Um den Medienbruch an der Schnittstelle zum Bürger bzw. zur freien Wirt-
schaft zu vermeiden, sind digitale Zugänge einzurichten. Die Steuerverwaltung hat bei-
spielsweise mit dem Onlineportal ELSTER eine einheitliche zentrale Schnittstelle der
Steuerverwaltungen bundesweit mit Bürgern, Unternehmen, Beratern, Kommunen usw.
geschaffen. Auch arbeitet man derzeit intensiv an einer Erweiterung der medienbruch-
freien Zusammenarbeit etwa mit der Finanzgerichtsbarkeit oder wegen der vielfältigen
Unterstützungsfunktionen bei der Besteuerung von Kapitaleinkünften auch mit Banken
und Versicherungen. Die Justiz hat das elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach
(EGVP) etabliert, das E-Government-Gesetz des Bundes sieht u. a. die Anerkennung der
De-Mail als sicheren Kommunikationskanal vor. Mit der flächendeckenden Einführung
des neuen Personalausweises und der Möglichkeit, diesen für E-ID-Funktionen frei-
zuschalten, ist die Voraussetzung für eine digitale Bürgerschnittstelle geschaffen. Als
„Anwendungscontainer“ für die E-ID bietet sich ein Servicekonto an, das den Nutzern
nach der Authentifizierung auch noch weitere Funktionen zentral bereitstellen (sichere
Datenablage, Datenaustausch) und das dazu dienen kann, die jeweils unterschiedlichen
Portale der medienbruchfreien Kooperation noch enger und für die Bürger noch komfor-
tabler zusammenzuführen.
Die Diskussion um die fehlende Digitalisierung des Asylverfahrens macht deutlich,
dass erst mit einer medienbruchfreien Abwicklung und einem Zusammenspiel von Fach-
verfahren, Vorgangsbearbeitung und E-Akte die Bearbeitungszeiten in der Verwaltung
drastisch verkürzt, Anpassungen schnell vorgenommen und Durchsatzmengen deutlich
erhöht werden können. Während in der Asylpolitik die Unzulänglichkeiten des Fach-
verfahrens Auslöser der notwendigen bundesweiten Modernisierung waren, war es in
Niedersachsen die fehlende Akzeptanz der alten E-Akte-Systeme. Mit Beschluss der
Landesregierung wurde daher festgelegt, die Einführung der E-Akte in Niedersachsen
auf eine neue Basis zu stellen. Ziel war und ist es, eine flexible und leicht handhabbare,
kollaborative Benutzeroberfläche zu schaffen und diese in einem ersten Schritt mit den
Funktionalitäten eines Ablage- und Registrierungssystems zu verbinden. In weiteren
Schritten sollen insbesondere eine vollständige Integration der Bürokommunikationssys-
teme sowie ein möglichst unkompliziertes Vorgangsbearbeitungssystem bereitgestellt, in
der Endausbaustufe aber auch Funktionen geschaffen werden, die denen eines verwal-
tungsinternen Sozialen Netzwerkes gleichkommen.
Dem modularen Aufbau des Organisationskonzeptes folgt auch die Software-Archi-
tektur des „Niedersachsen-DMS“. Neben einer für den Nutzer allein sichtbaren, integ-
rierenden Oberfläche wird bereits in dem bisher entwickelten Basismodul unterschieden
zwischen dem dahinterliegenden DMS-Kern (Repository) und einem weiteren Modul für
128 R. Heuermann et al.

kollaboratives Arbeiten. Der modulare Aufbau sorgt u. a. dafür, dass das Repository fle-
xibel einsetzbar und kompatibel ist durch standardisierte Schnittstellen auch mit anderen
Benutzeroberflächen, beispielsweise auch mit Fachverfahren. Durch den modulhaften
Aufbau des „Niedersachsen-DMS“ können prinzipiell sämtliche in der Niedersächsi-
schen Landesverwaltung mit dieser E-Akte ausgerüsteten Arbeitsplätze auf die gleichen
Basisinfrastrukturkomponenten zurückgreifen, ohne gezwungen zu sein, alle miteinan-
der die gleiche Benutzeroberfläche einsetzen zu müssen. Mit dem vorliegenden Entwurf
eines Niedersächsischen Gesetzes zur Förderung und zum Schutz der digitalen Verwal-
tung ist vorgesehen, die in der Landesverwaltung bisher nur pilothaft eingesetzte E-Akte
bis 2025 flächendeckend einzuführen.
Damit die Gestaltung einer medienbruchfreien digitalen Landesverwaltung
gelingt, ist vor dem Hintergrund der sehr komplexen Zusammenhänge der IT-Bau-
steine die Erarbeitung einer konkreten niedersächsischen Landesarchitektur im Sinne
von Bebauungsplänen unabdingbar. Nicht nur der Begriff „Bebauungsplan“ verweist
dabei auf die Analogie zur städtebaulichen Planung, sondern auch die Vorgehens-
weise und Handhabung. Ähnlich wie der Bebauungsplan in der Stadtentwicklung die
aktuelle Flächennutzung dokumentiert und die zukünftige festlegt, werden in einem
IT-Bebauungsplan die aktuelle und die zukünftig einzusetzende IT-Infrastruktur und
Anwendungssoftware einer Organisation zur Unterstützung ihrer Geschäftsprozesse
dokumentiert bzw. festgelegt.
Orientiert am Organisationskonzept zur elektronischen Verwaltung und an den Emp-
fehlungen zur zugehörigen Referenzarchitektur des Bundes müssen diese Pläne und
Architekturen für die jeweiligen Geschäftsprozessanwendungen entwickelt und zur
Abstimmung geführt werden. Notwendig ist dabei die Beachtung leitender Architektur-
prinzipien, wie sie etwa im Beschluss des Niedersächsischen IT-Planungsrates aus dem
Juni 2012 zum Ausdruck kommen. Dieser IT-Architekturleitfaden verfolgt die gleiche
Stoßrichtung wie das modulare Organisationskonzept elektronische Verwaltungsarbeit
des BMI. Ebenso wichtig ist die frühzeitige und umfassende Einbindung der Beschäf-
tigten, denn der notwendige Kulturwandel kann nur unter ihrer Beteiligung zum Erfolg
geführt werden. Jede IT-Entwicklung hat daher nicht nur barrierefrei zu erfolgen, son-
dern ist auch mit Blick auf Gebrauchstauglichkeit, Ergonomie und beschäftigtenorien-
tierte Gestaltung von digitalisierten Arbeitsprozessen zu prüfen.

4.2.4.4 Kooperation mit kommunalen Partnern


Strategisch besonders im Fokus steht für die Niedersächsische Landesregierung die
Intensivierung der ebenenübergreifenden IT-Kooperation mit den kommunalen Partnern.
Obwohl es sich bei der IT um eine Aufgabe handelt, die im eigenen Wirkungskreis der
Kommunen erledigt wird, bestehen insoweit enge Verflechtungen zwischen mittelbarer
und unmittelbarer Landesverwaltung. Für den ebenenübergreifenden Datenaustausch mit
Bund und Land nutzen die Kommunen in Dutzenden Fachverfahren das in Verantwor-
tung des Landes betriebene Verwaltungsnetz; dieses beinhaltet zugleich die Übergangs-
punkte in das Verwaltungsnetz des Bundes (das ehemalige DOI-Netz). Da es sich bei
4 Digitalisierung auf Landesebene 129

den Daten aus den ebenenübergreifenden Fachverfahren aber vielfach um hochschutz-


würdige Informationen handelt, besteht ein überragendes Interesse des Landes, in der IT
einen Informationssicherheitsverbund mit Kommunen und kommunalen Datenzentralen
zu begründen. Die Daten nur an einem Ende des Kommunikationskanals – beim Land –
aufwendig zu sichern, macht nämlich wenig Sinn.
Neben einem sicheren Transportweg bedarf es eines modernen Rechenzentrumsver-
bundes zur Verarbeitung der schutzwürdigen Daten. Aktuell betreiben das Land und die
kommunale Ebene mehrere eigenständige Rechenzentren. Künftig soll es ebenenüber-
greifend ein gemeinschaftlich genutztes neues Rechenzentrum geben, das allen Kom-
munen und allen kommunalen IT-Dienstleistern im Lande offensteht. Diese sollen die
Möglichkeit haben, in Form einer „Niedersachsen-Cloud“ ihre Datenhaltung in das
neue Rechenzentrum zu verlagern. Träger des neuen Rechenzentrumsverbundes soll
eine gemeinsam durch das Land und seine kommunalen Partner gegründete Genossen-
schaft sein. Neben der gemeinschaftlichen Nutzung der Infrastruktur soll so auch eine
ebenenübergreifende Einkaufskooperation, insbesondere der kurzfristige Bezug von IT-
Sicherheitsprodukten und -dienstleistungen, ermöglicht werden, sodass bei Bedarf rasche
Hilfe im Falle erfolgreicher Cyber-Attacken angeboten werden kann. Bisher obliegt
deren Bewältigung dem verantwortlichen IT-Dienstleister oder der eigenverantwortli-
chen Kommune. Letztere ist in einem solchen Falle bis dato auf ihre eigenen personellen
Ressourcen beschränkt. Ist die geplante Genossenschaft erst einmal etabliert, wird eine
beteiligte Kommune bei einem Sicherheitsvorfall kompetente Hilfe entweder aus dem
Landesbetrieb IT.N oder durch eine der kommunalen Datenzentralen erhalten.
Interessant ist bei dem vorgesehenen Kooperationsmodell vor allem der strategische
Ansatz. Generell sehen sich die IT-Verantwortlichen der Öffentlichen Verwaltung auf
allen staatlichen Ebenen mit steigenden Anforderungen an die Informationssicherheit,
aber auch mit einem wachsenden Kostendruck konfrontiert. Privatwirtschaftliche Anbie-
ter drängen ebenso in den Markt wie öffentlich-rechtliche Anbieter aus anderen Bundes-
ländern. Die Digitalisierung kennt keine Verwaltungsebenen oder Grenzen, bundesweit
ist daher ein wachsender Druck zu horizontalen und vertikalen IT-Kooperationen fest-
zustellen. Wenngleich Größe einen gewichtigen Faktor darstellt, ist sie aber kein alleini-
ger Garant für Wirtschaftlichkeit und Qualität. Insbesondere können Agilität und Nähe
zum Kunden verloren gehen, können wachsende Anonymität und fehlende Steuerungs-
fähigkeit die Folge sein, wenn IT-Diensleister zu immer größeren Organisationseinheiten
verschmolzen werden. Eine erfolgreiche IT-Kooperation lebt deshalb davon, die Identität
des Kundenservices und die Nähe zu den Auftraggebern zu bewahren und doch gleich-
zeitig Skaleneffekte zu generieren.
Unter dieser Maßgabe ist die ebenenübergreifende Zusammenarbeit zwischen dem
Land Niedersachsen und seinen kommunalen Partnern zu sehen. Die Kooperation wird
offen sein für alle Kommunen und alle kommunalen Datenzentralen in Niedersachsen,
die freiwillig beitreten und bei Bedarf IT-Leistungen hierüber beziehen wollen. Ange-
strebt wird ausdrücklich nicht eine Fusion oder Vollintegration verschiedener öffentli-
cher Leistungsanbieter. Vielmehr geht es um eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe mit
130 R. Heuermann et al.

Partnern, die ebenso wie das Land Niedersachsen die rechtliche Eigenständigkeit ihres
IT-Dienstleisters und damit ihren politischen Einfluss auf dessen Leistungsportfolio,
Preise und Führungspersonal wahren wollen und die auch allen Kommunen offen stehen
soll, die ihre IT in Eigenerledigung betreiben. Strukturprinzip der ebenenübergreifenden
Zusammenarbeit ist mithin die garantierte Selbstständigkeit der Kooperationspartner, die
von der Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen Spitzenverbände in Niedersachsen nach-
drücklich begrüßt und als wesentliches Erfolgskriterium begriffen wird.
Ziel ist es, die Genossenschaft in 2017 zu gründen und den neuen Rechenzentrums-
verbund noch in 2018 in Betrieb zu nehmen. Mit Blick auf die Globalisierung und ihren
sichtbarsten Ausdruck, die Digitalisierung, kann es eigentlich keine bessere Antwort
geben als die genossenschaftliche Kooperation öffentlich beherrschter Unternehmen:
eine Konstellation, in der man sich wechselseitig stützt und alle gemeinsam für das Wohl
ihres Bundeslandes einstehen.

4.2.5 Nordrhein-Westfalen

Roland Heuermann

Nordrhein-Westfalen ist, gemessen an der Einwohnerzahl, das größte Bundesland in


Deutschland. Der Doppelname zeigt schon, dass diese erst nach 1945 als künstliches
Bundesland gegründete administrative Gebietskörperschaft in sich heterogen ist. Es
gibt – mehr als nur zwei – sich untereinander kulturell – teils spaßig (wie Kölner und
Düsseldorfer), teils tiefer gehend historisch und von der Mentalität her (Westfalen und
Rheinländer) – voneinander abgrenzend definierende, auch landschaftlich verschieden-
artige Regionen (Paderborner Land, Mindener Land, Münsteraner Börde, Ruhrgebiet,
Köln, Sauerland, …).
Ein Reflex dieser Situation mag die durch einige starke kommunale IT-Dienstleister
(KRZN, Regio IT, KRZ Minden-Ravensberg/Lemgo, ITK Rheinland, civitec usw.) und
die IT-Eigenproduktion einiger großer Städte (Köln, Dortmunder Systemhaus Dosys
usw.) geprägte Situation der IT-Versorgung von Gemeinden sein. In NRW werden ca.
60 % der Gemeinden, Städte und Kreise durch zwölf überbehördliche regionale IT-
Dienstleister betreut. 16 von 22 kreisfreien Städten und 70 kleinere kreisgebundene
Städte haben noch einen eigenen IT-Bereich [9, S. 119].
Die so gegebene fragmentierte Ausgangslage auf kommunaler Ebene mag der Grund
auch für ein reges und fruchtbares öffentliches Nachdenken unter IT-Verantwortlichen
in NRW über Fragen des IT-Managements und der übergreifenden Governance sein,
während in einigen anderen Bundesländern die IT-Praktiker in der Spitze der Verwaltung
in der öffentlichen Diskussion weniger präsent sind. Entweder ist dort weniger bei der
Optimierung der IT-Serviceerbringung zu kämpfen oder evtl. weniger durch Teilnahme
an der Öffentlichen Diskussion – vielleicht dafür ja im Hintergrund – auszurichten.
4 Digitalisierung auf Landesebene 131

In NRW hat sich oberhalb der Ebene einzelner überregionaler Öfffentlicher IT-Dienst-
leister ein Dachverband, der KDN, gebildet. Hier sind neben Shared-Service-Rechenzentren
auch einzelne Städte und – ein „Exot“ – der Landeswohlfahrtsverband Hessen als Mitglied
vertreten. Der KDN ist ein virtueller Dienstleister insofern, als er selbst zwar Services für
seine Mitglieder bietet, die IT-operativen Services aber in den Rechenzentren und mit Per-
sonal der Mitglieder erstellt [10]. Neben IT-Services, wie einer Speicher-Cloud, SAP-HCM
und einer Reihe kommunaler Fachanwendungen, führt der KDN auch gemeinsame Beschaf-
fungen durch. Der KDN sieht sich als Teil eines Drei-Ebenen-Modells [9, S. 137]) in der
Rolle des Abstimmungspartners für die kommunalen IT-Dienstleister einerseits und für die
landesweite IT des zuständigen Ministeriums für Inneres und Kommunales in NRW (MIK)
andererseits. Über ihn ist aus Sicht des KDN ein Großteil der kommunalen IT-Dienstleis-
tungen im Wege der Vernetzung, also horizontal, konsolidiert. Einen Anschluss- und Nut-
zungszwang gibt es nicht. Ob diese freiwillige Vernetzung in ihrer Wirkung den erzielbaren
Skaleneffekten bei einer vertikalen Konsolidierung gleicht, ist mangels transparenter Kos-
teninformationen für Außenstehende nicht zu erkennen (vgl. Empfehlungen zu Wirtschaft-
lichkeitsbetrachtungen in Abschn. 8.2.2 und zur Konsolidierung in Abschn. 8.2.3).
Auf Landesebene gibt es mit ITD einen IT-Dienstleister ausschließlich für die Justiz-
verwaltung und einen allgemeinen IT-Landesdienstleister, IT.NRW, für die Ministerien
der Landesregierung. IT.NRW wurde 2009 in Form eines rechtlich unselbstständigen
Teils der Landesverwaltung aus dem IT-Bereich des Landesamts für Statistik und den
Gebietsrechenzentren Hagen, Köln und Münster gebildet. IT.NRW ist nach Angaben
auf der eigenen Homepage (Stand 3/2017) seit 2011 dabei, ca. 200 Fachverfahren der
Landesverwaltung in einen konsolidierten Betrieb zu überführen. IT.NRW hat aktuell
ca. 2000 Mitarbeiter (alle Angaben aus [8]) und veröffentlicht, obwohl die Rechtsform
dazu nicht verpflichtet, im Stil einer publizitätspflichtigen Gesellschaft Bilanzen der
Finanzdaten.
Nordrhein Westfalen hat im Jahr 2013 – im zeitlichen Mittelfeld aller Bundeslän-
der – einen eigenen CIO bestellt, Herrn Hartmut Beuß. Seine Schilderungen über die
Arbeitssituation eines CIOs in NRW legen die Vermutung nahe, dass bei Themen der
landesweiten IT-Organisationsentwicklung teils intensive Überzeugungsarbeit – ver-
mutlich vor allem zwischen den Ressorts – zu leisten ist [2, S. 16]). Einen wichtigen
Impuls für die Weiterentwicklung in NRW hin zu einer besseren digitalen Landesver-
waltung (außer Justiz, Strafverfolgungsbehörden und Steuerverwaltung in Sachen der
Abgabenordnung) setzte NRW durch Verabschieden eines E-Government-Gesetzes
am 08.07.2016. Seine wesentlichen Forderungen sind in Tab. 4.4 aufgelistet. Vergli-
chen mit den Bestimmungen in einigen anderen Bundesländern sind dies – bezogen auf
die gesamte Landesverwaltung – hinsichtlich Terminen, Verbindlichkeit (muss, kann)
und Vollständigkeit aller Behörden bei bloßer Betrachtung der Daten im Vergleich zu
anderen Bundesländern keine besonders ehrgeizigen Ziele. Dies mag aber außer Acht
lassen, welche „weichen“ Faktoren die Innovation aufwendiger machen als in anderen
Bundesländern.
132 R. Heuermann et al.

Tab. 4.4 Ausgewählte Inhalte des E-Government-Gesetzes in IT.NRW. (Eigene Darstellung)


Thema Erläuterung
Elektronische Unterschrift, Akzeptanz der De-Mail
De-Mail
E-Akte Soll-Bestimmung (kein Muss): elektronische Aktenführung ab
01.01.2022 (mit einigen Ausnahmen). Erlaubnis, Akten ausschließ-
lich elektronisch zu führen
Elektronische Bezahlung Für alle Verwaltungsverfahren ab 01.01.2019 zu ermöglichen
IT-Kooperationsrat Einrichten eines IT-Kooperationsrates NRW unter Leitung des
CIOs, Mitlieder sind außerdem je ein Vertreter der Ressorts und
sechs Vertreter der kommunalen Spitzenverbände. Nur mit beraten-
der Stimme sind ein Vertreter des Landes-IT-Dienstleisters und
zwei Vertreter des KDN geladen
Nachweise Nachweise können, wenn aus Sicht der Behörde dem nichts entge-
gensteht, elektronisch eingereicht werden
Prozessorganisation statt IT.NRW ist nach eigenen Angaben im Wandlungsprozess hin zu
Funktionshierarchie einer Organisation, die prozessorientiert arbeitet

4.3 Bewertung Situation und Landesstrategien

Roland Heuermann

Die Situation der Digitalisierung in der Verwaltung der hier einzeln vorgestellten und
der weiteren, nicht mit Einzelbeiträgen vertretenen Länder ist weiter durch einen dyna-
mischen Prozess der prozessualen und technischen Organisationsentwicklung geprägt.
Diese kann man unter zwei Ober- und mehreren Untergesichtspunkten betrachten:
Maßnahmen zur Erleichterung für Bürger und Unternehmen, summarisch „Entbüro-
kratisierung“:

• Durch die E-Government-Gesetze der Länder gibt es jetzt zumeist verbindliche und
zwingende Termine für die Möglichkeit der medienbruchfreien Einreichung von
Anträgen und Belegen, die elektronische Unterschrift, die Nutzung der Authentifi-
zierung mittels E-ID sowie das Eröffnen elektronischer Zahlwege. Einschränkend
ist zwar zu vermuten, dass der hieraus resultierende Erleichterungseffekt für Bürger
und viele Unternehmen, die anteilig mehr Behördenkontakt mit Kommunen als mit
den Landesverwaltungen haben, begrenzt sein mag, das davon ausgehende Signal der
Modernisierung ist aber sehr positiv.
• Zu hoffen ist, dass die bei Einführung organisatorischer Änderungen eigentlich zwin-
gend durchzuführende Aufgabenkritik und Organisationsverbesserung zum Entfall der
einen oder anderen Unterschriftserfordernis, Nachweispflicht u. Ä. führen wird. Dies
könnte entweder über die komplette Entbehrlichkeit oder über eine bessere Vernetzung
4 Digitalisierung auf Landesebene 133

von Landesbehörden untereinander oder mit Kommunalbehörden sowie dem Weg über
Bürgerkonten in den bundesweit verbundenen Landesportalen geschehen. Hier lau-
fen dann die Daten, nicht der Bürger. Diese eigentlich schon fast „alt“ zu nennende
Idee, die schon einmal bei der Darstellung der Situation in den Kommunen aufgezeigt
wurde (siehe Abschn. 3.1.2.2), wird leider manchmal durch vermeintliche Grenzen des
Datenschutzrechts behindert. Die Erleichterung von Services durch Vernetzung von
Behörden sollte man dem Bürger als Option weitestmöglich öffnen.
• Einschränkend zu erwähnen ist, dass die in den E-Government-Gesetzen geplanten
Entbürokratisierungswirkungen zwingend nur in denjenigen Landesbehörden eintreten
werden, die den Regeln der E-Government-Gesetze ihrer Länder unterliegen. Das sind
nicht alle Maßnahmen für eine effizientere, flexiblere und leistungsfähigere Verwaltung.
• Die Einführung von E-Akten bewirkt eine höhere Flexibilität und Leistungsfähigkeit
der Verwaltung, weil sie zwingend für eine medienbruchfreie elektronische Verarbei-
tung elektronisch ein- und ausgehender Akten erforderlich ist. Für sich betrachtet ist
diese Maßnahme nicht unbedingt an jedem Arbeitsplatz – einzeln betrachtet – kosten-
günstiger oder zeitsparender als der Betrieb mit Papierakten. Der Systemeffekt sollte
jedoch überwiegend positiv sein, wenn man genügend „Last“, d. h. Anteile von Nut-
zern, auf diesen Kanal bringt und andere Kanäle abbaut. Darüber hinaus sollte man
alle Sparpotenziale nutzen. Auffallend ist, dass via IT-Planungsrat eigentlich eine stär-
kere Kooperation stattfinden und die „Einer-für-alle“-Beschaffungsstrategie greifen
sollte. Tatsächlich zeigten die Bundesländer bei E-Akten in 2016/2017 aber Allein-
gänge, sodass eine heterogene Plattformlandschaft entstanden ist und bundesweite
Skaleneffekte im Betrieb nicht optimal genutzt werden können.
• Auffallend ist auch, dass bei einigen IT-Landesdienstleistern nicht alle Ressorts ihrer
Landesverwaltung auf Ebene der Ministerien als Kunden auftreten. Darüber hinaus ist
es so, dass die großen nachgeordneten Bereiche Polizei und Justiz i. d. R. mit eigenen
IT-Dienstleistern versorgt sind. Hier liegt noch ein Potenzial für höhere Skaleneffekte.

Zu den Erkenntnissen, die letztlich E-Government-Gesetze mit zwingenden sachlichen


Vorgaben und Terminen bewirkten, gehört es leider auch, dass Maßnahmen zur Entbüro-
kratisierung und Digitalisierung in der Verwaltung leider kein Selbstläufer sind. Letztlich
bedarf es wohl der zwingenden gesetzlichen Vorgabe. Hier setzten sich viele Länder –
mal etwas weicher, („sollen“), mal härter („müssen“) – ähnliche Ziele, die Fristen wei-
chen manchmal um ein, zwei Jahre ab.
Leider können Außenstehende wie auch in den „Silos“ einzelner Behörden tätige
Beobachter kaum objektive ökonomische Maßstäbe für die Arbeit einzelner Bundes-
länder bei der Digitalisierung ihrer Verwaltung finden, weil das Öffentliche Reporting
kaum „harte Fakten“ anhand standardisierter Kennzahlen bietet. Einige Öffentliche IT-
Dienstleister berichten immerhin im Stile einer Bilanz über ihre Geschäftszahlen. Es feh-
len aber landesweite Statistiken mit einer Komplettübersicht aller IT-Arbeitsplätze, der
Fachverfahren, dem Anteil und der Tiefe einer Digitalisierung der Fachverfahren usw.
Dahin gehend haben viele Bundesländer ein besseres, weil strukturierteres und anhand
134 R. Heuermann et al.

Abb. 4.5 Karikatur Landes-IT

quantitativer Werte nachvollziehbares Reporting über ihre Landesbeteiligungen, die ab


20 % Anteil an Fremdfirmen ausgewiesen werden, als über ihre Anstrengungen und
„Betriebsergebnisse“ der Digitalisierung in zu 100 % landeseigenen Betrieben. Auch
fehlen systematische Kunden-Zufriedenheitsbefragungen. Außenstehenden – und sicher
auch in den Silos einzelner Behörden gefangenen Insidern – ist so ein analytischer Blick
anhand ergebnisrelevanter Fakten und Daten praktisch nicht möglich.
Abschließend sei trotz kurzer Diskussion der etwas einschränkenden Erkenntnisse eine
positive Hoffnung geäußert: So wie die Kommunen durch die Smart-City-Vorhaben (weit
über den Bereich der Kernverwaltung heraus) einen Teil der Lebenswelt ihrer Bürger für
ein besseres Management von Verkehr, Umwelt, Wohnen, Soziales Leben usw. erschließen,
werden die Länder durch mehr Digitalisierung nicht nur bisherige Services und ihre eigene
Leistungserbringung optimieren, sie könnten mit intelligenteren Services analog zu Smart
City auch „Smart-Country“-Visionen erfüllen. Die Karikatur in Abb. 4.5 soll das andeuten.

Literatur

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https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/unsere-projekte/kommunen-der-zukunft/ (2017). Zuge-
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verwaltung-reformbeduerftig/12785068.html (2016a). Zugegriffen: 25. Apr. 2017
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136 R. Heuermann et al.

Weiterführende Literatur

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Döhler, M., Franske, J., Wegrich, K. (Hrsg.) Der gut organisierte Staat, S. 273–298. Nomos,
Baden-Baden (2015)
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J.: Programm 100+. eID-Strategie und Aufbau von Transaktionsdiensten für das Land Berlin
(2013–2016). 11/2013. https://www.berlin.de/sen/inneres/service/publikationen/fokus-studie_
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3. Hunnius, S., Schuppan, T.: Fusionsmanagement im öffentlichen Sektor Das Beispiel Dataport.
Edition Sigma, Berlin (2012)
4. IT.NRW: Geschäftsbericht 2016. https://www.it.nrw.de/UeberUns/ITNRW_Ueberblick/Ges-
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Zugegriffen: 24. Apr. 2017
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chungen. 09.06.2016, 72, Nr. 14. https://www.berlin.de/sen/inneres/moderne-verwaltung/
e-government/artikel.95921.php#top Zugegriffen: 25. Apr. 2017
Digitalisierung auf Bundesebene
5
Falk A. Schmidt und Gerhard van der Giet

5.1 Übersicht Bundes-Aufgaben und Struktur der Verwaltung

Falk A. Schmidt

In Artikel 20 Abs. 1 GG wird mit dem Prinzip der Bundesstaatlichkeit der wesentliche
Eckpfeiler des Föderalismus der Bundesrepublik Deutschland definiert: Der Bund nimmt
die Aufgabe als oberste von drei Gliederungsebenen der Verwaltung wahr [1]. Im Unter-
schied zu den Ländern und Kommunen kommen die fachlichen Bundesaufgaben, d. h.
alles außer den Querschnittsservices für Organisation, Personal, Haushalt und Liegen-
schaftsmanagement, hier aber jeweils nur einmal vor und nicht 16-fach (wie bei den Ver-
waltungsverfahren auf Ebene der Länder) oder sogar maximal ca. 12.000-fach (wie auf
der Kommunalebene).
Die Rolle des Bundes gliedert sich allgemein in drei große Handlungsfelder, die fol-
gend mit ihrem Bezug zu Digitalisierungsthemen kurz erläutert sind:

• International: Der Bund vertritt deutsche Interessen im Ausland und gegenüber der
internationalen Gemeinschaft. Hier verfolgt er das Ziel, internationale Standards mit
Nutzen für die deutsche Industrie auszuarbeiten und festzulegen. Sachliche Themen,
wie Datenschutz, Wettbewerb, IT-Sicherheit und technologische Festlegungen zur

F. A. Schmidt (*)
Köln, Deutschland
E-Mail: falk.alexander.schmidt@computacenter.com
G. van der Giet
Swisstal, Deutschland
E-Mail: gerhard.vandergiet@computacenter.com

© Springer-Verlag Berlin GmbH Deutschland 2018 137


R. Heuermann et al. (Hrsg.), Digitalisierung in Bund, Ländern und Gemeinden,
https://doi.org/10.1007/978-3-662-54098-5_5
138 F. A. Schmidt und G. van der Giet

Gerätenormung und für Schnittstellen – insbesondere zu modernen Fragestellungen


hinsichtlich Industrie 4.0, also der Vernetzung von Dingen –, sollen vorangetrieben
werden. Unter anderem im Zuge der G-20-Präsidentschaft Deutschlands im Jahre
2017 wurde Digitalisierung in den Abstimmungsrunden als prominentes Sachgebiet
einzeln bearbeitet und ein sog. „Digitalminister“ installiert [6]
• National: Auf nationaler Ebene unternimmt er zum einen die gleichberechtigte
Abstimmung über Ziele, Vorgehensweisen und Standards für die Digitalisierung in
der Verwaltung aller drei Ebenen der Gebietskörperschaften im IT-Planungsrat. Da
der Bund – anders als Länder und Kommunen – nur eine einzelne Instanz ist und bei
der nationalen Gesetzgebung eine herausragende Rolle einnimmt, kommt ihm zum
einen teils rechtlich, teils faktisch eine besondere Verantwortung für Impulse in allen
Fragen der inneren Entwicklung Deutschlands zu. Zum anderen hat er einen weiten
Bereich eigener ausschließlicher Zuständigkeit für z. B. außenpolitische, steuerpoli-
tische, wirtschaftspolitische, urheber- und haftungsrechtliche, strafrechtliche, soziale
usw. Themen und kann hier – wenn auch teils im Bundesrat durch die Länder zustim-
mungspflichtig – gesetzgeberisch aktiv werden
• Im eigenen Verwaltungsbereich: Der Bund ist Gestalter und Manager innerhalb der
eigenen Behörden. Neben dem eigenen Apparat hat der Bund eine ganze Reihe von
Beteiligungen an teils mit privatwirtschaftlicher Rechtsform versehenen Betrieben,
darunter einigen sehr großen, wie z. B. der Deutschen Bahn AG. Die hier im Folgen-
den ausschließlich weiter zu betrachtende Kernverwaltung des Bundes hat von diesen
Beteiligungen komplett getrennte eigene IT-Dienstleister.

Eine grobe Übersicht der sachlichen Aufgabengliederung des Bundes sowie der Behör-
den und Einrichtungen dahinter enthält Abb. 5.1.
Die in Abb. 5.1 unvollständig gezeigten Behörden kann man neben der sachlichen
Sortierung auch in eine hierarchische, nach ihrer Stellung im Behördenaufbau des Bun-
des, bringen und findet dann folgende Mengenangaben [9]:

• 21 Oberste Bundesbehörden, darunter 14 Bundesministerien, Bundeskanzleramt,


Bundespräsidialamt, Deutsche Bundesbank, Bundesrechnungshof usw.,
• 69 Bundesoberbehörden,
• 36 Bundesmittelbehörden,
• ca.159 Bundesunterbehörden.

Manche dieser formell als Behörden geführten Einrichtungen, z. B. die „Bundesbeauf-


tragten für xy“, sind sehr klein, praktisch nur Sekretariate mit zehn oder zwanzig Stel-
len. Andere Behörden sind sehr groß, z. B. die Bundeswehr, zergliedern sich aber in der
Behördenzählung künstlich in zahlreiche Behörden, weil teils Standorte oder einzelne
fachliche Ämter einzeln gezählt werden.
Einige dieser Behörden haben keine besonders erwähnenswerten digitalen Ansprüche
außer der Nutzung von Office-Systemen und des Internets als Plattform für einfache Dienste.
5 Digitalisierung auf Bundesebene 139

Abb. 5.1 Übersicht der Aufgaben der Kernverwaltung des Bundes

Hierzu zählen wieder viele der kleinen Behörden mit Sekretariatscharakter („Bundesbe-
auftragte für xy“), aber auch einige mittelgroße und größere Behörden wie vermutlich der
Bundesrechnungshof. Andere wiederum haben ganz besondere Anforderungen entweder hin-
sichtlich der Performance und/oder Menge der Daten oder hinsichtlich der Qualität, wozu
auch die IT-Sicherheit zählt.
Aus dem Gesagten folgt, dass man nur sehr begrenzt belastbare Aussagen zu fach-
lichen Themen der Digitalisierung auf Bundesebene machen kann. Die Besonderheiten
der Bundesverwaltung im Vergleich zu Ländern und Kommunen sind:

• Der Bund hat mit den meisten seiner Behörden wegen seiner Rolle die größte Entfer-
nung von den täglichen Lebenslagen einzelner Bürger und Unternehmen. Seine Behör-
den haben eher digitale B2B-Kontakte zu anderen Behörden in Deutschland, der EU oder
anderen internationalen Organisationen. Erkenntnisse aus Zufriedenheitsbefragungen
140 F. A. Schmidt und G. van der Giet

und Nutzerstatistiken beinhalten kaum Aussagen über die Qualität digitaler Services der
Bundesbehörden.
• Die Ministerien selbst als „Schreibstuben“ sind – abgesehen vom unterschiedlichen
politischen Inhalt ihrer Arbeit – vermutlich die untereinander ähnlichsten der Bundes-
behörden, alle darunter befindlichen Ober-, Mittel- und Unterbehörden dürften wegen
ihrer Spezialisierung außer im allgemeinen Management (Personal, Haushalt, Organi-
sation, Liegenschaften) wenig fachliche Skalierungsmöglichkeiten bieten.

5.2 Ziele, Management und Mittel der Digitalisierung Bund

Falk A. Schmidt

5.2.1 Verbesserung der Steuerung, Konsolidierung der


Dienstleister

5.2.1.1 Konzept der IT-Steuerung des Bundes aus 2007 und Revisionen
Die Bundesregierung hat erstmalig am 18.12.2006 mit besonderem politischen Nach-
druck und einer Mehrzahl von Maßnahmen auf dem 1. Nationalen IT-Gipfeltreffen in
Potsdam auf den besonderen Bedarf übergreifender professioneller Steuerung der Ver-
waltungs-IT aufmerksam gemacht. Die Folge waren das von BMI und BMF erstellte und
von der Bundesregierung beschlossene Konzept zur IT-Steuerung des Bundes [2]. Es
beinhaltete folgende Kernaussagen:

• IT-Nachfrage und IT-Angebot sollen innerhalb der Grenzen der Ressorts getrennt
werden. In den Ressorts soll die IT-Nachfrage in Eigenregie des Ressorts vertikal
konsolidiert werden.
• Es sollen (mehrere) Dienstleistungszentren für das Angebot von IT-Services durch
vertikale Konsolidierung eingerichtet werden.
• Basis-IT und zentrale Infrastrukturen können „bedarfsweise“ ressortübergreifend
gebündelt werden.
• Es wird ein Rat der „IT-Beauftragten“ („CIO-Council“) der Bundes-Ressorts einge-
richtet, der Näheres zur Umsetzung der Nachfrage- und Angebotsbündelung erarbeitet
und vorschlägt.
• Vorschläge werden in einem „IT-Rahmenkonzept“ gebündelt.
• Ein Staatssekretär des Bundesinnenministeriums wird zum CIO der Bundesregierung.
• Es wird eine „IT-Steuerungsgruppe“ eingerichtet. Sie besteht aus je einem Staatssekretär
des Bundesfinanz- und Bundesinnenministeriums und einem Vertreter des Kanzleramtes.

Die in 2006 gefassten Beschlüsse des Konzepts zur IT-Steuerung des Bundes und die
nachfolgenden Bemühungen zur Umsetzung hatten teilweise aus unterschiedlichen
Gründen keinen langen Bestand:
5 Digitalisierung auf Bundesebene 141

1. Die Konsolidierung der ressortinternen IT verlief unterschiedlich. Im Bundesinnen-


und Bundesfinanzministerium ging sie auf unterschiedliche „Cum-grano-salis“-Weise
gut voran, im Bundesministerium für Verkehr und Digitales misslang sie im ersten
Anlauf 2013.
2. Zu einer ressortübergreifenden Konsolidierung der Basis- und Querschnittsdienste der
IT kam es nur in geringem Umfang und nur teilweise, praktisch also nicht.
3. Die Gremienarbeit der „IT-Steuerungsgruppe“ im Zusammenspiel mit dem „Rat der
IT-Beauftragten“ wurde mittlerweile durch den IT-Planungsrat, ein Gremium beste-
hend aus CIOs der Bundesländer, überwölbt. Dieser Planungsrat steht allerdings
wegen zu geringer Kapazität für einen echten Planungsabgleich und gemeinsame
Entwicklungsarbeit unter Kritik (siehe Abschn. 2.2.3.2).

5.2.1.2 IT-Dienstleister ITZBund und BWI


Im Jahr 2015 beschloss der Bund auf Drängen des Haushaltsausschusses im Deutschen
Bundestag, der eine bessere und schnellere Konsolidierung der IT erwartete, die teils
unverbindlichen und unbefristeten Vorgaben aus dem Konzept zur IT-Steuerung Bund
[2] durch eine zwingend herbeigeführte vertikale Konsolidierung der IT-Dienstleistungen
innerhalb der Bundesverwaltung zu übertreffen. Zum 01.01.2016 wurde als Nukleus für
später evtl. erfolgende weitere Konsolidierungen das Informationstechnikzentrum Bund
(ITZBund) gegründet, das als zentraler Dienstleister für die generellen IT-Basis- und
Querschnittsdienste zuständig ist. ITZBund hat kurz nach der Gründung (Stand 3/2017)
ca. 2700 Beschäftigte an zwölf Standorten und betreut für ca. 85.000 IT-Arbeitsplätze
ungefähr 750 Fachverfahren [11]. ITZBund ist hervorgegangen aus den IT-Abteilungen
des Bundesfinanzministeriums (ex-ZIVIT, Standorte u. a. in Frankfurt, Bonn und Berlin),
des Verkehrs-Ressorts (ex-DLZ, Standort in Ilmenau) sowie des Bundesinnenministeri-
ums (IT des Bundesverwaltungsamt BVA/BIT).
Das ITZBund hat zusammen mit dem zunächst selbstständig bleibenden BWI – dem
IT-Dienstleister für die „weiße IT“ der Bundeswehr – die Aufgabe, die bisher in den
ca. 150 Bundesbehörden mit nennenswerter hauseigener IT betriebenen Basis- und Quer-
schnittsservices zu übernehmen und technisch durch eine Konsolidierung auf möglichst
wenige Serviceplattformen zu konzentrieren. Das BWI [10] hat – Stand 3/2017 – ca.
3000 Mitarbeiter und betreut ca. 140.000 IT-Arbeitsplätze. Ob und wann ITZBund und
BWI organisatorisch verschmolzen werden, ist noch nicht beschlossen (Stand 3/2017).
Ziele der vertikalen Konsolidierung sind:

1. Die Informationssicherheit vor dem Hintergrund steigender Komplexität fachlicher


Anforderungen und in Art und Ausmaß der gestiegenen Bedrohungen durch Angriffe
auf digitale Systeme zu gewährleisten.
2. Die Hoheit und Kontrollfähigkeit über die eigene IT – auch gegenüber internationalen
Großkonzernen der Digitalwirtschaft mit Cloud-Angeboten – dauerhaft zu erhalten.
3. Auf innovative technologische Trends flexibel reagieren zu können.
4. Einen leistungsfähigen, wirtschaftlichen, stabilen und zukunftsfähigen Betrieb sicher-
zustellen.
142 F. A. Schmidt und G. van der Giet

Inhaltlich umfasst das Vorhaben eine Betriebs-, Dienste- und Beschaffungsbündelung [5]:

1. Betriebskonsolidierung: Der bisher in verschiedenen Dienstleistungszentren der Bun-


des-Ressorts geleistete IT-Betrieb des Bundes wird in einem neuen gemeinsamen
Dienstleistungszentrum gebündelt.
2. Dienstekonsolidierung: Für gleichartige Dienste und Anwendungsfälle in allen Behör-
den werden gemeinsame IT-Lösungen entwickelt. Dabei wird u. a. die Weiterent-
wicklung einer in 2017 produktiv gegangenen Bundes-Cloud vorangetrieben, die die
notwendige Agilität in der IT-Infrastruktur des Bundes bieten soll, schnell und flexibel
auf neue Situationen zu reagieren.
3. Beschaffungsbündelung: Die IT-Beschaffung wird an wenigen Stellen der Bundesver-
waltung zusammengeführt. Die Bündelung der Beschaffung vereinfacht die Standar-
disierung der IT des Bundes und ermöglicht es, signifikante Einsparpotenziale beim
Einkauf von IT zu erschließen.

Als Form des Services werden mehrere Modelle angeboten, von der Bereitstellung von
Infrastrukturleistungen (IaaS – Infrastructure as a Service), über Entwicklungsplattfor-
men (PaaS – Platform as a Service), bis hin zu Software-Angeboten (SaaS – Software as
a Service). Über diese verschiedenen Leistungsformen wird der Bedarf des Bundes an
IT-Leistungen bis auf einige ressort-abhängige Spezialitäten gebündelt und konsolidiert
abgedeckt.

5.2.2 Beschlüsse zur inhaltlichen Beschleunigung der


Digitalisierung

Neben der vertikalen Konsolidierung der meisten großen IT-Dienstleister zum ITZBund
hat die Bundesregierung in relativ kurzer Zeit zwei für die Digitalisierung in der Bundes-
verwaltung besonders wichtige Vorgaben gemacht:

• Das E-Government-Gesetz des Bundes 2013, dem in schneller Folge entsprechende –


meist in vielem sehr ähnliche – Gesetze der meisten Bundesländer folgten.
• Das Regierungsprogramm „Digitale Verwaltung 2020“ von 2014 [4]. Dieses aus einer
Vielzahl von Einzelmaßnahmen bestehende Programm ist nach einer Erklärung der
Bundesregierung vom 26.04.2017 erfolgreich beendet worden [7] und soll deshalb
hier nicht weiter dargestellt werden.

Fortdauernde Wirkung (Stand 3/2017) hat dagegen das „Gesetz zur Förderung der elekt-
ronischen Verwaltung sowie zur Änderung weiterer Vorschriften“ vom 25. Juli 2013 (im
Folgenden E-GovG, [3]): Es hat zum Ziel, die Bestrebungen des Bundes in seiner Digi-
talisierungsstrategie zu vereinheitlichen und konkrete Umsetzungspunkte per Gesetz vor-
zugeben. Unter anderem beinhaltet das Gesetz folgende Ober- und Unterziele:
5 Digitalisierung auf Bundesebene 143

1. Erleichterungen für den Zugang zu Behörden („Entbürokratisierung“) und ggf. mehr


Service:
• Eröffnung eines elektronischen Kanals für Behördenkontakte von Bürger und
Unternehmen,
• Eröffnung eines De-Mail-Zugangs (digitale rechtsgültige Unterschrift),
• Erleichterung bei der Erbringung elektronischer Nachweise und der elektronischen
Bezahlung in Verwaltungsverfahren,
• Bereitstellung von maschinenlesbaren Datenbeständen durch die Verwaltung
(„Open Data“),
• Grundsätze der elektronischen Aktenführung und des ersetzenden Scannens.
2. Behördeninterne Verbesserungen:
• obligatorische Dokumentation und Analyse von Prozessen in der Bundesverwaltung,
• Grundsätze der elektronischen Aktenführung und des ersetzenden Scannens,

Für die Umsetzung sind großteils verbindliche Fristen gesetzt.

5.3 Bundeswehr

Gerhard van der Giet

5.3.1 Die Bedeutung der Informationstechnik für die Bundeswehr

Für die Bundeswehr ist die Informationstechnik heute eine Grundvoraussetzung, um


ihren Aufgaben nachkommen zu können. Auf die entsprechende Ausstattung des Ver-
teidigungsressorts entfällt daher aus gutem Grund ein hoher Anteil der IT des Bundes.
Ohne eine hochmoderne Informationstechnik kann Verteidigung praktisch nicht mehr
stattfinden. Cyberangriffe sind alltäglich geworden und haben bereits Auswirkungen
auf die Wirtschaft und das tägliche Leben. Größere militärische Auseinandersetzungen
dürften zukünftig mit einem Angriff aus dem Cyberraum beginnen in der Absicht, die
Kommunikationsnetze des Gegners zu zerstören und so dessen Zugriff auf seine Waf-
fensysteme zu unterbinden. Der Schutz der eigenen Systeme muss daher zu jedem Zeit-
punkt umfassend auf dem neuesten Stand der Technik erfolgen. Umgekehrt muss die
Fähigkeit gegeben sein, durch Einsatz entsprechender Mittel im Cyberraum die Füh-
rungsfähigkeit des Gegners zu stören oder zu verhindern. Allein dieses Beispiel macht
deutlich, dass die IT im militärischen Bereich auf neuestem Stand zuverlässig funk-
tionieren muss und bei aller Notwendigkeit zur Sparsamkeit gegebenenfalls auch ohne
Rücksicht auf die Kosten. Eine waffentechnische Überlegenheit nutzt nicht, wenn die
Waffensysteme mangels zerstörter Netze nicht mehr erreicht werden können. Hieraus
wird die große strategische Herausforderung erkennbar, die mit dem Aufkommen des
Cyber- und Informationsraumes verbunden ist, und infolgedessen auch, dass sich die zur
144 F. A. Schmidt und G. van der Giet

Verfügung stehenden Haushaltsmittel im Verteidigungsbereich voraussichtlich zugunsten


der Informationstechnik verschieben werden. Allerdings ist offensichtlich, dass ein Krieg
sich nicht auf den Cyberraum beschränken lässt und kinetische Mittel daher weiterhin
unverzichtbar sind. Das Weißbuch der Bundesregierung von 2016 zur Sicherheitspolitik
und zur Zukunft der Bundeswehr stellt fest: „Die sichere und gesicherte sowie freie Nut-
zung des Cyber- und Informationsraums ist elementare Voraussetzung staatlichen und
privaten Handelns in unserer globalisierten Welt“ [8, S. 36].
Das Verteidigungsministerium hat auf diese neuen Herausforderungen reagiert und
mit seinen Tagesbefehlen vom 17. September 2015 und 26. April 2016, im Ministerium
eine neue Abteilung „CIT“ (Cyber/Informationstechnik) sowie einen weiteren neuen
Organisationsbereich „Cyber- und Informationsraumkommando (zunächst CIRK, heute
KdoCIR)“ mit einem eigenen Inspekteur an der Spitze und insgesamt 13.500 Personen
einzurichten, ein Zeichen gesetzt. Die Abteilung CIT im BMVg wurde am 1. Oktober
2016 eingerichtet. Das KdoCIR hat am 1. April 2017 seine Arbeit aufgenommen und
wird sich bei seinen Aktivitäten ausschließlich auf den Cyberraum beschränken, also
z. B. keine Operationen im kinetischen Bereich durchführen. Diese umfassende Vorge-
hensweise gilt als richtungweisend auch für andere Nationen.
Zum Verständnis der heutigen IT der Bundeswehr ist es hilfreich, zunächst zwischen
der administrativen IT (klassische IT) und der „militärischen“ einsatznahen IT (Waffen-
IT, Führungsunterstützung und heute auch Cyber-IT) zu unterscheiden, wenngleich eine
solche Unterscheidung nicht mehr angemessen erscheint. Die Gesamtheit der Informa-
tionstechnik der Bundeswehr wird als „IT-System der Bundeswehr“ bezeichnet, das aus
einer Vielzahl einzelner Systeme und Verfahren besteht, die soweit möglich einem ganz-
heitlichen Architekturmodell und Servicemanagement unterliegen sollen, das sich im
Hinblick auf eine möglichst hohe Interoperabilität mit Systemen von Bündnispartnern
auch am NATO Architecture Framework orientiert.

5.3.2 Die administrative IT der Bundeswehr

Die Bundeswehr versteht sich als Sicherheit produzierendes Unternehmen, das für eine
effiziente Durchführung dieser Aufgabe soweit möglich unternehmerische Strukturen,
auch gestützt durch eine angemessene IT, benötigt. Die Einführung und Nutzung der IT
erfolgte dabei so wie in anderen Institutionen und Unternehmen auch: vorhandene Pro-
zesse wurden jeweils durch neue IT-Verfahren unterstützt, ohne durch Anpassung oder
Schaffung neuer angemessener Prozesse das volle Potenzial der IT zu nutzen. Eine tech-
nische Inselbildung der Verfahren war dadurch wie anderenorts auch unvermeidlich.
Zugleich waren bereits um die Jahrtausendwende viele der technischen Systeme veral-
tet, sodass eine grundlegende Modernisierung der Informationstechnik dringend erfor-
derlich wurde. Zugleich stand die Frage im Raum, ob eine solche „Herkules“-Aufgabe
mit eigenen Kräften und mit den zur Verfügung stehenden (Haushalts-)Mitteln in einem
angemessenen Zeitrahmen bewältigt werden kann. Nach umfangreichen Analysen und
5 Digitalisierung auf Bundesebene 145

Prüfung verschiedener Möglichkeiten fiel schließlich die Entscheidung, für die Moder-
nisierung der administrativen IT der Bundeswehr einen teilweise völlig neuen und bis
heute weltweit einmaligen Weg zu gehen.
Angesichts des hohen Zeitdruckes, knapper Haushaltsmittel und der damals auf poli-
tischer Seite hohen Bereitschaft zur Privatisierung wurde entschieden, die administrative
IT der Bundeswehr in eine neu zu gründende IT-Gesellschaft mit Bundesbeteiligung zu
geben. Es wurde also nicht der klassische Weg gegangen, Aufgaben und Personal nach
einem Wettbewerb an bestehende Firmen zu vergeben, sondern der Weg der Neugrün-
dung eines Unternehmens gewählt, weil sich damit für die Bundeswehr wichtige und
notwendige Möglichkeiten der Steuerung und Kontrolle der Gesellschaft auch in Kri-
sensituationen ergeben. Mithilfe unternehmenstypischer Handlungsweisen und Einsatz
privater Finanzmittel sollte die notwendige schnelle Modernisierung erreicht werden.
Ende 2006 wurde der sogenannte Herkules-Vertrag mit Unternehmen aus der Wirt-
schaft unterzeichnet, der die Gründung der „BWI Informationstechnik GmbH“ vorsah,
an der der Bund mit 49,9 % und die private Wirtschaft mit 50,1 % beteiligt sind. Damit
verfügte die Bundeswehr im Gegensatz zu bis dahin selbst erbrachten und immer mit
Risiken behafteten Ergebnissen zum ersten Mal über privatwirtschaftlich erbrachte, ver-
traglich garantierte Leistungen. Das Volumen des Vertrages beträgt ca. 6,5 Mrd. EUR
über 10 Jahre und entspricht damit etwa den Kosten, die auch bei Eigenbetrieb vorgese-
hen waren. Zahlreiche Beschäftigte der Bundeswehr wurden in die IT-Gesellschaft ent-
sandt. Neben der technischen Erneuerung wurden auch viele neue Services eingerichtet
und der Betrieb des im folgenden Abschnitt beschriebenen SASPF-Systems ermöglicht,
um nur einige Beispiele zu nennen. Heute gilt Herkules als Erfolg, die administrative IT
der Bundeswehr kann als konsolidiert angesehen werden. Auch nachdem der Herkules-
Vertrag am 28. Dezember 2016 ausgelaufen ist, wird die IT-Gesellschaft weiter bestehen,
sie wurde jedoch ohne Unterbrechung vollständig vom Bund übernommen. Sie ist damit
neben dem „IT-Zentrum Bund“ der zweite große IT-Dienstleister des Bundes, primär für
die Bundeswehr, jedoch offen auch für andere Bereiche.
Die Digitalisierung der Bundeswehr ist eng verknüpft mit der Einführung eines
unternehmensweiten ERP-Systems, dessen Möglichkeiten auch für den militärischen
Bereich früh erkannt wurden. Neben der grundlegend zu erneuernden administrativen
Ausstattung und der Schaffung eines effektiven IT-Betriebes durch Herkules wurde etwa
zeitgleich entschieden, ein solches System einzuführen. Wegen der breit gefächerten
Aufgaben im Verteidigungsressort sollten hunderte (je nach Zählweise auch tausende)
vorhandene Anwendungen („Systeme in Nutzung“) modernisiert oder eingebunden wer-
den. Daraus entstand das Projekt „Standard-Anwendungs-Software-Produkt-Familien“
(SASPF), das die vorhandene Inselbildung ablösen sollte. Wesentlicher Bestandteil die-
ser Arbeiten war naturgemäß die äußerst aufwendige Neugestaltung der Prozesse, um
die Möglichkeiten einer ERP-Software optimal nutzen zu können. Auch in Einsatzge-
bieten wird ein Zugriff auf Daten im Heimatland benötigt, ebenso auf Schiffen der
Marine, auch dann, wenn die Verbindung zu den Zentralsystemen gewollt oder ungewollt
unterbrochen ist. Dazu hat die Bundeswehr in einem eigenen Teilprojekt gemeinsam
146 F. A. Schmidt und G. van der Giet

mit SAP entsprechende Software entwickelt, die heute zum Standardangebot der SAP
gehört. Die Durchführung eines solchen Projektes in der Größenordnung der Bundes-
wehr steht immer wieder vor neuen Herausforderungen und nimmt naturgemäß einige
Zeit in Anspruch. Heute wird das SAP-System bereits von ca. 60.000 Personen genutzt,
die damit wesentlich effektiver ihre Aufgaben erledigen können.

5.3.3 Die einsatznahe IT der Bundeswehr

Neben dem frühzeitigen Einsatz insbesondere in der Führungsunterstützung, z. B. zur


Erzeugung eines Lagebildes, zur Entwicklung geeigneter Führungsinformationssys-
teme usw., setzte ein Umdenken etwa um die Jahrtausendwende ein, als in den USA das
Konzept „Network Centric Warfare (NCW)“ entwickelt wurde. Die Informationstechnik
sollte genutzt werden, um durch eine Informationsüberlegenheit zu einer Wirkungsüber-
legenheit zu kommen. Dazu sollten mithilfe der notwendigen Technologien und eines
geeigneten Informationsmanagements die richtigen Informationen zur richtigen Zeit an
die richtige Person gebracht und in geeigneter Form bereitgestellt (z. B. Lagedarstellung)
und so ein Lagebewusstsein ermöglicht werden. Dieses Konzept, in der Bundeswehr als
„Vernetzte Operationsführung“ bezeichnet, wurde von allen größeren Nationen, insbe-
sondere auch den NATO-Mitgliedsstaaten, aufgegriffen und – nach wie vor aktuell – als
gemeinsames und stets verbesserungsfähiges Ziel gesetzt. Voraussetzung dafür waren
die Verbesserung der Führungsinformationssysteme der Teilstreitkräfte, die Entwicklung
eines Streitkräftegemeinsamen Führungsinformationssystems und die Verbesserung der
Interoperabilität, auch mit den Bündnisstaaten.
Weitere Grundlage für die Vernetzte Operationsführung ist offensichtlich ein leis-
tungsfähiges und sicheres Kommunikationsnetz, auch auf der sogenannten „letzten
Meile“ im Einsatzgebiet. Dazu wurden erhebliche Anstrengungen unternommen. So
wurde u. a. von der NATO für notwendig erachtet, eine neue, mit den Geräten ande-
rer Nationen im Bündnis interoperable Funkgeräte-Generation, das sogenannte „Soft-
ware-Defined-Radio“, in der Bundeswehr als „Streitkräftegemeinsame verbundfähige
Funkgeräte-Ausstattung (SVFuA)“ bezeichnet, von den Mitgliedstaaten (einzeln oder
gemeinsam) zu entwickeln, da ein solches Funkgerät konstruktionsbedingt durch Nut-
zung entsprechender Wellenformen auch zwischen Teilstreitkräften und Bündnispartnern
interoperabel ist. Ferner wurde neben der Verbesserung der Inlandsnetze im Rahmen von
Herkules ein heute existierendes weltweit nutzbares eigenes Satelliten-Kommunikations-
system geschaffen, um von der Anmietung kommerzieller oder militärischer Satelliten
anderer Nationen unabhängig zu sein. Durch ein langfristig angelegtes Projekt („Mobile
Taktische Kommunikation“) soll gerade im taktischen Bereich die Kommunikation wei-
ter verbessert werden.
Heute kann von einem großen Fortschritt im Bereich der Vernetzten Operationsfüh-
rung und der Interoperabilität gesprochen werden, obgleich der Einsatz entsprechender
IT-Systeme z. B. in Afghanistan seinerzeit noch keineswegs befriedigende Ergebnisse
5 Digitalisierung auf Bundesebene 147

zeigte. Daraufhin wurde ohne Einhaltung standardisierter Beschaffungsprozesse von den


an der Mission beteiligten Streitkräften in einem denkbar kurzen Zeitraum das „Afghan-
Mission-Network“ (AMN) entwickelt und eingesetzt, dessen Nachfolgekonzept heute als
„Federated-Mission-Network (FMN)“ im Bereich der NATO weitgehend die Richtung
für Command-and-Control-Systeme vorgibt. Im Bereich der Bundeswehr werden derzeit
auch weitere wichtige Harmonisierungsprojekte wie die „Harmonisierung der Führungs-
informationssysteme (HaFIS)“ durchgeführt. Wegen der hohen Bedeutung der Inter-
operabilität ist die Standardisierung von IT von herausragender Bedeutung, gerade im
Hinblick auf Operationen mit den Streitkräften möglicher Missionspartner. Zwar richtet
sich die Bundeswehr wo immer möglich an nationalen Standards aus, muss aber deshalb
gegebenenfalls Abweichungen vornehmen, wenn die Interoperabilität mit Bündnispart-
nern dies erfordert.
Abb. 5.2 gibt einen Überblick über das umfangreiche Leistungsportfolio, das für die
Bundeswehr weltweit erbracht werden muss.
Die Modernisierung der administrativen Informationstechnik durch das Projekt Her-
kules hat neben leistungsfähigen Kommunikationsnetzen im Inland die Konsolidierung
der Rechenzentren, den neu geschaffenen, ohne Unterbrechung zur Verfügung stehenden
Help Desk und viele weitere Dienstleistungen hervorgebracht. Aufgrund der guten Kom-
munikationsnetze einschließlich des Satellitenkommunikationsnetzes besteht aus den
Einsatzgebieten ein verlässlicher Zugang zu den Systemen im Heimatland (Reach Back),
sodass auch dort umfangreiche Informationen ohne Zeitverzug zur Verfügung stehen.

Abb. 5.2 Leistungsportfolio der Bundeswehr


148 F. A. Schmidt und G. van der Giet

Dadurch werden neue Anwendungen wie z. B. Telemedizin in den Einsatzgebieten bes-


ser nutzbar. Erwähnt seien auch weitere Fähigkeiten zur Simulation, IT-gestützte Trai-
ningseinrichtungen usw., die systematisch ausgebaut werden.

5.3.4 Neue Bedrohungen und Herausforderungen

Die oben genannten Technologien haben die militärischen Fähigkeiten der Bundeswehr
deutlich verbessert, unterstützten aber zunächst im Wesentlichen tradierte militärische
Vorgehensweisen, auch daran erkenntlich, dass etwa der eingeschränkte und wenig für
die breite Rolle der IT angemessene Begriff der „Führungsunterstützung“ erst mit der
genannten Entscheidung vom 17. September 2015 durch „Informationstechnik“ abgelöst
wurde. Mit dem Konzept der Vernetzten Operationsführung ergaben sich erste Ansätze
zu einem Paradigmenwechsel, der die besondere Rolle einer Informationsüberlegenheit
stärker würdigte. Während noch vor wenigen Jahren die IT im militärischen Bereich
mit dem Kürzel „C3ISR“ (Command, Control, Communication, Information, Surveil-
lance, Reconaissence) umschrieben wurde, wird heute bereits aufgrund der schnellen
technischen Entwicklung von C5ISR gesprochen, weil „Computer“ und „Cyber“ hin-
zugekommen sind. Diese Entwicklung dürfte nicht zu Ende sein, da weitere neue, teil-
weise disruptive Entwicklungen wie z. B. der Roboter-Soldat, mit dem auch kleinere
Staaten mit ausreichend Geldmitteln eine bedeutsame Streitkraft aufstellen können, in
absehbarer Zeit ihre Einsatzreife erreichen werden und bestehende Konzepte der Sicher-
heits- und Verteidigungspolitik nachhaltig verändern werden, wenn nicht sogar obsolet
machen.

5.3.5 Neue Bedrohungen aus dem Cyberraum

Mit der Anerkennung des Cyberraumes als fünfte Dimension des Krieges und künftig
Teil der kollektiven Verteidigung der NATO wird die umfassende Bedeutung der Infor-
mationstechnik für die Verteidigung überaus deutlich. Durch die schnellen Entwicklun-
gen im Cyberraum ergeben sich in kürzester Zeit immer wieder neue Herausforderungen
und Bedrohungen, sowohl von staatlichen wie auch privaten Akteuren, die entsprechende
Fähigkeiten auch in diesem Bereich zur Verteidigung voraussetzen. Cyberangriffe bieten
die Möglichkeit, mit geringem Aufwand eine größtmögliche Wirkung zu erzielen. Die
bekannten Methoden zur IT-Sicherheit, u. a. das Verhindern von Eindringen in die eige-
nen Systeme von außen, reichen schon lange nicht mehr. Im Nachhinein vorgenommene
Maßnahmen der IT-Sicherheit sind nicht ausreichend, sie müssen von vornherein Teil
der Planung neuer Systeme sein. Für die Fähigkeit zur Verteidigung im Cyberraum sind
robuste zuverlässige und gut geschützte Netzwerke und Systeme unverzichtbar, die auch
nach teilweisem Ausfall oder Zerstörung die notwendigen Funktionen zur Verfügung
stellen. Da absolute Sicherheit nicht geschaffen werden kann, werden heute zu Recht
5 Digitalisierung auf Bundesebene 149

Netzwerke und Systeme mit hoher Resilienz gefordert und Metriken verlangt, die den
Grad der Resilienz ganzer Systeme messbar machen. Das Weißbuch 2016 fordert darü-
ber hinaus den „Ausbau der Gesamtresilienz“ als „Produkt der fortschreitenden Resili-
enzbildung“ in verwundbaren Bereichen [8, S. 49].
Während im konventionellen kinetischen Bereich Angriffe mit allen Mitteln zu ver-
hindern sind, ist der „Angriff“ im Cyberraum gängiges Mittel der Abwehrmaßnahme,
z. B. um Störquellen möglichst frühzeitig auszuschalten, falls sie zu ermitteln sind, und
gegebenenfalls auch ohne Kenntnis, wer ihr Urheber ist. Deswegen gehören die soge-
nannten „Computer Network Operations (CNO)“ mit ihren Teilbereichen wie Network
Attack, Network Exploitation usw. zwingend zu den notwendigen Fähigkeiten, über die
eine Streitkraft verfügen muss. Auch ist noch offen, ob und wie im Cyberraum gegebe-
nenfalls ein Abschreckungspotenzial analog zum physischen Bereich aufgebaut werden
kann. Der Begriff „Angriff“ wird hier einer eigenen Definition bedürfen, da zwischen
dem alltäglichen Ausschalten von Störversuchen und dem Angriff mit Parlamentsvorbe-
halt unterschieden werden muss. Auch moderne Waffensysteme mit kinetischer Wirkung
sind auf interne funktionierende IT-Komponenten (Waffen-IT) angewiesen, die deshalb
Angriffen ausgesetzt sind. Es bedarf also eines entsprechenden Schutzes bis hin zur Klä-
rung der Frage, ob vorbeugend nur noch Komponenten aus bestimmten Staaten verbaut
werden dürfen.
Das BMVg hat mit der Entscheidung zur Einrichtung einer neuen Abteilung im
BMVg sowie neben Heer, Marine, Luftwaffe, Sanität und Streitkräftebasis des militä-
rischen Organisationsbereiches „Cyber- und Informationsraum Kommando“ angesichts
der genannten Bedrohungen die notwendigen organisatorischen Maßnahmen ergriffen.
Im KdoCIR sollen alle Fähigkeiten, die im Cyberraum erforderlich sind, einschließlich
offensiver Maßnahmen, zur Verfügung stehen und stetig weiterentwickelt werden. Zur
Bereitstellung des benötigten und auf dem Markt knappen Fachpersonals wurde neben
Maßnahmen zur Steigerung der Attraktivität der Bundeswehr als Arbeitgeber außerdem
an der Bundeswehruniversität in München das sogenannte „Cyber-Cluster“ eingerichtet,
eine Lehr-und Forschungseinrichtung, die einen eigenen Studiengang „Cyber“ entwi-
ckelt und jährlich Studienabgänger mit einschlägigem Abschluss bereitstellen soll. Es ist
zu erwarten, dass Cyber-Experten zukünftig auch regelmäßig Teil der Einsatzkräfte sind
und auch vor Ort benötigt werden.

5.3.6 Neue Technologien

Neue technische Entwicklungen, auch wenn sie nicht dem unmittelbaren militärischen
Bereich entstammen, sind für die Bundeswehr fast immer relevant. Eine Bundeswehr-
Cloud wird es geben müssen, um die im Leistungsportfolio vorgesehenen weltweiten
Services erbringen zu können, ebenso wie Big Data Predictive Analysis genutzt werden
wird, um mit den gigantischen Massendaten einer Streitkraft umzugehen und Schluss-
folgerungen zu ziehen. Mobile Kommunikation, seit jeher ein wichtiger Faktor, kann
150 F. A. Schmidt und G. van der Giet

unter bestimmten Bedingungen auch in Einsatzgebieten angesichts der Kurzlebigkeit


taktischer Information kostengünstiger mit heute verfügbaren und zugelassenen sicheren
Handys durchgeführt werden, möglicherweise in Verbindung mit einem Überdenken der
diesbezüglichen Sicherheitsvorgaben usw. Langfristige Vorhaben der Bundeswehr wie
z. B. die Projekte „Mobile Taktische Kommunikation“ und „Mobiler Taktischer Informa-
tionsverbund“ sind darauf ausgerichtet, unterschiedliche Technologien zu einheitlichen
interoperablen Systemen zusammenzufassen.
Nicht zu vergessen sind in diesem Zusammenhang die Möglichkeiten, die sich
zukünftig mit dem umfassenderen Einsatz „Künstlicher Intelligenz“ ergeben. Autonome
(Kampf-)Fahrzeuge oder Drohnen sind ein Beispiel dafür bis hin zu der Möglichkeit,
dass diese Systeme während eines Verteidigungsvorganges selbstständig Entscheidungen
treffen. Das sogenannte „Internet der Dinge“ ermöglicht weitere völlig neue Optionen.
Im Rahmen der bereits zu beobachtenden Hybriden Kriegsführung, die sich nicht auf
die Nutzung kinetischer Mittel oder Angriffe im Cyberraum beschränkt, sondern mithilfe
sozialer Medien Gesellschaften nach eigenen Vorstellungen zu konditionieren versucht,
ist ebenfalls der Einsatz entsprechender (IT-)technischer Mittel und gut ausgebildeter
Experten erforderlich.
Insgesamt ist durch das Hinzukommen des Cyberraumes neben anderen gestiege-
nen Anforderungen ein weiterer erheblicher Kostenfaktor in der Verteidigung entstan-
den, dem durch neue Ansätze im Bündnis und in der EU begegnet werden soll. „Smart
Defence“ und „Pooling and Sharing“ bezeichnen den Versuch, den Herausforderungen
durch Teilung der Lasten und Vermeidung von Doppelentwicklungen zu begegnen.

