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Philosophische Anthropologie
Der Autor: Prof. Dr. Joachim Fischer, geb. 1951, Studium der Soziologie,
Philosophie, Politikwissenschaft, Germanistik in Hannover, Gießen,
Tübingen und Göttingen; 1999 Mitbegründer der Helmuth-Plessner-
Gesellschaft und deren Präsident 2011–2017. Seit 1999 an der TU Dres-
den, Institut für Soziologie; seit 2012 Honorarprofessor für Soziologie.
Joachim Fischer
Philosophische
Anthropologie
Eine Denkrichtung des 20. Jahrhunderts
www.verlag-alber.de
Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
1 Philosophische Anthropologie.
Zur Realgeschichte des Ansatzes . . . . . . . . . . . . 19
1.1 Genese (1919–1927) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23
1.2 Durchbruch (1927/28) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61
1.3 Interregnum (1928–1934) . . . . . . . . . . . . . . . . 94
1.4 Neueinsätze (1934–1944) . . . . . . . . . . . . . . . . 134
1.5 Turbulenzen (1945–1950) . . . . . . . . . . . . . . . . 208
1.6 Konsolidierung (1950–1955) . . . . . . . . . . . . . . . 235
1.7 Nachfolge (1955–1960) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292
1.8 Driften (1961–1969) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 331
1.9 Rückgang (1969–1975) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 450
2 Philosophische Anthropologie.
Zur Philosophiegeschichte des Ansatzes . . . . . . . . . 479
2.1 Philosophiegeschichtliche Lage . . . . . . . . . . . . . . 507
2.2 Denkungsart der Philosophischen Anthropologie . . . . 515
2.2.1 Identitätskern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 519
2.2.2 Identitätskern trotz Differenz . . . . . . . . . . . 526
2.2.3 Differenz im Identitätskern . . . . . . . . . . . . 558
2.2.4 Differenz zu anderen Denkansätzen . . . . . . . . 576
2.3 Denkort der Philosophischen Anthropologie . . . . . . . 595
Philosophische Anthropologie A 7
Inhalt
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . 601
Siglen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . 601
1. Unveröffentlichte Quellen . . . . . .. . . . . . . . . . 601
2. Schrifttum . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . 602
A. Texte der Philosophischen Anthropologie . . . . . . . 602
B. Texte zur Philosophischen Anthropologie . . . . . . . 625
C. Andere Autoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 655
D. Literatur zu Disziplinen und anderen Denkrichtungen 661
Zeittafel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 665
Personenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 667
Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 673
Philosophische Anthropologie A 9
Vorwort
Werke (im Folgenden GW), Bd. 1–15, (bis zu ihrem Tod 1969) hrsg. v. M[aria] Scheler,
seither v. M. S. Frings, (zuerst) Bern/München, (ab 1986) Bonn 1954–1997, GW 9, S. 7–
71.
4 H. Plessner, Die Stufen des Organischen und der Mensch. Einleitung in die philoso-
phische Anthropologie (1928), 2. Aufl. Berlin 1965. [Diese Schrift wird nach der ange-
gebenen Ausgabe zitiert].
5 A. Gehlen, Der Mensch. Seine Natur und seine Stellung in der Welt (1940), 4. veränd.
Aufl. Bonn 1950. [Diese Schrift wird nach der angegebenen Ausgabe zitiert].
6 E. Rothacker, Probleme der Kulturanthropologie (1942), Bonn 1948.
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Einf!hrung
schen gekommen, sonst könnte Gehlen nicht Sätze über sich schrei-
ben, die auch für Plessners Selbstdarstellung charakteristisch sind: Er,
Gehlen, habe »in seinem langen Leben niemals einer wissenschaft-
lichen ›Schule‹ im Sinne einer inhaltlich ausgerichteten ›Gemein-
schaft‹ von Lehrern und Schülern angehört und auch selbst keine
begründet. Folglich hatte er seine Gedanken und Theorien allein
durchzusetzen, und dies mußte […] in den Hauptpunkten gegen die
jeweils wechselnden Zeitströmungen geschehen.« 8 Und – jede Schul-
bindung an Scheler bestreitend –, schreibt Plessner, der Verfasser der
›Stufen‹ : »Lebte der Autor nicht auch in Köln, und war er nicht sein
Schüler? Er war es nicht, bei aller Nähe.« 9
Die Philosophische Anthropologie ist von Beginn an ein heikles
Gebilde gewesen, strittig zwischen den Beteiligten und seitens der
interessierten Konkurrenten. Das hat damit zu tun, dass der Denk-
ansatz sich ideenbiographisch zwischen zu großer Nähe (Parallelent-
deckung) und äußerster Distanzierung (Absetzung, Abwertung) der
Beteiligten bildete, dass er in die politische Verwerfungslinie 1933
geriet (›Reich‹ /Exil), insofern eben wichtige Schriften in der Hoch-
zeit des Nationalsozialismus und zugleich außerhalb entstanden,
dass zwei Protagonisten um 1950 gleichzeitig einen Fachwechsel
vollzogen (von der Philosophie zur Soziologie), und dass der Ansatz
der scharfen Konkurrenz anderer Denkrichtungen ausgesetzt war, die
immer wieder bewusst die Diskrepanz zwischen Scheler oder Pless-
ner oder Gehlen betonten und teilweise den Keil zwischen die Auto-
ren trieben.
Dordrecht / Boston / London, Vol. I and II, 2. Aufl. 1971. – B. Waldenfels, Einführung in
die Phänomenologie. Kritische Information, München 1992.
12 E. Baumgarten, Der Pragmatismus. R. W. Emerson, W. James, J. Dewey. Die geisti-
ner Kreises, Darmstadt 1993. – H. J. Dahms, Versuch einer Charakterisierung des Wie-
ner Kreises, in: Ders. (Hrsg.), Philosophie, Wissenschaft, Aufklärung. Beiträge zur Ge-
schichte und Wirkung des Wiener Kreises, Berlin/New York 1985, S. 1–29. – M. Geier,
Der Wiener Kreis, Reinbek b. Hamburg 1992.
18 W. Stegmüller, Hauptströmungen der Gegenwartsphilosophie. Eine kritische Einfüh-
Philosophische Anthropologie A 13
https://doi.org/10.5771/9783495999899
Einf!hrung
sens vom Menschen, in: R. M. Lepsius (Hrsg.), Soziologie in Deutschland und Öster-
reich, Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, Sh. 23 (1981), S. 160–
197.
20 J. Habermas, Anthropologie, in: Fischer-Lexikon Philosophie, mit einer Einleitung v.
und seine Stellung in der Welt. Textkritische Edition unter Einbeziehung des gesamten
Textes der 1. Auflage von 1940, 2. Teilbände, Arnold-Gehlen-Gesamtausgabe (im Fol-
genden GA), hrsg. v. K.-S. Rehberg, Frankfurt a. M. 1978 ff., Bd. 3.1 u. 3.2, hrsg. v. K.-S.
Rehberg, Frankfurt a. M. 1993, Bd. 3.2, S. 756.
22 Diese Unterscheidung wird im systematischen Teil 2 begründet. Im Text wird von
Damit ist auch zugleich gesagt, was diese Arbeit nicht behandelt. Es
ist erstens keine mentalitätsgeschichtliche, keine ideologiekritische
oder kultursoziologische Studie zur Philosophischen Anthropologie.
Unter offenem Horizont. Anthropologie nach Helmuth Plessner. Mit einem Geleitwort
v. D. Goldschmidt, Frankfurt a. M. 1995, S. 250.
23 J. Fischer, Exzentrische Positionalität. Plessners Grundkategorie der Philosophischen
Philosophische Anthropologie A 15
Einf!hrung
Philosophische Anthropologie A 17
Einf!hrung
26 Beide Rekonstruktionen verdanken viel der bereits vorliegenden früheren und neue-
ren Forschung, wie sie im Literaturverzeichnis (2. Texte zur Philosophischen Anthro-
pologie) aufgeführt ist – auch wenn das im Einzelnen nicht immer vermerkt wird.
vom Menschen (1981), a. a. O., S. 160–197. – Voraussetzung bildete neben der Gehlen-
Vertrautheit eine Kenntnis des Plessnerschen Werks: K.-S. Rehberg, Das Werk Helmuth
Plessners, in: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, Jg. 36 (1984),
S. 799–811.
3 Rehberg behandelt auch Th. Litt und seine »Interaktions-Dialektik« in ›Individuum
und Gemeinschaft‹ (1919) in diesem Zusammenhang, räumt aber ein, dass dessen »die
soziale Vermittlung voraussetzende anthropologische Position« nicht »zur Philosophi-
schen Anthropologie im engeren Sinne zu rechnen« ist. K.-S. Rehberg, Philosophische
Anthropologie, a. a. O., S. 166.
Philosophische Anthropologie A 19
Philosophische Anthropologie. Zur Realgeschichte des Ansatzes
4 Ebd., S. 166.
5 K.-S. Rehberg, Nachwort des Herausgebers, in: A. Gehlen, Der Mensch. Seine Natur
und seine Stellung in der Welt. Textkritische Edition unter Einbeziehung des gesamten
Textes der 1. Auflage von 1940, 2 Teilbände, GA 3.1 u. 3.2, hrsg. v. K.-S. Rehberg,
Frankfurt a. M. 1993, S. 756.
6 Ebd. S. 759.
7 M. S. Frings, Max Scheler: Drang und Geist, in: J. Speck (Hrsg.), Grundprobleme der
schen Anthropologie in Köln: Eine Skizze, in: E. W. Orth/G. Pfafferott, Studien zur
Philosophie von Max Scheler. Internationales Max-Scheler-Colloquium ›Der Mensch
im Weltalter des Ausgleichs‹. Universität zu Köln 1993, Freiburg/München 1994, S. 12.
12 R. P. Fischer, Um Leib und Leben. Die anthropologische Wende in der deutschen
Jahre wird hier nicht mehr ›erzählt‹, weil die Untersuchung, die selbst im Zuge dieser
leisen Wiederbelebung erfolgt, sich gerade für die ›Geschichte‹ davor interessiert.
Philosophische Anthropologie A 21
Philosophische Anthropologie. Zur Realgeschichte des Ansatzes
Aufzeichnungen (23 S.), Nachlaß Plessner, auf die H. v. Alemann seine »Skizze«: Hel-
muth Plessner, Max Scheler und die Entstehung der Philosophischen Anthropologie in
Köln, a. a. O., stützt. Der Soziologe H. v. Alemann, nach eigener Aussage kein Kenner
der Werke der Philosophischen Anthropologie, hat aus ursprünglich anderem Anlaß mit
dem 89-jährigen Plessner zwei Gespräche geführt, in der bis dahin unbekannte Details
der Realgeschichte des Denkansatzes aus Plessners Sicht zur Sprache kamen.
1 M. Scheler, Probleme einer Soziologie des Wissens, in: Ders. (Hrsg.), Versuche zu
einer Soziologie des Wissens, München / Leipzig 1924, S. 1–150, S. 7. Wiederabgedr.,
in: Ders., Die Wissensformen und die Gesellschaft (1926), GW 8, S. 15–190. Scheler
verweist bereits 1924 auf seine »seit Jahren vorgetragene, demnächst erscheinende An-
thropologie«, S. 15.
2 H. Plessner, Vorwort zu ›Grenzen der Gemeinschaft. Eine Kritik des sozialen Radika-
Philosophische Anthropologie A 23
Philosophische Anthropologie. Zur Realgeschichte des Ansatzes
4 M. Scheler, Der Formalismus in der Ethik und die materiale Wertethik (1913/1916),
GW 2.
5 Ebd., S. 157. – J. v. Uexküll, Umwelt und Innenwelt der Tiere (1909), 2. verm. u. verb.
Philosophische Anthropologie A 25
Philosophische Anthropologie. Zur Realgeschichte des Ansatzes
gegebenen Sein in das Sein des Kosmos (das Absolute, Gott) vor-
zustoßen, weil Kant die Vermitteltheit all dieser Versuche durch
Strukturen der erkennenden Subjektivität aufgedeckt hatte. Alles ge-
genständliche Sein in Innen- und Außenwelt war zunächst auf das
Bewusstsein (des Menschen) zurückzubeziehen, das sich damit aber –
philosophisch – in einer in sich abgekammerten Sphäre vorfand. Die-
se Abkammerung des Bewusstseins war das Schelersche Problem. Er
suchte nach einer Rückführungsbasis der Subjektivität, die der trans-
zendentalen Vorgelagertheit des Subjekts genügen und zugleich zwi-
schen Subjekt und Objekt als Konstitutionsbasis einer neuen Meta-
physik fungieren sollte.
Deshalb waren für ihn – gleichsam unterhalb der erkenntnis-
theoretischen Bewusstseinsforschung – die »Versuche einer Philoso-
phie des Lebens« 7 bedeutsam, wie sie Nietzsche, v. a. aber Dilthey,
den er ausdrücklich würdigte, und schließlich Henri Bergson unter-
nommen hatten. Scheler versprach sich vom richtig gewendeten
Schub der Lebensphilosophie eine »Umbildung« der Philosophie:
»Sie wird sein wie der erste Tritt eines jahrelang in einem dunklen
Gefängnis Hausenden in einen blühenden Garten. Und dies Gefäng-
nis wird unser durch einen auf das bloß Mechanische und Mechani-
sierbare gerichteten Verstand umgrenztes Menschenmilieu mit sei-
ner ›Zivilisation‹ sein. Und jener Garten wird sein – die bunte Welt
Gottes, die wir – wenn auch noch in der Ferne – sich uns auftun und
hell uns grüßen sehen. Und jener Gefangene wird sein – der euro-
päische Mensch von heute und gestern, der seufzend und stöhnend
unter den Lasten seiner eigenen Mechanismen einherschreitet und,
nur die Erde im Blick und Schwere in den Gliedern, seines Gottes und
seiner Welt vergaß.« 8 Scheler behauptete, dass in Bergsons »neuer
Grundhaltung« die »gesamte philosophische Problematik« eine
»neuartige Anordnung und Verschlingung« gewinne und kennzeich-
nete das als die lebensphilosophische Drehung der Phänomenologie:
»Diese Philosophie hat zur der Welt die Geste der offenen, aufwei-
senden Hand, des frei und groß sich aufschlagenden Auges. Das ist
nicht der blinzelnde, kritische Blick, den Descartes – mit dem univer-
sellen Zweifel beginnend – auf die Dinge wirft; nicht Kants Auge, aus
philosophische Antwort auf: Ch. Darwin, Die Entstehung der Arten durch natürliche
Zuchtwahl (engl. 1859), Stuttgart 1983.
Philosophische Anthropologie A 27
Philosophische Anthropologie. Zur Realgeschichte des Ansatzes
tischen Motivs in der Erkenntnis der Welt, in: Ders., Die Wissensformen und die Gesell-
schaft, GW 8, S. 191–382.
Philosophische Anthropologie A 29
Philosophische Anthropologie. Zur Realgeschichte des Ansatzes
20 Ebd., S. 211.
Der Blick auf Plessners Weg zeigt Parallelen und Differenzen. Als
Plessner 1920 neben Scheler in Köln zu lehren und zu forschen be-
gann, war er ein junger, aber akademisch fertiger Philosoph, also kei-
neswegs ein Schüler Schelers, fertig – aber für intellektuelle Aben-
teuer offen. Plessner brachte aus Heidelberg ein Biologiestudium mit
konkreter sinnesphysiologischer Forschung mit, die bereits von der
Idee einer »Philosophie des Organischen« umringt war 22, wie sie sein
erster philosophischer Lehrer, Hans Driesch, in dessen Haus er ver-
kehrte, der ihn einen seiner »begabtesten und rührigsten Schüler«
nannte und dem er sein erstes Buch gewidmet hatte, vertrat. 23 In
Heidelberg hatte Plessner 1913 auch bereits Kontakt zu dem dort als
Privatgelehrten forschenden Biologen J. v. Uexküll. Plessners parallel
– bei Windelband und Lask – begonnenes Philosophiestudium wurde
eigentliches Philosophieexerzitium aber erst – nach dem Abbruch der
zoologischen Dissertation – bei Husserl in Göttingen, mit der Ein-
übung in die Phänomenologie, und dann, noch einmal in schmerz-
hafter Absetzung von Husserl, mit einem Studium von Kants kriti-
scher Philosophie und dem Neukantianismus auf eigene Faust. In
Durcharbeitung von Kants kritischer Philosophie kam Plessner zur
Einhegung der Phänomenologie, nicht zu ihrer Verwerfung. Phäno-
Philosophische Anthropologie A 31
Philosophische Anthropologie. Zur Realgeschichte des Ansatzes
gen zur Problematik von Organismus und Person, welche seine bio-
logische und philosophische Schulung kombinierten. Sein origineller
philosophischer Beitrag lag 1923 vor mit der ݀sthesiologie des Geis-
tes‹. 27 Die (organischen) Sinne auf ihre Sinn-Kapazität hin zu unter-
suchen, entgegen der Kantischen Theorie, die die reinen Formen des
Verstandes von den Materiallieferungen der Sinnlichkeit trennte,
war ein durch Schelers im Feld der Ethik durchgeführte Kant-Kritik
am ›Formalismus‹ ermutigter Versuch. Plessner war beeindruckt von
Schelers in seinem Ethik-Buch formulierten, Uexküllsche Gedanken
philosophisch reformulierenden Programm, zur Abwehr des Natura-
lismus bei der »Zwischenzone der psychophysischen Indifferenz«
anzusetzen und die Einheit der Person als Einheit der Person mit
ihrer Umwelt zusammenzudenken (Leiblichkeit und Umweltlich-
keit). 28 So wie Scheler das materiale Apriori der Emotionen, so suchte
Plessner das materiale Apriori der Sinne aufzuweisen. Originell war
hier nicht nur die Nutzung seines wissenschaftlichen Zuganges zur
Sinnesphysiologie in philosophischer Absicht, sein Anschluss an
Bergsons Philosophie des Lebens mit ihrer These von der »Aktions-
relativität der Sinne«, sondern auch sein methodischer Bezug auf
W. Diltheys geisteswissenschaftlich interessierte ›Kritik der histori-
schen Vernunft‹. Plessner versuchte, die Leistungsfähigkeit der Sinne
»hermeneutisch« von geschichtlich erarbeiteten Kulturobjektiva-
tionen her phänomenologisch auszuwerten – der »Wissenschaft«,
speziell der »Geometrie«, der »Sprache« und der »Musik«. Sein ei-
genster Punkt aber war, konsequent entsprechend der Kategorie der
»Grenze«, das Verhältnis zwischen Auge und Gehör im mensch-
lichen Körperleib als Verhältnis der Extreme – von der Distanz des
Blickstrahls zur Resonanz eindringender Töne – zu rekonstruieren,
um in der Vermittlung die Sprache entspringen zu lassen. Dabei kam
er innerhalb seiner ›Ästhesiologie des Geistes‹ auch zu Konsequen-
zen hinsichtlich der Ästhetik, vor allem zu eingrenzenden Einschät-
zungen des Projekts eines »Musizierens in Farben« durch der moder-
nen bildenden Kunst (Kandinsky), und zugleich gab er auch eine
neue Wissenschaftstheorie der Differenz von Natur- und Kulturwis-
senschaften, indem er im Rückgang auf den Distanzsinn des Sehens
und den Resonanzsinn des Gehörs den Positivismus einerseits, die
27 H. Plessner, Die Einheit der Sinne. Grundlinien einer Ästhesiologie des Geistes
(1923), GS III, S. 7–315.