5.3.7 Neue Formen der Zusammenarbeit mit der Wirtschaft

National und international ist anerkannt, dass staatliche Einrichtungen und Unterneh-
men mit der rasanten Entwicklung neuer Bedrohungen im Cyberraum kaum Schritt hal-
ten können. Hier sind mehr als je zuvor Staat und Wirtschaft aufeinander angewiesen,
die einen, um die notwendigen Produkte zu entwickeln, die anderen, um angemessene
gesetzliche Rahmenbedingungen zu schaffen. Innovationen müssen schnell erkannt, auf-
gegriffen und zur Anwendungsreife gebracht werden, Beschaffungen müssen schneller
als bisher erfolgen und komplexe IT-Vorhaben schneller durchgeführt werden, gegebe-
nenfalls mit einer Lockerung derzeitiger Vergabevorschriften. Die Möglichkeit, Innova-
tionspartnerschaften zu bilden, weist hier ebenfalls einen Weg. Eine engere und nicht
durch Vergaberichtlinien zu sehr eingegrenzte Zusammenarbeit mit der Wirtschaft und
der Forschung ist erforderlich, insbesondere auch mit den Start-up-Unternehmen, weil
gerade diese kleineren Firmen Lieferanten von neuen und guten Ideen sind. Andere Staa-
ten, und erst recht auch Firmen, gehen bereits den Weg, Innovation auszulagern und in
eigene Einrichtungen einzubringen, um den Ballast tradierten Denkens zu vermeiden.
Auch in den nationalen Branchenverbänden der Wirtschaft und im Bereich der Bundes-
wehr wird bereits an derartigen Lösungen gearbeitet.
5 Digitalisierung auf Bundesebene 151

5.3.8 Zusammenfassung

Die IT der Bundeswehr hat im administrativen Bereich durch die Projekte Herkules und
SASPF eine Modernisierung auf den neuesten Stand der Technik erfahren. Zugleich werden
über leistungsfähige Kommunikationsnetze weltweit neue und dringend notwendige Servi-
ces geboten. In der einsatznahen IT haben zahlreiche Projekte dazu geführt, die Führungs-
unterstützung zu verbessern und Fähigkeiten zur vernetzten Operationsführung zu erreichen.
Die weit darüber hinausgehenden neuen Herausforderungen durch die Bedrohungen
aus dem Cyberraum erfordern zur ihrer Abwehr und zur Aufrechterhaltung der Verteidi-
gungsbereitschaft speziell darauf ausgerichtete Mittel und eine angemessene Aufstellung
gut ausgebildeter Kräfte, die die Bundeswehr zurzeit vornimmt. Die Abwehr von kom-
plexen Cyberangriffen stellt jedoch eine gesamtstaatliche Aufgabe dar, da hier innere
und äußere Sicherheit eng zusammenfallen. Unter Beachtung der verfassungsmäßigen
Rolle der Bundeswehr zur Abwehr äußerer Gefahren und dem Zuständigkeitsbereich
des Bundesministeriums des Inneren (innere Sicherheit) und des Auswärtigen Amtes
(Cyber-Außenpolitik) ist eine ressortübergreifende Kooperation notwendig. Vor die-
sem Hintergrund ist ein gemeinsames Cyber-Abwehrzentrum mit einem gemeinsamen
Lagebild unverzichtbar, um schnell und angemessen reagieren zu können. Dies gilt auch
für die schwierigen rechtlichen Fragen, die sich aus Aktionen im Cyberraum ergeben,
z. B. wann ein Angriff als solcher zu betrachten ist (z. B. bezüglich des Artikels 5 des
NATO-Vertrages) und entsprechende Reaktionen erfordert, und gegebenenfalls mit wel-
chen Mitteln. Ein Cyberangriff wird sich in einer Auseinandersetzung hoher Intensität
nicht auf den Cyberraum beschränken. Bereits heute ist zu beobachten, dass auf Angriffe
aus dem Cyberraum auch im physischen Raum reagiert wird. Insofern ist die eingangs
getroffene Feststellung gerechtfertigt, dass eine innovative moderne IT zur Verfügung
stehen muss, da ohne sie Verteidigung nicht mehr möglich ist, und entsprechende Kosten
in Kauf genommen werden müssen.

Literatur

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2. Bundesministerium des Innern (CIO): Das Konzept IT-Steuerung Bund. http://www.cio.bund.
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4. Bundesministerium des Innern (BMI): Digitale Verwaltung 2020. 17.09.2014. https://www.
bmi.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/Broschueren/2014/regierungsprogramm-digitale-
verwaltung-2020.html?nn=3315468 (2014). Zugegriffen: 22. Apr. 2017
152 F. A. Schmidt und G. van der Giet

5. Bundesministerium des Innern (CIO): Grobkonzept zur IT-Konsolidierung Bund. 20.05.2015.


https://www.cio.bund.de/SharedDocs/Publikationen/DE/Innovative-Vorhaben/it_konsolidie-
rung_bund_grobkonzept.pdf?__blob=publicationFile (2015). Zugegriffen: 23. Apr. 2017
6. Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi): Weißbuch digitale Plattformen.
https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Publikationen/Digitale-Welt/weissbuch-digitale-plattfor-
men.html (2017a). Zugegriffen: 24. Apr. 2017
7. Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi): Bundesregierung zieht positive Bilanz
zur digitalen Agenda. http://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Pressemitteilungen/2017/20170426-
gem-pm-bundesregierung-zieht-positive-bilanz-zur-digitalen-agenda.html (2017b). Zugegrif-
fen: 30. Apr. 2017
8. Bundesregierung: Weißbuch 2016 zur Sicherheitspolitik und zur Zukunft der Bundeswehr.
https://www.bundesregierung.de/Content/Infomaterial/BMVg/Weissbuch_zur_Sicher-
heitspolitik_2016.pdf;jsessionid=30D5AC18AC716731B79D6ED387231521.s3t2?__
blob=publicationFile&v=2 (2016). Zugegriffen: 23. Apr. 2017
9. Bundesportal: Behörden. http://www.bund.de/Content/DE/Behoerden/Suche/Formular.html?nn=
4641496 (2017). Zugegriffen: 24. Apr. 2017
10. BWI: Wir sind die Modernisierer. https://www.bwi-it.de/unternehmen/wer-sind-wir/ (2017).
Zugegriffen: 22. Apr. 2017
11. ITZBund: Das ITZBund. Unsere Behörde in Zahlen. https://www.itzbund.de/DE/UeberUns/
ITZBund_in_Zahlen/itzbund_in_zahlen_node.html (2017). Zugegriffen: 22. Apr. 2017

Weiterführende Literatur

1. Quillet, R., Moser, R.: Ordnungsgemäß und systematisch: Aktenführung als Führungsinstru-
ment. https://www.baselland.ch/politik-und-behorden/besondere-behorden/staatsarchiv/akten-
fuhrung/infoheft/downloads/nr-_157-_fuehrungsinstrument.pdf. Zugegriffen: 25. Apr. 2017
2. Wikipedia:Bundesbehörden.https://de.wikipedia.org/wiki/Bundesbeh%C3%B6rde_(Deutschland)
(2017). Zugegriffen: 25. Apr. 2017
Treiber, Ratgeber, Meinungsmacher
6
Jörn von Lucke, Roland Heuermann, Helmut Poder, Mario Walther,
Heinrich Rentmeister, Marc Reinhardt, Jan Reddehase, Ulf Schitkowsky,
Mathias Oberndörfer, Ferdinand Schuster, Philipp Kleinmanns, Carsten
Hentrich und Michael Pachmajer

J. von Lucke (*)


The Open Government Institut, Zeppelin Universität Friedrichshafen, Friedrichshafen,
Deutschland
E-Mail: jorn.vonlucke@zu.de
R. Heuermann
Bonn, Deutschland
E-Mail: roland_heuermann@t-online.de
H. Poder
Viersen, Deutschland
E-Mail: helmut.poder@computacenter.com
M. Walther · H. Rentmeister · M. Reinhardt · J. Reddehase · M. Oberndörfer · F. Schuster
Berlin, Deutschland
E-Mail: mario.walther@accenture.com
H. Rentmeister
E-Mail: Rentmeister.Heinrich@bcg.com
M. Reinhardt
E-Mail: marc.reinhardt@capgemini.com
J. Reddehase
E-Mail: jan.reddehase@capgemini.com
F. Schuster
E-Mail: fschuster@kpmg.com
U. Schitkowsky
Teltow, Deutschland
E-Mail: ulf.schitkowsky@computacenter.com
P. Kleinmanns
Dortmund, Deutschland
E-Mail: Philipp.Kleinmanns@materna.de
C. Hentrich · M. Pachmajer
Frankfurt/Main, Deutschland
E-Mail: carsten.hentrich@pwc.com
M. Pachmajer
E-Mail: michael.pachmajer@pwc.com

© Springer-Verlag Berlin GmbH Deutschland 2018 153


R. Heuermann et al. (Hrsg.), Digitalisierung in Bund, Ländern und Gemeinden,
https://doi.org/10.1007/978-3-662-54098-5_6
154 J. von Lucke et al.

6.1 Lehre und Forschung

6.1.1 Deutschsprachige Lehrstühle an Universitäten &


Hochschulen

Jörn von Lucke

6.1.1.1 Übersicht
Die Professoren an den sich mit der Digitalisierung im Öffentlichen Sektor auseinan-
dersetzenden Lehrstühlen sind sowohl lehrende als auch forschende Akteure, die oft
als neutrale Beobachter, Beschreiber, Erklärer und Gestalter fungieren und vor allem
maßgeblich zur Ausbildung beitragen. Sie profitieren von der Infrastruktur ihrer Uni-
versität oder Hochschule, deren gutem Ruf, von ihrer Einbettung in ganz unterschied-
liche Forschungseinrichtungen und Akademien, von Bibliotheken, Inkubatoren und
Gründungszentren. Universitäten und Hochschulen ermöglichen Professoren und
wissenschaftlichen Mitarbeitern, Habilitanden, Doktoranden und wissenschaftlichen
Hilfskräften, mit eigenen Beiträgen zur Erkenntnisgewinnung beizutragen. Diese profi-
tieren alle von der grundgesetzlich geschützten Freiheit von Lehre und Forschung, lei-
den aber unter der finanziell nur noch bedingt attraktiven Besoldung beziehungsweise
bei angestellten Professoren kaum noch wettbewerbsfähigen Gehältern. Hinzu kommt,
dass volkswirtschaftlich betrachtet in der Ausbildung die Verwaltungswissenschaften
nur eine untergeordnete Rolle spielen. Mit Blick auf den Anteil des Öffentlichen Sek-
tors am Bruttosozialprodukt mit knapp 50 % überrascht etwa die geringe Anzahl der an
Digitalisierung im Öffentlichen Sektor arbeitenden Professoren an den Universitäten und
Hochschulen sowohl in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Liechtenstein. Die
folgenden Abschnitte stellen die Situation der ordentlichen Professoren in chronologi-
scher Reihenfolge ihrer Berufung in ihre aktuelle Position mit dem Stand März 2017 dar.
Keine Berücksichtigung finden emeritierte oder sich im Ruhestand befindliche Kollegen
wie etwa Herbert Kubicek, Klaus Lenk, Heinrich Reinermann und Roland Traunmül-
ler1, ebenso Honorarprofessuren und Gastprofessuren. Die Analyse erfolgt zudem ohne
Kenntnis über künftige Wechsel und sonstige Veränderungen.

6.1.1.2 Verwaltungsinformatik
Die Anzahl der deutschsprachigen Lehrstühle der Verwaltungsinformatik an Universitä-
ten ist sehr überschaubar. Abb. 6.1 zeigt eine Übersicht.
Maria Wimmer hat seit 2005 einen Lehrstuhl für Verwaltungsinformatik am Institut
für Wirtschafts- und Verwaltungsinformatik an der Universität Koblenz-Landau inne. Jörn
von Lucke ist seit 2009 Lehrstuhlinhaber für Verwaltungs- und Wirtschaftsinformatik an

1Einen breiten Überblick über Aktivitäten und Wirkungen dieser Generation von Pionieren liefert
die Festschrift zum 80. Geburtstag für Heinrich Reinermann [15].
6 Treiber, Ratgeber, Meinungsmacher 155

Abb. 6.1 Deutschsprachige Akteure Verwaltungsinformatik Universitäten DACH-Länder

der Zeppelin Universität in Friedrichshafen, zugleich steht er als Direktor dem The Open
Government Institute vor. Seit 2014 wirkt Robert Krimmer an der Ragnar Nurkse School
of Innovation and Governance an der Technischen Universität Tallinn (Estland). Peter
Parycek ist seit 2015 Universitätsprofessor für E-Governance und Leiter des Departments
für E-Governance in Wirtschaft und Verwaltung an der Donau-Universität Krems. Sara
Hofmann ist seit 2016 Juniorprofessorin für Digitale Medien im Öffentlichen Sektor am
Fachbereich 3 (Mathematik und Informatik) der Universität Bremen. Dort arbeitet sie in
der Arbeitsgruppe Informationsmanagement und am Institut für Informationsmanage-
ment Bremen GmbH (ifib).
Auf der Ebene der Hochschulen und Fachhochschulen findet sich eine etwas breitere
Basis an Professoren, weil an diesen Einrichtungen der gehobene Dienst in der Öffentli-
chen Verwaltung ausgebildet wird. Abb. 6.2 enthält eine Übersicht.
Margit Scholl unterrichtet seit 1994 Wirtschaftsinformatik und Verwaltungsinforma-
tik an der Technischen Hochschule Wildau (FH). Detlef Rätz lehrt Verwaltungsinforma-
tik an der sächsischen Hochschule für Öffentliche Verwaltung und Rechtspflege (FH)
in Meißen und leitet seit dem Jahr 2000 das dortige Zentrum für Informationstechno-
logie. Thomas Schaller unterrichtet seit 2002 Informatik und Verwaltungsinformatik
an der Hochschule Hof. Anne-Dore Uthe lehrt seit 2002 Verwaltungsinformatik und
156 J. von Lucke et al.

Abb. 6.2 Deutschsprachige Akteure Verwaltungsinformatik Hochschulen DACH-Länder

Öffentliches Medienmanagement an der Hochschule Harz in Halberstadt. Reinhard Rie-


del ist seit 2006 an der Berner Fachhochschule aktiv und baute hier die E-Government-
Forschungsgruppe aus. Dagmar Lück-Schneider bildet seit 2009 an der Hochschule für
Wirtschaft und Recht (HWR) in Berlin aus, ebenso wie dies Margarita Elkina tut. Bir-
git Schenk wirkt nach Tätigkeiten an der Hochschule Kehl seit 2011 an der Hochschule
für Verwaltung und Finanzen Ludwigsburg. Ihr folgte Robert Müller-Török 2012 eben-
falls nach Ludwigsburg. Ulrich Greveler ist seit 2012 auf einer Professur für angewandte
Informatik an der Hochschule Rhein-Waal in Kamp-Lintfort aktiv. Antje Dietrich wurde
2015 zur Professorin für Verwaltungsinformatik an die Hochschule Kehl berufen. Eine
Professur für Verwaltungsinformatik soll zudem 2017 an der Hochschule Hannover ein-
gerichtet werden. Die Lehrstühle und Kontaktdaten sind in der Abb. 6.3 aufgeführt.

6.1.1.3 Wirtschaftsinformatik
Eine Auflistung von Professuren mit Relevanz für die Informatik in der Verwaltung darf
allerdings nicht nur auf die reinen Vertreter der Verwaltungsinformatik beschränkt sein.
Zahlreiche wissenschaftlich tätige Wirtschaftsinformatiker nehmen für sich zu Recht
6 Treiber, Ratgeber, Meinungsmacher 157

Abb. 6.3 Lehrstuhlinhaber Verwaltungsinformatik

in Anspruch, sich mit dem Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnik in


Unternehmen und Verwaltungen auseinanderzusetzen. Einige der oben genannten Pro-
fessoren haben zudem ihre Ausbildung in der Wirtschaftsinformatik genossen, sich dann
aber intensiv mit der Öffentlichen Verwaltung auseinandergesetzt. Innerhalb der deutsch-
sprachigen Universitäten sind die in Abb. 6.4 genannten Lehrstuhlinhaber durch ihr
Engagement in Lehre und Forschung besonders ausgewiesen, wobei sich darunter ausge-
sprochen viele ehemalige Mitarbeiter von August-Wilhelm Scheer wiederfinden: Bereits
seit 1985 wirkt Rainer Thome als Inhaber des Lehrstuhls für Betriebswirtschaftslehre und
Wirtschaftsinformatik an der Julius-Maximilians-Universität in Würzburg. Jörg Becker
ist seit 1990 Inhaber des Lehrstuhls für Wirtschaftsinformatik und Informationsmanage-
ment sowie seit 1994 geschäftsführender Direktor des Instituts für Wirtschaftsinformatik
der Universität Münster sowie seit 2004 akademischer Direktor des European Research
Center for Information Systems (ERCIS). Helmut Krcmar übernahm nach leitenden Posi-
tionen an der Universität Hohenheim 2002 den Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik an
158 J. von Lucke et al.

Abb. 6.4 Lehrstuhlinhaber Wirtschaftsinformatik

der Technischen Universität München (TUM). Zudem sitzt er im Direktorium der for-
tiss GmbH, einem An-Institut an der TUM und damit einer universitätsnahen, aber recht-
lich unabhängigen, nichtkommerziellen Forschungseinrichtung in der Rechtsform einer
gemeinnützigen GmbH. Günther Pernul ist seit 2002 Inhaber des Lehrstuhl Wirtschafts-
informatik I − Informationssysteme an der Universität Regensburg. Bernd W. Wirtz
publiziert seit 2004 als Inhaber des Lehrstuhls für Informations- und Kommunikations-
management an der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer. Peter
Loos hat seit 2005 eine Professur für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Wirtschafts-
informatik am Institut für Wirtschaftsinformatik (IWi) im Deutschen Forschungszentrum
für Künstliche Intelligenz (DFKI) an der Universität des Saarlandes inne. Markus Nütt-
gens unterrichtet seit 2005 als Lehrstuhlinhaber für Wirtschaftsinformatik an der Univer-
sität Hamburg. Gerhard Schwabe leitet nach Stationen an der Universität Koblenz seit
2007 die Forschergruppe Information Management an der Fakultät Informatik der Uni-
versität Zürich. Andreas Maier ist seit 2011 Lehrstuhlinhaber für eBusiness & eGovern-
ment an der Universität Fribourg in der Schweiz. Julia Krönung hat seit 2014 an der
Universität Mannheim die von der Dieter Schwarz Stiftung geförderte Juniorprofessur
für E-Business und E-Government inne. Björn Niehaves ist seit 2014 Inhaber des Lehr-
stuhls für Wirtschaftsinformatik an der Universität Siegen und forscht zu digitalen Inno-
vationen und ihrer Bedeutung für die unternehmerische Wertschöpfung und Arbeitswelt.
6 Treiber, Ratgeber, Meinungsmacher 159

Seit 2016 ist er Direktor des Forschungskollegs der Universität Siegen (FoKoS). Moreen
Heine wirkt seit 2015 als Juniorprofessurin Wirtschaftsinformatik, insbesondere Digital
Government, an der Universität Potsdam.
Aus der Riege der Hochschulen und Fachhochschulen sind an dieser Stelle Wolfgang
Eixelsberger, seit 2006 Professor für Wirtschaftsinformatik an der Fachhochschule Kärn-
ten in Villach, René Schumann, seit 2012 Professor am Institut für Wirtschaftsinformatik
der Hochschule Wallis, und Konrad Walser mit seiner Professur für Wirtschaftsinforma-
tik und E-Government an der Berner Fachhochschule zu erwähnen.

6.1.1.4 Verwaltungswissenschaften und Public Management


Drittens müssen die Lehrstuhlinhaber aus den Verwaltungswissenschaften und der
öffentlichen Betriebswirtschaftslehre (modern: Public Management) erwähnt werden,
die sich aus einer verwaltungswissenschaftlichen und einer ökonomischen Sicht mit der
Digitalisierung im Öffentlichen Sektor beschäftigen. Abb. 6.5 zeigt eine Übersicht.
Hermann Hill ist seit 1986 Inhaber des Lehrstuhls für Verwaltungswissenschaft und
Öffentliches Recht an der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer.
Von 1989 bis 1991 war er Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten des Landes
Rheinland-Pfalz. Kuno Schedler arbeitet seit 1996 als Professor für Betriebswirtschafts-
lehre der öffentlichen Institutionen (Public Management) an der Universität St. Gallen
und als Direktor am Institut für Systematisches Management und Public Governance.
Dennis Hilgers leitet seit 2012 das Institut für Public und Non-Profit Management an der
Johannes Kepler Universität Linz. Ines Mergel kam aus den USA (Syracuse, New York)
zurück nach Deutschland und hat 2016 den Lehrstuhl für Öffentliche Verwaltung an der
Universität Konstanz übernommen.
Auf der Ebene der Hochschulen und Fachhochschulen sind auch Professoren der Ver-
waltungswissenschaften in Fragen der Digitalisierung aktiv. Martin Brüggemeier unter-
richtet seit 1999 als Professor für Betriebswirtschaftslehre und Public Management an
der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) in Berlin. Jürgen Stember lehrt seit
1999 Verwaltungswissenschaften an der Hochschule Harz. Tino Schuppan unterrichtet
seit 2009 als Professor für Betriebswirtschaftslehre zunächst mit Schwerpunkt Public

Abb. 6.5 Lehrstuhlinhaber Verwaltungswissenschaften


160 J. von Lucke et al.

Management, mittlerweile Unternehmenssteuerung, Controlling und Rechnungswesen in


öffentlichen Organisationen an der Hochschule der Bundesagentur für Arbeit in Schwe-
rin. Seit 2009 ist Ralf Daum Professor an der heutigen Dualen Hochschule Baden-Würt-
temberg (DHBW) Mannheim in den Studiengängen Gesundheitswesen und Soziale
Einrichtungen, Öffentliche Wirtschaft sowie Wirtschaftsförderung.
Bei diesen drei Gruppen handelt es sich sowohl mit Blick auf Lehrstuhlinhaber an
Universitäten wie Professoren an Fachhochschule (siehe Abb. 6.5, Stand 3/2017) insge-
samt um eine recht überschaubare Akteursgruppe, ohne dabei bereits deren Mitarbeiter
an den Lehrstühlen und Forschungsinstituten einzubeziehen.
The Potsdam Institute for eGovernment hat 2014 eine wissenschaftliche Studie über
„Aktuelle Ausprägung sowie Gestaltungsmöglichkeiten der E-Government-Aus- und
Fortbildung von Fach- und Führungskräften der Verwaltung“ herausgeben. Tino Schup-
pan, Sirko Hunnius und Benedikt Paulowitsch haben im Auftrag des IT-Planungsrats
die damalige Situation analysiert [24]. Unter Reflexion der beiden Stellungnahmen der
Fachgruppe Verwaltungsinformatik der Gesellschaft für Informatik [6, 7] hat der IT-Pla-
nungsrat bis Ende 2016 auf diese Situation mit der Entwicklung von Kompetenzprofilen
reagiert, ohne aber einen signifikanten Lehrstuhlausbau anzustoßen [10]. Die Ausein-
andersetzung mit der Digitalisierung im Öffentlichen Sektor ist von Multidisziplinari-
tät geprägt und führt zwangsläufig zu unterschiedlichen Sichtweisen und Vertiefungen.
In den folgenden Abschnitten sollen die sich mit Digitalisierung im öffentlichen Raum
auseinandersetzenden Lehrstuhlinhaber in den angrenzenden Wissenschaften der Rechts-
informatik, des Informationsrechts, des öffentlichen Rechts, des Medienrechts und der
Politikwissenschaften dargestellt werden.

6.1.1.5 Rechtsinformatik
Bedauerlicherweise sind die professoralen Vertreter der Rechtsinformatik im deutsch-
sprachigen Raum ebenfalls sehr überschaubar. Erich Schweighofer ist seit 1997
außerordentlicher Universitätsprofessor an der Universität Wien in den Fächern Rechts-
informatik, Völkerrecht und Europarecht. Stephan Breidenbach hat seit 2005 den Lehr-
stuhl für Bürgerliches Recht, Zivilprozessrecht und Internationales Wirtschaftsrecht an
der Europa-Universität Viadrina inne. Er ist Mitgründer von betterplace.org und Pionier
im Legal-Tech-Bereich. Christoph Sorge darf seit 2014 über die juris-Stiftungsprofessur
für Rechtsinformatik an der Universität des Saarlandes wirken. Er beschäftigt sich mit
Fragestellungen der Rechtsinformatik, der IT-Sicherheit und des Datenschutzes. Zudem
ist Sayeed Klewitz-Hommelsen zu erwähnen, der seit 1999 als Professor für Rechtsinfor-
matik und E-Commerce-Recht an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg tätig ist. Die Kon-
taktdaten finden sich in Abb. 6.6.

6.1.1.6 Öffentliches Recht, Informationsrecht und Medienrecht


Ursprünglich wurden unter dem Begriff „Rechtsinformatik“ sowohl informationstechni-
sche Ansätze zu rechtlichen Fragestellungen als auch rechtliche Ansätze zu informati-
onstechnischen Fragestellungen zusammengefasst. Die folgenden Juristen setzen sich an
6 Treiber, Ratgeber, Meinungsmacher 161

Abb. 6.6 Lehrstuhlinhaber Rechtsinformatik

Universitäten eher aus einer rechtlichen als einer technischen Perspektive wissenschaft-
lich mit Fragen der Digitalisierung im Öffentlichen Sektor auseinander.
Zunächst werden die sich mit dem öffentlichen Recht beschäftigenden Universitäts-
professoren vorgestellt, die Kontaktdaten finden sich in Abb. 6.7.
Alexander Rossnagel ist Professor für Öffentliches Recht mit dem Schwerpunkt Recht
der Technik und des Umweltschutzes an der Universität Kassel. Dirk Heckmann wirkt
seit 1996 an der Universität Passau und hat heute einen Lehrstuhl für Öffentliches Recht,
insbesondere Sicherheitsrecht und Internetrecht inne. Bernd Holznagel ist seit 1997 Lehr-
stuhlinhaber für Staats- und Verwaltungsrecht an der Westfälischen Wilhelms-Universität
Münster. Als Direktor des Instituts für Informations-, Telekommunikations- und Medien-
recht (ITM) leitet er die öffentlich-rechtliche Abteilung. Jan Ziekow hat seit 1997 den
Lehrstuhl für Öffentliches Recht, insbesondere allgemeines und besonderes Verwaltungs-
recht, an der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer inne. Zugleich
ist er Direktor des Deutschen Forschungsinstituts für Öffentliche Verwaltung Speyer
und Leiter des Instituts für Gesetzesfolgenabschätzung und Evaluation. Utz Schliesky
ist seit 2007 außerplanmäßiger Professor für Öffentliches Recht und Europarecht an der
Christian-Albrechts-Universität Kiel, heute im Hauptamt Direktor des Schleswig-Hol-
steinischen Landtags und im Nebenamt geschäftsführender Vorstand des Lorenz-von-
Stein-Instituts an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Mario Martini ist seit 2010
Inhaber des Lehrstuhls für Verwaltungswissenschaft, Staatsrecht, Verwaltungsrecht und
Europarecht an der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer und
zusätzlich seit 2016 Leiter des Programmbereichs „Transformation des Staates in Zeiten
der Digitalisierung“ am Deutschen Forschungsinstitut für Öffentliche Verwaltung Speyer.
Wolfgang Schulz ist seit 2011 Lehrstuhlinhaber für Medienrecht und Öffentliches Recht
einschließlich ihrer rechtstheoretischen Grundlagen an der Universität Hamburg und als
Seniorforscher am Hans-Bredow-Institut aktiv. Gerrit Hornung unterrichtet seit 2015 als
Professor für Öffentliches Recht, IT-Recht und Umweltrecht an der Universität Kassel.
Dort ist er als Direktor im Wissenschaftlichen Zentrum für Informationstechnik-Gestal-
tung (ITeG) tätig. Meinhard Schröder ist seit 2016 Inhaber des Lehrstuhls für öffentliches
Recht und Informationstechnologierecht an der Universität Passau. Im selben Jahr hat
auch Hubertus Gersdorf von der Universität Rostock kommend an der Universität Leip-
zig den Lehrstuhl für Staats- und Verwaltungsrecht sowie Medienrecht übernommen.
162 J. von Lucke et al.

Abb. 6.7 Lehrstühle Öffentliches Recht, Informationsrecht und Medienrecht

Jenseits des öffentlichen Rechts sind es vor allem das Informationsrecht und das
Medienrecht, die Professoren zu einer Auseinandersetzung mit der Digitalisierung im
Öffentlichen Sektor bewegen. Thomas Hoeren forscht seit 1997 an der Juristischen
Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster als Direktor des Instituts für
Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht (ITM). Gerald Spindler hat eben-
falls seit 1997 den Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Handels- und Wirtschaftsrecht,
Rechtsvergleichung, Multimedia- und Telekommunikationsrecht an der Georg-August-
Universität zu Göttingen inne. Auch Jürgen Taeger übernahm 1997 seine Lehrstuhlpro-
fessor für Bürgerliches Recht, Handels- und Wirtschaftsrecht sowie Rechtsinformatik
am Fachbereich Wirtschafts- und Rechtswissenschaften der Carl von Ossietzky Univer-
sität Oldenburg. Nikolaus Forgó ist seit 2002 Inhaber einer Professur für Rechtsinfor-
matik und IT-Recht und an der Leibniz Universität Hannover. Am dortigen Institut für
Rechtsinformatik forscht er zu Datenschutz- und Datensicherheitsrecht sowie in imma-
terialgüter- und verbraucherschutzrechtlichen Fragen der Informationstechnik. Walter
Blocher unterrichtet seit 2005 mit einer Professur für Bürgerliches Recht, Unterneh-
mensrecht und Informationsrecht am Institut für Wirtschaftsrecht der Universität Kassel.
Andreas Wiebe hat seit 2009 den Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Wettbewerbs- und
Immaterialgüterrecht, Medien- und Informationsrecht an der Georg-August-Universität
zu Göttingen inne. Georg Borges ist seit 2014 Lehrstuhlinhaber für Bürgerliches Recht,
Rechtsinformatik, deutsches und internationales Wirtschaftsrecht sowie Rechtstheorie
6 Treiber, Ratgeber, Meinungsmacher 163

an der Universität des Saarlands und in das Institut für Rechtsinformatik eingebunden.
Axel Metzger wechselte 2014 auf den Lehrstuhl für Bürgerliches Recht und Immaterial-
güterrecht, insbesondere Gewerblicher Rechtsschutz, an die Humboldt-Universität nach
Berlin und forscht wie vorher in Hannover auch weiter zum Recht der Informationstech-
nologie. Abschließend zur erwähnen ist Elisabeth Staudegger, die als Professorin in den
Fächern Rechtsinformatik und IT-Recht (Informationstechnologierecht), Bürgerliches
Recht und Immaterialgüterrecht am Institut für Rechtswissenschaftliche Grundlagen an
der Karl-Franzens-Universität Graz lehrt und forscht.

6.1.1.7 Politikwissenschaften und Kommunikationswissenschaften


Auch einige Professoren der Politikwissenschaften und der Kommunikationswissen-
schaften setzen sich mit der Digitalisierung des Staates und der Politik auseinander. Eine
Liste aller Professoren sowie eine Angabe der Kontaktmöglichkeit enthält Abb. 6.8.
Gerhard Vowe ist seit 2004 Inhaber des Lehrstuhls I für Kommunikations- und Medi-
enwissenschaft an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und forscht zur politischen
Kommunikation in der Online-Welt. Lars Holtkamp lehrt seit 2010 als Professor für
Politik und Verwaltung an der Fernuniversität Hagen. Er forscht zu Haushaltspolitik, Ver-
waltungsmodernisierung, Parteien, Verwaltungs- und Demokratiereformen sowie lokaler
Politikforschung. Norbert Kersting wurde 2010 auf eine Professur „Vergleichende Poli-
tikwissenschaft − Kommunal- und Regionalpolitik“ am Institut für Politikwissenschaft
an die Universität Münster berufen. Er ist Vorstandssprecher der Themengruppe Internet
und Politik − Elektronische Governance der Deutschen Vereinigung für Politikwissen-
schaft (DVPW) und Vorsitzender des Research Committees 10: „Electronic Democracy“
der International Political Science Association (IPSA). Andrea Römmele ist seit 2010
Lehrstuhlinhaberin für Kommunikation in Politik und Zivilgesellschaft an der Hertie
School of Governance. Sie forscht unter anderem zu den neuen Informations- und Kom-
munikationstechnologien in politischen und kommerziellen Organisationen. Christoph
Bieber ist seit 2011 Inhaber der Welker-Stiftungsprofessur Ethik in Politikmanagement
und Gesellschaft an der NRW School of Governance der Universität Duisburg-Essen. Er
forscht zu den Auswirkungen der Neuen Medien und des Internets auf die Demokratie

Abb. 6.8 Liste Professoren Politik- und Kommunikationswissenschaften


164 J. von Lucke et al.

und politische Prozesse. Christoph Neuberger lehrt und forscht seit 2011 am Institut für
Kommunikationswissenschaft und Medienforschung der Ludwig-Maximilians-Univer-
sität München. Seine Schwerpunkte liegen in Journalismus- und Öffentlichkeitstheorie
sowie Öffentlichkeit und Journalismus im Internet, Aktivitäten von Presse und Rundfunk
im Internet, Suchmaschinen und partizipativen Internetformaten. Markus Rhomberg ist
nach seiner positiven Bewährung als Juniorprofessor 2013 zum Lehrstuhlinhaber für
Politische Kommunikation an der Zeppelin Universität in Friedrichshafen berufen wor-
den. Er betrachtet analoge und digitale Kommunikationsprozesse, die sich auf politische
Themen und Akteure beziehen bzw. von diesen ausgehen, und untersucht verwandte
Themenfelder der Wissenschaftskommunikation und der Kommunikation von Organisa-
tionen. Christian Pieter Hoffmann ist seit 2015 Professor für Kommunikationsmanage-
ment am Institut für Kommunikations- und Medienwissenschaft der Universität Leipzig.

6.1.1.8 Die besondere Rolle der Gesellschaft für Informatik


Die Gesellschaft für Informatik [8] ist eine Fachgesellschaft und zugleich ein Zusam-
menschluss von Menschen, die einen engen Bezug zur Informatik haben und sich für
dieses Fachgebiet mit all seinen Facetten und Anwendungsgebieten interessieren. Sie ist
die Fachgesellschaft für Informatik im deutschsprachigen Raum. Als solche setzt sie sich
für die Interessen der Informatik in Wissenschaft, Öffentlichkeit und Politik ein. In ihr
wirken Wissenschaftler und Praktiker, Schüler, Studenten, Professoren und Unternehmen
mit. Die Gesellschaft für Informatik hat 2017 etwa 20.000 persönliche und ca. 250 kor-
porative Mitglieder.
In der Gesellschaft für Informatik gibt es mehrere Fachbereiche und Fachgrup-
pen, die sich mit der Digitalisierung im Öffentlichen Sektor auseinandersetzen und
dabei etwa mit Memoranden und Dagstuhler Erklärungen eigene Akzente setzen. Im
Fachbereich „Informatik in Recht und Öffentlicher Verwaltung“ finden sich die Fach-
gruppen „Rechtsinformatik“ und „Verwaltungsinformatik“. Beide Fachgruppen waren
lange Zeit das Herz der jeweiligen wissenschaftlichen Community in Deutschland. Sie
haben aber in den vergangenen Jahren erheblich an Bedeutung verloren. Im Fachbe-
reich „Wirtschaftsinformatik“ gibt es einen kaum aktiven Arbeitskreis „E-Government
und E-Democracy“ (WI-EGOV) sowie eine neue Fachgruppe „Energieinformatik“ (WI-
EINS). Der Fachbereich „Informatik und Ausbildung/Didaktik der Informatik“ behan-
delt zahlreiche Themenfelder des Faches Informatik in Studiengängen an Hochschulen
sowie die Informatische Bildung in Schulen. Der Fachbereich „Informatik und Gesell-
schaft“ hat unter anderem Fachgruppen zu den Themenfeldern „Informatik und Soziale
Entwicklung“, „Informatik und Ethik“, „Internet und Gesellschaft“ und „Informatik und
Inklusion“ eingerichtet. Darüber hinaus gibt es dort auch einen Arbeitskreis „Computati-
onal Social Science“ und einen Arbeitskreis „Informatik und Digital Humanities“.
Aus der Fachgruppe „Verwaltungsinformatik“ heraus, aber herausgelöst aus ihr, hat
sich im Juni 2016 durch die Fusion von ISPRAT e. V. und des seit 2013 sogenannten
„Nationalen E-Government-Kompetenzzentrums“ (NEGZ), einem eher losen Zusam-
menschluss von Wissenschaftlern, der init AG und einigen Bundesländern, ein neues
6 Treiber, Ratgeber, Meinungsmacher 165

„Nationales E-Government Kompetenzzentrum e. V.“ gegründet [18]. Dieses möchte


sich in den kommenden Jahren mit den aktuellen Herausforderungen, erforderlichen
Modernisierungsmaßnahmen und konkreten Handlungsempfehlungen zur Staatsmoder-
nisierung und Verwaltungsdigitalisierung auseinandersetzen. Dazu ist es in der Lage,
Wissenschaftler aus allen genannten Fachdisziplinen zu gewinnen und einzubinden. Es
steht aber bei Auftragsarbeiten wie z. B. der Erstellung von Gutachten in Konkurrenz zu
anderen Einrichtungen wie etwa dem Kompetenzzentrum Öffentliche IT im Fraunhofer
Institut FOKUS ([12], Details siehe Abschn. 6.1.2) und den zahlreichen Unternehmens-
beratungen [14]. Einige davon stellen ihre Meinung zu ausgewählten Themen der Digita-
lisierung in Abschn. 6.3 vor.

6.1.2 Deutsche Forschungseinrichtungen zur Digitalisierung

Roland Heuermann

6.1.2.1 Übersicht
Da Digitalisierung ein weltweites branchenübergreifendes Wachstumsthema mit gro-
ßen Hoffnungen auf weitere erschließbare Potenziale der Nutzung ist, forschen weltweit
eine Vielzahl von Privatunternehmen sowie private und öffentliche Institute außerhalb
von Universitäten in allen zentralen Themengebieten der Digitalisierung. Hier sollen
in Tab. 6.1 und nachfolgend im Text deutschsprachige Einrichtungen mit regelmäßiger
Forschungs- und Publikationstätigkeit speziell für den Öffentlichen Bereich vorgestellt
werden. Die Zahl der regelmäßig speziell auch für den Öffentlichen Bereich arbeiten-
den Institute in Deutschland mit Einfluss auf die Öffentliche Verwaltung ist sehr viel
eingegrenzter als die Zahl der in Deutschland insgesamt zur Digitalisierung forschenden
Einrichtungen. Nachfolgend werden nur die speziell auch für den Öffentlichen Bereich
wiederholt oder dauerhaft tätigen Institute genannt.

6.1.2.2 Deutsches Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz


Das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) ist eine Private Pub-
lic Partnership, die 1988 gegründet wurde und eine Anzahl privater Gesellschafter mit
vor allem größeren Firmen wie Google, Microsoft, SAP, Airbus, Deutsche Post, BMW
usw. hat, aber auch die Bundesländer, die Europäische Union sowie die Bundesministe-
rien für Forschung sowie für Umwelt und Energie. Das DFKI ist fachlich sehr breitban-
dig mit 18 Forschungsbereichen und 8 Kompetenzzentren aufgestellt und bearbeitet u. a.
folgende Themen (Bezeichnungen von Forschungsbereichen) der Digitalisierung vertieft:

• Intelligente Analyse von Massendaten


• Interaktive Textilien
• Planbasierte Robotersteuerung
166 J. von Lucke et al.

Tab. 6.1 Forschungsinstitute Digitalisierung im Öffentlichen Bereich (Stand 3/2017). (Eigene


Darstellung)
Themen Institut Erläuterung
Internet- Deutsches Institut für Vertrauen und Studien vor allem zu besonderen Erkennt-
Sicherheit Sicherheit im Internet, DIVSI nissen über soziale Gruppen und das
Internet
IT-Management Fraunhofer FOKUS, Kompetenz- Veröffentlichungen zu allgemeinen
zentrum Öffentliche IT Managementthemen Öffentlicher IT wie
IT-Standards, Konsolidierung Öffentli-
cher IT usw.; Auftragsarbeiten
Künstliche Deutsches Forschungszentrum für Weltgrößtes Institut für Forschungen
Intelligenz Künstliche Intelligenz, DFKI zu Robotik und Künstlicher Intelligenz,
Auftragsarbeiten
Robotik Deutsches Forschungszentrum für
Künstliche Intelligenz, DFKI
Smart City Smart City Urban Lab Nach eigenen Worten ein Forschungs-
TU Berlin und Simulationsformat für die Begleitung
von Smart-City-Prozessen, noch im
Aufbau
Fraunhofer Projekt „Morgenstadt“

Das DFKI zählt nach eigenen Angaben zu seinen Kompetenzen u. a. E-Government,


Multilinguale Systeme, die Entwicklung beweisbar korrekter Software und Informations-
extraktion aus Textdoku-menten. Für den Öffentlichen Bereich und von ihm beauftragt
gab und gibt es interessante Projekte, z. B.

• NIFTI − Mensch-Roboter-Interaktion in Rettungsteams, hierzu gibt es auch einen


Wettbewerb mit Mensch-Maschine-Teams. Es gibt/gab auch einen Forschungsauftrag
des Verteidigungsministeriums für Roboter, die als Trage-Helfer menschliche Solda-
ten in Kampfeinsätze begleiten (siehe Abschn. 7.2.5).
• VerbMobil, EuroMatrixPlus: Intelligente maschinelle Sprachübersetzung europäi-
scher Sprachen.

Das DFKI wird regelmäßig extern evaluiert und erhielt zuletzt sehr gute Beurteilungen.
Nach eigenen Angaben hat es im Laufe seines Bestehens 78 Ausgründungen (Spin-offs)
gegeben, hierdurch wurden ca. 1500 Arbeitsplätze geschaffen. Das DFKI hat (Stand
3/2017) ca. 485 Wissenschaftler und Angestellte sowie ca. 400 Studenten. Die Finan-
zierung erfolgt zu erheblichem Teil aus projektgebundenen Mitteln und dürfte daher
von Jahr zu Jahr schwanken, in 2014 betrug das Budget nach Pressemeldungen ca.
36 Mio. EUR [4].
6 Treiber, Ratgeber, Meinungsmacher 167

6.1.2.3 Deutsches Institut für Vertrauen und Sicherheit im Internet,


DIVSI
Das DIVSI ist ein von der Deutschen Post AG im Jahr 2012 gegründetes und finanzier-
tes Institut. Es hat sich das Ziel gesetzt, fachlich fundierte Beiträge zur Diskussion über
die Sicherheit des Internets, Erwartungen der Nutzer an das Internet und den Dialog zu
mehr Vertrauen und Sicherheit im Internet zu gestalten und die Diskussion darüber in
Politik, Wissenschaft und bei anderen Beteiligten mit neuen Aspekten zu beleben. Das
DIVSI veröffentlicht quartalsweise ein Magazin und anspruchsvolle Skripte in den
Kategorien „Schriften“ und „Studien“. Außerdem finanziert es einen Lehrstuhl zu dem
Thema „Vertrauen“ an der TU München.
Jüngere Studien des DIVSI greifen interessante Themen aus der Nutzerperspektive
und mit sozialen Bezügen auf. Beispiele sind:

• Nutzer-Erwartungen und erwartete Realität urbaner Mobilität mit (teil-)autonomen


Fahrsystemen
• Formen und Bereiche der Beteiligung im Internet (Forschungsübersicht)
• Digitale Lebenswelt der über 60-Jährigen
• Radikalisierung Jugendlicher durch das Internet (Literaturübersicht)

6.1.2.4 Fraunhofer FOKUS, Kompetenzzentrum Öffentliche IT (ÖFIT)


Die Fraunhofer-Gesellschaft ist ein Forschungsverbund von 69 (Stand: 3/2017) selbst-
ständigen Instituten, die entgeltlich für Auftraggeber tätig werden. Mehrere der Institute
arbeiten m. o. w. auch regelmäßig für das IT-Management im Öffentlichen Bereich, den
vermutlich prominentesten Dauerauftrag hierfür hat das Institut Fraunhofer FOKUS und
bündelt ihn im Geschäftsbereich „Digital Public Services“. Hierzu zählt neben Einzel-
beauftragungen auch das vom Bundesinnenministerium geförderte „Kompetenzzentrum
Öffentliche IT“ (ÖFIT), das u. a. folgende Dienste bietet:

• Konsolidierte statistische Daten über die Situation der Digitalisierung, z. B. den


„Deutschland Index der Digitalisierung“ mit allgemeinen aktuellen Daten über die
Nutzungshäufigkeit von E-Government-Diensten und anderen Indikatoren zum Stand
der Digitalisierung.
• Veröffentlichung von Studien und, verbunden mit Empfehlungen für Entscheider,
Lageeinschätzungen. Besonders erwähnenswert − teils wegen ihrer „historischen“
Wirkung hinter den Kulissen − sind z. B. eine Studie zu der Konsolidierung der IT
im Öffentlichen Bereich, zu Themen und Gremien der IT-Standardisierung, zur Ein-
schätzung des Potenzials der Blockchain-Technologie, Fragen zur deutschlandweiten
IT-Governance usw.

Ergänzend ist ein von der Fraunhofer-Dach-Gesellschaft als querschnittliches Vorhaben


„Initiative Morgenstadt“ mit Beteiligung mehrerer ihrer spezialisierten Institute einge-
richtetes, digitale Smart-City-Themen einschließendes Projekt zu nennen [5]. Mit Stand
168 J. von Lucke et al.

von 2/2017 wird darüber berichtet, dass 14 Städte (darunter auch ausländische: Lissabon,
Prag, Buenos Aires), 24 Industrieunternehmen, 11 Fraunhofer-Institute und 4 strategi-
sche Partner zusammen einen ganzheitlichen Ansatz der Stadtentwicklung über mehrere
Städte hinweg vorantreiben wollen. Er schließt Aspekte der Smart-City-Ideen ein. Das
mehrstufige Verfahren (Phase I, II und III) sieht zunächst „City Labs“ vor, in denen
strukturierte örtliche Datenerhebungen (Phase I) stattfinden, bevor Konzepte (Phase II)
erstellt werden. In Deutschland werden die Stadt Chemnitz und das in Berlin geplante
Vorhaben der „TXL Urban Tech Republic“ auf dem Flughafengelände Tegel (siehe auch
Abschn. 3.3.1) als Beispiele genannt.

Smart City Urban Lab, TU Berlin


Ausweislich der Internetseiten (Stand 3/2017) ist das Smart City Urban Lab Berlin der
Technischen Universität Berlin bisher nur eine Ankündigung [25].

6.2 Gremien, Arbeitsgemeinschaften und Interessenverbände

6.2.1 Rein öffentlich: Euritas, KGSt und VITAKO

Roland Heuermann

Es gibt einige überregionale Arbeitsgemeinschaften Öffentlicher IT-Dienstleister, in der


Tab. 6.2 werden die wichtigsten aufgelistet und dann nachfolgend weiter beschrieben.

European Association of Public IT Service-Providers (Euritas)


Die Euritas ist ein von deutschen und österreichischen IT-Dienstleistern in 2007 gegrün-
deter europäischer Verband von Öffentlichen IT-Dienstleistern. Ziel sind einerseits das
Networking, andererseits die Bearbeitung von Stellungnahmen und Maßnahmen zur
Beantwortung seitens der EU auf die nationalen IT-Dienstleister zukommenden Anfor-
derungen. In 2015 zählte Euritas zwölf Mitglieder aus Mitteleuropa und Italien, die ca.
100 Öffentliche IT-Dienstleister repräsentierten. 2017 zählt die Euritas zehn Mitglieder

Tab. 6.2 Öffentliche überregionale Arbeitsgemeinschaften und Verbände. (Eigene Darstellung)


Namen Zweck, Arbeitsschwerpunkt Link
Euritas Europäische Öffentliche IT-Dienstleister http://www.euritas.eu/
KGSt Kommunen in Deutschland, Österreich und der https://www.kgst.de/
Schweiz
ProVitako Einkaufsgemeinschaft Öffentlicher Dienstleister http://www.provitako.de/
VITAKO Interessenverband der deutschen kommunalen http://www.vitako.de/SitePages/
IT-Dienstleister Startseite.aspx
6 Treiber, Ratgeber, Meinungsmacher 169

(eigene Zählung aufgrund von Angaben in der Homepage von Euritas). Aus Deutsch-
land sind folgende Landes-IT-Dienstleister dabei: Dataport, ITDZ Berlin, die Hessische
Datenzentrale (HZD) und das DVZ aus Mecklenburg-Vorpommern.
Da Europa sehr viel mehr Öffentliche IT-Dienstleister und Länder hat, als sie in Euri-
tas vertreten sind (praktisch nur Mittel- und Nordeuropa sowie Italien), stellt sich die
Frage, wieso Euritas nicht mehr Mitglieder hat. Ein möglicher Grund könnte sein, dass
es nur wenige EU-Projekte mit direkt auf die nationalen IT-Dienstleister durchschlagen-
der Wirkung und keine direkten Beauftragungen durch die EU gibt. Daher berichtet Euri-
tas (3/2017) nur von zwei durch EU-Regeln veranlassten Projekten, eIDAS (electronic
identification) und TOOP („Once-only“-Projekt der Europäischen Kommission − es hat
zum Ziel, innerhalb Europas die Kosten der Meldepflichten von Unternehmen dadurch zu
senken, dass die nationalen Behörden untereinander Daten austauschen, und es in meh-
reren Ländern tätigen Unternehmen dann zu ersparen, einzeln in jedem Land den glei-
chen Meldepflichten nachzukommen). Darüber hinaus gibt es (Stand 3/2017) nur zwei
Arbeitsgruppen, eine zu Clouds und eine zweite zu Innovationsmanagement.

Die Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement (KGSt)


Die KGSt ist ein in 1949 gegründeter einzigartiger, im gesamten Bereich der DACH-
Länder tätiger Verband. Im Vorstand (Stand 3/2017) sind Kommunen aus Deutschland,
Österreich und der Schweiz. Mitglieder können gemäß Satzung nur Gemeinden und
Gemeindeverbände werden, als korrespondierende Mitglieder werden einzelne kommu-
nale Einrichtungen, Träger kommunaler Zusammenarbeit usw. aufgenommen. Die KGSt
finanziert sich aus Mitgliederbeiträgen und dem Verkauf von Beratungsprodukten, sie ist
aber nicht gewinnorientiert. Nach eigenen Angaben arbeitet(e) die KGSt schon mit ca.
2000 Kommunen zusammen −ein Teil davon dürften Mitglieder sein.
Die Funktion dieses Verbandes ist das Angebot von Beratungsleistungen bei der
Erstellung kommunaler Strategien und von Detail-Lösungen im Finanz-, Organisations-,
Personal- und Informationsmanagement. Ergänzend wird die KGSt − vermutlich eher
punktuell − auch in weiteren kommunalen Fachthemen tätig. Produkte dieser Arbeit sind
gutachterliche Lösungsvorschläge, darüber hinaus bietet die KGSt auch folgende über-
greifende Standard-Leistungen für ihre Mitglieder an:

• Vergleichsdaten über kommunale Services wie Müllabfuhr in sogenannten „Ver-


gleichsringen“
• Prozessbibliothek kommunaler Verwaltungsabläufe.
• Kommunaler „Wirkungsmonitor“, ein kennzahlenbasiertes Reporting mit einem Web-
Tool zur Steuerung von Kommunen mit ergebnisorientierten Indikatoren.
• Best-Practice-Datenbank.

Die KGSt veröffentlicht für ihre Mitglieder kostenlose Berichte und „Arbeitsergebnisse“
genannte Empfehlungen. Hierzu zählen auch eine zweiteilige Empfehlung zum Etab-
lieren einer wirkungsvollen IT-Strategie (6/2017) und Empfehlungen zur Ausgestaltung
170 J. von Lucke et al.

digitaler Räume und E-Partizipation. Obwohl die KGSt sich nicht in erster Linie − wie
die VITAKO − als Interessenvertretung Öffentlicher IT-Dienstleister versteht, hat sie
dennoch teils unterhalb der Wahrnehmungsschwelle externer Beobachter eine sehr wert-
volle Rolle bei der fachlichen Innovation kommunaler Verwaltungen. Sie adressiert das
Thema der Digitalisierung auf diese Weise schon indirekt, weil gute Arbeitsabläufe und
optimierte Strukturen eine sehr gute Grundlage für eine besonders wirksame Verbesse-
rung auch durch technische Mittel sind.

VITAKO und ProVitako


VIKAKO ist der bundesweite Interessenverband der kommunalen IT-Dienstleister.
Erklärtes Ziel von VITAKO ist es, durch gezielte Meinungsbildung und Beeinflussung
von Politik und Gesellschaft den Anliegen der Mitgliedsunternehmen wirksames Gehör
im Öffentlichen Raum zu verschaffen. Nach eigenen Angaben hat VITAKO (Stand
3/2017) 55 Mitglieder, darunter die größten kommunalen IT-Dienstleister, und reprä-
sentiert einen Großteil des Umsatzes in diesem Segment (vgl. Abschn. 3.1.1). VITAKO
publiziert regelmäßig Positionspapiere zu aktuellen Gesetzesvorhaben mit Bezug zu
Digitalisierungsthemen und bietet seine Mithilfe bei der Ausarbeitung von Architekturen
und bundesweiten Standards an. Angesichts zunehmender Absichten der Bundesebene,
zentrale IT-Komponenten und Vorhaben wie z. B. das Verknüpfen der Portale von Bund
und Ländern im Online Zugangsgesetz (OZG) voranzutreiben, setzt VITAKO darauf, die
Netzwerkstruktur der Zusammenarbeit kommunaler IT-Dienstleister zu erhalten und den
kommunalen Dienstleistern ein Mitspracherecht zu geben. Hier nimmt VITAKO teil-
weise eine Gegenposition zu Meinungen im IT-Planungsrat ein, wie dies auch in einem
Positionspapier zum OZG mit dem sehr klaren Titel „Interoperabilität statt Zentralisie-
rung“ [26] zum Ausdruck kommt.
ProVitako ist eine 2007 gegründete genossenschaftliche Marketing und Dienstleis-
tungsgesellschaft, die den Mitgliedern der VITAKO offen steht. ProVitako will die Nach-
fragemacht der Öffentlichen Dienstleister bündeln, in 2016 startete man den Betrieb. Nach
eigenen Angaben hält ProVitako Rahmenverträge mit einem Einkaufsvolumen von über
100 Mio. EUR (Stand 3/2017). Neben dem gemeinsamen Einkauf wird seit 2016 ergän-
zend als Service für die Mitglieder auch eine eigene Cloud, die GovCloud, angeboten.

6.2.2 Rein privat: Bitkom und Interessenverbände

Helmut Poder

6.2.2.1 Übersicht der rein privaten Interessenverbände im IT-Bereich


Mit wachsender Bedeutung der IT-Wirtschaft haben auch die Zahl und die Breite des
Spektrums der privaten Interessenverbände im IT-Bereich stark zugenommen. Die Ver-
bände konzentrieren sich auf die Interessen einer spezifischen technologischen Erschei-
nungsform (z. B. Breitbandkommunikation, interaktive Unterhaltungselektronik), auf
6 Treiber, Ratgeber, Meinungsmacher 171

Regionen (z. B. Thüringen) oder bestimmte wirtschaftliche Segmente mit ihrem spezifi-
schen IT-Bezug (z. B. Mittelstand, Gesundheitswesen oder Sozialwirtschaft). In Tab. 6.3
ist eine nicht abschließende Auswahl im Jahr 2017 aktiver privater Interessenverbände
im IT-Bereich aufgelistet.
Nachfolgend soll näher auf zwei Verbände eingegangen werden, die aufgrund ihrer
Größe, breiten Mitgliederstruktur und allgemeinen Ausrichtung in besonderem Maße auf
die IT-Politik in Deutschland und die IT-Management-Gestaltung einwirken. Preis- oder
Lohninteressenverbände, die als reine Lobbyisten direkt, zugunsten eigener wirtschaft-
licher Vorteile, auftreten, wurden bei der nachstehenden Betrachtung daher ebenfalls
außen vor gelassen.

6.2.2.2 Bitkom − Bundesverband Informationswirtschaft,


Telekommunikation und neue Medien e. V.
Bitkom wurde 1999 zunächst als Zusammenschluss einzelner bestehender Branchen-
verbände in Berlin gegründet und öffnete sich anschließend auch für Unternehmen. Er
hat die Rechtsform eines eingetragenen privaten Vereins (ohne öffentliche Mitglieder).
Inzwischen vertritt Bitkom mehr als 2400 Unternehmen der digitalen Wirtschaft, unter
ihnen rund 1000 mittelständische Unternehmen, 300 Start-ups sowie nahezu alle inter-
nationalen Großunternehmen („Global player“) mit Geschäftstätigkeit auch in Deutsch-
land. 79 % der Mitglieds-Unternehmen haben ihren Hauptsitz in Deutschland, weitere
9 % kommen aus Europa, 8 % aus den USA, 4 % stammen aus Asien, davon die meisten
aus Japan.

Tab. 6.3 Ausgewählte private Interessensverbände im IT-Bereich (Vgl. teils auch „Öffentliche
Liste über die Registrierung von Verbänden und deren Vertretern“ des Deutschen Bundestages,
www.bundestag.de). (Eigene Darstellung)
lfd. Nr. Interessenverband Homepage
1 Arbeitgebervereinigung für Unternehmen aus dem Bereich www.agev.de
EDV und Kommunikationstechnologie e. V.
2 Bitkom − Bundesverband Informationswirtschaft, www.bitkom.org
Telekommunikation und neue Medien e. V.
3 BITMi − Bundesverband IT-Mittelstand e. V. www.bitmi.de
4 BREKO − Bundesverband Breitbandkommunikation e. V. www.brekoverband.de
5 Bundesverband Interaktive Unterhaltungssoftware e. V. www.biu-online.de
6 Bvitg − Bundesverband Gesundheits-IT www.bvitg.de
7 FINSOZ e. V. − Fachverband Informationstechnologie in www.finsoz.de
Sozialwirtschaft und Sozialverwaltung
8 ITnet Thüringen e. V. www.itnet-th.de
9 Verband der Anbieter von Telekommunikations- und www.vatm.de
Mehrwertdiensten e. V.
10 Verband der deutschen Internetwirtschaft e. V. www.eco.de
172 J. von Lucke et al.

Aufgrund der breiten Ausrichtung des Bitkom auf IT, Telekommunikation und „Neue
Medien“ sind die Mitgliedsunternehmen Anbieter von Hard- und Software, IT-Services,
Telekommunikations- und Internetdiensten oder im Bereich der digitalen Medien oder
der Netzwirtschaft tätig. Aktuelle Schwerpunktthemen des Verbands sind die digitale
Transformation, neue Technologien und zum Beispiel IT-Sicherheit und Datenschutz.
Der Verband setzt sich zudem für innovative Wirtschaftspolitik, moderne regulatorische
Umsetzung sowie zukunftsorientierte Netzpolitik wie auch für die Themen Bildung und
Arbeit ein. Bitkom gibt nach eigener Darstellung Impulse für Wirtschaft, Politik und
Gesellschaft und versteht sich als Dienstleister für seine Mitglieder. Im Rahmen von
Verbändeanhörungen wirkt Bitkom an Gesetzesvorhaben mit (z. B. zu Vergabe- oder IT
Sicherheitsgesetzen) und verhandelt neben Mustererklärungen und -empfehlungen, als
einziger Verband mit entsprechendem Mandat, auch die verbindlich geltenden sog. EVB-
IT-Standardverträge mit dem Bundesministerium des Innern (EVB-IT = Ergänzende
Vertragsbedingungen für die Beschaffung von Informationstechnik, vgl. www.cio.bund.
de). Starke Themenfelder sind daher auch Politik und Recht sowie das Segment Public
Sector (Öffentliche Aufträge, E-Government etc.).
Organisiert ist der Verein mit einem Präsidium, einem Hauptvorstand, einer Geschäfts-
führung und zahlreichen Gremien in Form von Arbeitskreisen, Ausschüssen, Projektgrup-
pen und sog. Task-Forces. Zudem engagiert sich Bitkom mit eigenen Landessprechern in
sieben Bundesländern. Die Landessprecher werden vom Bitkom-Präsidium ernannt und
agieren an der Schnittstelle zwischen digitaler Wirtschaft und Landespolitik. Zwei Unter-
nehmen der Bitkom-Gruppe ergänzen als 100-prozentige Tochtergesellschaften das Leis-
tungsportfolio: Dies sind die Bitkom Research GmbH (Schwerpunkt Marktforschung)
sowie die Bitkom Servicegesellschaft mbH (Schwerpunkt Beratung, Weiterbildung und
Veranstaltungen, zu der auch die Bereiche Bitkom Consult und Bitkom Akademie zäh-
len). Insgesamt beschäftigt Bitkom ca. 100 eigene Mitarbeiter (Stand 2017).
Aktuell verteilen sich die Forderungen des Bitkom auf ihre hervorgehobenen The-
menfelder digitale Transformation, Bildung und Arbeit, Datenschutz und Sicherheit,
Technologien und Software, Start-ups, Politik und Recht, Management und Mittelstand.
Aus dem Bereich Politik und Recht sind dies zum Beispiel das aktuelle Positions-
papier mit der Stellung zum Referentenentwurf eines Gesetzes des Bundesministeri-
ums für Finanzen zur Umsetzung der Vierten EU-Geldwäscherichtlinie, Positionen an
die G20-Staaten zur Verfolgung einer Digitalen Agenda für das digitale Zeitalter sowie
Empfehlungen für rechtliche Rahmenbedingungen von Industrie 4.0. Letzeres enthält
wiederum 11 dedizierte Positionen und konkrete Forderungen zu den Themen Datenho-
heit, Datenschutz, Allgemeines Vertragsrecht sowie AGB, IT-Sicherheit, Verantwortlich-
keit, Arbeitsrecht, Urheberrecht und Know-how-Schutz. Den Forderungen des Bitkom
liegt grundsätzlich der Wunsch nach zweckmäßigen zukunftsorientierten Lösungen unter
Wahrung der berechtigten Interessen der IT-Wirtschaft zugrunde, notfalls unter Aufzei-
gen klarer Schranken. Hierbei wirkt sich aus, dass die Interessen einer Vielzahl teils sehr
heterogener Mitgliedsunternehmer zu berücksichtigen sind. Aktuell artikuliert Bitkom
etwa eigene konkrete Vorstellungen zur Gestaltung der IT-Konsolidierung des Bundes
6 Treiber, Ratgeber, Meinungsmacher 173

und unterstreicht dabei die Forderung nach Aufrechterhaltung hinreichenden Wettbe-


werbs, fairer Marktchancen für weiterhin möglichst viele Marktteilnehmer und entspre-
chende Transparenz.

6.2.2.3 BITMi − Bundesverband Informations- und


Kommunikationstechnologie
Der Bundesverband IT-Mittelstand e. V. (BITMi) vertritt als IT-Fachverband ausschließ-
lich mittelständische Interessen. Die Mitglieder sind mittelständische Unternehmen aus
allen Bereichen der IT-Branche, die überwiegend inhabergeführt sind und dabei sowohl
langjährig bestehend als auch sog. Start-ups sind. Neben den direkten Mitgliedern haben
sich unter dem Dach des BITMi auch assoziierte Verbände zusammengeschlossen (z. B.
der BIKT − Bundesverband Informations- und Kommunikationstechnologie e. V.). Die-
ser Verband repräsentiert nach eigener Darstellung die Interessen von mehr als 1500
mittelständischen IT-Unternehmen in Deutschland, die aus den Bereichen Software,
Internet, Dienstleistung und Hardware stammen, sie beschäftigen maximal jeweils 750
Mitarbeiter. Ziel des Vereins ist es u. a., durch intensive Netzwerkbildung das Unterneh-
menswachstum und die Produktivität der IT-KMUs zu beschleunigen und die Markt-
entwicklung voranzutreiben. Dabei ist es dem Verband besonders wichtig, den Standort
Deutschland zu stärken. Deswegen kooperiert der BITMi mit dem Bundeswirtschaftsmi-
nisterium und verschafft dem IT-Mittelstand dort eine eigene Stimme.
Der BITMi behandelt seine Themen in entsprechenden Fachgruppen. Hinzu kommt
die Zusammenarbeit mit den assoziierten Regional- und Fachverbänden. Der BITMi bie-
tet verschiedene eigene Produkte und Services an (z. B. Zertifizierung und Gütesiegel)
und benennt als Ziele u. a. die politische Interessenvertretung, Mittelstandskommuni-
kation, Netzwerkbildung und Synergieeffekte sowie Forschung und Entwicklung über
öffentliche Förderprojekte.
Wie der Bitkom nimmt er z. B. in Form von Positionspapieren Stellung und übt dabei
entsprechenden Einfluss auf die jeweilige Meinungsbildung und Entscheidungen aus.
Der BITMi ist sowohl in Berlin als auch in Brüssel politisch sehr aktiv. So ist der Ver-
band u. a. beim Deutschen Bundestag akkreditiert, Mitglied in der Arbeitsgruppe 1 des
Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi) zur Durchführung des jährlich stattfindenden
IT-Gipfels, Mitglied des Beirats „Junge Digitale Wirtschaft“ der Bundesregierung und
Mitglied in der Task-Force IT-Sicherheit des BMWi. Auf europäischer Ebene vertritt der
BITMi die Belange deutscher IT-KMUs u. a. im „Europäischen IT Mittelstandsverband“
(PIN-SME).
Aufgrund der Fokussierung auf den Mittelstand fallen die Forderungen des BITMi
naturgemäß häufig recht konkret aus, wie aus der nachstehenden Aufzählung in einem
Positionspapier mit konkreten Maßnahmenvorschlägen deutlich wird [3].
Betreffend digitaler Standort Deutschland:

• Finanzierung und Eigenkapitalquote der IT-KMUs verbessern


• IT-Fachkräfte in Deutschland vermehren.
174 J. von Lucke et al.

• Zugang zur Forschung für IT-KMUs verbessern und eigene Forschungsaktivitäten


stärken.
• IT-Mittelstand internationalisieren.
• Das Wachstumspotenzial der deutschen IT-Sicherheitsbranche stimulieren.

Betreffend Netzpolitik:

• Netzpolitik im Bundestag und Regierung verankern.


• Grundlage für ein zukünftig wettbewerbsfähiges, innovatives und starkes Deutschland
schaffen durch den Ausbau der flächendeckenden Breitbandversorgung.
• Die diskriminierungsfreie Datenübermittlung und den diskriminierungsfreien Zugang
zu Inhalten und Anwendungen in Netzen (Anpassung § 41a TKG).
• Die Expertise und das Bewusstsein für die Themen Datenschutz, Datensicherheit und
IT-Sicherheit (Sicherheitskultur) erhöhen.
• Faktisches IT-Sicherheitsniveau in Deutschland erhöhen.
• Freies Internet erhalten durch die Ablehnung eines nationalen oder Schengen-
Routings.
• Schaffung eines modernen, zeitgemäßen Urheberrechts.
• Softwarebasierte Lösungen schützen durch Stärkung des Urheberrechts gegenüber
dem Patentrecht.
• Offene Standards fördern etwa bei öffentlichen Ausschreibungen oder dem „Internet
der Dinge“.
• Wettbewerb und Innovation im Hardwaremarkt sichern durch Ablehnung eines Rou-
terzwangs.

Betreffend Wachstumsfelder:

• Das wirtschaftliche Potenzial des Cloud Computings für die deutsche Wirtschaft wei-
ter vorantreiben.
• Die Chancen der Vernetzung und Digitalisierung der gesamten traditionellen Indust-
rieproduktionsprozesse, der sogenannten Industrie 4.0, ergreifen.
• Die Zukunftsperspektiven von Big Data, insbesondere für den Mittelstand, stärken.
• Die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Möglichkeiten mobiler Technologien aus-
schöpfen.
• Ein mittelstandsgerechteres öffentliches Vergabewesen schaffen und transparente und
faire Verträge vorhalten.

Die inhaltlichen Forderungen der in Form von privaten Vereinen organisierten Verbände
lassen sich weitgehend bereits aus ihren vorbeschriebenen Zielsetzungen und Bezeich-
nungen ableiten und sind der Natur der Sache nach aktuellen Strömungen unterworfen.
Aus der Vielzahl der in der Presse berichten Stellungnahmen und Positionspapiere sowie
in Veranstaltungen und Gesprächen formulierten Forderungen sollen daher jeweils einige
6 Treiber, Ratgeber, Meinungsmacher 175

exemplarische Forderungen der beiden Verbände hervorgehoben werden. Sie richten sich
vor allem an Politik, Ministerien und Behörden.

6.2.2.4 Aktionsfeld ‚privates vs. öffentliches Wirken‘?


Der genannten Interessenverbände wollen die „Staatsquote“ bei gewerblichen Leistun-
gen zugunsten des Anteils der privaten Wirtschaft senken. Der Staat sollte unterlassen,
was die private Wirtschaft gleich oder besser erledigen könnte, und sich auf seine hoheit-
lichen Aufgaben konzentrieren. Diese Diskussion ist alt und nicht IT-spezifisch. Den-
noch stellt sich in Hinblick gerade auf die IT-Versorgung die Frage besonders, ob nicht
eine stärkere Auslagerung auf private Wirtschaftsteilnehmer opportun und verfassungs-
gemäß wäre. Der Subsidiaritätsgrundsatz stößt dort sicherlich an Grenzen, wo es um die
Belange auch der effektiven verwaltungseigenen IT-Steuerung, Datenschutz, IT-Sicher-
heit und Versorgungssicherheit geht. Auch ist allen Beteiligten bewusst, dass IT inzwi-
schen längst nicht mehr nur Mittel zum Zweck ist, sondern die IT in Unternehmen und
Behörden auch die Abläufe, fachlichen Prozesse und Entscheidungen beeinflusst und
teils mitbestimmt. Während diese Thematik des Grenzensetzens gegen sich innerhalb der
Öffentlichen Hand ausweitende IT-Einheiten, z. B. von allgemeinen Interessenverbän-
den, etwa unter dem Blickwinkel von Privatisierungsforderungen oder Öffentlich-Priva-
ten Partnerschaften geführt werden, konzentrieren sich Verbände wie der Bitkom stärker
darauf, den partnerschaftlichen Gedanken herauszuarbeiten und die Grenzziehung in der
Leistungsbeziehung zu begleiten − konkret also auch in den Gesetzgebungsverfahren
darauf hinzuwirken, dass die Regelungen zu sog. Inhouse-Geschäften, interkommunaler
Zusammenarbeit, ÖÖP und letztlich auch steuerlicher Behandlung von staatlichen und
privaten Wirtschaftsteilnehmern nicht zulasten der Privatwirtschaft gehen. Die Ergeb-
nisse der Vergaberechtsreform aus 2016 oder der Regeln zur umsatzsteuerlichen Behand-
lung von Leistungserbringern des Öffentlichen Sektors zeigen jedoch, dass sich hier
die Wirtschaftsverbände in vielen Punkten nicht durchgesetzt haben. Die Wirtschafts-
verbände bemühen sich jedoch, ihren Einfluss weiterhin und vielleicht sogar stärker als
bisher zugunsten eines höheren privaten Anteils bei der Erstellung Öffentlicher IT-Leis-
tungen auszuüben. Beispiele hierfür sind Angebote wie etwa das Cloud Computing für
den Öffentlichen Sektor oder die gemeinsam von Städte- und Gemeindebund sowie Bit-
kom verfolgte Vision einer sog. Digital City (bzw. Smart City).

6.2.2.5 Einschätzung und Ausblick


Es lässt sich kein allgemeines Urteil über den Einfluss der privaten Interessenverbände
auf die Digitalisierung abgeben, dafür sind Vielfalt, Erscheinungsformen sowie Zielset-
zungen zu heterogen. Am Beispiel Bitkom lässt sich jedoch erkennen, dass es zwar nicht
der einzelne „publikumswirksame“ große Durchbruch ist, der seinen Einfluss ausmacht,
dafür aber die Summe einer Vielzahl oft im Hintergrund herausgearbeiteter Fortschritte.
Wie lässt sich der Erfolg eines Verbandes messen, wenn im Rahmen einer Verbändean-
hörung zu Gesetzesvorhaben zahlreiche Verbände zu zahlreichen Punkten Eingaben
machen? Vermutlich nur bei der Ergebnismessung einzelner Positionen. Selbst diese sind
176 J. von Lucke et al.

aber im Kontext der jeweiligen Gesamtlösung zu sehen, und hier ergibt sich häufig ein
sehr wohl positiveres Bild. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Verabschieden sowohl
von Gesetzen wie auch von IT-Muster-Einkaufbedingungen der Öffentlichen Hand oder
selbst Standarderklärungen (etwa zur ökologischen oder sozial nachhaltigen öffentlichen
Beschaffung von IT) letztlich aus ihrer eigenen Zuständigkeit der Öffentlichen Hand (je
nach Schwerpunkt Legislative oder Exekutive) entspringt und damit dem Wirken und
Einfluss der privaten Verbände gewisse Grenzen gesetzt sind. Die Praxis hat gezeigt, dass
die Zielerreichung der privaten Verbände umso höher ist, je mehr nachhaltig und langfris-
tig an den verfolgten Zielen gearbeitet wird und je mehr mit sachlich nachvollziehbaren
Gründen anstelle kommerziell getriebener Erwägungen argumentiert wird. Umso mehr
darf sie dabei auch Mehrheiten und die Öffentlichkeit hinter sich sehen. Insofern erfüllten
die privaten Verbände, weit über Impulse hinaus, eine wichtige Aufgabe in der Gestaltung
der Informationstechnologie und letztlich des technologischen Fortschritts in Deutsch-
land. Und gerade die „Typenreinheit“ als rein privater Verband mag dabei ihren Mehr-
wert an Klarheit und Unabhängigkeit von der Öffentlichen Hand ausmachen, wenn es um
das Ringen um Lösungen geht. Dabei sollte im Auge behalten werden, dass eine zu große
Zersplitterung der Interessenverbände letztlich kontraproduktiv für den von jedem Ein-
zelnen angestrebten Einfluss sein dürfte. Sie stellen einen wichtigen Baustein im Gesamt-
konzert aller wirtschaftlich und gesellschaftlich bedeutsamen Meinungsmotoren dar.

6.2.3 Gemischt privat-öffentlich: AWV und NEGZ

Roland Heuermann

Neben den jeweils „brancheninternen“ Verbänden gibt eine kleine Zahl von Vereinen, in
denen aktive Vertreter des Öffentlichen Bereichs, Wissenschaftler und Unternehmen wie
auch Einzelpersonen, darunter auch Pensionäre aus verschiedenen Ebenen der Verwal-
tung, sich auf verschieden hohem Detaillierungsgrad und mit verschiedener Zielrichtung
mit Themen der Digitalisierung im Öffentlichen Bereichs beschäftigen. Zu nennen sind
vor allem folgende bundesweit tätige Vereinigungen:

Arbeitsgemeinschaft wirtschaftliche Verwaltung (AWV)


Die AWV ist ein vom deutschen Bundesinnenministerium jährlich mit ca. 1,5 Mio. EUR
(2016) finanziell geförderter eingetragener Verein, der (Stand 3/2017) ca. 200 teils sehr
namhafte Mitgliedsunternehmen der Privatwirtschaft und ca. 1200 ehrenamtlichen Mit-
arbeitern hat [1]. Folgende Ziele werden verfolgt:

• Bessere Umsetzbarkeit von Gesetzen


• Reibungsloser Transfer zwischen Wirtschaft und Verwaltung (B2G)
• Leistungsstarke, wirtschaftliche und wettbewerbsfähige Verwaltungen
6 Treiber, Ratgeber, Meinungsmacher 177

• Abbau des Reformstaus in Staat und Wirtschaft


• Praxis- und transferorientierte Hilfestellungen der Verwaltungen.

Die AWV organisiert sich in temporären Arbeitskreisen (2016: Über 20), die teils in
mehrjährigen gelegentlichen Sitzungen konkrete Vorschläge zu Verwaltungsverfah-
ren, zur Normierung und Rechtsfragen ausarbeiten. Die Themen adressieren zum Teil
direkt oder indirekt digitale Lösungen der Kernverwaltung wie auch der sozialen Siche-
rungssysteme, z. B. −Titel von Arbeitskreisen − die elektronische Rechnung FeRD,
Rechtsfragen der digitalen Kommunikation, Vereinheitlichung von Datenübermitt-
lungssystemen im personalwirtschaftlichen Bereich. Darüber hinaus gibt es zahlreiche
Arbeitskreise, die sich mit der fachlichen Standardisierung von Datenübermittlungsfor-
maten beschäftigen und damit nützlich für nachlaufende Digitalisierungsarbeiten sind.

Nationales E-Government-Zentrum
Das Nationale E-Government-Zentrum (NEGZ) ist ein am 20.06.2016 mit dem früher
selbstständigen ISPRAT verschmolzener eingetragener Verein, der nach eigenen Anga-
ben (Stand 3/2017) aus ca. 100 Mitgliedern besteht, die entweder Einzelpersonen sind
oder private − teils sehr namhafte − wie öffentliche Betriebe vertreten [18]. Ziel des
NEGZ sind es, Innovation, Modernisierung und Transformation von Bund, Ländern und
Kommunen zu fördern und bestehende Schwächen der Forschung im Themenumfeld
E-Government abzuschwächen [21]. Das NEGZ lässt hierzu teils auf eigene Initiative,
teils auch auf Anregung durch den IT-Planungsrat, qualitativ hochwertige Studien − ca.
zwei bis fünf je Jahr − mit eher übergreifenden Themen im weiteren Kontext des The-
mas E-Government erstellen (Beispiele siehe in Tab. 6.4), außerdem erscheinen zudem
gelegentlich Stellungnahmen und Interviews. Einmal jährlich gibt es eine „Herbstkonfe-
renz“, in der u. a. die im Jahr erstellten Studien vorgestellt werden.

Tab. 6.4 Beispiel aktuelle Studien des NEGZ. (Eigene Darstellung)


Thema Link
E-Kompetenz stärken − Bildungsangebote für http://negz.org/wp-content/uploads/2016/11/
die digitale Verwaltung gestalten E-Kompetenz-staerken.pdf
Gefährliche Ignoranz? − Bring-Your-Own- http://negz.org/wp-content/uploads/2016/11/
Device, IT Consumerization und Co in der NEGZ_BYOD-in-Kommunen_2015_Niehaves-
Öffentlichen Verwaltung Koeffer-Ortbach_FINAL.pdf
Rollen und Kompetenzen für eine erfolgreiche http://negz.org/wp-content/uploads/2016/11/
Öffentliche Verwaltung im digitalen Zeitalter“ Rollen_und_Kompetenzen.pdf
Top 100 − Die wichtigsten und am häufigsten http://negz.org/wp-content/uploads/2016/11/
genutzten Verwaltungsleistungen für Bürger NEGZ_Top100_Verwaltungsleistungen_
Buerger_Langfassung_2015.pdf
178 J. von Lucke et al.

6.3 Private Anbieter

6.3.1 Accenture: Integratives Projektmanagement im Digital


Government

Mario Walther

In den letzten Jahrzehnten haben Verwaltungen auf der ganzen Welt umfangreiche und
grundlegende Modernisierungen durchgeführt: Beginnend mit dem New Public Manage-
ment (NPM) der 1980er Jahre über das Electronic/Open Government bis hin zu den
heutigen ersten Ansätzen des Digital Government. Mit der Entwicklung der Moderni-
sierungsparadigmen wandelten sich auch die Schwerpunkte, Rahmenbedingungen und
Methoden des Projektmanagements in der Öffentlichen Verwaltung. Dieser Beitrag zeigt
auf, wie Projektmanagement in dem sich nun abzeichnenden neuen Leitbild des Digital
Government ausgestaltet werden sollte.

Modernisierungsparadigmen und Projektmanagement


Im Zuge des New Public Management (NPM) wurden markt- und betriebswirtschaftli-
che Steuerungsmechanismen in den Öffentlichen Sektor eingeführt. Das Verständnis von
Projektmanagement war klassisch tayloristisch und von Kennzahlensystemen geprägt in
der Hoffnung, Effizienz- und Effektivitätssteigerungen zu erzielen.
Im E-Government steht die Elektronifizierung von Dienstleistungen der Öffentlichen
Verwaltung im Vordergrund. Schwerpunkt der Projekte war es, eine an Lebenslagen
der Bürger ausgerichtete statt funktionsorientierte Leistungserbringung über Online-
Portalservices zu ermöglichen. Das Modernisierungsprogramm der Bundesverwaltung
„BundOnline 2005“ steht stellvertretend für den Ansatz, in dem ressortübergreifend elek-
tronische Dienstleistungen für die Nutzer bereitgestellt wurden. Zentrales Merkmal des
Projektmanagements im E-Government ist die methodische Ausrichtung auf Prozessdo-
kumentation und -analyse sowie Prozessoptimierung mittels IT-Unterstützung.
Während im NPM Daten erhoben wurden, im E-Government und Open Government
Daten elektronisch verfügbar gemacht wurden, steht im Digital Government die transfor-
mative Nutzung der Daten im Vordergrund. Projektmanagement im Digital Government
muss integrativ sein, um das transformative Potenzial der Digitalisierung in der Öffentli-
chen Verwaltung zu ermöglichen. Integratives Projektmanagement beinhaltet die Orches-
trierung des komplexen Ökosystems aus Plattformen und externen Dienstleistern sowie
die Einbindung fachlicher und technischer Ressourcen über Organisationsgrenzen hin-
weg. Design Thinking ist das methodische Vehikel, das diese integrative Leistung voll-
bringen kann.

Digitales Ökosystem und Integration externer Dienstleister und Plattformen


Die grundlegenden Voraussetzungen für die Digitalisierung des Öffentlichen Sek-
tors werden von den Öffentlichen IT-Dienstleistern geschaffen, da diese die digitalen
6 Treiber, Ratgeber, Meinungsmacher 179

Technologien entwickeln und betreiben. Auf Bundesebene sind dies vor allem die im
Grobkonzept zur IT-Konsolidierung Bund benannten fünf Dienstleistungszentren: das
Informationstechnikzentrum Bund (ITZBund), das Bundesamt für Informationsmanage-
ment und Informationstechnik der Bundeswehr (BWI), das IT Systemhaus der Bun-
desagentur für Arbeit, die IT der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV) und die
Auslands-IT des Auswärtigen Amtes. Besonders diese müssen einen Projektmanagemen-
tansatz etablieren, der den Anforderungen von Digitalisierungsprojekten gerecht wird.
Dazu zählt die Integration von internen und externen Digitalisierungskomponenten.
Zu den internen Digitalisierungskomponenten zählen beispielsweise hochstandar-
disierte Cloud-Services und modulare Plattformdienste. Digital Government bedeutet
auch, Plattformkomponenten wiederverwendbar über Ressortgrenzen hinweg einzuset-
zen. Anstatt spezifische Dienste oder IT-Verfahren individuell zu entwickeln, können im
Bereich der Basis- und Querschnittdienste Cloud-basierte Services verwendet werden.
Genau das ist ein Ziel des im Mai 2015 beschlossenen Grobkonzepts zur IT-Konsolidie-
rung. Geeignete Basis- und Querschnittsdienste sollen zukünftig auf der Bundes-Cloud-
Infrastruktur betrieben und als „Software as a Service“ angeboten werden. Mit dem
Aufbau der Bundes-Cloud als technologisch einheitlicher Plattform ist auch eine Stan-
dardisierung und Bündelung der darauf angebotenen Cloud-Services notwendig. Dafür
ist ein Projektmanagement erforderlich, das die Anforderungen der Bedarfsseite so
moderiert, dass eine Standardisierung der angebotenen Dienste möglich ist. Die
Bedarfsträger sind bei zentralen Cloud-Services auf viele fachliche Beteiligte in unter-
schiedlichen Ressorts verteilt. Das Projektmanagement sollte daher eine einheitliche
Vorgehensweise für die Erhebung von Anforderungen basierend auf einer abgestimmten
Kommunikations- und Verantwortungsstruktur etablieren.
Bei den großen Fachverfahren der Öffentlichen Verwaltung ist eine Standardisierung,
wie bei den Basis- und Querschnittsdiensten, aufgrund fachspezifischer Anforderungen
nur begrenzt möglich. Allerdings kann auch hier ein höherer Grad an Modularisierung
erreicht werden, der Synergieeffekte bei der Entwicklung und dem Betrieb von Fachver-
fahren ermöglicht. Ein Beispiel für diese Modularisierung ist das IT-Verfahren zur Kraft-
fahrzeugsteuer, das auf Bundesebene auch für andere Steuerarten verwendet werden soll.
Dieses Vorgehen entspricht dem Kerngedanken der Digitalisierung, der Innovationen in
der Leistungserbringung über die schnelle und einfache Kombination von digitalen Ser-
vices oder Plattformen postuliert. Das Arbeiten nach dem Baukastenprinzip erfordert die
Berücksichtigung unterschiedlicher fachlicher Anforderungen. Dem integrativen Projekt-
management kommt bei solchen Digitalisierungsprojekten die Aufgabe zu, unterschiedli-
che Anforderungen in modulare Angebotskomponenten zu fassen.
Die externen Digitalisierungskomponenten umfassen sowohl Standardprodukte, die
am Markt eingekauft werden, als auch externe Dienstleister, die den Transformationspro-
zess mit entsprechender Expertise begleiten. Der Schlüssel zur Etablierung des Digital
Government ist die Vernetzung mit Partnern. Doch der Aufbau und Erhalt eines solchen
Kooperationsnetzwerks ist herausfordernd. Wesentlicher Teil des integrativen Projekt-
managements ist die Steuerung sind Partner-Ökosysteme durch gemeinsame Ziele, eine
180 J. von Lucke et al.

offene Kultur für den effektiven Wissenstransfer und ein transparentes Schnittstellenma-
nagement. Es ist erfolgskritisch, dass die Steuerung der externen Dienstleister durch aus-
reichendes und qualifiziertes internes Personal sichergestellt werden kann.

Fachliche und organisatorische Hürden in Digitalisierungsprojekten überwinden


Digital Government erfordert mehr IT-Affinität von der Fachseite und auch mehr fach-
liches Verständnis von der IT-Seite, als dies bisher erforderlich war. Die erforderliche
stärkere Verzahnung von Fachseite und IT-Leistungserbringung zeigt sich besonders
gut an der Entwicklung des Verständnisses von Analytics im Öffentlichen Sektor. Unter
Analytics wurde bisher die Generierung von Reports, Statistiken und einfachen Aus-
wertungen verstanden, die häufig Teil eines größeren Fachverfahrens waren. Im Digital
Government wird Analytics transformativ genutzt, indem die Fähigkeiten von neuen
Technologien, wie Advanced Analytics (z. B. Prognosen, Vorhersagen oder Simulatio-
nen) und Big Data, in den Dienst fachlicher Herausforderungen gestellt werden. Dies ist
nur möglich, wenn die Fachseite die Nutzenpotenziale der Digitalisierung erkennt und
diese gezielt einsetzt. So hat die Polizei auf Länderebene in den letzten Jahren zuneh-
mend auf Predictive Policing gesetzt, um regionale Hotspots von Einbruchs- und Stra-
ßenkriminalität zu identifizieren und den eigenen Personaleinsatz zu optimieren. Für die
erfolgreiche Einführung solcher Anwendungsfälle ist neben technischer Expertise auch
kriminologisch-fachliches und statistisches Know-how erforderlich.
Auf der anderen Seite muss auch das IT-Angebot, also die Öffentlichen IT-Dienstleister,
stärker fachliche Bedarfe erkennen und ein entsprechendes Beratungsportfolio aufbauen.
Neben technisch ausgerichteten Profilen bedarf es Verzahnungsexperten, die die digitalen
Potenziale erkennen und ausbauen. Viel zu häufig wird eine technische Innovation von
technischen Experten entwickelt. Ein Merkmal gescheiterter Digitalisierungsmaßnahmen
ist eine starke Fokussierung auf die technische Machbarkeit der Lösung. Statt der Frage
„Was ist das Ziel der Digitalisierung und wie kann ich eine optimale IT-Landschaft schaf-
fen, um dieses Ziel zu unterstützen?“ wird die Umsetzung oft auf der Frage „Wie setze ich
das existierende System eins-zu-eins in ein digitalisiertes System um?“ angegangen. Um
beim Beispiel von Analytics zu bleiben: Die Öffentlichen IT-Dienstleister benötigen Data
Science Experts, die den Transfer fachlicher in analytische Fragestellungen ermöglichen
und die Analysemethoden in den Fachbereichen anwenden. Neben der Durchführung von
Analytics-Modellierungen ist es auch deren Aufgabe, wiederholbare Analytics-Lösungen,
die fachbereichsübergreifend skaliert werden können, zu identifizieren. Ein erfolgreiches
Digitalisierungsprojekt kann daher nur durch fachlich-technisch gemischte Teams entste-
hen, die durch ein integratives Projektmanagement verzahnt werden.
Darüber hinaus ist eine stärkere organisatorische Verzahnung bei Digitalisierungs-
projekten erforderlich. Aktuelles Beispiel ist die Registrierung von Flüchtigen und die
Zuführung zu einem geordneten Asylantragsverfahren, was sowohl zwischen den betei-
ligten Fachbehörden als auch über die Verwaltungsebenen hinweg herausfordernd ist.
Insbesondere in Deutschland wirken sowohl die föderalen Strukturen wie auch die Res-
sortzuständigkeiten für die Projektumsetzung hemmend. Integratives Projektmanagement
6 Treiber, Ratgeber, Meinungsmacher 181

muss diese organisatorischen Grenzen berücksichtigen und die Schnittstellen zwischen


den unterschiedlichen Beteiligten transparent machen. Erst auf dieser Basis kann ein
zielführendes Digitalisierungsprojekt aufgesetzt werden.

Design Thinking als Methode des integrativen Projektmanagements


Methodisch setzt das integrative Projektmanagement bei Digitalisierungsvorhaben auf
das Design Thinking (Abb. 6.9). Design Thinking ermöglicht die Einbindung unter-
schiedlicher Beteiligter, indem eine nutzerorientierte Planung und Entwicklung betont
wird und Projektteams grundsätzlich multidisziplinär aufgestellt sind. Durch die Integ-
ration fachlicher und technischer Kompetenzen und unterschiedlicher Organisationsein-
heiten sollen möglichst viele verschiedene Sichtweisen auf die Fragestellung gewonnen
werden. Während klassische Ansätze stark technisch oder fachlich geprägt sind und ein
Wasserfall-Vorgehen etablieren, stellt Design Thinking die Nutzer in einem agil-iterati-
ven Ansatz in den Vordergrund. Eine entscheidende Rolle kommt dabei dem Prototypen
zu, der die Anforderungen bestimmt und die Bedarfe der Nutzer erst im Entstehungspro-
zess deutlich herauskristallisiert.
Beispielsweise hat die Bundesagentur für Arbeit ihren neuen Internetauftritt in
Zusammenarbeit mit Accenture auf Basis eines Design-Thinking-Ansatzes entwickelt.
Zunächst wurden interdisziplinäre Teams, bestehend aus einem Product Owner, einem
Business-Analysten, einem Designer, einem Redakteur, einem technischen Architekten
und Vertretern aus dem Fachbereich/Linienverfahren gebildet, die die Entwicklung des
Produkts von der Konzeption bis zum Release begleitet haben. Durch eine frühe Ein-
bindung von Fachbereich, Linienverfahren und Technik in den Konzeptionsprozess
konnte deren Verständnis und Engagement gewonnen und das Entstehen von zukünfti-
gen Barrieren verhindert werden. Um den Kunden und seine Bedürfnisse zu verstehen,
haben die interdisziplinären Teams in Workshops sogenannte „Personas“ entwickelt, die
stellvertretend für eine Kundengruppe stehen. Dies hat bei den Fachbereichen zu einem
Wechsel vom organisatorischen Denken hin zum Verständnis des Kunden geführt. Mit-
hilfe dieser Personas wurden dann sog. Userjourneys entwickelt, die ein Verständnis für
Prozesse und Handlungsfelder in der Organisation geschaffen haben. Die unmittelbar aus
den Ergebnissen des Perspektivwechsels entwickelten Prototypen konnten dann mithilfe

Abb. 6.9 Der Design-Thinking-Ansatz mit iterativem Vorgehen


182 J. von Lucke et al.

von Usability Tests, einem Innovationslabor und in Fokusgruppenworkshops mit Kunden


getestet und iterativ angepasst werden. Hierdurch wurde schon vor der Entwicklung ein
hoher Qualitätsgrad in Bezug auf Usability und Userexperience sichergestellt. Entschei-
dende Erfolgskriterien für den neuen Internetauftritt der Bundesagentur für Arbeit waren
der durchgängige Einbezug von Vertretern aller Disziplinen inklusive der Fachbereiche
während des gesamten Konzeptions- und Entwicklungsprozesses sowie die Ausrichtung
der Methoden am Design-Thinking-Ansatz.
Als Fazit bleibt festzuhalten, dass Digitalisierungsvorhaben in der Öffentlichen Ver-
waltung mit einem integrativen Projektmanagementansatz nachhaltig erfolgreich umge-
setzt werden können. Im Digital Government ist die Einbindung und Orchestrierung des
Ökosystems aus externen Partnern, Bedarfsträgern und beteiligten Behörden über Ver-
waltungsgrenzen hinweg ein wesentlicher Erfolgsfaktor. Darüber hinaus ist die Verzah-
nung und Integration von technischer und fachlicher Expertise ein wesentliches Merkmal
erfolgreicher Digitalisierungsprojekte. Methodisch sollte das integrative Projektmanage-
ment durch Design-Thinking-Ansätze verstärkt werden.

6.3.2 BCG: Verwaltung 4.0 − Mit Digitalisierung zur Service-


Revolution

Heinrich Rentmeister

Industrie 4.0 ist eine industrielle Revolution, die Produktionsweisen, aber auch Wert-
schöpfungsketten und Geschäftsmodelle grundlegend verändert. Vergleichbares vollzieht
sich auch im Dienstleistungssektor. Basierend auf neuen Technologien entstehen mit
„Service 4.0“ eine neue Form und Qualität von Dienstleistungen, effizienter, kundenori-
entiert und in höchster Qualität [20].
Die Öffentliche Verwaltung in Deutschland hat zu Recht einen guten Ruf für ihre
hohe Qualität und die Rechtssicherheit, die für Bürger und Unternehmen gleichermaßen
wichtig sind. Doch hinsichtlich Bürgerfreundlichkeit, Effizienz und Innovationsfähigkeit
hinkt sie inzwischen hinter Estland, Singapur oder auch Ländern im Nahen und Mittle-
ren Osten deutlich hinterher.2
Analysiert man Erfolgsbeispiele aus Wirtschaft und Öffentlicher Verwaltung, dann
zeigen sich klar drei wesentliche Ansätze, die gemeinsam ein völlig neues Serviceniveau
ermöglichen:

• die proaktive Nutzung der Chancen der Digitalisierung und


• deren Unterstützung durch eine konsequente Kundenorientierung sowie
• die Einführung agiler Arbeitsmethoden.

2Deutschland belegt Platz 18 von 28 im Digital Progress Report der Europäischen Kommission.
6 Treiber, Ratgeber, Meinungsmacher 183

Chancen der Digitalisierung nutzen


Die sprunghafte Entwicklung von Technologien und deren Zusammenwirken markieren
als Digitalisierung eine Zeitenwende auch für Servicedienstleister. Die Öffentliche Ver-
waltung nutzt die sich ergebenden Chancen bisher kaum3. Welches Potenzial die Digita-
lisierung jedoch eröffnet, zeigen diese Beispiele:
Leistungsgewährung bildet einen wichtigen Teil der Aufgaben insbesondere kommu-
naler Behörden, aber auch bundesweiter Institutionen wie der Bundesagentur für Arbeit
(BA), der Deutschen Rentenversicherung (DRV) oder auch der gesetzlichen Krankenver-
sicherungen. Intelligente, selbstlernende IT-Lösungen erlauben heute eine weitgehende
Automatisierung von Analyse und Bewertung derartiger Anträge. Eine große deutsche
Versicherung lässt heute alle Schadensanträge durch intelligente Software bearbeiten, die
Antrag und Versicherungskontext vergleicht und einen Lösungsvorschlag identifiziert,
sodass der Mensch lediglich die abschließende Kontrolle übernimmt. Das Ergebnis ist
beeindruckend: Bei einer hohen Komplexität der Fälle tauchen kaum Fehler auf. Das
zeigt das Potenzial allein dieses Ansatzes der Digitalisierung. Rund 25 % des Personals
konnten eingespart bzw. für andere, höherwertige Tätigkeiten wie Beratung der Kunden
eingesetzt werden, siehe auch die vergleichbaren Ansätze z. B. japanischer Versiche-
rungsunternehmen mit dem KI-Werkzeug IBM Watson [22].
Unternehmen, wie Burberry und Starbucks, haben gezeigt, wie durch Big Data und
Analytics nicht nur die eigenen Kundendaten besser genutzt werden können, sondern in
Kombination mit weiteren externen Daten, wie die aus Social Media, für Unternehmen
wie Kunden Vorteile und Mehrwert geschaffen werden können. Dies gilt auch für die
Öffentliche Verwaltung: Bessere und passgenauere Services durch ein tiefes Verständnis
des Kunden und seiner Historie in einer 360-Grad-Sicht, aber auch die Verhinderung von
Missbrauch sind wichtige Anwendungsfelder. Bei Vorliegen einer Einverständniserklä-
rung könnten zudem Daten unterschiedlicher Behörden stärker miteinander vernetzt und
der Aufwand für die Kunden reduziert werden.
Nicht zuletzt vollzieht sich die Kommunikation von Öffentlicher Verwaltung und
Kunden weiterhin viel zu einseitig über Austausch von Papier und im Rahmen fester
Büro- oder Öffnungszeiten. Kommunikation mit Kunden erfolgt heute jedoch auf allen
Kanälen und dies 24/7. Öffnungszeiten und Sprechstunden relativieren sich. Information,
aber auch Datenaustausch, findet davon unabhängig statt. App- oder Videochat-gestützte
Beratung und individueller Kundenservice via Social Media sind nur zwei konkrete
Anwendungsbeispiele.

Konsequente Kundenorientierung
Besonders auf kommunaler und Landkreisebene sowie bei großen Dienstleistungsin-
stitutionen, also dort, wo die meisten Kontakte der Öffentlichen Verwaltung mit Bür-
gern und Unternehmen stattfinden, gibt es viele positive Beispiele für eine nachhaltige

3Siehe u. a. Digital Government Survey der Boston Consulting Group (BCG).


184 J. von Lucke et al.

Kundenorientierung. Insgesamt jedoch ist man in zu vielen Bereichen noch sehr stark
in einer fachlichen Struktur organisiert, nach der sich der Kunde zu richten hat. Ansätze,
diese Strukturen stärker an der Kundensicht zu orientieren, wie beispielsweise mit zen-
tralen 115-Nummern, sind als Callcenter „stecken“ geblieben. Die grundlegenden Pro-
zesse haben sich jedoch nur wenig verändert. Die „Customer Journey“ spielt keine
Rolle. Und selbst die Kommunikation mit den Kunden ist für diese allzu oft schlicht
unverständlich.
Sicherlich: Die Organisation nach Fachlichkeit bietet viele Vorteile. Aber andere
Servicedienstleister haben gezeigt, dass dies nicht nur sehr wohl durch eine Integration
der Kundenperspektive ergänzt werden kann, sondern dass hierdurch Mehrwert für alle
Beteiligten entsteht: Für die Kunden ein einfacher zugänglicher Service in besserer Qua-
lität − für die Verwaltung eine Konzentration auf das Endprodukt und damit eine höhere
Effizienz des Handelns. Daher hat es sich bewährt, die „Customer Journey“ nachzuzeich-
nen und alle Prozesse daran zu orientieren.

Einführung agiler Arbeitsweisen


Im Kontext der digitalen Revolution haben innovative Start-ups, wie beispielsweise Spo-
tify, vor allem zur Entwicklung von IT- bzw. Softwarelösungen neue, sogenannte agile
Arbeitsweisen eingeführt. Diese beruhen auf einer direkten Interaktion in sich selbst
organisierenden gemischten Teams und einer schnellen, iterativen Lösungsentwicklung
u. a. durch Rapid Prototyping und Minimal Viable Products.
Doch längst sind diese Arbeitsweisen auch von anderen Unternehmen und Organisa-
tionen übernommen worden. Ein führendes Beispiel ist die ING Bank, die ihre Arbeits-
weisen weitgehend auf agile Methoden umgestellt hat, um schneller und innovativer auf
neue Marktentwicklungen reagieren zu können4.
Für die klassische Öffentliche Verwaltung klingt dies eher fremd und unpassend, denn
viele dieser Ansätze liegen quer zur tradierten Organisationsform mit abgegrenzter fach-
licher Zuständigkeit und festen Hierarchien. Aber gerade die fachlichen Silos müssen
produktiv überwunden werden − in interministeriellen Arbeitsgruppen, bei der Reaktion
auf sich verändernde Anforderungen oder auch bei der Entwicklung neuer IT-Lösungen.
Verwaltung 4.0 − für die Öffentliche Verwaltung Deutschlands, die am Ende des 19.
Jahrhunderts führend und beispielgebend für neue Arbeitsmethoden war, ist dies die
Chance, heute eine ähnliche Führungs- und Vorbildrolle zu übernehmen. Die notwen-
digen Investitionen in Technik, Qualifizierung der Beschäftigten und Veränderungsma-
nagement sind nicht nur gerechtfertigt dadurch, dass der Standort Deutschland durch
bessere und effizientere Services nachhaltig gestärkt wird. Wie Projektbeispiele aus der
Serviceindustrie zeigen, rechnen sich die Investitionen zudem durch die Einsparungen,
die hierdurch gleichzeitig erzielt werden können. Diese können auch von der Öffentli-
chen Verwaltung realisiert werden − denn beispielsweise eröffnet der demografische

4Siehe Youtube: https://www.youtube.com/watch?v=NcB0ZKWAPA0 (Aufruf 31.03.2017).


6 Treiber, Ratgeber, Meinungsmacher 185

Wandel in den kommenden Jahren Möglichkeiten zur Umsetzung von Personaleinspa-


rungen, die lange so nicht möglich waren. Gefordert ist heute also schlicht mehr Mut und
Gestaltungswille, diese Chancen aktiv zu nutzen.

6.3.3 Capgemini: Thesen NKR-Gutachten 2016 und Stand der


Diskussion

Marc Reinhardt und Jan Reddehase

6.3.3.1 Abstract
Trotz langjähriger Bemühungen, E-Government in Deutschland umzusetzen, zahlreicher
Digitalisierungsvorhaben auf behördlichen Seiten und der erfolgreichen Erprobung von
über das Bundesgebiet verteilten Leuchtturm-Projekten, konnte sich ein flächendecken-
des E-Government nicht etablieren. Der Nationale Normenkontrollrat nahm dies zum
Anlass, in zwei Gutachten 2015 und 2016 sowohl die Kosten und Nutzen von E-Govern-
ment darzustellen als auch einen Umsetzungsplan für einen beschleunigten Ausbau des
E-Governments vorzulegen. Diese Gutachten wurden mit prägnanten Vorschlägen zu
einem Debattenbeitrag, der die Diskussion um die Digitalisierung der Öffentlichen Ver-
waltung neu belebte. Innerhalb dieser Diskussion kristallisierten sich einzelne Aspekte
heraus, wie etwa das gemeinsame Digitalisierungsbudget, der Innovationstransfer, die
Stärkung der Governance und die Übernahme von Führungsverantwortung durch die
politische Leitungsebene als elementare Lösungsbausteine für eine erfolgreiche Umset-
zung von E-Government.

6.3.3.2 „Wie der Aufstieg gelingen kann“ − Das NKR-Gutachten von


2016
Bereits im Jahr 2015 veröffentlichte der Nationale Normenkontrollrat (NKR) ein Gut-
achten, das die Kosten und den Nutzen eines erfolgreichen E-Governments in Deutsch-
land aufzeigt. Es belegte, dass eine Entlastung für Bürger sowie Unternehmen durch eine
Verringerung von Bürokratie und eine Steigerung effizienten Verwaltungshandelns mög-
lich ist. Mit dem Folgegutachten aus 2016 zielte der NKR daher darauf ab, eine konzen-
trierte Betrachtung und Diskussion möglicher Maßnahmen anzustoßen. Die Einordnung
der Maßnahmen in ein übergreifendes Arbeitsprogramm sollte es der Politik erleichtern,
die aus Sicht des Gutachtens notwendigen Entscheidungen zu treffen. Im Sommer 2016
erschien das im Auftrag des NKR von CSC und Capgemini geschriebene Gutachten mit
dem Titel „E-Government in Deutschland: Wie der Aufstieg gelingen kann“ [17]. Zum
föderalen E-Government in Deutschland wurden auch in den letzten zehn Jahren viele
gute Beiträge erstellt, was ein Beleg dafür ist, dass bei E-Government kein Erkenntnis-,
sondern ein Umsetzungsproblem besteht. Dementsprechend stellen die Vorschläge des
NKR-Gutachtens überwiegend keine grundlegend neuen Erkenntnisse dar, sondern tra-
gen Erfahrungen und Beispiele aus nationalen und internationalen Best Practices und
Studien zusammen.
186 J. von Lucke et al.

Zugleich fasst das Gutachten auch die größten Hindernisse und Hemmnisse zusam-
men, die dazu führen, dass Deutschland bei der Umsetzung bislang im Vergleich mit
anderen EU-Länder einen hinteren Platz einnimmt. Zu diesen gehören vorrangig eine
fehlende Verbindlichkeit der verabschiedeten Strategien bei den föderalen Akteuren,
eine zu niedrig priorisierte Handlungsnotwendigkeit (Digitalisierung war bis dato keine
„Chefsache“) sowie fehlende Standards und Prinzipien zur Umsetzung eines erfolgrei-
chen E-Governments.
Eine zentrale Empfehlung des Gutachtens ist die Schaffung eines gemeinsamen Digi-
talisierungsbudgets als Basis für eine erfolgreiche Digitalisierung. Dass Digitalisierung
mit Kosten verbunden ist, erscheint nicht überraschend, für die Umsetzung sind zusätz-
liche finanzielle Mittel erforderlich. In der aktuellen Lage hat der Bund die finanziellen
Spielräume für eine Bereitstellung der erforderlichen Mittel, sodass er hier die Initiative
übernehmen sollte. Durch die Vereinbarungen zur Neuordnung der Bund-Länder-Finanz-
beziehungen ist derzeit Bewegung im föderalen System, was die einmalige Chance bie-
tet, ein zusätzliches gemeinsames Budget zu schaffen.
Der Aufbau einer föderalen IT-Infrastruktur und die Bereitstellung gemeinsamer
Strukturen und Basiskomponenten für digitale Dienstleistungen der Verwaltungen von
Bund, Ländern und Kommunen gehören ebenso zu den Themen des NKR-Gutachtens
wie Erfolgsfaktoren für die Umsetzung von E-Government-Maßnahmen. Hierfür wurden
neben internationalen Best Practices aus der Verwaltung auch Digitalisierungsinitiativen
der Wirtschaft ausgewertet.
Es sticht hervor, dass eine erfolgreiche Digitalisierung nicht meint, alte Prozesse
und Geschäftsmodelle elektronisch abzubilden, sondern dass durch technologische und
organisatorische Innovationen neue Verfahren, Modelle und ganze Geschäftszweige ent-
standen sind. Eine einfache Übertragung der Bemühungen aus Industrie und Wirtschaft
erscheint jedoch aufgrund der offensichtlichen Unterschiede zur Öffentlichen Verwal-
tung hinsichtlich Kultur, Organisationsstruktur etc. als nicht zielführend. Daher schlägt
das Gutachten vor, eine innovative Organisation zu schaffen, die zwar eng mit der Ver-
waltung verwoben ist, jedoch so viel Freiheit besitzen solle, dass Innovationen entstehen
können. In einer solchen Organisation sollen fachlich geprägte, praxisnahe und anwend-
bare Ideen umgesetzt werden. Die Trennung von den Arbeitsrhythmen und Zwängen
einer Behörde ermöglicht kreative Freiheit für Innovationen im öffentlichen Raum,
zugleich schafft die Verankerung im Verwaltungsumfeld fachlichen und praktischen
Bezug und ermöglicht den Transfer in einen Regelbetrieb.
Durch einen neuen IT-Staatsvertrag zwischen den Ländern und dem Bund soll die
Verbindlichkeit zur gemeinsamen Umsetzung bei den Akteuren gestärkt werden. Ein
solcher Vertrag legt nach Empfehlung des Gutachtens nicht nur das gemeinsame Budget
fest, sondern schreibt auch die Verpflichtung zur Einhaltung gemeinsamer Standards fest.
Der sogenannte „Digitale Service Standard Deutschland“ (kurz DSSD) umfasst Maß-
nahmen zur Nutzerorientierung und Bedienbarkeit, zur (Weiter-)Entwicklung und Pflege
digitaler Services, aber auch zur regelmäßigen Kontrolle und Evaluation der Dienstleis-
tungen auf eben diese Standards. Damit sollten Dienstleistungen bundesweit mit einem
6 Treiber, Ratgeber, Meinungsmacher 187

Mindestniveau einheitlich gestaltet sein, sodass die Qualität des E-Governments nicht
vom individuellen Wohnort abhängig ist.

6.3.3.3 Thesen des Gutachtens und Stand der Diskussion


Das Gutachten, das der NKR in die Diskussion einbrachte, zeigte seine Wirkung. Es
diente als Kristallisationspunkt in den Debatten, schärfte die Sicht auf die Lage des
E-Governments in Deutschland und rief somit den dringenden Handlungsbedarf erneut
ins Bewusstsein. Es war ein Appell, die verantwortlichen Akteure wieder zu einem
gemeinsamen Vorgehen zusammenzurufen, denn es hat sich in den vergangenen Jahren
gezeigt, dass nur durch eine konzentrierte Herangehensweise die Hindernisse für die
Umsetzung von E-Government überwunden werden können. Dazu haben sich aus der
Sicht von Capgemini die folgenden Schwerpunkte herausgebildet.

1. Ein gemeinsames, zusätzliches Digitalisierungsbudget


Eine funktionierende föderale IT wird nur mit der Bereitschaft der Länder zur Mitwir-
kung gelingen. Die Bereitschaft seitens der Länder, sich an gemeinsamen IT-Vorha-
ben zu beteiligen, steigt unzweifelhaft mit der Bereitschaft des Bundes, die finanzielle
Hauptlast zu tragen. Aus diesem Grund kann der Punkt der Finanzierung als elementarer
Lösungsbaustein betrachtet werden. Der Wille, die Digitalisierung zum großen Teil aus
den Mitteln der Länder zu tragen, war und ist nicht gegeben. Dem sollte ein Digitalisie-
rungsbudget entgegenwirken. Zusätzliche Mittel machen die Umverteilung bereits ver-
planter IT-Budgets und damit Abstriche bei der individuellen Planung unnötig und helfen
somit, Ablehnung seitens der IT-Verantwortlichen (der Länder) zu vermeiden. Prozesse
zu ändern und bestehende Lösungen weiter zu entwickeln oder zu ersetzen ist, auch ohne
Finanzdebatten, eine große Herausforderung. Zum anderen sollen die Akteure mit einer
gemeinsamen Argumentationsgrundlage ausgestattet werden, die notwendigen Investitio-
nen in die Entwicklung, Einführung und den Betrieb digitaler Verwaltungsdienstleistun-
gen zu tätigen.

2. Eine gemeinsame IT-Infrastruktur schaffen


Durch die gemeinsame Entwicklung und den Betrieb von IT-Lösungen durch Bund,
Länder und Kommunen sollen nicht nur die Entwicklungs-, Anschaffungs- und
Betriebskosten gesenkt werden, sondern ein System interoperabler Komponenten
geschaffen werden. Damit verbunden ist das Ziel, Prozesse zu verschlanken und Benut-
zerfreundlichkeit und damit eine höhere Akzeptanz bei den Nutzern zu erzielen. Eine
gemeinsame Infrastruktur bedeutet dabei nicht zwangsläufig, dass diese zentral betrie-
ben werden muss. Die Konzepte, die derzeit im IT-Planungsrat (IT-PLR) zur Diskussion
stehen, beruhen auf integrierenden Lösungen, die einen parallelen Betrieb mit interope-
rablen Schnittstellen und gemeinsamen Registern bzw. Datenbanken ermöglichen. Das
(bundesweite) Nutzerkonto und der Portalverbund zeigen, dass dies eine übergreifende
Aufgabe ist.
188 J. von Lucke et al.

Um eine solche gemeinsame föderale Infrastruktur zu schaffen, ist es jedoch unerläss-


lich, sich auf gemeinsame Standards und Prinzipien zu einigen. Die gesetzliche Grund-
lage für eine solche föderale Kooperation scheint durch die Einigung im Rahmen der
Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehung, den Art. 91c GG zu ergänzen, gegeben
zu sein. Durch diese Ergänzung soll der Bund die Möglichkeit bekommen, die Bereit-
stellung elektronischer Verwaltungsdienstleistungen durch Gesetze und Verordnungen
voranzutreiben.
Der Vorschlag des NKR-Gutachtens, einen neuen IT-Staatsvertrag aufzusetzen und
in diesem einen Digitalen Service Standard Deutschland zu etablieren, ist bisher nicht
weiter verfolgt worden. Dies wäre jedoch hilfreich, um im Sinne der „Kultur der Zusam-
menarbeit“ einen Diskussionsprozess zwischen Bund und Ländern zu starten, der in
einem politischen Pakt und in einem gemeinsamen Ziel endet. Mit dem Entwurf eines
Onlinezugangsgesetzes (Bundesrat Drucksache 814/16) gibt es sehr konkrete Planungen
und Vorgaben des Bundes zur weiteren Verpflichtung und einheitlichen Standardsetzung
im föderalen System. Hierbei darf jedoch nicht der Eindruck entstehen, dass die Rege-
lungen durchgedrückt werden sollen und die Länder und Kommunen übergangen wer-
den. Dementsprechend gilt es, die Entwicklung der Vereinheitlichung von Standards und
Prinzipien weiterhin kritisch zu begleiten. Eine gemeinsame Vereinbarung von Bund und
Ländern könnte etwa im Kontext des geplanten Portalverbundes die Einhaltung der Kri-
terien des DSSD zur Aufnahme von Serviceleistungen vorgeben.

3. Innovationstransfer schaffen
Der Transfer von Innovationen und neuen Technologien in die Verwaltung ist eine grund-
legende Aufgabe, um rege nachgefragte E-Government-Lösungen zu schaffen. Bürger,
die die modernen Online-Angebote von Unternehmen gewöhnt sind, werden immer
mehr erwarten, dass sie solche Angebote auch von der Verwaltung erhalten. Daher wird
es notwendig sein, sich erstens Innovationen aus Wirtschaft, Forschung und internationa-
len Verwaltungsbeispielen anzueignen und zweitens diese in die Verwaltung zu überfüh-
ren, ohne dass die Innovation verloren geht.
Der Vorschlag einer unabhängigen Organisation, die Innovationen schaffen und so den
Transfer neuer technischer Lösungen vorantreiben soll, wurde mit Zurückhaltung aufge-
nommen. Vor allem der IT-PLR, dessen originärer Zuständigkeitsbereich davon betroffen
sein würde, hält eine solche Organisation für nicht notwendig. Der nach der Veröffentli-
chung des Gutachtens gefasste Beschluss, die FITKO institutionell zu unterfüttern, soll
den IT-PLR bei der operativen Arbeit unterstützen. Dies sieht die Bundesregierung als
eine mögliche Antwort auf eine innovative Organisation, wie sie im Gutachten vorge-
schlagen wurde. Derzeit befindet sich die FITKO noch in der Konstituierungsphase. Es
ist daher noch nicht absehbar, ob sie über eine ausreichende personelle Ausstattung und
den erforderlichen Auftrag verfügen wird, über die operative Arbeit hinaus auch „öffent-
liche Innovationen“ zu fördern. Der NKR hat mit seinem Vorschlag eine Idee unterbrei-
tet, an dem sich die FITKO messen lassen muss. Der Blick in andere Länder zeigt, dass
Innovationslabore, Mindlabs oder Government-Start-ups ernst zu nehmende Ansätze
6 Treiber, Ratgeber, Meinungsmacher 189

sind, um die Agilität und Innovationskraft der Verwaltung zu erhöhen. Sollte dies der
FITKO nicht in zufriedenstellendem Maße gelingen, wird die Diskussion über solche
Institutionen weitergeführt werden.

4. Wahrnehmung der Digitalisierungsaufgaben durch die Ressorts


Digitalisierung ist eine Querschnittsaufgabe, die dezentralisiert übernommen werden
muss. Sie steht nicht unabhängig von der Fachlichkeit, die sie unterstützen soll. Jenseits
gemeinsam betriebener IT-Infrastruktur und zentraler Basiskomponenten ist eine Zent-
ralisierung dieser Aufgabe nicht zielführend. Die aktuellen Debatten um ein Digitalisie-
rungsministerium scheinen an diesem Ziel vorbei zu führen, da damit unweigerlich eine
Aufgabenabgabe der Fachressorts die Folge sein wird und die Trennung von Fachlich-
keit und IT weiter steigen dürfte. Vielmehr sollte das Verständnis der Digitalisierung als
Querschnittsaufgabe dazu führen, dass die Ressorts eine abgestimmte und individuelle
Strategie entwickeln. Im Kern muss Fachlichkeit grundsätzlich digital gedacht werden.
Der Bund muss dazu im IT-Rat eine stärkere gemeinsame Zielrichtung etablieren, um
eine neue Stufe der Professionalität in der Zusammenarbeit zu erreichen. Das Bundes-
kanzleramt kann hier eine Eskalationsinstanz sein, die Einfluss auf die Ressorts ausübt.
Eine solch abgestimmte Zielrichtung im IT-Rat wäre auch im Hinblick auf die Zusam-
menarbeit mit den Ländern, beispielsweise in den Fachministerkonferenzen, förderlich.

5. Die Governance im Bereich der Digitalisierung stärken


Die Governance im Bereich der Digitalisierung muss gestärkt werden. Die Governance-
Gremien spielen dabei eine wesentliche Rolle. Der IT-PLR muss seiner Rolle als Bund-
Länder-Steuerungsgremium gerecht werden. Entscheidungen dürfen nicht verzögert
werden, sondern müssen konsequent gefällt und umgesetzt werden. Dafür muss die
Transparenz von Kosten und Nutzen digitaler Services in den Bundesländern erhöht wer-
den, sodass ein Vergleich unter den Ländern ermöglicht und politischer Druck erzeugt
wird. Gemeinsame Sitzungen des IT-PLR und der Chefs der Staatskanzleien könnten ein
weiteres Mittel sein, um zu zügigen Entscheidungen zu gelangen. Mit der Position des
IT-Beauftragten der Bundesregierung (Bundes-CIO) hat die Bundesverwaltung bereits
2007 die Funktion eines Bundes-CIO erhalten, also eine Rolle, die verantwortlich für die
IT-Bemühungen der Bundesverwaltung zeichnet. Diese Rolle hat sich vor allem in den
letzten Jahren als immer durchsetzungsfähiger erwiesen. Den Bundes-CIO zu stärken,
etwa durch ein eigenes Budget und weitreichendere Steuerungsbefugnisse, kann diese
Entwicklung weiter befördern. Die Verfügbarkeit eines Budgets würde die Möglich-
keiten für Anreize schaffen und damit auch die Position gegenüber den Ländern weiter
verbessern. Neben der Einbindung der CIOs der Länder, deren Expertise und Professi-
onalität in den letzten Jahren stetig gestiegen sind, sollten auch die IT-Dienstleistungs-
zentren der Länder und die kommunalen IT-Dienstleister in einen Innovationstransfer
einbezogen werden. Aus den Reihen dieser Akteure kommen teils heute schon praxis-
nahe, nutzer- und bedarfsorientierte Anwendungen und Technologien, die den Weg für
eine föderale IT-Infrastruktur ebnen. In jedem Fall liegen dort die Verantwortung der
190 J. von Lucke et al.

Umsetzung und die Schnittstelle zum Bürger. Ihre Erfahrungen sollten daher Grundlage
der IT-PLR-Diskussionen sein und sie sollten von Beginn an, als Teil der Umsetzungs-
strategie, mit gedacht und einbezogen werden.
Offen bleibt dabei die Diskussion um die Notwendigkeit eines Chief Digital Officers
(CDO) für die Verwaltung, der im Gutachten benannt wurde und in dessen Aufgaben-
bereich der Innovationstransfer fallen solle. Der Bund nimmt hier noch eine zurückhal-
tende Stellung ein, während beispielsweise in Baden-Württemberg diese Rolle explizit
besetzt, jedoch mit dem CIO zusammengelegt ist.

6. Digitalisierung benötigt Führung


Internationale Verwaltungsbeispiele und erfolgreiche Digitalisierungsmaßnahmen in der
Industrie haben gezeigt, dass Digitalisierung längst keine Aufgabe mehr ist, die nebenbei
erledigt wird. Sie muss Priorität bei Führungspersönlichkeiten besitzen und das Bewusst-
sein für die Notwendigkeit muss vorhanden sein. Zur Überwindung von Hindernissen
und Widerständen werden Entscheidungen benötigt, die die politische Leitungsebene
treffen muss. Digitalisierung ist kein Selbstzweck, sondern integraler Bestandteil jedes
Verwaltungshandelns. Die Flüchtlingssituation etwa hat in den letzten Jahren gezeigt,
dass sie ein Mittel zur Lösung von Herausforderungen ist. Digitale Fachverfahren und
Dienstleistungen verbesserten den Aufnahmeprozess und die Zuteilung von Hilfsleistun-
gen. Auch wenn es weiterhin Themen geben wird, die aufgrund ihrer Aktualität und ihrer
politischen Bedeutung höher auf den Tagesordnungen stehen, so hat sich gezeigt, dass
die politische Entscheidungsebene in Deutschland dieses Verständnis mehr und mehr
entwickelt. Dadurch hat sich beispielsweise das Bundeskanzleramt aktiver in die Dis-
kussion eingeschaltet. Auch mit Blick auf die Bundestagswahl 2017 wird deutlich, dass
ohne das Thema Digitalisierung zukünftig keine Politik mehr gemacht werden kann.
Damit eröffnet sich ein Weg für die Digitalisierung, der konsequent beschritten werden
muss. Digitalisierung muss in Deutschland mehr und mehr zur „Chefsache“ werden.
Dadurch wird die Politik zu einem Ansprechpartner auf Augenhöhe mit Wirtschaft und
Gesellschaft. Die Abgeordneten des Deutschen Bundestags sollten ihr Interesse an einer
modernen Verwaltung zur Umsetzung der von ihnen verabschiedeten Gesetze signalisie-
ren. Bundeskanzleramt und das Bundesministerium des Inneren, als zuständiges Ressort,
müssen das Thema weiter mit der aktuell vorhandenen Energie angehen.

6.3.3.4 Fazit
Deutschland steht, was die digitale Verwaltung betrifft, noch im Mittelfeld. Die Beiträge
des NKR haben dies, wie viele weitere Studien, offengelegt. Wenn Deutschland den
Anschluss an die Nachbarländer nicht verlieren und zu den Spitzenreitern aufschließen
will, muss jetzt gehandelt werden. Das im Auftrag des NKR von CSC und Capgemini
geschriebene Gutachten hat dazu eine Debatte erneuert und mit Argumenten unterfüttert.
In den anschließenden Diskussionen hat sich gezeigt, dass die Chancen für die Digitali-
sierung vorhanden sind. Wenn die finanziellen Grundlagen geschaffen werden, der Geist
der Zusammenarbeit und die Bereitschaft für gemeinsame ebenenübergreifende Vorhaben
6 Treiber, Ratgeber, Meinungsmacher 191

gestärkt und die Digitalisierung endlich als wichtige Aufgabe verstanden wird, kann die
erfolgreiche Umsetzung von E-Government gelingen.

6.3.4 Computacenter: Digitalisierung − mehr als Apps und Self-


Service

Ulf Schitkowsky

6.3.4.1 Digitalisierung − das betrifft Frontend und Backend!


Smart Citys, bürgernahe Dienste und Datenaustausch der Behörden im E-Government,
Big-Data-Auswertungen usw. sind Schlagworte der Digitalisierung der Öffentlichen
Verwaltung − und sie alle benötigen neben dem „Frontend“, d. h. einer entsprechenden
Anwendung und dem Zugang für den IT-Nutzer, auch ein entsprechendes „Backend“,
d. h. eine Rechenzentrums- und Netzwerkinfrastruktur, um die entsprechende Leistung
zu erbringen.
Dabei wird, wenn in der öffentlichen Diskussion von Digitalisierung gesprochen wird,
in der Regel nur das Frontend gesehen: mobile Nutzung, einfacher Zugang von Bürgern
zu Diensten der Verwaltung, Einsatz von webgestützten Datenaustauschdiensten innerhalb
und zwischen den Behörden usw. Dabei werden dann, wie auch in der Wirtschaft, Forde-
rungen nach schneller Umsetzung und dynamischer Anpassung laut. Neben diesen Fragen
zur Art und Realisierung der Frontends müssen aber vor allem Fragen zum Backend, d. h.
der diese Dienste anbietenden Infrastruktur, in der Öffentlichen Verwaltung beantwor-
tet werden. Denn im Gegensatz zur privaten Wirtschaft kann die Öffentliche Verwaltung
nicht ohne Weiteres schnell, flexibel und dynamisch auf die am Markt z. B. durch Ama-
zon, Google und Microsoft angebotenen Public-Cloud-Services zurückgreifen, da dort die
kritischen Sicherheitsfragen nicht oder unzureichend beantwortet sind und Themen wie
Datenhoheit, Souveränität und überhaupt die rechtliche Zulässigkeit der Nutzung dieser
Infrastrukturen für die Nutzung von Verwaltungsverfahren mit Daten aus hoheitlicher
Aufgaben noch ungeklärt ist. Unabhängig davon sind der Aufbau der notwendigen Inf-
rastrukturen und die Migration der Fachverfahren mit ihren Daten auf Cloud-Dienste ein
beachtlicher zeitlicher und finanzieller Aufwand, der wohl begründet sein muss.

6.3.4.2 Anforderungen an die IT durch die Digitalisierung


Wenn man die Anforderungen vieler Vorhaben zur Digitalisierung von Fachverfahren
betrachtet, wie z. B. bei den 2015 besonders geforderten Abläufen für die Registrierung
von Asylbewerbern, so werden diese immer häufiger mit Methoden der agilen Soft-
wareentwicklung vorangetrieben. Dies geschieht vor allem vor dem Hintergrund, dass
sich die Entwicklung am konkreten Mehrwert der Nutzer orientiert und dieser sukzessive
erkundet wird, indem die Nutzer sehr früh den Service nutzen können und dann die Wei-
terentwicklung auf Rückmeldungen der Nutzer beruht. Dies bedingt jedoch, dass wesent-
liche Leistungsparameter erst im Laufe der Entwicklung oder gar erst bei der Nutzung
192 J. von Lucke et al.

wirklich konkret angegeben werden können. Das bedeutet, dass die zugrunde liegende
Infrastruktur dynamisch im Leistungsverhalten anpassbar sein muss. Durch die oft nur
mäßig genauen Nutzungsprognosen der Dienste sollte die IT-Infrastruktur sehr flexibel
und skalierbar sein, sodass die IT-Verfahren, bei sich verändernden Bedarfen, möglichst
einfach und automatisiert IT-Infrastruktur-Ressourcen nutzen oder nicht mehr benötigte
Ressourcen freigeben können.
Wenn diese Anforderungen gegeben sind, fällt die Wahl der künftigen IT-Infrastruktur
fast automatisch auf Cloud-Systeme. Sie wurden speziell mit dem Blick auf den schwer
in seiner Größenordnung vorhersehbaren Datenhunger, die Fokussierung der IT-Kunden
auf die Fachanwendungen und nicht auf Details der IT-Infrastruktur sowie die Erwartung
an schnelle Bereitstellungszeiten und das Vermeiden unnötiger Leerkosten hin entwickelt.
Um Cloud-Dienste nutzen zu können, sind neben den technischen Voraussetzungen
aber auch organisatorische Rahmenbedingungen zu schaffen, um die neuen Infrastruktu-
ren und Applikationsarchitekturen zu betreiben.
Als methodischer Rahmen zur Darstellung von Clouds hat sich das Cloud Delivery
Model (vgl. Abb. 6.10) als sinnvoll erwiesen. Das Modell sieht vor, Services und deren

Abb. 6.10 Cloud delivery model


6 Treiber, Ratgeber, Meinungsmacher 193

Erbringung in verschiedene Ebenen zu gliedern, diese einzeln zu beschreiben und zu


entwickeln. Damit kann die oft sehr komplexe Landschaft von Cloud-Services in einfa-
cher umzusetzende Blöcke aufgeteilt werden, die den jeweils angrenzenden Bereichen
Dienste zur Verfügung stellen.
Das Modell sieht die Beschreibung von IT-Services aus Sicht der Service-Konsu-
menten bis hin zur zugrunde liegenden IT-Infrastruktur vor. Somit ist eine End-to-end-
Darstellung gegeben. Ziel bei der Umsetzung ist es, die einzelnen Ebenen zu realisieren.
Diese können einzeln voneinander betrachtet werden. Hierbei wird bei der Umsetzung
zwischen einem sogenannten Green-field-Ansatz, bei dem alle Systeme neu entwickelt
bzw. eingeführt werden, und dem Brown-field-Ansatz, bei dem bestehende Systeme
weiter genutzt bzw. einbezogen werden, unterschieden. Das Modell erlaubt beide Mög-
lichkeiten und trägt damit zur Innovation genauso wie zum Investitionsschutz und der
weiteren Nutzung von vorhandenem Wissen bei.
Wesentliches Designkriterium ist dabei eine möglichst vollständige (100 %ige) Auto-
mation der Servicebereitstellung und des Servicebetriebes. Nur dadurch werden im
Ergebnis die notwendige Flexibilität und Dynamik für das Gesamtsystem erreicht. Im
Laufe der Entwicklungsphasen ist aber damit zu rechnen, dass nicht alle Bereiche von
Beginn an dieses Ziel erreichen werden.

(1) Technische Aspekte


In den letzten zehn Jahren führte die Entwicklung der Infrastrukturen im Rechenzent-
rum zu immer stärker standardisierten und vor allem softwaregesteuerten Systemen (vgl.
Abb. 6.11).
Klassisch wurden in Rechenzentren „Build-your-Own“-Architekturen aus Server-,
Storage- und Network-Komponenten zusammengestellt, die individuell auf die jewei-
ligen Anforderungen zugeschnitten waren, aber auch eine hohe Anforderung an den

Abb. 6.11 Evolution der technischen Infrastrukturen


194 J. von Lucke et al.

Betrieb stellten und recht unflexibel im Management waren. Das Ergebnis waren rela-
tiv hohe Betriebskosten und größerer Zeitbedarf der Bereitstellung neuer Dienste. Seit
ca. 2008 haben sich dann sogenannte „Referenzarchitekturen“ und „konvergente Inf-
rastrukturen“ am Markt durchgesetzt, die alle Infrastrukturbestandteile in einer Blau-
pause bewährter Architekturen enthielten. Durch den Ansatz „alles aus einer Hand“ oder
zumindest den Aufbau und das Management nach einem Blueprint eines oder mehrerer
Hersteller wurde dabei das Management, d. h. die Betriebsführung, deutlich verein-
facht. Die Flexibilität der Infrastruktur war aber immer noch sehr stark durch die durch
die Hersteller vorgedachten „Building Blocks“ vordefiniert. In der Folge wurden dann
„Hyperkonvergente Systeme“ entwickelt, die den Ansatz weiter standardisierten und vor
allem deutlich stärker auf homogene Standardhardware bauten. Der wesentliche Aspekt
dieser Systeme ist die komplette Bereitstellung und Steuerung der Infrastrukturfunktio-
nen durch Software, wobei aber bei den meisten Systemen, je nach Bauart in bestimm-
ten Leistungsbereichen, Grenzen in der Skalierbarkeit gesetzt sind, sodass diese Systeme
nicht unbesehen für alle Anwendungsfelder passen.
Diese Schwächen hyperkonvergenter Systeme überwindet der aktuellste Trend bei
den Cloud-Systemen, die sog. „Composable Infrastructures“. In ihnen werden alle Kom-
ponenten durch Software gesteuert und in sog. „Fluid Ressource Pools“ bereitgestellt,
die dann durch die Anwendungen per Software bedarfsgerecht dynamisch konfiguriert
werden. Dabei sind diese Systeme sehr breitbandig für traditionelle Anwendungen und
Architekturen wie auch für moderne Architekturen wie z. B. Container-Umgebungen
einsetzbar und in sehr weitem Rahmen skalierbar.
Wesentlich für die Nutzung der Infrastrukturen im Cloud-Umfeld und damit als
Grundlage für Digitalisierungsvorhaben sind im technischen Bereich u. a.

– Virtualisierung: Alle Anwendungen müssen zu 100 % in virtuellen oder containerba-


sierten Umgebungen abgebildet werden, da das die Grundlage für die schnelle und
dynamische Anpassbarkeit der Infrastruktur darstellt.
– Automatisierung: Automatisierung ist einer der wesentlichen Erfolgsfaktoren der
Digitalisierung. Nur durch die möglichst weitgehende Automatisierung ist die gefor-
derte Geschwindigkeit bei der Bereitstellung und Anpassung von Digitalisierungsvor-
haben machbar. Auch und gerade Qualitätssicherungsaspekte sind mittels Automation
besser zu gestalten als durch manuelle Prozesse, wobei allerdings auch Augenmaß
bewiesen werden muss, d. h., eine Risikoabschätzung gehört zu jedem Automations-
vorhaben. Das Ziel sollte die weitestgehend vollständige Automation von Servicebe-
reitstellung und Servicebetrieb sein.
– Software defined everything: Wesentlicher Bestandteil jeder Infrastrukturlösung ist
heute das Application Programming Interface, kurz API. Denn um, wie oben beschrie-
ben, die Automation der Infrastruktur zu erreichen, ist es notwendig, alle Infrastruk-
tursysteme komplett per Software konfigurieren und steuern zu können. Erst durch
diese Eigenschaft der Systeme ist es z. B. möglich, die Fluid Ressource Pools der
oben beschriebenen Composable Infrastructures sinnvoll zu nutzen und die Systeme
6 Treiber, Ratgeber, Meinungsmacher 195

bei der Servicebereitstellung und auch bei sich ändernden Anforderungen automatisch
anzupassen.
– Modernisierung der Applikationsarchitektur: Mindestens mittelfristig muss die Appli-
kationsarchitektur überdacht werden. Aktuelle Applikationen sind zu monolithisch
aufgebaut, um sie in hochdynamischen Infrastrukturen effektiv zu verteilen und zu
betreiben. Hier geht der aktuelle Trend zu lose gekoppelten Micro-Servicearchitektu-
ren, die eine granularere Zuordnung zu Infrastrukturen erlauben, einzeln skaliert wer-
den können und damit eine bessere Anpassung der Systeme an die Anforderungen der
Anwender erlauben. Hierzu setzen sich aktuell Container-Umgebungen und entspre-
chende Managementsysteme als Plattform as a Service durch. Modernisierungsvorha-
ben im Bereich der Infrastruktur müssen diesen Aspekt deutlich in den Fokus nehmen.

In der Öffentlichen Verwaltung dominieren aktuell noch „Build-your-Own“-Infrastruk-


turen aus dem Zeitalter vor der Cloud-Idee, die Rechenzentren. Das legt die Empfeh-
lung nahe, wesentliche Modernisierungsvorhaben einzuleiten, um hier die Grundlage für
eine höhere Flexibilität, stärker sinkende Grenzkosten und organisatorisch eine leichtere
Möglichkeit für die Konsolidierung zu legen. Hierbei sollte von Beginn an der Blick
auf einheitlich zu verwaltende Systeme in der Basisinfrastruktur gelegt werden, denn
mit dem ausschließlichen Fokus auf neue Services und Anwendungen werden die dafür
geschaffenen Lösungen sonst Insellösungen bleiben, die nicht übergreifend genutzt wer-
den können und damit den oben beschriebene Kriterien nur in Teilen entsprechen.

(2) Organisatorische Aspekte


Der Betrieb und die Entwicklung von Services auf Cloud-Infrastrukturen erfordern eine
Strukturänderung des mit klassischer IT-Architektur arbeitenden IT-Betriebes. Dabei hat
die Projekterfahrung gezeigt, dass bisher auf z. B. ITIL (IT Infrastructure Library) auf-
bauende Prozesse und Organisationen gut in Richtung eines Cloud-Betriebs weiterent-
wickelt werden können. Ein Aufbau in drei Ebenen hat hat sich als sinnvolle Grundlage
einer Strukturierung erwiesen (vgl. Abb. 6.12).

– Ebene 1: Cloud Service Operations


Auf dieser Ebene wird die Beziehung zwischen Service-Konsumenten (Cloud-
Mandanten und auch traditionellen IT-Anwendern) sowie der IT-Organisation
(Service-Provider) geregelt. Dabei geht es um Service-Bestellungen (Abrufe von
Serviceleistungen), Anforderungen nach neuen Services, aber auch um das Demand
Management, d. h. die gemeinsame Planung des zukünftigen Bedarfs an Services.
Bei Letzterem geht es vor allem um die vorausschauende Planung im Sinne neu zu
entwickelnder Services, aber auch um Kapazitätsplanungsthemen. Über das Demand
Management kann der Service-Provider seine Position über eine reine Support-Organi-
sation hinaus entwickeln und stärken. Wesentlich sind dabei die Nutzung und gemein-
same Entwicklung von Standards zwischen Service-Konsument und Service-Provider.
Auch das Marketing neuer Services ist Bestandteil der Aufgaben in dieser Ebene.
196 J. von Lucke et al.