28 Ebd., S. 20.
Philosophische Anthropologie A 33
Philosophische Anthropologie. Zur Realgeschichte des Ansatzes
(1924), GS V, S. 7–133.
Philosophische Anthropologie A 35
Philosophische Anthropologie. Zur Realgeschichte des Ansatzes
leitung in die Philosophie des Lebens. Erste Hälfte: Abhandlungen zur Grundlegung der
Geisteswissenschaften, Gesammelte Schriften, Bd. 5, hrsg. v. G. Misch, 6. unveränd.
Aufl. Göttingen 1957, S. VII–CXVII.
35 G. Misch, Die Idee der Lebensphilosophie in der Theorie der Geisteswissenschaften
(1924), in: Ders., Vom Leben und Gedankenkreis Wilhelm Diltheys, Frankfurt a. M.
1947, S. 37–51.
Philosophische Anthropologie A 37
Philosophische Anthropologie. Zur Realgeschichte des Ansatzes
38 H. André, Pleßners Ästhesiologie des Geistes. Ein neuer Zugang zur Philosophie der
Natur, in: Hochland 22 (1925), S. 605–609.
39 P. Wust, Helmuth Plessners ›Ästhesiologie des Geistes‹, in: Kölnische Volkszeitung,
Nr. 427, 14. 6. 1923. – Ders., Helmuth Plessners ›Grenzen der Gemeinschaft‹, in: Köl-
nische Volkszeitung, Nr. 901, 20. 11. 1924.
40 H. Lützeler, Ein Genie: Max Scheler (1874–1928), in: Ders., Persönlichkeiten, Frei-
mit seiner zweiten Frau, Märit Furtwängler, besuchte, seine dritte Frau, die junge Maria
Scheu kennen, die seine Studentin wurde und die er 1924 heiratete. Vgl. J. R. Staude,
Max Scheler. An Intellectual Portrait, New York/London 1967, S. 139–152. – Plessner
kam in diesen Salon durch die Kunsthistorikerin W. v. Blanckenburg; vgl. H. Struyker
Boudier, Filosofische Wegwijzer, in: Ders. (Hrsg.), Filosofische Wegwijzer. Correspon-
dentie van F. J. J. Buytendijk met Helmuth Plessner, Kerckebosch 1993, S. 24.
44 V. v. Weizsäcker, Natur und Geist, Göttingen 3. Aufl. 1977, S. 22.
Philosophische Anthropologie A 39
Philosophische Anthropologie. Zur Realgeschichte des Ansatzes
45 Zu Max Scheler in Köln vgl. H. Lützeler, Ein Genie: Max Scheler (1874–1928),
a. a. O., S. 83–128.
46 P. Wust an C. Muth vom 12. 11. 1923, zit. n. H.-U. Lessing, Hermeneutik der Sinne,
a. a. O., S. 337.
47 H. Plessner (Hrsg.), Philosophischer Anzeiger. Zeitschrift für die Zusammenarbeit
und Philosophie und Einzelwissenschaft, Jg. 1.–4., Bonn [Verlag F. Cohen] 1925–1930.
nig/Helmuth Plessner. Briefwechsel 1923–1933, a. a. O., S. 65. Eben dieser Titel »Zeit-
schrift für philosophische Forschung« auch im Brief Plessner an N. Hartmann vom
25. 11. 1924. Nachlaß Plessner. Er setzte aber diesen Titel gegenüber dem Verleger Co-
hen nicht durch. Erst eine neue philosophische Zeitschrift nach dem 2. Weltkrieg nahm
diesen Titel an. Sachlich aber deckte dieser Titel Plessners philosophisches Programm in
den 1920er Jahren.
51 H. Plessner, Herausgeber »in Verbindung mit A. Baumgarten – Basel, F. J. J. Buyten-
die Versunkenheit in sich, die absolute Lauterkeit zogen mich völlig in ihren Bann. […]
Philosophische Anthropologie A 41
Philosophische Anthropologie. Zur Realgeschichte des Ansatzes
Wir verstanden uns […] ausgezeichnet. Ich hatte den ganzen Abend das Gefühl […],
einem antiken Philosophen, vielleicht einem Hegelschen Geiste, gegenüberzusitzen«,
Plessner an König 11. November 1924, ebd., S. 58.
54 »Vor dem Essen erschien Heidegger in Kniehosen und einem Art Alpenhüttenkos-
tüm. Es wurde wenig geredet, viel […] geraucht, und die Harmonie war vollkommen.
Auch von Heidegger hatte ich einen sehr angenehmen Eindruck. Ein kleiner schwarzer,
etwas impetuöser Mann, mit dem sicher nicht zu spaßen ist, von dem man aber sofort
den Eindruck gewinnt, daß er an sich die höchsten Anforderungen stellt.« Plessner an
König, ebd., S. 58.
55 Ebd., S. 59.
56 F. J. J. Buytendijk, Anschauliche Kennzeichen des Organischen, in: Philosophischer
Die Deutung des mimischen Ausdrucks. Ein Beitrag zur Lehre vom Bewußtsein des
anderen Ichs, GS VII, S. 67–130.
58 M. Scheler, Idealismus – Realismus, in: Philosophischer Anzeiger, Jg. 2 (1928),
S. 255–325.
59 N. Hartmann, Kategoriale Gesetze, in: Philosophischer Anzeiger, Jg. 1 (1926),
S. 201–266.
60 V. v. Weizsäcker, Über medizinische Anthropologie, in: Philosophischer Anzeiger,
matik, in: Philosophischer Anzeiger, Jg. 3 (1929), S. 369–387. – Ders., Die apriorische
Struktur des Anschauungsraumes, in: Philosophischer Anzeiger, Jg. 4 (1930), S. 129–
162.
63 L. v. Bertalanffy an H. Plessner, Briefe v. 16. 9. u. 6. 10. 1926, Nachlaß Plessner, Map-
pe 112.
Philosophische Anthropologie A 43
Philosophische Anthropologie. Zur Realgeschichte des Ansatzes
losophischen Modells zu, das zwischen ihnen der rote Faden sein
könnte.
64 Das geht aus dem Fakultätsgutachten hervor, das Scheler 1925 über Plessner verfass-
te: M. Scheler, »Gutachten Scheler«, Nachlaß Plessner, Mappe 14, S. 3–4.
65 Ebd., S. 2.
Philosophische Anthropologie A 45
Philosophische Anthropologie. Zur Realgeschichte des Ansatzes
69 J. v. Uexküll, Umwelt und Innenwelt der Tiere (1909), 2. verm. u. verb. Aufl. Berlin
1921.
70 Ebd., S. 196.
GW 12, S. 171.
72 H. Plessner/F. J. J. Buytendijk, Die Deutung des mimischen Ausdrucks, GS VII,
S. 100 f.
73 Ebd., S. 124.
Scheler und Plessner waren sich einig, dass eine Lösung für das
Eigenprinzip des Menschen, für seine »Sonderstellung«, dem Natura-
lismus genügen müsse, dem naturhistorischen Anspruch, wie ihn
z. B. der Anthropologe Klaatsch und der Paläoontologe Dacqué ver-
traten, auf die sie sich beide bezogen. Klaatsch hatte festgehalten:
»Alle Versuche, dem Menschen eine Sonderstellung im Sinne einer
von den übrigen Organismen unseres Planeten verschiedenen Her-
kunft oder ›Schöpfung‹ zuzuweisen, können vor dem Richterstuhl der
Wissenschaft nicht bestehen.« 74 Seine Überlegungen zum ›Werde-
gang der Menschheit und die Entstehung der Kultur‹ arbeiteten des-
halb daran, die scharfe Grenze zwischen Tier und Mensch mit vielen
morphologischen, physiologischen und ethologischen Belegen zu
unterlaufen zugunsten des Aufweises gradueller Übergänge, in de-
nen der Mensch als Produkt einer langen Evolution verständlich wur-
de. E. Dacqué hatte in Variation dazu behauptet, der Mensch könne –
noch vor Entstehung der Landtiere – naturgeschichtlich in psycho-
physisch verschiedenen »biologischen Baustilen« verschiedener Erd-
epochen existiert haben (amphibische Urmenschen, Eiszeitmen-
schen). Wichtig für Scheler und Plessner wurden Außenseiter, die in
der Auseinandersetzung mit dem naturalistischen Menschenbegriff
der Evolutionsbiologie, die den Menschen so wie das Tier als der Na-
tur angepassten Körper begriff, eine Differenz in der Natur, im Kör-
per des Menschen selber stark machten: Alfred Seidel konstatierte
einen »Triebüberschuss«, ein »hypertrophiertes Triebleben« als kon-
stitutionelles menschliches Artmerkmal; sowohl beim Sexualtrieb
wie beim Machttrieb gäbe es eine primäre Störung des vitalen
Gleichgewichts zwischen dem Organismus und den überschüssigen,
maßlosen Trieben, die den Evolutionsrahmen sprenge. 75 Einen ande-
ren Gedankengang in Auseinandersetzung mit dem naturalistischen
Konzept hatte Anfang der 20er Jahre der Mediziner Paul Alsberg als
philosophischer Außenseiter entfaltet. Gegenzügig zum Darwinis-
mus rekonstruierte er die Materialien der Naturgeschichte so, dass
im vergleichenden Unterschied zu den Tieren, die vom »Körper-
anpassungsprinzip« her zu erklären seien, die Lebensform des Men-
schen mit seinen Monopolen (Werkzeug, Sprache, Vernunft) na-
74 H. Klaatsch, Der Werdegang der Menschheit und die Entstehung der Kultur, Berlin
1920, S. 3.
75 A. Seidel, Bewußtsein als Verhängnis, aus dem Nachlass v. H. Prinzhorn, Bonn 1927,
S. 216.
Philosophische Anthropologie A 47
Philosophische Anthropologie. Zur Realgeschichte des Ansatzes
Noch bedeutsamer für die Genese des Denkansatzes sind nicht Dritte,
über die sie reden, sondern werden die intensiv indirekten Kom-
munikationen von Scheler und Plessner, vermittelt über gemeinsame
Dritte, die nicht selbst den Ansatz formulierten, aber durch ihre Re-
präsentanz von Forschungsideen vor Ort bei gleichzeitig intensiven
Kontakt zu beiden katalysatorisch wirken. Vor allem F. J. J. Buyten-
dijk einerseits, N. Hartmann andererseits, ein Spezialist und ein Ge-
neralist, wirken durch konkrete Präsenz in diesen Jahren als entschie-
dene Geburtshelfer des Ansatzes, weil sie – unabhängig voneinander
– den Blick beider auf das Lösungsfeld und die Lösungshaltung len-
ken.
Vor allem der niederländische Physiologe, Zoologe und Psycho-
loge F. J. J. Buytendijk zentrierte mit seinen Diskussionsbeiträgen
den Blick beider auf das Lösungsfeld: das Phänomen des Organi-
78 Scheler setzt sich ausdrücklich mit P. Alsberg auseinander: M. Scheler, Mensch und
muth Plessner, a. a. O., S. 76. Die holländische Antrittsrede wurde von H. André über-
setzt und in der Reihe »Bücher der neuen Biologie und Anthropologie« 1925 auch auf
deutsch veröffentlicht.
81 H. Plessner/F. J. J. Buytendijk, Die Deutung des mimischen Ausdrucks. Ein Beitrag
zur Lehre vom Bewußtsein des anderen Ichs (1925), GS VII, S. 67–129.
Philosophische Anthropologie A 49
Philosophische Anthropologie. Zur Realgeschichte des Ansatzes
W. Schingnitz (Hrsg.), Festschrift Hans Driesch zum 60. Geburtstag, Bd. 1: Wissen
und Leben, Leipzig 1927, S. 79–88.
85 L. Bolk, Das Problem der Menschwerdung, Jena 1926, S. 11. Vgl. M. Scheler, Schrif-
ten aus dem Nachlaß, Bd. III: Philosophische Anthropologie, GW 12, S. 94.
86 M. Scheler, Der Formalismus und die materiale Wertethik, GW 2, S. 289–296.
Jg. 2 (1928), S. 391–402, unter dem Titel ›Anschauliche Kennzeichen des Organischen‹.
Philosophische Anthropologie A 51
Philosophische Anthropologie. Zur Realgeschichte des Ansatzes
88 M. Scheler, Brief an Märit Furtwängler vom 3. März 1926, zit. b. W. Mader, Max
Scheler, a. a. O., S. 117.
89 Plessner setzte auf Hartmann schon Ende 1924: »In meinem Fach dauert es, wenn
man mit seinen Lehrern kein besonderes Glück gehabt hat, eben ziemlich lange, aber ich
erhoffe von der Berufung Nicolai Hartmanns nach Köln doch sehr viel für mich wis-
senschaftlich und persönlich. Ich besuchte ihn jetzt in Marburg und erhielt einen außer-
ordentlichen Eindruck von seiner schlichten, graden Persönlichkeit.« Plessner an
A. Baumgarten 22. 12. 1924, Nachlaß Plessner, Mappe 124.
90 N. Hartmann, Ethik, Berlin 1926.
Philosophische Anthropologie A 53
Philosophische Anthropologie. Zur Realgeschichte des Ansatzes
Bestrebung in der französischen Philosophie bei E. Boutroux ›De la contingence des lois
de la nature‹ (1909) aufmerksam gemacht, gegen einen naturalistischen Monismus und
gegen den cartesianischen Dualismus mit einer Schichtentheorie der Realität zu arbei-
https://doi.org/10.5771/9783495999899
Genese (1919–1927)
96 Plessner an König, 23. XII. 25, in: H.-U. Lessing/A. Mutzenbecher (Hrsg.), Josef Kö-
Philosophische Anthropologie A 55
Philosophische Anthropologie. Zur Realgeschichte des Ansatzes
101 O. Pöggeler, Ausgleich und anderer Anfang. Scheler und Heidegger, in: Phänome-
103 Erwähnt werden soll, dass es im Hintergrund offensichtlich auch eine persönliche
Unstimmigkeit zwischen Scheler und Plessner gab. Plessner wird 1928 in einem Brief an
König bemerken, dass das Verhältnis Schelers zu ihm mit bestimmt sei durch »eine
persönliche Animosität gegen mich, die in Frauengeschichten ihren Ursprung hat.«
Plessner an König, 22. 2. 1928, in: H.-U. Lessing/A. Mutzenbecher (Hrsg.), Josef Kö-
nig/Helmuth Plessner. Briefwechsel 1923–1933, a. a. O., S. 173. Die Angelegenheit ist
unklar und wird es auch bleiben, spiegelt aber eine Facette im reich gespannten Verhält-
nis zwischen beiden. Vermutlich ging es um Märit Furtwängler, Schelers zweite Frau.
J. Staude, der amerikanische Scheler-Biograph, dessen Schilderung der Kölner Jahre
Schelers auf Interviews mit Schelers zweiter und dritter Frau sowie neben vielen ande-
ren Zeugen auch mit Plessner beruht, gibt einen unbelegten Hinweis, dass Scheler bei
der dramatischen Trennung von seiner Frau Märit Furtwängler zugunsten der jungen
Maria Scheu einen Mann für seine zweite Frau suchte; dieser Mann sei aber abgesprun-
gen, als er sein Verhältnis zu Märit Furtwängler als eingefädeltes Manöver erkannte.
(J. R. Staude, Max Scheler. An Intellectual Portrait, a. a. O., S. 139–152). Der Niederlän-
der H. Struyker Boudier behauptet ohne Beleg, dass es sich dabei um Plessner gehandelt
habe; darin habe eine Irritation zwischen Scheler und Plessner gelegen (H. Struyker
Boudier, Filosofische Wegwijzer, a. a. O., S. 24). Eine andere Version bei J. H. Nota,
Max Scheler. Der Mensch und seine Philosophie (1979), Fridingen a. D. 1995, S. 153 f.