Abb. 6.12 Idealtypische Betriebsorganisation für den Betrieb von Cloud-Infrastrukturen

– Ebene 2: Agile Cloud Development


Diese Ebene arbeitet eng mit dem Cloud-Tech.-Service-Team der dritten Ebene
zusammen, um die Architektur, das Design neuer Services festzulegen bzw. Verbesse-
rungen und Erweiterungen bestehender Services zu implementieren. Dabei sollte man
agile Methoden nutzen, um die nötige Geschwindigkeit und Agilität in die Service-
entwicklung zu integrieren und die Anforderungen von Digitalisierungsvorhaben zu
unterstützen. Wesentlich ist dabei, virtuelle Teams aufzubauen, welche auch die Ein-
flüsse und Anforderungen aus Bereichen wie Security, Service Operations, Service
Management und Governance aufnehmen und die Ergebnisse zugleich in diese Berei-
che zurückspiegeln.
– Ebene 3: Cloud Tech. Services & Development
In diesem Bereich werden die Architektur, Administration und der Support des techni-
schen Toolsets für die IT-Services und die IT-Infrastruktur realisiert. Ebenfalls wird hier
die Administration der für Cloud Brokerage notwendigen Schnittstellen verantwortet.
– Ebene 4: Cloud Infrastructure Operations
In diesem Bereich wird die Architektur, Administration und der Support des techni-
schen Toolsets für die IT-Infrastruktur und die Rechenzentren realisiert, die die Basis
der physischen, virtuellen und Cloud-Infrastrukturen darstellen. Integration und
Management externer Service-Provider sowie der Betrieb der notwendigen internen
und externen Monitoring-Systeme ist ebenfalls Aufgabe dieses Bereiches.
6 Treiber, Ratgeber, Meinungsmacher 197

Die konkrete Umsetzung des Modells mit seinen Rollen und Prozessen muss immer
an die bestehende Organisation und die Anforderungen angepasst werden. Eingebettet
wird diese Betriebsorganisation in die bestehenden Bereiche wie IT-Governance und
IT-Service-Management.
Die wesentlichen neuen Aspekte in der Organisation sind einerseits die Rollen und
Prozesse im Bereich der agilen Cloud-Entwicklung, die sich mit der Entwicklung der
Konzepte und der Umsetzung der Software-Methodik zur Infrastruktur- und Service-
Entwicklung befassen. Andererseits sind auch in den anderen Schichten neue Rollen
zu finden, die konkret den Bedarf von Cloud-Systemen im Kontext der Digitalisierung
betreffen. So muss auch in der Schnittstelle zum Service-Anwender (Cloud Service Ope-
rations) u. a. durch den Cloud-Service-Architekten die neue Art der Servicebereitstellung
bearbeitet werden.
Organisatorisch ist die übergreifende Nutzung von technischen Infrastrukturen anzu-
streben, um die eingangs beschriebene Flexibilität zu erreichen und damit dynamisch auf
sich ändernde Bedarfe der Digitalisierungsvorhaben reagieren zu können. Hierzu macht
es Sinn, auch behördenübergreifende Infrastrukturen wie Netzwerke, Rechenzentren,
aber vor allem auf allgemeinen Standards beruhende Cloud-Umgebungen aufzubauen,
um die Grundlage für diese Art der Nutzung zu erstellen.

(3) Schlussfolgerungen
Die weitere Digitalisierung der Fachverfahren wird insbesondere für die IT der Öffent-
lichen Verwaltung ein wesentlicher Treiber der eigenen Weiterentwicklung in den kom-
menden Jahren sein. Eine wesentliche Aufgabe ist es, die bestehenden Infrastrukturen
zu modernisieren und dafür eine übergreifende Konzeption zu erstellen, um die flexible
Nutzung dieser Strukturen und die kostengünstige Abdeckung auch weiter steigender
Bedarfe nach IT-Services zu ermöglichen. Wie entsprechende Projekte auf Bundesebene
und einzelnen Ländern zeigen, geht dabei an der Cloud kein Weg mehr vorbei.
Diese Erkenntnis hat außerhalb der Infrastrukturwelt nicht nur Auswirkungen auf die
aktuell schon betriebenen IT-Anwendungen, sondern wird auch die Entwicklung neuer
Fachverfahren beeinflussen.

6.3.5 KPMG: Daten in Nutzen verwandeln − ein wichtiger Schritt


auf dem Weg in die Digitalisierung

Mathias Oberndörfer und Ferdinand Schuster

6.3.5.1 Der Öffentliche Sektor auf dem Weg zu Big Data


Datenanalysen sind für die Öffentliche Verwaltung an sich nichts Neues, die Erhebung
sowie die Analyse von Daten und Kennzahlen − etwa in Form öffentlicher Statistiken,
Haushaltsdaten, Nutzerdaten oder Erfolgsquoten − ist im Öffentlichen Sektor schon
lange Zeit üblich. Dennoch werden mit einer Analyse großer Datenmengen − vielfach
198 J. von Lucke et al.

unter dem Stichwort „Big Data“ − derzeit große Hoffnungen verbunden [19]. Big Data
steht für eine fortgeschrittene Art von Datenanalyse, die erst durch den derzeitigen Sta-
tus der Verfügbarkeit von großen und nicht zuletzt auch unstrukturierten Datenmengen,
etwa aus Social-Media-Anwendungen, und in der Regel unter Einbezug neuartiger Ana-
lysesoftware ermöglicht wird. Der Branchenverband Bitkom definiert Big Data als „die
Analyse großer Datenmengen aus vielfältigen Quellen in hoher Geschwindigkeit mit
dem Ziel, wirtschaftlichen Nutzen zu erzeugen“ [2].
Für Datenanalysen unter dem Schlagwort „Big Data“ sind dabei fünf Faktoren cha-
rakteristisch („fünf V“ nach den englischen Begriffen, [13]):

• es handelt sich dabei um sehr große Datenmengen (Volume),


• es liegt eine große Vielfalt an Datenarten vor (Variety),
• die Daten werden schnell produziert und analysiert (Velocity),
• es bestehen enge regulatorische Leitplanken für die Datennutzung (Veracity)
• und das Ziel besteht darin, durch die Datenanalyse Mehrwert zu generieren (Value).

Um eine trennscharfe Definition handelt es sich dabei aber nicht. In vielen Fällen kann
nicht eindeutig gesagt werden, ob es sich bei einer Anwendung noch um eine traditio-
nelle Form der Datenverarbeitung handelt oder schon um eine Big-Data-Analyse.
Die fachlichen Erwartungen, die an den Einsatz von Big-Data-Datenanalysen
geknüpft werden, sind gleichwohl vielfältig. Hoffnungen bestehen etwa darin, Verkehrs-
staus und lange Parkplatzsuchen zu vermeiden, Krankheiten früher zu erkennen, Sozial-
und Arbeitsförderungsmaßnahmen passgenauer zu vermitteln, die Wartung von Anlagen
bei der Energieversorgung oder im Schienenverkehr zu optimieren, Steuern effektiver zu
erheben, Gesetzesfolgen besser abzuschätzen und unnötige Verwaltungskosten einzuspa-
ren [19]. Ein in der Öffentlichkeit bekanntes Anwendungsbeispiel ist Predictive Policing,
das seit 2014 von der Zürcher Stadtpolizei zur Einbruchsprävention eingesetzt wird. Mit-
hilfe der vom Deutschen Institut für musterbasierte Prognosetechnik entwickelten Soft-
ware „Precobs“ wird auf Basis einer Auswertung vergangener Straftaten eine Prognose
für künftige Einbruchsfälle erstellt, die wiederum effektive Präventionsarbeit und bessere
Aufklärungsergebnisse ermöglichen soll. Nach ersten internen Evaluationen soll durch
den Einsatz der Prognosetechnik die Verhaftungsquote bei regulären Streifendiensten
verdoppelt worden sein, während die Zahl der Einbrüche in den besonders überwachten
Gebieten um bis zu 30 % gesunken sei [13].
KPMG hat das Thema Big Data im Frühjahr 2016 mit Unterstützung von Bitkom
Research und des von KPMG geförderten Instituts für den Öffentlichen Sektor unter-
sucht [13]. Dabei wurden 102 Behörden- und Abteilungsleiter aus deutschen Bundes-,
Landes- und Kommunalverwaltungen mit mindestens 100 Mitarbeitern anhand eines ein-
heitlichen Fragenbogens telefonisch interviewt. Dabei hat sich herausgestellt, dass das
Thema Big Data insgesamt auf großes Interesse stößt. 49 % der befragten Verwaltungs-
einheiten standen dem Thema ausdrücklich aufgeschlossen gegenüber, nur drei Pro-
zent sahen es eher kritisch und ablehnend. Fast zwei Drittel erwarteten, dass das Thema
6 Treiber, Ratgeber, Meinungsmacher 199

innerhalb der eigenen Organisation in den kommenden drei Jahren wichtiger wird und
ein Drittel hatte damals nach eigenen Angaben bereits Big-Data-Lösungen im Einsatz.
Im Hinblick auf die eigene Arbeit gaben fast drei Viertel der befragten Verwaltun-
gen (72 %) an, dass die Analyse von Daten an Bedeutung gewinnt. Allerdings gilt dies
offenbar nicht für fortgeschrittene Datenanalysen, bei denen mithilfe neuer Technologien
Daten unterschiedlichster Herkunft und Struktur zur freien Suche von Zusammenhängen
und Erkenntnissen verarbeitet werden. Fast alle Verwaltungen setzten einfache IT-Instru-
mente zur Analyse ein, nur 17 % nutzten fortgeschrittene Datenanalysen mit neuen Tech-
nologien. Allerdings erörterten damals weitere 38 % deren Einsatz, siehe Abb. 6.13.
Bemerkenswert erscheint auch, dass der Nutzen von Big Data für die Öffentliche
Verwaltung offenbar noch nicht alle Erwartungen erfüllt. Weniger als die Hälfte der Ver-
waltungen war der Befragung zufolge der Auffassung, dass sie bereits regelmäßig die
Erkenntnisse aus den Datenanalysen in einen konkreten Nutzen umwandeln. Andere
Verwaltungen beobachteten nur zum Teil direkte Wirkungen, wie verbesserte Entschei-
dungsgrundlagen, verminderte Risiken oder individuellere Dienstleistungsgestaltung.
Als größte Hürden beim Einsatz von Big-Data-Lösungen nannten die befragten
Verwaltungen Unsicherheiten beim Datenschutz, die fehlende Bereitschaft zur Koope-
ration mit externen Dienstleistern und Bedenken hinsichtlich der Datensicherheit (vgl.
Abb. 6.14). Zwei Drittel der Verwaltungen, die bislang keine fortgeschrittenen Datenana-
lysen einsetzten, gaben Datenschutzbedenken als einen der Gründe für den Nichteinsatz
an. Bei gut einem Drittel mangelt es an technischen und personellen Ressourcen. Externe
Dienstleister werden von den Verwaltungen allerdings nur selten genutzt. Im Vergleich
zur deutschen Wirtschaft lagern die Verwaltungen auch deutlich seltener Prozesse im
Zusammenhang mit Datenanalysen und großen Datenmengen aus. Fast zwei Drittel der
Verwaltungen fürchten hierbei wiederum Datenschutzprobleme [13].

Abb. 6.13 Nutzung von Datenanalysen in der Öffentlichen Verwaltung


200 J. von Lucke et al.

Abb. 6.14 Hürden bei der Verwendung fortgeschrittener Datenanalysen

6.3.5.2 Digitalisierung: eine große Herausforderung


Die oben aufgeführten Studienergebnisse zur Nutzung von Big Data zeigen exemplarisch
typische Herausforderungen der Öffentlichen Hand bei der Umsetzung von Digitalisie-
rungsmaßnahmen: eine hohe Gewichtung von Datenschutz- und Sicherheitsanforderun-
gen bei gleichzeitig eher geringer Bereitschaft zur Kooperation mit externen Partnern
und, wenn auch nur von einer Minderheit genannt, auch einem Mangel an Ressourcen
und technologischem Wissen bzw. der entsprechenden Ausstattung. Auch die Tatsache,
dass im Hinblick auf fortgeschrittene Datenanalysen fast jede zweite Verwaltung auf feh-
lende Rechtsgrundlagen verwies, ist durchaus auch in anderen technologisch innovativen
Fragestellungen anzutreffen. Letzteres Argument spiegelt die traditionell hohe Gewich-
tung einer gesicherten rechtlichen Fundierung des Verwaltungshandelns, dürfte aber
mit der steigenden Zahl von E-Government-Gesetzen der Bundesländer ein zunehmend
geringeres Gewicht erhalten.
Anders als im Privatsektor, wo die Digitalisierung und damit wahrscheinliche Auto-
matisierung nicht zuletzt bisher verschonter Dienstleistungsbereiche teilweise als
Bedrohung empfunden wird, sollte im Öffentlichen Sektor eigentlich die Chance betont
werden. Angesichts sinkender Nachwuchszahlen besteht die Chance darin, durch digitale
Portale und Prozesse Routinetätigkeiten auf Maschinen verlagern zu können, um Men-
schen frei zu machen, z. B. für direkten Bürgerkontakt, für die Verbesserung der z. T. ver-
nachlässigten öffentlichen Infrastruktur und der inneren Sicherheit, die Integration von
Zuwanderern oder für die Lösung drängender Probleme im Sozialbereich. Es geht also
betriebswirtschaftlich ausgedrückt darum, die Produktivität der Öffentlichen Verwaltung
6 Treiber, Ratgeber, Meinungsmacher 201

zu steigern und dies, wie gesagt, nicht um Menschen zu entlassen, sondern um wesentli-
che Aufgaben des Öffentlichen Dienstes überhaupt noch bewältigen zu können [16].
Dabei lässt sich der lange und komplexe Weg in die Digitalisierung nicht ohne ein
entsprechendes strategisches Konzept bewerkstelligen. Aus Sicht der Öffentlichen Hand
bedarf es einer gewissen Organisation und Steuerung, um Wissen zu bündeln und zen-
traler Ansprechpartner zu sein, auf staatlicher Ebene etwa durch eine Digitalagentur.
Auch auf kommunaler Ebene wird eine organisatorische Bündelung öffentlicher Kom-
petenzen und Verantwortlichkeiten notwendig sein. Nicht zuletzt bei der Umsetzung von
„Smart-City“-Konzepten kommt es auf die Koordination einer Vielzahl unterschiedlicher
Akteure aus öffentlichem, privatem und ggf. auch dem Non-Profit-Sektor an.
Im Rahmen der Umsetzung von Digitalisierungsstrategien geht es darum, sowohl Pro-
zesse bei der Information und Kommunikation zwischen Behörden und Bürgern bzw. der
Wirtschaft digital abzubilden als auch im Verhältnis von Behörden untereinander. Beson-
ders wesentlich ist dabei, nicht nur bestehende Verfahren zu digitalisieren, sondern eine
insgesamt vereinfachte Ablauforganisation zu erreichen. Die Digitalisierung hat damit
eine umfassende Prozessanalyse und -reorganisation zur Voraussetzung. Nur so kann für
die Öffentliche Hand die Chance genutzt werden, durch eine Digitalisierung ihre Dienst-
leistungen auch wirtschaftlicher erbringen zu können.
Hierbei geht es beispielsweise um die Entwicklung und Einrichtung von Bürgerpor-
talen und Servicezentren, welche den Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen digital
bündeln, wie auch um die externe und interne Nutzung von Social-Media-Anwendun-
gen. Erreicht werden muss auch die Digitalisierung einzelner Dienstleistungsbereiche,
wie etwa der Einführung elektronischer Steuererklärungen oder elektronischer Identi-
tätsnachweise. Im Endeffekt kann durch vermehrte digitale Dienstleistungen auch eine
gesteigerte Transparenz gegenüber dem Bürger erreicht werden, etwa durch eine lau-
fende internetbasierte Vorgangsverfolgung.
Bei all dem darf auch die Sicht auf neue Risiken nicht ausgeblendet werden. Infolge
des digitalen Wandels und der damit verbundenen digitalen Öffnung der betroffenen Ins-
titutionen wird die Öffentliche Hand vermehrt anfällig für Angriffe aus dem Cyberspace.
Die Öffentliche Hand bedarf daher auch der Fortentwicklung von Cyber-Abwehr-Strate-
gien und eines entsprechenden Risikomanagements für Behörden und öffentliche Unter-
nehmen.

6.3.6 Materna: IT forciert die digitale Verwaltung

Philipp Kleinmanns

6.3.6.1 Von der IT-Organisation zum IT-Service-Provider


Menschen haben sich zunehmend daran gewöhnt, viele Tätigkeiten vom Smartphone
oder Computer aus zu erledigen. Dafür müssen sie häufig nicht einmal mehr ihre Woh-
nung verlassen. Sogar Bankkonten können heute per Videoidentifikation direkt vom
202 J. von Lucke et al.

Computer oder mobilen Endgerät eröffnet werden. Dieselben Erwartungen haben Bürger
an ihre Öffentliche Verwaltung: Sie sehen sich als Kunden und möchten ihren Online-
Antrag nicht ausdrucken und per Post absenden, sondern − so wie es der Name ver-
spricht − online einreichen.
Damit dies gelingt, sind allerdings einige Voraussetzungen zu erfüllen: Die gesetzli-
chen Rahmenbedingungen müssen definiert, die Verwaltungsprozesse müssen durchgän-
gig und die dahinterliegenden IT-Prozesse müssen präzise aufeinander abgestimmt sein.
Die IT wird zum wichtigsten Pfeiler der digitalen Verwaltung. Klassische IT-Ansätze
haben hier ausgedient. Erst eine als professioneller IT-Service-Provider aufgestellte IT-
Organisation ist in der Lage, die Verwaltung zu digitalisieren.
Dadurch entsteht einerseits eine Vergleichbarkeit mit den großen Service-Providern
aus der Privatwirtschaft, andererseits sind die IT-Service-Provider der Öffentlichen Ver-
waltung jedoch hoch spezialisiert auf die Prozesse und Anforderungen der Öffentlichen
Verwaltung. Neben den üblichen Standardleistungen bieten sie beispielsweise auch die
Entwicklung und den Betrieb von Fachanwendungen.
Die Art der angebotenen Leistungen für Bürger und Unternehmen haben großen Ein-
fluss auf die Bereitstellung der IT-Services. Wenn die Verwaltung beispielsweise die
Übermittlung von Online-Anträgen anbietet, erfordert dies ein in die Verwaltungspro-
zesse integriertes Online-Portal.

6.3.6.2 IT-Strategie
Entscheidend für die Aufstellung als IT-Service-Provider der Öffentlichen Verwal-
tung sind eine konsequent darauf ausgerichtete IT-Strategie und die Sicherstellung der
Anwendung dieser Strategie (IT-Governance). Ein besonders wichtiger Punkt im Rah-
men der IT-Strategie ist in der Öffentlichen Verwaltung die Berücksichtigung von
Gesetzen. Dazu zählen beispielsweise das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) und die
Datenschutzgesetze der Länder, die den Umgang mit personenbezogenen Daten regeln.
Wenn der Online-Antrag aus dem o. g. Beispiel personenbezogene Daten enthält, erge-
ben sich somit besondere Anforderungen an den Datenschutz. Alle Einflüsse auf benö-
tigte IT-Services müssen in einem Anforderungs-Managementprozess behandelt werden,
um sicherzustellen, dass später gelieferte IT-Services diesen Anforderungen entsprechen.

6.3.6.3 Wertschöpfung durch IT


IT-Verantwortliche möchten ihre IT dauerhaft an den Anforderungen ihrer Organisation
ausrichten und hierbei den konkreten Wertbeitrag ihrer IT definieren. Hierfür hat sich
der IT-Management-Standard IT4IT der Open Group als hilfreiches Werkzeug etabliert
(Abb. 6.15). IT4IT ist ein IT-Management-Standard, der beschreibt, wie sich eine IT ide-
altypisch aufstellen sollte, und besteht aus vier Teilen [23].
Die IT-Strategie (Strategy to Portfolio) stellt den ersten Teil der IT-Wertschöpfungs-
kette im IT4IT-Referenzmodell dar. Das IT4IT-Referenzmodell beschreibt die Funkti-
onen einer idealtypischen IT, die service- und produktionsorientiert aufgestellt ist. Das
Modell ist präskriptiv und verbindlich, es ermöglicht einen Abgleich der eigenen IT zur
Feststellung des eigenen Optimierungsgrades.
6 Treiber, Ratgeber, Meinungsmacher 203

Abb. 6.15 IT4IT-Modell der Open Group

Der Schlüssel innerhalb der IT-Organisation für die Digitalisierung der Öffentlichen
Verwaltung liegt darin, das IT-Portfolio an den Prozessen und Anforderungen der Öffent-
lichen Verwaltung auszurichten und die daraus resultierenden IT-Services in durchgängi-
gen und hoch automatisierten IT-Prozessen bereitzustellen und zu verwalten.

6.3.6.4 Umsetzung der Anforderungen an die IT


Der zweite Teil der Wertschöpfungskette (Requirement to Deploy) beinhaltet die Erstel-
lung, Veränderung oder den Zukauf von Services. Dazu zählt auch die Anwendungs-
entwicklung, beispielsweise von Fachanwendungen für spezifische Verfahren in der
Öffentlichen Verwaltung. In diesem Teil werden somit die zuvor definierten Anforderun-
gen in einen IT-Service überführt. Bei der Aufnahme neuer Anforderungen sollten fol-
gende grundlegende Schritte berücksichtigt werden:
Geschäftsanforderungen müssen priorisiert und anschließend an die IT-Organisation
übergeben werden. Dazu zählen funktionale und nicht-funktionale Anforderungen (bei-
spielsweise Verfügbarkeit und Skalierbarkeit). Nicht-funktionale Anforderungen können
beispielsweise in einem Service-Katalog mithilfe von Service-Levels wiedergegeben
werden. Nach der Dokumentation der Anforderungen erfolgt der erste Service-Ent-
wurf. Sollten bereits Teile des Services (Building Blocks) vorhanden sein, werden diese
bei der Erstellung der Services verwendet. Andernfalls müssen die Bestandteile neu
beschafft oder entwickelt werden. Während des Service-Entwurfs erfolgt eine erneute
Abstimmung mit dem Fachbereich, um mögliche Einschränkungen oder erforderliche
Anpassungen abzustimmen. Änderungen werden entsprechend dokumentiert und in den
Service-Entwurf übernommen. Der finalisierte Entwurf wird anschließend in einer Test-
umgebung instanziiert, getestet und abgenommen. Beim Test wird auf die zuvor erstellte
Dokumentation zurückgegriffen, um sicherzustellen, dass alle Anforderungen erfüllt
werden und der Geschäftszweck entsprechend unterstützt wird. Sollte das Testergebnis
negativ ausfallen, muss der Service überarbeitet werden. Sobald die Abnahme erteilt
wurde, kann der Service in einen Service-Katalog übernommen werden [11].
204 J. von Lucke et al.

6.3.6.5 IT aus dem Katalog


Wenn ein IT-Service definiert wurde, kann er anschließend in großer Stückzahl bereit-
gestellt werden (Request to Fulfill). Idealerweise wird der IT-Service in einen Ser-
vice-Katalog überführt, damit autorisierte Personen eigenständig eine Bestellung des
IT-Services auslösen können. Um die Bereitstellung bei hoher Geschwindigkeit und
Qualität zu ermöglichen, muss dieser Prozess durchgängig automatisiert werden. Es dür-
fen insbesondere keine Medienbrüche innerhalb des Prozesses existieren.
Häufig findet man im Bestellprozess einen manuellen Schritt: die Genehmigung. Die-
ser manuelle Schritt lässt sich vermeiden, indem zuvor definiert wird, welche Personen
und Systeme welche IT-Services in welcher Ausprägung und Menge bestellen dürfen.
Neben der Bereitstellung des Services nimmt die verursachergemäße Verrechnung,
die ebenfalls Bestandteil dieses Prozesses sein muss, in der Öffentlichen Verwaltung an
Bedeutung zu. Schließlich führt eine genaue Abrechnung dazu, dass der Besteller einen
Überblick über die Kosten erhält und unnötige Bestellungen vermieden werden. Zudem
kann nur dann eine fundierte Entscheidung hinsichtlich der Sourcing-Strategie erfolgen,
wenn die genauen Kosten für einen Service bekannt sind.

6.3.6.6 Störungen in der IT


Für den Fall, dass ein IT-Service gestört ist, greift der letzte Schritt aus der IT4IT-
Wertschöpfungskette (Detect to Correct). Im Idealfall wird die Störung durch ein
automatisiertes Monitoring und Eventmanagement erkannt und als Störung an das Inci-
dent-Management übergeben. Auch der Prozess zur Wiederherstellung des Services muss,
soweit dies möglich ist, beispielsweise für bekannte Störungen, automatisiert werden.

6.3.6.7 Auswirkungen auf IT-Organisationen der Öffentlichen


Verwaltung
Die bekannten Public-Cloud-Anbieter beherrschen perfekt die aufgeführten Schritte aus
der IT4IT-Wertschöpfungskette. Sie können jedoch die Anforderungen der Öffentlichen
Verwaltung häufig nicht erfüllen. Zum einen bestehen datenschutzrechtliche Bedenken
oder Gesetze, die den Einsatz von Public-Cloud-Angeboten ausschließen. Zum anderen
bieten Public-Cloud-Anbieter ausschließlich standardisierte Leistungen an. Gerade im
Bereich der Öffentlichen Verwaltung existieren jedoch viele spezialisierte Fachanwen-
dungen, die für die Verwaltungsprozesse zwingend erforderlich sind.
Viele Vorteile der Public Cloud sind jedoch auch im eigenen Rechenzentrum reali-
sierbar. Dazu zählen beispielsweise ein hoher Automatisierungsgrad und Self-Services.
Ein wichtiger Aspekt der Public Cloud ist jedoch erst ab einer gewissen Größe der Inf-
rastruktur erreichbar: Elastizität. Wenn tausende virtuelle Maschinen für einen Kun-
den schnell bereitgestellt werden müssen, stellt dies größere Public-Cloud-Anbieter
vor keine größeren Probleme und hat keine größeren Auswirkungen auf den laufenden
Betrieb in den Rechenzentren dieser Anbieter. Solch große Kapazitäten können interne
IT-Organisationen dagegen in ihren eigenen Rechenzentren nicht vorhalten, sie können
6 Treiber, Ratgeber, Meinungsmacher 205

eine entsprechende Flexibilität nicht bieten. Hinzu kommt: Bei den großen Anbietern
sind diese Dienste kurzfristig wieder stornierbar, ohne dass für den Kunden weitere Fol-
gekosten entstehen. Dies ist im eigenen Rechenzentrum nur dann möglich, wenn eine
ausreichende Anzahl interner Nutzer vorhanden ist, um diese Kapazitäten anschließend
weiteren Anwendern zur Verfügung zu stellen. Anderenfalls trägt die das Rechenzentrum
finanzierende Behörde die Leerkosten für die ungenutzte Infrastruktur.
Zudem stehen die Aufwände für Automatisierungsprojekte in einem besseren Ver-
hältnis zu den daraus entstehenden Vorteilen, wenn die automatisierten IT-Prozesse
möglichst häufig durchlaufen werden. Die Grenzkosten sind degressiv. Diese Kosten-
degression kann dadurch erreicht werden, dass eine Konsolidierung der IT-Service-
Provider bzw. IT-Organisationen der Öffentlichen Verwaltung stattfindet (wie z. B. bei
ITZBund, siehe Abschn. 5.2.1.2).

6.3.6.8 Schritte zur Steigerung des Wertbeitrages der IT


Bei der Transformation des eigenen Rechenzentrums, hin zu einer cloud-orientierten IT,
zur Steigerung des Wertbeitrages, handelt es sich letztendlich um die Industrialisierung
der IT. Die Universität St. Gallen hat vier Stufen der IT-Industrialisierung definiert:

1. Standardisierung/Automatisierung
2. Kontinuierliche Verbesserung
3. Modularisierung
4. Konzentration auf Kernkompetenzen

Die IT-Organisationen des Öffentlichen Sektors befinden sich größtenteils noch in der
Phase der Standardisierung/Automatisierung und der kontinuierlichen Verbesserung. IT-
Service-Kataloge stehen häufig noch sehr am Anfang und sind eher durch die IT-Organi-
sation als durch die Anforderungen der digitalen Verwaltung geprägt.
Die Modularisierung spielt eine wichtige Rolle bei der Leistungsfähigkeit, denn durch
das Zerlegen von IT-Services in Building Blocks können Bestandteile der IT-Services
wiederverwendet werden und in noch größerer Stückzahl gefertigt werden. Zudem
besteht die Möglichkeit, Building Blocks mit ihren Herstellungskosten zu versehen und
damit eine exakte Kalkulation der Kosten bestimmter IT-Services durchzuführen.
Die Konzentration auf Kernkompetenzen bedeutet für die behördeninternen IT-
Bereiche der Öffentlichen Verwaltung, sich auf die behördenspezifischen Fachaufgaben
zu konzentrieren und nur behördenspezifische Erweiterungen an zentral bereitgestellten
Standard-IT-Services vorzunehmen. Aktuell werden viele IT-Services noch vollständig
durch die dezentralen IT-Organisationen der Öffentlichen Verwaltung selbst erbracht.
Cloud-Anbieter stellen sich mit deutschen Standorten und angepassten Vertragswerken
aber bereits darauf ein, in Zukunft Standardleistungen für die Öffentliche Verwaltung
übernehmen zu können.
206 J. von Lucke et al.

6.3.7 PwC: Digital Experience Center in der Kommune


unterstützen Unternehmensveränderungen

Carsten Hentrich und Michael Pachmajer

6.3.7.1 Kommunale Wirtschaftsförderung und digitale Transformation


Die Geschäftsführerin der Wirtschaftsförderung in einer hessischen Kommune hat ein
zentrales Ziel vor Augen: Sie will Unternehmern der Region die digitale Transformation
verständlich machen und sie beim Wandel in die digitale Welt begleiten. Dafür möchte
sie ein Digital Experience Center aufbauen, eine Plattform, die verschiedene digitale Ini-
tiativen in der Region koordiniert und die vielen Akteure in Wirtschaft und Gesellschaft
besser miteinander vernetzt. Damit das erfolgreich gelingt, muss das Digital Experience
Center die Unternehmen dabei unterstützen, vier Fähigkeiten aufzubauen: Die Entwick-
lung und die Einführung digitaler Geschäftsmodelle („Digital Business Development“
und „Digital Incubator“), die hierarchiefreie und multi-disziplinäre Zusammenarbeit
auch über die Unternehmensgrenzen hinaus („Agile Collaboration“) und die Gestaltung
kreativer Arbeitswelten („Workplace Design“).

6.3.7.2 Die Rolle der Wirtschaftsförderung bei der digitalen


Transformation
Die Wirtschaftsförderungen in den Kommunen spielen aufgrund ihrer Nähe zu den
Unternehmen vor Ort und aufgrund ihrer Unterstützungsfunktion eine zentrale Rolle bei
der Begleitung der digitalen Transformation der regionalen Wirtschaft, also der Reali-
sierung neuer, digitaler Geschäftsmodelle in einem digitalen Zeitalter. Dafür müssen
Unternehmen neue Technologien und Prozesse einführen, neue Kompetenzen und Rollen
aufbauen und unterschiedliche Organisationsformen zulassen. Wie die Wirtschaftsför-
derung dabei unterstützen kann, beschreibt dieser Abschnitt anhand eines fiktiven Bei-
spiels: Der Wirtschaftsförderung in einer hessischen Kommune.
Im vorliegenden Beispiel verfolgt die Wirtschaftsförderung seit Jahren das Ziel, den
Wirtschaftsstandort durch verschiedene Maßnahmen zu stärken, den Bekanntheitsgrad
durch ein gezieltes Standortmarketing überregional zu erhöhen und die Attraktivität als
Gründungs- und Innovationsstätte weiter auszubauen. Aufgrund der zunehmenden Digi-
talisierung stellt sich nun die Frage, wie sie die Unternehmen in ihrem Einzugsgebiet bei
der Erweiterung ihres Kerngeschäftes und der strategischen Entwicklung neuer digitaler
Geschäftsfelder zukünftig beraten soll, wie die verschiedenen Stakeholder (Unterneh-
men, Universitäten, FHs, Start-ups, Technologiezentren, kommunale Eigenbetriebe etc.)
zu einem umfangreichen Netzwerk zur Förderung von Wirtschaft und Beschäftigung
miteinander verknüpft werden und wie die geeignete technologische Infrastruktur für
Unternehmen schnell bereitgestellt werden kann.
Inspiriert durch die steigende Beliebtheit digitaler Erfahrungswelten im Handel
erkannte die Geschäftsführerin der beispielhaften fiktiven Wirtschaftsförderung in
Hessen, welche Rolle ein Digital Experience Center spielen kann, um das innovative
Potenzial in der Region leichter zu heben und um damit einen signifikanten Beitrag
6 Treiber, Ratgeber, Meinungsmacher 207

zur Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu leisten: das Digital Experience Center


als Ort, um die Digitalisierung erlebbar, begreifbar zu machen, um Unternehmern zu
erklären, welche Fähigkeiten sie aufbauen müssen, um neue digitale Geschäftsmodelle
im Markt einzuführen, kundenzentrierte Produkte und Services zu entwickeln und die
Automatisierung von Prozessen sowie die Einführung neuer Technologien erfolgreich
zu meistern; das Digital Experience Center als Plattform, um die verschiedenen digita-
len Initiativen in der Region zu koordinieren und die vielen Akteure in Wirtschaft und
Gesellschaft miteinander zu vernetzen.
Doch welche zentralen Fähigkeiten sollte das Digital Experience Center dafür för-
dern? Erfahrungsgemäß sollten vier essenzielle Fähigkeiten aufgebaut werden:

• Digital Business Development


• Digital Incubator
• Agile Collaboration
• Workplace Design

6.3.7.3 d.quarks − elementare Bausteine der digitalen Transformation


Die vier Fähigkeiten gehen auf das d.quarks-Modell zurück, das die Autoren dieses
Beitrages auch in ihrem Buch [9] „d.quarks − Der Weg zum digitalen Unternehmen“
beschrieben haben. Die d.quarks (digital quarks) sind die Bausteine der digitalen Trans-
formation, die ein Unternehmen organisieren, beschaffen, entwickeln muss, um seine
Digitale Strategie erfolgreich umzusetzen. In Summe lassen sich hierbei 46 Fähigkeiten
(d.quarks) definieren, die sich entlang der Wertschöpfungskette sowie in die sechs funk-
tionalen Bereiche Technologie, HR, Recht, Einkauf, Finanzen und Unternehmenskultur
einordnen lassen. Dabei wird eine Fähigkeit durch vier strategische Dimensionen cha-
rakterisiert: Organisation, Menschen & Kompetenzen, Prozesse und Technologie. Auf
Basis dieser vier strategischen Dimensionen sind Unternehmen in der Lage, die entspre-
chenden Anforderungen abzuleiten, um eine Fähigkeit über eine bestimmte Zeit zu ent-
wickeln.
Die vier o. g. d.quarks werden folgend im Einzelnen kurz vorgestellt.

Digital Business Development


Um künftig erfolgreich zu sein, müssen Unternehmen die Fähigkeit aufbauen, neue,
digitale Geschäftsmodelle zu entwickeln und zu gestalten − teilweise gemeinsam mit
Partnern oder Kunden (Co-Creation): technologiebasierte Geschäftsmodelle, die Daten
nutzen und aus Sicht des Kunden bzw. Nutzers entwickelt werden. Denn die Wertschöp-
fung liegt zunehmend in den Services, weniger in den Produkten selbst, die immer mehr
zur Commodity werden und als Differenzierungsfaktor ihre Wirkung am Markt verlie-
ren. Das Digital Experience Center unterstützt Unternehmen dabei, die methodischen
Fertigkeiten aufzubauen und einen kontinuierlichen iterativen und explorativen Innovati-
onsprozess einzuführen: Technologie-Research, Ideen-Generierung (Ideation), Geschäfts-
modell-Design, Prototyping und User-Testing. Im Gegensatz zu Großunternehmen haben
208 J. von Lucke et al.

viele kleine und mittelständische, oft inhabergeführte Unternehmen nicht die finanzielle
und personelle Ausstattung, um ein eigenes Innovation-Lab bei sich aufzubauen. Sie
sind vielmehr auf Orte in ihrer Nähe angewiesen, wo sie diese Kompetenzen erleben und
erlernen können − und das dauerhaft. Ein Digital Experience Center leistet hierbei zent-
rale Unterstützung.
Gleichzeitig ermöglicht ein Digital Experience Center die Vernetzung am Standort
und fördert damit eine der vorrangigen Aufgaben der Wirtschaftsförderung in den Kom-
munen: Es bildet eine Plattform, auf der Unternehmen mit Wissenschaftlern, Start-ups,
anderen Unternehmen, der Wirtschaftsförderung und vor allem mit Kunden bzw. Nutzern
zusammenkommen, sich gegenseitig stimulieren und voneinander lernen. Co-Creation,
die Nutzung der Schwarmintelligenz und der direkte Kundenkontakt beim Testen neuer
digitaler Produkte und Services sind Funktionen, die in einem Digital Experience Center
abzubilden sind.

Digital Incubator
Für die erfolgreiche digitale Transformation von Unternehmen genügt es nicht nur, digi-
tale Geschäftsmodelle zu entwickeln. Sie müssen auch am Markt eingeführt werden.
Dazu sind oftmals Inkubatoren notwendig, um Ideen, Produkten oder Services, die noch
nicht marktreif sind, einen „Schutzraum“ zu geben, um sich (vor den traditionellen Ver-
haltensmustern der Legacy-Organisation geschützt) entwickeln zu können. Ähnlich wie
Neugeborene, die nach der Geburt noch eine Zeit lang in einem Brutkasten bleiben müs-
sen, bis sie selbstständig leben können.
Das Digital Experience Center kann der Ort für einen Digital Incubator sein. Es bietet
den Raum außerhalb der bestehenden Unternehmensstrukturen, um ein neues Geschäft
aufzubauen. Dort kann zudem die Kooperation mit Start-ups intensiviert werden, die den
Unternehmen Technologie-Know-how und digitale Talente zur Verfügung stellen kön-
nen. Oder sie dienen als interessantes Investitionsvorhaben.
Entscheidend bei der Realisierung digitaler Geschäftsmodelle ist die Geschwindig-
keit. Von und gemeinsam mit Start-ups können Unternehmen schlanke Organisations-
strukturen (Lean Start-up) übernehmen und dadurch den Kulturwandel im Unternehmen
anregen und vorantreiben.
Gleichzeitig können Kommunen ihre Gründungsinitiativen und Förderprogramme an
diesem Punkt konzentrieren.

Agile Collaboration
Die Möglichkeit, offen und agil zusammenzuarbeiten und neues Wissen zu teilen, ist
ein zentraler Bestandteil einer digitalen Kultur. Durch die in einem Digital Experience
Center angebotenen Arbeitsformate können Unternehmen in der Region wichtige Kern-
kompetenzen und neue Verhaltensweisen vermittelt werden, agile Kollaboration wird für
alle erlebbar gemacht. Prozesse, die alle Mitarbeiter flexibel in Kontakt treten lassen und
multi-disziplinäre Teams bilden, werden einstudiert, abteilungsbedingte Silos abgebaut
und ein hierarchiefreies Arbeiten erlernt.
6 Treiber, Ratgeber, Meinungsmacher 209

Das Digital Experience Center bietet einen „geschützten“ Raum, in dem die Wei-
tergabe von Erfahrung und selbstständige Arbeitsformen in Teams gefördert werden.
Grundlage dafür ist eine offene Fehlerkultur, die in einem gesicherten Umfeld am leich-
testen entsteht. Denn nur in einer Arbeitsumgebung, in der Fehler akzeptiert werden und
man aus ihnen lernen darf, werden Erfahrungen offen und freiwillig geteilt.

Workplace Design
Räume werden zum Enabler (Ermöglicher) digitaler Unternehmensstrategien. Sie tragen
zum Kulturwandel in einem Unternehmen bei. Sie fördern die offene und hierarchiefreie
Kommunikation, die multi-disziplinäre Zusammenarbeit, neue Arbeitsweisen und itera-
tive und explorative Innovationsprozesse sowie neue Organisationsmuster.
In dem Digital Experience Center werden unterschiedliche Arbeitsplatzumgebungen
vorgestellt, mit denen Unternehmen experimentieren können. Die Arbeitsumgebung wird
stärker den unterschiedlichen Arbeitssituationen und weniger statischen Raumkonzep-
ten folgen, an die sich die Menschen in den letzten Jahrzehnten immer mehr angepasst
haben. Im digitalen Zeitalter passt sich vielmehr der Raum den Nutzungserfordernissen
der Menschen an. Für die Innenarchitektur bedeutet das ein hohes Maß an Flexibili-
tät. So sind beispielsweise offene Raumstrukturen, in denen es keine festen Schreibti-
sche, sondern inspirierende Kreativitätsbereiche für die Ideengenerierung (Ideation)
neuer digitaler Geschäftsmodelle, für das Brainstorming oder um Prototypen zu bauen
gibt, notwendig, um Innovation und Kreativität zu fördern. Gleichzeitig müssen Rück-
zugsorte vorhanden sein, da ein offener, dynamischer Arbeitsplatz auch störend wirken
kann. Bereiche zur sozialen Interaktion (Social Collaboration) sind ebenso notwendig
wie Bereiche, die ohne funktionale Zielsetzung gestaltet sind und Raum für neue Gedan-
ken geben (Purpose-free Generic Thinking Areas). Räume werden sich in Zukunft daher
ständig anpassen müssen. Erforderlich sind Mobiliar und Wände, die flexibel nutzbar
sind. Mit innovativen Prozessen, wie Design Thinking, erhalten Unternehmen ein tiefes
Verständnis der Mitarbeiterbedürfnisse und können kontinuierlich ihre Arbeitsumgebung
verbessern. Das Digital Experience Center wird somit zum Experiementierfeld neuer
Raumkonzepte.

Der Weg zum Digital Experience Center der Wirtschaftsförderung


Wie beginnt aber nun die beispielhafte hessische Wirtschaftsförderung den Aufbau ihres
Digital Experience Centers? Entscheidend ist, dass das Digital Experience Center von
den Akteuren entwickelt wird, die es auch nutzen werden. Dazu müssen in einem nutzer-
zentrierten Ansatz (Design Thinking) ihre Erwartungen und Bedürfnisse erfasst werden.
Verschiedene Arbeitsformate in einem Digital Experience Center, durch die Unterneh-
mern die notwendigen Fähigkeiten zur Transformation ihrer Firmen vermittelt werden,
werden auf diesen Grundlagen entwickelt. Die Entwicklung der Arbeitsformate orientiert
sich dabei an der Förderung der vier beschriebenen zentralen Fähigkeiten. Basierend auf
eben diesen Arbeitsformaten entstehen dann erst ein Raumdesign und dann die Zusam-
mensetzung des Digital-Experience-Center-Teams, das über bestimmte Kompetenzen
210 J. von Lucke et al.

verfügt, um vor allem kleine und mittelständische Unternehmen in der Kommune bei der
digitalen Transformation zu begleiten.

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37. Schwab, K.: Die Vierte Industrielle Revolution. Pantheon, München (2016)
38. Te Wildt, B.: Digital Junkies. Droemer, München (2015)
39. VDE: VDE-Studie zeigt, Industrie 4.0 in zehn Jahren da. 13.04.2015. https://www.vde.com/
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aspx (2015). Zugegriffen: 31. März 2017
Wirkungen und Erfolge der
Digitalisierung 7
Roland Heuermann, Matthias Tomenendal und Carsten Jürgens

7.1 Erfolgsmaßstäbe und Erfolgsberichte

Roland Heuermann

Die Wirkungen – positive wie negative als „Erfolgsmaßstab“ zusammengefasst – der


Digitalisierung im „öffentlichen Raum“ kann man anhand vieler Facetten beschreiben,
eine mögliche strukturierte Sortierung ist in Abb. 7.1 (vgl. [37]) dargestellt. Sie unter-
scheidet als Zielgruppen den a) sozio-kulturellen Bereich inklusive dem des einzelnen
Menschen (ohne den Bereich der Politik), b) den Bereich der privaten und Öffentlichen
Wirtschaft (ohne die Öffentliche Kernverwaltung), c) den Bereich der Politik sowie
d) die Öffentliche Kernverwaltung. Hier sollen – mit weitgehender Ausnahme der priva-
ten Wirtschaft und mit Schwerpunkt auf der Öffentlichen Verwaltung – alle Bereiche des
Öffentlichen Raumes betrachtet werden.
Es gibt eine große Bandbreite und sehr unterschiedliche Detaillierungsgrade mögli-
cher Erfolgsmaßstäbe der Digitalisierung im Öffentlichen Raum. Einiges davon ist sogar
quantitativ greifbar, z. B. Nutzerzahlen und die Höhe von Budgets für Fördermaßnah-
men. Für vieles gibt es nur grobe Schätzungen, z. B. die Zahl der durch Digitalisierung

R. Heuermann (*)
Bonn, Deutschland
E-Mail: roland_heuermann@t-online.de
M. Tomenendal · C. Jürgens
Berlin, Deutschland
E-Mail: matthias.tomenendal@hwr-berlin.de
C. Jürgens
E-Mail: carsten.juergens@computacenter.com

© Springer-Verlag Berlin GmbH Deutschland 2018 215


R. Heuermann et al. (Hrsg.), Digitalisierung in Bund, Ländern und Gemeinden,
https://doi.org/10.1007/978-3-662-54098-5_7
216 R. Heuermann et al.

Abb. 7.1 Öffentlicher Raum und digitale Identitäten

neu hinzukommenden und der bedrohten Arbeitsplätze. Für manches gibt es nur vage
Vermutungen, da die Sachverhalte eigentlich zählbar wären, sich aber bisher niemand der
Mühe unterzogen hat, dies auch zu tun, und/oder aber eine übergreifende Normierung
der einbezogenen Größen fehlt, wie z. B. beim Anteil IT-unterstützter Verwaltungsver-
fahren. Weder gibt es derzeit eine abgeschlossene Liste aller öffentlichen Verwaltungs-
verfahren (Zwischenstand im Leistungskatalog der Öffentlichen Verwaltung LeiKa mit
über 5000 vgl. Abschn. 8.2.5), noch hat jemand eine vollständige Zuordnung im Öffent-
lichen Bereich eingesetzter IT-Anwendungen zu den im Leistungskatalog LeiKa befind-
lichen Verfahren vorgenommen. Darüber hinaus ist die Entwicklung der Digitalisierung
gewiss noch nicht zu einem absehbaren Ende oder einer flacher werdenden Innovations-
kurve gekommen, sodass im besten Fall ein Zwischenfazit in mehreren sachlich getrenn-
ten Betrachtungsdimensionen erfolgen kann (Tab. 7.1).
Erfolgsberichte zum Stand der Digitalisierung enthalten meist weniger umfangreiche
Listen von Indizes als die gezeigte Tabelle. Sie konzentrieren sich meist auf Zufrieden-
heits- und Nutzungszahlen. Es gibt sie sowohl in periodischen Veröffentlichungen wie
auch in nur jeweils einmalig erhobenen Beobachtungen. Die wichtigsten periodischen
Berichte sind:

• Der eGovernment-Monitor: Er erscheint jährlich, berichtet schwerpunktmäßig über


Nutzung und Akzeptanz von E-Government-Diensten und erhebt dazu vergleichende
Daten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Er berichtet in seiner Ausgabe
von 2016 u. a. darüber, dass ca. 46 % der befragten Deutschen angaben, mindestens
einmal E-Government-Dienste benutzt zu haben. Die 46 % entsprechen fast dem Wert
des Jahres 2012, zwischendurch ging in 2013 und in 2015 die Nutzungshäufigkeit in
Deutschland zurück, um in 2016 wieder anzusteigen. In Österreich waren es im Jahr
2016 ca. 74 %, in der Schweiz 65 %. In Deutschland waren in 2016 ca. 62 % mit den
7 Wirkungen und Erfolge der Digitalisierung 217

Tab. 7.1 Erfolgs und Misserfolgsmaßstäbe der Digitalisierung (absolut und relativ). (Eigene Dar-
stellung)
Wirkung Sozio-kulturell Wirtschaftlich Politisch Verwaltung
Statistisch • Nutzungsverhal- • Wachstum Digi- • Aufmerksamkeit • %-Abdeckung
ten für IT-Services talbranche der Parteien für Verwaltungsab-
und Geräte (Häu- • Zahl neuer Digitalthemen läufe
figkeit, Dauer, % Arbeitsplätze • Förderung der • %-Abdeckung
der Bevölkerung) • Zahl bedrohter Forschung zu Rechtsgeschäfte
• Digitalkompetenz Arbeitsplätze Digitalthemen • % Nutzung
durch Bildung und • Kostenreduzie- • Förderprogramme E-Government
Ausbildung rung Produktion Wirtschaft • Kostensenkung
• Nutzerzahl und • Geschwindigkeits- • Förderliche • Innovationstreiber
Zufriedenheit vorteil Abläufe Gesetzgebung für Gesellschaft
Funktional • Neue Kommuni- • Wettbewerbsfä- • Höhere Transpa- • Leichterer
kationsformen/– higkeit digitaler renz Zugang zu Behör-
Foren und nicht-digitaler • Größere Kampag- den
• Digitaltechnik im Angebote nenfähigkeit • Behördensachen
Gesundheitswesen • Neue Services • Smarte Form besser verstehen
• Virtuelle Welten in und Geschäfts- Ressortprinzip • Höhere Rechtssi-
Spiel/Simulation ideen • Kooperation der cherheit
• Digitale Teilhabe • Bessere Qualität Ebenen • Höhere Effizienz
und Ausschluss der alten Services und Effektivität
• IT-Sicherheit • IT-Sicherheit • IT-Sicherheit
Ethisch • Soziale und Wis- • Effizienter Einsatz • Mehr Demokratie • Mehr „Open
sensteilhabe von Ressourcen möglich Government“
• Gefahr Cyberkri- • Neue Möglichkei- • Gefahr für Demo- • Mehr Kontroll-
minalität ten für Umwelt- kratie möglichkeit
• Echo-Räume & schutz
Fake-News • „Abhängen“ von
Menschen aus der
nicht-digitalen
Welt

E-Government-Diensten zufrieden, in Österreich 73 % und in der Schweiz 75 % [42].


Der E-Government-Bericht wird von einem formal unabhängigen Institut herausgege-
ben. Sein Schirmherr ist der CIO des Bundes.
• Der Digital Economy and Society Index (DESI) der Europäischen Union: Er ver-
gleicht die 28 Mitgliedsstaaten der europäischen Union anhand einer großen Band-
breite an Kriterien in 5 Gruppen (Konnektivität, Human Capital, Use of Internet,
Integration of Technology, Digital Public Services) und bildet daraus einen Gesamtin-
dex. Die Digitalisierung der Verwaltung ist eine eigene Kriteriengruppe. Im Gesamt-
index rangierte Deutschland im Jahr 2016 nur auf Platz 11. Besonders schlecht schnitt
Deutschland bei der Nutzung von E-Government-Diensten ab – in dieser Befragung
nur 19 % der Befragten [26].
218 R. Heuermann et al.

Gemeinsam ist den Befunden aus den beiden periodischen Berichten, dass Deutsch-
land nicht an der Spitze der Nutzungshäufigkeit von E-Government-Diensten durch die
Bürger liegt. Methodische und inhaltliche Unterschiede in den beiden Berichtsformaten
erlauben es jedoch nicht, die deutlich unterschiedlichen Werte zur Nutzungshäufigkeit
direkt miteinander zu vergleichen.
In der Tendenz ähnliche Werte und Aussagen – nämlich einen Rückstand Deutsch-
lands gegenüber anderen Ländern (hier im Vergleich Großbritannien, Frankreich und
Norwegen) – wie bei den periodischen Studien findet sich auch in der Einmal-Studie
der Fa. IPSOS im Auftrag von Steria-Mummert mit dem schmückenden Namen „Digi-
tal Government Barometer“ [72]. Sie zeigt, dass die Deutschen sich vor allem mehr
E-Government im Meldewesen, in der Steuerverwaltung sowie im Gesundheitssektor
wünschen.
Auch der Digital Government Satisfaction Survey der Fa. Boston Consulting Group
mit 20.000 befragten Personen in 13 Ländern bleibt im „Range“ der zuvor berichteten
Befunde: Hier äußern immerhin 58 % der Deutschen Zufriedenheit mit den E-Government-
Angeboten, sie befinden sich damit auf Platz 13 einer von Estland (mit 81 %) und den USA
(mit 74 %) angeführten Liste [13].
So weit zu den ja vergangenheitsorientierten und auf wenige Kriterien reduzierten
Einschätzungen der absoluten wie relativen Situation der Digitalisierung in Deutschland.
Nachfolgend soll der Fokus geweitet und der Blick mehr in die Zukunft gerichtet werden.
Dazu werden die folgenden Darstellungen ab Abschn. 7.3 sich darauf konzentrieren,
einzelne Wirkungsbereiche der Digitalisierung systematisch aufzuzeigen und eine Wer-
tung der Situation vorzunehmen. Vorab sollen jedoch in Abschn. 7.2 ausgewählte neuere
Technologien auf ihre Potenziale für „neuen Schub“, hin zu noch mehr digitaler Innova-
tion in der Verwaltung, untersucht werden.

7.2 Technische Veränderungen

Roland Heuermann

7.2.1 Überblick

Technische Veränderungen durch die Digitalisierung sind aus zwei Blickwinkeln zu


betrachten:

• Den Technologien selbst. Hier soll der Blick auf neue Technologien und ihre Funkti-
onsweise sowie ggf. besonders hervorstechende Produkte gelenkt werden.
• Neue Einsatz-/Managementszenarien im Öffentlichen Bereich für schon bekannte,
aber nicht genutzte oder neue digitale Technologien.
7 Wirkungen und Erfolge der Digitalisierung 219

Eine detaillierte historische Betrachtung schon weitgehend vollzogener digitaler Tech-


nikeinführungen, wie z. B. der IT-Arbeitsplatz, elektronische Verwaltungs-Fachverfahren
und IT-Verfahren OPH (Organisation, Personal, Haushalt) erfolgt hier nicht, dafür aber
eine detaillierte Betrachtung neuer Technologien mit erheblichem Potenzial bei allen
Zielgruppen der Digitalisierung. Tab. 7.2 gibt einen Überblick hierzu. Sie beinhaltet evtl.
überraschenderweise auch die schon seit Jahren im Markt befindliche Cloud-Technolo-
gie, weil sie im Öffentlichen Bereich Deutschlands noch nicht in Gänze angekommen
ist und darüber hinaus sich selbst auch noch mit verschiedenen technischen Typen von
Clouds weiterentwickelt. Auch sind hier nochmals „soziale Medien“ aufgenommen,
obwohl die Technologie weitgehend überraschungsfrei ist und es im privaten Bereich
eine Vielzahl spezialisierter Angebote gibt. Der Grund für ihre Nennung ist, dass es bis-
her noch keine digitalen „sozialen Medien“ in öffentlicher Betriebsform gibt, Ausnahme
sind die in Abschn. 3.1.3 schon näher dargestellten „digitalen Dörfer“, die sich in einem
Pilotbetrieb befinden.

Tab. 7.2 Neue Technologien mit Potenzial großer Wirkung im Öffentlichen Bereich. (Eigene
Darstellung)
Technologiebereich ggf. Unterbereiche Anwendung im Öffentliche
Bereich, Bsp.
Blockchain • Private oder public • Noch keine. Potenzial für
Register, Zahlungsplattformen,
Kontraktmanagement und
-dokumentation
Cloud • Private, public, hybrid • Klassische Rechenzentren ablö-
• Converged, hyper-converged sen durch hoch automatisierte
oder „composable“ virtuelle Rechenzentren
Cyber-physische Systeme • Industrie 4.0 • Verkehrssteuerung
• Smart Citys • Gebäudemanagement
• Humanoide Roboter
Künstliche Intelligenz • Expertensysteme • Datenanalyse
• Musteranalyse und –vorhersage • Biometrische Verfahren, z. B.
Gesichtserkennung
Soziale Medien • Private Anbieter • Z. B. digitale Dörfer (siehe
• Öffentliche Anbieter Abschn. 3.1.3)
Virtuelle Realität • Augmented Reality, gemischte • Z. B. Headup-Display-Piloten
Realität • Potenzial: einige Außendienst-
tätigkeiten z. B. bei Polizei und
anderen Ordnungs- und Sicher-
heitsdiensten
• (reine) virtuelle Realität • Simulationen, z. B. polizeiliches
Tatgeschehen oder planerische
Szenarien
220 R. Heuermann et al.

7.2.2 Blockchain

Roland Heuermann

Das jüngste und mit sehr vielen Erwartungen für den Öffentlichen Bereich begleitete
Thema in der Diskussion über digitale Technologien ist die Blockchain1. Eine Meinung
hierzu:

Blockchain-Technologien bieten Möglichkeiten, die Wesenskerne konstituierender Staat-


lichkeit (Rechtssicherheit, Teilhabe, Ausgleich und Öffentliche Infrastruktur) in das digitale
Zeitalter […] zu übertragen […]. Direkte Kooperationsbeziehungen und Selbstorganisation
verbinden sich mit den […] Prinzipien der Aktenmäßigkeit, Nachvollziehbarkeit und Ver-
lässlichkeit [59].

Als „Blockchain“ wird eine Datenbank bezeichnet, die neue Datensätze als jeweils neue
verschlüsselte Blöcke ablegt, den Inhalt eines neuen Blocks Hash-codiert und die Hash-
werte sowohl des neuen Blocks, des vorhergehenden Blocks als auch der ganzen Kette
damit zusammenhängender anderer Blöcke speichert. Ob ein neuer Datensatz über-
haupt als Teil der Kette akzeptiert wird, hängt von der Zustimmung der berechtigten
Teilnehmer („Miner“) ab. Je nach Fachlichkeit der Blockchain, z. B. einer Anwendung
zur Darstellung von Zahlungsvorgängen, sollten zumindest die zahlende und die emp-
fangende Seite zustimmen dürfen. Denkbar ist aber auch, dass alle Nutzer einer Block-
chain oder eine Mehrheit (d. h. z. B. 50 % + 1) „Miner“ sind und zustimmen müssen,
bevor ein neuer Block akzeptiert wird. Die Historie wird aufbewahrt, sodass Verände-
rungen später nachweisbar sind. Je nach Art der Nutzdaten können diese auch außerhalb
der Blockchain abgelegt werden, die Blockchain verweist dann nur auf sie. Bei Nutzda-
ten mit geringem Speicherbedarf – wie sie bei Transaktionen im Bankbereich, Registern
von Behörden usw. vorkommen, d. h., die Größenordnung der Daten beträgt nur wenige
Bytes – ist vermutlich eine Ablage in der Blockchain selbst naheliegend.
Die Blockchain-Technologie wurde größeren Kreisen erstmals deshalb bekannt, weil
sie als digitale „Kontoverwaltung“ für die von anonymen Nutzern gehandelte Kunstwäh-
rung Bitcoin eingesetzt wird. Die Kernkompetenz aller späteren Varianten von Block-
chain-Anwendungsideen ist, wie bei der Bitcoin, die besonders sichere Funktion eines
Kontoführungssystems („General ledger“).
Aktuell gibt es nicht DAS Blockchain-Konzept und DAS Blockchain-Produkt, viel-
mehr entwickeln sowohl einzelne Hersteller (z. B. Accenture, IBM, Microsoft, Red Hat)
wie auch Konsortien mehrerer Hersteller/Beraterfirmen und mögliche Anwender, z. B.
Deutsche Börse und Deutsche Bundesbank, [2] und ein „R3CEV“ genanntes Konsortium
mit 42 Banken aus der Schweiz und Microsoft [62] eigene Konzepte und Technologien.

1Siehe gute Übersicht der Geschichte und Technik von Blockchains in Giese et al. [31].
7 Wirkungen und Erfolge der Digitalisierung 221

Ähnlich wie bei Clouds kann man bei Blockchains je nach Offenheit des Kreises von
Nutzern „private“ Blockchains von „public“ Blockchains unterscheiden. „Public“ meint
hier „dezentral“, weil tatsächlich niemand Eigentümer des Systems ist, auch keine ein-
zelne private (im Gegensatz zur öffentlich-rechtlichen) Instanz oder Behörde. Das angeb-
liche „disruptive“ Potenzial der Blockchain-Technologie basiert im Wesentlichen auf der
Erwartung ihrer Zuverlässigkeit und Manipulationsfreiheit beim Einsatz in der Public-
Eigentümerform.
Die für sich betrachtet mit konventionellen Bauelementen, aber mit einem neuen
technischen Konzept gebaute Blockchain-Datenbank wird dann zu einem ganz neuen
und evtl. disruptiven Geschäftsmodell, wenn das System nicht innerhalb einer geschlos-
senen Einrichtung (Behörde, Unternehmen) aufgesetzt und verwaltet wird, sondern als
eine für den dezentralen Einsatz konzipierte Blockchain-Variante im Internet liegt und
keine Einzelperson oder Instanz das Gesamtsystem steuert und ggf. Inhalte manipulieren
kann. „Legale“ Kontrolle über diese Public-Blockchain könnte dann nur gewinnen, wer
die Mehrheit derjenigen Nutzer, die als „Miner“ neue Datensätze, d. h. Blockinhalte frei-
geben können (d. h. 50 % + X), unter Kontrolle bringt. Gegen illegalen Zugriff müssen
Public-Blockchains durch besonders starke Mechanismen geschützt sein, dies ist Teil des
Konzepts (Abb. 7.2).
Bei Public-Blockchains hat jeder dezentrale Teilnehmer dann die ganze, ständig
wachsende und aufgefrischte Blockchain-Datei lokal bei sich, kann aber wegen der Ver-
schlüsselung und der Berechtigungen nur die ihn betreffenden Teile lesen. In der Rolle

Abb. 7.2 Blockchain – Prinzipdarstellung


222 R. Heuermann et al.

als Nutzer generiert der Teilnehmer eine neue Transaktion (z. B. Kauf, Zahlvorgang,
Vertrag usw.), in der Rolle als „Miner“ verifiziert er – je nach Variante des Blockchain-
Geschäftsmodells teils gegen Belohnung – Transaktionen anderer. Hiermit sind folgende
Erwartungen verbunden:

• Die Verteilung der ganzen Informationsmenge auf ungezählte Nutzer bietet maxi-
male Transparenz und extrem hohe Hürden für die „Machtübernahme“. Diese ist
theoretisch aber weiter möglich, nämlich dann, wenn jemand die Mehrheit unter den
Minern/zur Verifikation berechtigten Nutzern übernimmt. Je größer ein Blockchain-
Netzwerk ist, umso schwerer wird die Machtübernahme [79, S. 26]
• Die Verschlüsselung und Berechtigungsstruktur bieten trotz aller Transparenz einen
sicheren und gegen neue Bedrohungsszenarien nachrüstbaren Datenschutz für die
Nutzer des Systems.

Mögliche Anwendungsbereiche von Blockchains sind:

• Bezahldienste: In 2015 und 2016 wurde vor allem der Einsatz von Blockchains für
die Transaktionsdaten in der Banken-/Finanzindustrie diskutiert. Treiber der Entwick-
lung könnte hier die Aussicht auf große finanzielle Sparpotenziale durch Wegfall prü-
fender und als Finanzmakler auftretender Instanzen, d. h. der Banken in Gänze oder
innerhalb der Banken agierender Bereiche mit Transaktionsaufgaben, sein.
• Kontraktmanagement: Analog zu den Bezahldiensten könnte ein weites Spektrum von
Diensten, die im Kern ein „analoges“ Vertragsmanagement beinhalten, über Block-
chains und „Smart Contracts“ abgewickelt werden. Die bisherigen Mittler von Ver-
tragsdokumentationsleistungen, wie Anwälte und Notare, könnten bei entsprechenden
rechtlichen Änderungen abgelöst werden. Verträge müssten so konstruiert werden,
dass „Wenn-dann“-Bedingungen im Vertrag auf außervertragliche Datenquellen ver-
weisen, die das Eintreten der unter „wenn“ genannten Bedingungen melden (z. B.
Lieferung einer Ware) und die unter „dann“ genannten Aktionen (z. B. Zahlungsvor-
gang) auslösen (siehe mehr Details in [56]).
• Handels- und Transaktionsplattformen für automatische Kommunikation von Geräten
im „Internet der Dinge“ (IoT): Der „Clou“ ist hier die automatische Kommunikation
von Einzelgeräten untereinander, deren Verlauf und Ergebnis in einem durch Block-
chain-Technologie sicher gemachten Protokoll erfolgt (siehe in [52]). Ein Beispiel:
Die Fa. IBM hat mit ADEPT (Autonomous Decentralized Peer-to-peer Telemetry) ein
Konzept für ein dezentrales „Handelsbuch“ des Internets der Dinge vorgestellt, das
sich u. a. auch für große Mengen beteiligter Geräte eignet, wie es z. B. im Rahmen
voll ausgerollter Smart-City-Ansätze in Großstädten vorkommen könnte [4].
• Register im Sinne von Anlagen- und Eigentumsverzeichnissen im privaten wie
Öffentlichen Bereich, also z. B. Grundbücher, Gewerberegister, Kfz-Zulassung usw.
Sie können – so die Erwartung einiger Marktteilnehmer – ohne zentrale Behörden
und einzelne Personen an entscheidender Stelle – das Einhalten und die Wirksamkeit
von Verträgen ebenso beglaubigen wie Eigentums- und Verfügungsrechte.
7 Wirkungen und Erfolge der Digitalisierung 223

• Identitätsmanagement und Authentifizierung für ein „Identity as a Service“ (IaaS),


siehe z. B. Kudra [50], der ein „Blockstack“ genanntes System beschreibt
• Wahlsysteme: Wenn die eindeutige Identifikation der Person vor einem Endgerät
(Smartphone, Notebook usw.) möglich ist, könnte eine Blockchain auch evtl. ein
Wahlsystem ohne körperliche Erscheinenspflicht ermöglichen. Die Gefahr, dass das
Wahlgeheimnis gebrochen oder nicht weitestmöglich2 gewahrt bleibt, beschränkt sich
dann auf die durch eine Datenbank nicht kontrollierbare Situation vor der Tastatur des
Eingabegerätes.
• Austausch von Dokumenten mit rechtsgeschäftlichem Inhalt und Anspruch auf
Beweiswerterhalt zwischen Behörden – auch ohne digitale Signatur [79, S. 19].

Für einige dieser Anwendungsbereiche gibt es junge Software- und Diensteangebote, die
in der Entwicklung oder Pilotierung sind. Im operativen Einsatz ist die BITCOIN-Block-
chain als Buchhaltungssystem der Kunstwährung – sowie kleine Private-Blockchains,
darunter auch solche im Öffentlichen Bereich (z. B.: Internationale staatliche Versteige-
rung in der Ukraine, [47].
Folgende Nachteile bisheriger Public-Blockchain-Lösungen werden genannt [39]:

• Die bisherigen Blockchain-Softwarelösungen bieten nur einen relativ geringen Daten-


durchsatz. Für die im Öffentlichen Bereich zu erwartenden, teils sehr großen Nutzer-
zahlen und Mengen an Transaktionen sind sie evtl. aus Performance-Gründen noch
nicht geeignet.
• Die manipulationssichere Verwaltung von Identitäten und Berechtigungen ist nicht
mit der manipulationssicheren Ablage in einer Datenbank allein sichergestellt. Viel-
mehr sind besonders die außerhalb der Datenbank stattfindende Erst-Identifizierung
des Nutzers und auch die evtl. zur Beendigung des Nutzerzugangs führenden Ereig-
nisse organisatorisch abzubilden.
• Der Verlust von Datenzugangspasswörtern ist in dezentralen Systemen evtl. fatal, weil
das Datenbank-System selbst keine Antwort auf die Frage bietet, wie man erneut an
die gesperrten eigenen Daten herankommt. Dies bedeutet den Verlust der digitalen
Identität.
• Die Frage ist offen, wer das Gesamtsystem warten und fortschreiben wird, wenn nie-
mand bei einem komplett offenen System Geld mit dem Betrieb verdient. Von daher
betracht sind die Geschäftsmodelle von Start-ups oder etablierten Anbietern, Block-
chain-Services gegen Gebühr anzubieten, nicht unplausibel.
• Von den Nutzern ist schwer bis gar nicht zu kontrollieren, ob die versprochenen Sicher-
heitseigenschaften einer Blockchain durch die Programmierer auch tatsächlich umge-
setzt wurden. Aus dieser Skepsis erwächst die Forderung, dass Blockchain-Software

2Es gibt auch im „konventionellen“ deutschen Recht die Möglichkeit, dass Wahlhelfer oder Ange-
hörige für behinderte Personen auf deren Anweisung hin das Kreuz setzen.
224 R. Heuermann et al.

eine Opensource-Software sein sollte. Einige Initiativen – auch unter Beteiligung


kommerzieller Anbieter – verfolgen den Opensource-Ansatz, z. B. das Projekt „Hyper-
ledger“ der Linux Foundation [53].