Wie dem auch sei (es kann sich um ein Gerücht handeln), Plessner spricht brieflich an
König, wenn er von Schelers zweite Frau spricht, von »Märit«, ist also vertraut mit ihr;
Philosophische Anthropologie A 57
Philosophische Anthropologie. Zur Realgeschichte des Ansatzes
und sein alter Freund O. Hoever schreibt noch 20 Jahre später an Plessner über »das
›Märchen‹, die erste Frau [die 2.] von Scheler, geb. Adolf Furtwängler, geb. 1891, mit
der Du ja auch eine enge Verbindung hattest.« O. Hoever an Plessner, 8. 1. 1948, Nach-
laß Plessner, Mappe 142. – In jedem Fall gab es von Plessner her wegen der dramatischen
Frauengeschichten Schelers (die sich auch im Salon der Luise Koppel abspielten) eine
gewisse respektlose Einstellung ihm gegenüber, die sich u. a. in Briefen an Buytendijk
1924 ausdrückte: Scheler »steht dermaßen unter dem Einfluß seiner Frauen […], daß
nicht viel mit ihm anzufangen ist. Er schwankt, mit welcher Frau er nach Japan geht
[…]. Ich habe den Eindruck, daß er im Übrigen stark äußerlich geworden ist – und
unzuverlässiger denn je […]. Er bleibt eben der Fliegende Holländer auf dem Meere
des Seins.« Plessner an Buytendijk, 30. 8. 1924, in: H. Struyker Boudier (Hrsg.), Corres-
pondentie van F. J. J. Buytendijk met Helmuth Plessner, a. a. O., S. 72 f.
104 H. Plessner, Zur Soziologie der modernen Forschung und ihrer Organisation in der
deutschen Universität, in: M. Scheler (Hrsg.), Versuche zu einer Soziologie des Wissens,
München/Leipzig 1924, S. 407–425. Zit. nach dem Abdruck in: H. Plessner, GS X, S. 7–
30.
Nun war das nicht nur eine universitäre Struktur, wie sie eben auch
zwischen Scheler und Plessner vorlag, sondern Scheler war sich auch
auf Grund dieses Aufsatzes von Plessner in dem von ihm heraus-
gegebenen Sammelband, der selbst ein neues Gebiet – Wissenssozio-
logie – gründete, nicht sicher, in welchem Typus der Privatdozent
Plessner ihm gegenüber figurierte: als »treuer Bewahrer« oder als
»kühner Neuerer«. Nun kommt hinzu, dass Scheler sich als Ordina-
rius 1925 – als es um die Verleihung des Professorentitels an Plessner
(Extraordinariat) ging 106 – über Plessner begutachtend äußern muss-
te, neben N. Hartmann und G. Misch. In der Beurteilung von Pless-
ners »wissenschaftlicher Persönlichkeit« hob Scheler – wie bereits
erwähnt – dessen überragende intellektuelle Begabung, den überaus
beweglichen und schmiegsamen Verstand, seine Verständnis- und
Einfühlungsfähigkeit, seine Denkschulung und Denkschärfe, seine
vielseitige Gelehrsamkeit hervor, aber er vermisste in seinen wissen-
schaftlichen Arbeiten »die Stärke des zentralen Einsatzes seines ei-
genen Selbst und seines Eigendenkens« 107 – das also, was den »küh-
nen Neuerer« der Forschung in Plessners Typologie auszeichnete. Er
ließ offen, ob Plessner eine ursprüngliche Zielrichtung noch nicht
gefunden oder sie eben von Natur aus nicht habe. Nach Plessners
Regel der deutschen Universität vorenthielt der Ordinarius Scheler
also vorläufig diesem freien Privatdozenten die letzte »Anerkennung
durch die Anerkannten«. Jetzt kommt noch hinzu, dass Plessner die-
ses – vertrauliche – Urteil von Scheler kannte. 108 Er hatte eine von
ihm geahnte, über ihn kursierende Einschätzung, auch seitens der
Schelerfreunde Curtius und Worringer – »verflucht begabter Kerl,
105 Ebd., S. 24 f.
106 Ab 1926 war Plessner a. o. Professor an der Universität Köln.
107 M. Scheler, »Gutachten Scheler«, Nachlaß Plessner, Mappe 14, S. 3.
108 Plessner war – aus finanziellen Gründen – neben seinem Lehrauftrag in der Philoso-
phie seit 1924/25 auch Sekretär der Fakultät unter dem Dekan Josef Kroll und hatte
deshalb Einblick in dienstliche Vorgänge. Plessner schickte Kopien der Gutachten sei-
nem Freund König, der Schelers Produkt »meisterhaft« fand. König an Plessner
11. 1. 1926, in: H.-U. Lessing/A. Mutzenbecher (Hrsg.), Josef König/Helmuth Plessner.
Briefwechsel 1923–1933, a. a. O., S. 113 f.
Philosophische Anthropologie A 59
Philosophische Anthropologie. Zur Realgeschichte des Ansatzes
höchste Intelligenz – aber keine Spur von Genialität, […] Tiefe« 109 –
als Institutionenurteil in den Händen, das ihn herausfordern musste.
Gleichzeitig hielt er, im ausdrücklichen offiziellen Auftrag Schelers
für dessen Freisemester im WS 25/26 dessen angekündigte Vor-
lesungen und Übungen ab – schon im Vorbesitz des a. o. Professoren-
titels, den er aufgrund der Gutachten bekam. Er wusste also, dass es
innerhalb der institutionellen Struktur der deutschen Universität mit
seiner Ende 1924 begonnenen Arbeit zur »Kosmologie des Lebens«
um den »zentralen Einsatz« ging.
Blendet man von dieser brisanten innerakademischen Struktur
noch einmal zur gesamten Konstellation zwischen Scheler und Pless-
ner zurück, so lässt sich sagen: Max Scheler, der damals als produk-
tivste Potenz der deutschen Philosophie galt, spielte im Köln der 20er
Jahre das Spiel einer bedeutenden »Neuschöpfung der Philoso-
phie« 110 , einer Revolution der Denkungsart, das große Spiel der deut-
schen Philosophie um einen dem Deutschen Idealismus vergleich-
baren Entwurf, und Plessner, durch Schelers genialen Anspruch,
aber auch im Wissen um Hartmanns und Heideggers philosophi-
schen Potentiale überhaupt in Schwung versetzt, spielte dieses große
Spiel mit hohem Einsatz mit.
4 O. Frh. v. Taube, Mensch und Erde. Bericht über die Tagung der Schule der Weisheit
zu Darmstadt vom 24.–30. April 1927, in: Der Weg zur Vollendung. Mitteilungen der
Gesellschaft für freie Philosophie. Schule der Weisheit Darmstadt, hrsg. v. Graf H. Key-
serling, H. 14, Darmstadt 1927, S. 18–62. Unter den Rednern waren auch C. G. Jung,
der Ethnologe Leo Frobenius, der Sinologe Richard Wilhelm, der Psychologe Hans
Prinzhorn und Keyserling selbst.
5 Im Scheler-Nachlaß gibt es ein 99-seitiges, von Scheler verfaßtes Manuskript unter
dem Titel »Monopole des Menschen im Ganzen der Lebewelt« (B I, 17), das zumindest
eine durchgearbeitete Vorlage für den Darmstädter Vortrag gewesen sein kann. Es ist
über weite Strecken in Gliederung und Wortlaut mit der später veröffentlichten Fassung
Philosophische Anthropologie A 61
Philosophische Anthropologie. Zur Realgeschichte des Ansatzes
Eindruck und ich gab auch meine Seele hinein.« 6 Diesen Vortrag un-
ter dem Titel ›Die Sonderstellung des Menschen‹ lässt er abgewan-
delt schon 1927 in dem Tagungsband 7 und diese Fassung dann sepa-
rat im April 1928 unter dem neuen Titel ›Die Stellung des Menschen
im Kosmos‹ in einer Sonderveröffentlichung 8 erscheinen. Er bittet
den Grafen Keyserling, in der Vorbemerkung zum Tagungsband zu
erwähnen, dass sein – Schelers – »gedruckter Tagungsvortrag […] die
Quintessenz seines Hauptwerkes ›Das Wesen des Menschen, neuer
Versuch einer philosophischen Anthropologie‹ […] enthält«, »wel-
ches 1928 erscheinen soll.« 9 Und im Vorwort zum Separatdruck
vom Frühjahr 1928 verweist Scheler selbst darauf, der knapp 100sei-
tige Text enthalte sehr gedrängt einige Hauptpunkte seiner »›Phi-
losophischen Anthropologie‹, die ich seit Jahren unter der Feder habe
und die zu Anfang des Jahres 1929 erscheinen wird.« 10
S. 115. – S. Kracauer berichtete von der Tagung und Schelers Vortrag in der Frankfurter
Zeitung vom 7. 5. 1927, Nr. 335.
7 M. Scheler, Die Sonderstellung des Menschen, in: Mensch und Erde, hrsg. v. Graf
9 H. Graf Keyserling, Vorbemerkung des Herausgebers, in: Mensch und Erde, hrsg. v.
11 Die nachfolgende Inhaltsangabe zitiert den Text M. Scheler, Die Stellung des Men-
schen im Kosmos, (1928), GW 9, S. 7-71, fortlaufend mit Kürzel StK und Seitenangabe.
Philosophische Anthropologie A 63
Philosophische Anthropologie. Zur Realgeschichte des Ansatzes
Tier verwandelt sich das »Medium«, in das das Leben sich hinein-
erstreckt, in eine arttypisch gegliederte »Umgebung«, auf die der
empfindend-bewegliche Organismus strikt bezogen ist. Das »Urphä-
nomen des Ausdrucks« wiederum, das allem Leben eignet, verwan-
delt sich auf dieser biopsychischen Stufe in »Kundgabefunktionen,
[…] die allen Verkehr der Tiere miteinander bestimmen«. (StK 15)
Der »Instinkt« als das nach dem Gefühlsdrang zweite Lebensprinzip
ist die feste Passung zwischen einer spezifischen Triebausstattung,
den triebbezogenen Widerständen einer in Reizen bemerkbaren
»Umwelt« und dem auf sie gerichteten artspezifischen »Verhalten«.
(StK 18) Angeboren und erblich, leitet der Instinkt in Rhythmen, die
nicht der Erfahrung entspringen, die Lebewesen. Mit dem dritten
Lebensprinzip, dem auf einer Lockerung des Instinkts beruhenden
»assoziativen Gedächtnis«, kommt es zu Probierbewegungen, deren
Erfolg – reproduziert – zu Verhaltensgewohnheiten, zu Traditionen
führt. Die »praktische Intelligenz« ist eine vierte, nochmalige Stu-
fung des Lebensprinzips, weil hier – ohne Lernversuche, bei triebge-
ladener Gespanntheit – Phänomene der Umwelt (Kisten, Seile, Stö-
cke) in echter »Umstrukturierung« von Wahrnehmungsfeldern
einen »dynamischen Bezugscharakter ›Ding zum Fruchtholen‹« er-
langen können und diese situative Einsicht das Verhalten steuert.
Scheler interpretiert hier die Experimente von W. Köhler mit Men-
schenaffen, denen nicht nur feldbezogene Aufgabenlösungen gelin-
gen, sondern deren plötzliches verhaltensmäßiges Gelingen auch an
ihrer Körperfläche im Kosmos erscheint – »im Aufleuchten des Au-
ges des Tieres, was Wolfgang Köhler sehr plastisch als Ausdruck
eines ›Aha‹-Erlebnisses deutet.« (StK 28).
Alle diese psychophysischen Funktionen, alle Stufen des Urphä-
nomens des Lebens vom »Gefühlsdrang« an treten auch im mensch-
lichen Lebewesen auf. Was es aber zum Menschen macht, ist ein allen
diesen Lebensfunktionen entgegengesetztes Prinzip: der »Geist«
(StK 46). Schelers zweiter Schritt zum Begriff des Menschen sucht
der Erfahrung der Ausnahme im Verhältnis zu aller Natur gerecht zu
werden. Scheler bevorzugt dabei gegenüber dem Begriff »Vernunft«
(der die Selbsterfahrung des Ideenhabens, der Rationalität kenn-
zeichnet) den umfassenderen Begriff »Geist«, weil dieser auch die
»volitiven und emotionalen Akte« der menschlichen Selbsterfahrung
umfasst wie »Güte, Liebe, Reue, Ehrfurcht, geistige Verwunderung,
Seligkeit und Verzweiflung, die freie Entscheidung« (StK 32). Um in
diesen zwei methodischen Schritten – dem biopsychischen Aufbau
Philosophische Anthropologie A 65
Philosophische Anthropologie. Zur Realgeschichte des Ansatzes
Philosophische Anthropologie A 67
Philosophische Anthropologie. Zur Realgeschichte des Ansatzes
12 H. Graf Keyserling, Vorbemerkung des Herausgebers, in: Der Leuchter VIII (Mensch
und Erde), Darmstadt 1927 S. 1.
13 O. Frh. v. Taube, Mensch und Erde. Bericht über die Tagung der Schule der Weisheit
Wort durchaus entlang der Logik der Argumentation, wie sie in den
gedruckten Texten und auch in einem Nachlassmanuskript zu finden
ist. Vermutlich hält man also mit dem 99-seitigen, von Scheler hand-
schriftlich verfassten nachgelassenen Manuskript unter dem Titel
›Monopole des Menschen im Ganzen der Lebewelt‹ 14 die Matrize
des Darmstädter Vortragsmanuskripts in der Hand (eventuell für
den Vortrag um weitere Blätter erweitert). Es ist über weite Strecken
in Gliederung und Wortlaut mit der veröffentlichten Fassung dek-
kungsgleich. Dafür, dass es sich in großen Teilen um die ›Urfassung‹
handelt, spricht auch, dass Scheler offensichtlich den Manuskripttitel
für den Vortrag und die Veröffentlichungen schrittweise modifiziert
hat: von den »Monopolen des Menschen im Ganzen der Lebewelt«
(im Manuskript) zur »Sonderstellung des Menschen« im Keyserling-
band (1927), wo Sonderstellung den semantischen Konnex mit den
Monopolen behält, und dann zur »Stellung des Menschen im Kos-
mos« (1928), wo ›Stellung‹ beibehalten, aber nun der Fokus zur me-
taphysischen Fragerichtung verschoben ist. Interessant ist der Ver-
gleich mit dem Nachlassmanuskript, weil »Lebewelt« oder »das
Ganze der Lebewelt«, womit begrifflich also die Dimension des
pflanzlichen und tierischen Lebens, mithin das gesamte organische
Leben als Voraussetzung der Reflexion über die menschliche »Lebe-
welt« einbezogen wird, offensichtlich konzeptionell deutlich unter-
schieden ist von dem seit Anfang der 1920er Jahre von Husserl phä-
nomenologisch ausgezeichneten Begriff der »Lebenswelt«, in der
immer strikt der Horizont der sinnhaft bereits erschlossenen
›menschlichen‹ Lebenswelt angesprochen ist. Was die phänomeno-
logische Philosophie gleichsam von innen her erschließt (als »Lebens-
welt«), wird bei Scheler zugleich von außen beobachtet und rekons-
truiert (als »Lebewelt«). Noch deutlicher als im Titel des publizierten
Philosophische Anthropologie A 69
Philosophische Anthropologie. Zur Realgeschichte des Ansatzes
Textes zeigt sich hier bei Scheler die Ansatzdifferenz zwischen einer
phänomenologischen Philosophie und der projektierten Philosophi-
schen Anthropologie. Zusätzlich interessant ist nun aber im Ver-
gleich von Manuskript und Veröffentlichungen, dass Scheler in der
100seitigen handschriftlichen Fassung die Philosophische Anthro-
pologie auf einen anderen »Schluß« zulaufen lässt als in der gedruck-
ten Fassung. Er vollführt im Manuskript nämlich eine Demonstra-
tion seiner philosophisch-anthropologischen Exposition nicht an den
Monopolen der »Metaphysik« oder der »Religion« – am »metaphy-
sischen Verhältnis des Menschen zum Grund der Dinge« 15 –, son-
dern an der »Sprache«. 16
Stellvertretend für die anderen »allgemein angenommenen Mo-
nopole des Menschen« (»das geformte Werkzeug«, »die künstleri-
sche Darstellungsfunktion«, »die Werte an denen der Mensch sich
ethisch mißt«, »alle menschl. Wissenskultur«) will Scheler an der
Sprache demonstrieren, dass diese Monopole »auf dem ›Geist‹ beru-
hen, also selbst aus Intelligenz nicht herzuleiten sind, wie quantitativ
gesteigert wir sie auch denken [,] und dass ferner der Geist an seinen
Werken selbst autonom, d. h. streng unabhängig von biolog. Organi-
sationsveränderungen des Menschen zu walten vermag – unabhän-
gig nicht in seiner Wirksamkeit, wohl aber in seiner subj. kateg.
Struktur.« Diese das Vortragsmanuskript abschließende Passage über
die »Sprache« schließt insofern an die Aufbaulogik der gesamten
Ausführung (also auch des veröffentlichten Textes ›Stellung des
Menschen im Kosmos‹) an, als sie systematisch das dort eingeführte
»Urphänomen des Ausdrucks« als ein »Urphänomen des Lebens« be-
reits der Pflanze (verwandelt zu »Kundgabefunktionen« der Tiere)
fortführt (StK 15). Denn ohne die Unterlage eines »psychovitalen«
»Ausdrucks- und Kundgabeautomatismus« in der Tierwelt, durch
den Lebewesen eigene Affekt- oder Trieblagen oder wichtige Ge-
samtsituationen der Gruppe (Gefahr, Beute) kundgeben, »könnte die
Menschensprache gar nicht gedacht werden. Aber ebensowenig kann
sie […] gedacht werden als eine nur quantitative Fortentwicklung,
Spezialisierung und noch so große Differenzierung dieses psycho-
vitalen Automatismus.« Sprache kann überhaupt nur eintreten bei
Philosophische Anthropologie A 71
Philosophische Anthropologie. Zur Realgeschichte des Ansatzes
über die »Sprache« über die »Religion« und »Metaphysik« als »Mo-
nopole« des Menschen). Was immer der Grund für diese Abwei-
chung gewesen ist, in jedem Fall lässt sich erkennen, dass Scheler
bei der Bewährung seiner Philosophischen Anthropologie an Phäno-
menen neben der »Metaphysik« und der »Religion«, die er im Darm-
städter Vortragsschluss und in den Publikationen akzentuiert, von
Beginn an auch andere »Monopole der menschlichen Lebewelt«
nicht nur im Blick hatte, sondern auch erprobte – eben z. B. eine phi-
losophisch-anthropologische Theorie der Sprache.
20 Plessner an Buytendijk 29. 10. 1926, in: H. Struyker Boudier (Hrsg.), Corresponden-
22 Plessner an König 2. 7. 1927, in: H.-U. Lessing/A. Mutzenbecher (Hrsg.), Josef Kö-
Titel: ›Die Stufen des Organischen und der Mensch. Einleitung in die
philosophische Anthropologie‹. 23
Plessners Buch zielt, wie er sagt, auf die »Sache der philosophi-
schen Biologie und Anthropologie«. Nach einer kurzen Rekapitulati-
on der eigenen Vorgeschichte des Projekts konzediert er dabei Max
Scheler die Initiative beim Versuch, unter Zusammenfassung frühe-
rer »biophilosophischer Analysen« eine »Grundlegung der philoso-
phischen Anthropologie auszubauen.« (SO IV). Unterscheiden will
er sich beim eigenen Versuch der »philosophischen Biologie und An-
thropologie« in der Art der Grundlegung (die nicht wie bei Scheler
rein phänomenologisch erfolgen soll) und in der Vermeidung »jener
geschichtlich belasteten Begriffe wie Gefühle, Drang, Trieb und
Geist« (SO 19). Beider Vorgehen eines »naturphilosophischen An-
satzes« der indirekten Erschließung des menschlichen Seins vertei-
digt Plessner Heidegger gegenüber (dessen Buch ihm »erst während
der Drucklegung bekannt« geworden sei), indem er bestreitet, »dass
der Untersuchung außermenschlichen Seins eine Existentialanalytik
des Menschen notwendig vorhergehen müsse; das sei die »alte Tradi-
tion […] des Subjektivismus, […] wonach der philosophisch Fragen-
de sich selbst existentiell der Nächste und darum der sich im Blick auf
das Erfragte Liegende ist« (SO V).
Plessners Buch zur »philosophischen Biologie und Anthropolo-
gie« hat sieben Kapitel; erst im 7. und letzten Kapitel spricht er über
die »Sphäre des Menschen«. Was entwickelt er in den sechs vorher-
gehenden Kapiteln? Zunächst ein rascher Durchgang. Zu Beginn des
ersten Kapitels nennt Plessner das Problem, auf das er seine Grund-
legung bezieht: die Erfahrung des Menschen mit sich als »Doppel-
natur«: sich einerseits als physisches Ding unter Dingen zu sehen,
andererseits sich als freies Konstitutionssubjekt einer Welt zu begrei-
fen. Kapitel 1 und 2 diskutieren dann Denkansätze: einerseits die
Modelle, die diese Dualitätserfahrung unterlaufen wollen, anderer-
seits das Modell, das die Dualität ideengeschichtlich verantwortet
hat. Kapitel 3, »die These«, führt seinen eigenen Vorschlag ein, eine
Theorie des Lebendigen. Kapitel 4–6 arbeiten diese Theorie des Le-
bendigen aus, und erst Kapitel 7 enthält das Modell des Menschen, in
dem von der Kategorie »exzentrische Positionalität« aus charakteris-
23H. Plessner, Die Stufen des Organischen und der Mensch. Einleitung in die philoso-
phische Anthropologie (1928), 2. Aufl. Berlin 1965; im Folgenden zitiert mit Kürzel SO
und Seitenangabe.
Philosophische Anthropologie A 73
Philosophische Anthropologie. Zur Realgeschichte des Ansatzes
Begriff des Lebens muss das Spektrum zwischen Natur und Ge-
schichte umfassen. Im Gegenzug aber zur »Bezauberung«, die der
Begriff des Lebens mit seinen Mitbedeutungen (»das dämonisch
Spielende, unbewußt Schöpferische«) auf das lebensphilosophische
Denken ausübt, muss der Begriff ernüchtert, entzaubert werden, da-
mit er den neuzeitlichen Errungenschaften der Erkenntnis standhält.
Kapitel 2 rekapituliert nun den neuzeitlichen Denkansatz, der die
Radikalität der Doppelnatur in der Erfahrung des Menschen verant-
wortet, den sog. Cartesianismus; samt dem Zerfall des »Alternativ-
prinzips« von Geist und Körper in die Ansätze des Idealismus einer-
seits, des Empirismus andererseits. Der Cartesianismus wirkt – nach
Plessner – als Idealismus freiheits- und als Empirismus wissen-
schaftsbegründend. Insofern er diese zwei Grundvermögen des Men-
schen zeigt, hat der Cartesianismus Recht gegen jede spekulative,
irrationale Lebensmetaphysik, aber mit seiner strikten Unterschei-
dung zwischen der ausgedehnten, mechanischen Materie einerseits
und der denkenden Substanz andererseits vermag er keinen Zugang
zum Phänomen des Organischen (in seiner Eigendynamik) und zum
Phänomen der geschichtlichen Welt (in ihrer Vielfältigkeit und Viel-
deutigkeit) zu bahnen.
Aus dieser Rekapitulation der Denkansätze stellt sich Plessner
die Aufgabe, eine Betrachtungsweise, einen »Grundaspekt« zu fin-
den, der »bei voller Wahrung der Radikalität des Doppelaspekts Kör-
per-Geist selbst die Vermittlung vom einen zum anderen Aspekt«
bildet. Der Mensch darf nicht entweder naturalistisch oder vom Geist
her betrachtet werden. Es geht um die »Herstellung des einen
Grundaspekts« (SO 6), der es als Blickwinkel erlaubt, die Subjektivi-
tät oder Innerlichkeit des Menschen aus derselben Richtung zu be-
trachten wie seine naturgeschichtliche Objektivität oder Äußerlich-
keit. Plessners Entscheidung ist, das Problem der Philosophie des
Menschen, nämlich das Problem der Überwindung der Doppelnatur,
nicht in der Philosophie des Menschen (seiner Lebenswelt) zu lösen,
sondern anderswo, in einer Philosophie des Lebens, und d. h. in einer
Schicht unterhalb der Ebene des Menschen. Plessner ordnet die Be-
gründungserfordernisse so: Vorausgesetzt wird die menschliche Welt
als »geschichtliche Welt« der Objektivationen menschlichen »Erle-
bens«, wie sie die Geisteswissenschaften verstehend erschließen; die
Theorie dieser Geisteswissenschaften rekurriert auf eine »Lebensphi-
losophie« der Hermeneutik des Erlebens und Ausdrucks, aber diese
Hermeneutik (bei Dilthey/Misch) kann sich als »Lebensphilosophie«
Philosophische Anthropologie A 75
Philosophische Anthropologie. Zur Realgeschichte des Ansatzes
Philosophische Anthropologie A 77
Philosophische Anthropologie. Zur Realgeschichte des Ansatzes
mancherlei Gestalt stattfinden, die mit der uns bekannten nicht übereinstimmt.« (SO
293).
25 Diese Formel aus Plessners vorkritischer Erstschrift, die eine ontotheologische Pro-
Philosophische Anthropologie A 79
Philosophische Anthropologie. Zur Realgeschichte des Ansatzes
der Erreichbarkeit des unmittelbaren Seins, sowohl der Welt wie des
eigenen Wesens; es begegnet der Welt und sich selbst immer nur
»vermittelt« im »Ausdruck‹« – insofern gibt es den »Wesenszusam-
menhang zwischen der exzentrischer Positionsform und Ausdrück-
lichkeit als Lebensmodus des Menschen« (SO 323). Da die »Un-
mittelbarkeit« des Intendierten im »Ausdruck« nur »vermittelt«
erreicht wird, muss der Mensch immer erneut anderen »Ausdruck«
suchen und riskieren, weshalb seine Lebensform eine immer erneut
ansetzende, überraschende Geschichte ausbildet (»vermittelte Un-
mittelbarkeit«). Exzentrische Positionalität impliziert schließlich
drittens das Prinzip des »utopischen Standorts« eines solchen Lebe-
wesens: an seinem »natürlichen Ort« (SO 180) ist es zugleich außer
sich, kann sich versetzen an jeden anderen Ort und den Ort von je-
dem »Anderen«. Dieses Versetzungsvermögen ist die Bedingung der
spezifisch menschlichen »sozialen Organisation« (in der es sich in der
Phantasie in seiner prinzipiellen »Vertretenheit und Ersetztheit« er-
fährt) und es ist die Bedingung von Religion (in der es sich korrelativ
zur Nichtigkeit der Welt in einen »Weltgrund« versetzt): »Exzentri-
sche Positionsform und Gott als das absolute, notwendige welt-
begründende Sein stehen in Wesenskorrelation.« (SO 345). Exzen-
trische Positionalität bedeutet aber zugleich notwendig Distanz zu
jedem Absolutem, eben »Exzentrizität« als die Ausgliederung aus
dieser Relation des vollkommenen Gleichgewichts. Der Weltkreis
wird immer neu zerstört und der »Geist« tut die »selige Fremde« auf.
(SO 346)
1927 bzw. 1928 liegen Schelers und Plessners Ideen öffentlich vor.
Dieses »annus mirabilis« der Philosophischen Anthropologie 26 ist
noch vor den Veröffentlichungen durchzogen von einem schweren
Prioritätenkonflikt um die Begründung des Denkansatzes. »Die Ge-
schichte wird wohl nicht ganz ohne Lärm und Gestank ablaufen.
Scheler ist furchtbar aufgeregt, nachdem er gesehen hat, was die Ar-
beit bringt. Ich las ihm vor kurzem das letzte Kapitel über den Men-
schen vor«, schreibt Plessner am 2. Juli 1927 an König. 27 Scheler be-
28 Scheler an Märit Furtwängler 3. 7. 1927, zitiert in: W. Mader, Max Scheler. Die Geis-
teshaltung einer Philosophie und eines Philosophen, Innsbruck 1968, S. 154.
29 H. v. Alemann, Interview mit Helmuth Plessner am 7. April 1981, Aufzeichnungen
Philosophische Anthropologie A 81
Philosophische Anthropologie. Zur Realgeschichte des Ansatzes
33 Plessner an König 22. II. 28, in: H.-U. Lessing/A. Mutzenbecher (Hrsg.), Josef König/
Helmuth Plessner. Briefwechsel 1923–1933, a. a. O., S. 173.
34 M. Scheler, Die Stellung des Menschen im Kosmos, GW 9, S. 9.
35 M. Scheler, Brief an Märit Furtwängler vom 3. Juli 1927, zit. n. W. Mader, Max Sche-
und die Bildung‹ (1925) enthält einen – mit Fußnoten gespickten – ganzen Abschnitt
»Hochverehrter lieber Herr Scheler! Das Semester geht zu Ende und der Zeitpunkt
Ihrer Abreise von Köln rückt heran, ohne dass ich bisher einmal Gelegenheit gehabt
hätte, Sie noch einmal zu sprechen und mich von Ihnen und Ihrer Gattin zu verabschie-
den. Vielleicht bin auch ich daran schuld gewesen, als ich auf ein Zeichen von Ihnen
wartete, nachdem ich Ihnen zu Weihnachten mein Buch geschickt habe. So hörte ich
von Ihnen nur indirekt. […] Ich wäre glücklich, wenn ich Ihnen noch einmal, bevor die
gemeinsame Zeit zu Ende geht, die Hand drücken könnte. […] Ihr stets treu ergebe-
ner P.«
39 Plessner an König, 22. 1. 1928, in: H.-U. Lessing/A. Mutzenbecher (Hrsg.), Josef Kö-
Philosophische Anthropologie A 83
Philosophische Anthropologie. Zur Realgeschichte des Ansatzes
können. Indem Scheler »jeder neue Tag zu neuen Ufern lockte, ihn,
der mit grenzenloser Dankbarkeit die unermeßliche Weite der geis-
tigen Reiche erspürte, versäumte er die Ausführung und Sicherung
des gewonnenen Gutes, unendlich sorglos seinen Manuskripten ge-
genüber, die er verlor und verlegte, die er auf der Rückseite einer
Speisekarte begann und dann vielleicht auf den leeren Schlußblättern
eines Buches fortsetzte.« 40 In dieser Großzügigkeit der Ideen war
immer auch ein sorgloses Verschenken an andere impliziert gewesen.
In den Kölner Jahren war Scheler aber getrieben von der Angst, sein
Lebenswerk nicht mehr vollenden zu können. 41 Das verband sich mit
einem wachen Blick auf die jüngere Generation, die ihn eines Tages
ablösen würde, auf Hartmann, Heidegger, aber auch auf Plessner.
»Baumeister Solneßgefühle gegen die kommende Generation spielen
natürlich dabei eine erhebliche Rolle (das gestand er Hartmann)«. 42
Plessner hingegen, Mitte 30, derweil ›a. o. Professor‹, sah sich im ris-
kanten Aufschwung: »Wie es mir geht? Nun, außerordentlich und
nicht etatmäßig. […] Hier in Köln ist starkes philosophisches Leben
und Bewegung«, hatte er 1926 geschrieben. 43 Vor diesem Hinter-
grund bekommt die Schelersche Vorstellung, Plessner sei ein Nach-
ahmer seiner Ideen, einen etwas anderen Akzent, ohne damit erledigt
zu sein. Scheler war nämlich durch Plessners Vorstöße seit 1924 un-
ter Druck gesetzt, seine Philosophische Anthropologie nun auch
wirklich geben zu müssen. In Kenntnis von Plessners Buchplan seit
1924: »Pflanze, Tier, Mensch – Elemente einer Kosmologie der leben-
digen Form« und seiner laufenden, dazu einschlägigen Lehrver-
anstaltungen war Scheler auch ein von Plessner Getriebener, seine
Ideen zu sammeln, zu verdichten, zu veröffentlichen.
Aber mit diesem Hintergrund ist Schelers massiver, für die Geschich-
te der Philosophischen Anthropologie folgenreicher Vorwurf gegen-
über Plessner nicht aufgeklärt. Es ist unwahrscheinlich, dass Scheler
einen derart akademisch folgenreichen Vorwurf ohne jeden Anhalts-
punkt geäußert hätte. Man muss auch sehen, dass Plessner indirekt
eine gewisse Berechtigung zugesteht, wenn er beim erstmaligen Be-
40 H. Lützeler, Der Philosoph Max Scheler. Eine Einführung, Bonn 1947, S. 11.
41 W. Mader, Max Scheler, a. a. O., S. 104.
42 Plessner an König 22. II. 1928, in: H.-U. Lessing/A. Mutzenbecher (Hrsg.), Josef Kö-
richt an König über Schelers Empörung schreibt: »Er sieht sich natür-
lich, wie ich auch gefürchtet hatte, als der eigentliche Autor dieser
Dinge«. 44 In jedem Fall ist es so, dass Scheler der Erfinder des Pro-
jekt-Titels einer »Philosophischen Anthropologie« ist, den Plessner
von ihm übernommen hat. Denn in allen Plessnerschen Arbeitstiteln
und Vorlesungsankündigungen taucht dieser Begriff nicht auf. Pless-
ner wird erst in diesen Jahren neben Scheler erkannt haben, dass der
Schelersche Titel genau die öffentlichen Erwartungen auf das weckte,
was er selber im Übergang »Von der Ästhesiologie des Geistes zur
Kosmologie des Lebens« – wie er sein Projekt zuerst nennt – vorhat-
te. Für diese Schelersche Projekt-Titel-Idee spricht auch, dass Pless-
ner hinsichtlich der Titeländerung seines Buches Scheler nachgab.
Dennoch beharrte er darauf, dass Scheler »an dem Buch völlig un-
schuldig« sei. 45
Vielleicht muss man, um zu verstehen, was sich hier abgespielt
hat, auf Schelers Charakteristik von Plessners Denkungsart zurück-
kommen. Scheler hatte im Gutachten zu Plessner diesem nicht nur
»überragende intellektuelle Begabung« konzediert, sondern vor al-
lem hervorgehoben, dass Plessner mit seinem ȟberaus beweglichen
und schmiegsamen Verstand« »von seltener Eindrucksfähigkeit, Ver-
ständnis- und Einfühlungsfähigkeit in philosophische Gedankenwel-
ten und in die Geistesart ihrer Urheber« sei. »Anregsam und anre-
gend zugleich verbindet er gewandt und geschickt Gedanken, die er
aus verschiedensten Zonen in sich aufnahm.« 46 Plessner hatte dem-
zufolge ein mimisches Talent für Ideen, und er nahm die Ideen woher
er nur konnte, wobei er im identifikatorischen Übereinanderlegen
und Verschmelzen von Ideen vergaß, woher er sie hatte. Schelers
Charakteristik von Plessner deckt sich mit einer gewissen Verwun-
derung späterer Generationen bei der Beobachtung über die Vielzahl
verdeckter Einflussquellen auf Plessners Gedankenbildung. 47 Pless-
44 Plessner an König 2. Juli 1927, in: H.-U. Lessing/A. Mutzenbecher (Hrsg.), Josef Kö-
nig/Helmuth Plessner. Briefwechsel 1923–1933, a. a. O., S. 150.