7.2.3 Cloud

Roland Heuermann

Mit der schon seit einigen Jahren im Markt mit verschiedenen Varianten bekannten
Cloud-Technologie ist eine ganze Bandbreite technischer Architekturen in Rechenzent-
ren, Betriebsformen und Services gemeint, mit denen standardisierte Rechenzentrums-
leistungen als IT-Services über Browser-Schnittstellen bereitgestellt werden. Im Beitrag
der Fa. Computacenter (Abschn. 6.3.4) sind detailliertere Ausführungen zu technischen
Architekturen unterschiedlich stark integrierter Rechenzentren zu finden, daher werden
an dieser Stelle keine weiteren Angaben hierzu gemacht. Das Potenzial dieser Cloud-
Technologien liegt in ihrer zweifachen Wirkung:

1. Aufseiten der Betreiber


• Im eingeschwungenen Zustand evtl. sehr hohe und schnelle Skalierungsfähigkeit
und stark degressive Kosten bei einzelnen Rechenzentrumsleistungen (Bereitstellen
von Rechenzentrums-Infrastruktur, Plattformen und Software) oder ganzen Paketen.
• Stark diziplinierende Wirkung auf Software-Entwickler, ihre Lösung kompati-
bel zu schon angebotenen Cloud-Serviceangeboten zu machen. „Cloudfähigkeit“
generell und speziell auf bestimmten Cloud-Anwendungen wird zunehmend ein
Wettbewerbsvorteil und ist teils schon ein MUSS.
• Sehr großes Konsolidierungspotenzial in „konzernähnlichen“ hierarchischen
Strukturen.
2. Aufseiten der Kunden
• Schnelle Verfügbarkeit austauschbarer Rechenzentrumsleistungen, d. h. hohe Flexi-
bilität. Dies gilt auch und gerade im Öffentlichen Bereich, wo der Gesetzgeber und
manchmal die Behördenleitungen mit sehr engen und nicht wirklich auf optimale
Planungsfristen der IT Rücksicht nehmenden Terminvorgaben kommen. Die Erwar-
tung hoher Flexibilität gilt auch im Öffentlichen Bereich gegenüber dem Cloud-
Diensteanbieter, selbst wenn nicht Public Clouds, sondern Private Clouds („private“
meint hier: durch behördliche Anbieter betriebene Clouds), hybride Clouds und
vielleicht auch mit mehreren Öffentlichen Partnern betriebene Community-Clouds
genutzt werden sollen.
• Sparen von Investitions- und Managementaufwänden für den Aufbau, den Betrieb
und die laufende Ertüchtigung einer eigenen Rechenzentrums-Infrastruktur. Bezug
der benötigten Leistungen wahlweise als Infrastruktur-Service (IaaS), Plattform
7 Wirkungen und Erfolge der Digitalisierung 225

(IaaP) oder Software (SaaP). Kunden sparen sich hier – ähnlich wie beim Outsour-
cing – die Infrastrukturkosten, zahlen aber für die Nutzung der Dienste. Anders als
bei vielen Outsourcing-Modellen können sie hier aber selbst direkt auf den Service
zugreifen und Konfigurationsmöglichkeiten nutzen.
• Möglichkeit, Leerkosten für die eigene Kapazitätsbereitstellung bei seltenen Last-
spitzen zu vermeiden und für Infrastruktur nur zu bezahlen, wenn und soweit man
sie braucht.

Clouds stiften für den Anbieter umso höheren Nutzen, je mehr interne und/oder externe
Kunden Leistungen beziehen. Da die Infrastruktur eine erhebliche Anfangsinvesti-
tion erfordert, rechnet sie sich i. d. R. nicht für kleine Anbieter. Der Bezug von Cloud-
Leistungen erfordert, je nach Art der transportierten Datenmenge und Erwartungen an
die Performance über die Cloud bezogener Dienste, ein sehr leistungsfähiges Netz.
Als integraler Bestandteil einer möglichen Gesamtstrategie zur Optimierung von
IT-Services sind Clouds das Herzstück künftiger Rechenzentrumsleistungen. Ergänzt
um eine Software-Plattform-Strategie und konsequente organisatorische wie auch tech-
nische, serviceorientierte Architekturen könnte ein Zielszenario so aussehen, wie es
Abb. 7.3 darstellt.
Obwohl es die Technologien mit schon seit Jahren erfolgreichen privaten Anbietern
im Weltmaßstab wie Google, Amazon, IBM, Salesforce und SAP gibt, sind im Öffentli-
chen Bereich Deutschlands die IT-Dienstleister gerade erst dabei, private Clouds aufzu-
bauen.

Abb. 7.3 Einsatzmöglichkeiten der Cloud als Element eines IT-architektonischen Zielszenarios
226 R. Heuermann et al.

7.2.4 Künstliche Intelligenz

Roland Heuermann

7.2.4.1 Übersicht
„Künstliche Intelligenz“ (KI) ist seit 19563 ein Begriff in der Forschung über das
menschliche Denken, gleichzeitig aber auch in der Diskussion über Chancen zum
gewerblichen Einsatz in der Privatwirtschaft und der Verwaltung. Inhaltlich ist hiermit
sowohl ein nach wie vor visionärer Ansatz gemeint – das gesamte menschliche Denk-
potenzial abzubilden und eine Maschine mit der Fähigkeit zu allgemeiner Problemlöse-
kompetenz zu schaffen („starke“ KI, ein „general problem solver“) –, gleichzeitig aber
auch eine Vielzahl eng umrissener Funktionen, die für Teilbereiche – bisher nur dem
Menschen mögliche Leistungen – maschinelle Alternativen anbieten. Diese Teilbereiche
sind:

• Analyse numerischer Daten, Mustererkennung in numerischen Daten.


• Expertensysteme, die auf Basis eines Wissensbereiches, abgebildet durch digitale
Text-Datenbanken oder mit Interviews durch das Expertensystem selbst erhobener
Wissensstrukturen, ein Wissensgebiet semantisch erarbeiten und fortschreiben.
• Grafische Mustererkennung, Bildanalyse, Gesichtserkennung, Handschriftenerken-
nung.
• Spracherkennung, Übersetzung.
• Orientierung im Gelände.

Gemeinsamer Kern der Fähigkeit von KI-Software ist es, dass die Software selbst ihre
Fähigkeiten – zumindest innerhalb ihres Teilbereichs der „Intelligenz“ – weiterentwi-
ckeln kann und sich daher das Output-Verhalten je nach Lernzustand selbst bei gleichen
Eingangsinformationen im Idealfall in Richtung höherer Erkennensleistungen, Treffer-
quoten oder besserer Vorschläge verändert.
Es gibt darüber hinaus keine allgemein akzeptierte Definition der Künstlichen Intelli-
genz. Hier ergeht es dem digitalen Pendant nicht besser als der menschlichen Intelligenz,
für die auch bei den Psychologen keine allgemein akzeptierte Festlegung auf damit
umschriebene Kompetenzen vorliegt. Demzufolge gibt es für Menschen mehrere ver-
schiedene Intelligenztestverfahren, die auch teilweise Verschiedenes messen. In der

3Der US-Wissenschaftler John McCarthy nannte in 1956 eine Konferenz „Artificial Intelligence“
und zeigte dort ein Programm für das Brettspiel Dame [22, S. 39]. Später wurde Schach das Spiel,
mit dem KI-Forscher der menschlichen Intelligenz ebenbürtige Software testeten und öffentlich
präsentierten. Schach wurde in den 1950er und 1960er Jahren nach einem Ausspruch des Psycho-
logen Franz Weinert zur „Drosophila“ der KI (die Fruchtfliege Drosophila ist ein beliebtes Unter-
suchungsobjekt der Biologie zur Klärung genetischer Fragen).
7 Wirkungen und Erfolge der Digitalisierung 227

Geschichte der Künstlichen Intelligenz war – zumindest für Marketing-Zwecke –


der spielerische Vergleich der Maschinen mit Menschen bei Go, Schach und anderen
Spielszenarien der Benchmark gewesen. Ein für die Entwickler eines KI-Systems über-
raschender Test mithilfe eines für Menschen normierten, seriösen psychologischen Intel-
ligenztests, der mehrere Intelligenzdimensionen enthält, ist noch nicht veröffentlicht
worden. Angesichts der Spezialisierung angebotener KI-Systeme auf Teilfunktionen
menschlicher Intelligenz würde dieser Vergleich auch vermutlich noch lange Zeit nach-
teilig für den Computer ausgehen. Die Einordnung des Themas „Künstliche Intelligenz“
changiert daher zwischen hohen – positiven oder negativen – Erwartungen bis hin zu
heiterer Gelassenheit angesichts der tatsächlichen aktuellen Leistungsfähigkeit von KI-
Produkten. Abb. 7.4 versucht eine humorvolle Einordnung des Themas KI.
Zu Beginn der Entwicklung Künstlicher Intelligenz stand noch die Erwartung, mit
Künstlicher Intelligenz eine allgemeine technische Problemlösungskompetenz zu erzeu-
gen. Dieses sehr ehrgeizige Ziel ist inzwischen bei kommerziellen KI-Projekten prak-
tisch aufgegeben, vielmehr konzentrieren sich jetzt die Ziele auf das selektive Abdecken
nützlicher Teilfunktionen – aber auch hier gibt es im Laufe der Zeit Änderungen: Einige
ursprünglich auch dem Thema KI zugeordnete Fähigkeiten wie (intelligentes) „Suchen“
in digitalen Datenwelten – inzwischen durch am Markt befindliche Browser praktisch
„banal“ geworden – werden inzwischen nach mehrheitlichem Verständnis nicht mehr
dazu gezählt.

Abb. 7.4 Karikatur Künstliche Intelligenz aus der Flasche


228 R. Heuermann et al.

Ein „Relikt“ aus der Frühphase der KI ist – immer vor dem Hintergrund der Erwar-
tung einer generalisierten technischen Intelligenz – die zwischen Furcht und Hoffnung
polarisierende Diskussion über die möglichen Folgen einer dem Menschen überlegenen
technischen Intelligenz. Fragen hierzu sind:

• Wird es überhaupt einen Zeitpunkt geben (manche nennen ihn „technologische Sin-
gularität“, zur Erläuterung des Begriffes im Zusammenhang mit KI siehe auch [76,
S. 98 f.], an dem Erkenntnisse von Systemen Künstlicher Intelligenz diejenigen der
klügsten Menschen übertreffen und Computerintelligenz vom Menschen unabhängig
grundsätzlich Neues schaffen wird, sodass von da an nur noch die Ideen der Maschi-
nen die Entwicklung mit ihrer „Superintelligenz“ theoretisch unendlich lange weiter
vorantreiben (können)? Manche bezweifeln das grundsätzlich aufgrund der weiten
Definition von Intelligenz. Alternativ zu einer generellen, alle Themen umfassenden
Fähigkeit könnte die Frage auch unspektakulärer lauten, ob es nicht fachspezifisch
verschiedene Zeitpunkte geben könnte.
• Wenn es einen solchen generellen Zeitpunkt gibt: Wann tritt er ein? Der berühmte,
von manchen seriösen Wissenschaftlern und der Fachpresse wie ein Guru verehrte,
englische Physiker Stephen Hawking sieht diesen Zeitpunkt erst in ca. 100 Jahren
[48]. Andere sehen diesen Zeitpunkt mit „in 40, 50 Jahren“ deutlich früher. Manche
nähern sich dem Thema, indem sie die „Rechenkapazität“ des menschlichen Gehirns
anhand der Zahl von Neuronen usw. als Vergleichsmaßstab heranziehen und fragen,
wann die weitere Miniaturisierung digitaler Bausteine Rechner mit einer ähnlichen
Leistung möglich macht – wobei die Emulation des menschlichen Gehirns vermut-
lich eine Rechnerkapazität erfordert, die ein Mehrfaches der nominellen menschli-
chen Kapazität erfordert. Dies liegt daran, dass man die Funktionsweise des Gehirns
bei komplexen Leistungen weiterhin nur in Ansätzen versteht, und alle Leistungen mit
aufwendigen Näherungsmodellen nachbildet. Obwohl Computermodelle für neuro-
nale Netze bereits an die Rechenkapazität des menschlichen Gehirns heranreichen, ist
ihre Leistung teils dramatisch schlechter.
• Ist die Zeit der technologischen Singularität das „Ende der Menschheit“, weil sich
die Maschinen gegen den Menschen wenden werden, oder werden die Maschinen
letztlich für den Menschen nützliche und beherrschbare Arbeit leisten? In drastischen
Zitaten belegt Tuck [75] die Skepsis mancher Zeitgenossen gegenüber KI, z. B. durch
eine Aussage von Elon Musk (Tesla): „Künstliche Intelligenz ist die größte existen-
zielle Bedrohung für die Menschheit. Wir beschwören den Teufel.“ Oder Bill Gates
(Microsoft-Gründer): „Ich verstehe nicht, warum nicht mehr Menschen beunruhigt
sind.“ Und Stephen Hawking (Physiker): „Künstliche Intelligenz kann die großar-
tigste Errungenschaft der Menschheit werden. Bedauerlicherweise kann sie auch die
letzte sein.“ In der Literatur sind viele reißerische Szenarien aggressiver KI-Maschi-
nen beschrieben, z. B. das Töten der Menschen, das Ende der Demokratie (da, wo
es noch eine gibt) usw. Beispielhaft folgender Literaturhinweis: Hofstetter [38, 75].
Dabei wäre dem eventuellen Spuk ganz schnell ein Ende zu machen: Man muss
7 Wirkungen und Erfolge der Digitalisierung 229

nur den Strom abschalten. Jeder Computer ist da sehr empfindlich, auch ein super-
intelligenter.

Zurück zur Jetztzeit und der etwas weniger spektakulären Realität: Für die aktuell zum
Kern der KI-Teilfunktionen zählenden Fähigkeiten gibt es in mehreren Bereichen bereits
für private wie kommerzielle Zwecke im Einsatz befindliche Produkte. Tab. 7.3 zeigt
einige von ihnen.
Die gerade in den Jahren ab ca. 2015 wieder lebendiger werdende öffentliche Dis-
kussion, teils sogar in höchstrangigen internationalen Gremien wie z. B. dem Weltwirt-
schaftsgipfel in Davos 2017, über Chancen und Gefahren von Künstlicher Intelligenz hat
vermutlich weniger mit sprunghaften fachlichen Fortschritten der kontinuierlich, aber
langsam und weit hinter vielen optimistischen Prognosen früherer Jahrzehnte zurück-
bleibenden Leistungsfähigkeit der KI-Systeme zu tun, als mit dem Angebot und dem
Einsatz einzelner cloudbasierter Produkte am Konsumentenmarkt (z. B. Apple SIRI
und Amazon ALEXA inklusive des Sprachassistenten ECHO). Gleichzeitig wird für die
Geschäftswelt mit WATSON von der Fa. IBM ein universelles, für die Ausprägung als

Tab. 7.3 Konkrete kommerzielle Einsatzbereiche von Software mit Künstlicher Intelligenz.
(Eigene Darstellung)
Funktionsbereich Einsatzfelder/ggf. Arbeitsweise Produktbeispiele
Arbeitssteuerung Logistikvorschläge bei der Fa. Hitachi • IBM WATSON
Bilderkennung Neuronale Netzwerke und andere Tech- • NeuralTools
nologien zur Mustererkennung z. B. von
Verkehrszeichen, Gesichts- und Hand-
schriftenerkennung usw.
Expertensystem für Regelbasierte, fallbasierte oder induktiv • WATSON (IBM)
Auskünfte arbeitende Systeme. Hypothesengenerie- • MYCIN
rung, Antwortvorschläge
Sprachassistent Spracherkennung, Sprachanalyse, Aus- • Amazon ALEXA und
kunfts- und Eingabeassistent ECHO
• Apple SIRI
Textroboter Auswertung vorhandener digital verfügba- • AX-Symantics
rer Texte wie Berichte, Lexika • Retresco
Threat Intelligence Abwehr von Cyberattacken durch Erken- • BT Global Services
nen von Angriffsmustern in IT-Infrastruk-
turkomponenten
Übersetzunga Übersetzen fremdsprachlicher Texte in • Babylon
Berichtssprache oder umgekehrt • Naver
• Systran
aAktuelle Übersetzungsprogramme mit KI scheinen noch nicht konkurrenzfähig gegenüber

menschlichen Übersetzern zu sein, s. Möcker [57]


230 R. Heuermann et al.

spezielles Werkzeug in verschiedenen industriellen Fachthemen geeignetes KI-Werkzeug


angeboten4.

7.2.4.2 Bisherige Erfahrungen mit dem Einsatz von KI-Software


Schon seit den 1980er Jahren werden punktuell mehr oder weniger leistungsstarke KI-
Systeme in der Medizin als Diagnosehilfe eingesetzt (siehe dargestellte Tools in [34]).
Zu dieser Zeit gab es einen ersten kleinen Boom von Expertensystemen, d. h. seman-
tischen IT-Werkzeugen in Wissenschaft und Forschung. Auch für einzelne Ingenieu-
raufgaben gab es schon seit langem Expertensysteme. Ein allgemeiner kommerzieller
„Durchbruch“ ist diesen Systemen, entgegen einigen euphorischen Erwartungen, aber
nicht gelungen. Der Einsatz blieb zumeist experimentell oder auf die Erstnutzer
beschränkt. Die Analyse der Gründe könnte eine Hilfe sein, um zu beurteilen, welche
Hürden auch neuere Produkte überwinden müssen:

• Einige regelbasierte Systeme, die dazulernen, häufen eine immer größere Zahl von
Regeln an und werden daher unübersichtlich und nicht mehr nachvollziehbar.
• Viele Wissensgebiete erfordern auch intuitive und zunächst nicht-logische Überlegun-
gen. Logische Expertensysteme kommen daher nur schwer an eine 100-%-Treffer-
quote guter Lösungen.
• Bei selbstlernenden neuronalen Netzen gibt es keine auslesbare strukturierte Text-
Information über den aktuellen Lernzustand des Systems. Eine Dokumentation über
die Funktionsweise genügt daher vermutlich nur schwer den Anforderungen an
Beweiskraft und ggf. der identischen Wiederholbarkeit, sofern das System zwischen-
durch weitergelernt hat.

Angesichts der in den letzten Jahrzehnten immer wieder enttäuschten Hoffnungen auf
eine schnelle Marktreife von Produkten mit KI ist der Zeitpunkt, ab wann die Künstliche
Intelligenz sich selber weiterentwickelt („technologische Singularität“) und damit dann
den Menschen übertrifft, derzeit nicht sicher vorherzusehen – ja noch nicht einmal, ob
dieses Ereignis je eintritt.

7.2.4.3 Möglicher Einsatz von KI im Öffentlichen Bereich


Der mögliche und teilweise schon an Aufgaben gezeigte Nutzen vorhandener Software
mit Künstlicher Intelligenz im Bereich der Öffentlichen Services ist in Tab. 7.4 aufgelis-
tet, im Einzelnen:

• Erkennens-Arbeit in Arbeitsfeldern mit grafischer Bildauswertung, z. B. Gesichts-


erkennung bei Polizei und Geheimdiensten, Handschriftenerkennung usw. Hier sind

4InDeutschland kooperieren die Fa. IBM und Accenture bei dem Versuch der Vermarktung des KI-
Tools WATSON und bieten ein Rapid Prototyping für KI-Lösungen an [67].
7 Wirkungen und Erfolge der Digitalisierung 231

Tab. 7.4 Naheliegende potenzielle und schon gegebene Einsatzfelder für KI im Öffentlichen
Bereich. (Eigene Darstellung)
Mögliche Einsatzbereiche Technik Beispiele
Analyse von Bildern und Neuronale Netze • Handschriften
Erkennensleistungen • Gesichter
Analyse numerischer Daten Zeitreihenanalyse, Ausreißer • Überwachung durch Finanz-
und Anomalien erkennen aufsicht
• Steuerschätzung und Analyse
• Beobachtung der wirtschaft-
lichen Entwicklung und
Steuerschätzung
Analyse semantischer Daten Expertensysteme • Berichtserstellung, auch das
automatische Verfassen von
Texten
Assistenz jeglicher Antragstel- Sprachassistenz in Verbindung • Alle Anträge mit präzisen
ler und Behördengänger mit Expertensystemen und für Laien unverständli-
chen rechtlichen Anspruchs-
grundlagen und Formularen
• Hilfe für Sprach-, Schreib-
und/oder Lernbehinderte
Autonomes Fahren, Fliegen, Sensor • Drohnen bei Polizei und
Schwimmen oder Tauchen Militär
• Autonome Steuerungs-
systeme von Verkehr und
Parkflächen, Smart City
Entscheiden Expertensystem • Steuerbescheide
• Einfache Rechtssachen
Software lenkt den Leser auf Blickbewegungsmessung und • Lese-/Lernhilfe für Schüler
die wichtigsten Sachverhalte Textauswertung

bereits Produkte im Einsatz, der Bedarf an leistungsfähigen Lösungen scheint den-


noch qualitativ noch nicht gedeckt zu sein.
• Analyse numerischer Daten in Behörden, deren Handlungsfeld die zeitnahe Beobach-
tung großer und/oder komplexer numerischer Datenwelten und das Identifizieren von
Auffälligkeiten beinhaltet. Beispiele sind Plausibilitätsprüfungen mit dem Abgleich
„offizieller“ eingereichter Daten mit Daten aus öffentlichen Netzwerken. Diese Auf-
gabe stellt sich u. a. bei Steuererklärungen, Börsendaten, Hinweisen auf geplante
Straftaten bei Großveranstaltungen etc.
• Hilfe beim schnellen und richtigen Erfassen allgemeiner Texte, sei es zu Schulungs-
zwecken (siehe z. B. [18]) oder als Beschleunigungshilfe.
• Hilfe bei der Analyse juristischer Texte: Die Berliner Fa. Leverton bietet in vielen
Sprachen das durch KI unterstützte, automatische Durchsuchen von Immobilienverträ-
gen und Kreditverträgen an [82]. Andere generellere Produkte für die Unterstützung
232 R. Heuermann et al.

juristischer Arbeiten in Behörden und Rechtsanwaltskanzleien sind das auf dem welt-
weit eingesetztem KI-Werkzeug von IBM, WATSON, basierende ROSS [63] und das
e-Discovery der Fa. Recommind, das nach Verkauf zum großen E-Aktenanbieter
OPENTEXT gehört [64]. Hier kann man vermuten, dass die Fa. OPENTEXT auf eine
zukünftige Verwendung KI-unterstützter Aktenbearbeitung setzt. Die Entwickler des
deutschen Rechtstools „rfrnz“ berichten, ihr Tool könne Risiken in Verträgen entde-
cken und z. B. Kündigungs- und Haftungsregeln analysieren [1]. Die Hersteller dieser
Produkte behaupten nicht, dass ihre Tools das ganze Spektrum bisheriger vollwerti-
ger Arbeitsplätze von Juristen ersetzen können, die Werkzeuge decken nur einen Teil
üblicherweise anfallender „Hilfs“-Arbeiten der Suche und Vor-Analyse ab. Sie leisten
dabei mehr als nicht-intelligente Suchwerkzeuge, sind aber vermutlich in ihren semanti-
schen Fähigkeiten gegenüber menschlichen Fachkräften beschränkt und benötigen noch
dringend eine Qualitätskontrolle der Ergebnisse. Ihre Arbeit könnte künftig erleichtert
werden, wenn sich sowohl der Gesetzgeber als auch die Gestalter von Verträgen seman-
tikbasierter Werkzeuge bedienen würden: Die Werkzeuge erfassen neben den verwen-
deten Rechtsbegriffen in Form von Annotationen auch einen Teil des semantischen
Kontextes. Dies ermöglicht KI-Maschinen eine viel höhere Trefferqualität bei der auto-
matischen Analyse, außerdem verkürzt der Einsatz die Lernzeiten. [61] schlagen ein
solches Vorgehen für den deutschen Gesetzgeber vor.
• Spracherkennung und Sprachübersetzung: Hier ist ein weites Spektrum von Services
bei Sicherheitsbehörden, Ausländerbehörden, Gerichten und in Behörden mit regel-
mäßigen Auslandskontakten usw. denkbar. Dieses Handlungsfeld ist in Behörden mit
öffentlichem Publikumsverkehr praktisch noch unerschlossen, der Umfang des Ein-
satzes bei Sicherheitsbehörden ist Außenstehenden nicht bekannt.
• Individuelle Assistenz von Bürgern beim Bearbeiten von Antragsverfahren, Formula-
ren usw. Gerade das zunehmende Angebot von webbasierten Services der Verwaltung
erzeugt neuen Beratungsbedarf, weil absolute oder relative „digitale Analphabeten“
benachteiligt sind.
• Entscheidungsvorschläge bei klassischen Aufgaben der Verwaltung in der Beantwor-
tung von Anträgen, Eingaben usw. Hier ist dem Autor bisher kein Beispiel aus der
deutschen Öffentlichen Verwaltung bekannt. Diskutiert wird in der Literatur aber ein
hohes Automatisierungspotenzial z. B. in der Steuerverwaltung.
• KI-Entscheidungsvorschläge für richterliche Urteile in Straf-, Staats- und Zivilrecht.
Das Ziel muss nicht das vollständige Ersetzen menschlicher Richter sein, sondern
kann in der Unterstützung von Richtern bei der schnellen Analyse in einer Fallge-
schichte enthaltener Muster und ihrer Lösung in anderen Fällen bestehen. Johnson
[45] berichtet von einem Test mit KI-Software, die anhand 584 alter Fälle am Euro-
päischen Menschenrechts-Gerichtshof Entscheidungsmuster in Straffällen mit Tatvor-
wurf der Folter und ähnlicher Handlungen lernte und anschließend bei neuen Fällen
in ca. 79 % genauso entschied wie menschliche Richter.
7 Wirkungen und Erfolge der Digitalisierung 233

• Bewegungssteuerung von Handhabungsrobotern und Fahrzeugen (Flurförderzeuge,


Kfz und Lkw, Drohnen), die selbsttätig ihren Weg finden und auch Strecken zu fahren
lernen können.
• Erstellen von Texten in thematisch begrenzten Aufgabenbereichen, wo routinemä-
ßig aus öffentlichen oder behördeninternen Daten neue Zusammenfassungen im Stil
kleiner Meldungen erzeugt werden müssen. Es gibt schon jetzt Unternehmen, die das
automatische Erstellen von Texten anbieten. Ein Beispiel hierfür ist die Fa. Textoma-
tic, die behauptet, u. a. Börsendaten und Sportdaten aus dem Ticker von Ergebnismel-
dungen automatisch kommentieren zu können [74]. Eine Reihe weiterer Beispiele mit
einem Tool der Fa. AX-Symantics berichtet Fiala [27]. AX-Symantics behauptet, mit
einem Tool Wetter-, Sport- und Politikberichte sowie Produktbeschreibungen erstellen
zu können [3]. Die Fa. Retresco berichtet über den Einsatz einer Software zum Erstel-
len von Sportberichten im Weserkurier [65].

Für viele hier als KI-unterstützungsfähig aufgelistete Funktionen gibt es vermut-


lich punktuelle Beispiele des Einsatzes in der Öffentlichen Verwaltung – vor allem bei
Sicherheits- und Ordnungsbehörden. Keine Beispiele für die Nutzung von KI-Werkzeu-
gen sind in den möglicherweise größten potenziellen Anwendungsbereichen, d. h. der
Öffentlichen Kernverwaltung, bekannt und dies, obwohl sich manche Anwendungsszena-
rien geradezu aufdrängen:

• Unterstützung der Bürger und Unternehmen bei Behördensachen, d. h. Bearbeiten


von Anträgen und Auskünften durch intelligente digitale Assistenten,
• Bearbeitung von Steuererklärungen,
• Hilfsarbeiten in Rechtssachen, z. B. Auffinden relevanter Textstellen in Verträgen,
Risikoanalyse in Verträgen usw.,
• Erläuterungen in Rechtssachen,
• Entscheidungen in Rechtssachen,
• Unterstützen beim Lernen und Texterfassen.

Der in erheblichem Umfang durch menschengemachte Regeln in seinem Verhalten


bestimmte Öffentliche Bereich bietet ein großes Potenzial für eine Anpassung der Situa-
tion, d. h. der Gesetze, Verordnungen und Verwaltungsabläufe auf die Möglichkeiten der
neuen Technologien.
Die Erkenntnis aus vielen Gestaltungsbereichen innerbehördlichen Lebens, dass
man mit einer Aufgabenkritik und organisationaler Optimierung technologische Pro-
jekte leichter und damit den Erfolg wahrscheinlicher machen kann, ließe sich auch auf
die Rechtssetzung selbst übertragen. „Unscharfe Regeln“ und unklare tatbestandliche
Voraussetzungen für die Regelanwendung sollten – wo immer möglich – auch ohne das
Motiv der Digitalisierung von Entscheidungsprozessen vermieden werden.
234 R. Heuermann et al.

7.2.5 Roboter für den Einsatz bei öffentlichen Aufgaben

Roland Heuermann

Mit dem Begriff „Roboter“ werden in einer weiten Definition allgemein alle Handha-
bungs- und Bewegungsautomaten – manchmal sogar Software – beschrieben. In einer
engeren Definition sind Roboter im Unterschied zu klassischen mechanischen Maschinen
mit ausschließlicher Steuerung durch Menschen („Maschinenführer“) softwaregesteuerte
Maschinen, die teils sehr komplexe Handhabungsabläufe durchführen. Eine Teilmenge
dieser softwaregesteuerten Roboter wiederum ist durch den Einsatz einzelner Funktionen
mit Künstlicher Intelligenz in der Lage, sich teilautonom und/oder vollautomatisch auf
neue Situationen, sensorisch und/oder semantisch einstellen zu können. Hierunter befin-
det sich wiederum eine Teilmenge, die sich auch durch aktive und passive sprachliche
Fähigkeiten auszeichnet und oft äußerlich – mindestens im Kopf-/Gesichtsbereich und
durch Nachbilden des menschlichen Körpers, u. a. ein zweibeiniges Gehen – menschen-
ähnlich gestaltet ist. Diesen Typ Roboter nennen manche „humanoide Roboter“, spaß-
weise „Robo sapiens“. Sie haben grundsätzlich das Potenzial, in vielen Bereichen der
Dienstleistung bisher ausschließlich dem Menschen vorbehaltende Tätigkeiten komplett
zu übernehmen. In der produzierenden Industrie sind schon seit langer Zeit marktreife,
nicht-intelligente Roboter in großer Stückzahl im Einsatz: Die International Federation
of Robots (IFR) rechnet für den Zeitraum 2016–2019 mit ca. 1,4 Mio. Industrierobotern,
333.000 Servicerobotern im industriellen Einsatz und 42 Mio. Haushaltsrobotern. In
Deutschland wurden in 2015 ca. 20.105 Industrieroboter verkauft, es gibt ca. 301 Indust-
rieroboter pro 10.000 Beschäftigte [41, S. 12]. Dagegen sind humanoide Roboter im Jahr
2017 entweder noch – verglichen mit Menschen – sehr leistungsbeschränkt (und damit
eher Demo-Modelle) oder noch im Stadium langjähriger Prototypversionen. Außerdem
sind einige derjenigen Roboter, die nur in kleinen Stückzahlen produziert wurden, noch
sehr teuer, z. B. kostet ein Modell des Robotertyps „Sophia“ der Fa. Hanson Robotics
vermutlich (Schätzung des Wall Street Journals) ca. 200.000 US$. Der Zielpreis für den
Marktdurchbruch eines gehfähigen und emotional ausdrucksfähigen Roboters beträgt
nach Schätzungen des Hanson-Mitarbeiters Ben Goertzel dagegen vermutlich aber nur
ca. 5000 US$ [81, S. 29].
Teil- und vollautomatisch arbeitende, humanoide Roboter haben u. a. folgende Aufga-
ben zu lösen:

• Erkennen bestimmter Gegenstände zum Zweck der Handhabung,


• Erkennen von Gegenständen als Hindernisse auf Wegstrecken,
• Erkennen von Gefühlen und Stimmungen ihnen gegenübertretender Menschen,
• Orientieren im Gelände zwecks Wiederfinden eines Weges und/oder Finden eines Zieles,
• eigene Fortbewegung und/oder Bewegung eigener (Greif-)Arme und Beine bzw. Rol-
len, Schwimm- oder Flugpropeller/-düsen usw.,
7 Wirkungen und Erfolge der Digitalisierung 235

• Erkennen und semantische Verarbeitung einzelner Befehle und/oder komplexerer


Sätze in gängiger menschlicher Sprache,
• Annehmen mündlich gegebener Aufträge.

Für den Kernbereich der Öffentlichen IT-Dienstleister in der Ordnungs- und Leis-
tungsverwaltung sind wegen ihres für die Kommunikation mit dem Menschen anspre-
chenden Äußeren insbesondere humanoide Roboter interessant. In Japan und den
USA sind bereits in beachtlichen Stückzahlen verkaufte humanoide Roboter im kom-
merziellen Einsatz, z. B. über 10.000 Stück des Roboters Pepper. Die Kosten für die-
ses Modell betragen ca. 550 EUR monatliche Leasinggebühr [78]. Sie haben zumeist
eingeschränkte Butlerfunktionen außerhalb der Öffentlichen Kernverwaltung, z. B. als
Hotelpage und „Grüßonkel“ in Kaufhäusern, Arbeit auf Kreuzfahrtschiffen, in Senioren-
heimen usw. Der von Fraunhofer IPA entwickelte Roboter Care-O-bot 4 wird seit Okto-
ber 2016 als „Paul“ im Saturn-Markt Ingolstadt pilotiert und zeigt Kunden den Weg zu
gewünschten Verkaufsartikeln [70]. In der zivilen Verwaltung Deutschlands gibt es der-
zeit keine humanoiden und/oder autonom arbeitenden Roboter, auch keine explizit dar-
auf bezogenen Wünsche aus der Politik, der Verwaltungswissenschaft und – fast möchte
man sagen: demzufolge – auch keine entsprechende Forschung. Dabei gibt es einen sehr
großen europäischen Fond für Forschungsförderung. Die EU fördert mit 80 Mrd. EUR
von 2014 bis 2020 Innovationsprojekte, darunter auch Robotik, Smart Citys usw. [25].
Anders verhält es sich im militärischen Bereich: Hier sind teilautonome Flug- und
Fahrroboter bei der Bundeswehr für militärische Transport- und Aufklärungszwecke im
Einsatz oder in Erpobung5 – außerdem gibt es in geringer Stückzahl bei Polizei und Mili-
tär teilautonome Roboter für Sprengmittelbeseitigung, z. B. tEODor (Produkt der Fa.
Telerob) und Varianten von PackBots (Militärroboter). Einige dieser Geräte sind sowohl
teilautonom zu betreiben wie auch komplett durch Fernsteuerung. Für die Bundeswehr
erforscht u. a. das Fraunhofer Institut für Kommunikation, Informationsverarbeitung
und Ergonomie (FKI) im Projekt „Arminius – Assistenzfunktionen für Teilautonomie
in mobilen unbemannten Systemen“ zu diesem Thema [58]. Das besondere militärische
Interesse an teilautonomen Robotersystemen liegt darin, dass diese Systeme im Gelän-
deeinsatz auch außerhalb der Sichtweite und manchmal außerhalb der Erreichbarkeit
von Funksignalen operieren müssen. Das sind höhere Anforderungen als für polizeiliche
Einsätze, die meist im Nahfeld stattfinden. Außerdem interessiert sich das Militär für den
koordinierten Einsatz mehrerer Roboter im Team mit Menschen. Ein Soldat geht voran
und Roboter mit Gepäck, Waffen, Funkgeräten usw. folgen ihm. Das sind Anforderungen,

5Über den 2008 von der Bundeswehr bestellten autonomen Fahrroboter „Gecko TRS“ wurde in der
Presse berichtet [15]; ethische und militärpraktische Überlegungen zu autonomen Kampfrobotern
bei der Bundeswehr diskutiert Wellbrink [79] und sieht neben ethischen Fragen noch einen großen
Zeitbedarf für die technische Weiterentwicklung, bis autonome Kampfroboter tatsächlich erhebli-
chen militärischen Zusatznutzen versprechen.
236 R. Heuermann et al.

die man sich z. B. analog auch für polizeiliche Einsätze, im Strafvollzug, bei allgemeinen
Transporteinsätzen, der Müllabfuhr, der Verkehrsaufsicht oder der Kontrolle und Pflege
öffentlicher Infrastrukturen (Inspektionsfahrten der Straßenmeistereien) denken kann.
Diese Art „kollegialer“ Roboter muss „seinen“ Menschen anhand äußerer Merkmale
erkennen, wenn nicht, kehrt sich der Vorteil seines Einsatzes in das Gegenteil um. Bei-
spiel: Der Roboter folgt plötzlich einem gegnerischen Soldaten!
Neben dem weiten Spektrum „ziviler“ Serviceroboter regen vor allem die aus der Sci-
ence Fiction bekannten Kampfroboter die Fantasie an. Politisch plädiert die deutsche Poli-
tik bisher für den Verzicht auf die Entwicklung autonomer Tötungsmaschinen, auch gibt
es internationale Initiativen in dieser Richtung, z. B. eine internationale Initiative mehre-
rer Menschenrechtsorganisationen [51]. Allerdings ist hier haarscharf zwischen verschie-
denen Graden der Autonomie von Robotertypen zu unterscheiden, z. B. richtet sich ein
nach Pressemitteilungen von 2000 Wissenschaftlern unterschriebener Warnbrief [73] nicht
gegen teilautonome und per Funkbefehl auch kämpfende militärische Drohnen, sondern
nur gegen Maschinen, die autonom Entscheidungen zum Töten fällen. Militärisch sind
Roboter aber auch ohne Fähigkeit zur kinetischen Wirkung auf Gegner sehr interessant,
z. B. als Transportroboter für autonome Versorgungsfahrten, Bergung von Personen oder
Fahrzeugen aus Gefahrenlagen oder für Aufklärungsflüge. Diese logistischen Aufgaben
sind zwar weniger spektakulär als Kampfaufträge, von der Menge der dort anfallenden
Arbeiten her bieten sie aber ein sehr großes Potenzial. In konventionellen Streitkräften
ist nur ein kleiner Teil der Truppe tatsächlich kämpfend an der Front im Einsatz, der weit
überwiegende Anteil des Personals der Streitkräfte hat Logistik-Aufgaben zur Versor-
gung der Truppe und für die Instandhaltung der Waffen und Fahrzeuge. Erstmals wurden
in 2008 von der Bundeswehr autonome Roboter-Landfahrzeuge für Testzwecke gekauft.
Daneben gibt es in dreistelliger Anzahl wohl überwiegend ferngesteuerte Aufklärungsdroh-
nen von verschiedenen Herstellern beim deutschen Heer und der Luftwaffe. Das Motiv
zum Einsatz dieser Geräte ist vor allem die Erwartung, Kosten gegenüber dem Einsatz
bemannter Systeme zu sparen. Die Ausfall- und Verlustrate dieser Geräte ist recht hoch.
Tab. 7.5 gibt eine Übersicht bedeutender Roboterentwicklungen sowohl im zivilen als
auch im militärischen Bereich.

7.3 Sozio-kulturelle Veränderungen

Matthias Tomenendal

7.3.1 Übersicht

Unter dem Begriff der Sozio-Kultur lassen sich alle kulturellen Elemente einer Gesellschaft
subsumieren, wobei im Folgenden nicht nur die Auswirkungen der Digitalisierung auf die
Gesellschaft als Ganzes, sondern auch mögliche Folgen für die Persönlichkeitsentwicklung
7 Wirkungen und Erfolge der Digitalisierung 237

Tab. 7.5 Bekannte frühe (Teil-)Roboter für zivile und militärische Zwecke. (Eigene Darstellung)
Namen Bedeutung für Robotergeschichte Jahr 1.
Version
Asimo Erster weitgehend humanoider Roboter, Fa. Honda 2000
Atlas US-amerikanischer humanoider Militär-Roboter, Assistenz 2013
Care-O-Bot 4 Modular ausbaufähiger Serviceroboter, Fraunhofer IPA 2015
Gecko TRS Prototyp eines teilautonomen Fahrroboters für die Bundeswehr 2008a
PackBot Modular aufrüstbarer Vielzweck-Roboter, Fa. iRobot 1998
Pepper Emotional intelligenter Service-Roboter, Fa. Aldebaran Robotic 2015
Prädator Erstmals für „gezielte Tötung“ eingesetzte Drohne der USA 2001
Roomba Staubsauger – Hausroboter, Fa. iRobot 2002
Sharkey Erster teilautonomer mobiler Roboter, Forschungsobjekt 1965
aDas Gerät wird von Schubert [71] beschrieben, es wurde letztlich aber nicht beschafft

von Einzelnen betrachtet werden sollen. In diesem Abschnitt werden also gleichermaßen
soziale und individuelle Aspekte zunehmender Digitalisierung dargestellt, und dies anhand
der Wirkungen auf Kommunikation und Interaktion, Wissen und Fähigkeiten sowie Verhal-
ten und Einstellungen.

7.3.2 Kommunikation und Interaktion

Über elektronische Netze sind Menschen im gesamten Land und der gesamten Welt
miteinander verbunden. Elektronische Daten und Nachrichten können so innerhalb
von Sekunden zwischen den Menschen versendet und geteilt werden. Die Reichweite
der Kommunikation erscheint mittlerweile grenzenlos, weil räumliche und zeitliche
Beschränkungen durch die zunehmende Digitalisierung geradezu aufgehoben werden.
Besonders schnelle und weitreichende Möglichkeiten des Informationsaustausches bie-
ten derzeit Microblogging-Dienste wie Twitter, Instagram oder Tumblr. So wird die
kommunikative Verbindung zwischen Menschen sowohl in quantitativer als auch in
qualitativer Hinsicht verändert, denn es wird gleichzeitig zwischen mehr Menschen, mit
tendenziell kürzeren schriftlichen Nachrichten und Bildern sowie schneller miteinander
kommuniziert. Über das Kommunikationsverhalten werden die sozialen Interaktionen
der Bürger beeinflusst, was wiederum die Gesellschaft und Kultur eines Landes mitprägt
[33, S. 167–168].
Es gibt Studien, nach denen 73 % der täglichen Kommunikation bereits jetzt digital
erfolgen, wobei etwa die Hälfte davon jeweils private und geschäftliche Kommunikation
darstellt. Bei den unter 35-Jährigen ist das Internet bereits der Lebensmittelpunkt. Rea-
les und digitales Leben sind bei ihnen nicht mehr einfach voneinander zu trennen [68,
S. 9]. Die zunehmende digitale Kommunikation führt gleichzeitig zu einem Rückgang
238 R. Heuermann et al.

der persönlichen Kommunikation und Interaktion, auch zu einem Verlust nicht-digitaler


Kontaktgelegenheiten mangels Angebot oder eigener Initiative. Dabei gibt es Anzeichen,
dass der informellere, digitale schriftliche Umgangston generell zu einem lockereren
Umgang untereinander führt und damit möglicherweise generell zu einer besseren kul-
turellen Atmosphäre [28, S. 10]. Es entwickelt sich eine stärkere Feedback-Kultur, denn
Realtime-Feedback findet häufig sowie orts- und zeitunabhängig statt [68, S. 40]. Teil-
nehmer digitaler Kommunikation können leichter ein vergleichsweise großes und ihren
Interessen entsprechendes soziales Beziehungsnetzwerk pflegen.
Das Internet stellt auch einen mächtigen Kanal für soziale Kampagnen dar: Digita-
les Informieren auf Websites, in Foren oder Blogs und sich damit verbindendes virales,
virtuelles Word-of-Mouth ist bereits zu einer der wichtigsten Grundlagen für Kaufent-
scheidungen geworden [23, S. 32]. Über digitale Medien kann auch der Staat bzw. die
Verwaltung erweiterte Möglichkeiten der Informationsverbreitung und der Kontaktauf-
nahme mit den Bürgern realisieren. Bestimmte Bevölkerungsgruppen können so gut
erreicht werden, vor allem schneller und informationsreicher als in der Vergangenheit.
Andere Bevölkerungsgruppen hingegen werden über digitale Medien nicht erreicht und
somit in der Behandlung durch den Staat möglicherweise sogar benachteiligt. Es entsteht
eine neue soziale Unterscheidung – die „digitale Teilung“ der Gesellschaft – in die digi-
tal versierten und die weniger digital kompetenten und dadurch bisweilen benachteilig-
ten Bürger [55, S. 430].

7.3.3 Wissen und Fähigkeiten

Bei der digitalen Kommunikation entstehen langfristig verfügbare, große Datenmengen.


Durch die mögliche Sammlung, Speicherung und Auswertung digitaler Daten unterlie-
gen Nutzer von Tablets, Laptops und Smartphones sowie sozialer Kanäle wie Facebook,
Twitter und WhatsApp bei der Kommunikation über cloudbasierte Dienste prinzipiell
einer unbeschränkten Einsichtnahme Dritter, sei es des Staates oder privater Betreiber
von Kommunikationsdiensten. Gesammelte Daten können von Datenagenturen zu digi-
talen Nutzerprofilen oder von Überwachungsdiensten zu Bewegungs- und Sozialprofilen
verarbeitet werden. Selbst vorsichtige IT-Nutzer, die von sich selbst wenig an die digitale
Welt preisgeben, können über die von ihren Freunden und Bekannten geteilten Daten in
Facebook und anderen sozialen Medien ungewollt Dritten ein viel vollständigeres Bild
von sich geben, als sie es selbst wollen. Es entsteht potenziell ein „gläserner Mensch“,
da digitale Daten detaillierte, personenbezogene Auskunft über Verhalten geben – mit-
tels Big-Data-Analysen auch über prognostiziertes zukünftiges Verhalten [33, S. 167 f.].
Dies geschieht oft, ohne dass sich die Teilnehmer der digitalen Kommunikation dieser
Möglichkeiten und Gefahren bewusst sind. Die Kenntnis von Nutzerdaten und hieraus
generiertes Wissen über Individuen könnten so auch für persönliche wie politische Über-
wachung und Kontrolle genutzt werden. Beispielsweise können (zukünftige) Arbeitgeber
7 Wirkungen und Erfolge der Digitalisierung 239

eine digitale Akte von Mitarbeitern (und Bewerbern) anlegen, in der über das Schul- und
Sozialverhalten, Lesevorlieben, das Konsumverhalten, Suchttendenzen, Krankheitspro-
file oder die finanzielle Situation informiert wird. Gleichermaßen lässt sich jeder Mitar-
beiter über digitale Profile individuell beobachten, was z. B. für individuelle Anreize und
Motivation oder auch Sanktionen im Arbeitsleben genutzt werden kann.
Big Data bietet mithin die Möglichkeiten für eine „Differenz-Revolution“ [49, S. 21],
also eine massive sozio-kulturelle Veränderung, die sich in der granularen Betrachtung von
Menschen manifestiert: An die Stelle statistischer Durchschnitte zur Erfassung von Bür-
gergruppen, beispielsweise bei der Erfassung von Meinungen und Bedürfnissen – grup-
piert nach Alter, Geschlecht, Einkommen oder Wohnort – tritt die individuelle Betrachtung
Einzelner, was durch umfassende digitale Datensammlungen und -analysen ermöglicht
wird. So können Produkte und Dienstleistungen optimal auf Einzelne zugeschnitten wie
auch die Ansprache einzelner Bürgerinnen und Bürger priorisiert und spezifiziert werden.
Wenn Letzteres geschieht, können Einzelne zielgerichtet nur jene Informationen bekom-
men, die für sie relevant sind und/oder für die sie sich interessieren könnten; gleicherma-
ßen lässt sich dies in Anbetracht der grundgesetzlichen Maßgabe, dass alle Bürgerinnen
und Bürger vor dem Gesetz grundsätzlich gleich sind, trefflich kritisieren. Schon die mög-
liche Ausgrenzung „digitaler Analphabeten“, also die möglicherweise fehlende oder über
analoge Kanäle spätere Ansprache von Personen ohne Internet-Anschluss, ist problema-
tisch. Dies wird es erst recht, wenn zur Befriedung der öffentlichen Meinung lediglich ein-
zelne, über digitale Algorithmen ermittelte Personen adressiert werden, zum Beispiel im
Vorfeld von Wahlen oder Volksentscheiden. In diesem Zusammenhang ist auch von einer
„Kontroll-Revolution“ [49, S. 105] die Rede, indem die Digitalisierung die „Ausbeutung“,
wie auch eine stärkere „Ausdeutung“ von Menschen erlaube. Staatliches „profiling“,
also die „granulare Diskriminierung anhand von algorithmischen Profilen“ [49, S. 136]
könnte die Politikgestaltung stark verändern. Es könnten extrem individuelle Anreize für
bestimmtes Verhalten geschaffen werden, um politische Ziele effektiver zu verfolgen. Es
ist dann fraglich, wie solche singularisierten Behandlungen mit bisherigen Vorstellungen
von sozialer Gerechtigkeit zu vereinbaren sind.
Schließlich ermöglicht die Digitalisierung der Gesellschaft auch eine „Intelligenz-
Revolution“ [49, S. 65], indem intelligente Maschinen weniger intelligente Arbeitsplätze
übernehmen können, auch im Öffentlichen Sektor. Durch die Automatisierung von Pro-
zessen, auch von Analyse- und Entscheidungsfunktionen, wird teilweise die menschliche
Arbeitskraft ersetzt. Die Arbeit verändert sich zudem durch den unterstützenden Einsatz
digitaler Medien und Maschinen. Dort, wo die Regeln des Arbeitsvollzugs durch Gesetze
und organisatorische Vorgaben beeinflusst werden können (siehe auch Abschn. 7.5),
werden zunehmend Kompetenzen im Umgang mit Büro- und Fachsoftware sowie quer-
schnittlich eingesetzten Medien (wie E-Mail-Programmen und Internet-Suchmaschi-
nen) erforderlich, und komplexe Aufgaben, die soziale Kompetenz erfordern, werden
Routineaufgaben nach und nach ersetzen. Der effektive Einsatz von IT wird somit zur
umfassenden digitalen Kompetenz und kann die menschlichen Möglichkeiten deutlich
erweitern. So können körperliche Handicaps durch Maschinen teilweise ausgeglichen
240 R. Heuermann et al.

werden und Tätigkeiten, die auf Daten- und Informationsrecherchen aufbauen, schneller
und mit größerer Reichweite vollzogen werden.
Im engeren Sinne hat die digitale Kommunikation Auswirkungen auf die Sprachkom-
petenz der Kommunikationsteilnehmer: 62 % der Sprachwissenschaftler gehen davon
aus, dass die digitalen Medien einen Einfluss auf die deutsche Sprache haben, gerade
über die vermehrte Verwendung von Abkürzungen, Floskeln, neuen Wörtern und kur-
zen Sätzen sowie Anglizismen [28, S. 3 f.]. Die vermehrte Nutzung digitaler Medien
zur Kommunikation kann zu Problemen mit der Rechtschreibung (z. B. Ignorieren von
Groß- und Kleinschreibung), Interpunktion und Grammatik (z. B. vereinfachter Satz-
bau, Kürzungen von Endungen, Neologismen) führen [28, S. 4 f.]. Gleichzeitig ist es
möglich, dass sich bei den Teilnehmern der digitalen, vernetzten Kommunikation ein
größerer Wortschatz aufbaut [28, S. 9], da sich die Reichweite der Kontakte und der
wahrgenommenen Sprachmodi vergrößert.

7.3.4 Verhalten und Einstellungen

Die Verbreitung des Internets führt zu individuellen und sozialen Verhaltensänderungen,


die über die Kommunikation im engeren Sinne hinausgehen. Nicht nur bietet das Internet
die Möglichkeit zur jederzeitigen Informationssuche sowie zur geschickten Selbstdarstel-
lung und -vermarktung, sondern es können in einem einzelnen Medium alle Lebensstati-
onen mittels Briefen, Nachrichten, Filmen oder Urkunden dokumentiert werden. Daten
lassen sich einfach miteinander austauschen, sodass die Zusammenarbeit in Projek-
ten und bei anderen Vorhaben in vielerlei Hinsicht vereinfacht wird. Bisher ungenutzte
Kreativitätspotenziale können ausgeschöpft werden. Die digitale Wirtschaft ermöglicht
Geschäftsmodelle, die Branchenstrukturen und die Arbeitswelt mitunter disruptiv verän-
dern. Arbeitsverhältnisse werden insgesamt flexibler. Es findet eine „Entgrenzung“ von
Arbeit statt, das heißt, es entsteht eine fließende Grenze zwischen Arbeit und Freizeit,
und Formen des „Crowdworking“ und der ortsflexiblen Tätigkeit nehmen zu [8, S. 8].
Die fehlende Trennung von Arbeit und Privatleben kann jedoch auch negative Aus-
wirkungen haben: Durch die sich weiter verbreitende Erwartungshaltung der ständigen
Erreichbarkeit, einen in dieser Hinsicht verstärkten Gruppendruck, können Zeitdruck
und Stress entstehen [80, S. 13]. Auch droht eine Internetsucht, also ein ständiges Verlan-
gen nach neuen Informationen und eine ständige Angst, etwas zu verpassen. Die so alles
durchdringende Verbreitung von Computern ist unter dem Begriff des „pervasive compu-
ting“ bekannt. Ständige digitale Kommunikation kann zu einer auf Dauer nicht befriedi-
genden Konsumhaltung führen, die im Gegensatz zu befriedigenden „Flow-Zuständen“
steht, die durch Kreation hervorgerufen werden [19, S. 54]. Persönliche Glücks- und
Wohlfühlmomente werden durch die so genannte „FOMO“ (fear of missing oppor-
tunities) entwertet, also der ständigen Suche nach noch besseren Angeboten, seien es
Schnäppchen in der Warenwelt oder Kontakte und Partys in der sozialen Welt. Die perma-
nente Nutzung digitaler Medien, insbesondere von Smartphones, fördert die Bewegung
7 Wirkungen und Erfolge der Digitalisierung 241

des „quantified self“, also der Messung und Optimierung persönlicher Leistungen im All-
tag, wie z. B. der beim Fahrradfahren zurückgelegten Kilometer oder erreichter Zeiten.
Dies kann über den Vergleich der eigenen Daten mit denen anderer in sozialen Netzwer-
ken motivierend wirken, aber auch zu Abhängigkeiten und einer subtilen Verhaltenssteue-
rung führen.
Der Rückgang persönlicher zugunsten weitgehend digitaler Kommunikation kann
negative gesundheitliche Folgeerscheinungen wie Schlafstörungen, Einsamkeit, Angst
und sogar Depressionen mit sich bringen [33, S. 167]. In Extremfällen von Inter-
net- und Computerspielsucht können sich in der Folge weitere ernste gesundheitliche,
soziale und psychische Folgen entwickeln, wie z. B. Abkapslung, die Änderung von
Denkmustern oder gänzlicher Kontrollverlust [7, S. 170–177]. Bei Kindern kann durch
die starke, einseitige Nutzung digitaler Medien eine Entwicklungsstörung eintreten,
denn für das Wachstum des Gehirns sind verschiedene Sinneseindrücke verantwortlich,
während mit Smartphones, Tablets und Laptops im Wesentlichen nur die Sehkraft und
der Hörsinn angesprochen werden und weniger das Tasten, Schmecken, Riechen oder
der Schwerkraftsinn. Somit wird möglicherweise ein späteres erfolgreiches Lernen der
Kinder gehindert [57]. Ein zu früher Umgang mit Smartphones in der Jugend bei feh-
lenden motorischen, nicht-digitalen Erfahrungen [33, S. 167] kann zu Sprachentwick-
lungsstörungen und Störungen der Empathie führen. Kinder und Jugendliche können
sich teilweise z. B. nicht auf ihre Hausaufgaben konzentrieren, da sie durch Smartpho-
nes abgelenkt werden [33, S. 172]. Auch findet mittlerweile Cyberkriminalität sowie
„digitale Gewalt“ einige Verbreitung: Von sogenanntem Cyber-Mobbing, Bullying
oder Happy Slapping sind 34 % der deutschen Jugendlichen betroffen [7, S. 132–135].
Schließlich kann der vereinfachte Zugang aller Altersgruppen zu kostenlosem Gewalt
verherrlichendem oder pornografischem Material zu problematischen Verhaltensän-
derungen führen, wie z. B. zu Pornosucht oder zu aggressivem Verhalten aufgrund der
Trivialisierung von Gewalt [7, S. 148–157]. Öffentliche Entscheidungsträger sollten also
insgesamt über Effekte der Digitalisierung reflektieren und entsprechende Maßnahmen
im Sinne des Gemeinwohls treffen.

7.4 Veränderungen in der Verwaltung

Roland Heuermann

7.4.1 Organisatorische Wirkungen

IT-Werkzeuge sind „nur“ Hilfsmittel der Sacharbeit und der Organisation, sie ermög-
lichen aber teils ganz neue Arten und Qualitäten von Abläufen oder der Facharbeit in
der Verwaltung. Unabhängig von der Digitalisierung hat die Zeit ab den 1990er Jah-
ren einige Innovationen in die Verwaltung gebracht, hierzu gehörten die in Tab. 7.6
242 R. Heuermann et al.

Tab. 7.6 Große Reformkonzepte der Verwaltungsmodernisierung auf allen Ebenen. (Eigene Dar-
stellung)
Reformidee Zeit/Verantwortliche Zentrale Ideen, Besonderheit
Gebietsreform in Kommunen, Kommunalreform in 1967– • Drastische Reduzierung
Struktur der Bundesländer 1978, Abstimmung in Berlin- der Zahl der Gemeinden, in
Brandenburg in 1996 geringerem Umfang auch der
kreisfreien Städte
• Gescheiterte oder „einge-
schlafene“ Anläufe der Kon-
solidierung, z. B. „Nordstaat“
und per Volksentscheid abge-
lehnter Zusammenschluss
Berlin-Brandenburg
Neues Steuerungsmodell, 1990er Jahre, KGSt, Kommu- • Kostentransparenz durch
„Tilburger Modell“ nen und später Länder Kosten-/Leistungsrechnung
• Dezentrale Verantwortung,
zentrale Rahmenvorgaben
• Ergebnis-/Produktverantwor-
tung
Schlanker Staat Bund in der „Kohl-Ära“, • Deregulierung
1995–1998 Sachverständi- • Zurückfahren der Staatsquote
genrat • Privatisierung, z. B. Post,
Lufthansa, Telekom, Bahn
Aktivierender Staat Bund in „Ära Schröder“ ab • Mehr Selbstregulierung der
1999 Gesellschaft statt staatlicher
Vorgaben
Vernetzte und transparente 2. Amtsperiode Merkel, 2010 • Mehr Serviceorientierung der
Verwaltung Verwaltung

wiedergegebenen Konzepte. Diese teils auf Bundesebene formulierten Vorhaben hat-


ten Entsprechungen auf Landesebene, wobei sowohl Details der Konzepte wie auch
der Grad der Umsetzung ganz erhebliche Unterschiede aufweisen. So gibt es z. B. auf
Bundesebene keinen produktorientierten Haushalt, in Hessen und manchen Kommunen
aber sehr wohl. Auf Bundesebene gibt es keine durchgehende Kosten-/Leistungsrech-
nung, in einigen Bundesländern aber schon. Im Ergebnis gibt es auf Bundesebene derzeit
noch kein dem Anspruch vieler Kommunen und einiger Länder entsprechendes Niveau
an systematischer „konzernweiter“ Steuerung der Verwaltung aller Behörden. Mehr als
ein guter Anfang ist aber schon gemacht, z. B. im Bereich der Konsolidierung von Ver-
waltungsleistungen in Service Centern wie der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben
(BIMA) und dem Bundesverwaltungsamt (BVA).
Die Wirkungen schon der frühen Digitalisierung betreffen mehr oder weniger alle
Bereiche der Steuerung und der Sacharbeit in Behörden, besonders intensiv die quer-
schnittlichen (Büro–)Verwaltungsbereiche Organisation, Personal, Haushalt und die
7 Wirkungen und Erfolge der Digitalisierung 243

vielfältigen fachlichen Funktionen der Verwaltung, aber in mehr oder weniger starkem
Ausmaß auch operative Außentätigkeiten. Durch die Programme „Bundonline“ (auf
Bundesebene seit 2000) und Mediakomm@transfer (in Kommunen, von 1999 bis 2003)
wurde zu Beginn praktisch stark auf die Außendarstellung der Verwaltung auf Home-
pages und die Bereitstellung nicht-interaktiver Informationen und Verwaltungsdoku-
mente geachtet, während später zunehmend interaktive Services hinzukamen, siehe auch
Geschichte der Digitalisierung in Abschn. 2.3.1. Tab. 7.7 enthält schlagwortartig eine
systematische Darstellung der Wirkung auf die Organisation.
Über diese Querschnittswirkungen hinaus sind neben den für die Kernverwaltung ein-
gerichteten IT-Dienstleistern einige neue Behörden bzw. Organisationseinheiten für Spe-
zialaufgaben gegründet worden. Die beiden bekanntesten sind:

• BSI (Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnologie), gegründet 1991


• Vierte Teilstreitkraft der Bundeswehr zur Cyber-Abwehr (siehe Abschn. 5.3)

Darüber hinaus gibt es zahlreiche, teils im Abschn. 6.1 dargestellte Lehrstühle und in
Abschn. 6.1.2 erwähnte Forschungseinrichtungen zu Themen der Digitalisierung.

7.4.2 Wirkungen auf Inhalt und Form von Services

Carsten Jürgens

7.4.2.1 Übersicht
Die vom Öffentlichen Bereich erbrachten Verwaltungsleistungen sind teils das Ergebnis
u. a. digital unterstützer Arbeitsabläufe (i. F. Prozesse), teils beinhalten sie selbst z. B.
als Teil der Kommunikation mit Bürgern, Unternehmen oder anderen Behörden digitale
Medien. Die Digitalisierung wirkt also doppelt: Einerseits unterstützt sie die verwal-
tungsinterne Leistungserbringung, ohne selbst direkt mit dem „Kunden“ der Verwaltung
in Kontakt zu kommen. Andererseits kommen aber auch „Kunden“ der Verwaltung direkt
auf digitalen Kanälen mit eventuell digitalen Medien der Verwaltung in Berührung und
nutzen diese, z. B. interaktive Web-Oberflächen oder digitale Offline-Dokumentenfor-
mate. Der verwaltungsinterne Teil der Digitalisierung ist praktisch meist die zwingende
Voraussetzung dafür, dass die digitale Interaktion der Verwaltung mit Außenstehenden
effizient gestaltet werden kann. Tatsächlich ist im Zuge der E-Government-Euphorie
gelegentlich dem digitalen Außenkontakt erste Priorität eingeräumt worden, während die
Verwaltung intern mit Medienbrüchen arbeitete und/oder parallel zum digitalen Zugang
weitere analoge Kommunikationskanäle abdecken muss, siehe Abschn. 2.4.
Die zunehmend IT-gestützte Serviceerbringung im Öffentlichen Bereich hat sich im
Laufe der Digitalisierung nicht gleichmäßig über alle Services, nicht in allen Behör-
den gleich schnell und auch nicht überall mit der gleichen Qualität ergeben. Ein schö-
nes, Außenstehenden sofort auffallendes Beispiel für die Ungleichzeitigkeit ist die
244 R. Heuermann et al.

Tab. 7.7 Organisatorische Wirkungen der Digitalisierung in der Verwaltung. (Eigene Darstellung)
Organisationsobjekt Digitalisierungsangebot Wirkung/Beispiele
Aufbaustruktur • Örtlich verteiltes Arbeiten selbst • Telearbeitsplätze
bei eng verzahnten Prozessen • Videokonferenzsysteme
möglich • Potenzial für „handwerklich“
• IT-Service-Center, IT-Dienst- leichtere und schneller zu
leister vollziehende Fusionen von
• In vielen Behörden spezielle Behörden/Gebietsreformen
Referate/Abteilungen für IT-
Fachverfahrensbetreuung
Abläufe/Arbeitsprozesse • Automatisieren von Arbeitsab- • Umläufe digitaler Akten
läufen und Verbesserung Ablauf- • Automatisch erstellte Doku-
geschwindigkeit und mögliche mentationen und Bescheide
Arbeitsmenge
• Workflow-Denken und -steue-
rung
Einkauf und Verkauf, • Elektronische Verkaufsplattfor- • Homepages von Behörden
Marketing men und Gebietskörperschaften
• Einkaufs-/Vergabeplattformen, • Vergabeplattformen der
immer größere Rahmenverträge Öffentlichen Hand
eingekaufter IT-Hard-/Software
sowie Leistungen
• Infoportale, u. a. Homepages
Städte
Entscheidungsunterstützung • Kosten-/Leistungsrechnung und • This book CRC Take care-
und Entscheidungen Statistik-Systeme für Reporting Sehr leistungsfähige Kosten-/
• Algorithmen steuern Arbeits- Leistungsrechnung und
einsätze, manche nennen das Controlling-Systeme
„Algokratie“ [35, S. 271] • This book CRC Take
care„Cockpit“-Systeme
Behördliche Korrespondenz • Alle digitalisierungsfähigen • Einreichen von Anträgen,
Kanäle erhalten digitalen Gerichtssachen usw.
Zugangsweg
Logistik • Sendungsverfolgungssysteme • Lagerhaltungssysteme
• Autonome Transportfahrzeuge
Produktion/Sacharbeit • Selbststeuernde cyber-physische • Automatisierung und Virtu-
Systeme mit Sensoren und alisierung, teils beginnend
Aktoren in Industrie 4.0 und auch Clouds
Smart Citys
• Assistenzsysteme
Transparenz • Einblick in Aufbaustruktur, • Informationsfreiheitsgesetz
Aktenpläne und Haushaltsdaten über Internetplattformen
• Extra aufbereitete Sichten auf Ver- • „Open-Government“-Ange-
waltungsdaten für Internetnutzer bote aufbereiteter Information
• Einblick in Akten(-auszüge)
Wirtschaftlichkeit • Make-or-buy-Entscheidungen • Größere Zahl an Alternativen
7 Wirkungen und Erfolge der Digitalisierung 245

Einführung von E-Akten, die teils sogar in der gleichen Behörde zu unterschiedlichen
Zeitpunkten erfolgte, sodass man sowohl klassische Boten mit ihren Papierwägelchen
zweimal täglich Akten herumfahren sah, wie auch Behördenmitarbeiter an Computerar-
beitsplätzen. Der seit mittlerweile mehreren Jahrzehnten laufende Trend steigt stetig und
lässt sich unter folgenden Gesichtspunkten betrachten:

a) Inhalt der Services: Welche Leistungsinhalte werden erbracht?


b) Auswahl und Gestaltungsmöglichkeit der Kunden-Behörde für den ihrem Verwal-
tungsverfahren zugrunde liegenden IT-Service.
c) Personalisierungsmöglichkeiten von Bürgern und Unternehmen.
d) Erbringungsform, -ort und -zeit.

7.4.2.2 Leistungsinhalte der Services


Die möglichen inhaltlichen Wirkungen auf Verwaltungsservices durch digitale Erbrin-
gung werden in Tab. 7.8 systematisch gegliedert und mit Beispielen erläutert.

7.4.2.3 Gestaltungsmöglichkeiten des Services durch die erbringende


Behörde
Zu Beginn des Einzugs von Computern in die Verwaltungswelt hat vermutlich der Groß-
teil aller Behörden die damals vom Umfang im Vergleich zu heute her geringeren Anteile
von IT-Services im Verwaltungsverfahren selbst erstellt. Der IT-Anteil an den Arbeiten

Tab. 7.8 Mögliche Wirkungen der Digitalisierung auf den Inhalt von Service. (Eigene Darstel-
lung)
Digitale Verwaltungsservices Beispiele
Abwicklungsoptimierung von Services • Komplett medienbruchfreie elektronische Abwick-
lung von Verwaltungsvorgängen
Anreicherung bisheriger Produkte mit • Personalausweis mit elektronischer Authentifizie-
zusätzlichen Mehrwertfunktionen rungsfunktion EID
Ersatz bisheriger Produkte • Digitale Zahlungsvorgänge
• Elektronische Vergabeplattformen
• Verkaufsplattformen des Zolls oder der Justiz für
beschlagnahmte Waren und Güter
Gänzlich neues Produkt • Webseiten der Städte mit Informationsangeboten
• Soziale Kontaktforen wie „digitale Dörfer“
• Digitale Parkplatzreservierung öffentlichen Park-
raums
Hybrides Produkt • Steuerformulare ELSTER, wenn ergänzend Papier-
belege eingereicht werden müssen
Paralleles Produkt • Steuerformulare ELSTER, sofern keine Papierbe-
lege eingereicht werden müssen
Unverändert in digitaler Form angeboten • Antragsformulare zum Ausdrucken
246 R. Heuermann et al.

im Verwaltungsgang beschränkte sich erst einmal auf den Ersatz der bisher mit Schreib-
maschinen erbrachten Arbeit an Texten. Von da aus haben IT-Services einen immer grö-
ßeren Anteil am jeweils ganzen Verwaltungsverfahren „erobert“, z. B. die komplette
elektronische Aktenführung mit der E-Akte, die Speicherung und die Recherche bei
fachlichen Datenbeständen, ggf. den Abgleich und die Plausibilitätskontrolle innerhalb
der behördlichen Daten selbst sowie bei durch Dritte eingereichten Daten usw.
Seit dieser Zeit hat es in allen Ebenen der Verwaltung (Bund, Länder und Kommen)
Bestrebungen zur Konsolidierung von IT-Services und darüber hinaus von Dienstleis-
tern, die gemeinsame Entwicklung von Softwareprodukten und -plattformen gegeben.
Niemand dürfte zu dieser Zeit einen statistischen Überblick über die Zahl digitalisierter
Verfahren und die Tiefe des durchschnittlichen Digitalisierungsgrades in den Verfahren
haben, weil es schon an einem standardisierten Überblick der Anzahl aller Verwaltungs-
verfahren6 und einer verbindlichen Festlegung des Begriffes „Verwaltungsverfahren“
(was gehört dazu, wann beginnt das nächste Verfahren?) fehlt. Kennzahlen wie „%-digi-
talisierter Verwaltungsverfahren“ und „%-Satz durchschnittlicher digitaler Abdeckung
aller Tätigkeiten innerhalb eines Verwaltungsverfahrens“ könnten etwas über den Fort-
schritt der Digitalisierung sagen, lassen sich aber mangels verfügbarer Daten nicht
berichten.
Mittlerweile werden – ohne dass hierfür genau Statistiken vorliegen – die meisten
kleinen Behörden bei einem Großteil der Fachverfahren und der OPH-(Organisation,
Personal, Haushalt)Verfahren vermutlich die Software nicht mehr selbst aussuchen kön-
nen oder in der Auswahl praktisch sehr eingeschränkt sein, weil sie diesen Service von
Service Centern oder gemeinsamen IT-Dienstleistern beziehen und „Sonderlocken“ auch
erkennbar zu höheren Gebühren führen würden. Die Eigenerbringung sollte bei korrek-
ter Ermittlung der Selbstkosten immer dann erheblich teurer sein als die Angebote der
konsolidierten größeren Öffentlichen IT-Dienstleister, weil diese den Vorteil der Erfah-
rungskurve, d. h. geringere Grenzkosten mit steigender Menge, und die Aufteilung der
Fixkosten auf alle nutzenden Behörden auf ihrer Seite haben (vgl. Beispiel für dramati-
sche Reduzierung der Entwicklungskosten für eine Einwohnermeldeamts-Software der
Stadt Goch bei Fremdbezug in Abschn. 8.2.6). Die inhaltliche Gestaltung der Fachver-
fahren wird – aus den gleichen Gründen – bei Nutzung der gleichen Softwareplattform
nur noch zum Teil möglich sein (s. Tab. 7.9 für einen kurzen Überblick).