45 Plessner an König, ebd., S. 150.
47 Vor allem die umfangreiche Studie von St. Pietrowicz, Helmuth Plessner. Genese und
Philosophische Anthropologie A 85
Philosophische Anthropologie. Zur Realgeschichte des Ansatzes
ner verwandelte sich also Ideen von Scheler an, – aber nicht nur von
ihm. Er eignete sich alles Mögliche an – nach dem »Prinzip kluger
›Verwebung‹«. 48 König gibt Schelers Vorwurf noch während Pless-
ners Schreiben indirekt ein gewisses Recht, als er – die Fahnen des
Buches lesend – Plessner vorsichtig darauf aufmerksam macht, dass
er passagenweise mit Dilthey-Gedanken von Georg Misch spazieren-
gehe, »ohne ihn soz. irgendwie zu nennen« 49 , und Plessner prompt –
zustimmend und korrigierend – antwortet: »Durch die Identifizie-
rung mit seinem Programm war mir sozusagen das Spezifische seiner
Leistung unsichtbar geworden.« 50
Dieser Grundzug lässt sich durch die ganze Kategorienbildung
Plessners nachzeichnen, auch für die philosophische Biologie, deren
Anschauungsfundament ihm wegen seiner Ausbildung sicher schien
und die ja mit 4 von 7 Kapiteln den eigentlichen Kern von Plessners
Buch ausmachte: Deren Leitkategorie der »Grenze« war ganz nach
dem »Prinzip kluger ›Verwebung‹« gebaut, in der nicht nur – unge-
nannt – dialektische Bestimmungen der »Grenze« aus Hegels ›Lo-
gik‹ 51 , Simmels lebensphilosophische Charakterisierung der »Gren-
ze« 52 , Cohens philosophische Bestimmung des Differentialbegriffs
als eines Grenzbegriffs 53 und Ludwig von Bertalanffys »methodo-
logischer Vitalismus« 54 einer System-Umwelt-Theorie unerwähnt
51 G. W. F. Hegel, Wissenschaft der Logik I, Erster Teil. Die objektive Logik, Erstes
S. 13. Simmel charakterisierte das Leben vom erlebenden Lebenssubjekt her: sobald eine
»nach einem Zentrum hin gravitierende Einheit existiert, so ist das Hinausfluten des
Geschehens von diesseits ihrer Grenzen zu jenseits ihrer Grenzen nicht mehr eine sub-
jektlose Bewegtheit, sondern es bleibt mit dem Zentrum irgendwie verbunden, so daß
auch die Bewegung jenseits ihrer Grenze ihm zugehört […]«.
53 Vgl. St. Pietrowicz, Helmuth Plessner, a. a. O., S. 166 f.
Wien, hatte auf Plessners Anfrage hin diesem für den ›Philosophischen Anzeiger‹ sei-
nen Stand der theoretischen Biologie zukommen lassen; Plessner drängte ihn aber zu
einem resümierenden Beitrag über die Köhler-Driesch-Debatte. In jedem Fall kannte
Plessner also Bertalanffys Ideen. Vgl. L. v. Bertalanffy an Plessner 16. 9. 1926 u.
6. 10. 1926, Nachlaß Plessner, Mappe 134.
Mainz 1925. – F. J. J. Buytendijk spielt darauf an, als er in seinem Dankbrief an Plessner
für die Zusendung des Buches nach anerkennenden Worten schreibt: »Nur! Warum
hast du nicht die Gegensatz-idee (Guardini) aufgegriffen? Das ist doch eine sehr richtige
Philosophische Anthropologie A 87
Philosophische Anthropologie. Zur Realgeschichte des Ansatzes
schaft, GW 8, S. 359.
In jedem Fall hat Scheler Plessner als echte Gefahr erkannt und auf
seine Weise zu bannen versucht. Offensichtlich unter Kenntnis der
Konzeption von Plessners Buch zur »philosophischen Anthropolo-
gie« seit 1927 legte Scheler in allen zeitgleich publizierten Vorträgen
und Aufsätzen gut sichtbare Fährten, die aus den 10er und 20er Jah-
ren alle zu seinem »neuen Versuch einer philosophischen Anthro-
pologie« führten und setzte sich zeitlich unter Druck: »Das umfas-
sende Werk wird in Jahresfrist erscheinen« – so im Frühjahr 1928. 63
Legt man das Nachlassmanuskript ›Menschliche Monopole im Gan-
zen der Lebewelt‹ als Vortragstext vom Frühjahr 1927 zugrunde,
dann setzt Scheler selbst in der Druckfassung 1927/1928 bereits in-
direkt plessnerreaktive Akzente. Im 1927 publizierten Textschluss
spricht er jetzt neu vom Lebewesen als dem »X, das sich selbst be-
grenzt« 64 , eine Formulierung, die an der Parallelstelle des Vortrags-
62 Schelers Exemplar von Plessners ›Stufen des Organischen‹, mit der Widmung »Mit
herzlichen Weihnachtswünschen v. Verf. 19. XII. 1927« versehen, im Bestand der zum
Scheler-Nachlass gehörenden Bibliothek Ana 315 G II.
63 M. Scheler, Die Stellung des Menschen im Kosmos, GW 9, S. 14.
Philosophische Anthropologie A 89
Philosophische Anthropologie. Zur Realgeschichte des Ansatzes
sehr an Plessners Verhalten gelitten.« Maria Scheler an Buytendijk 29. 12. 1933, zit. b.
H. Struyker Boudier, Filosofische Wegwijzer, in: Ders. (Hrsg.), Filosofische Wegwijzer.
Correspondentie van F. J. J. Buytendijk met Helmuth Plessner, Kerckebosch 1993, S. 24.
68 M. Scheler an Märit Furtwängler vom 3. Juli 1927, zit. n. W. Mader, Max Scheler in
Selbstzeugnissen und Bilddokumenten, a. a. O., S. 123.
69 M. Scheler, Das emotionale Realitätsproblem (zu ›Idealismus – Realismus‹), GW 9,
S. 260.
70 Vgl. Schelers Auseinandersetzung mit Heidegger in dem Nachlaßtext: M. Scheler,
Philosophische Anthropologie A 91
Philosophische Anthropologie. Zur Realgeschichte des Ansatzes
Linie mit Denkern wie Fichte, Schelling, Nietzsche, ja wohl auch Pla-
ton.« Er erinnerte an die Wende Schelers von der (Religions-)Phäno-
menologie zur Wirklichkeit, die ihn zur Anthropologie und Sozio-
logie führte: »Die Schwere des Realitätsproblems, die ihn von Jahr
von Jahr mehr erfasste, zwang ihn zur Umorientierung. Das Problem
der Ontologie, das in diesen Jahren gleichzeitig in mehreren Köpfen
aufzuleben begann, hatte auch ihn erfasst. […] Das Gewicht der nie-
deren, ungeistigen Seinsmächte verlangte nach Anerkennung.« Bei
allem Umlernen war es ein »einziges zentrales Problem, das ihn auf
allen seinen verschlungenen Wegen zeitlebens geleitet hat: das Pro-
blem des Menschen. Psychologie und Metaphysik, Erkenntnistheorie
und Soziologie, Ethik und Ontologie – sie alle konvergierten ihm in
dem einen großen Gegenstande, dem Fernsten und dem zugleich
Nächsten. Von dieser groß angelegten Konvergenz Rechenschaft zu
geben, war der Plan der Anthropologie.« Und Hartmann schloss:
»Die Frucht zu ernten, blieb ihm versagt. Wie es im kleineren war
zu seinen Lebzeiten, dass andere Früchte ernten konnten, die er auf-
gezogen, so scheint es nun bei seinem Tode auch dem eigentlich Zen-
tralen seiner Lebensarbeit werden zu wollen. Ein Überreichtum ge-
danklichen Gutes ist das Erbe Schelers, das der Nachwelt zufällt. An
ihr wird es sein, das Erbe anzutreten.« 72 »Max Scheler war« – so
M. Heidegger wiederum in seinem Nachruf zu Beginn des Sommer-
semesters 1928 – »die stärkste philosophische Kraft im heutigen
Deutschland, nein, im heutigen Europa – sogar in der gegenwärtigen
Philosophie überhaupt. […] Max Scheler ist tot. Wir beugen uns vor
seinem Schicksal. Abermals fällt die Philosophie ins Dunkel zu-
rück.« 73 Das waren nur zwei der vielen öffentlichen Stimmen zu
Schelers Tod. Plessner äußerte sich privat, in einem Brief an König:
»Daß es mit Scheler so rasch zu Ende gehen würde, ahnte niemand
[…]. Es hat mich doch sehr getroffen. Auch die Beisetzung selbst […]
war tief traurig. So sehr ich überzeugt war und bin, daß er über-
schätzt worden ist und natürlich jetzt erst recht, so sicher bleibt, daß
er eine rätselvolle Gabe des Wirkens besaß, eine Art objektiven
Charme, eine Gabe der Bezauberung in der Schicht zwischen Wis-
72 N. Hartmann, Max Scheler (1928), in: Ders., Kleinere Schriften, Bd. III, Berlin 1958,
S. 350-357.
73 M. Heidegger, Andenken an Max Scheler (Worte aus dem Nachruf zu Beginn einer
74 Plessner an König 29. 5. 1928, in: H.-U. Lessing/A. Mutzenbecher (Hrsg.), Josef Kö-
nig/Helmuth Plessner. Briefwechsel 1923–1933, a. a. O., S. 191.
Philosophische Anthropologie A 93
Philosophische Anthropologie. Zur Realgeschichte des Ansatzes
ten Reihe Schriften von W. v. Humboldt zu dem Band »Wilhelm von Humboldts Phi-
losophische Anthropologie und Theorie der Menschenkenntnis«, hrsg. u. eingeleitet v.
F. Heinemann (Philosophie und Geisteswissenschaften, hrsg. v. E. Rothacker, Bd. 7),
Halle 1929.
3 Die Angaben nach Ch. Tilitzki, Die deutsche Universitätsphilosophie in der Weimarer
Philosophische Anthropologie A 95
Philosophische Anthropologie. Zur Realgeschichte des Ansatzes
1963, Frankfurt a. M. 1990, Heidegger an Jaspers 21. 4. 1920, S. 15; Jaspers an Heidegger
6. 9. 1922, S. 32.
12 K. Jaspers, Philosophie. Philosophische Weltorientierung – Existenzerhellung – Me-
Philosophische Anthropologie A 97
Philosophische Anthropologie. Zur Realgeschichte des Ansatzes
13 K. Löwith, Das Individuum in der Rolle des Mitmenschen. Ein Beitrag zur anthro-
pologischen Grundlegung der ethischen Probleme, München 1928, zit. nach K. Löwith,
Sämtliche Schriften, hrsg. v. K. Stichweh/M. B. de Launay, Bd. 1: Mensch und Men-
schenwelt. Beiträge zur Anthropologie, Stuttgart 1981, S. 11.
14 Die Zeit des Interregnums ist auch die Zeit der Seitenwechsel: Während der Heideg-
S. 359–381.
16 G. Stern, Zur Phänomenologie des Zuhörens, in: Zeitschrift für Musikwissenschaft,
Philosophische Anthropologie A 99
Philosophische Anthropologie. Zur Realgeschichte des Ansatzes
24 Ebd., 68 f.
Spannend wurde nun in dieser Situation, in der die durch das Scheler-
Plessnersche Vorgehen ausgelöste »anthropologische Wende« von
»Existenzphilosophie« und »Lebensphilosophie« dominiert zu wer-
den schien, der Eintritt von Ernst Cassirer in die anthropologische
Konstellation. Ob die Philosophische Anthropologie unmittelbar
nach Schelers Tod ein wirkungsvoller, fruchtbarer Denkansatz wer-
den, Repräsentanz gewinnen konnte, hing – so könnte man im nach-
hinein sagen – an Cassirers Votum. Allerdings wird die Bedeutung
seiner Rolle auch nur im Nachhinein durchsichtig, weil sich Cassirers
erhebliche Einschaltung in den neuen Denkansatz nur teilweise co-
ram publico vollzog und erst Jahrzehnte später aus seinem Nachlass
deutlich wird.
Der vom Neukantianismus geprägte Cassirer war 1919 auf
Grund seines Ansehens, das ihm seine philosophiehistorischen und
systematischen Werke eingetragen hatten, an die neu gegründete
Hamburger Universität berufen worden. Dort hatte er seitdem kon-
sequent sein Projekt, die Verwandlung der Kantischen Vernunftkri-
tik des wissenschaftlichen Erkennens in eine breiter fundierte Kultur-
kritik des schöpferischen menschlichen Geistes, systematisch als
›Philosophie der symbolischen Formen‹ in Teilbänden ausgearbeitet
und vorgelegt (›Die Sprache‹ 1923; ›Das mythische Denken‹ 1925). 28
Im Zusammenhang mit dem Abschluss des dritten Bandes ›Phäno-
menologie der Erkenntnis‹ (1927 abgeschlossen, 1929 veröffentlicht)
stadt 1956–1958.
29E. Cassirer, Zur Metaphysik der symbolischen Formen, hrsg. v. J. M. Krois, in: Ders.,
Nachgelassene Manuskripte und Texte, hrsg. v. J. M. Krois u. O. Schwemmer, Bd. 1,
Hamburg 1995, S. 35 f.
Als es nun im März/April 1929, ein Jahr nach der Publikation von
Schelers und Plessners Grundschriften und nach Schelers Tod, in Da-
vos bei den Internationalen Hochschulwochen innerhalb einer »Ar-
beitsgemeinschaft« zu den spektakulären Debatten zwischen Heideg-
ger und Cassirer kommt 32 , steht zwar die Frage nach dem Menschen
30 Ebd., S. 60.
31 E. Cassirer, Philosophie der symbolischen Formen. Dritter Teil: Phänomenologie der
Erkenntnis (1929), Darmstadt 1954, S. IX. Vgl. J. M. Werle, Ernst Cassirers nachgelas-
sene Aufzeichnungen über ›»Leben« und »Geist« – Zur Kritik der Philosophie der Ge-
genwart‹, in: H.-J. Braun/ H. Holzhey/ E. W. Orth (Hrsg.), Über Ernst Cassirers Phi-
losophie der symbolischen Formen, Frankfurt a. M. 1988, S. 274–289.
32 Vgl. K. Gründer, Cassirer und Heidegger in Davos 1929, in: H.-J. Braun/H. Holzhey/
E. W. Orth (Hrsg.), Über Ernst Cassirers Philosophie der symbolischen Formen, a. a. O.,
S. 290–302.
33 M. Heidegger, Kant und das Problem der Metaphysik (1929), Frankfurt a. M. 1951,
S. 189.
34 M. Friedmann, Carnap, Cassirer, Heidegger. Geteilte Wege, Frankfurt a. M. 2004.
35 M. Heidegger, Kant und das Problem der Metaphysik (1929), Frankfurt a. M. 1951,
S. 193.
36 Ebd., S. 197.
37 M. Heidegger, Die Grundbegriffe der Metaphysik. Welt – Endlichkeit – Einsamkeit
(WS 1929/30), in: Martin-Heidegger-Gesamtausgabe. II. Abteilung: Vorlesungen 1923–
1944, Bd. 29/30, hrsg. v. F.-W. v. Herrmann, Frankfurt a. M. 1983. Im 2. Teil der Vor-
lesung entwickelt er den Begriff der »Welt« und »Weltbildung« aus dem naturphiloso-
phischen Vergleich: Der Stein ist »weltlos«, das Tier ist »weltarm«, der Mensch ist
»weltbildend« (345). Entscheidend ist die mittlere These zum »Leben«, das Tier sei
»weltarm«: die Umwelt seines Körpers ist ein »Umring«, ein »Enthemmungsring«,
durch den Strebungen im Körper »entriegelt« werden; damit ist das Tier auf etwas
bezogen, aber es wird ihm nicht als etwas offenbar. Erst im Menschen hat das Leben
einen Spielraum, in dem die Umwelt auf Anderssein und Nichtsein durchsichtig wird.
Der Mensch ist inmitten des naturhaft verschlossenen Seins eine »offene Stelle« (529),
in der Welt sichtbar wird. – Heidegger wird diese naturphilosophischen Überlegungen
zum Organischen nicht veröffentlichen, aber in ihnen ist eine Kehre von der Daseins-
analytik zum Seinsdenken angedeutet, die allerdings nicht naturphilosophisch ausgear-
beitet werden wird.
38 H. Schmitz, Husserl und Heidegger, Bonn 1996, S. 389.
39 E. Cassirer, ›Geist‹ und ›Leben‹ in der Philosophie der Gegenwart, in: Die Neue Rund-
https://doi.org/10.5771/9783495999899
Interregnum (1928–1934)
Schüler J. Ritter, Über den Sinn und die Grenze der Lehre vom Menschen (1933), in:
Ders., Subjektivität, Frankfurt a. M. 1974, S. 36–61.