7.4.2.4 Personalisierungsmöglichkeiten von Services für Bürger und


Unternehmen
Über „digitale Bürgerkonten“, die in den meisten Bundesländern schon existieren und
über die kommunalen Services zu erreichen sind (siehe für personenbezogene Lebensla-
gen Abschn. 3.1.2.2), besteht die Möglichkeit einer sehr weitgehenden Personalisierung
von Verwaltungsleistungen. Nicht nur der Zugriff auf den Dienst als solchen, sondern

6In 2015 wurde das Vorhaben einer nationalen Prozessbibliothek wegen mangelnder Mittel beendet.
7 Wirkungen und Erfolge der Digitalisierung 247

Tab. 7.9 Grade der Auswahl- und Gestaltungskompetenz von Behörden für IT-Services. (Eigene
Darstellung)
Einwirkungsmöglichkeit Verfahren Software Beispiele
Volle Freiheit Ja Ja • Große Behörden, z. B. Bun-
desagentur für Arbeit
• Kleine Behörden, wenn sie
von niemandem sonst benö-
tigte Spezialsoftware einsetzen
müssen
Nur Verfahrensfreiheit, Ja, z. B. eigene Akten- Nein • Plattformbindung, z. B. Nutzer
Software ist vorgegeben pläne und Umläufe, von E-Akten-Services und
eigene Kontenpläne SAP-Services über behörden-
interne SAP-Plattformen
Weder Gestaltung des Nein Nein • Kleine Behörden z. B. im
Verfahrens noch Auswahl Kommunalbereich
der Software • Mitnutzende Behörden bei
Fachverfahren anderer
• Nutzende Behörden für
bestimmte E-Government-
Services

darüber hinaus die Abwicklung könnte individuell sein. Nachdem ein digitales Profil –
im Minimum zumindest wesentliche Personaldaten oder Daten des Unternehmens – in
der Behörde vorhanden ist, könnten sich diese Informationen mit den Erkenntnissen
der Behörde über typische, unter dem Stichwort „Lebenslagen“ beschriebene Bedarfe
nach Behördenservices verbinden und diese Services proaktiv anbieten oder sogar adap-
tiv gestalten. Abb. 7.5 zeigt personenbezogene Lebenslagen. Unternehmensbezogene
Lebenslagen fehlen hier, sie lassen sich in ähnlicher Weise darstellen.
Datenschutzrechtliche Aspekte außen vor, könnten die Behörden über die ihnen schon
aus dem behördlichen Kontakt hinaus bekannten, eventuell aus sozialen Medien erkenn-
baren Lebensereignisse wie z. B. Verlobung, Jobsuche, Umzug usw. einzelner Bürger
und Unternehmen zum Anlass nehmen, aktiv auf sie zuzugehen. In Smart Citys könn-
ten darüber hinaus digitale Angebote wie z. B. Parkplatzreservierung, freie Karten städ-
tischer Opernhäuser und Theater jeweils einschlägig interessierten Personen über den
Kreis bisher schon registrierter Kunden hinaus gezielt angeboten werden. Bisher meist
rein kalendarisch bestimmte Verfahrensweisen (z. B. Zusenden papierener Steuerformu-
lare) können durch weitere digitale oder nicht-digitale Services ergänzt werden – über
das „Ob“ und „Wie“ könnten die Bürger und Unternehmen selbst entscheiden, indem sie
einer Vernetzung zustimmen oder nicht.
Die Attraktivität Öffentlicher Portale soll durch die Vernetzung untereinander (in
3/2017 bereits geplant) gesteigert werden, darüber hinaus ist über das Dazunehmen
von Angeboten jenseits der Dienste in der Kernverwaltung nachzudenken, z. B. aus der
248 R. Heuermann et al.

Abb. 7.5 Lebenslagen nach Eintrittsalter und Ereignisketten. (Quelle: [40, S. 23])

Angebotspalette „digitaler Dörfer“. Diese sollten allerdings nicht durch eine via Bürger-
konto mögliche Authentifizierung ebenfalls auf gleiche Weise personalisiert werden kön-
nen, hier sind ggf. separate Authentifizierungen einzurichten.

7.4.2.5 Erbringungsform, -ort und -zeit


7.4.2.5.1 Veränderungen der Services VOR einer Digitalisierung
Die Digitalisierung eröffnet nicht nur für die Inhalte, sondern auch für die Form, den Ort
und die Zeit neue Möglichkeiten. Vorausgesetzt und hier nicht weiter betrachtet wird,
dass jede der nachfolgend beschriebenen Formen der digitalen Services vor ihrer Einfüh-
rung im besten Fall eine Organisationsuntersuchung der Abläufe hinsichtlich der Mög-
lichkeit

• des kompletten Wegfalls von Verfahren wegen Verzichts auf behördliche Prüfungs-,
Genehmigungs- oder Versagenstatbestände,
• einer Verkürzung, Verlängerung oder des kompletten Entfalls von Fristen,
• des Wegfallens von Schriftformerfordernissen, von Unterschriftserfordernissen und
von Zahlungserfordernissen (Gebühren usw.),
7 Wirkungen und Erfolge der Digitalisierung 249

Abb. 7.6 Arten und Gründe für Rechtsformvorschriften und persönliches Erscheinen. (Quelle:
nach [9, S. 14, 30 ])

• des Verzichts auf persönliches Erscheinen, siehe zu den Gründen Abb. 7.6.
• unterschiedlicher Gebühren je nach gewähltem Zugangsweg und eingereichter
Medien, z. B. Gebührenvorteile bei digitaler Einreichung.

Die hieraus resultierenden zahlreichen Veränderungen in Verwaltungsverfahren sind


nicht der Digitalisierung selbst geschuldet, sondern Folgen der Selbstverpflichtung der
Verwaltung zu Aufgabenkritik und wirtschaftlicher Optimierung anlässlich jeder grö-
ßeren Investitionsmaßnahme. Oft sind jedoch Auslöser aktueller Untersuchungen, z. B.
Kritik an der ausbaufähigen Akzeptanz von E-Government-Lösungen, mithin doch Digi-
talisierungsthemen. Hier sind einige Initiativen der Bundesregierungen und der Län-
der zu beobachten, die unter dem Stichwort „Entbürokratisierung“ u. a. die zahlreichen
Meldepflichten für Unternehmen sowie z. B. die Erfordernisse für Unterschriften und
persönliches Erscheinen prüfen. Die auf diesem Wege erzielbaren Erleichterungen sind
jedoch meist überschaubar, z. B. nur ca. 3 % kompletter Wegfall des Schriftformerfor-
dernisses bei untersuchten 2872 Rechtsvorschriften in einer Untersuchung des Bundes
250 R. Heuermann et al.

im Jahr 2016 [9, S. 14]. Immerhin 483 Rechtsvorschriften (ca. 17 %) eigneten sich dafür,
statt bisher händisch künftig digital zu erfolgen.

7.4.2.5.2 Veränderungen der Form eines Services


Die digitale Erbringungsform von Verwaltungsservices kann im Vergleich zur bisherigen
Form eine

• digitale Kopie mit oder ohne Ersatz der händischen Unterschrift durch digitale Signa-
tur,
• interaktive, evtl. sogar adaptive Variante

sein. Die digitale Kopie bisher analoger Verfahren bzw. bisheriger papiergebundener
Unterlagen ist der „primitivste“ Fall der Digitalisierung. Wenn parallel zu dem digita-
len Weg auch noch der bisherige analoge Weg beibehalten wird, neigen viele Behörden
dazu, die digitale Variante von Formularen als „1:1“-Kopie der analogen Version zu
belassen. Dies kann man z. B. weitgehend (2016) an den Steuerunterlagen im Elster-Ver-
fahren sehen. Fortgeschrittener ist es, die Möglichkeiten einer adaptiven Verkürzung der
Formulare und Verfahren je nach dem Inhalt bisherigen Eingaben vorzunehmen. Ergän-
zend könnte hierzu ein weiterer Vorteil kommen: Im Falle der Nutzung gemeinsamer
Stammdaten in verschiedenen Behörden könnten bestimmte Teile von Formularen, z. B.
der Name, die Adresse und andere persönliche Stammdaten bereits intelligent vorbefüllt
angeboten werden – und dies nicht nur wie bei den Steuerformularen von Elster dann,
wenn man das Formular selbst schon einmal in früheren Einreichungsvorgängen schlau
gemacht hat, sondern auch in erstmalig benötigten Dokumenten ganz anderer Behörden-
angelegenheiten.
Eine weitere Steigerungsmöglichkeit wäre auch die individuelle digitale Betreuung
des freiwilligen, aber auch der unfreiwilligen Verwaltungskunden durch intelligente digi-
tale Assistenzsysteme. Das Thema ist bereits kurz in Abschn. 7.2.4.3 über Künstliche
Intelligenz und bei „händischen“ Services auch im Abschn. 7.2.5 über humanoide Robo-
ter dargestellt worden und wird hier deshalb nicht weiter ausgeführt.

7.4.2.5.3 Veränderung der örtlichen und zeitlichen Erbringung


Aufgrund der durch digitale Verfahren gegebenen Möglichkeit des dezentralen Zugangs
zu Verwaltungs-Fachverfahren sind zwei alternative oder ergänzende Möglichkeiten der
örtlichen Ausdehnung von Verwaltungsleistungen denkbar:

1. Virtuelle Rathäuser, die in jeder Privatwohnung oder im Betrieb web-basiert über den
eigenen Internet-Zugang mit Zugriff auf die öffentlichen Seiten der Behörden angeboten
werden. Alternativ dazu gibt es KIOSK-Systeme zur Selbstbedienung von Verwaltungs-
kunden, die keinen eigenen digitalen Zugang haben, praktisch spielen nur die virtuellen
Rathäuser über den eigenen Internet-Zugang heute noch eine Rolle. KIOSK-Systeme,
die es früher vereinzelt als spezielle Hardware gab, waren ortsfest und eigneten sich
7 Wirkungen und Erfolge der Digitalisierung 251

wegen der Gefahr des Vandalismus nur für eine Aufstellung in besonders beobachteten
Bereichen, in Bonn z. B. wurde ein solches System im Eingangsbereich des Rathauses
aufgestellt.
2. „Rollende Rathäuser“, die in „dünner Fläche“ schwach besiedelter Gebiete z. B.
Nord- und Nordostdeutschlands in Kommunen ohne eigene Verwaltungseinrich-
tung tageweise vor Ort sein können – aber auch Großstädte wie Düsseldorf haben
sie ausprobiert – und dank der digitalen Anbindung in unterschiedlichem Umfang
auch ansonsten ortsgebundene Verwaltungsleistungen mit Bedarf nach persönlichem
Erscheinen oder intensiverem Beratungsbedarf erbringen. Beispiele für solche teils
nur zeitweise als Pilot betriebene oder noch bestehende Einrichtungen sind Mendig,
Friedeburg, Remagen, Düsseldorf und Neuss.

Das zeitliche Angebot digital unterstützter „klassischer“ Verwaltungsverfahren kann


im Fall vollautomatischer behördlicher Bearbeitung oder bei Betrachten nur des Ein-
gangswegs vom Kunden zur Verwaltung praktisch 7 × 24 h betragen. Da in „rollen-
den Rathäuser“ Beschäftigte der Verwaltung arbeiten, ist die Möglichkeit der zeitlichen
Ausdehnung des Services praktisch genauso begrenzt wie bei der klassischen ortsfesten
Erbringung, auch wenn es hier manchmal Angebote auch zu sonst unüblichen Tageszei-
ten geben mag.

7.5 Politische Veränderungen

Roland Heuermann

7.5.1 Gestiegene Bedeutung von Digitalthemen für die Politik

Das Thema „Digitalisierung“ ist „mental“ spätestens ab ca. 2013 mit besonderer
Wucht in den Spitzengremien der Bundespolitik und den Programmen größerer Par-
teien Deutschlands „angekommen“. Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach noch am
19.06.2013 anlässlich eines Besuches des damaligen US-amerikanischen Präsidenten
Barack Obama davon, dass das Internet „doch für uns alle Neuland“ sei. Unter anderem
in Folge solcher Aussagen waren die zu diesem Zeitpunkt vermutlich geringe digitale
Kompetenz der deutschen Regierungschefin und ihr sorgloser, im Zuge der sog. NSA-
Affäre 2015 aufgedeckter Umgang mit dem eigenen Smartphone auf IT-Branchenmessen
und in den sozialen Medien Anlass für viel Spott und Unverständnis [60]. Unabhängig
hiervon kritisierte in 2015 auch die Internetbotschafterin der Bundesregierung, Gesche
Joost, öffentlich, dass die Politik zu wenig von den Wirkungen der Digitalisierung auf
das Berufsleben und die Berufsbiografie verstehe [30]. Die langjährig als Bundesjustiz-
ministerin, Staatssekretärin und dann Wirtschaftsministerin tätige Brigitte Zypris fragte
2007 in einer Kindersendung der ARD auf die Bitte, doch mal einige Browser zu nennen:
252 R. Heuermann et al.

„Browser? Was ist denn das jetzt noch einmal?“ [83]. Ein anderes oft zitiertes Statement
für geringes persönliches Interesse am Medium Internet ist die Aussage von Michael
Glos, von 2005–2009 Bundesminister für Wirtschaft und Technologie, „ich habe Gott sei
Dank Leute, die für mich das Internet bedienen“ [31].
Kurze Zeit nach der zu einem kleinen „Shitstorm“ des Spotts über Angela Merkel
führenden naiv klingenden Äußerung über das Internet, leitete man eine Reihe gesetz-
licher Maßnahmen ein – u. a. die E-Government-Gesetze – mit dem Ziel, u. a. die Ver-
waltung schneller zu digitalisieren und hier bis zum Jahr 2020 elektronische Akten
verpflichtend zu machen (vgl. zur Geschichte des Öffentlichen Managements der Digi-
talisierung Abschn. 2.3). Anders als in der Bundespolitik hat das Thema in einigen
Bundesländern schon früher, zumindest in seinen Wirkungen auf die Wirtschaft und pri-
vate Lebensbereiche, eine höhere Aufmerksamkeit gehabt, einige Bundesländer haben
auch weit früher als die Bundesebene die eigene IT-Erbringung konsequent konsoli-
diert (andere aber auch nicht). Digitalisierung ist aus mehreren Gründen ein politisches
Thema ersten Ranges geworden:

a) Sie bietet quer über Wirtschaft, Verwaltung und das private Leben ein weites Spekt-
rum neuartiger Services und neue Wege, alte Services zu ersetzen. Fast alle Klientel-
gruppen der politischen Parteien sind als private Nutzer, Beschäftigte, Unternehmer
usw. in der Doppelrolle als Kunde, Anbieter oder Interessensverband aktiv wie auch
passiv von den Wirkungen der Digitalisierung berührt. Demzufolge sind viele poten-
zielle Wähler und Lobbygruppen von Politikern inhaltlich betroffen.
b) Für ausgewählte Bereiche der Digitalisierung, das Angebot von „E-Government“-
Diensten, gibt es regelmäßige Vergleiche: a) EU-weit standardisiert [24], b) nur für
die drei Länder Deutschland, Österreich, Schweiz der „eGovernment-Monitor“, siehe
mehr Details in Abschn. 7.1. Deutschland belegt hier in den letzten Jahren keinen der
vorderen Plätze bei Nutzung und Angebot von E-Government-Services, gleichzeitig
ist die Abdeckung mit schnellem Internet ebenfalls rückständig und weit unter dem
Durchschnitt europäischer Länder. Dies muss gerade in Deutschland Aufmerksam-
keit erregen, weil man sich wegen der bedeutenden Rolle der Industrie und als vom
Export hochwertiger Leistungen lebendes Land auch als technologisch führender
Standort sehen möchte und gerade in der Schlüsselkompetenz Digitalisierung keinen
Spitzenplatz belegt.
c) Viele rechtlich relevante Themen in Wirtschaft, Verwaltung und Privatleben werden
berührt, die „Rechtssetzungsmaschine“ in Ministerien und Bundesparlament wird
nolens volens selbst beschäftigt mit Fragestellungen u. a. zu den manchmal gegen-
sätzlich wirkenden Zielen des Datenschutzes und der unternehmerischen Freiheit, der
informationellen Selbstbestimmung und der Bekämpfung von Kriminalität und Ter-
rorismus, der Beharrungskräfte von Bürokratie und der Innovation auch im Manage-
ment der Verwaltung.
d) Kurzzeitig trat mit der Partei „Die Piraten“ eine Partei mit bundespolitischem Anspruch
und oberhalb der 5-%-Hürde auf, die digitale Freiheitsrechte („Netzneutralität“)
7 Wirkungen und Erfolge der Digitalisierung 253

postulierte, digital unterstützte Formen nicht-hierarchischer innerparteilicher Demo-


kratie praktizierte und ein Stück Lebensgefühl mit einem für Außenstehende ähnlich
anmutendem Charakter wie die Grünen zu Beginn ihres Weges durch die Institutionen
zeigte. Das sehr plötzliche Erstarken dieser inzwischen praktisch wieder in der Bedeu-
tungslosigkeit verschwundenen Partei zeigte zumindest an, dass Digitalthemen sogar
wählerwirksam sein können und keine rein privaten oder technisch-wirtschaftlichen
Diskussionen sind.
e) Bis in den Kernbereich der Politik hinein haben erfolgreiche digitale Angriffe statt-
gefunden, z. B. auf die IT der Deutschen Bundestagsverwaltung, das Smartphone
der Bundeskanzlerin usw. Daneben gibt es ein laufendes Trommelfeuer von Angrif-
fen auf Bundesbehörden. Gleichzeitig wurde bekannt, dass auch die Bundesregierung
selbst Ausspähaktionen gegen befreundete Staaten unterstützt hat. Für das Thema „IT-
Sicherheit“ gab es ausreichend Gelegenheit, sensibilisiert zu sein.
f) Es gibt alarmierende Meldungen in den Medien und Szenarien aus seriösen Quellen
über die disruptiven Wirkungen der Digitalisierung für bisherige Arbeitsplätze und die
asymmetrische Wirkung auf bestimmte Berufsgruppen und Bildungsniveaus, Details
dazu in Abschn. 7.5.3.3.
g) Die IT-Wirtschaft in Deutschland – Hardware- und Software – ist eine bedeutende
Branche und beschäftigt ca. eine Million Erwerbstätige. Sie spielt zwar bei Konsu-
mentenprodukten weltweit keine bedeutende Rolle, im Bereich der Industrie- und all-
gemein Wirtschaftsprodukte ist dies aber teilweise anders.

Die Vielzahl dieser auf verschiedene politische Themenfelder wirkenden Aspekte der
Digitalisierung lässt erkennen, dass es nicht EINE Antwort der Politik und EINE Wir-
kung auf die politische Kultur eines Landes geben wird, sondern mehrere, die man
der besseren Übersichtlichkeit halber sortieren muss. Dies soll in den nachfolgenden
Abschnitten geschehen. Zunächst soll „Politik“ näher aufgeschlüsselt werden: Unter-
schieden werden soll zwischen

1. Politik als Gestaltungsmacht der politischen Akteure im gegebenen Wahlsystem, in


öffentlichen Ämtern und in ihrer Rolle als (Partei-)Politiker. „Politik“ wird hier im
speziellen rechtlichen Rahmen Deutschlands und der vordigitalen politischen Kultur
innerhalb der Gesellschaft gesehen. Dies soll im Abschn. 7.5.2 geschehen.
2. Politische Themenfelder und die Suche nach bestmöglichen Antworten für Herausfor-
derungen und Chancen, Details hierzu finden sich in Abschn. 7.5.3.

7.5.2 Kompetenzen, Abläufe und Kommunikation in der Politik

Politik ist einerseits ein gesellschaftlicher Diskussions- und Meinungsbildungsprozess


zu Fragen des Zustandes, der Befindlichkeit und der künftigen Gestaltung von Staat und
Gesellschaft, andererseits auch ein System zur Entscheidung über die Besetzung staatlicher
254 R. Heuermann et al.

Ämter, die Gestaltung des staatlichen Apparates und zur Durchsetzung politischer Meinun-
gen mithilfe der Machtmittel des Staates – u. a. durch in Gesetze geronnenen politischen
Willen – oder gesellschaftlichem Druck.
Zu Beginn jeder Politik steht also Kommunikation. Insofern sind alle medialen Mit-
tel, die massenwirksam sind und deren Gebrauch mit unterschiedlichem Geschick,
unterschiedlicher Intensität, unterschiedlicher Reichweite und unterschiedlichem Ziel-
publikum versehen werden kann, auch potenziell politisch relevant. Die Frage, ob digi-
tale Medien eine politische Wirkung haben könnten, lässt sich eindeutig bejahen. Es
fragt sich nur, welche. Schliesky sieht, angelehnt an andere Autoren, ein Schwinden
der „Bürgerlichen Öffentlichkeit“, wenn sich in sozialen Netzwerken „Club Zirkel“ als
geschlossene Nutzergruppen bilden, die – wie er sagt – „in der Regel nur zur Bestäti-
gung vorgefertigter Meinungen dienen“. Hierin sieht er ein „großes Problem für die
klassische Öffentlichkeitsfunktion des Parlaments“ [69, S. 17]. Eventuell kommen sol-
che fast alarmistisch anmutenden Meinungen nur dadurch zustande, dass man die paral-
lel zu Digitalisierung weiter bestehende vordigitale Welt nicht genau genug betrachtet:
Treffen von Mitgliedern im Parlament vertretener renommierter Parteien sind auch eher
Treffen der Selbstbestätigung, wie anders kämen sonst an 100 % reichende Stimmenan-
teile von Kandidaten für den Parteivorsitz von „Volksparteien“ zustande? Die Geschichte
des Buchdrucks, der Zeitungen, des Radios und des Fernsehens kennt Beispiele, wie sich
gerade in der Frühzeit dieser Medien einzelne Personen und Netzwerke kleiner Grup-
pen politische Vorteile verschaffen konnten, wenn sie diese Vorläufer-Medien geschickt
einsetzten. Teils war plötzlich ein neues Zielpublikum da – Konsumenten des neuen
Mediums – das geschickt angesprochen werden konnte. Umgekehrt wurde auch schon
im vordigitalen Zeitalter einzelnen Medien nachgesagt, den politischen Diskurs bestim-
mend zu beherrschen: Ein sprachlicher Reflex auf diese Situation in der neuesten, aller-
dings noch vordigitalen Zeit sind Begriffe wie „Fernseh-Demokratie“. Das Medium zieht
die inhaltliche Diskussion aus den sonstigen, z. B. parlamentarischen Foren ab und wird
selbst zum inoffiziellen Organ der Meinungsbildung. Beim Fernsehen ist es ja letztlich
nicht so, dass Talkshows den Deutschen Bundestag überflüssig gemacht und verdrängt
haben, aber sicher besitzt es eine große Beeinflussungsmacht. Aber anders als beim Fern-
sehen gibt es im Internet eine unüberschaubar große Zahl von „Sendern“, daher bedarf es
schon mehr als eines Auftritts im Internet, um das Parlament auszuhebeln.
Die Frage, ob die Digitalisierung mit der Möglichkeit für jedermann, sein Mei-
nung ohne großen Aufwand einem Millionenpublikum bekannt zu machen, der bishe-
rigen Politikerschicht oder den staatlichen Organen oder den klassischen Medien einen
Teil ihres Einflusses oder der Kompetenzen nimmt, ist die Frage nach der Macht über
die Digitalisierung und ihr zentrales mediales Verfahren, das Internet-System. Hier ist
entscheidend, ob jemand (eine Person, eine Partei oder der Staat) dieses Medium unter
seine Kontrolle bringen kann. Wenn „ja“, ist hierin durchaus eine Gefahr für die bishe-
rige Gesellschaftsordnung zu sehen und ein Vorteil für den Beherrscher der Medien. Da
das Internet als das zentrale digitale Medium der digitalen Nachrichtenverbreitung gera-
dezu „genetisch“ dezentral ist, eignet es sich jedoch gerade nicht für eine unentdeckte
7 Wirkungen und Erfolge der Digitalisierung 255

Machtübernahme, im Gegenteil: Selbst autoritäre und totalitäre Staaten wie die Volks-
republik China, Nordkorea und Iran tun sich schwer, das Internet für ihre Zwecke zu
„zähmen“ und umzufunktionieren. Es kann viel leichter als Fernsehsender und Zeitun-
gen dezentral gestaltet, aber auch dezentral angegriffen werden.
Das Gegenteil der Gefahr einer undemokratischen Machtübernahme durch Einzelne
scheint eher richtig: Das Internet bietet nach Meinung einiger die Chance zu mehr Rech-
ten des Individuums in der Demokratie. Tab. 7.10 zeigt unter dem Stichwort „Kompe-
tenzen“ Forderungen nach MEHR direkter und weniger repräsentativer Demokratie: Das
Mandat der als Mittler zwischen den Wählern selbst und der (Entscheidungs-)Macht
auftretenden politischen Parteien und der weisungsunabhängigen Abgeordneten ist
potenziell durch die praktisch deutlich erleichterten technischen Möglichkeiten direk-
ter politischer Teilhabe – Stichwörter sind „Online-Wahl“ und „Plebiszite“ – infrage
gestellt. Die Wirkungen für die Handlungsfähigkeit des Staates und der logischen Strin-
genz aufeinanderfolgender Entscheidungen in einem Szenario der „Fall-zu-Fall“-Ent-
scheidungen mögen aus Sicht der bisherigen Politiker nicht positiv sein – der Wähler
wird sich aber eventuell besser fühlen, weil er einen größeren Teil seiner Meinung in
öffentlichen Beschlusslagen wiederfindet.
Die Abläufe in der Politik selbst können durch Digitalisierung betroffen sein, wenn
man an den Einsatz digitaler Werkzeuge bei der Wahldurchführung – elektronische
Stimmabgabe über das Internet oder in der Wahlkabine – und der Auszählung denkt
(E-Wahlen). In der radikalsten Form könnte vorgeschlagen werden, jeden Wähler die
Stimmabgabe zu Hause am eigenen Eingabegerät durchführen zu lassen. Moderater sind
Vorschläge zum Einsatz elektronischer Erfassungssysteme für die Stimmabgabe in Wahl-
kabinen (jeder Wähler bei allgemeinen Wahlen) und in Parlament am Sitz des Abgeord-
neten. Diese Veränderungen des Ablaufs von Wahlen beeinflussen die Inhalte der Politik
direkt überhaupt nicht, allerdings eröffnen sie in unterschiedlichem Ausmaß technische
Möglichkeiten der Manipulation bei Stimmabgabe und der Wahlauszählung. Zumindest
die verbreitete Meinung über die Gefahr einer solchen Manipulation spricht noch heute
gegen deren Einsatz. In der Sache gibt es in Deutschland eine sich praktisch durch alle
großen, in Parlamenten mit Berufspolitikern vertretenen Parteien ziehende Ablehnung
gegen mehr direkt-demokratische Elemente. Rein technische Argumente für nun gege-
bene praktikable, d. h. auch billigere Möglichkeiten von Wahlen treffen diese Wider-
stände vermutlich nicht in ihrem Argumentationskern und werden daher vermutlich auch
nicht genutzt (Abb. 7.7).
Die breitesten Einflussmöglichkeiten via digitale Medien in der Politik sind in der
Kommunikation selbst zu suchen. Es gibt zahlreiche soziale Medien, in denen sich jeder
politisch äußern kann und deren Inhalt teils auch durch die klassischen Medien gesich-
tet wird. Auch Politiker, denen parallel zu den sozialen Medien auch klassische Medien
mit nahezu exklusivem Zugang (z. B. Fernsehen, Radio) offenstehen, nutzen diese neuen
Foren der Meinungskundgabe. Mit besonderer Aufmerksamkeit wurde verfolgt, was
Donald Trump als amerikanischer Präsident oft twitterte. Auch manche deutsche Poli-
tiker, wie z. B. der SPD-Justizminister Heiko Maas (2013 bis 2017), tun das, ohne dass
256 R. Heuermann et al.

Tab. 7.10 Wirkungen auf Kompetenzen, Abläufe und Kommunikation in der Politik. (Eigene
Darstellung)
Wirkungen Maßnahme/Forderung Evtl. Effekt und Konsequenzen
Kompetenzen + politische • Forderung nach mehr • Digitale Techniken ermöglichen
Rechte der Wähler Basisdemokratie bei mehr Teilentscheidungen in bisher
1) Gesetzgebung und ganzheitlichen Entscheidungs-
2) im Verwaltungsvollzug ketten
• Auflösen des All-Vertretungs- • Mehr Volksentscheide bis zum
anspruchs der Parteien, mehr Extrem permanenter Volksent-
direkte Demokratie scheide
• Delegation der Rechte von Wäh-
lern auf eine Person, eine Partei
oder Selbstwahrnehmung im „Do
it yourself“ State [36, S. 205] einer
digitalen Demokratie
Abläufe • Einsatz von Wahl-Computern • Die Auszählung einer Wahl ist
in Gebietskörperschaften schneller
• Online-Wahl des Wählers von • Der Zählvorgang ist nicht mehr so
zu Hause aus transparent wie analog und tech-
• Einsatz von Wahlcomputern nisch manipulationsanfälliger
in Parlamenten • Wahlen sind preisgünstiger und
ohne langwierigen Vorlauf durch-
zuführen
Kommunikation • „Bots“, die eine große Zahl • Manipulationsmöglichkeiten, die
gleichlautender Meinungen Reaktion darauf: Jeglicher Inhalt
vortäuschena wird erst durch „neutrale“ Instan-
• „Shitstorms“ zen auf Wahrheit überprüft
• Psychometrische Verfahren • Verbot oder freiwilliger Verzicht
zur Analyse von Wählerseg- auf Bots als Wahlkampfhilfec
menten und deren gezielter • Abgeordnete, die sich der
Anspracheb Beantwortung von Wählerfragen
• Foren wie „Abgeordneten- entziehen, werden manchmal an
watch“, die Erklärungsdruck den „Pranger“ gestelltd
gegen Politiker aufbauen
aBots sind allgemein Softwareprodukte, die fremde Rechner für eigene Aktionen kapern können

und dann verschiedene Aktionen, seien es automatisch erzeugte politische Meinungsäußerungen in


sozialen Medien oder auch kriminelle Aktionen, ausführen können. Hinweise zur Bekämpfung von
Bots gibt die Cyberabwehrbehörde ENISA der Europäischen Union
bDie Fa. Cambridge Analytica setzt eine angeblich wirksame Methode ein [6]
cZum Bundestags-Wahlkampf 2017 verzichteten mehrere Parteien auf den Einsatz von Bots [14],

ohne dass die Parteien aber eine formelle Vereinbarung darüber trafen
dBsp.: Der ehemalige Staatssekretär im BMF Steffen Kampeter, der deswegen einen Negativpreis

der Abgeordneten-Plattform Abgeordnetenwatch.de erhielt [12]


7 Wirkungen und Erfolge der Digitalisierung 257

Abb. 7.7 Digitale Hilfsmittel in Staat und politischer Gesellschaftsverfassung

ihnen das besonders angelastet würde. Der politische Effekt dieser Art der Kommunika-
tion eines Amtsträgers ist, dass kein Außenministerium und kein Berater mehr eingreifen
kann, wenn der Präsident von privaten Endgeräten aus Nachrichten versendet, statt das
Prozedere eines angemeldeten Interviews mit späterer Freigabe der schriftlichen Fassung
zu durchlaufen. Das Nutzen sozialer Medien von persönlichen Endgeräten aus eröffnet
der Spontaneität Schleusen – und auch der Verbreitung irrtümlicher oder nicht genügend
hinterfragter Ansichten. Das neue Medium selbst hat an dieser Situation jedoch keinen
formenden Anteil – es ist der Politiker selbst, der twittert und andere soziale Medien
nutzt und bewusst „amtliche“ Wege umgeht. Deutsche Politiker der zweiten und dritten
Reihe nutzen Twitter ebenfalls regelmäßig (Abb. 7.8).
Eine unersetzliche Rolle dagegen spielen digitale Medien bei der Datenauswertung:
Politiker können sich der digitalen Datenwelten bedienen, um den IST-Zustand der
Gesellschaft, das aktuelle Meinungsbild wie auch die Faktenlage, in einer bisher nicht
möglichen Qualität und Aktualität zu erheben. Big-Data-Analysen über soziale Netz-
werke hinweg können eine Sozioskopie ganz neuen Ausmaßes ermöglichen, Predicitve
Analytics versprechen eine tiefer gehende Analyse des Zustandekommens individueller
politischer Meinungen und damit auch das Herausfinden indirekter Argumente zuguns-
ten ihrer auftraggebenden politischen Akteure. Das Vorgehen hierzu könnte, angelehnt
an die von Barack Obamas Team im Wahlkampf 2012 verwendete Verfahrensweise [77],
wie folgt sein:
258 R. Heuermann et al.

Abb. 7.8 Karikatur Smartphones für Politiker

• Identifizieren derjenigen Regionen und/oder sozialen Schichten, die am ehesten


Wechselwähler sind oder sich von passiven Sympathisanten wieder zu aktiven Wäh-
ler hin bewegen lassen. Datenbasis: vorhergehende Wahlen, vorliegende Analyse von
Wahlanalytikern, eigene Internet-Recherchen in sozialen Medien usw.
• Telefonische Befragung von Personen aus den Zielregionen und den Zielmilieus nach
ihrer politischen Motivation und der möglichen „Wenn-dann“-Begründungskette für
das Wählen des auftraggebenden Politikers.
• Analyse der Erkenntnisse und Ausarbeiten von Empfehlungen für Wahlkampfhelfer.
• Identifizieren von Wählern aus der Zielgruppe, persönliche Ansprache dieser Wähler
auf allen Kanälen – z. B. auch in sozialen Netzwerken.
• Vernetzung der Wahlkampfhelfer, strukturierter Erfahrungsaustausch über die erfolg-
reiche Ansprache, Verwenden der Erkenntnisse zum Verbessern der Empfehlungen.

Spezielle Angebote aus dem Bereich der in der Privatindustrie tätigen Firmen wie Cam-
bridge Analytica7 an wahlkämpfende Parteien finden auch medial Beachtung, weil die
Anbieter von sich – nicht unwidersprochen – behaupten, ihre Daten hätten geholfen, das

7https://cambridgeanalytica.org/.
7 Wirkungen und Erfolge der Digitalisierung 259

eigene Wählerpotenzial besser zu erschließen, und Wähler anderer Parteien auf die Seite
ihres Kunden gezogen zu haben.
Ein härteres und von vielen als illegitim eingeschätztes Mittel sind digitale Helfer bei
Täuschungsmanövern: Varianten computergesteuerter Social Bots können automatisch
Meinungen zu aktuellen Themen der Politik in öffentlichen Foren platzieren (vgl. [10]).
Durch Veränderungen der Texte und Verschleiern der Herkunft dieser Kommentare kann
damit das Meinungsbild beeinflusst und für außen stehende Beobachter evtl. ein falscher
Eindruck über Stimmungen in der Nutzergemeinde dieser Foren erzeugt werden. Auslän-
dischen Staaten wird vereinzelt nachgesagt, die Politik der NATO, der EU und einzelner
Staaten mit Bots zu kritisieren und auf die Innenpolitik Einfluss nehmen zu wollen. Die
Meinungen darüber, wie man mit diesen Bots umgehen soll, sind geteilt. Das einfache
Verbieten dieser Informationen oder strafrechtliche Vorgehen gegen die Verbreitung fin-
det unter einigen Experten keine Befürworter [17].
Jenseits möglicher Bedrohungen der Demokratie durch eine absichtliche Verzerrung
von Meinungsbildern stellt sich generell die Frage, ob die Digitalisierung zu einem stär-
keren politischen Engagement führt. Das Ergebnis zweier empirischer Studien ergibt
letztlich höchstens die Vermutung nach einem ganz leichten Effekt der Verstärkung poli-
tischen Interesses:

• Eine in 2013 mit 1000 repräsentativ ausgewählten Teilnehmern (in der Alterskohorte
22 bis 35 Jahre) durchgeführte Studie an der Helmut-Schmidt-Universität Hamburg
ergab, dass 8,7 % der jüngeren Erwachsenen einen Politiker im Internet kontaktiert
haben und 34,4 % schon einmal eine Online-Petition unterschrieben haben [66]. In
der gleichen Studie sagten allerdings nur ca. 5 % der Befragten, dass sie „voll und
ganz“ der Aussage zustimmen, lieber online als offline an politischen Vorgängen zu
partizipieren. Damit ist zu vermuten, dass der „Netto“-Effekt digitaler Medien auf das
politische Engagement gering ist. Ob diese Personen ohne digitale Medien überhaupt
nicht oder anders politisch aktiv geworden wären, lässt sich zwar nicht mit Sicherheit
sagen, ist aber nach dem Befragungsergebnis nicht zu erwarten.
• Eine fast zeitgleich veröffentlichte, aber breiter angelegte Betrachtung [54, S. 20–24]
über mehrere, allerdings etwas ältere empirische Untersuchungen auch in anderen
Ländern, kommt angesichts gemischter Ergebnisse zu der vorsichtigen Vermutung,
dass die über das Internet gegebenen Möglichkeiten des politischen Engagements das
Gesamtniveau der politischen Tätigkeit außerhalb des Netzes nicht stören, sondern
eher leicht fördern. Allerdings werden die Angebote des Internets – wie auch die Off-
line-Angebote politischer Teilhabe – nicht in allen Schichten der Bevölkerung gleich
genutzt: das Alter, das soziale Milieu und der Bildungsstatus haben einen Einfluss auf
die Nutzungshäufigkeit. Jüngere und gebildete Personen engagieren sich auch über
das Internet in politischen Angelegenheiten, ältere Personen eher weniger.
260 R. Heuermann et al.

7.5.3 Inhalte der Politik

7.5.3.1 Aussagen der Parteiprogramme und Spitzenpolitik


Digitale Themen sind Gegenstand der Parteiprogramme bundesdeutscher Parteien auf
Bundesebene geworden. In Tab. 7.11 sind die zu Jahresanfang 2017 veröffentlichten
wesentlichen Aussagen zu digitalen Themen in Parteiprogrammen aufgelistet. Wenn man
sich die einzelnen Themen der jeweiligen Parteien ansieht, fallen einige, teils nicht über-
raschende, Erkenntnisse auf:
Manche Parteien sehen (Stand 1/2017) das Thema Digitalisierung sehr stark aus der
Brille ihrer sonstigen Wahrnehmung der Welt:

Tab. 7.11 Aufnahme von Digitalthemen in Parteiprogramme großer Parteien. (Eigene Darstel-
lung, Stand 1/2017)
Partei Themen
AFD • Betriebssysteme für Public Sektor nur mit geprüfter quelloffener Soft-
ware
• Nationale Software-Entwicklungen zum Schutz vor Industriespionage
• Inlandmontage geprüfter Hardware-Komponenten
• Digitalisierung der deutschen Literatur durch Deutschland selbst
• Keine Lizenzzahlungen an ausländische Unternehmen für deutsche
Literatur
CDU, SPD, FDP, Die • Mitfinanzierung des Glasfaserausbaus sowie des 5G-Mobilfunkstan-
Grünen dards
• Digitalinitiative für die Bildung, Ausstattung (Hoch-)Schulen mit digi-
talen Medien
• Innovationen (Grüne: „Grüne“ Innovationen, CSU & Grüne: Mobilität
4.0; SPD: Deutschland zum Leitmarkt für IT-Sicherheit machen und
BSI stärken; FDP: Start-ups fördern)
Die Grünen, Linke • Netzneutralität
CSU • Alle zentralen Digitalkompetenzen in einem Bundesministerium bün-
deln
Die Grünen • Entwicklung effizienter IKT-Geräte durch einen 3 Mrd.-Euro-Energie-
sparfonds
Die Linke • Digitalisierung, Roboterisierung, Potenzial der Abschaffung des Men-
schen
• Zugang zu digitalen Technologien als Teil des Existenzminimums
• Smart City nur bei Vergesellschaftung aller städtischen Infrastrukturen
FDP • Arbeitsgesetze/Sozialversicherungsregelungen für einen flexibleren
Arbeitsalltag
• Gegen anlasslose Vorratsdatenspeicherung
SPD • Stärkung des BSI, Stärkung „Selbstimmunisierungsfähigkeit“ der
Wirtschaft
• umfassende IT-Sicherheitskonzepte für Industrie 4.0 und Smart Services
7 Wirkungen und Erfolge der Digitalisierung 261

• Die Linke hat Verteilungsgesichtspunkte im Blick: Sie unterstellt den Arbeitgebern


pauschal zusätzliche Vorteile durch den Einsatz von Digitaltechnologien, sieht hier
eine gewachsene Verfügungsmasse für Verteilungsmaßnahmen und konzentriert sich
auf das Fordern zusätzlicher sozialer Wohltaten. In einer Stellungnahme ihres wirt-
schaftspolitischen Sprechers verbindet sie zudem die Zustimmung zu Smart-City-
Konzepten mit der Bedingung einer vollständigen Verstaatlichung städtischer
Infrastrukturen [20]. Irgendwelche Vorschläge für eine Förderung der Digitalwirt-
schaft oder zur Organisation der Öffentlichen IT finden sich im Programm nicht.
• Die Grünen fokussieren sich auf Stromsparen und andere „grüne“ Innovationen.
Andere naheliegende Themen, wie z. B. ökonomische Motive, kommen nicht vor.
• Die mittelstandsfreundliche FDP wendet ihre Ideen für das freie Unternehmertum auch
auf die Digitalisierung an, mit der Hoffnung, dass eine Förderung von Start-ups und
eine weitergehende Zügelung der staatlichen Regulierungswut bei Gewerbeauflagen
auch in der IT-Wirtschaft zu einem stärkeren Wachstum der Wirtschaft führen wird.

Nicht nur was in den Programmen steht, ist Politik, sondern auch das, was nicht dort
genannt wird:

• Keine der genannten Parteien fordert (mehr), dass Deutschland eine führende Rolle
bei der Digitalisierung im Verwaltungsbereich spielen sollte. Es gibt zahlreiche
Beispiele konkreter Forderungen und Ankündigungen zu IT-Themen vergangener
Bundesregierungen, die nur nach erheblichem Zeitverzug oder gar nicht zustande
gekommen sind. So kündigte die Bundesregierung im Jahr 2010 in ihrer IKT-Stra-
tegie zum Beispiel den schnellen Einsatz der Cloud-Technologie in der Öffentlichen
Verwaltung an: „Ziel: Die Bundesregierung strebt an, die Entwicklung und Einfüh-
rung von Cloud-Computing-Lösungen zu beschleunigen. Gerade mittelständische
Unternehmen und der Öffentliche Sektor sollen frühzeitig von den Chancen profitie-
ren. Die bestehenden Herausforderungen werden mit dem neuen Cloud-Computing-
Aktionsprogramm adressiert“ [11, S. 12]. Tatsächlich wurde die Bundes-Cloud erst
im Januar 2017 pilotiert, der Wirkbetrieb beginnt Mitte 2017, also ca. 6,5 Jahre nach
der, wie die Ankündigung zu einer schnellen Umsetzung klingenden, Aussage der
Bundesregierung. Genauso deutlich verfehlte der IT-Planungsrat das Ziel einer noch
viel ehrgeiziger klingenden Ankündigung: In 2010 verkündeten Bund, Länder und
Kommunen, dass das deutsche E-Government bis zum Jahr 2015 zum internationalen
Maßstab für die effiziente und effektive Verwaltung gemacht werden solle [44, S. 7].
Alle bekannten Ländervergleiche der EU und privater Initiatoren zeigen leider, dass
Deutschland nicht einmal in die Nähe dieses Ziels gekommen ist.
• Keine der großen deutschen Parteien vermisst in ihren Parteiprogrammen einen im
Weltmaßstab agierenden deutschen Anbieter bei den sozialen Medien, keine wünscht
sich mehr einen deutschen Champion im Konsumentenmarkt für Software und IT-
Hardware oder trauert der Zeit nach, in der die Siemens AG und andere Hersteller in
Deutschland PCs und Smartphones fertigten.
262 R. Heuermann et al.

• Geschäftliche Ideen für Digitalthemen kann man nur sehen in den Aussagen der
SPD zu der Fokussierung auf IT-Sicherheit und der Zielstellung „Mobilität 4.0“ von
CSU und Grünen (wobei jeder etwas anderes damit meinen dürfte). Das „autonome
Fahren“ ist sicher ein Thema mit großem Marktpotenzial, wobei die regulatorische
Funktion des Staates vielfältig helfen könnte, der deutschen Kfz-Industrie in diesem
Themenfeld eine Poleposition zu verschaffen.
• Zur Organisation der Verwaltungs-IT ist allein von der CSU eine generelle Aussage
zu lesen. Sie verlangt die Konsolidierung der IT in einem einzigen Ministerium8.
Die SPD äußert sich nur punktuell und verlangt eine Stärkung des Bundesamtes für
Sicherheit in der Informationstechnik (BSI). Die AFD bietet keine generellen Aussa-
gen zum Management der Öffentlichen IT, geht aber bei IT-Sicherheit sogar auf eine
Detail-Ebene und macht sehr weitgehende Vorschläge für mehr IT-Sicherheit auf
Hardware- und Software-Ebene für Öffentliche IT-Dienstleister. Bei anderen Parteien
ist zur Organisation der Öffentlichen IT nichts zu lesen.

In dieser kurzen und sicher nicht vollständigen Analyse ist festzustellen, dass die bundes-
politischen Programme der größeren deutschen Parteien bisher kein Ort einer systemati-
schen Darstellung von Visionen für die Digitalisierung sind, sondern eher den Eindruck
punktueller Kundgabe von Absichten mit ganz verschiedener Körnungsgröße vermitteln.
Dies ist allerdings vermutlich keine Ausnahme im Vergleich zu anderen politischen The-
men in Parteiprogrammen, auch hier sind keine ganzheitlichen Darstellungen zu finden.
Daher ist im Folgenden die Skizze einer eigenen Betrachtung nötig.

7.5.3.2 Politische Themenfelder mit starkem Bezug zu Digitalthemen


Digitale Themen betreffen teils unmittelbar, teils mittelbar eine ganze Reihe von Hand-
lungsfeldern der Politik. Tab. 7.12 zeigt einige davon.
Da zu einigen der wichtigsten politischen Themenfelder, teilweise schon in den
Kapiteln zuvor, inhaltliche Aussagen getätigt wurden (z. B. zu Forschungsfragen in
Abschn. 6.1, zur Verteidigungspolitik in Abschn. 5.3, zur Verwaltungs-/Innenpoli-
tik in Abschn. 7.4 und zu gesellschaftlichen Wirkungen Abschn. 7.3) folgt im nächsten
Abschnitt nur noch eine Betrachtung der zuvor nicht dargestellten Situation am Arbeits-
markt.

7.5.3.3 Arbeits(markt)politik und Soziales


Digitalisierung ist in dreifachem Sinne ein Thema für Arbeitsmarktpolitiker: Unbe-
stritten ist, dass die Zahl der Arbeitsplätze in der primären (Hersteller von Soft- und
Hardware) und sekundären IT-Wirtschaft (IT-Rechenzentren in Behörden, der Pri-
vatindustrie und von IT-Dienstleistern sowie Beratungsdienstleistern) in den letzten

8Auf persönliche Nachfrage des Autors hin äußerte der Bundesvorsitzende einer bekannten deut-
schen Partei, dass er für eine stärkere Konsolidierung von IT-Dienstleistern sei. Für diese Forde-
rung sei aber das Parteiprogramm nicht der richtige Platz, sondern erst das Regierungsprogramm.
7 Wirkungen und Erfolge der Digitalisierung 263

Tab. 7.12 Mögliche inhaltliche Wirkungen auf politische Handlungsfelder. (Eigene Darstellung)
Handlungsfeld Einige mögliche Ziele einer deutschen Digitalpolitik
Arbeit und Soziales • Verstärken der positiven Wirkungen auf Menge und Art neuer Arbeits-
plätze durch Förderung von Start-ups und bestehender Unternehmen
• Abmildern negativer Wirkungen auf Arbeitsplätze
• Erkennen und Gestalten von Auswirkungen auf die Gestaltung von
Arbeitsplätzen, die Arbeitsorganisation und die Work-Life-Balancea
Bildungspolitik • Curricula für mehr digitale Kompetenzen (direkte und indirekte)
• Didaktik und ggf. Medien für digitale Wissensvermittlung bereitstellen
Forschungspolitik • Themen mit möglichem Alleinstellungsmerkmal oder Wettbewerbsvor-
teil identifizieren
• Grundlagenwissen und anwendungsreife Produkte fördern
Innenpolitik • Verwaltung mithilfe der Digitalisierung weiter modernisieren
• Verwaltung als Vorbild und Promotor digitaler Innovationen nutzen
• Öffentliche IT-Organisation verbessern
• Maßnahmen für mehr IT-Sicherheit
Kulturpolitik • Rechte von Autoren (jedweder digitaler Medien, Software-Ersteller)
gegenüber unerlaubter Nutzung besser schützen
• Eine Diversifizierung digitaler Nutzungsrechte reflektieren und ggf. in
neue Formen des Urheberrechts überführen („Creative Commons“)
• Nationales Kulturerbe vor exklusiver digitaler Inbesitznahme und kom-
merzieller Verwertung durch Dritte schützen
• Neue digitale Kunstformen erkennen und anerkennen
• Die Vernachlässigung nicht-digitaler Kulturtechniken vermeiden
Rechtspolitik • Verwaltungsregeln für digitale Entscheidungshilfen fitter machen
• Strafrecht: Internet-Straftaten definieren und härter sanktionieren
• Internetrecht, Erlaubnisse wie Verbote
• Urheberrecht
Verbraucherpolitik • Verbraucher vor Betrug und „Abzocke“ im Internet schützen
• Wettbewerb stärken, Monopole verhindern
Verteidigungs- und • Digitale Erstschlagsfähigkeit und Verteidigungsfähigkeit ausbauen
Sicherheitspolitik • Nachrichtendienstliche Kompetenzen verbessern
Wirtschaftspolitik • Innovationen durch Digitalisierung besser fördern
• Durch die Verwaltung selbst Impulse für die Wirtschaft geben
aEineSammlung vieler Aspekte und Diskussionsbeiträge zu diesem Themenfeld befindet sich im
„Weißbuch Arbeiten 4.0“ des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales [9]

beiden Jahrzehnten auf ca. 1,03 Mio. Personen gewachsen ist9, wobei sie in den Jah-
ren zuvor um ca. 20.000 jährlich anstieg. Die Zahl der IT-Beschäftigten im Öffentli-
chen Bereich betrug nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit (BA) in 2015 ca. 3 %

9Bitkom, [5]; die Bundesagentur für Arbeit meldet für 2015 dagegen nur 887.000 erwerbstätige
ITler in Deutschland [7].
264 R. Heuermann et al.

der sozialversicherungspflichtig beschäftigten IT-Kräfte, d. h. ca. 20.610 Personen10.


Die Zahl der IT-Stellen in der Öffentlichen Verwaltung wuchs in 2015 nach Angaben
der BA gegenüber dem Vorjahr um 5 %.
Obwohl es abstrakt und konkret die Sorge um genügend Nachwuchs für ITler im
Öffentlichen Dienst gibt, hat sich die Besetzung offener Stellen bisher praktisch nicht
schwieriger dargestellt, als dies „normal“ schon früher bei einer zeitweise allgemein
guten Konjunktur für IT-Fachkräfte für alle Arbeitgeber war. Ob dies so bleibt, ist
aus vielen Gründen zu bezweifeln, sicher ist aber auch, dass einige kompensatorische
Effekte, wie z. B. der Einsatz immer effizienterer IT-Systeme wie Cloud-Technologien,
Konsolidierung der IT-Bereiche und Virtualisierung der Clients den Bedarf auch dämp-
fen. Studien, die weite Zeiträume bis z. B. 2030 vorausschauen (z. B. sagen [16] für das
Jahr 2030 ein Fehlen von ca. 800.000 Fachkräften voraus; dies ist vor allem in Berei-
chen, wo nicht automatisiert werden kann, zu erwarten), können disruptive Innovatio-
nen in der IT-Technologie selbst nur schwer vorhersehen. Lineare Trends lassen sich hier
schwerer vorhersagen als bei Arbeitskräften in sozialen Tätigkeitsfeldern.
Über die Zahl der direkt im IT-Geschäft tätigen Beschäftigten hinaus profitieren
viele Arbeitsplätze in innovativen Industrien mit hohem IT-Arbeitsanteil von dieser
Entwicklung. IT-Arbeitsplätze befinden sich meist nicht am unteren Rand der Einkom-
mensskala, insofern ist diese Entwicklung aus dem Blickwinkel der Arbeitsmarktpolitik
positiv. Allerdings ist gleichzeitig absehbar, dass die Digitalisierung zum Wegfall vieler
Arbeitsplätze führen wird – und hier sind teils Schätzungen mit sehr beachtlichen Grö-
ßenordnungen zu finden: Eine Studie der ING Diba sieht für Deutschland einen schlei-
chenden Abbau bisheriger Arbeitsplätze in der Größenordnung von 18 Mio., das sind
etwas weniger als 50 % derzeitiger Jobs [43]. Ähnlich drastische Folgen mit ca. 47 %
prognostizierten Frey & Osborne [29] auf Basis einer Simulation mit 702 Berufen für
den amerikanischen Markt. Eine die Vorgehensweise von Frey & Osborne in den USA
auf deutsche Verhältnisse übertragende Studie von Bonin et al. [6] kommt zu etwas
anderen Ergebnissen. Sie sieht 42 % statt 47 % durch Digitalisierung betroffene Berufe.
Allerdings relativiert sie darüber hinaus eine zentrale Aussage der Studie von Frey &
Osborn: „Betroffene Berufe“ sind nicht automatisch auch wegfallende Berufe, vielmehr
sind nur einzelne Tätigkeiten dieser Berufe durch Digitalisierung zu ersetzen, nicht unbe-
dingt der ganze Beruf. Das kurzfristige Substituierungspotenzial sehen die Autoren deut-
lich geringer als das mit 42 % am Horizont für möglich gehaltene. Sie vermuten zudem
ein durchaus hohes Substituierungspotenzial auch für IT-Berufe. Zur Zahl möglicher
neuer Jobs durch Digitalisierung, also der Gegenbewegung, sagen beide Studien nichts.
Dies tut dagegen eine umfragebasierte Studie des Weltwirtschaftsforums Davos 2016, die
in fünf Jahren ca. fünf Millionen wegfallende und nur zwei Millionen neue Jobs in den
Industriestaaten sieht [32]. Die Vermutung, dass viel weniger neue Stellen entstehen als
alte wegfallen, wird ergänzt durch die Annahme, dass es bei neu entstehenden Jobs eine

10Eigene Berechnung aufgrund der Angaben der Bundesagentur für Arbeit [7].
7 Wirkungen und Erfolge der Digitalisierung 265

zweigeteilte Welt gibt: Es entstehenden entweder überdurchschnittlich gut oder schlecht


bezahlte Jobs, der „Mittelstand“ fehlt [21].
Die geringe Zahl dieser Studien, der unterschiedliche methodische Ansatz, unter-
schiedliche betrachtete Zeiträume und Regionen sprechen dafür, den Erkenntniswert
dieser numerischen Schätzungen nicht zu hoch zu veranschlagen, ohne dabei jedoch die
in der Tendenz sicher richtige und sehr plausible Botschaft „Viele sind betroffen, die
Wirkungen sind erheblich“ zu überhören (Tab. 7.13).

7.5.4 Bewertung

Roland Heuermann

Obwohl die Digitalisierung schon seit den Neunzigerjahren des letzten Jahrtausends
zu einer starken Durchdringung von Privatleben und Arbeitsplätzen führte und einige
Wellen technischer Begeisterung und „Hypes“ auslöste, hat sich das Potenzial der
Digitalisierung zu drastischen Veränderungen in der Gesellschaft und im betrieblichen
Geschehen – sei es in der Wirtschaft oder der Verwaltung – noch nicht erschöpft: Auch
die aktuelle Situation bietet Jahrzehnte nach der ersten Welle der Digitalisierung in den
1980er und 1990er Jahren mit den Konzepten der Blockchain, dem nun scheinbar näher
gekommenen Termin wirklich marktreifer KI-Software im Konsumenten- und Wirt-
schaftsbereich, der Robotik, der Cloud usw. eine Reihe von Technologien kurz vor oder
schon kurz nach dem Reifepunkt, für einen flächendeckenden Innovationsschub.

Tab. 7.13 Durch Digitalisierung in Deutschland gefährdete Arbeitsplätze nach Berufsgruppe.


(Daten aus ING DIBA, zitiert aus [46])
Untersuchte Berufe Arbeitsplätze ingesamt Gefährdete Arbeitsplätze
Bürokräfte 3.500.000 3.000.000
Hilfsarbeiterkräfte 3.800.000 3.260.000
Anlagen- und Maschinenbediener, 4.640.000 3.210.000
Montageberufe
Dienstleistungs- und Verkaufsberufe 4.570.000 3.120.000
Facharbeiter in Landwirtschaft, 78.000 50.000
Forstwirtschaft und Fischerei
Handwerks- und verwandte Berufe 4.100.000 2.580.000
Technische und gleichrangige Berufe, 4.800.000 2.470.000
nichttechnische Berufe
Akademische Berufe 3.990.000 471.000
Summe insgesamt 30.870.000 18.300.300
266 R. Heuermann et al.

Für die Verwaltung ist es wichtig, zu wissen, dass die Politik in Deutschland gerade
erst vor wenigen Jahren auch auf höchster Ebene den über die Tagesarbeit in Behörden
und punktuelle Forschungs- und Wirtschaftsförderung hinausgehenden Bedarf an strate-
gischer Steuerung der Digitalisierung in der Wirtschaft und im Staat erkannt hat, aller-
dings in den Parteiprogrammen aller größeren Parteien kein „rundes“ Programm zu allen
relevanten Themen der Öffentlichen IT bietet. Zu nennen sind hier folgende offene Ein-
zelthemen:

• Der Zielzustand der Aufbauorganisation Öffentlicher IT-Dienstleister über alle Ebe-


nen hinweg (voll konsolidiert oder nicht).
• Der Zielzustand Öffentlicher IT-Services: Behördenintern voll vernetzt oder weiter
„Mal so, mal anders“?
• Das noch ungehobene Innovationspotenzial: Es fehlen z. B. erkennbare Versuche, die
für die Verwaltungspraxis in der Fläche tauglichen Produkte und Einsatzformen von
Künstlicher Intelligenz und Robotik systematisch zu erforschen: Denkbar wäre es ja,
schon am Markt vorhandene Produkte, z. B. die für Suche und Analyse juristischer
Texte auch in der Verwaltungspraxis für den Einsatz in der Sacharbeit auszutesten.
Interessant könnten auch durch KI mögliche digitale Assistenzsysteme für Bürger und
Unternehmen im Kontakt mit der Verwaltung sein oder Robotik, z. B. für kommunale
Dienste wie Müllabfuhr. Drohnen werden jetzt schon punktuell für die Beobachtung
öffentlicher Infrastrukturen wie Brücken getestet, sind es aber auch teilautonome
Systeme? Die Bundeswehr testete Transportroboter – hat die Zivilverwaltung keine
Transportaufgaben? Wie nicht selten in der Geschichte ist das Militär hier punk-
tuell innovativer und konsequenter als die Zivilverwaltung, obwohl deren mögliche
Bedarfe an teilautonomen Systemen viel größer sind.

In der primären IT-Wirtschaft (Soft- und Hardwarehersteller sowie Berater) und


der sekundären Dienstleistungsbranche (IT-Serviceanbieter) sind ca. eine Million
Arbeitsplätze in Deutschland entstanden. Die Folgen der bisherigen und der weite-
ren Digitalisierung für die Gesellschaft sind u. a. weitere erhebliche Veränderungen
im Tätigkeitsbild vieler Berufe und ganzer Branchen, außerdem werden sicher viele
Arbeitsplätze in den betroffenen Bereichen in den nächsten Jahren verschwinden. Die
Zahl und Vorhersagegenauigkeit vorliegender seriöser Untersuchungen zu diesem Thema
sind allerdings zu klein, um genaue quantitative Aussagen zu machen. Insbesondere
der zeitliche Ablauf des Verlustes bisherger Arbeitsplätze über die nächsten Jahre und
die Größe des kompensatorischen Effektes, des Gewinnens neuer Beschäftigungsmög-
lichkeiten durch die Digitalisierung, sind unklar. IT-Arbeitsplätze selbst sind oft über-
durchschnittlich bezahlte Tätigkeiten, außerdem ermöglichen solche Tätigkeiten oft eine
größere örtliche und zeitliche Flexibilität für die Beschäftigten. Ob dies eher als Fluch
oder Segen empfunden wird, hängt vom Einzelfall ab, in Summe dürfte der Gewinn an
Lebens- und Arbeitsqualität deutlich überwiegen.
7 Wirkungen und Erfolge der Digitalisierung 267

Die sozio-kulturellen Änderungen der Digitalisierung sind ohne Zweifel weitge-


hend und prägen im wortwörtlichen Sinne das Straßenbild, das Verhalten der Men-
schen am Arbeitsplatz und in der Freizeit. Ob und inwieweit es tief gehende, d. h. die
Gesellschaft in ihrem inneren Zusammenhalt gefährdende, zu einem neuen Gleichge-
wicht verändernde oder sogar zu einem höheren Niveau führende Entwicklungen sind,
lässt sich aufgrund einer isolierten Betrachtung nur der Digitalisierungseffekte letztlich
nicht beurteilen. Die sich auch unabhängig von der Digitalisierung schon seit Jahrzehn-
ten vollziehende Globalisierung, die Überalterung der bisherigen Bevölkerung in einigen
westlichen Industriestaaten sowie weitere Entwicklungen wie die zunehmende Verstädte-
rung sind gesellschaftlich relevante Veränderungen, die ebenfalls weitreichende Wirkun-
gen haben und teils durch Digitalisierung kompensiert werden können.
Verengt man die hier interessierenden Fragen zu sozialen Änderungen auf den Öffent-
lichen Bereich, dann ist zu hinterfragen, inwieweit ein stärker digital kommunizieren-
der Staat zu positiven oder negativen Begleiterscheinungen – individuell und sozial – der
Digitalisierung beiträgt, und zwar über die unmittelbaren Kontakte des Staates bzw. der
Verwaltung mit den Bürgern und indirekt über die Duldung privater und gut gemeinter
Forcierung der Nutzung eigener digitaler Medien. Es lässt sich insofern eine Reihe poli-
tischer Fragen und Diskussionsansätze ableiten, wie etwa:

• Lassen sich Grundsätze für die Gestaltung und Governance guter sozialer Medien
entwickeln, ähnlich Grundsätzen zur ordnungsgemäßen Buchführung oder zur Gover-
nance von Unternehmen?
• Soll oder muss Internet-Konsum von Kindern und Heranwachsenden kontrolliert und
gesteuert werden? Wenn „ja“, wie kann man das dann tatsächlich tun?
• Wie sollen und können Kontrolleure für das Innenleben von Steuerungssoftware,
„Algorithmisten“, eingesetzt werden, um Big-Data-Algorithmen und ihre Ergebnisse
und sozio-kulturellen Einflüsse zu kontrollieren?
• Welche Möglichkeiten und Grenzen hat der Staat insgesamt, die Internetnutzung zu
steuern?

Die mit den Veränderungen innerhalb von Berufstätigkeit und Beschäftigung verbunde-
nen Folgen sind nicht die einzigen sozialen und individuellen Wirkungen der Digitali-
sierung. Digitale Endgeräte, wie vor allem das Smartphone, und digitale Medien haben
eine sehr starke Verbreitung gefunden und üben einen intensiven Einfluss auf das Sozi-
alleben und das berufliche Verhalten aus. Der damit verbundene geschäftliche wie indi-
viduelle Nutzen wird von den meisten Nutzern als sehr hoch angesehen. Kein Gegensatz
dazu, aber eine in einigen Fällen zu bemerkende Begleiterscheinung, ist die vor allem bei
jugendlichen Konsumenten auffällige, teils sogar bis hin zum Krankheitswert überstei-
gerte zeitliche Nutzung. Gleichzeitig werden „analoge“ soziale Kontakte und körperliche
Betätigungen vernachlässigt. Diese Phänomene gab es früher bei älteren elektronischen
Medien (Fernseher, Videospiele) auch, grundsätzlich sind sie nicht neu. Die Dosis und
das unvernünftige Verhalten sind hier das Gift, nicht die Substanz selbst.
268 R. Heuermann et al.