42König an Plessner 1. August 1929, in: H.-U. Lessing/A. Mutzenbecher (Hrsg.), Josef
König/Helmuth Plessner. Briefwechsel 1923–1933, a. a. O., S. 205.
46 Heidegger an Misch, Todtnauberg, 7. März 1928, Cod. Ms. G. Misch 146, Hand-
schriftenabteilung Universität Göttingen.
47 Plessner an König, 22. 2. 1928, in: H.-U. Lessing/A. Mutzenbecher (Hrsg.), Josef Kö-
51 E. Husserl, Phänomenologie und Anthropologie, Vortrag in Berlin 10. Juni 1931, in:
Philosophy and phenomenological Research, Vol. II (1941), No. 1, S. 1–14.
52 M. Horkheimer, Max Scheler (1874–1928), in: Ders., Gesammelte Schriften, Bd. 11,
Wie verhielt sich nun Plessner angesichts der persönlichen, aber auch
ideellen Herausforderung? Der Blick des Geschichtsschreibers dieses
Denkansatzes wird sich in dieser brisanten Konstellation auf Plessner
richten, was nicht deckungsgleich mit dem damaligen Erwartungs-
blick des Publikums ist. Plessner stand im diskursiven Feld merkwür-
dig verdunkelt im Schatten des toten Scheler, nicht ganz so unbeach-
tet, wie er später erzählte, aber doch ohne große Resonanz auf sein
Buch. Es gab im Verlauf der Jahre durchaus Bezugnahmen in diver-
sen Wissenschaften, die explizit mit seiner philosophisch-anthro-
pologischen Figur der »exzentrischen Positionalität« arbeiteten. 61
Aber sein Buch galt als schwer. Die fehlende Resonanz des Publikums
auf sein Buch war für seine weitere Produktion nicht günstig. Im
Hinblick auf die Verstetigung des Denkansatzes kam es aber in jedem
Fall auf Plessners nächsten diskursiven Schritt an, und Plessner war
sich dessen auch voll bewusst und saß schon im Februar 1928, also
kurz nach Erscheinen der ›Stufen‹, an einem neuen Buch »unter dem
Titel ›Philosophische Anthropologie‹«. 62 Auch sein Diskussionsbei-
trag in der großen Debatte in Halle 1931 über »Die Wendung der
Philosophie der Gegenwart zur Ontologie und zum Realismus« (aus
Anlass der Generalversammlung der Kant-Gesellschaft) zeugt von
dem Fortsetzungsimpuls. 23 Philosophen diskutierten N. Hartmanns
Leitvortrag »Zum Problem der Realitätsgegebenheit« 63 , in dem die-
60 A. Bäumler, Bachofen und Nietzsche, Zürich 1929.
61 Zum Beispiel in der Biologie: H. André, Urbild und Ursache in der Biologie, Mün-
chen/Berlin 1931. – In der Medizinischen Anthropologie: O. Schwarz, Medizinische
Anthropologie. Eine wissenschaftstheoretische Grundlegung der Medizin, Leipzig 1929.
– In der Philosophie: N. Hartmann, Das Problem des geistigen Seins. Untersuchungen
zur Grundlegung der Geschichtsphilosophie und der Geisteswissenschaften, Berlin
1933.
62 Plessner an König 22. II. 1928, in: H.-U. Lessing/A. Mutzenbecher (Hrsg.), Josef Kö-
Nr. 32, veröffentlicht von der Kant-Gesellschaft [I. Vortrag, II. Diskussion, III. Schluss-
wort des Referenten N. Hartmann], hrsg. P. Menzer u. A. Liebert, Berlin 1931, S. 7–33.
Zu den Diskutanten gehörten u. a. M. Dessoir, M. Geiger, H. Heimsoeth, Th. Litt,
J. Stenzel, A. Liebert, J. Kraft, L. Polak, F. J. v. Rintelen, K. Huber, A. Wenzl, H. Kuhn.
64 H. Plessner, Diskussionsbeitrag, in: N. Hartmann, Zum Problem der Realitätsgege-
benheit, a. a. O. S. 49–51.
66 O. F. Bollnow, damals einer der jungen Leute der Dilthey-Schule in Göttingen, war –
neben Joachim Ritter – einer der Protokollanten der Davoser Arbeitsgemeinschaft zwi-
schen Heidegger und Cassirer. Vgl. K. Gründer, Cassirer und Heidegger in Davos 1929,
a. a. O., S. 293.
67 H. Plessner, Macht und menschliche Natur. Ein Versuch zur Anthropologie der ge-
schichtlichen Weltansicht, erschien zuerst in der Reihe: Fachschriften zur Politik und
staatsbürgerlichen Erziehung, Nr. 3, Berlin 1931. Abgedr. in GS V, S. 135–234.
68 Vgl. die Korrespondenz Plessners mit dem Herausgeber E. v. Hippel 1929–1930;
72 Plessner bezieht sich neben Carl Schmitt auch auf H. Freyer, Soziologie als Wirk-
75 H. Kunz, Besprechung: H. Plessner, Macht und menschliche Natur (1931), in: Zen-
tralblatt für Psychotherapie, Jg. 4 (1931), S. 451 f.
76 O. F. Bollnow, Politische Wissenschaft und politische Universität. Ein Bericht über die
Lage, in: Neue Jahrbücher für Wissenschaft und Jugendbildung, Jg. 9 (1933) H. 6,
S. 486–494. O. F. Bollnow, Das Wesen der Stimmungen (1941), Frankfurt a. M. 1956,
S. 18 f.
77 Für die grundsätzliche Kontinuität Plessners in den Jahren nach 1928 spricht auch die
aus dem Nachlass von H.-U. Lessing veröffentlichte Vorlesungsmitschrift des Winter-
semesters 1931/32, gemäß der er – bei teilweise anderer Akzentsetzung – die zentrale
naturphilosophische Argumentationslinie der ›Stufen des Organischen und der
Mensch‹ erneut vorträgt (Elemente der Metaphysik. Eine Vorlesung aus dem Winter-
semester 1931/32, hrsg. v. H.-U. Lessing, Berlin 2002).
78 H. Barth, Politische Anthropologie, in: Neue Zürcher Zeitung (1932), Nr. 1539, 1560,
1691. – C. Schmitt, Der Begriff des Politischen. Text von 1932 mit einem Vorwort und
drei Corollarien, Berlin 1963, S. 60.
79 E. Voegelin, Besprechung: H. Plessner, Macht und menschliche Natur, in: Kölner
84 Ebd., S. 146.
85 Ebd., S. 151.
86 Ebd., S. 169.
87 E. Voegelin, Rasse und Staat, Tübingen 1933.
88 H. Plessner, Besprechung: E. Voegelin, Rasse und Staat, in: Zeitschrift für Öffentli-
S. 201–204.
94 M. Scheler, Schriften aus dem Nachlaß, Bd. 1, hrsg. v. M[aria] Scheler, Berlin 1933,
enthalten: Tod und Fortleben, Über Scham und Schamgefühl, Vorbilder und Führer,
Ordo amoris, Phänomenologie und Erkenntnistheorie, Lehre von den drei Tatsachen.
95 M[aria] Scheler, Bericht über die Arbeit am philosophischen Nachlaß Max Schelers,
Erkenntnislehre, 2. durchges. u. erw. Aufl. hrsg. v. M[aria] Scheler, Bern 1957, GW 10,
S. 9–64.
97 Ebd., S. 46 f.
98 Ebd., S. 48.
99 Zum zeitgenössischen Interesse Löwiths an der Philosophischen Anthropologie vgl.
auch seine ausführliche Besprechung der Schelerschen Schriften Mitte der 1930er Jahre:
K. Löwith, Max Scheler und das Problem einer philosophischen Anthropologie (1935),
in: Ders., Sämtliche Schriften, Bd. 1: Mensch und Menschenwelt. Beiträge zur Anthro-
pologie, hrsg. v. K. Stichweh, Stuttgart 1981, S. 219–242.
100 H. Plessner, Vorwort zur zweiten Auflage (1965), in: Ders., Die Stufen des Organi-
gleich zwischen Ernst Cassirer und Helmuth Plessner, in: Dilthey-Jahrbuch, Bd. 7/
(1990–91), S. 250–274.
105 H. Plessner, Elemente der Metaphysik. Eine Vorlesung aus dem Wintersemester
106 H. Plessner an F. J. J. Buytendijk am 19. 2. 1933, zit. n. H.-U. Lessing, Eine herme-
»2. September 1933« »dem nichtbeamteten außerordentlichen Professor Herrn Dr. Hel-
muth Plessner« »die Lehrbefugnis an der Universität Köln« – »auf Grund von § 3 des
Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums vom 7. April 1933.« Personal-
akte Plessner, Blatt 28, Universitätsarchiv Köln. Plessner drückte den Sachverhalt in
einem Brief an F. J. J. Buytendijk am 1. 12. 1933 so aus: »Ich habe meine Stellung auf
Grund des Arierparagraphen verloren, da mein Vater als Jude geboren ist. Von mütter-
licher Seite bin ich Arier. Mein Vater ließ sich als junger Arzt taufen, bevor er heirate-
te.« (zit. n. W. J. M. Dekkers u. a., Helmuth Plessner und F. J. J. Buytendijk, a. a. O.,
S. 151). Mit einer auf die Verhältnisse seit 1933 zugeschnitten Liste von Punkten war
am 18. 5. 1933 – mit Unterstützung des befreundeten Anglisten H. Schöffler – ein Ver-
such unternommen worden, über den Rektor beim Ministerium eine Ausnahme für
Plessner zu erwirken. Diese Liste enthält u. a. folgende Angaben: »Politische Betätigung:
Jahre in die USA ebenso wie E. Voegelin, und die weitere Veröffent-
lichung des Scheler-Nachlasses galt als inopportun. Plessner, im Gro-
ninger Exil durch die rettende Einladung von Buytendijk, hielt Vor-
lesungen über die »gegenwärtige herrschende Strömung einer
antirationalen Philosophie der menschlichen Existenz« in Deutsch-
land: »Heidegger, Jaspers, Klages«. 108
Prof. Plessner hat nie einer Partei angehört und in den letzten Jahren deutschnational
gewählt. Offizielle Unterschrift für den Deutschen Ausschuß (Präsident v. Papen) gege-
ben. Politisch-wissenschaftliche Stellungnahmen: […] 1931 das Buch ›Macht und
menschliche Natur‹ entwickelt eine Philosophie der Politik, auf die sich dann Prof. Carl
Schmitt in seiner Schrift ›Der Begriff des Politischen‹ ausdrücklich bezieht. – Der Auf-
satz ›Abwandlungen des Ideologiegedankens‹ hat den Marxschen Ideologiebegriff be-
kämpft. Auf diesen Arbeiten baut auf die Widerlegung des Marxismus, die der Kölner
Privatdozent Dr. A. Müller in seinem Buch ›Die Entwicklungsgesetze des Kapitalismus‹
gegeben hat.« Erwähnt wird auch ein »Kursus über Machiavelli« von Plessner im Köl-
ner »Petrarca-Haus«; und schließlich werden Referenzen angegeben: »Auskunft über
politische und wissenschaftliche Stellung könnten geben die Professoren Carl Schmitt,
v. Beckerath, Prof. Hans Freyer (Leipzig) und Prof. Rothacker«. Alle diese Angaben sind
eine dem Jahr 1933 geschuldete selektive Lesart von Plessners intellektueller Biogra-
phie. Vgl. auch Ch. Tilitzki, Die deutsche Universitätsphilosophie in der Weimarer Re-
publik und im Dritten Reich, a. a. O. S. 168.
108 Ankündigung der Vorlesungen Plessners in Groningen WS 1934/35, Nachlaß Pless-
ner, Mappe 62. – Diese Vorlesungen bilden die Vorlage von H. Plessner, Das Schicksal
deutschen Geistes im Ausgang seiner bürgerlichen Epoche, Zürich/Leipzig 1935, unter
dem Titel Die verspätete Nation (1959), GS VI, S. 7–224. – Plessners Verbitterung über
sein Verbleiben im Schatten Schelers und über das akademische Schicksal der Philoso-
phischen Anthropologie (noch vor dem Exil) in der Konkurrenz zu den von ihm genann-
ten Ansätzen der Existenzphilosophie, Phänomenologie, des Marxismus und einer Phi-
losophie der Rassenbiologie kommt in einer langen Anmerkung zum Ausdruck, die sich
auf die philosophische Konstellation vor 1933 bezieht: »Über die Ansätze zu einer phi-
losophischen Biologie und Anthropologie ging man rasch hinweg. Da gab es die Acht-
zigseitenschrift von Scheler über die Stellung des Menschen im Kosmos. Man zollte ihr
als einer interessanten Anregung den dem berühmten Namen schuldigen Tribut und das
Übrige zum Thema wurde auf dem Ehrenfriedhof der zu Tode Geschwiegenen bei-
gesetzt.« Diese Anmerkung steht nur in der Ausgabe von 1935, S. 189, und wurde von
ihm bei der Neuausgabe 1959 fortgelassen.
Das Jahrzehnt von 1934 bis 1944 ist das entscheidende Jahrzehnt der
Philosophischen Anthropologie. Hier fällt die Entscheidung über die
Tragfähigkeit des Denkansatzes. Der Grund dafür ist, dass drei Auto-
ren – Erich Rothacker, Arnold Gehlen und Adolf Portmann – unab-
hängig voneinander drei Neueinsätze zur Philosophischen Anthro-
pologie vorlegen, und einer ihrer Pioniere, Plessner, vom Rande aus
einen neuen Einsatz wagt. Dieser neue Auftakt – Rothackers »Kul-
turanthropologie« 1 , Gehlens »elementare Anthropologie« 2 und
Portmanns »Biologische Fragmente zu einer Lehre vom Menschen«3
– wird auf Grund der Doppelbedingung von bereits vorhandener Pio-
nierleistung und gleichzeitiger Leerstelle möglich. Rothacker, Gehlen
und Portmann unternehmen ihre Neueinsätze durchaus in genauer
Kenntnis der bahnbrechenden Leistungen von Scheler und Plessner
in den 20er Jahren – sie wissen, wie weit man damit kommen kann –,
und sie sind zugleich motiviert durch die Abwesenheit beider: Sche-
ler war tot und Plessner war nunmehr doppelt abwesend, über die
Existenz eines im philosophischen Feld »zu Tode Geschwiegenen« 4
hinaus im Exil. 5 Aber nicht nur die Wahrnehmung der personellen
Leerstelle des Denkansatzes, sondern auch deutliches Bemerken
einer inhaltlichen Leerstelle schafft eine motivierende Atmosphäre.
Ohne die Idee, dass wesentliche »anthropologische Kapitel« 6 des
Denkansatzes noch nicht veröffentlicht oder geschrieben seien, wä-
ren die Neueinsätze substantiell nicht möglich gewesen. So sind sie
durchweg von einer direkten oder indirekten Kritik an einer gewissen
Abstraktheit der Scheler/Plessnerschen Philosophischen Anthro-
a. a. O., S. 189.
5 Zu Plessners Exil insgesamt erhellend: C. Dietze, Der eigenen Wissenschaft treu blei-
7H. Plessner, Lachen und Weinen. Eine Untersuchung nach den Grenzen menschlichen
Verhaltens (1941), GS VII, S. 201–387.
14E. Rothacker, Antrag, Akademie der Wissenschaften und Literatur, 3. 10. 61, Nachlaß
Rothacker, Briefwechsel Rothacker- Plessner, Beilage.
sich in der Wirklichkeit die Beziehungen von Geist und Drang fak-
tisch gestalten, sondern springt abrupt in ein rein metaphysisches
Kapitel über«. Auch wenn für Rothacker Scheler in seinen wissens-
soziologischen Schriften diese »anthropologischen Kapitel« über die
»konkreten Übergangsformen und Verschmelzungsprodukte von
Geist und Seele« 15 vorgearbeitet hatte, – die Verbindung zwischen
anthropologischer Grundlegung und geschichtlicher Welt war von
Scheler in seinen Publikationen nicht geleistet worden. Und ob – jetzt
nach seinem Tod 1928 – diese »anthropologischen Kapitel« im Nach-
lass wirklich vorlagen, konnte man bis zu dessen Veröffentlichung
nicht wissen.
Blieb Plessner. Rothacker konnte in Plessners ›Stufen des Orga-
nischen und der Mensch‹, das ihm dieser 1928 sofort zugeschickt
hatte, erkennen, dass Plessner dezidiert eine philosophisch-anthro-
pologische Grundlegung der geschichtlichen Welt und damit der
Geisteswissenschaften angesteuert hatte – »Ohne Philosophie des
Menschen keine Theorie der menschlichen Lebenserfahrung in den
Geisteswissenschaften. Ohne Philosophie der Natur keine Philoso-
phie des Menschen.« 16 Im 7. Kapitel der ›Stufen‹ hatte Plessner –
allerdings nur programmatisch – ein Konstitutionstheorem der ge-
nuinen Geschichtlichkeit des Menschen aus dem Expressivitätscha-
rakter der exzentrischen Positionalität gegeben. Plessner stellte seine
Philosophische Anthropologie dezidiert in den Zusammenhang der
Dilthey-Schule, indem er sich auf Mischs Auftrag berief; Rothacker
erwähnte er nicht, was innerhalb des Kommunikationsnetzes viel-
leicht ein Fehler war. Jedenfalls wird Rothacker Plessners Schwäche
erkannt haben, das Desiderat der Philosophischen Anthropologie –
die Struktur des geschichtlichen Menschen – für die Anschauung, in
der geisteswissenschaftlichen Forschung aus seinem naturphiloso-
phischen Ansatz heraus adäquat erfüllen zu können. Wahrscheinlich
wird er – über die Scheler-Plessner-Querelen unterrichtet – über-
haupt eine Schwäche Plessners in diesen Jahren nach 1928 wahr-
genommen haben.