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7 Wirkungen und Erfolge der Digitalisierung 275

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60. Wagner, T.: Robokratie. Google, das Silcon Valley und der Mensch als Auslaufmodell. Papy-
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62. Womack, J.P., Jones, D.T., Roos, D.: Die zweite Revolution in der Autoindustrie. Heyne,
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Handlungsempfehlungen
8
Roland Heuermann

8.1 Übersicht

Der Staat hat viele Rollen – Empfehlungen an Entscheider in Politik und Verwaltung
müssen auf diese unterschiedlichen Rollen achten, wenn sie zielgenaue Vorschläge
geben wollen. Die Öffentliche Verwaltung deckt operativ sowohl das ganze Spektrum
der Verhaltensweisen eines Konsumenten wie auch eines Produzenten von digitalen
Leistungen ab. In beiden Rollen kann sie sowohl natürlicher als auch „Per-Order-di-
Mufti“-Monopolist sein, aber auch als ein Kunde oder Anbieter unter vielen auftreten.
Im Gegensatz zu Privatpersonen und Unternehmen kann sie hoheitlich tätig werden, d. h.
auch gegen den Willen anderer diese Regeln geben und sie durchsetzen. Abb. 8.1 zeigt
das Rollenspektrum und innerhalb der Rollen auch noch mögliche Varianten. Rollen mit
besonderer Bedeutung für die Digitalisierung sind mit dem Computersymbol markiert.
In der Digitalisierung tritt der Staat vor allem in folgenden fünf Rollen – eine davon
mit Varianten – auf:

• Rolle 1 ist die des direkten Gestalters, Gesetzgebers und Regel-Durchsetzers. Er kann
andere, d. h. Anbieter wie auch Kunden von digitalen Produkten, auch gegen deren
Willen, zu Tun oder Unterlassen zwingen. Dies kann er direkt tun (z. B. strafrecht-
liche Verbote, Verbot bestimmter Produkte oder Produkteigenschaften, wie z. B.
zeitweise die Rückwärtssuche bei elektronischen Telefonbüchern, Verbot von Roa-
ming-Gebühren, besonderes Kenntlichmachen von vertragsbegründenden Schaltflä-
chen auf Internet-Seiten) oder indirekt (z. B. durch zivilrechtliche Haftungsfolgen

R. Heuermann (*)
Bonn, Deutschland
E-Mail: roland_heuermann@t-online.de

© Springer-Verlag Berlin GmbH Deutschland 2018 277


R. Heuermann et al. (Hrsg.), Digitalisierung in Bund, Ländern und Gemeinden,
https://doi.org/10.1007/978-3-662-54098-5_8
278 R. Heuermann

Abb. 8.1 Rollen des Staates allgemein und im Digitalisierungskontext

wie der bis 2016 geltenden Providerhaftung bei Angebot öffentlich zugänglicher
WLAN-Hotspots). Sehr positiv an dieser Rolle ist, wenn sie auf klugen Ideen und
weitreichenden Strategien aufsetzt, dass sie auch markt- und ideenanregend, innova-
tionsfördernd und gestaltend wirken kann. Es gibt geschichtliche Beispiele für sehr
gute Erfolge bei Wegnahme hindernder Regeln, z. B. dem Endgeräte-Monopol bei der
Telekommunikation. Nachdem die damalige Staatspost ihr Monopol verlor, blühte
ein reichhaltiges Angebot an Geräten und Services auf, und die Preise sanken teils
drastisch. Umgekehrt gibt es Beispiele für die Geschäftsbelebung durch neue Regeln,
z. B. die für viele Bundesbehörden praktisch verpflichtend wirkenden Vorgaben des
Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnologie (BSI), die hindernd und
fördernd zugleich sein können.
• Rolle 2 ist diejenige eines Financiers, Subventionsgebers und/oder Organisators von
Forschungs- und Wirtschaftsförderungsvorhaben. Auch hier ist der Staat Gestalter,
wie in Rolle 1, allerdings greift er nur indirekt ein. Hier finanziert er (Geschäfts-)
Ideen und inspiriert Entwickler, Erfinder oder Geldgeber und Hersteller von Digi-
taltechnik zu noch mehr Innovationen und hofft auf Vorteile für die heimische
Wirtschaft. Es gibt eine leichte Überlappung der Rolle 3 (Staat als Kaufkunde von IT-
Services) mit Rolle 2 insofern, als dass der Staat auch eigene Beschaffungswünsche
durch Bevorzugen bestimmter Hersteller oder Technologien so lenken könnte, dass
er hiermit bei den Anbietern und letztlich im Markt absichtlich bestimmte Wirkungen
hervorruft.
• Rolle 3a sieht ihn als großen marktmächtigen Kauf-Kunden der primären IT-Wirt-
schaft: Macht im Markt ist relativ und hängt von der Größe der jeweils miteinander
in Kontakt tretenden Akteure ab. Deutschland gibt jährlich über 12 Mrd. EUR im
Bereich der Öffentlichen Kernhaushalte für IT aus (Schätzung 12,3 Mrd. EUR in
8 Handlungsempfehlungen 279

2013 von [37, S. 105]). Diese Ausgaben streuen über eigene Personalkosten, viele
Software- und Hardwareprodukte und externe Dienstleistungen. Oft hat der Staat
damit gegenüber einzelnen Anbietern, selbst wenn diese keine weltweiten Konzerne
sind, mangels großer Volumina an Bestellmengen und -wert nur begrenzte Durchset-
zungskraft, weil er ein Kunde unter mehreren ist. Manchmal ist dies eine Folge sei-
ner eigenen Versäumnisse, weil er seine über viele bestellende Behörden entstehende
Nachfragemacht nicht bündelt und Beschaffungen nicht gemeinsam und dann in viel
größeren Losgrößen und mit längerfristig laufenden Verträgen durchführt. Es gibt
jedoch in Einzelfällen, z. B. bei Herstellern von Spezialsoftware für den kommunalen
Bereich, bei Herstellern von E-Akten-Software usw. Konstellationen, wo ein Großteil
des Umsatzes einer Firma aus öffentlichen Aufträgen stammt, genügend Marktmacht,
um Produkte und teilweise Preise zu beeinflussen. Hier hat der Staat eine ähnliche
Rolle wie ein großer marktbeherrschender Konzern, der im freien Spiel der Kräfte auf
andere Marktteilnehmer erheblichen Druck ausüben kann.
• Rolle 3b sieht den Staat gegenüber weltweiten großen IT-Konzernen der primären
IT-Wirtschaft als Kunden mit wenig marktlicher Durchsetzungskraft bei der Produkt-
gestaltung und Preissetzung: Die Digitalisierung ist eine weltweit, auch außerhalb
des Öffentlichen Bereiches in Gesellschaft und Wirtschaft „von alleine“, d. h. ohne
eine zentrale Steuerungsinstanz, laufende Entwicklung. Der Staat und die Öffentli-
che Verwaltung sind in Rolle 1 gegenüber weltweit operierenden IT-Konzernen ein
relativ ohnmächtiger Konsument, wie die meisten Einzelpersonen oder Kleinunter-
nehmen auch: Sie ziehen aus technischen Fortschritten und wettbewerblichen Ange-
boten der Hersteller und IT-Dienstleister Nutzen. Allerdings unterliegen sie auch
zähneknirschend der Marktmacht großer Anbieter, z. B. bei Lizenzgebühren und
Releasewechseln eingesetzter Software. Hierauf können sie keinen Einfluss nehmen.
Gleichzeitig sind sie auch in gewissen Grenzen Getriebene der von eigenen Beschäf-
tigten oder Bürgern kommenden Wünsche, wie z. B. bei Schnittstellen für Endgeräte
und Betriebssysteme. Nolens volens müssen sie teilweise diesen Kunden ihrer Servi-
ces entgegenkommen und entsprechende Nutzeroberflächen und Schnittstellen bieten.
• Rolle 4 nimmt der Staat als Hersteller von IT-Services ein: Er ist sowohl Nachfrager
wie auch Anbieter und stellt in erheblichem Umfang auf allen drei Ebenen staatlicher
Gebietskörperschaften und in zig Behörden Öffentliche IT-Services bereit, sehr viele
davon auch mit selbst erstellter Software und einer eigenen Belegschaft. In dieser
Rolle als Dienstherr aller Beschäftigten des Öffentlichen Bereichs, als Organisations-
entwickler der Behörden inklusive ihrer Beziehungen zur Außenwelt und als Manager
des IT-Bereichs hat er komplexe – durch Menschen in verschiedenen Rollen, meh-
rere organisatorische Gestaltungsthemen und das facettenreiche Thema der IT selbst
(Technik und Betrieb) – vielfältige Querbeziehungen zu steuern, wie die zwei- und
dreidimensional zu lesende Abb. 8.2 schematisch zeigt.
• Rolle 5 ist eine hoheitliche Rolle: Deutschland ist selbst Regelsetzer für die Teilneh-
mer in der digitalen Welt. Die Wirkung des Staates in dieser Rolle lässt sich in drei
Facetten beschreiben:
280
R. Heuermann

Abb. 8.2 Mensch – Organisation – IT


8 Handlungsempfehlungen 281

1. Unmittelbar im eigenen Staatsgebiet, z. B. durch allgemeine Regeln des Urheber-


rechts, des Haftungsrechts und des Verwaltungsrechts (z. B. Vergaberecht, des Sig-
naturgesetzes usw.).
2. Mittelbar durch Mitwirken an
2.1. bilateralen oder multilateralen Vereinbarungen zu allgemeinen Regeln,
2.2. individuellen Maßnahmen der Europäischen Union gegen einzelne Hersteller
(z. B. Strafzahlungen wegen Ausnutzens einer marktbeherrschenden Stellung)
und
2.3. Vereinbarung von Standards, z. B. für Schnittstellen und Hubs zum Datenaus-
tausch (z. B. in der Polizeiarbeit bei Interpol und der Wertpapieraufsicht im
Rahmen von Solvency II).
3. Als Dienstherr einer großen Zahl eigener Öffentlicher IT-Betriebe.

Neben der Betrachtung der Rollen des Staates im „Markt“ des Digitalisierungsge-
schehens kann man eine an die Wertschöpfungskette angelehnte Sicht auf die Situa-
tion haben, indem man die Wirkungskette Kunden – Produkte (Services) – Prozesse
(Abläufe) – Ressourcen als „Aufgabenbereiche“ des Staates betrachtet und die überwöl-
benden Aufgaben der darauf bezogenen Zielsetzung sowie die operative Steuerung eben-
falls in den Blick nimmt. Tab. 8.1 zeigt eine solche Sicht.
In den folgenden Abschnitten werden die in Tab. 8.1 mit Stichworten benannten Emp-
fehlungen näher erläutert.

8.2 Handlungsempfehlungen im Detail

8.2.1 Ehrgeizige Ziele und Strategien verfolgen

Die Services der IT sind in Behörden zu Beginn der Digitalisierung nur auf der unters-
ten Ebene der Managementaufmerksamkeit gesehen worden, als Thema des reinen
Ressourcen-Austausches – Ersatz Schreibmaschine durch Personalcomputer, Ersatz
vieler Rechenschieber durch Großrechner. Dann kam die noch nicht beendete Zeit des
Optimierens von Abläufen herkömmlicher Verwaltungsprodukte, mittlerweile jedoch
sind Transformationen ganzer Behörden und auch gänzlich neue Verwaltungsprodukte
(Lösungen innerhalb der Themen in Smart Citys, digitalen Dörfern) im Bereich des
Möglichen. Die digital unterstützten Arbeitsabläufe geben gleichzeitig weit mehr Mög-
lichkeiten zur Steuerung der eigenen Organisation als früher.
Die Vielzahl der durch digitale Mittel gegebenen Chancen bedeutet letztlich zwar keine
Situation, in der bei gleicher Auftragslage flächig eine komplette Neudefinition der Orga-
nisation von Öffentlicher Verwaltung, also keine „Disruption“ im Sinne komplett neuer
Geschäftsmodelle wie in bestimmten Branchen der freien Wirtschaft (siehe Abschn. 2.4)
nötig ist. Dennoch bieten sie eine deutliche Verbesserungsmöglichkeit nicht nur der Ser-
vices, sondern auch teils der Organisation des Staates im Bereich der Zuständigkeiten
282 R. Heuermann

Tab. 8.1 Handlungsempfehlungen für besseres Verwaltungsmanagement (Eigene Darstellung)


Aufgabenbereich Detailziele
Ehrgeizige Ziele • Ambitionierte fachliche und organisatorische Ziele des Staates setzen
und Strategie • Strategische interne Organisationsentwicklung
• Steuerungsfähigkeit des Staates innerhalb bestehender Rechte nach
außen (Gesellschaft, andere Länder) und innen (eigene Verwaltung)
erhöhen
• Sehr hohe Transparenz über Zahlen, Daten, Fakten herstellen
• Verwaltung als Impulsgeber für digitale Gesellschaft und Wirtschaft
nutzen
Steuerung • Eigene Steuerungsstruktur optimal gestalten
• Regelsetzungskompetenz verbessern, Normenkontrolle ausbauen
Kunden • Zufriedenheit der Nutzer steigern, eigene Bürger als Nutzer gewinnen
• In- und ausländische Behörden (vor allem der EU) überzeugen/
gewinnen
• Für Bürger und Unternehmen Zugang zu allen Verwaltungsverfahren
über EIN interoperables Bürgerkonto
Produkte/Services • Alle digitalisierungsfähigen Services digital anbieten
verwaltungsintern und • Behördendaten vernetzen, um so lebenslagenorientierte Dienste
verwaltungsextern anzubieten
• Standardisierte, ggf. gestufte Servicequalität (zeitlich, sachlich)
anbieten
• Digitale Inhouse-Beratungskompetenz der Verwaltung ausbauen
• Bundesweite Standardisierung aller gleichen Verwaltungsverfahren
• Innovative Produkte gezielt fördern und anbieten
Abläufe und Struktur • Medienbruchfreie ebenenübergreifende Abwicklung aller Verwal-
tungsverfahren
• Rolle der CIOs stärken
• Sehr hohe Wirtschaftlichkeit erzielen, Prozesskosten und Durchlauf-
zeiten der Verwaltungsverfahren optimieren
• Konsolidierung der IT-Fachverfahren ressort- und ebenübergreifend
• Starke Konsolidierung der Öffentlichen IT-Dienstleister
Ressourcen • Nur Leitungspersonal mit hoher digitaler Fachkompetenz einsetzen
• Digitale Inhouse-Beratungskompetenz der Verwaltungs-Orga aus-
bauen
• Nachfrage-Macht des Staates bündeln
• Standardisierung von Infrastruktur und Geräten

für Querschnittsdienste in der Verwaltung und des Willens und der Durchsetzungskraft
betriebswirtschaftlicher Optimierung der Gesamtverwaltung gegenüber Gliederungsebe-
nen der Gebietskörperschaften oder Ressorts.
Ziele der Verwaltung lassen sich hierarchisch nach den Kategorien „Sachziel“ und
„Formalziel“ sortieren: Die oberste Zielebene sind die Sachziele des Staates in seinen
Kernaufgaben, diese sind u. a.
8 Handlungsempfehlungen 283

• Freiheitsrechte der Bürger und der Gesellschaft bewahren,


• das Recht auf Leben und das Recht auf körperliche Unversehrtheit schützen,
• den Staat selbst und die freiheitlich-demokratische Grundordnung gegen Angriffe von
außen und innen schützen,
• Eigentumsrechte schützen,
• das Streben nach wirtschaftlichem Wohlstand schützen und befördern.

Daneben gibt es Formalziele, sie fordern u. a., dass der Staat selbst

• möglichst transparent,
• regeltreu und
• wirtschaftlich

gestaltet werden sollte. Aus diesen Zielen können eine Vielzahl von Ideen für Maßnah-
men zur Digitalisierung abgeleitet werden. Manche dieser Digitalisierungsmaßnahmen
tragen, außer der bloßen Erfüllung von Zielen des Staates mit anderen Mitteln als zuvor,
das Potenzial in sich, dazu anzuregen, die Leistungsgrenzen des Staates bei Erfüllen sei-
ner Sachziele weiter zu erhöhen. Andere dienen nur dazu, bereits gesetzte Ziele anders
und besser, d. h. auch mit weniger Kollateralschäden (wie z. B. unnötige Kosten durch
einen unnötigen „Zoo“ an parallel entwickelten und betriebenen IT-Anwendungen),
umzusetzen.
Abb. 8.3 zeigt einen eigenen Vorschlag für konkrete Maßnahmenbündel der Digita-
lisierung. Er ist formal teils sachlich sehr dicht an dem mit der Überschrift „E-Govern-
ment in Deutschland: Wie der Aufstieg gelingen kann“ betitelten, Thesenpapier des
Normenkontrollrats [27], das schon durch die an seiner Erstellung mitwirkende Fa.
Capgemini in Abschn. 6.3.3 näher vorgestellt wurde. Allerdings sind die Zuordnung
von Ober- und Unterthemen hier teils anders, außerdem wird eine konsequente Zentra-
lisierung gefordert statt einer Vielzahl von Verbesserungsvorschlägen für die Abmilde-
rung der Folgen von Nachteilen des Rechts von Ländern und Kommunen auf autonome
Gestaltung eigner digitaler Angebote für substanziell gleiche bundesweite Dienste.
Aus der Erkenntnis, dass sich der Staat ehrgeizige Ziel setzen und gewillt sein sollte,
diese in vollem Umfang und der gesetzten Frist ohne unnötige Reibungsverluste umzu-
setzen, folgt zwingend die Empfehlung, die Digitalisierung zur „Chefsache“ zu machen
und diese auch auf professionelle Weise wahrzunehmen. Das heißt konkret:

• Das Thema Digitalisierung muss direkt der obersten Chefebene, sprich dem Bun-
deskanzleramt, den Ministerpräsidenten und den (Ober-)Bürgermeistern zugeordnet
sein. Nur in Schleswig-Holstein ist bisher der CIO direkt dem Ministerpräsidenten
unterstellt, in allen anderen Bundesländern und dem Bund entweder dem Finanzmi-
nisterium, dem Innenministerium oder dem Ministerium für Justiz (nur Sachsen),
siehe Abschn. 4.1. Die Empfehlungen, die Instanz des CIOs höher anzuordnen, hat
nicht nur den Zweck, dem Thema höchste Aufmerksamkeit zu geben, sondern dem
284 R. Heuermann

Abb. 8.3 Ziele und Themen der strategischen Organisationsentwicklung

Querschnittsthema Digitalisierung an den vielfältigen Schnittstellen mit Organisa-


tions-, Rechtssetzungs- und Budgetthemen genügend Durchschlagskraft zu geben.
• Organisatorisch sollte der CIO auf Bundes- wie Landesebene ein 100-%-CIO sein,
der die Digitalisierung als Hauptaufgabe begreift und damit auch umfassend betrach-
tet (also sowohl die „interne“, verwaltungsorientierte Digitalisierung als auch die
externe in Richtung Bürger und Wirtschaft).
• Inhaltlich heißt „Digitalisierung in der Verwaltung ist Chefsache“, dass es eine voll-
ständige Ausarbeitung einer Digitalisierungsstrategie geben sollte, die systematisch
alle Managementthemenfelder der Verwaltungs-IT aufgreift, den Istzustand nüch-
tern analysiert und dann auf allen Handlungsebenen geeignete Maßnahmen mit einer
detailliert ausgearbeiteten Umsetzungsplanung sowie einem Erfolgscontrolling hinter-
legt. Wenn es weiterhin Ziel sein soll, führend im Einsatz von IT zu sein, müssen die
Strategien plausible Vorgehenswege beinhalten, besser als andere Länder zu sein.

Im Themenbereich Digitalisierung ist zu beobachten, dass die Kernverwaltung in Bund


und Ländern keine strukturierten Berichte zur IST-Situation, keine genügend klaren
Maßnahmenplanungen mit Termin- und Aufwandsangaben und auch keine die flächige
Umsetzung erkennenlassende Erfolgsberichtserstattung leistet. Hier überlässt man teils
Forschungsinstituten wie Fraunhofer FOKUS, Privatfirmen und Verbänden das Feld.
Sogar einfache Kennzahlen, wie die Gesamtausgaben der Gebietskörperschaften für IT,
8 Handlungsempfehlungen 285

sind nicht aus Standardberichten zu entnehmen, in den Haushaltsplanungen können sie


an ganz verschiedenen Stellen auftauchen. Die Summe aller Ausgaben wird ein Mix sein
aus direkt erkennbaren Kosten z. B. bei Beträgen für dritte IT-Dienstleister, Sach- und
Haushaltsbudget des eigenen Dienstleisters, vielen kleinen Beträgen als undeklarierte
Teilsumme bei „sonstiger Geschäftsausstattung“ vieler Behörden, undeklarierten IT-
Anteilen an ausgewiesenen Großprojekten usw.
Ob und inwieweit aus dieser, auf das Thema „Digitalisierung“ bezogenen Forderung
nach einem professionelleren Management an der Spitze der Gebietskörperschaften auch
generell bei anderen strategischen Großvorhaben (wie der „Energiewende“ oder der
„Flüchtlingskrise“) ähnliche Erkenntnisse abzuleiten sind, soll hier undiskutiert bleiben.
Nachfolgend werden nun die Empfehlungen zu den weiteren Aufgabenbereichen in
Abschn. 8.2.2 erläutert.

8.2.2 Änderung von Regeln und Kultur

Die Digitalisierung ist eine anspruchsvolle Aufgabe, die fähige Verwaltungsmana-


ger und eine durch Kooperationsbereitschaft geprägte offene, leistungs- und nutzerori-
entierte Verwaltungskultur benötigt. Diese Forderung ist grundsätzlich nicht neu, sie
wurde schon im Rahmen des „Neuen Steuerungsmodells“ mit dem Schwerpunkt auf
der Betrachtung des Bürgers und der Unternehmen als „Kunden“ der Verwaltung und
mehr quasi-marktlicher Orientierung bei der Leistungserstellung Öffentlicher Betriebe
erhoben. Dennoch sind viele deutsche Behörden weiterhin, gerade auch die Ministeri-
albürokratie, eher hierarchisch geprägt und pflegen weiterhin eine „Silokultur“ mit ein-
gemischten Anteilen einer den „Nasenfaktor“ betonenden Clankultur. Über die Gründe
hierfür kann man nur spekulieren: An die Spitzen von deutschen Bundesbehörden wer-
den neue Leiter bei frei werdenden Stellen durch die jeweilige Regierungskoalition, in
einer Art Proporz, nach Vorschlägen jeweils einer Partei berufen. Vor diesem Hinter-
grund könnte man die für das Zusammenarbeiten von Behörden nachteilige Kultur als
Folge des Herüberschwappens der in Parteien üblichen „Nasenkultur“ von Netzwerken
und Parteilichkeit in die eigentlich nach anderen Regeln, nämlich dem Leistungsprinzip
und Kooperationsgebot, gedachten Verwaltung sehen. Belege für die mangelnde Koope-
rationsbereitschaft von Behörden untereinander, ein hohes Maß an Beschäftigung mit
sich selbst und die Unwilligkeit mancher Behördenleitung zu Innovation finden sich
in großer Zahl immer wieder anlässlich einzelner Missstände in der Tagespresse, aber
auch in Querschnittsuntersuchungen des Bundesrechnungshofs [10]. Außerdem fällt
auf, dass deutsche Behörden teils weniger gerne auf ihre eigentlichen Auftraggeber, die
Bürger, hören: Eine Befragung von über 1200 deutschen Behördenleitern aller Ebenen
ergab u. a., dass weniger als 25 % der Befragten es für sinnvoll hielten, die Bürger in die
Gestaltung digitaler Dienste einzubeziehen [12]. Hierzu passt auch die Wahrnehmung
der Bevölkerung: Sopra-Steria berichtet anhand einer ländervergleichenden Studie mit
je 1000 Befragten in Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Norwegen, dass nur
286 R. Heuermann

53 % der Deutschen glauben, dass die Verwaltung die Digitalisierung weit oder sehr weit
vorangetrieben habe. In den anderen Ländern war die Einschätzung deutlich höher [33].
Nur 36 % der deutschen Befragten glauben, dass ihr persönliches Feedback zu einer Ver-
besserung der Behördenservices genutzt wird. Ein Zusammenhang zwischender innerer
Einstellung vieler Behördenleiter, den tatsächlichen relativen Rückständen in der Digita-
lisierung der Verwaltung gegenüber anderen Industrienationen und der Wahrnehmung in
der Bevölkerung ist plausibel zu vermuten.
Eigentlich wäre es eine Aufgabe der die Dienst- und Fachaufsicht führenden Minis-
terien, die Zusammenarbeitskultur in den ihnen nachgeordneten Behörden zu fördern.
Dies scheint nicht immer zu gelingen oder gar nicht auf der Agenda zu sein. Deshalb
ist die Änderungsarbeit an dieser manchmal für Innovationsthemen nachteiligen deut-
schen Verwaltungskultur auch Teil der ganz persönlichen Aufgaben eines für die Digi-
talisierung verantwortlichen CIOs in seiner Gebietskörperschaft. Hierzu braucht er die
volle Rückendeckung des Bundeskanzlers bzw. der Ministerpräsidenten oder Regie-
renden Bürgermeister der jeweiligen Bundesländer. Sehr diplomatisch drückte dies der
erste CIO des Bundeslandes NRW, Hartmut Beuß, aus: „Ich gebe zu, hin und wieder
träume ich von einer Art Richtlinienkompetenz zu Fragen der Informationstechnik,
weil das an der einen oder anderen Stelle Entscheidungsabläufe beschleunigen könnte.
Aber ich setze darauf, dass der Weg des konstruktiven Dialogs, manchmal auch des
konstruktiven Konflikts wie in den vergangenen zwei Jahren erfolgreich bleibt“ [2,
S. 16]. Zu den konzeptuellen Arbeitsmitteln gehören damit auch Akzeptanzmanage-
ment, Konfliktmanagement, Schaffung von Transparenz (für die Ministerien, Ressorts,
Behörden, IT-Dienstleister) usw. Auch ein gewisses Maß an Fehlertoleranz ist Teil der
benötigten kulturellen Rahmenbedingungen. Denn: Die Digitalisierungsprojekte werden
immer größer und komplexer. Ein falscher Anspruch an Perfektion statt angemessener
„80:20“-Passung führt zu unverhältnismäßiger Abstimmerei, überlangen Zeitbedarfen für
Konzeptarbeit und Beschaffungsgänge und dies nur, um im Ergebnis verspätete, konzep-
tionell oder technisch veraltete Lösungen für zwischenzeitlich schon durch neuere Ent-
wicklungen veränderte Probleme zu schaffen – und das evtl. mit mittlerweile schon nicht
mehr der modernsten Technologie!
Aus diesem Grund ist sehr viel gesundes Augenmaß und hohe persönliche Kompe-
tenz des CIOs nötig, um in seinem Umfeld einen optimalen Weg im Umgang mit der
Komplexität des Themas und den Eigenarten sowie Veränderungsbedarfen der gelebten
deutschen Verwaltungskultur zu schaffen.
Zu empfehlen ist, diese Kultur systematisch „top down“ – d. h. beginnend in den
Ministerien – zugunsten teamorientierter und vernetzter Kulturen abzulösen. Maßnah-
men könnten sein:

• Regelmäßige Rotation von Führungskräften, wie dies z. B. im Bundesministerium für


wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) der Fall ist. Zweck dieser Rotation ist, ein
besseres gegenseitiges Rollenverständnis der Entscheidungsträger zu erreichen und
dann zu bewahren.
8 Handlungsempfehlungen 287

• Stärkere Durchmischung der Verwaltung mit geeigneten Personen, die schon belast-
bare Berufserfahrung im Bereich der Privatwirtschaft und insbesondere im Bereich
Digitalwirtschaft haben.
• Werbend, aufklärend und mit konkreten praktischen Konsequenzen für das eigene
Entscheidungsverhalten die Anforderungen an Entscheidungsträger im Rahmen der
Digitalisierung ansprechen, insbesondere die Behördenleiter, die Organisationsberei-
che, den Haushaltsverantwortlichen und die Fachverantwortlichen für die großen Ver-
waltungsverfahren.

Da die regelmäßige Rotation oder die Rekrutierung eines höheren Anteils behördenfrem-
der Personen für Leitungsaufgaben leider als „Kollateralschaden“ Gefahr laufen, wegen
der Einarbeitungsbedarfe neuer Kräfte auch einen zeitweisen Kompetenzverlust nach
sich zu ziehen, sind ausgleichende Maßnahmen zu etablieren. Vorschläge hierzu sind:

• Ein besseres, auch digital unterstütztes Wissensmanagement. Behördenübergreifend


gibt es noch kaum einen institutionalisierten verwaltungsinternen Fachaustausch zwi-
schen IT-Leitern. Der Öffentliche Bereich „hängt“ sich nicht selten an Fachmessen
und andere Formate der Privatwirtschaft an. Ein direkter Kontakt zwischen den poli-
tischen Spitzen und den CIOs scheint nicht wirklich stattzufinden, obwohl dies erfri-
schend und lehrreich sein könnte.
• Gegebenenfalls als Erkenntnismittel über Art, Ausmaß und Verortung von Koope-
rationsmängeln entsprechend ausgerichtete systematische, behördenübergreifende
Zufriedenheitsbefragungen.
• Eine engagierte und effektiv auch auf Fragen der Führungskompetenz zielende
Dienstaufsicht der Ministerien über nachgeordnete Behörden. Auf Bundesebene, wo
viele Behördenleiter aufgrund eines parteilichen Proporzes der gerade regierenden
Parteien ausgewählt werden, gibt es vermutlich nur eine sehr geringe Neigung, cha-
rakterliche Mängel der selbst eingesetzten Personen öffentlich zu monieren. Hier hel-
fen ausgleichend evtl. von vornherein befristete Arbeitsverträge, deren Verlängerung
auch davon abhängt, inwieweit sie nachweisbar eine gute Verwaltungskultur fördern
und ihre Behörde freihalten von vermeidbaren Kooperationsmängeln.

8.2.3 Bessere Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen und


Kostentransparenz

Deutschland hat sich zwar in § 7 II der Bundeshaushaltsordnung und den entsprechenden


Regelungen der Haushaltsordnungen in den Bundesländern das Ziel gesetzt, die Verwal-
tung nach dem Gebot der Wirtschaftlichkeit zu führen und diese bei größeren Investitio-
nen mit geeigneten Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen (WiBe) zu belegen, die tatsächliche
Umsetzung dieser Vorgabe ist aber teils weit entfernt von einer transparenten und ernst-
haft betriebenen Effizienzkontrolle. Dies kann man an mehreren Fakten festmachen:
288 R. Heuermann

• Die Pflicht zum Anfertigen von WiBe besteht nur bei Änderungsvorhaben ab einer
bestimmten Größe, nicht jedoch für unverändert bestehen bleibende Abläufe. Damit
wird praktisch ein Großteil des Behördenlebens viele Jahre lang überhaupt nicht unter
Effizienzgesichtspunkten betrachtet. Eine Behörde, die nichts ändert und keine Poten-
ziale zu Verbesserungen auslotet, wird so indirekt sogar noch „belohnt“.
• Viele Behörden nehmen die Pflicht, eine WiBe anzustellen, nicht ernst und unter-
lassen es, diese anzufertigen. Der Bundesrechnungshof berichtete in 2013 über die
Befunde aus Querschnittsuntersuchungen in Bundesbehörden, dass ca. 85 % der ins-
pizierten Behörden bei finanzwirksamen Maßnahmen gar keine WiBe anstellten [8,
S. 22]. Darüber hinaus gab es zahlreiche methodische Mängel bei den vorgefundenen
Untersuchungen. Dies ging teils so weit, dass die Behörden ihre eigenen WiBe nicht
verstanden, weil Externe diese gefertigt hatten und die Zahlen nicht genügend erläu-
tert wurden. Es gibt keinen Sanktionsmechanismus für Verantwortliche in Behörden,
die solche WiBe unterlassen. Es obliegt allein den Dienstvorgesetzten bzw. der vor-
gesetzten Behörde, ob und wie sie auf Befunde des Bundesrechnungshofes reagieren.
Damit sind WiBe praktisch dem Belieben der Behördenwelt ausgesetzt.
• WiBe sind teils methodisch komplexe, speziell auf die Art des Vorhabens zuzuschnei-
dende Analysen. Einerseits fehlt Behörden manchmal fachlich qualifiziertes Personal
für diese Analysen, anderseits gibt es auch keine öffentlich zugängliche Sammlung
guter WiBe für verschiedene Aufgabenstellungen. Es wäre sehr hilfreich, für typische
Investitionsfragen der Digitalisierung vorgeprägte Modelle der WiBe zu haben und
ein genügend großes Expertenteam innerhalb der Verwaltung, das für nachfragende
Behörden aktiv wird.
• Es fehlt an Vergleichsdaten aus anderen Behörden. WiBe sind letztlich Vergleiche von
Alternativen. Geeignete Vergleichsdaten anderer Behörden zu haben, wäre sehr hilf-
reich für das Nachdenken über eigene Verbesserungsideen.
• Befunde zeigen, dass Bundesbehörden praktisch ihre Pflicht zur Aufgabenkritik,
sowohl methodisch wie auch sachlich, nicht genügend wahrnahmen. Ziele und Ziel-
systeme waren nicht geeignet, daraus mit genügender Klarheit Maßnahmen abzu-
leiten. Aufgabenkataloge waren veraltet und wurden nicht gepflegt (14 untersuchte
Bundesbehörden [9]). Dieser nicht unmittelbar mit dem Thema WiBe zusammenhän-
gende Befund mag ein Indiz dafür sein, dass ein Mangel in Behörden schon darin
liegen mag, dass sie ihren tatsächlichen aktuellen Aufgabenbestand nicht genügend
kritisch hinterfragen und selbst bei vorhandenen WiBe die Frage gestellt werden
muss, ob behauptete sachliche Notwendigkeiten tatsächlich so gegeben sind, gegebe-
nenfalls kann also auch die bestmögliche Digitalisierung völlig unwirtschaftlich sein,
dann nämlich, wenn sie eigentlich gar nicht benötigt wird.

Empfehlenswert wären folgende Maßnahmen:

• Durch ein Vorgehen im Stil „Zuckerbrot und Peitsche“ sollten mehr Druck und
Zwang zur tatsächlichen Durchführung von WiBe ausgeübt und gleichzeitig mehr
8 Handlungsempfehlungen 289

Hilfe durch sehr detaillierte und für typische Investitionsszenarien vorkonfigurierte


Methodenwerkzeuge gegeben werden.
• Dazu sollte ein zwingender Rhythmus für systematische WiBe auch bei unveränder-
ten Bestandsaufgaben kommen.
• Außerdem wäre eine flächendeckende und systematische Sammlung von Kosten-
benchmarks für Verwaltungsprodukte und Verwaltungsprozesse sehr nützlich. Dies
könnte man entlang des standardisierten Leistungskatalogs und durch Vorgaben für
eine entsprechende Gestaltung der innerbehördlichen Kosten- und Leistungsrechnung
erreichen.
• Kosten-Benchmarks machen nur dann Sinn, wenn die Kosteninformationen bei
gleichen Sachverhalten, z. B. Bereitstellen eines E-Mail-Kontos oder eines Stan-
dard-IT-Arbeitsplatzes, auf genau gleiche Weise errechnet wurden. Wegen der Ver-
bundproduktion in der IT und des hohen Anteils von Fixkosten, die über die Zeit und
verschiedene Services zu verrechnen sind, bedarf es hier standardisierter Vorgaben,
weil sonst jede Behörde anders rechnet. Eine genügend detaillierte, Prozesskosten
für IT-Services berücksichtigende Standard-Kostenleistungsrechnung ist sowohl im
schlanken Dauerbetrieb wie auch insbesondere im Fall von „Make-or-buy“-Entschei-
dungen auf Basis von WiBe mit Betrachtung der Lebenszykluskosten nötig, weil
sonst der absichtsvollen Willkür und damit Unvergleichbarkeit von Kosteninformatio-
nen viel Raum gelassen wird. In einigen Bundesländern, wie z. B. Berlin [3], sind IT-
Standardprodukte in der Kosten-Leistungsrechnung gefordert und definiert worden.
Ebenenübergreifende bundesweite Standards und deren tatsächliche Durchsetzung
wären sehr hilfreich.
• Ein ganz wichtiges Argument für Investitionen mit dem Ziel höherer Leistungsfä-
higkeit sind die Skaleneffekte. IT-Praktiker haben ein gemeinsames Verständnis für
Skaleneffekte, z. B. beim Einsatz von Clouds, Client-Virtualisierungen usw. Meist
lohnen sich Investitionen in solche Technologien aus Sicht finanzieller Vorteile erst
ab einer gewissen Größenordnung, manchmal kommen behördenspezifische Vorteile
durch einen höheren erreichbaren Grad an IT-Sicherheit dazu. Was dies aber in Zah-
len bedeutet, weiß der Öffentliche Bereich nicht auf Basis eigener überbehördlicher
Werte, sondern fragt gelegentlich externe Beratungsfirmen oder Hersteller, statt den
eigenen Fundus an Daten systematisch zu erschließen und zu nutzen. Ratsam ist es,
den vielen Entscheidern in einzelnen Behörden für typische Investitionen mit erwarte-
tem Skaleneffekt sachlich fundierte Informationen anzubieten.
• Ein oft nicht genügend hinterfragter Parameter bei Beschaffungen von Lizenzen, End-
geräten und anderen in großen Mengen benötigten Investitionsgütern der IT ist die
optimale Losgröße. Eine rechnerische Begründung mit Durchspielen von Alternativen
unter Berücksichtigung auch der exakten Kosten der Beschaffung selbst wäre wün-
schenswert. Um ein betriebswirtschaftlich sinnvolles Vorgehen in die Fläche zu tra-
gen, wären detaillierte Handreichungen mit Szenarien, in denen auch Varianten mit
Bevorratung berücksichtigt werden, hilfreich.
290 R. Heuermann

• Der hohe Anteil von WiBe, die von Externen im Auftrag der Behörden erstellt werden
(ca. ein Drittel der durchgeführten Arbeiten [8, S. 25]) zeugt auch davon, dass Behör-
den nicht immer die fachliche Kompetenz für diese Arbeit haben. Als Lösung dieses
Kompetenzproblems ist eine entsprechende obligatorische Zuordnung bei den Haus-
haltsbeauftragten der Behörden anzuordnen und diese Fähigkeit bei der Personalaus-
wahl als K.-o.-Kriterium zu berücksichtigen.

8.2.4 Integration von Organisation und IT

IT-Services sind letztlich nur Werkzeuge der Gestaltung von Fachverfahren sowie der
aufbau- und ablauforganisatorischen Wünsche der Fachbereiche. Die Kompetenz der
Organisationsbereiche in Behörden zum Projektmanagement und zu innovativen fachli-
chen wie allgemein-organisatorischen Lösungen wird behördenintern oft als überschau-
bar wahrgenommen. Die benötigte Kompetenz muss sich messen lassen an den hohen
professionellen Ansprüchen, die Organisationsverantwortlichen sollten auf Augenhöhe
mit den Bedarfen des projektlastigen Geschäfts der IT-Bereiche agieren können und
selbst den Innovationsgedanken der Digitalisierung aktiv vorantragen. Viele Organisati-
onsverantwortliche in Behörden sehen sich im Wesentlichen als Sachwalter des Perso-
nalhaushalts und weniger als Organisationsentwickler und Change Manager, dabei ist
gerade ein Verständnis für diese Herausforderungen für den Erfolg technischer Innovati-
onen wichtig, siehe Lenk [26].
Die Empfehlung ist, die Profilanforderungen der Organisationsverantwortlichen in
Behörden stärker auf die Funktion des Innovators, des Change Managers und Personal-
entwicklers auszurichten als auf die buchhalterische Administration des Personalhaus-
halts.
Außerdem ist eine bessere Verzahnung im praktischen Management mit den IT-
Bereichen nötig, sofern diese noch in einer Fachbehörde sind. Zu empfehlen ist:

• Die Prozesshandbücher der Behörden sollten explizit auch den Grad der IT-Unter-
stützung und Digitalisierung von Fachverfahren berichten. Zwischen der Sicht des
IT-Bereichs auf die Anwendungslandschaft und der Sicht des Organisationsverant-
wortlichen auf die Landschaft der Verwaltungsverfahren sollte eine dokumentierte
und regelmäßig abzugleichende „Brücke“ sein.
• Die Höhe der „Fremdleistungsquote“ in der IT (d. h. der Anteile externer Dienstleis-
ter an der eigenen Leistungserbringung) ist oft nicht allein aus sachlichen Gründen
zu erklären, sondern zu einem bemerkenswerten Teil auch aus Mängeln des inneren
Managements von Personalhaushalt und Budgetierungsprozess im Haushaltsverfah-
ren: Personal- und Sachhaushalt werden oft in Behörden zu einem unterschiedlichen
Zeitpunkt festgelegt. Wenn z. B. der Sachhaushalt zeitlich voranläuft, kann es pas-
sieren, dass im späteren Abstimmungsgang des Personalhaushalts der IT Stellen für
Mitarbeiter verweigert werden, die sie eigentlich bräuchte, um die im Sachhaushalt
8 Handlungsempfehlungen 291

veranschlagten Projekte mit eigenem Personal zu bestücken. Um diesem Problem zu


entgehen, kann man natürlich gleich einen höheren Anteil externer Dienstleister ein-
planen. Ein immer wieder von Insidern zu hörendes Szenario ist es, dass scheinbar
leichter Mittel für Sachkosten bewilligt werden als Geld für neue Stellen im Haus-
haltsplan. Über die Gründe kann man spekulieren, vermutlich wirkt hier die eigentlich
lobenswerte strengere Kontrolle der Haushaltsmittel asymmetrisch stärker auf Perso-
nalkosten als auf Sachkosten aus, weil eine Beurteilung des Bedarfs an Budgets für
Sachkosten aufgrund fehlender Benchmarks und guter WiBe (siehe Abschn. 8.2.3) der
Politik und den Behördenleitern schwerer fällt.
• Außerdem sollte die Aufgabe des Innovationsmanagements, ob digital oder nicht, als
Pflicht des Amtsträgers explizit in die Dienstpostenbeschreibung von Behördenleitern
und den Geschäftsverteilungsplan aufgenommen werden.
• In einer Prüfungsmitteilung des Bundesrechnungshofes wurde, anlässlich des Befun-
des mangelhafter Arbeit von Bundesbehörden bei Aufgabenkritiken, auch festgestellt,
dass die Organisationsbereiche in Bundesbehörden evtl. zu wenig Personal für die
sachgemäße Durchführung ihrer Aufgaben haben [9]. Daher hier die Empfehlung,
nicht nur den IT-Bereich, sondern auch die querschnittlichen Organisationsbereiche
für das durch gestiegene Anforderungen bei der forcierten Umsetzung von Digitalisie-
rungsmaßnahmen personell mit qualitativ hochwertigen Ressourcen zu stärken. Dies
kann letztlich Geld sparen, weil eine intelligente und mutige Organisationsarbeit eine
große Hebelwirkung auf die Kosten im nachgelagerten Bereich und die „Kunden“ der
Verwaltung haben kann.

8.2.5 IT-Services verbessern

Übersicht
IT-Services sind alle an interne „Kunden“ und IT-Nutzer (Fachbereiche und Mitarbeiter
der Verwaltung) und an „externe Kunden“ (Bürger und Privatwirtschaft) „verkaufbaren“
IT-Leistungen. Generelle Anforderungen externer und interner Verwaltungskunden an
Öffentliche Services sind:

• Vollständige digitale Zugriffsmöglichkeit auf alle Verwaltungsverfahren


• Schnelle Auffindbarkeit
• Am besten jederzeitige Erreichbarkeit
• Leichte Verständlichkeit
• Geringstmöglicher Aufwand bei Abruf
• Sachlich sehr gute Qualität
• Schnellstmögliche Ergebnisse

Nachfolgend werden zu diesen Anforderungen ergänzende Erläuterungen gegeben und


Empfehlungen ausgesprochen.
292 R. Heuermann

Vollständige digitale Abbildung aller Verwaltungsverfahren


Eine systematische Sammlung aller Leistungen der deutschen Verwaltung – Kernverwal-
tung und mittelbare Verwaltung – befindet sich in der per Auftrag des IT-Planungsrats
durch die Geschäftsstelle Leistungskatalog gepflegten Datenbank LeiKa Plus1. Für den
Betrieb dieser Geschäftsstelle ist das Land Sachsen-Anhalt verantwortlich. Derzeit ent-
hält der Katalog ca. 5000 Einträge.
Ein ganz wesentliches Ziel sollte sein, möglichst alle dieser Verwaltungsverfahren –
soweit machbar und wirtschaftlich vertretbar – digital anzubieten. Derzeit bietet sich
noch ein sehr unvollständiges Bild. Es gibt das Ziel bis 2017 die am häufigsten nachge-
fragten 100 Verfahren digitalisiert zu haben [11, S. 106]. Nimmt man die 5000 in LeiKa
eingetragenen Verfahren, dann sind das erst 2 % aller Verwaltungsverfahren. Dies ist von
der Anzahl her trotz Priorität auf den häufigeren Verfahren wenig und von der Qualität
und Nutzerfreundlichkeit her zu unbestimmt. Hier sollte ergänzend die Einheitlichkeit,
d. h. Standardisierung aller digital umgesetzten Verfahren hinzugefügt werden und eine
weitere Perspektive auf den zeitlichen und sachlichen Zielzustand bestimmt werden.
Um Bürgern und Behörden Deutschlands einen integrierten Zugriff auch auf Services
anderer europäischer Behörden (sobald diese vorhanden sind) künftig zu erleichtern und
die Bereitstellung dieser Services kostengünstiger zu machen, sollte die deutsche Ver-
waltung aktiver und aufmerksamer als bisher Normierungsvorhaben des europäischen
ISA in Work-Programmen begleiten. Hier werden u. a. Normen für den elektronischen
Dokumentenaustausch definiert und evtl. Anpassungsbedarfe ausgelöst (s. auch [34,
S. 16]).

Schlanke Anforderungen an Antragsteller, behördeninterne Daten nutzen


Behörden sollten von Bürgern und Unternehmen nur in geringstmöglichem Umfang Auf-
wände für Dateneinreichungen verlangen. Dies bedeutet:

• Unterschriften von Antragstellern und Meldeerstattern sowie persönliches Erscheinen


sollten nur dann gefordert werden dürfen, wenn dies gesetzlich vorgeschrieben ist.
Diese Regel sollte verbindlich und mit zwingendem Datum umgesetzt werden.
• Behörden sollten ihre Daten weitestmöglich vernetzen dürfen, um Antragstellern
unnötiges Einreichen von Nachweisen über Daten, die eigentlich bei Behörden vor-
handen sind, zu ersparen. Falls der Vernetzung von Daten zwischen Behörden bis-
her das Datenschutzrecht – tatsächlich oder in der strengen Wahrnehmung einzelner
Amtsträger – entgegensteht, sollte Bürgern das individuelle Recht auf Verweigern der
Vernetzung – dann natürlich mit der Folge eventuell höherer persönlicher Aufwände
bei Behördensachen – eingeräumt werden.

1Zugang über den link http://www.gk-leika.de/startseite/leika/online-leika/.


8 Handlungsempfehlungen 293

Schnelle Auffindbarkeit, geringstmöglicher Aufwand bei Abruf und leichte Nutz-


barkeit
Für Außenstehende, aber auch für Verwaltungsinterne ist manchmal allein schon das
Finden der zuständigen Ansprechpartner für bestimmte Services bzw. eine direkte Kon-
taktaufnahme nicht leicht, oder unmöglich. Suchen bedeutet Zeitbedarf und Finde-
Stress. Beides sollte vermieden werden. Die nicht immer intuitiv verständliche Logik
der Organisation und Begrifflichkeit behördlicher Services schrecken den einen oder
anderen Nutzer ab, zumal private Nutzer in Deutschland nicht häufig Behördendienste in
Anspruch nehmen, durchschnittlich ca. einmal je Jahr. Als Finde-Werkzeug für Verwal-
tungsexterne eignet sich z. B. der Leistungskatalog LeiKa daher in der jetzigen Fassung
nicht, er ist ein Werkzeug für Fachleute der Verwaltungsorganisation.
Es sollte eine nutzerorientierte, bundesweit einheitliche Zugangslogik und Finde-
Mimik zu den Services der Verwaltung geben. Die Gliederung der Behördenleistung
nach Anfangsbuchstaben behördeninterner Bezeichnungen für Dienste ist für verwal-
tungsunerfahrene Nutzer teilweise nicht verständlich, besser sind vermutlich nach
Lebenslagen sortierte Auswahlmenüs. Ein Beispiel häufiger Lebenslagen findet sich
in Abschn. 3.1.2.2 bei der Darstellung kommunaler Aufgaben. Angesichts der großen
Bedeutung dieses Themas für die Nutzerakzeptanz sollte die optimale Navigation zu den
digital angebotenen Services ggf. softwareergonomisch untersucht werden.
Wünschenswert in diesem Zusammenhang wäre auch ein Überdenken bewusst
gesetzter Schranken zur Kontaktaufnahme bereits zuständiger Sachbearbeiter in Behör-
den. Im Sinne des Servicenutzers ist das nicht und punktuell kommt es durch diese
„Kontaktverweigerung“ sogar zu vermeidbaren Verzögerungen im Bearbeitungsprozess
(z. B. bei Leistungsbeantragungen).
Neben der durch leichtes Auffinden evtl. gesparten Lebenszeit möchten viele Nutzer
gerne auch Gebühren sparen, wann immer möglich. Bei Verwaltungsdiensten, die nur
gegen Gebühr erfolgen, gibt es derzeit in Deutschland gleiche Preise für alle Kanäle des
Behördenzugangs. Andere Länder machen das teils anders und bieten eine positive Dis-
kriminierung zugunsten des digitalen Zugangsweges an. Dies wäre an geeigneter Stelle
auch für Deutschland ein gangbarer Weg.

Jederzeitige Erreichbarkeit
Viele Bürger und privatwirtschaftliche Betriebe wünschen sich eine Erreichbarkeit von
Behördenservices auch jenseits der üblichen Bürozeiten der Verwaltung. Dies zeigen
Untersuchungen zu Erwartungen und Zufriedenheit bei der Nutzung von E-Government.
Sicher ist neben der ja zumeist 24/7-Verfügbarkeit von Homepages auch der dahinterlie-
gende Service zumindest telefonischer Auskünfte gemeint. Diese Forderung ist im Kon-
flikt mit den Kosten für die in Tagesrandzeiten ja auch vermutlich seltener nachgefragten
Auskunftsdienste.
Zu empfehlen ist, den Einsatz von Systemen mit Künstlicher Intelligenz für Zwe-
cke der allgemeinen Auskünfte und Beratung beim Ausfüllen elektronisch verfügbarer
Anträge zu testen. Der sachlogische Aufbau der Verwaltung und einige gut strukturierte
294 R. Heuermann

Antragsverfahren dürften ein leicht erschließbares Themenfeld für semantische Exper-


tensysteme sein. Kombiniert mit Spracherkennungssoftware und Sprachausgabe könnte
ein entsprechend gebautes System 7 × 24 h eine auf den Nutzer hin adaptierte Auskunft
geben. Auch könnten solche Systeme evtl. elektronisch eingereichte Unterlagen in weit
größerem Umfang als bisher mit Plausibilitätstests inhaltlich prüfen und Rückmeldung,
ggf. sogar Beratung geben.

Schnellstmöglich Ergebnisse an den Anfragenden zurückliefern


Ideal wäre es, wenn auf Anfrage hin die Verwaltung online sehr schnell in der Sache ant-
worten könnte, sofern der Anfragende die technischen Voraussetzungen für die Kommu-
nikation erfüllt und die erforderlichen Kontaktdaten auch abgefragt wurden und abrufbar
sind. Folgende Anforderungen an die Verwaltung sind zu nennen:

• Anfordern nur der wirklich rechtlich zwingend nötigen Nachweise, Unterlagen usw.
• Möglichst Besorgen der benötigten Nachweise durch Online-Verbindung zu ande-
ren Behörden, wann immer Nachweise dort verfügbar sind und die Erlaubnis auf den
Zugriff besteht.
• Beseitigen aller verwaltungsinternen Medienbrüche und volle Digitalisierung aller
geeigneten Teile der Prozesskette.
• Reduzierung der innerbehördlichen Arbeiten und Prüfungen auf das rechtlich Not-
wendige und pragmatisch betrachtet Machbare und Sinnvolle.
• Wo immer möglich Nutzen der technischen Angebote auf Automatisierung und
Assistenzsysteme, z. B. automatischer Dokumentenvergleich bei Nach-Einreichun-
gen, ggf. vorhandene KI-Werkzeuge (siehe Abschn. 7.2.4.3) zur inhaltlichen Vor-
Analyse juristischer Texte usw.

8.2.6 Abläufe und Struktur optimieren

Abläufe
Die IT-Dienstleistungen der Öffentlichen Hand in Deutschland werden durch eine sehr
große Anzahl von IT-Dienstleistern erbracht (Schätzungen sprechen von mehr als 150,
eine exakte Zahl ist durch amtliche Statistiken nicht zu erfahren). Zwar ist auf allen Ebe-
nen der Gebietskörperschaften seit Jahren eine mehr oder weniger schnelle Konsolidie-
rung zu beobachten, jedoch schreitet dieser Vorgang insgesamt langsam und/oder ohne
eine fest beschlossene Zielvision voran.
Gebietskörperschaften und teils Ressorts in Gebietskörperschaften gestalten ihre
Verwaltungsprozesse und die Art der Verwaltungsprodukte auf individuelle Weise.
Juristisch wird argumentiert, dass dies eine praktische Konsequenz des Subsidiaritäts-
prinzips, der föderalen Grundordnung und des Ressortprinzips ist. Tatsächlich ist dies
aber auch – langfristig – vermutlich viel teurer als nötig, denn alle IT-unterstützten Ver-
fahren können aufgrund der relativ hohen Infrastrukturkosten und der Skalierungseffekte
8 Handlungsempfehlungen 295

bei stärkerer Nutzung günstigere Grenzkosten haben. Wo konsolidierte IT-Dienstleister


im „eingeschwungenen Zustand“ sind, hört man von den Verantwortlichen Aussagen
über deutliche Spareffekte gegenüber dem Zustand zuvor. Beispiele: Der Dataport-
Zusammenschluss bisher selbstständiger IT-Landesdienstleister brachte den beteiligten
Trägerländern eine Einsparung von ca. 15 % der vorherigen Kosten. Die im „Einer-für-
alle“-Weg im Data-Center Rostock konsolidierten IT-Steuerverfahren für ca. 14 Mio.
Bürger sind 20 % billiger als die Verarbeitung zuvor (alle Angaben aus [4, S. 157 f.]).
Ein anderes, älteres Beispiel aus D-Mark-Zeiten mit noch dramatischeren Sparef-
fekten auf kommunaler Ebene stammt von Weggen [36, S. 14]: Er rechnet vor, dass die
Stadt Goch in NRW bei eigener Erstellung einer Software für das Einwohnermeldewe-
sen ca. 1,92 Mio. DM hätte ausgeben müssen. Durch Zusammenarbeit im Kommunalen
Rechenzentrum Niederrhein (KRZN) sanken die Kosten auf 49.000 DM für jede der 39
Kommunen, und durch Kooperation in der Arbeitsgemeinschaft Kommunale Datenver-
arbeitung (AKD) verteilten sich die Kosten auf 250 Kommunen, Kostenanteil für Goch:
nur noch 7500 DM.
Das Auslassen der Chance für solche drastischen Wirtschaftlichkeitsvorteile wider-
spricht dem gleichzeitig auch grundgesetzlich in Art. 114 verankerten Gebot des ver-
antwortungsvollen Umgangs mit Eigentum, also auch mit den öffentlichen Ressourcen.
Den Weg zu einer Standardisierung im Backoffice haben manche Kommunen und Bun-
desländer durch Servicecenter und/oder gemeinsame IT-Dienstleister schon beschrit-
ten (eKOM21, AKDB, eGo-Saar usw.), aber teils langsam, an manchen Stellen noch
sehr lückenhaft und inkonsequent. Die Änderung des Art. 91 GG im Jahre 2009 mit
einer ausdrücklichen Kooperationserlaubnis von Bund und Ländern bei IT-Services ist
nur Ausdruck der Tatsache gewesen, dass sich ranghohe Beschäftigte in der Verwal-
tung damals schon mit dem pauschalen Hinweise auf den Föderalismus gegen sinn-
volle Kooperationsvorschläge zur Standardisierung gewehrt haben. Im IT-Planungsrat,
dem gleichberechtigt Bund und Länder angehören, wurde jahrelang ein freiwilliger
Weg der Vereinheitlichung bottom-up gesucht. Gemessen an Deutschlands Ranking im
internationalen E-Government-Vergleich der EU sowie im eGovernment-Monitor (vgl.
hierzu mit mehr Details Abschn. 7.1) war das kein sehr erfolgreiches Gremium, so auch
Schallbruch [31]. Nun im Jahr 2017 sind über den Weg des Portalverbundes zwar eine
gegenseitige Verlinkung vonseiten des Bunds und der Länder sowie ein Bürgerkonto
für den einheitlichen Zugang zu allen dahinterliegenden Diensten vorgesehen, eine zu
erzwingende Vereinheitlichung der dahinterliegenden Services folgt aus einem geplan-
ten (Stand 3/2017) neuen „Online-Zugangsgesetz“ (OZG) aber weiterhin nicht. Unter-
suchungen zeigen aber, dass allein ein einheitliches Bürgerkonto die Akzeptanz von
E-Governmentleistungen nicht beflügelt, sondern erst die Einheitlichkeit der Services
und Vernetzung in der Behördenarbeit dahinter [23]. Peuker drückt es so aus: „Die ver-
fassungsrechtlich garantierte Eigenstaatlichkeit der Bundesländer und deren Eigeninte-
ressen befördern digitale Insellösungen und zwingen in den trägen Verhandlungsmodus
des kooperativen Föderalismus […] Flexibilität Schnelligkeit und Anpassungsfähigkeit
bleiben dabei allerdings auf der Strecke“ [29, S. 63]. Empfehlenswert ist daher eine
296 R. Heuermann

Grundgesetzänderung, die den Ländern und Kommunen das Recht auf eigene Versionen
der IT-Services (bei bundesweit gleichen Verwaltungsservices) nimmt und grundsätzlich
einen Anschlusszwang an bundesweit zentral angebotene, einheitliche Lösungen vor-
sieht. Ausnahmen hierzu könnten IT-Dienstleister oder Netzwerke sein, die auf Basis
prüfbarer Kalkulationen nachweisen, dass sie qualitativ mindestens genauso gut und kos-
tengünstiger als der zentrale Dienstleister die angebotenen Services bereitstellen können
und dies auch tatsächlich tun. Diese Regel würde denjenigen Hoffnung lassen, die trotz
erkannter Mängel eine Überlebensfähigkeit der bisherigen aufbauorganisatorisch frag-
mentierten Struktur im föderalen System nicht ausschließen. Im Falle gleicher „echter“
Kosten eines kleineren Öffentlichen Dienstleisters mit denen eines großen konsolidier-
ten Anbieters, z. B. ITZBund oder Dataport, wäre allerdings nach den Gründen dafür zu
fragen: Ist der große IT-Dienstleister mit dem viel höheren Potenzial für Skaleneffekte
schlecht gemanagt?

Struktur
Die IST-Situation stellt sich wie folgt dar:

• Auf der Ebene des Bundes gibt es gerade mit dem Zusammenschluss ITZBund eine
Konsolidierung der IT dreier Bundesressorts (BMF, BMI und BMVI). Bis zum Jahr
2022 sollen ca. 150 nachgeordnete Behörden in den Bundesressorts ihre Querschnitts-
IT und die IT-Basisdienste ausschließlich über ITZBund und das separat daneben
weiterbestehende BWI („weiße“ Bundeswehr-IT) beziehen. Der politische Druck für
diese Konsolidierung kam aus dem Haushaltsausschuss des Bundestages, die Bun-
desregierung selbst schien von sich aus hier keine große Geschwindigkeit zu entfal-
ten. Außerdem wird über die organisatorische Verschmelzung von ITZBund mit der
BWI der Bundeswehr nachgedacht. Bei den Bundesländern gibt es schon mit Data-
port eine Mehrländeranstalt, die in drei Ländern vollumfänglich und in drei weiteren
Ländern Teile des Landesdienstes mit IT-Services versorgt. Der Zusammenschluss
der IT in den ersten beiden Dataport-Ländern Hamburg und Schleswig-Holstein kam
eher durch den „Zufall“ einer auf beiden Seiten gut „verdrahteten“ Person und auf
deren Initiative hin stattfindenden abendlichen, privaten Gesprächsrunden zustande
als durch konkrete strategische Initiative von Politikern (s. [17, S. 39]). Das Saarland
beabsichtigt auch den Zusammenschluss seiner IT mit derjenigen eines anderen Bun-
deslandes, bzw. gleich des ganzen Saarlandes mit anderen Bundesländern [14].
• Daneben existieren im Bundesgebiet nur länderspezifische und darin alle Varian-
ten sonstiger Arbeitsteilung zeigende IT-Dienstleister: Zentrale Länderanstalten, die
aber nicht alle Ressorts bedienen (z. B. NRW, Niedersachsen, Sachsen), zwei parallel
arbeitsteilig die Landes-IT versorgende Anstalten (Bayern) und zentrale Dienstleister
wie in Hessen, die nahezu umfassend alle Dienste bieten, usw.
• Die Kommunen Deutschlands haben ihre IT in unterschiedlichem Umfang und unter-
schiedlicher Rechtsform (GmbH, Zweckgesellschaft …) entweder konsolidiert unter
dem Dach eines Verbandes, wie des KDN, zur Zusammenarbeit und teils Arbeitsteilung
8 Handlungsempfehlungen 297

freiwillig eingeschworen oder leisten sich weiterhin eine eigene IT-Erbringungseinheit.


Freiwillige Zusammenschlüsse in einzelnen Bundesländern wie der KDN in NRW oder
die bundesweite VITAKO als Interessens- und mit ProVitako auch Einkaufsgemein-
schaft für kommunale IT-Dienstleister stehen für einen großen Anteil, aber längst noch
nicht alle kommunalen IT-Dienstleister. Diese Formen der Zusammenarbeit sind keine
Konsolidierung der Aufbauorganisation, sondern praktisch eine unvollständige Ver-
teilung von Aufgaben auf Shared Service Center. Ob und wie weit man mit solchen
Strukturen gleiche oder sogar bessere Ergebnisse als mit einer aufbauorganisatorischen
Vollkonsolidierung erreichen kann oder schon erreicht hat, ist noch nicht unabhängig
untersucht worden.

Diese Situation ist aus zwei Gründen ineffizient:

• Backoffice-IT-Dienstleistungen sind ein stark durch fixe Infrastrukturkosten gepräg-


tes Geschäft, das schon durch rein technische Effekte und Einkaufsbündelung beim
Größenwachstum durch Skalierungseffekte profitiert. In Abb. 8.4 sind mögliche
Skalierungseffekte aufgezeigt. Das Ergebnis der Skalierungsvorteile sind sinkende
Grenzkosten für die durch eine Größenzunahme dazukommenden zusätzlichen Aus-
bringungseinheiten. Zu beachten ist hier einschränkend Folgendes: Die Grenzkosten
werden bei weiterem Wachstum selbst unter optimalen Bedingungen nicht endlos
kleiner werden, es gibt vermutlich je nach Art des IT-Services praktische Grenzen
des weiteren Kostenvorteils. Außerdem könnte es dem Skalierungsvorteil entgegen-
wirkende Kräfte geben, z. B. ein Übermaß an Bürokratie. Daher bedarf es bei größer

Abb. 8.4 Mögliche Skalierungseffekte – Erfahrungskurve und Größendegression (Quelle: [1,


S. 127])
298 R. Heuermann

werdenden IT-Dienstleistern eines klugen und starken Managements, um den Vor-


teil der wachsenden Größe auch tatsächlich in sinkende Grenzkosten umzumünzen.
Diese Managementfähigkeit ist nicht selbstverständlich und im Öffentlichen Bereich
vermutlich im Kampf gegen Ämterpatronage und Überbürokratisierung auch beson-
ders schwer zu erreichen, sei hier trotzdem aber unterstellt. Anzuregen ist aber, genau
diese Fragen – 1) Verlauf von Skalierungseffekten bei allen typischen IT-Services
(Beispiel für die Machart könnte eine von Dataport vorgelegte Machbarkeitsuntersu-
chung zur Konsolidierung von E-Mail-Services über alle Bundesländer hinweg sein,
s. Ziesing et al. [37, S. 80 f.]) und 2) Optimales Management Öffentlicher IT-Dienst-
leister, Rechtsform, Qualitätsmanagement usw. – gutachterlich untersuchen zu lassen.
• Verschiedene Instanzen bedeuten im Öffentlichen Bereich trotz vielfältiger Anstren-
gungen zur Harmonisierung und Gleichteileverwendung weiterhin einen Gerätezoo
und einen Zoo an unterschiedlichen Abläufen und „Sonderlocken“ bei Services.

Nur durch Zusammenfügen in eine einzige, gut gemanagte und mit ausreichend Res-
sourcen ausgestattete organisatorische Einheit kann man hier auf Dauer optimale Ska-
leneffekte ohne laufende hohe Zeit- und Geldaufwände für Abstimmungen ohne gar die
Gefahr des Rückbaus beim Wechsel der politischen Wetterlage zwischen den Behörden
erwarten. Der Kern der Leistungserstellung einer Verwaltung findet im Backoffice, d. h.
in den Fachbereichen, und für die IT-Dienste im „Rechenzentrum“ oder durch zuge-
kaufte externe Dienstleister statt. Eine größtmögliche Zusammenführung eigenerstellter
Leistungen in Kompetenz-/Dienstleistungszentren sowie eine möglichst weitgehende
Standardisierung und damit Skalierungsfähigkeit sind anzustreben.
Aus diesem Grund sollte die Zielstruktur der staatlichen IT-Erbringung möglichst
wenige eigenständige IT-Dienstleister vorsehen. Ein „radikaler“ Ansatz könnte wie in
Abb. 8.5 skizziert aussehen.
Als „Leitplanken“ können folgende Überlegungen gelten:

• Für die Querschnittsleistungen, d. h. IT-Basisservices (mit u. a. Internetdiensten wie


E-Mail usw.) sowie alle Anwendungen für OPH-Services (Organisation, Personal und
Haushalt/Controlling und Liegenschaftsmanagement), sollte höchstens je Ebene nur
noch ein IT-Dienstleister zuständig sein. Im Bundesland Berlin hat man mit der dort
im neuen E-Govenment-Gesetz verankerten Regelung – siehe Abschn. 4.2.2 – einen
Ansatz definiert, der ähnlich auf eine bundesweite anloge Regelung übertragbar wäre.
• Eine noch weitergehende Konsolidierung als die zuvor genannte wäre die ebenen-
übergreifende gemeinsame Versorgung aller OPH-Services von Bund, Ländern und
Kommunen, die technisch und fachlich (trotz teils unterschiedlicher Details z. B. in
der Besoldung) ebenfalls mit gleichen Softwareprodukten möglich wäre.
• Auch für SOA-fähige (Gleichteile-fähige) Fachanwendungen in den durch viele
interne Kunden mit annähernd gleichen Bedarfen geprägten Ebenen Kommune und
Land sollte möglichst nur ein IT-Dienstleister je Verwaltungsebene verantwortlich
sein. Nur bei Fachanwendungen, die behördenindividuell sein müssen und daher nicht
8 Handlungsempfehlungen 299

Abb. 8.5 Vertikale und horizontale Konsolidierungsziele Öffentlicher IT

SOA-fähig sind, ist (genauso wie für den Vor-Ort-Service) evtl. eine eigenständige
Versorgung durch die IT einer Behörde beizubehalten.

Behörden fusionieren i. d. R. nicht freiwillig. Ihr eigenes wirtschaftliches Überleben


hängt ja nicht davon ab, ob ihre Tätigkeiten genügend eingehende Zahlungsströme
erzeugen. Damit gibt es – bis auf die Aufwertung von Leitungsfunktionen größer
gewordener Organisationseinheiten oder die Aussicht auf Zuschläge z. B. bei Fusion
mit Behörden, die eine Ministerialzulage oder Bankenzulage zahlen – keine behörde-
ninternen materiellen Lockmittel für Entscheider oder Zwänge analog zu denen in der
Privatwirtschaft. Selbst die eigentlich mit dem Gebot der Wirtschaftlichkeit gegebene
Möglichkeit, die langfristigen wirtschaftlichen Vorteile durch Skalierungseffekte bei
einem Zusammenschluss zu erzielen, als zwingendes Argument zu nutzen, gelingt nicht
wirklich. Zwar sind Behörden gehalten, bei jeder Beschaffung oberhalb von Bagatell-
grenzen WiBe anzustellen, aber es gibt keine Regel, den eigenen Bestand regelmäßig mit
der Option auf einen Zusammenschluss mit anderen zu verproben.
Empfehlung: Regelmäßige Überprüfung des Bedarfs nach Eigenständigkeit von
Behörden (nicht nur die der Öffentlichen IT-Dienstleister) durch die zuständige Oberbe-
hörde oder die Rechnungshöfe, weil durch digitale Technologien das Potenzial des auf-
bauorganisatorischen Verschmelzens gestiegen und die Kosten des Zusammenschlusses
tendenziell gesunken sein könnten.
300 R. Heuermann

Die bisherigen Darstellungen und Empfehlungen sind mit dem Blick auf die natio-
nale Situation gegeben worden. Darüber hinaus gibt es noch eine internationale Facette
der IT-Vernetzung, allerdings ergeben sich hieraus bei der derzeitigen Auftragslage keine
besonderen Ansprüche auf eine strategisch weitergehende IT-Integration:
„Europa“ als durchgehende vierte Ebene mit flächendeckenden Verwaltungsaufgaben
im Inneren ihrer Mitgliedsländer gibt es nicht. Zu anderen Ländern im Euro-System und
der Europäischen Union gibt es in Einzelfällen behördenspezifische bilaterale Schnitt-
stellenpartner. Sehr intensiv sind z. B. der Datenaustausch und die gemeinsame Arbeit
der Bundesbank mit den anderen Zentralbanken im Euro-System, um den täglichen
Zahlungsverkehr sicherzustellen. Ein Beispiel aus dem Bereich von Aufsichtsbehörden
ist der Datenaustausch nationaler Polizeibehörden über Interpol. Gleiches gibt es auch
bei der Aufsicht über Finanzmärkte z. B. durch vollumfänglichen Austausch von Wert-
papier-Transaktionsdaten beaufsichtigter Marktteilnehmer in einem Hub in Paris. Von
Verbesserungs- und Fortschreibungsbedarfen im Einzelfall – z. B. beim Datenaustausch
im Schengener Informationssystem SIS – abgesehen, ist hier nicht erkennbar, dass eine
stärkere Vernetzung einiger heterogener, sehr fachspezifischer Insel-Anwendungen oder
gar eine übernationale vertikale Integration der IT-Dienstleister empfehlenswert wären.

8.2.7 Personal-Ressourcen sachgerecht auswählen und


systematisch entwickeln

Die Ressourcen für die digitalen Services sind das IT-Personal sowie die Hersteller und
Lieferanten von Software und Hardware. Die wichtigste Ressource für die Öffentli-
che Verwaltung ist das eigene Personal, wobei hier nicht nur die IT-Fachkräfte auf der
Arbeitsebene, sondern wegen der Verzahnung von Digitalthemen bis weit in die Organi-
sations- und Fachfragen der Verwaltung hinein auch die Führungskräfte, d. h. Entschei-
der in Politik und Behördenmanagement, gemeint sind.

IT-Fachkräfte
Eine immer wieder öffentlich propagierte Befürchtung ist, dass die im Zuge der demo-
grafischen Entwicklung stark zurückgehende Anzahl von Jugendlichen in einer Alters-
kohorte letztlich ja auch zu einer geringer werdenden Anzahl junger Berufstätiger und
damit – auch angesichts des gegenüber der Freien Wirtschaft nicht konkurrenzfähigen
Einkommens – zu einer deutlich kleiner werdenden Zahl von Bewerbern für den Öffent-
lichen Dienst führt. Diese begründete Befürchtung ist bisher – soweit wahrzunehmen –
nicht in der erwarteten Dramatik eingetreten, eventuell auch, weil viele Behörden gerade
im besonders kritischen Segment der Bewerber für den gehobenen Dienst (Qualifikati-
onsstufe 3) in Kooperation mit Hochschulen duale Studiengänge anbieten. Derzeit gibt
es einige hundert, meist duale Studienplätze für E-Government und Verwaltungsinfor-
matik auf Hochschulniveau (frühere Bezeichnung: Fachhochschul-), nach eigenen Schät-
zungen in 2013/2014 knapp 300 je Jahr [15, S. 5 f.].
8 Handlungsempfehlungen 301

Eine Empfehlung ist es, den Bedarf nach weiteren dualen Studienplätzen für Verwal-
tungsinformatiker und Spezialisten für E-Government bzw. New Public Management
regelmäßig zu prüfen und die Zahl der Studienplätze ggf. anzupassen.