Jedenfalls versucht Rothacker nun, in eigener Initiative, das Pro-
gramm einer philosophisch-anthropologischen Grundlegung der ge-
schichtlichen Welt einzulösen. Damit verknüpft er öffentlich von Be-
ginn an das Projekt der Gründung eines »Forschungsinstituts«,
1921, S. 196.
22 M. Scheler, Der Formalismus und die materiale Wertethik, GW 2, S. 156.
ner.
25 H. Plessner, Macht und menschliche Natur. Ein Versuch zur Anthropologie der ge-
Buch: J. v. Uexküll/G. Kriszat, Streifzüge durch die Umwelten von Tieren und Men-
schen. Ein Bilderbuch unsichtbarer Welten, Berlin 1936. – Wiederabgedr. in: Dies.,
Streifzüge durch die Umwelten von Tieren und Menschen. Ein Bilderbuch unsichtbarer
Welten. – Bedeutungslehre, mit e. Vorwort von A. Portmann u. e. Einleitung v. Th. v.
Uexküll, Frankfurt a. M. 1970.
34 E. Rothacker, Geschichtsphilosophie, a. a. O., S. 94.
ackers, in: G. Martin/H. Thomae/W. Perpeet, In memoriam Prof. Erich Rothacker, Bonn
1967, S. 13–26.
45 E. Rothacker, Die Schichten der Persönlichkeit, a. a. O., S. 30.
46 Ebd., S. 32.
47 Ebd., S. 30.
Analyse des Menschen seit Renaissance und Reformation, hrsg. v. G. Misch, in: W. Dilt-
hey, Gesammelte Schriften, Bd. II, 9. Aufl. Göttingen 1969, S. 9 f.).
55 E. Rothacker, Vier Dichterworte zum Wesen des Menschen (1943), in: Ders., Mensch
und Geschichte. Studien zur Anthropologie und Wissenschaftsgeschichte, Bonn 1950,
S. 198.
56 Vgl. R. P. Fischer, Um Leib und Leben. Die anthropologische Wende in der deutschen
Philosophie der Zwischenkriegszeit (1920–1940), a. a. O., S. 333.
57 L. Samson, Nachwort, in: A. Gehlen, Philosophische Schriften I (1925–1933), hrsg. v.
L. Samson, GA 1, S. 417.
58 Schreiben an den »Herrn Minister für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung« vom
»30. Mai 1925«: »Dem Herrn Minister unterbreite ich namens der Fakultät die Bitte,
den Privatdozenten für Philosophie Dr. Helmuth Plessner mit der Vertretung des im
Winter-Semester 1925/26 beurlaubten ordentlichen Professors Dr. Max Scheler zu be-
auftragen.« Personalakte Plessner Universitätsarchiv Köln.
59 A. Gehlen, Zur Theorie der Setzung und des setzungshaften Wissens bei Driesch
(1927), GA 1, S. 27.
60 Zu Gehlens philosophischer Entwicklung: L. Samson, Naturteleologie und Freiheit
63 Ebd., S. 295.
64 Gehlen äußert 1963 über das Buch: »Es erschien 4 Jahre nach Heidegger und 1 Jahr
vor Jaspers’ Wendung zum Existentialismus (›Philosophie‹). Man würde mir heute nicht
glauben, daß ich ›Sein und Zeit‹ nicht gelesen hatte, deshalb habe ich das nie gesagt, aber
ich kannte eben auch Kierkegaard. Am eigenen Werk erkannte ich sogleich die Beliebig-
keit existentialistischer Beschwörungen und hier liegt ein Bruch: ich schwenkte sofort
zu Fichte ab, und schrieb die Broschüre ›Idealismus und Existenzphilosophie‹, die zur
Entfremdung mit Jaspers führte, der Kontakt gesucht hatte.« Gehlen an F. Jonas
4. 11. 1963, zit. n. K.-S. Rehberg, Nachwort des Herausgebers, GA 3.2, S. 889 f.
65 A. Gehlen, Theorie der Willensfreiheit (1935), GA 2, S. 165 f.
66 Ebd., S. 164.
70 Zu den Berufungen von A. Gehlen vgl. Ch. Tilitzki, Die deutsche Universitätsphi-
losophie in der Weimarer Republik und im Dritten Reich, a. a. O., S. 633 ff.
71 A. Gehlen, Der Idealismus und die Lehre vom menschlichen Handeln (1935), GA 2,
S. 341.
gie »ein Jahr nach meiner Promotion (1927) an der im Jahre 1928 erscheinenden Schrift
von Max Scheler: die Stellung des Menschen im Kosmos« erwacht sei. Gehlen an Marc
De Mey 23. 3. 1964, zit. n. K.-S. Rehberg, Nachwort des Herausgebers, GA 3.2, S. 890.
Deshalb kannte er vermutlich seit diesem erwachten Interesse auch Plessners Buch, weil
es dem Ruf zufolge als Ausarbeitung Schelerscher Ideen galt und weil er ja selbst durch
sein Kölner Studium von 1925/26 auf diesen aufmerksam geworden war.
74 Vorlesungsmitschrift von Ludolf Müller: Arnold Gehlen, Das Problem des Men-
schen. Resultate der philosophischen Anthropologie, 13., 17. und 18. Februar 1936, in:
L. Samson, Gehlen und Scheler: Gehlens Anthropologie-Vorlesung von 1936, a. a. O.,
S. 594–596. L. Samson, der Herausgeber dieser Vorlesungsmitschrift, erkennt die Sche-
ler-Bezüge in Gehlens Vorlesung.
tung des Menschen, die bei Plessner so nicht verhandelt wird: »beim
Menschen Rückbildungen […], aber auch Unspezialisiertheiten, […]
Triebhypertrophie«. Wegführend bleibt für ihn aber ein Gedanke:
»Der Mensch darf nicht naturalistisch betrachtet werden und auch
nicht vom Geiste her« 75 – das ist das Plessnersche Postulat, den Men-
schen aus einem Grundaspekt begreifen zu können. 76
Seit 1935 bewegt sich Gehlens Denken also im Ansatzfeld der
Philosophischen Anthropologie, deren Weg über den objektivieren-
den Blick auf das Lebewesen Mensch ihm die höchst mögliche Erfül-
lung der »Indirektheit des Selbstbewußtseins« verspricht. Gehlens
Denkweg hat also die Wende von der existential-phänomenologi-
schen Einstellung, die vom Subjekt aus das Phänomen expliziert,
zur objektiv-idealistischen Einstellung, die vom Allgemeinen her
auf das Subjekt zurückblickt, zum objektiv-anthropologischen Blick
vollzogen, der erfahrungswissenschaftlich angereichert auf den
Menschen als Objekt blickt, um dort dessen Selbstbewusstsein als
Subjekt einzuholen. 77
Diese Wendung zum Objekt gewinnt methodisch Kontur, wenn
er im gleichen Jahr 1935 in einer Besprechung von Erich Rothackers
›Geschichtsphilosophie‹ (1933) als »wesentliche Eigenart dieses Bu-
ches« hervorhebt, gegenüber aller bisherigen geschichtsmetaphysi-
schen Deutung differenziertere und plastischere »Kategorien« sach-
nah an der Konkretion des geschichtlichen Daseins zu gewinnen. In
Gehlens äußerst sorgfältiger Pointierung von Rothackers »reichem
und anregendem Gedankengang« bildet sich sein eigener Neueinsatz
der Philosophischen Anthropologie in nuce heraus: »Die Handlung
75 Ebd., S. 596–597.
76 Ein Indiz, dass Gehlen hier 1936 im 2. Teil der Vorlesung die Resultate der Philoso-
phischen Anthropologie in Anlehnung an Plessners ›Stufen des Organischen und der
Mensch‹ vorstellt, gibt er Jahrzehnte später, wenn er in einem Lexikonartikel von 1971
notgedrungen auch auf Plessner zu sprechen kommt: Plessners Buch, im gleichen Jahr
wie Schelers grundlegende Schrift erschienen, enthielt – so sagt er – Unterscheidungen
wie bei Scheler, »ging aber in zwei wichtigen Punkten weiter. Die Einführung der ›Mit-
welt‹ oder der Wir-Form des eigenen Ich ergab eine andere Definition des Geistes im
Sinne einer von vornherein sozial gedachten Sphäre.« Und: »Die zwar falsche Behaup-
tung, das Menschsein sei an keine bestimmte Gestalt gebunden und könne auch in
biologisch ganz anders verfaßten Wesen als realisiert gedacht werden, streifte die Frage
nach der morphologischen Beschaffenheit des Menschen, zu der bald von anderer Seite
her bedeutende Beiträge erfolgten.« A. Gehlen, Philosophische Anthropologie (1971),
GA 4, S. 258.
77 K.-S. Rehberg, Nachwort des Herausgebers, GA 3.2, S. 756 f.
als Antwort auf bestimmte Lagen oder Situationen ist sozusagen die
Urzelle der Kultur. Wird die Antwort eine dauernde, d. h. eine Hal-
tung, einer Dauerlage gegenüber, so ist schon der Übergang zu einer
anderen höchst bedeutsamen Kategorie des ›Lebensstils‹ gefunden.
Dieser Begriffszusammenhang bildet das einfache Modell, das dann
nach allen Seiten ausgebaut wird: ›Lage‹ z. B. ist nicht nur ›Milieu‹,
äußere Lage, sondern umgreift auch den ›erlebten Druck der inneren
Umstände‹, die ganze offene Tiefe der ›Anlagen‹, aus denen sich wie-
der die Antwortrichtungen auf die stets vieldeutigen ›Lagen‹ ver-
stehen lassen«. 78
So sich selbst auf die Fährte setzend, was er mit seiner existenz-
phänomenologisch und idealistisch bereits eingeübten Kategorie
›Handlung‹ (Akt der Setzung im Denken) im konkreten anthropolo-
gischen Feld anstellen könnte, findet Gehlen 1936 in dem Aufsatz
›Vom Wesen der Erfahrung‹ zu seinem Grundgedanken der »Entlas-
tung« durch Handeln. Der konkrete Mensch, dem offenen Druck der
äußeren und inneren Lage ausgesetzt, erfährt Wirklichkeit nur, in-
dem er sich handelnd in der sinnlichen Wahrnehmung mit ihr aus-
einandersetzt; dabei zieht er ein System von »Gewohnheiten« des
vitalen Verhaltens in sich groß im Sinne »entlastender Formen der
Wahrnehmung und überhaupt des vitalen Könnens«, die es ihm er-
möglichen, über diese »Erfahrungssymbole« des erledigten und ver-
fügten Sachumgangs in einer so beherrschten Welt zu leben. 79
80 Vgl. die Mitteilungen der Deutschen Philosophischen Gesellschaft in: Blätter für
Deutsche Philosophie, Jg. XI (1937/38), S. 114. Diesen und weitere Hinweise bei R. P.
Fischer, Um Leib und Leben, a. a. O., S. 251.
81 W. Sombart legte in Berlin einen großen Literaturbericht zur Geschichte der »wis-
senschaftlichen Anthropologie« vor, der mit der aktuellen Ungewißheit schloß, wie die
Erneuerung der »geistbestimmten Anthropologie – der einzig statthaften« – mit der
»universellen Anthropologie auf naturalistischer, insonderheit biologistischer Grund-
lage« zu vereinbaren sei. W. Sombart, Beiträge zur Geschichte der wissenschaftlichen
Anthropologie, in: Sitzungsberichte der Preußischen Akademie der Wissenschaften.
Philosophisch-historische Klasse, Jg. 1938, S. 96–130, insb. S. 130.
82 M. Scheler, Erkenntnis und Arbeit, in: Ders., Die Wissensformen und die Gesell-
85 So der Titel auf dem Buchrücken: F. J. J. Buytendijk, Wesen und Sinn des Spiels. Das
Spielen der Menschen und der Tiere als Erscheinungsformen der Lebenstriebe, Berlin
1933.
86 H. Plessner, Das Geheimnis des Spielens, in: Geistige Arbeit. Zeitung aus der wissen-
88 Ebd., S. 117.
89 Ebd., S. 129.
90 Ebd., S. 117.
91 Ebd., S. 132.
92 F. J. J. Buytendijk, Tier und Mensch, in: Die Neue Rundschau, Jg. 49 (1938), S. 313–
337.
Leipzig 1938, in: Blätter für Deutsche Philosophie, Jg. 13 (1939/40), S. 443 f.
96 K.-S. Rehberg hält allerdings hinsichtlich Gehlens »Verschweigens des Werkes von
Helmuth Plessner« für »wahrscheinlich, daß Gehlen das Werk des ins niederländische
Exil gezwungenen Plessner in den Ausgaben vor 1945 aus politischem Opportunismus
verschwiegen hat.« Wichtig ist für Rehberg: »Unrichtig scheint es mir, in Gehlens Werk
in irgendeiner Weise eine versteckte Übernahme der Plessnerschen Grundgedanken zu
sehen.« K.-S. Rehberg, Nachwort des Herausgebers, GA 3.2, S. 759.
97 A. Gehlen, Wirklichkeitsbegriff des Idealismus (1933), GA 2, S. 183. – Dieser Hin-
weis auch in A. Gehlen, Besprechung: N. Hartmann, Das Problem des geistigen Seins
(1933), in: Blätter für Deutsche Philosophie, Jg. 7 (1933/34), S. 430–434.
98 H. Plessner, Stufen des Organischen und der Mensch, a. a. O., S. 293.
99 A. Gehlen, Der Mensch. Seine Natur und seine Stellung in der Welt, Berlin 1940. Im
folgenden Text zit. nach dieser Erstausgabe mit Kürzel ›M‹ und Seitenangabe.
raubt« (M 91). 100 Dass Herder aus der Mitte dieser »Lücken und
Mängel« der Natur erst die Eigenart des Menschen (Sprache, Beson-
nenheit, Vernunft) begreift, sei die Erfindung der philosophischen
Anthropologie. Die Natur schlägt im Menschen eine ganz neue
Richtung ein, und es ist Aufgabe der »philosophischen Anthropo-
logie«, die Intelligenz des Menschen im Zusammenhang mit dieser
Natur, also den Wahrnehmungen, Trieben und Bewegungen zu be-
stimmen. »Die philosophische Anthropologie hat seit Herder keinen
Schritt vorwärts getan« – »sie braucht auch keinen zu tun, denn dies
ist die Wahrheit« –, und Gehlen will dieses Schema mit den Mitteln
der modernen Wissenschaft entwickeln (M 93).
100 Gehlen bezieht sich auf J. G. Herder, Abhandlung über den Ursprung der Sprache
»Es ist grundfalsch, den Wesensunterschied von Mensch und Tier erst
an der ›Intelligenz‹ aufzuzeigen; er ist anatomisch, sensomotorisch
[…] schon da« (M 179). Diese Grundidee von einem »strukturellen
Sondergesetz […], welches in allen menschlichen Eigentümlichkeiten
dasselbe ist, und welches von dem Naturentwurf eines handelnden
Wesens aus verstanden werden muß« (M 111), leitet auch Gehlens
Theorie der Sprache. Mit der Lehre von den fünf »Sprachwurzeln«,
die sich durch alle Kapitel des II. Teils »Wahrnehmung, Bewegung,
Sprache« durchzieht, bildet die Theorie der Sprache das Zentrum von
Gehlens Werk. Er begreift Sprache nicht als den Beginn der Mensch-
werdung, d. h. er setzt seine Theorie des Menschen nicht von der Spra-
che aus an, es ist keine sprachphilosophische Theorie des Menschen;
auch lässt er Sprache nicht aus ihrer »intellektuellen« Darstellungs-
funktion oder aus ihrer sozialen Mitteilungsfunktion entspringen.
Sprache taucht vielmehr für ihn im schon behandelten »System Au-
ge-Hand« auf, im Senso-Motorischen, das selbst schon dem struktu-
rellen Sondergesetz des menschlichen Lebewesen folgt; sie ist mit ver-
schiedenen, nicht aufeinander rückführbaren »Sprachwurzeln« in die
elementaren sensomotorischen »Kreisprozesse im Umgang« einge-
flochten, die sie zugleich »höherlegt« und potenziert: (1) mit dem
rückempfundenen Laut, (2) mit der Lautantwort auf sachlich Gesehe-
nes, (3) mit dem wiedererkennenden, sich über das Wiedergesehene
beruhigenden Laut, (4) mit dem im Ruf sich artikulierenden Bedürf-
nis, (5) mit der stellvertretenden Handlungskoordination durch Laut-
gesten oder »Worte« (M 279 f.).