Allgemeine IT-Ressourcenentwicklung
Die digitalen Fähigkeiten des Öffentlichen Bereiches werden von dem Niveau der für
Digitalthemen benötigten Bildung allgemein beeinflusst, dem entsprechenden Bildungs-
niveau aller Beschäftigten des Öffentlichen Bereichs und der Zahl von Schülern, die ein
einschlägiges Studium oder eine Lehre in Digitalthemen aufnehmen wollen. Daher sind
die folgenden Vorschläge von Kollmann & Schmidt [21] und vielen anderen ebenfalls
nützlich:

• Schulen und gesellschaftliche Multiplikatoren sollten eine positivere Einstellung


gegenüber Technologie vermitteln („Technologie lieben lernen“) und nicht fast aus-
schließlich Horrorszenarien und Gefahren betonen.
• Informatik sollte als Pflichtfach in allen Schulen und Schulformen gelehrt werden. In
Konsequenz dessen wäre eine umfassende Wissenserschließung durch die Pädagogen
erforderlich, um den Schülern einerseits fachliche Förderung/Spezialisierung anbieten
zu können, andererseits sie frühzeitig an eine zunehmende Technologisierung der sie
umgebenden Gesellschaft heranzuführen.
• Da Digitalthemen auch von einem guten Verständnis der Wirtschaftlichkeitsvorteile
digitaler Lösungen leben, nützt auch eine stärkere Förderung der Wirtschaftsfächer an
allgemeinbildenden Schulen, insbesondere natürlich Betriebswirtschaftslehre.

Führungskräfteentwicklung und an fachlichen Kriterien orientierte Selektion von


Spitzenbeamten
Wegen der starken Verzahnung von Digitalthemen mit der Organisationsentwicklung und
der besonders in Behörden, mit ihrer oft hierarchiebetonten Führungskultur, zentralen
Rolle von Führungskräften kommt der Führungskräfteauswahl eine besondere Bedeu-
tung zu. Diese soll in zwei Aspekten betrachtet werden: Der Auswahl von Spitzenbeam-
ten am Beispiel der Bundesebene und den allgemeinen Regeln der Laufbahnbeförderung.
Zu den tatsächlichen Auswahlkriterien von Spitzenbeamten gibt es bisher nur sehr
wenige fundierte Untersuchungen. Eine jüngere empirische Arbeit untersucht, wie die
politischen Parteien Deutschlands bei der Personalauswahl auf Bundesebene vorgehen
und nimmt die Regierungszeit von 2003 bis 2013 unter die Lupe [35]. Sie zeigt auf,
dass Juristen mit über 50 % der ausgewählten Kandidaten und – bei der CDU besonders
deutlich – Personen mit vorheriger beruflicher Station im Kanzleramt, als Pressespre-
cher o. Ä., eine besonders hohe Auswahlchance haben. Die Grünen wählen tendenziell,
eher als andere Parteien, Spitzenbeamte nach fachlicher Qualifikation. Sie haben auch
den höchsten Anteil von Promovierten (46,3 % aller Berufungen, bei der SPD z. B. nur
30,8 %) berufen, allerdings stellen sie auch weniger Frauen als andere in hohe Ämter
ein. Den stärksten Bezug der Parteimitgliedschaft für die Auswahl wies die FDP auf.
302 R. Heuermann

Alle soeben genannten Effektunterschiede zwischen den Parteien waren absolut relativ
schwach. Die frühere Rolle als persönlicher Referent, Leiter Ministerialbüro usw. ist bei
allen Parteien ein deutlicher Vorteil. Hier kommt das Prinzip „Nasenfaktor“ deutlich zum
Vorschein. Verwaltungsgeneralisten haben eher weniger Chancen. Die durch die Art der
Personalselektion bedingten individuellen Erfahrungsmängel bei Entscheidern werden
teils durch einen strukturellen Nachteil, die Trennung von Gesetzgebung und Vollzug,
verstärkt: Die in der deutschen Verwaltungspraxis als Vorteil der Gewaltenteilung dar-
gestellte strikte Trennung von Gesetzgebung und Vollzug birgt leider auch ein großes
Potenzial für praxisferne und letztlich unwirksame Regeln in sich [20, S. 90]. Der Ein-
druck vieler Verwaltungspraktiker ist es, dass das aktuelle politische Leitungspersonal
die Verwaltungspraxis weniger kennt, als dies frühere Generationen von Politkern mit
einem längeren Karriereabschnitt in der Kommunalverwaltung taten. Dies hängt even-
tuell mit politischen Karrierewegen von der Hochschule direkt in die Parlamente zusam-
men, aber auch mit der wachsenden Komplexität von Verwaltungsverfahren. Um die
Nachteile dieser Trennung abzumildern, sind die Mechanismen der Normenkontrolle ex
ante und ex post zu verstärken, siehe Abschn. 8.3.1.
Auch für die Karrierewege jenseits der Spitzenpositionen gelten in den Laufbahn-
ordnungen für Beamte Regeln, die bei der Auswahl für IT-Leitungsfunktionen nicht
zwingend nach Erfahrungen in IT-Themen fragen. Beamte werden z. B. nicht nach
bestmöglicher fachlicher Eignung für ein neues Amt ausgewählt, sondern oft teils nur
aufgrund allgemeiner guter Beurteilungen aus früheren Verwendungen. Eine fachspezi-
fische Potenzialbetrachtung findet in vielen Behörden nicht in dem Maße statt, wie es
in der Privatwirtschaft als beste Praxis getan wird. So kommen z. B. teils absolute fach-
liche Laien in IT-Führungspositionen von Bundesbehörden, auch von systemkritischen
Einrichtungen mit hohem Potenzial an Folgeschäden durch Tun oder Unterlassen bei
schlechtem Management. Die Dienst- und Fachaufsicht wird oft nicht so intensiv wahr-
genommen, wie es bei vergleichbaren Aufgaben in der Privatwirtschaft der Fall ist. Wie
wenig mangelndes Fachwissen eines IT-Leiters in Bundesbehörden auffallen kann, zeigt
ein extremes Beispiel in der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin),
wo im Jahr 2006 der IT-Leiter als ca. 200-facher Serienstraftäter mit Korruption und
Untreue nur durch eine zufällige externe Prüfung des Bundesrechnungshofs auffiel. Bei
der Gelegenheit stellte sich aus heraus, dass er seinen ganzen Bildungsweg, das angeb-
liche Informatikstudium inklusive des Doktortitels, gefälscht hatte. Der Täter betonte,
wie leicht es ihm gemacht wurde, seine Einstellung im Bundesfinanzministerium trotz
gefälschter Bildungsdokumente zu erreichen, seinen Erfahrungsmangel zu verbergen
und seine langjährigen Straftaten inmitten einer Bundesbehörde zu begehen [16]. Diese
Behörde – das sei angemerkt – hat den Auftrag, den gesamten Finanzmarkt in Deutsch-
land zu beaufsichtigen, das Einhalten von Regeln und die internen Kontrollmechanis-
men zu überprüfen. Selbst hier ist echte Sachkompetenz bei der internen Digitalisierung
offensichtlich nicht das wichtigste Kriterium der Personalauswahl für ein Funktionsamt:
Später wählte sie wieder einen IT-Leiter ohne jegliche IT-Vorerfahrung und Managemen-
terfahrung aus. In der nicht dem Leistungsprinzip und der Eignung folgenden Auswahl
8 Handlungsempfehlungen 303

von Laien in IT-Leitungsfunktionen der Verwaltung liegt ein unnötig hohes Risiko und
vermutlich ein erheblicher, allerdings meist nur Insidern erkennbarer Wirtschaftlichkeits-
nachteil der Öffentlichen Verwaltung, weil ein gutes Management von Digitalisierungs-
aufgaben i. d. R. Erfahrungen in der ganzen Wertschöpfungskette der behördlichen IT
voraussetzt. Dazu kommt Bedarf nach Mut mit Augenmaß, sich auch gegen Widerstände
in einem nicht gerade von Innovationsbereitschaft geprägten Klima vieler Behörden für
Änderungsvorschläge einzusetzen. Die Leitung des IT-Bereichs ist somit nolens volens
auch eine Schlüsselposition für die Innovationsfähigkeit der Behördenarbeit. Diese
Arbeit erfordert gestandene Fachleute mit starken sozialen Kompetenzen, keine Laien.
Dringend anzuraten ist daher, die Regeln für Karrieren zu öffentlichen Spitzenpositio-
nen nicht-politischer Beamter in der Verwaltung künftig möglichst eindeutig und ohne
Möglichkeiten des Tricksens zugunsten der jeweiligen Günstlinge an harten Fakten, d. h.
den objektiven fachlichen Leistungskriterien zu orientieren. Eine Möglichkeit wäre, die
Auswahl von IT-Leitungspersonen durch ein obligatorisch mit unzweifelhaft sachkompe-
tenten und unabhängigen IT-Experten (z. B. Inhabern entsprechender Lehrstühle) besetz-
tes Gremium vornehmen zu lassen. Alternativ dazu könnte man einzelnen Sachexperten
in gemischte Behörden-Auswahlgremien setzen und ihnen – eine Art „Personalauswahl-
TÜV“ – ein Vetorecht zu geben.
Unabhängig davon sollte die auch in den tieferen Verwaltungsebenen geltende Fiktion
einer allgemeinen Befähigung von Beamten zu jedweder Tätigkeit aufgegeben werden –
zugunsten funktionaler Karrieren und dementsprechender Auswahlkriterien.

8.2.8 Frontoffice optimieren

Die Nutzung von E-Government-Angeboten leidet auch darunter, dass Bürger und
Unternehmen von Stadt zu Stadt und Bundesland zu Bundesland mit verschieden aufge-
bauten digitalen Zugängen zur Verwaltung konfrontiert sind. Nicht nur die Oberflächen,
auch die Abläufe und die Tiefe des elektronischen Zugangs zu Verwaltungsleistungen
dahinter sind verschieden. Da der durchschnittliche Bürger eher selten mit der Verwal-
tung in Kontakt tritt und Unternehmen evtl. mit vielen verschiedenen Behörden und
Gebietskörperschaften kommunizieren, wären Wiedererkennenseffekte und eine über-
all gleich intuitive Nutzerführung wichtig. Diese gibt es nicht, weil jede Gebietskörper-
schaft ihr eigenes Gesicht haben will und dies leider auch mit je einer eigenen Logik der
Navigation, einer eigenen Bezeichnung von Menüpunkten und einer Verschlagwortung
von Suchbegriffen usw. hinterlegt. Neben der Optik sind auch die technischen Plattfor-
men unterschiedlich. Im Zuge von Bundonline wurde vielen Behörden die Lizenz für
den Betrieb des Government Suite Builders kostenlos zur Verfügung gestellt, dennoch
gibt es in der Behördenlandschaft eine Vielzahl von Anwendungen. Empfehlenswert
wäre der Benutzungszwang für eine zentral bereitgestellte einheitliche, mandantenspe-
zifisch mit Logos und Marketingelementen der Behörden individuell auszustattende
Plattform. Die Querschnittsanwendungen wie E-Mail-System, E-Aktensystem usw.
304 R. Heuermann

könnten bei allen Behörden identisch sein. Gleiches gilt für alle Fachverfahren, auf die
der externe Nutzer zugreift und mit deren Oberfläche und/oder Logik der Benutzerfüh-
rung er bemerkbar in Kontakt kommt. Mit einem Bundesportal, das auf die Portale der
Länder verlinkt, ist die Ergonomie für den „naiven“ Nutzer noch lange nicht so weit ver-
einheitlicht und optimiert, dass er sich bei seltenen Kontakten mit den Behördenportalen
gleich schnellstmöglich zurechtfindet. Für überregional tätige Unternehmen wiederum
ist es wichtig, dass sie möglichst nur mit einer Schnittstelle auf die evtl. zu bedienenden
behördlichen Fachverfahren Daten liefern können.

8.3 Rechtslage: Ansprüche an Rechtssetzung und -inhalte

8.3.1 Ex-ante- und Ex-post-Prüfung der Rechtssetzung:


Normenkontrolle

Mit der Rechtssetzung definiert der Staat u. a. Aufgaben für die Verwaltung, er legt
teils zwingend Aufbau- und Ablaufstruktur fest, definiert Kommunikationswege, eröff-
net Bürgern, Unternehmen sowie anderen Behörden Ansprüche gegenüber den Behör-
den und legt umgekehrt auch deren Pflichten gegenüber Behörden fest. Da es praktisch
kein politisches Ziel mehr gibt, das in seiner operativen Umsetzung ohne IT auskommt
[30, S. 46], hat fast jedes Gesetz direkt oder indirekt Einfluss auf die digitale Gestaltung
der Verwaltung. Die Gesetzgebung selbst ist damit oft nicht nur ein Grund für Ände-
rungen in Verwaltungs-IT, sondern ggf. auch der Organisationsentwicklung in den mit
ihrer Umsetzung beauftragten Behörden. Daher ist die Qualitätssicherung der Inhalte
und Wirkungen von Gesetzgebung selbst ein wichtiges Element der ehrgeizigen strategi-
schen Organisationsentwicklung im Staat. Hierzu hat sich Deutschland auf Bundesebene
auferlegt, auf Vorschlag der Bundesregierung eingebrachte Gesetze noch im Entschei-
dungsgang „ex ante“ hinsichtlich der Möglichkeiten von Bürokratieabbau und besserer
Rechtssetzung zu überprüfen. Diese eigentlich schon für eine jedwede Bundesregierung
selbstverständliche Pflicht wird durch eine eigens hierfür eingerichtete kleine Behörde
mit zehn (vom Bundespräsidenten ernannten) ehrenamtlichen Mitgliedern und einem
Sekretariat, dem im Jahr 2006 im Rahmen eines Programmes für „Bürokratieabbau und
bessere Rechtssetzung“ eingerichteten „Normenkontrollrat“ (NKR), wahrgenommen.
Die Arbeitsweise des NKR ist wie folgt:

• Prüfobjekt sind die aus Gesetzesvorschlägen der Bundesregierung, seit 2016 auch
die aus EU-Gesetzen, stammenden Informationspflichten. Die durch sie verursachten
Einmal- und Folgekosten (sogenannte „Erfüllungskosten“) bei Unternehmen, Bürgern
und der Verwaltung werden mithilfe des EU-weit eingesetzten Standardkostenmo-
dells (SKM) geschätzt. Bei der Ermittlung der Kosten hilft das Statistische Bundes-
amt. Auf Basis dieser Ergebnisse verfasst der Normenkontrollrat eine Stellungnahme,
die die möglichst sparsame Umsetzung des Gesetzes, nicht aber den Nutzen (Impact)
8 Handlungsempfehlungen 305

und damit auch die Kosten-Nutzen-Relation betrachtet. Die Stellungnahme wird dem
vom Kabinett verabschiedeten und an die Ausschüsse des Bundestages weitergebe-
nen Kabinettsentwurf (=vom Kabinett verabschiedeter Referentenentwurf) beigelegt.
Spätere im Gesetzgebungsgang erfolgende Änderungen werden nicht mehr nach-
kommentiert, sodass die Entscheidung des Parlaments evtl. auf einer veralteten, nicht
mehr ganz dem Bericht des NKR zugrunde liegenden Fassung des Gesetzes basiert.
Seit 2013 gibt es neben der Ex-ante- eine zusätzliche Ex-post-Evaluation durch das
zuständige Fachressort, zwei bis fünf Jahre nach Einführung des Gesetzes.
• Prüfungsinhalt sind u. a. die Verständlichkeit des Gesetzes, der Zeitpunkt der Inkraft-
setzung und von Befristungen, Chancen zur Rechts- und Verwaltungsvereinfachung
und das Ausmaß der Umsetzung von EU-Richtlinien („1:1“), nicht jedoch das eigent-
liche politische Ziel des Gesetzes.
• Als Verfahren der Ermittlung von Gesetzesfolgekosten wird das in den Niederlanden
entwickelte Standardkostenmodell (SKM) eingesetzt. Es ist ein grobes Schätzverfah-
ren mit Lücken: IT-Kosten für automatisierte Verfahren, die nicht seitens der Behörde
in die Kosten der Verwaltungsarbeit eingerechnet wurden, sind hier nicht erfasst.

Es gibt einige Verbesserungsvorschläge für die Normenkontrolle. Diese sind:

1. Erweitern der Rolle und der Rechte des Normenkontrollrats auf die Möglichkeit,
neben den Gesetzesvorschlägen der Bundesregierung auch diejenigen des Bundesra-
tes und aus dem Bundestag selbst zu hinterfragen (so auch [22, S. 8 f.]). Bisher geht
das nur bei freiwilliger Vorlage. Um Größenordnungen anzuzeigen, folgende Anga-
ben: In der Legislaturperiode 2009 bis 2013 kamen die Vorschläge für die insgesamt
verabschiedeten 553 Gesetze zu 78,5 % (434) von der Bundesregierung, zu 15,9 %
(88) vom Bundestag, zu 3,1 %(17) vom Bundesrat und zu 2,5 %(14) von Bundesre-
gierung und einzelnen Fraktionen zeit- und wortgleich [13].
2. Ausdehnen der Rolle des NKR auf schon vor seiner Einrichtung bestehende Gesetze
in einer Ex-post-Betrachtung. Eine solche Ex-post-Betrachtung gibt es seit 2016 nur
bei ehemals vom NKR geprüften Gesetzen und soll nach ca. zwei bis fünf Jahren
stattfinden.
3. Der NKR sollte nicht nur den ersten entscheidungsreifen Regierungsentwurf (vom
Kabinett verabschiedeter Referentenentwurf), sondern die letzte, also nach Änderun-
gen durch Ausschüsse usw. nochmals modifizierte und wirklich final dem Parlament
vorliegende Fassung des Gesetzesvorschlags prüfen.
4. Die mit dem SKM durchgeführte Betrachtung der Gesetzesfolgekosten lässt mögliche
Erkenntnisse aus, die aus Informationen über die zu erwartende tatsächliche Verwal-
tungspraxis und die aus Sicht der Bürger und Unternehmen zu erwartende tatsächli-
che Belastung gewonnen werden könnten.
5. Normenkontrollräte sollten auch in allen Bundesländern eingerichtet werden. In 2015
verkündet z. B. das Land NRW auf seinem Landesportal stolz, erstmalig für ein Bun-
desland die Folgekosten eines Gesetzes ermittelt zu haben [25]! Da die Länder auch
306 R. Heuermann

Gesetzgeber sind und offenbar keinen Überblick über die Folgekosten ihrer Gesetze
haben, steuert ein Großteil der Legislative den Staat ohne Kenntnis der durch das
eigene Tun ausgelösten Belastungen von Verwaltung und Gesellschaft. Wenn man
ergänzend Verordnungen in Bund und Ländern sowie alle durch Kommunen festge-
legten Regeln hinzunimmt, dann wird das Potenzial für künftige Verbesserungen in
der Normenkontrolle noch größer und offensichtlicher. Derzeit gibt es nur in Sach-
sen (seit 01.01.2016) und in Baden-Württemberg solche Gremien. Die Normenkont-
rollräte der Länder sollten untereinander und mit dem Bundes-NKR kooperieren und
untereinander vernetzt sein.
6. Explizite Prüfung der Umsetzungsmöglichkeiten neuer Gesetze mit möglichst schlan-
ken, ggf. alternativen digitalen Hilfsmitteln. Dies bedeutet, auch genügend zeitlichen
Vorlauf zu haben, um die praktische Möglichkeit für das Ausarbeiten guter Vorschläge
und das Einleiten von Beschaffungsvorhaben zu haben. Ein von IT-Verantwortli-
chen in der Verwaltung oft beklagter Mangel in der Gesamtsteuerung der Behörden-
welt ist, dass die Politik den teils durch Verwaltungsregeln (wie dem Vergaberecht)
herbeigeführten Zeitbedarf für eine optimale IT-Umsetzung nicht berücksichtigt
und daher operative Hektik bei der Umsetzung von Vorhaben mit zu engen Fristen
zwangsläufig zu suboptimalen, neuen Verwaltungsverfahren führt. Seit 2013 gibt es
einen IT-Prüfleitfaden des NKR, anhand dessen im Gesetzgebungsprozess die etwa-
ige elektronische Bearbeitung, insbesondere bei Informationspflichten, berücksichtigt
werden soll [18]. Diese Prüfpflichten sind deutlich erweiterungsfähig, insbesondere
sollten Gesichtspunkte der Prozess- und IT-Optimierung wie Medienbruchfreiheit,
Vermeiden doppelter Datenerhebung usw. gleich mit berücksichtigt werden (so auch
[19, S. 38–40]). Dies bedeutet praktisch, dass nicht nur die neue zur Entscheidung
vorliegende Rechtsnorm, sondern auch das ganze damit vernetzte Umfeld bestehen-
der Normen und deren IT-Umsetzung gleich mit berücksichtigt werden muss. Hierzu
bräuchten der Gesetzgeber und der NKR möglichst auch einen geordneten Überblick
der betroffenen Rechtsnormen, der Verwaltungsfahren zu deren Umsetzung und der
diese Umsetzung unterstützenden IT-Services. Diese geordnete Übersicht wäre eine
behördenübergreifende Sicht auf die Anwendungslandschaften mit Bezug auf die
behördlichen Fachverfahren.
7. Derzeit gibt es keine Nutzenbetrachtung durch den NKR. Ob der beabsichtigte Geset-
zeszweck nicht letztlich komplett unwirtschaftlich ist oder das beabsichtigte Ziel
nicht auch mit anderen Mitteln zu erzielen ist – wozu auch die Umsetzung durch pri-
vate Anbieter statt durch die Öffentliche Verwaltung oder ganz andere Wege der Infor-
mationsversorgung in einer digital vernetzten Datenwelt gehören könnten – wird nicht
im Sinne einer Impact-Prüfung untersucht. Natürlich ist diese Prüfung zuvörderst
Aufgabe der Bundesregierung selbst, bevor sie Gesetzesvorschläge macht. Allerdings
ist die Geschichte der Bundesrepublik auch eine Geschichte mancher Gesetzesvor-
schläge, die evtl. schon im Zeitpunkt ihrer Entstehung von Kritikern als „Bürokra-
tiemonster“ bezeichnet wurden. Dies ist ja u. a. auch Grund für die Einrichtung des
Normenkontrollrats. Zu seinem expliziten Auftrag gehört die Nutzenbetrachtung aber
8 Handlungsempfehlungen 307

noch nicht, selbst wenn er in Einzelfällen wie z. B. der Pkw-Maut oder seiner gene-
rellen Stellungnahme zum Stand des E-Governments sehr engagierte und fachlich
gut begründete Nutzenbetrachtungen angestellt hat. Genau diese punktuell gezeigte
Fähigkeit sollte systematisch für alle gesetzgeberisch angefassten Themen genutzt,
d. h. zu dem offiziellen Aufgabenkatalog des NKR hinzugenommen werden (so auch
[22, S. 11 f.]).
8. Mehr digitale Fachkompetenz in den NKR: Die im Jahr 2016 für eine nächste Amts-
periode von fünf Jahren vom Bundespräsidenten ernannten ehrenamtlichen zehn Mit-
glieder des Normenkontrollrats waren überproportional viele Juristen und alle kamen
aus früheren Verwendungen im Staatsdienst, aus öffentlichen Hochschulen oder
dem Verbandswesen. Unter ihnen war keine einzige Person mit langjähriger opera-
tiver Managementerfahrung in der Privatwirtschaft und kein von außen als Experte
für Digitalisierungsthemen erkennbares Mitglied, z. B. ein Ex-CIO aus der Verwal-
tung. Diese letztlich hinsichtlich des beruflichen Erfahrungsspektrums sehr einseitige
Personalauswahl sollte künftig zugunsten eines angenäherten Proporzes für die von
Gesetzen besonders häufig betroffenen Akteure abgelöst werden. Insbesondere feh-
len Personen mit ausgeprägter ökonomischer, digitaler und unternehmenspraktischer
Erfahrung, ergänzend könnten der aktuelle oder ehemalige CIO des Bundes und je ein
CIO der Länder und Kommunen die persönliche Kompetenz für die Öffentliche IT in
diesem Gremium deutlich erhöhen. Ebenso ist auch die Länge der Amtsperiode ein
wegen der Schnelllebigkeit technischer Entwicklungen und der daraus resultierenden
Bedarfe an Sachkompetenz kritisch zu hinterfragender Faktor.
9. Systematische Anstrengungen zur Eingrenzung von Interpretationsunschärfen der
Rechtsregeln: Ein abstraktes grundsätzliches Thema der Rechtssetzung, das über
viele Regelungswerke streut, ist mit dem Begriff „unscharfes Recht“ (der Ausdruck
findet sich u. a. bei [5]) treffend zu umschreiben: Viele Rechtsregeln – seien es ein-
zelne Begriffe oder ganze Regelungsinhalte – sind relativ unbestimmt. Off et al. [28,
S. 46] sehen u. a. das „Bild eines heterogenen Rechtsbestands, der teilweise geprägt
ist durch Uneindeutigkeiten, Redundanzen, Inkonsistenzen (vor allem zwischen
Rechtsbereichen), durch unterschiedliche Definition gleicher lebenswirklicher Sach-
verhalte“ in der selbst auch in Silos arbeitenden Ministerialbürokratie Deutschlands.
Dies bedeutet für alle zur Umsetzung nötigen Verwaltungsverfahren, seien sie digi-
tal unterstützt oder nicht, einen höheren Aufwand, weil rechtliche Auslegungsfra-
gen, viele „Wenn“s und „Dann“s bei der Klärung von Anspruchsgrundlagen usw.
die Arbeitsprozesse und auch sie unterstützende IT-Anwendungen komplex machen.
Komplexität in der Verwaltung ist möglichst schon im Vorhinein durch präzise und
gleichzeitig möglichst schlanke Gesetze zu vermeiden. Eine ergänzende Hilfe zum
Erzeugen semantischer Eindeutigkeit könnten Annotationen sein, die man im Werde-
gang einer Rechtsregel beifügt. Off et al. [28] schlagen ein entsprechendes, elektro-
nisch gestütztes Verfahren vor. Zusätzlich sollen prozessuale Hinweise Informationen
über die Abläufe der Umsetzung in der Verwaltung geben. Die Autoren sehen ihren
Vorschlag primär als Hilfsmittel der Qualitätssicherung in der Rechtssetzung, eine
308 R. Heuermann

radikale Variante dreht die Reihenfolge um und leitet aus prozessualen Vorstellen Vor-
schläge für Rechtstexte ab. Mit dem Heranrücken digitaler Fähigkeiten zu technischen
Lösungen für juristische Entscheidungsfragen kommt es zu einer Situation, wie sie
schon bei der Entwicklung vieler „normaler“ Fachverfahren im Öffentlichen Bereich
zu beobachten ist: Die fachlich verantwortlichen Personen erschrecken über die durch
systematische Digitalisierung ihrer Fachverfahren offenbar werdenden Widersprüche
in der bisher praktizierten Arbeit, sei sie durch die Normen oder nur durch die indivi-
duelle Auslegung der Normen bedingt. Manche neigen dann zu nicht immer logisch
konsistent begründeten Verteidigungsreflexen. Falls der grundsätzliche Bedarf, das
deutsche Recht durchgängig noch systematischer, präziser definiert und damit besser
automatisierungsfähig zu machen, von der Politik aufgenommen und umgesetzt wer-
den soll, ist mit starken, teils kulturellen und berufsständisch begründeten Vorbehalten
gegen eine Modernisierung zu rechnen. Dies zu überwinden ist sicher eine Herkules-
arbeit. Der NKR ist hier schon „am Ball“, wünschenswert ist das energische weitere
Vorantreiben auch technisch unterstützter semantischer Klärungen.

Die hier aufgelisteten Verbesserungsvorschläge für eine Exante Normenkontrolle mit


dem Potenzial, die effizienzsteigernden Digitalisierungsthemen schon vor dem Beschluss
zu einem neuen Gesetz umzusetzen, zielen eigentlich nicht zuvörderst auf die Kontroll-
instanz NKR, sondern auch auf die Ministerialbürokratie und die Bundesregierung und
tragen die Erwartung in sich, dass künftige Bundeskabinette, auch in Person der Minister
und des Kanzlers, ein hohes Maß an Verständnis für ein gutes Management operativer
Digitalthemen in der Verwaltung haben.

8.3.2 Inhaltliche Potenziale besserer Rechtssetzung und


Umsetzung

Es gibt eine Reihe speziell auf IT- und Digitalthemen gerichteter Gesetze und Rege-
lungsgegenstände, die im digitalen Zeitalter eine teils grundsätzliche, teils in bestimmten
Zeitabständen immer wieder neue Überprüfung benötigen. Themen für eine grundsätzli-
che rechtliche (Neu-)Regelung sind:

• Die Definition der Details unserer föderalen Grundordnung: Ein großer Teil der auch
in diesem Werk beschriebenen Steuerungsfragen des Öffentlichen IT-Managements
kreisen um das Grundproblem, dass die Optimierung der E-Government-Services
sowie die IT-Backoffice-Organisation in Deutschland an den Prozess des Aushan-
delns und Vereinbarens unter gleichberechtigten Ebenen der Gebietskörperschaften
(Bund – Länder, Länder mit ihren Kommunen) gebunden ist. Unzweifelhaft ist in die-
ser rechtlich begründeten, föderalen Struktur ein Hemmnis – eine „Achillesferse“ –
für die effiziente Digitalisierung Deutschlands zu sehen [29, S. 62 f.]. Ein Beispiel:
Berichte über schwierige, für manche Seiten als unbefriedigend wahrgenommene
8 Handlungsempfehlungen 309

Sitzungen und Themen im IT-Planungsrat mit gleichberechtigten 16 Bundesländern


und dem Bund – also 17 Parteien – kann man sowohl vor wie hinter den Kulissen
hören. Ein schlüssiger Nachweis, dass genau diese deutsche Art – Föderalismus bis
hin zur totalen Autonomie der Gestaltung querschnittlicher Basis-Infrastrukturen wie
der IT-Unterstützung von Verwaltungsverfahren zu leben – die Gefahr einer totalitären
Machtübernahme im Stile der Nationalsozialisten in 1933 verhindert oder den Wett-
bewerb zwischen den Bundesländern fördert, liegt nicht vor. Tatsächlich werden ja
sogar durch den Finanzausgleich zwischen den Bundesländern teils auch die Früchte
unterschiedlicher Fähigkeit der Bundesländer zu gutem Management ihrer Ressour-
cen wieder durch bundesweite Ausgleichszahlungen nivelliert. Wettbewerbs- und
Wirtschaftlichkeitsvorteile des einzelnen Bundeslandes können damit eigentlich nicht
der zwingende Grund sein, in Summe aller Länder unwirtschaftliche und für die Nut-
zer Öffentlicher Dienste nachteilige Strukturen im Backoffice Öffentlicher IT-Dienst-
leister aufrecht zu erhalten. Auch ist es keineswegs so, dass alle förderalen Rechte
fallen müssten, nur um die IT der Öffentlichen Services zu vereinheitlichen. Wer dies
behauptet, baut damit künstlich einen unnötigen pauschalen Gegensatz auf. Letztlich
ist in der Art, wie diese teils juristische Diskussion schon seit langen Jahren geführt
wird, vermutlich zu einem erheblichen Teil das Silodenken der vordigitalen Zeit und
die Taktik regionaler Fürstentümer, weniger aber die Verantwortung für die Wettbe-
werbsfähigkeit des Landes als Ganzes und die Verantwortung des Staates zum sorgsa-
men Umgang mit den durch Steuern der Bürger finanzierten Ressourcen zu sehen.
• Wenn Bundesländer den Kommunen in ihrem Gebiet verbindliche Vorgaben geben,
steht diesen grundsätzlich bei Mehrkosten gemäß des „Konnexitätsprinzip“ genannten
Grundsatzes, vereinfacht als „Wer bestellt, der bezahlt“ übersetzbar, ein Ausgleichs-
anspruch zu (Konnexitätsgesetze der jeweiligen Bundesländer). Nach Aussage von
Kuhn [24, S. 110] hat dies z. B. in NRW zu starker Zurückhaltung der Landesebene
bei Standardvorgaben an die Kommunen geführt. Zu prüfen ist, ob diese Befürch-
tung auch in anderen Bundesländern zu ähnlicher Passivität führte und wieso dies der
Fall sein musste: Standardisierung über alle Kommunen eines Bundeslandes hinweg
sollte langfristig zu Spareffekten führen. Wenn es hilfreich ist, sollte die Beweislast
für das Gegenteil in voller Höhe der klagenden Kommune auferlegt und einer neu-
tralen Instanz, z. B. dem Rechnungshof des Landes, vorgelegt werden. In NRW ist
das „KonnexAG“ genannte Ausführungsgesetz sehr auf einvernehmliche Feststellung
der Höhe des Schadens durch alle Beteiligten, wozu automatisch auch die kommu-
nalen Spitzenverbände gehören, ausgelegt. Hierin ist evtl. eine Gefahr zu sehen, dass
statt eines echten Schadens durch die Standardisierung – langfristig sollte sie ja eher
zum wirtschaftlichen Vorteil des Steuerzahlers sein – die Kommunen die Situation zu
einer politischen „Erpressung“ des Landes für finanzielle Vorteile nutzen, ohne dass
die Standardisierung ihnen tatsächlich finanzielle Nachteile bringt.
• Das Recht auf Vergessen im Internet. Persönliche Einträge sollten auf Wunsch der
Person, über die eine Eintragung vorliegt, ein Verfallsdatum haben, ab dem die Infor-
mation endgültig zu löschen ist. Diese Regel sollte konsequent durchgesetzt und die
Einhaltung auch kontrolliert werden.
310 R. Heuermann

Themen für die Adjustierung sind:

• Das Datenschutzrecht. Deutschland ist ein Land mit besonders weit gefassten Daten-
schutzrechten, und darüber hinaus interpretieren manche Behörden – manchmal auch
die Personalräte in Behörden – das Datenschutzrecht ziemlich streng. Die immer
wieder anlässlich terroristischer Bedrohungslagen geführten Debatten, welche Daten
Behörden austauschen dürfen oder nicht, sind in der Öffentlichkeit bekannt. Es gibt
aber eine Vielzahl „kleiner“ Themen innerhalb der Behördenwelt, in denen das Daten-
schutzrecht evtl. kaum schutzwürdige Interessen behandelt, sehr wohl aber einen
besseren Service oder mehr Rechtsschutz behindert: In einer Bundesbehörde durfte
z. B. das automatisch vom Zeiterfassungssystem geführte Anwesenheitstableau nicht
genutzt werden, um Telefonanrufern zu sagen, ob ihre Ansprechpartner am Tag des
Anrufes im Hause zu erreichen sind oder nicht. Wer auf dem Wege eines Schiedsver-
fahrens gegen Amtsträger wegen evtl. strafrechtlich relevanter Verhaltensweisen vorge-
hen will, benötigt deren private Wohnadresse, weil ansonsten die Schiedsgerichte mit
Hinweis auf den Datenschutz und ihre Zuständigkeit nur für bestimmte Wohnbezirke
gar nicht tätig werden, selbst wenn man dem Gericht den Arbeitgeber und dessen Post-
adresse nennen kann. Das vermutlich sehr leicht mögliche Ermitteln der Privatadresse
aufgrund der zuvor genannten Daten ist ihnen mit Hinweis auf den Datenschutz ver-
wehrt. Umgekehrt zeigen gelegentliche Berichte aus der Verwaltung, dass der behörde-
ninterne Datenaustausch zugunsten des Bürgers zum Wegfall vieler Nachweispflichten
führen könnte, z. B. dem immer wieder geforderten Vorlegen der Geburtsurkunde. Der
oft als Widerspruch erlebte Anspruch von Servicekunden nach Reduzierung ihrer Auf-
wände bei Amtssachen und Amtsträgern, die eine strenge Auslegung des Datenschutz-
rechtes leben und damit Behörden künstlich als Datensilo führen, wird – so vermuten
manche – oft zugunsten der Amtsträger gelöst. Die „Informationelle Selbstbestim-
mung“ – so die Verfechter eines strengen Datenschutzes – führt dazu, dass Behörden
Daten nur zu dem bei der Erhebung bestimmten Zweck nutzen dürfen. Daher sei eine
Weitergabe an andere Behörden nicht zulässig. Bull [6, S. 230 f.] sieht diese Meinung
und den Einfluss von Datenschützern als Grund dafür, dass das Prinzip „die Daten sol-
len laufen, nicht die Bürger“ umgedreht sei. Als Konsequenz aus vermutlich ähnlichen
Erkenntnissen formuliert es ein Autorenduo radikal: „Datenschützern [sollte man]
nicht das Schicksal der digitalen Wirtschaft überlassen“ [21, S. 163].
• Digitale Signatur: die Ablehnung der elektronischen Unterschrift als Alternative für
die händische Unterschrift. Hier zeigt die Bundesregierung teils unerklärlichen Man-
gel an Mut und Durchsetzungsbereitschaft gegenüber Widerständen in der Behör-
denwelt. Zur Erläuterung ist auf einen Bericht des Bundesinnenministeriums zu
verweisen: Es hat in 2015 mit umfangreichen Befragungen von Behörden mit ein-
schlägiger Verwaltungspraxis eine große Zahl von Verwaltungsgesetzen daraufhin
geprüft, ob das darin enthaltene händische Schriftformerfordernis weiterhin nötig ist.
Der Ablauf dieser Prüfung war, dass man jeweils von einschlägig, mit dem jeweiligen
Verfahren befassten Behörden Stellungnahmen einholte. Die in Abb. 8.6 (linke Seite)
8 Handlungsempfehlungen 311

Abb. 8.6 Prüfung Schriftlichkeitsanforderung und Erscheinenspflicht (Quelle: BMI, 2015, S. 14, 30)

dargestellten Ergebnisse zeigen, dass von den 2752 geprüften Schriftformerforder-


nissen nach der Erstmeinung der befragten Behörden nur 3 % (es wurde dann noch
einmal gezielt nachgehakt, hierbei resultierten in Summe 7 %) ersatzlos entfallen
könnten, während immerhin 17 % der händischen Unterschriften durch eine elektro-
nische Unterschrift ersetzungsfähig waren. Die in dem Bericht geschilderten Gründe
dafür [7, S. 22 f.], dass weiterhin ca. 80 % händischer Unterschriften nicht digital
möglich seien, sind teils recht zweifelhaft: Angeblich in Behörden nicht vorhandene,
technische Möglichkeiten, angeblich zu unsichere PIN/TAN-Verfahrensalternativen,
das z. B. in der Schifffahrt auch benötigte Zugreifen auf Urkunden von mobilen
Arbeitsplätzen aus usw. wurden als Gründe für das Verweigern einer elektronischen
Unterschrift alternativ zur händischen von den Berichterstattern akzeptiert. Diese
Untersuchung des Bundesinnenministeriums zeigt zweierlei:
1. Bei der Reduzierung der händischen Unterschriftserfordernisse auf Basis gesetzli-
cher Vorgaben ist vermutlich deutlich Luft für eine ehrgeizigere Digitalisierungs-
politik und hartnäckigere Organisationsentwicklung in den Behörden. Die Ausrede
einer Behörde, bisher technisch nicht zur Entgegennahme elektronischer Unter-
schriften in der Lage zu sein, sollte einer gesetzlichen Änderung grundsätzlich
nicht entgegenstehen, weil Behörden im Zuge der E-Government-Gesetze in Bund
und Ländern zwingende Termine für die Einführung elektronischer Akten haben.
PIN/TAN-Verfahren werden bei Banken eingesetzt, aber Behörden weigern sich,
mit ähnlichen Verfahren Unterschriften zu akzeptieren?
312 R. Heuermann

2. Die rein auf gesetzliche Grundlagen für Unterschriftserfordernisse abzielende


Untersuchung des Bundesinnenministeriums lässt außer Betracht, dass Behör-
den, manchmal ohne gesetzlichen Grund, auch von sich aus Unterschriften oder
beizulegende Dokumente fordern. Die VITAKO ([32], siehe hierzu Details in
Abschn. 3.1.2.2) zeigte dies in einer beeindruckenden Studie auf Basis zehn kom-
munaler Bürgerdienste, die auf Bundesrecht basieren und teils in der Verwaltungs-
praxis händische Unterschriften und Nachweise – manchmal für eine einzige
Erlaubnis durch Beibringen von Bestätigungen bei mehreren getrennten behördli-
chen Nachweisgebern – und teils körperliches Erscheinen vorsehen, obwohl dies
rechtlich nicht zwingend oder durch Datenaustausch zwischen Behörden leicht
ersetzbar wäre. Das Digitalisierungspotenzial im weiteren Sinne ist hier nicht nur
in einfachen Ersetzungen einer händischen Unterschrift durch eine digitale Signa-
tur zu sehen, sondern im kompletten Wegfall nicht erforderlicher Nachweise oder
einer besseren digitalen Verzahnung von Behörden. Die Studie des Bundesinnen-
ministeriums aus dem Jahr 2015 (siehe Abb. 7.6, aus [7, S. 14, 30]) erfasst diese
Situation gar nicht in ihrer praktischen Komplexität.
• Pflicht zum persönlichen Erscheinen: Im gleichen Bericht wie zu den Schriftformer-
fordernissen wurde auch die lästige Pflicht zum persönlichen Erscheinen in Ämtern
durch die Bundesregierung geprüft, indem wiederum einschlägig erfahrene Behörden
gefragt wurden. Es fanden sich 112 Gesetze, die eine solche Pflicht vorsahen, ledig-
lich in zwei Gesetzen wurde die körperliche Erscheinenspflicht als ersetzungsfähig
durch eine digitale Unterschrift gesehen. Das diese Ergebnisse berichtende Bundes-
innenministerium weist darauf hin, dass dieses Ergebnis damit erklärbar sei, dass die
Pflicht zum persönlichen Erscheinen meist mehreren Gründen genügt, nicht allein
der Dokumentation einer Zustimmung zu einem Verwaltungsverfahren. So sollen
z. B. das Erscheinungsbild der Person, bei medizinischen Themen auch der körper-
liche Zustand usw. geprüft werden, sodass es fast keine Alternativen zur bisherigen
Verwaltungspraxis machbar sind. Empfehlenswert ist, diese vom Bundesinnenminis-
ter vorgelegte kritische Überprüfung nochmals durchzuführen, diesmal aber mit mehr
erkennbarem Nachdruck und Ehrgeiz, bei Verwaltungsverfahren mit derzeit noch
bestehender Erscheinenspflicht evtl. auch per digitalen Hilfsmitteln, wie z. B. Video-
konferenzen, zu den benötigten Erkenntnissen über das Verhalten und die körperli-
che Erscheinung des Bürgers zu kommen. Auch sollte unabhängig von der rechtlichen
Frage bestehender Erscheinenspflichten geprüft werden, wo OHNE entsprechende
rechtliche Pflichten Behörden dennoch unnötigerweise das persönliche Erscheinen
einfordern.

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http://www.cr-online.de/blog/2016/12/30/grundgesetzaenderung-mehr-macht-fuer-den-bund-
bei-der-it/ (2016). Zugegriffen: 25. Apr. 2017
32. Siegfried, T., Schumacher, H.: Sparen mit E-Government. Ergebnis des Projekts Negativ-
liste. http://www.vitako.de/Themen%20Dokumente/Vitako-Positionspapier_Negativliste.pdf
(2016). Zugegriffen: 31. März 2017
33. Sopra-Steria: Digital Government Barometer 2016. https://www.soprasteria.de/newsroom/
publikationen/studie/digital-government-barometer-2016 (2017). Zugegriffen: 30. Apr. 2017
34. Stemmer, M., Goldacker, G.: IT-Standardisierung in der Öffentlichen Verwaltung. Fraunhofer
FOKUS. https://www.oeffentliche-it.de/documents/10181/14412/IT+Standardisierung+in+der
+%C3%B6ffentlichen+Verwaltung (2015). Zugegriffen: 25. Apr. 2017
35. Veit, S.: Parteipolitische Unterschiede bei der Selektion von Spitzenbeamten. In: Döhler, M.,
Franzke, J. Wegrich, K. (Hrsg.) Der gut organisierte Staat, S. 317–338. Edition Sigma, Berlin
(2015)
36. Weggen, H.-B.: Ein rasanter und dynamischer Prozess. Entstehen und Wachsen der kommu-
nalen IT in Nordrhein-Westfalen. In: VITAKO (Hrsg.) Zur Geschichte der kommunalen IT in
Deutschland, S. 9–22. Books on Demand, Norderstedt (2015)
37. Ziesing, J.H. et al.: IT-Konsolidierung in der Öffentlichen Verwaltung. Fraunhofer FOKUS.
https://cdn3.scrvt.com/fokus/fadf7695f2b14840/bc4d40a0cf42acf0c8c972a120d5b13d/it-kon-
solidierung_de_2014.pdf (2014). Zugegriffen: 31. März 2017
8 Handlungsempfehlungen 315

Weiterführende Literatur

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Standards/Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen/wirtschaftlichkeitsbetrachtungen_node.html
(2017). Zugegriffen: 30. Apr. 2017
2. Herzberg, J.: Ganzheitliches Management von öffentlichen IT-Landschaften durch Enterprise
Architecture Management. Verwaltung und Management, 20(4), 315–323 (2014)
3. Hill, H.: Zivilgesellschaftliche Verwaltung in der Informationsgesellschaft. In: König, K.,
Kropp, S. (Hrsg.) Theoretische Aspekte einer zivilgesellschaftlichen Verwaltungskultur. Spey-
rer Forschungsberichte 263, 2009
4. IT-Planungsrat: Interoperables Identitätsmanagement für Bürgerkonten. 06.05.2015. http://
www.it-planungsrat.de/SharedDocs/Downloads/DE/Projekte/eID/Studie_Identitaetsmanage-
ment_BK.pdf?__blob=publicationFile&v=2 (2015). Zugegriffen: 31. März 2017
5. Jahn, J.: Der BaFin-Betrüger wartet auf seine Anklageschrift. FAZ, 14.10.2006. http://www.
faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/finanzaufsicht-der-bafin-betrueger-wartet-auf-seine-
anklageschrift-1384379.html (2006). Zugegriffen: 31. März 2017
6. Lenk, K.: Verwaltungsdesign: Die Gestaltung der technik-durchdrungenen Arbeitsorganisation
und des Umgangs mit Information und Wissen. Verwaltung Manag. 21(6), 294–303 (2015b)
7. Lobo, S.: Unter dieser Frau kein Anschluss. In: SpiegelOnline, 10.12.2014. http://www.spie-
gel.de/netzwelt/web/sascha-lobo-verdammt-angela-merkels-digitalpolitik-a-1007659.html
(2014). Zugegriffen: 25. Apr. 2017
8. Lucke, J.von: Nationale Open Data-Infrastruktur. In: Engel, A. (Hrsg.) IT-Governance in Staat
und Kommunen, S. 219–236. Edition Sigma, Berlin (2015)
9. Meyer, J.-U.: Digitale Disruption. Die nächste Stufe der Innovation. Business Village, Göttingen
(2016)
10. Rogall-Grothe, C.: Föderale Steuerung der Öffentlichen IT. In: Engel, A. (Hrsg.) IT-Gover-
nance in Staat und Kommunen. Berlin: Edition Sigma, 2015, S. 89–98
11. Westerfeld, H.: IT-Governance als Aufgabe des CIO in der Öffentlichen Verwaltung. In:
Engel, A. (Hrsg.) IT-Governance in Staat und Kommunen, S. 55–61. Edition Sigma, Berlin
(2015)
12. Winter, A.: Eine vernetzte Verwaltung als Voraussetzung für die Realisierung des No-Stop
Government. In: Lucke, J. von, Lenk, K. (Hrsg.) Verwaltung, Informationstechnik & Manage-
ment, S. 305–313. Nomos, Baden-Baden (2017)
Glossar

Algokratie Autoritärer Staat, der von Computeralgorithemen und den diese gestalten-
den Politikern und ihren technischen Helfern gesteuert wird.
Augmented Reality Computerunterstützte Erweiterung visueller und/oder (selten)
akustischer realer Umgebung.
Ambient Assisted Living Digitale Assistenzsysteme zur Erleichterung alltäglicher Ver-
richtungen, insbesondere auch für pflegebedürftige Personen.
BMI Bundesministerium des Innern.
BMWI Bundeministerium für Wirtschaft und Energie.
Bürgerkonto Authentifizierter Zugang natürlicher Personen oder Unternehmen zu inter-
aktiven digitalen Services von Behörden.
Bullying Phänomen im Kontext der Schule, bei dem ein Einzelner von einem oder meh-
reren in seiner Gruppe schikaniert und terrorisiert wird.
CDO Chief Digital Officer.
Crowdworking/crowdsourcing Auslagerung traditionell interner Teilaufgaben an eine
Gruppe freiwilliger User, z. B. über das Internet.
Disruptive Technologie Innovation, die eine bestehende Technologie, ein bestehendes
Produkt oder eine bestehende Dienstleistung möglicherweise vollständig verdrängt.
Happy Slapping körperlicher Angriff (Körperverletzungsdelikt) auf meist unbekannte
Passanten, aber auch Mitschüler oder Lehrer, der über die Veröffentlichung von mit-
gefilmtem Material die Opfer der Angriffe erniedrigen soll.
Hermeneutisch Auslegend, erklärend, Ursprung des Begriffs ist das griechische
hermēneúein (deuten, auslegen).
Holakratie Rollen- statt personenzentrierte Hierarchie.
IaaS Infrastructure as a Service.
Incident-Management Störfall-Management, Begriff aus ITIL.
ITIL Standard für IT-Serviceprozesse.
NEGZ Nationale E-Government-Strategie.
NKR Normenkontrollrat.

© Springer-Verlag Berlin GmbH Deutschland 2018 317


R. Heuermann et al. (Hrsg.), Digitalisierung in Bund, Ländern und Gemeinden,
https://doi.org/10.1007/978-3-662-54098-5
318 Glossar

Neologismus Lexikalisches Zeichen, das in einem bestimmten Zeitraum in einer


Sprachgemeinschaft aufkommt, insbesondere ein neues Wort oder ein mit neuer
Bedeutung verwendetes, bereits vorhandenes Wort.
OPH-Verfahren Organisation, Personal, Haushalt.
PaaS Platform as a Service.
Predictive Analytics Ein Bereich des Data Minings, der sich mit der Vorhersage (pre-
diction) der wahrscheinlichen Zukunft und Trends auseinandersetzt.
Prosument Wortkreuzung aus Konsument und Produzent. Prosumenten machen zwei
Dinge gleichzeitig: Sie konsumieren und produzieren Inhalte im Internet.
Robokratie Herrschaft der Roboter in den Schreckensvisionen.
SaaS Software as a Service.
SKM Standardkostenmodell zur Berechnung von Bürokratiefolgekosten.
Smart City Smart City ist ein Sammelbegriff für gesamtheitliche Entwicklungskon-
zepte, die darauf abzielen, Städte effizienter, technologisch fortschrittlicher, grüner
und sozial inklusiver zu gestalten.
SOA-Fähigkeit Modulare Organisations- und IT-Baustein-Gestaltung.
Sozioskopie Analyse sozialer Phänomene.
Thread Intelligence Durch KI teilunterstützte Mustererkennung von Angriffen auf die
IT-Sicherheit.
TOGAF-Modell The Open Group Architecte Framework, Architekturmodell.
Ubiquität Erhältlichkeit eines Gutes oder einer Ware an jedem Ort, Allgegenwart.
Weltsimulation Simulation von Politik- und Wirtschaftsereignissen in weltweiten
Zusammenhängen.
WiBe Wirtschaftlichkeitsbetrachtung nach dem Standard des BMI.
Stichwortverzeichnis

A City Labs, 168


Amazon ALEXA, 229 Cloud, 224
Ampelassistent, 76 Delivery Model, 192
Analyse juristischer Texte, 231 System, 192
Apple SIRI, 229 Composable Infrastructures, 194
Arbeit 4.0, 11 Cyber- und Informationsraumkommando
Arbeitsweise, agile, 184 (CIRK), 144
Auswahl für IT-Leitungsfunktionen, 302 Cyberangriff, 143
Auswahlkriterien von Spitzenbeamten, 301 Cyber-Mobbing, 241
AWV (Arbeitsgemeinschaft wirtschaftliche
Verwaltung), 176
D
d.quarks-Modell, 207
B Dataport, 117
Berliner IT-Dienstleister ITDZ, 110 Datenschutzrecht, 310
Bewegungssteuerung, 233 Design Thinking, 181
Big Data, 198 DFKI (Deutsches Forschungszentrum für
Bildauswertung, 230 Künstliche Intelligenz), 165
BITBW, 106 Die Piraten, 252
Bitkom, 171 Differenz-Revolution, 239
BITMi (Bundesverband IT-Mittelstand), 173 Digital
Blockchain, 220 Economy and Society Index, 217
Bullying, 241 Experience Center, 209
Bundeswehr-Cloud, 149 Government Barometer, 218
BundOnline 2005, 41 Government Satisfaction Survey, 218
Bürgerkonto, digitales, 59, 246 Incubator, 208
BWI, 141, 145 Innovation Hub (digihub) Düsseldorf/
Rheinland, 74
digital@bw, 109
C DigitalCityWien, 85
Chief Digital Community Officer, 26 Digitale Agenda Schleswig-Holsteins, 115
Chief Information Officer (CIO), 24 Digitale Verwaltung 2020, 142
Aufgaben, 26 Digitaler Service Standard Deutschland
Chief Supply Chain Officer, 26 (DSSD), 186
Chief Technology Officer (CTO), 25

© Springer-Verlag Berlin GmbH Deutschland 2018 319


R. Heuermann et al. (Hrsg.), Digitalisierung in Bund, Ländern und Gemeinden,
https://doi.org/10.1007/978-3-662-54098-5
320 Stichwortverzeichnis

Digitalisierung, 9, 260 I
als Chefsache, 284 Industrielle Revolution
Management, 18 dritte, 10
Digitalisierungsstrategie in Hamburg, 114 erste, 10
Disruption, 43, 281 vierte, 10
DIVSI (Deutsches Institut für Vertrauen und Zweite, 10
Sicherheit im Internet), 167 Initiative Morgenstadt, 167
Dorf, digitales, 61 Innovation, 15
dot.com-Hype, 40 Intelligenz-Revolution, 239
IT
Arbeitsplätze, 264
E der Hochschulen, 102
E-Government, 32, 34 der Justiz, 102
Gesetz, 42 der Landespolizei, 102
des Bundes 2013, 142 Innovation, 16
Kompetenzzentrum, nationales (NEGZ), Personal, 300
164, 177 Planungsrat, 22
Monitor, 216 Zahl der Beschäftigten im Öffentlichen
Strategie, nationale (NEGS), 23 Bereich, 263
Studienplätze, 300 IT.Niedersachsen, 124
E-GovG, 142 IT.NRW, 131
E-Taxi Wien, 85 IT4IT-Referenzmodell, 202
Electronic Government s. E-Government IT-DLZ (IT-Dienstleistungszentrum), 102
ELSTER, 127 IT-Kooperationsrat Baden-Württemberg, 107
Entbürokratisierung, 249 IT-Management-Standard IT4IT, 202
Erfolgsmaßstab, 215 IT-Prüfleitfaden des NKR, 306
Euritas, 168 IT-Rat Baden-Württemberg, 107
ITD, 131
ITDZ, 110
F ITZBund, 141
FITKO (Föderale IT-Kooperation), 23, 188
FOMO (fear of missing opportunities), 240
Fremdleistungsquote, 290 K
KDN, 131
KGSt (Kommunale Gemeinschaftstelle für
G Verwaltungsmanagement), 169
Gates, Bill, 228 KI-Entscheidungsvorschläge, 232
Gemeinde, digitale, 61 Kommunalverwaltung, klassische, 56
Geschäftsmodell, digitales, 207 KONSENS, 126
Gesellschaft für Informatik, 164 Konsolidierungsarten, 55
Government Site Builder, 41 Konzept
Greenfield City, 64 Internetstadt Köln, 82
zur IT-Steuerung des Bundes, 140
Kosten-Benchmark, 289
H Künstliche Intelligenz, 226
Häfler-Stufenmodell, 33
Happy Slapping, 241
HZD (Hessische Datenzentrale), 102 L
Landes-CIO, 101
Landessystemausschuss (LSA), 105
Stichwortverzeichnis 321

Landesverwaltungsnetz (LVN), 105 Recht, unscharfes, 307


LDI (Landesbetrieb Daten und Information), Rechtsinformatik, 160
102 Roboter, 234
Lehrstühle der Verwaltungsinformatik, 154 humanoider, 234
LeiKa Plus, 292 Rotation, regelmäßige, 286
Lochkartenmaschine, 28
Lokale Agenda 21, 70
Losgröße, optimale, 289 S
Service 4.0, 182
Service- und Prozessinnovation, 15
M ServiceStadt Berlin, 109
Management der Digitalisierung, 18 Shared Service Center, 52
Media@Komm-Transfer, 41 SID (Sächsische Informatik Dienste), 102
Microblogging-Dienste, 237 Skaleneffekt, 289
Militärroboter, 235 Smart City, 63
Cologne, 78, 81
Düsseldorf, 71
N Smart-City-Vorhaben in Wien, 84
Network Centric Warfare (NCW), 146 Smart E-Government, 42
New Public Management (NPM), 178 Smart Governance, 73
Niedersachsen-Clients, 124 Smart Government, 38
Niedersachsen-DMS, 127 Smart Port, 76
NKR (Nationaler Normenkontrollrat), 185 Social Bots, 259
Normenkontrolle, 302 Social Media, 35
Normenkontrollrat, 304 Sozioskopie, 257
Spracherkennung, 232
Stadt, digitale, 77
O Standardkostenmodell, 305
Offene Daten Köln, 81 STARTPLATZ Düsseldorf, 73
One-Stop-Government, 25
Open Government, 36
Organisationsverantwortliche, 290 T
TLRZ (Thüringer Landesrechenzentrum), 102
TOGAF-Modell, 21
P Trolle, 36
Politikwissenschaften, Professoren, 163
Port Road Monitor, 76
Portalverbund, 59 U
Portmonitor, 76 Urban Tech Republic, 69
Predictive Policing, 198
ProVitako, 170
Prozesshandbuch, 290 V
Verletzlichkeitsparadox, 90
Verwaltung
R 2020, 73
Rathaus 4.0, 11
rollendes, 251 Verwaltungsinformatik, 30
virtuelles, 250 Verwaltungswissenschaften
Real-Time-Government, 40 Lehrstuhlinhaber, 159
Professoren, 159
322 Stichwortverzeichnis

VIKAKO, 170 X
VITAKO, 54 xÖV, 23

W Z
Web ZIT-BB, 102
1.0, 33
2.0, 33
3.0, 33
4.0, 33
5.0, 33
WiBe, 288
Wirtschaftlichkeit, 287
Die Autoren

Peter Adelskamp, geb. 1968, Dipl.-Verwaltungswirt (FH), langjährige Tätigkeit im


Bereich IT-Systemtechnik, IT-Steuerung und Organisation. Er wurde im Mai 2017 zum
ersten Chief Digital Officer der Landeshauptstadt Düsseldorf bestellt und ist tätig als
Programmleiter des Verwaltungsmodernisierungsprojektes „Verwaltung 2020“. Ferner ist
er nebenberuflicher Referent für „E-Government und Digitalisierung für Organisatoren“
der KGSt.

© Springer-Verlag Berlin GmbH Deutschland 2018 323


R. Heuermann et al. (Hrsg.), Digitalisierung in Bund, Ländern und Gemeinden,
https://doi.org/10.1007/978-3-662-54098-5
324 Die Autoren

Klaus Bergner, geb. 1961, Hamburg, bildender Künstler und Grafik-Designer. Auftrags-
arbeiten, Publikationen, Kunstausstellungen, freie Zeichnungen, großformatige Aqua-
relle, Portraits.

Dr. Johan Bizer, geb. 1960, Jurist, seit 2011 Vorstandsvorsitzender Dataport, Mitglied im
Vorstand der Bundesarbeitsgemeinschaft der kommunalen IT-Dienstleister VITAKO.
Die Autoren 325

Christian Bressem, geb. 1968, Diplom-Kaufmann. Nach beruflichen Stationen u. a. bei


BOSE und IBM ist er seit 1998 für Computacenter tätig. Im Jahr 2010 wechselte er in
den Sektor Öffentliche Auftraggeber des Hauses. Dort organisierte und führte er die bun-
desweite Unit Länder und Kommunen. Nach notwendig gewordener Teilung aufgrund
des Wachstums der Abteilung ist Christian Bressem heute Client Director der Unit Län-
der und Kommunen Nord.

Prof. Dr. Andreas Engel, geb. 1954, Studium der Politikwissenschaften, Geschichte und
Philosophie, von 1988 bis 2001 wissenschaftlicher Mitarbeiter, zuletzt Akademischer
Direktor am Institut für Wirtschafts- und Verwaltungsinformatik der Universität Kob-
lenz-Landau, 2006 Habilitation im Fach Verwaltungsinformatik. Von 2001–2004 Leiter
der Stabsstelle für Strategisches Informations- und Kommunikationsmanagement der
Stadt Köln, seit 2004 IT-Leiter der Stadt Köln und Geschäftsführer des KDN – Dach-
verband kommunaler IT-Dienstleister in Nordrhein-Westfalen. Mitglied im Vorstand der
Bundes-Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen IT-Dienstleister e. V. – VITAKO – und
des Nationalen E-Government-Kompetenzzentrums e. V. (NEGZ).
326 Die Autoren

Michel Golibrzuch, geb. 1966, Diplom-Sozialwirt, langjähriger Referatsleiter für IT-


Strategie und Verwaltungsmodernisierung im Niedersächsischen Ministerium für Inneres
und Sport. Seit 01.06.2017 Präsident des Landesamtes für Geoinformation und Landver-
messung Niedersachsen.

Dr. Carsten Hentrich, geb. 1971, ist Director und Unternehmensberater bei PwC und
verantwortet im Kundensegment Familienunternehmen und Mittelstand den Beratungs-
schwerpunkt Digitale Transformation.
Die Autoren 327

Dr. Roland Heuermann, geb. 1961, Dipl.-Kaufmann und Dipl.-Psychologe, gut 10


Jahre Unternehmensberater für Change-Management, dann seit 2003 Leiter Projektma-
nagement und seit 2006 Leiter IT der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht
(BaFin), seit 2012 IT-Strategieberater Public bei der Fa. Computacenter. Nebenberuflich
Lehrbeauftragter für Öffentliche Betriebswirtschaftslehre an der Hochschule des Bundes
in Brühl.

Dr. Carsten Jürgens, geb. 1964, Diplom-Ingenieur der Elektrotechnik, nach verschiede-
nen Stationen in der Beratung, im Servicemanagement und Vertrieb seit 2005 Direktor
Geschäftsfeldentwicklung Public Sector bei Computacenter, Vorstandsmitglied des Nati-
onalen E-Government Kompetenzzentrums (NEGZ).
328 Die Autoren

Philipp Kleinmanns, geb. 1984, B.Sc. Angewandte Informatik, leitet das Portfolio
Management und den Solution Sales der Business Line IT Factory bei der Materna
GmbH. Zu seinem Tätigkeitsbereich gehört die marktbezogene Weiterentwicklung der
Leistungen rund um die IT-Fabrik.

Dr. Christian Dominik Kohl, geb. 1980, Dipl.-Informatiker der Medizin, Referent im
Referat IT-Koordination des Ministeriums für Inneres, Digitalisierung und Migration
Baden-Württemberg.
Die Autoren 329

Stefan Krebs, geb. 1960, Diplom-Verwaltungswirt, Ministerialdirektor im Ministerium


für Inneres, Digitalisierung und Migration Baden-Württemberg, Chief Information
Officer (CIO) und Chief Digital Officer (CDO) des Landes Baden-Württemberg, Auf-
sicht über die Landesoberbehörde IT Baden-Württemberg (BITBW).

Tanja Krins, Dipl.-Kff., Studium der Wirtschaftswissenschaften mit Schwerpunkt Euro-


päische Wirtschaft und Operations Research, von 1997 bis 1999 stellv. Abteilungsleiterin
im Dezernat Planung, Entwicklung und Controlling der RWTH Aachen. Von 1999–2001
Trainee in der Stadt Köln und in Berlin Treptow-Köpenick, 2001–2004 Projekte der Ver-
waltungsmodernisierung in der Stabsstelle für Strategisches Informations- und Kommu-
nikationsmanagement der Stadt Köln, 2004–2015 Leitung der IT-Kundenberatung der
Stadt Köln und Ansprechpartnerin für Interkommunale Kooperationen, seit 2015 Leiterin
der Geschäftsstelle Digitale Agenda Köln im Büro des Stadtdirektors der Stadt Köln.

Prof. Dr. Jörn von Lucke hat den Lehrstuhl für Verwaltungs- und Wirtschaftsinformatik
am The Open Government Institute (TOGI) an der Zeppelin-Universität Friedrichshafen
inne. Seine aktuellen Forschungsschwerpunkte liegen in E-Government, Web 2.0, Open
Government (offenes Regierungs- und Verwaltungshandeln), offenen Daten, offenen
330 Die Autoren

Haushaltsdaten, Open Budget 2.0, Open Government Collaboration, offener gesellschaft-


licher Innovation und Smart Government (Internet der Dinge und Internet der Dienste im
Öffentlichen Sektor; Verwaltung 4.0). Zugleich vertritt er die Interessen der Gesellschaft
für Informatik e. V. im Rahmen der deutschen Aktivitäten zur Open Government Partner-
ship.

Mathias Oberndörfer, geb. 1973, Rechtsanwalt. Geschäftsführer und Leiter Öffentlicher


Sektor der KPMG Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Bereichsvorstand Öffentlicher Sektor
der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft.

Michael Pachmajer, geb. 1971, ist Director und Unternehmensberater bei PwC und ver-
antwortet im Kundensegment Familienunternehmen und Mittelstand den Beratungs-
schwerpunkt Digitale Transformation.
Die Autoren 331

Helmut Poder, geb. 1963, Jurist, Syndikusrechtsanwalt, er leitet für einen internationalen
IT-Dienstleister innerhalb der deutschen Rechtsabteilung den Bereich Öffentliche Auf-
träge/Public.

Jan Reddehase, geb. 1987, IT-Consultant und Business Analyst bei Capgemini Deutsch-
land GmbH, Schwerpunkt auf Strategie-Projekten zur digitalen Transformation der
Öffentlichen Verwaltung und E-Government.
332 Die Autoren

Marc Reinhardt, geb. 1969, Diplom-Ökonom, Executive Vice President des Public Sec-
tors (Öffentliche Verwaltung und Sozialversicherung in Deutschland) bei Capgemini in
Berlin, Mitglied des Präsidiums der Initiative D21, Vorstand des NEGZ, Mitglied im
Nationalen IT-Gipfel der Bundesregierung.

Heinrich Rentmeister, geb. 1963, studierte an den Universitäten Münster und Bonn Poli-
tikwissenschaft, Germanistik, Philosophie und Publizistik. Langjährige Berufserfahrung
in führenden Funktionen im Öffentlichen Sektor und mehr als 12 Jahre als Berater für
den Öffentlichen Sektor tätig. Seit 2014 als Partner bei der Boston Consulting Group in
Berlin; er leitet die Praxisgruppe Public Sector Deutschland und Österreich.
Die Autoren 333

Ulf Schitkowsky, geb. 1964, Dipl.-Ing. der Elektrotechnik, seit mehr als 20 Jahren in
verschiedenen leitenden Positionen in der IT Beratung tätig. Ehrenamtliche Tätigkeit als
Mentor an der TU Berlin.

Falk A. Schmidt, geb. 1981, Bachelor of Business Administration, Senior Key Account
Manager Public Sector, Einstieg in die Strategieberatung nach dem Studium, danach seit
sieben Jahren Account Management bei der Fa. Computacenter für die Bundesverwal-
tung, insb. befasst mit Projekten rund um die IT-Konsolidierung im Bund.
334 Die Autoren

Dr. Ferdinand Schuster, geb. 1967, Diplom-Kaufmann und Verwaltungswissenschaft-


ler. Zunächst tätig im Öffentlichen Dienst, im Bereich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
sowie als Berater, derzeit Geschäftsführer des von KPMG geförderten Instituts für den
Öffentlichen Sektor e. V. Zusätzlich Lehrbeauftragter an der Universität Konstanz.

Prof. Dr. Matthias Tomenendal, geb. 1970, Diplom-Kaufmann, MBA, zehn Jahre Stra-
tegieberater bei der Boston Consulting Group, seit 2005 Professor für Management und
Consulting an der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin, seit 2010 Direktor des
IMB Institute of Management Berlin, seit 2015 Direktor der Berlin Professional School.
Die Autoren 335

Dr. phil. Dr. rer. nat. Dipl. Phys. Gerhard van der Giet, geb. 1947, Ministerialdirigent
a. D., zuletzt CIO der Bundeswehr im Verteidigungsministerium, General Manager der
NATO-Luftstreitkräfte und Control System Management Agency (NACMA), Senior
Consultant der Rüstungsindustrie, Senior Consultant Public, Computacenter.

Dr. Mario Walther, geb. 1980, in 2008 Promotion in Public Management an der Univer-
sität St. Gallen und der University of California, Berkeley. Seit über zehn Jahren Erfah-
rung als IT-Strategieberater, derzeit im Bereich CIO Advisory der Fa. Accenture für
öffentliche Auftraggeber tätig. Seine Beratungsschwerpunkte sind Programm-Gover-
nance, Analytics, IT-Strategie, IT-Konsolidierung und Sourcing-Strategien für Kunden
auf Bundesebene.

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