Vom biophilosophischen Ansatz aus sieht Gehlen den ersten
Zusammenhang von Handlung und Sprache im Motorischen, im
Akt als Aktion des Sprechens, im leibgebundenen Klang und Rhyth-
mus der Artikulation: »Eine Lautbewegung hat in Analogie zur Tast-
bewegung die außerordentliche Eigenschaft, zugleich Bewegung und
zurückempfunden zu sein.« (M 48) Das ist ein »rein kommunikati-
ver Vorgang in selbstempfundener Tätigkeit«, der sich – zweite
Sprachwurzel – zum Gesehenen hin »öffnet«, bei jedem lebhaften
Kind »in dem ›Anplappern‹ auffallender Eindrücke« (M 202). Im Zu-
sammenhang der »Arbeit von Auge und Hand« versachlicht sich so
die rückempfundene Lautbewegung: »Eine Bewegung ergreift sich an
ihrer empfundenen Rückwirkung: sie wird gehemmt, gestoßen, ge-
rade darin erfährt sie sich in ihrer Eigentümlichkeit, eine Sache ist in
sie eingegangen, nicht die abstrakte Rückempfindung treibt sie wei-
ter, sondern die Kommunikation mit einem äußeren, in sie hinein-
genommen Ding« (M 136). Im »Wiedererkennen« durch die Lautbe-
wegung (3. Sprachwurzel), verbunden mit dem Greifen, v. a. aber
dem Zeigen, daß das Wiedererkannte in einem Wartezustand belässt,
werden die unruhigen Seheindrücke als »erledigt« begriffen und in
distanzierter Sachlichkeit dahingestellt, wodurch »Entlastung« sich
einstellt. Im »Ruf« des Namens (des Anderen), in dem sich gegen-
über der schreienden Unruhe der Unlust die »Intention auf Abhilfe
im Laut durchsetzt« (M 218), beginnt sich das unruhige Antriebs-
leben des Kindes zu ordnen (4. Sprachwurzel). Die »Lautgeste« des
selbsterfundenen Wortes, das die Aktionsgestalten gliedernd mit-
begleitet und »mitpräzisiert« (5. Sprachwurzel), bahnt sich die struk-
turelle Möglichkeit der Stellvertretung der Handlung durch das
Wort. Insgesamt wird deutlich, dass Gehlen die Sprache systematisch
einbettet in die spezifisch menschliche Vitalität, in den »kommuni-
kativen Umgang« (M 202) der menschlichen Körperbewegung,
durch deren Höherlegung in der Sprache eine beispiellose Plastizität
102 Gehlen bezieht sich hier auf M. Palágyi, Theorie der Phantasie, in: Ders., Wahrneh-
mungslehre. Mit einer Einleitung v. L. Klages, (Ausgewählte Werke, Bd. 2), Leipzig
1925, S. 69–105.
Kurz vor dem Erscheinen des Buches war Gehlen von Königsberg
auf den Philosophie-Lehrstuhl in Wien berufen worden. Sein Buch
zog kurz nach Erscheinen Aufmerksamkeit auf sich 103 seitens der
Psychologen, Tierforscher, politischen Philosophen. 104 Bei aller
durchgehenden Anerkennung für die intellektuelle Leistung fehlte
es nicht an Kritik. Das galt auch für den Schweizer Hans Kunz, der
die Entwicklung der Philosophischen Anthropologie seit Ende der
20er Jahre verfolgte und sich in zwei Besprechungen mit dem Buch
auseinandersetzte. Vor allem bezüglich Gehlens Betonung der
»Neuartigkeit seiner Lehren« hielt er fest, »daß die Originalitäts-
ansprüche einer Kritik nicht standhalten würden«. Vor allem »fällt
es auf, daß der Autor Scheler wohl zum Zwecke der Polemik er-
wähnt, aber nicht sagt, daß in dessen Anthropologie die beiden für
Gehlen zentralen Thesen der »Weltoffenheit« und des »Triebüber-
schusses« für das gegenwärtige Bewußtsein lebendig gemacht wor-
Bemerkungen zu dem Buch von Arnold Gehlen ›Der Mensch‹, in: Zeitschrift für an-
gewandte Psychologie und Charakterkunde, Jg. 61 (1941), S. 274–300.
105 H. Kunz, Besprechung: A. Gehlen, Der Mensch, in: Der Nervenarzt Jg. 14 (1941),
S. 128 f.
106 H. Kunz, Das Wesen des Menschen (Besprechung, A. Gehlen, Der Mensch), in:
Blätter für Deutsche Philosophie, Jg. 15 (1941/42), S. 94–125. Ders., Die angeborenen
Formen möglicher Erfahrung, in: Zeitschrift für Tierpsychologie, Bd. 5 (1943), S. 235–
409. – Über den Königsberger Zusammenhang zwischen Gehlen, E. Baumgarten und
K. Lorenz vgl. Ch. Tilitzki, Die deutsche Universitätsphilosophie in der Weimarer Re-
publik und im Dritten Reich, a. a. O., S. 792–805.
109 E. Krieck, Die neue Anthropologie, in: Volk im Werden Jg. 8 (1940), S. 183–188. –
lens Werk ›Der Mensch‹, in: Blätter für Deutsche Philosophie, Jg. 15 (1941/42), S. 159–
177.
der 30er Jahre: »Auf nichts, soweit ich mich zurückerinnern kann, hat
man in Fachkreisen der deutschen Philosophie so sehnlich gewartet
wie auf einen neuen, grundlegenden Ansatz der philosophischen An-
thropologie.« Das habe nicht nur mit der »Sturzflut« der Probleme
aus den Wissenschaften zu tun, sondern auch mit »den brennenden
Fragen« der »Gesamtsituation des neuen Deutschlands«. »Denn so
ist es nun mal: alle Differenzierung menschlich-völkischer Artung
setzt irgendeine Grundvorstellung vom Wesen des Menschen voraus,
und ohne diese schwebt alle Besonderheit und Arteigenheit in der
Luft.« Eine solche Grundvorstellung biete Gehlens Werk. »Ein Jahr
lang habe ich mit diesem Buche zugebracht […]. Nicht als wäre es
schwer geschrieben […], aber der Gegenstand ist abgründig, die Pro-
bleme haben es in sich – man geht ihnen nach, man verfolgt sie ein
Stück weit an Hand einer meisterlichen Führung und verliert sich in
ihre Tiefen.« Denn Gehlens Werk »führt bei aller Eleganz denkeri-
scher Beherrschung und aller glückhaften Kraft, das an sich Schwie-
rige leicht und übersehbar zu machen, doch nie über die Abgründe
hinweg […], sondern streng, treulich und unbeirrbar mitten in sie
hinein.« 113
fand er ebenso schon bei Scheler, der den Menschen als »schlechthin
›offenes‹ System« 116 begriff, dessen Struktur der »Rückmeldung« er
biopsychisch systematisch eingeführt hatte. 117 In Rothackers ›Ge-
schichtsphilosophie‹ von 1934 fand Gehlen die »Haltung« als kreis-
prozesshafte Dauerantwort auf Lagen und schon gegebene Ant-
worten. Von Plessner hatte er die Kategorie des »Hiatus« 118 als
systematische Unterbrochenheit von Lebens- bzw. Funktionskreisen,
– die Bedingung der Möglichkeit für indirekte Überbrückungen.
»Vitales Defizit« war bei Scheler 119, »Halbheit, Gleichgewichtslosig-
keit, Nacktheit« (SO 320) waren bei Plessner Kennzeichnungen für
das gewesen, was bei Gehlen als »Mängelwesen« bestimmt wurde,
und wegen dieser »Hälftenhaftigkeit der eigenen Lebensform« hatte
Plessner dieses Lebewesen als auf »Ergänzungsbedürftigkeit«, »Kom-
pensation« durch »Künstlichkeit« angewiesen gesehen: es muss »auf
Umwegen über künstliche Dinge leben«. Weiter nahm Gehlen von
Plessner im Zusammenhang der Anthropologie die Formel: »Der
Mensch lebt nur, indem er sein Leben führt« 120 , Kultur als von Natur
aus kompensierendes »künstliches« Führungssystem, die Figur der
»Indirektheit«, der »vermittelten Unmittelbarkeit«. Vor allem er-
kannte er dadurch, dass Plessner »exzentrische Positionalität« als
Grundkategorie des Menschen eingeführt hatte, die konstitutive
Funktion der »Bewegungsphantasie« Palágyis für die Menschwer-
dung, auf die ihn Buytendijks Buch 1938 aufmerksam werden ließ:
dieses Wunder, dass im Fall des Menschen das Leben, ohne von der
Stelle zu rücken, wo es sich positioniert befindet, sich trotzdem so
verhalten kann, als ob es an eine andere Stelle des Raumes oder der
Zeit entwichen wäre: ex-zentrisch.
Hartmann, ganz an der Sache interessiert, erwähnt diese Bezug-
nahmen nicht. Sein lakonischer Satz lautet vollständig: Gehlens
»Ansatz übernimmt zwar eine Menge fruchtbarer Motive von älte-
ren und neueren Vorgängern, ist aber als Ganzes etwas durchaus
Neues.« 121 Wenn einer das beurteilen konnte, dann er, weil er einer
der wenigen war, der sowohl Schelers wie Plessners Beiträge genau
S. 276.
117 M. Scheler, Die Stellung des Menschen im Kosmos, GW 9, S. 14 f.
118 H. Plessner, Die Stufen des Organischen und der Mensch, a. a. O., S. 249.
120 H. Plessner, Die Stufen des Organischen und der Mensch, a. a. O., S. 310.
Tierpsychologie, Jg. 5 (1942); ders., Kants Lehre vom Apriorischen im Lichte gegenwär-
tiger Philosophie, in: Blätter für Deutsche Philosophie, Jg. 15 (1941), S. 94–125. –.
O. Koehler, Besprechung: A. Gehlen. Der Mensch, in: Zeitschrift für Tierpsychologie,
a. a. O., S. 408.
131 G. Lehmann, Die deutsche Philosophie der Gegenwart, Stuttgart 1943, S. 510–548,
S. 525.
132 Vgl. die Differenzierung bei K.-S. Rehberg: »Die Philosophische Anthropologie war
also nicht rassistisch begründet – auch nicht bei Arnold Gehlen oder Erich Rothacker, die
mit dem NS-System sich sehr wohl eingelassen haben –, jedoch enthielten alle rassisti-
schen ›Lehren‹ eine Anthropologie. So gab es für die anthropologische Debatte im ›Drit-
ten Reich‹ widersprüchliche Rahmenbedingungen: zum einen konnte man das Rassen-
thema umgehen oder – wie z. B. Gehlen – in den Mythos abschieben, zum anderen stand
man den damals faszinierenden und politisch leicht instrumentalisierbaren Versuchen
nicht allzu fern, Menschen »wissenschaftlich« (also z. B. biologisch, medizinisch, psy-
chologisch und schließlich auch soziologisch) zu erfassen, zu klassifizieren und zu ›be-
werten‹ ; das begründete eine Empirie, die der Offiziersauslese ebenso dienlich sein
konnte wie den Entscheidungen über ›Auslese‹ oder Vernichtung von Menschengrup-
pen in kriegerisch unterworfenen Gebieten. An all dem hatten die die grundlegenden
Konzeptionen der Philosophischen Anthropologie wohl keinen unmittelbaren Anteil,
verdankten aber ihre Bedeutung (wohl auch nur ihre Duldung) dennoch diesem wissen-
schaftspolitischen ›Klima‹.« K.-S. Rehberg, Arnold Gehlens Beitrag zur ›Philosophi-
Wie verhält sich Plessner? Man könnte sagen, darauf kam es in den
30er Jahren nicht mehr an. Plessner geriet aufgrund der Zeitumstände
in eine Randlage des philosophischen Diskurses. Dennoch wird ihm –
einem der Pioniere des Denkansatzes – über Umwege ein neuer Ein-
satz der Philosophischen Anthropologie gelingen. Zunächst muss
man Plessners Problemlage sehen. 1933 wurde ihm auf Grund des
in: Die Tatwelt. Zeitschrift für Erneuerung des Geisteslebens, Jg. 16 (1940), S. 27–30.
Ankündigung in: Der Clercke Cronike, Jg. 15/16, Nov. 1934/Feb. 1935, Nachlaß Pless-
ner, Mappe 62.
139 H. Plessner, Das Schicksal deutschen Geistes im Ausgang seiner bürgerlichen Epo-
che, Zürich und Leipzig 1935. Vgl. H. Plessner, Die verspätete Nation, GS VI, S. 7–224.
140 A. Tille, Rasse und Geschichte, in: Rasse. Monatsschrift der Nordischen Bewegung,
ten, hrsg. v. A. Schmidt/G. Schmid Noerr, Bd. 16: Briefwechsel 1937–1940, Frankfurt
a. M. 1995, S. 183.
142 H. Plessner, Die Aufgabe der philosophischen Anthropologie (1937), GS VIII, S. 33–
51.
neuer sozialer Zustand drängt ans Licht. In der Auflösung einer von
Christentum und Antike bestimmten Welt stellt sich der Mensch, nun
völlig von Gott verlassen, gegen die Drohung, in der Tierheit zu ver-
sinken, erneut die Frage nach Wesen und Ziel des Menschen.« 143 Sche-
lers Formulierung 1915, avant la lettre einer Philosophischen Anthro-
pologie, hatte gelautet: »Der Mensch scheint in der Tierheit, in die
untere Natur zu zerfließen, und es gilt gerade noch einen Unterschied
zu finden, der ihn ›rettet‹, ganz in sie zu versinken.« 144 Plessner be-
stimmte in seiner Antrittsvorlesung als »Aufgabe der philosophischen
Anthropologie« ihre Korrektivfunktion: alle verdeckenden Auslegun-
gen des Menschen in eine Schwebe zu bringen und ihm damit Freiheit
zu sichern. Doch das war ein abstraktes Programm. Plessner befand
sich nicht nur real in einer Situation der Marginalisierung 145 , sondern
er musste erkennen, dass in seinen Beiträgen auch die Philosophische
Anthropologie als Denkansatz in eine marginale, reaktive Position
geriet. Das Postulat, das er 1931 in der großen Hallenser Diskussion
im Anschluss an den Hartmann-Vortrag aufgestellt hatte, dass »an die
Stelle des Subjekts und Bewußtseins die konkrete Person (mit Haut
und Haaren, nicht nur als Existenz im Sinne Heideggers) als Aus-
gangs- und Blickpunkt der philosophischen Fragestellung« 146 zu tre-
ten habe, hatte er im Verhältnis zur Existenz- und Lebensphilosophie
selbst nicht eingelöst. Weder gegenüber der Lebensphilosophie von
Klages, noch gegenüber der Existenzphilosophie, die ihm erneut, jetzt
aber in ihrer moderateren Form durch die von Karl Jaspers 1935 an der
Universität Groningen gehaltenen Vorträge über ›Vernunft und Exis-
tenz‹ 147 begegnete, hatte er die Erschließungskraft einer am Tier/
Mensch-Vergleich arbeitenden Philosophischen Anthropologie am
Phänomen bewähren können. Aber das Postulat von 1931 hielt er noch
1935 im niederländischen Exil aufrecht, nämlich dass »Naturphiloso-
zugänglich. Er war ein vergessener Autor. Seit 1938/39 hatte Plessner eine – karg do-
tierte – Stiftungsprofessur für Soziologie in Groningen, die ihm das akademische Über-
leben ermöglichte.
146 H. Plessner, Diskussionsbeitrag, in: N. Hartmann, Zum Problem der Realitätsgege-
Jaspers vom 25. bis 29. März 1935 auf Einladung der Universität Groningen (Holland)
als Aula-Voordrachten.
phie nötig ist und dass der Gedanke der Erkenntnis des Menschen
unter dem Gesichtspunkt des Menschen einen bisher nicht von der
Philosophie gewagten neuen Einsatz fordert, der von vornherein das
leibliche Dasein mitumspannt«; weiter, dass »das leiblich-sinnliche
Dasein in den Mittelpunkt der Analyse zu stellen und es zum Leitfa-
den einer Erkenntnis des Menschen auf dem Hintergrunde der leben-
digen Natur zu machen« sei, dass »gerade diese Region methodisch
vor anderen Seinsregionen auszuzeichnen« sei. 148
Es sind vor allem zwei Bedingungen, die Plessner bei seiner erneuten
Suchbewegung auf die Sprünge helfen. Da ist zum einen die erneute
Begegnung mit Buytendijk, die zwar durch äußere Umstände er-
zwungene, aber äußerst intensive Zusammenarbeit mit dem phäno-
menologischen Tierforscher. Über Jahre standen ihre Schreibtische
über Eck in Buytendijks Arbeitszimmer in seinem Physiologischen
Institut. 149 Buytendijk war seit 1925 zu einem der bekanntesten eu-
ropäischen Tierpsychologen geworden, der in seinem Forschungs-
institut experimentell kontrollierte Beobachtungen mit phänomeno-
logischer Erschließung verknüpfte. Sein 1933 erschienenes Buch
›Wesen und Sinn des Spiels‹ 150 , eine Studie zum spielerischen Ver-
halten junger Tiere und von Menschen jeden Alters, hatte auch in
Deutschland Aufsehen erregt – und war dort auch von Plessner zu-
stimmend besprochen worden. Wie schon 1924 bei ihrer ersten Zu-
sammenarbeit, 10 Jahre zuvor, zwang Buytendijks Präsenz Plessners
konstruktive Neigung zur Anschauung. Die erste Frucht ihrer jetzi-
gen Zusammenarbeit – eine Kritik der modernen reflexphysiologi-
schen Erklärung des Verhaltens durch den russischen Psychologen
Pawlow 151 – lag auf der Linie ihrer damaligen ›Deutungen zum
mimischen Ausdruck‹. Pawlows gegen die introspektive Psychologie
gerichtetes Paradigma einer objektiven Psychologie glaubte, das gan-
ze leibseelische Leben des Menschen sei auf die »bedingten Reflexe«
148 H. Plessner, Das Schicksal deutschen Geistes im Ausgang seiner bürgerlichen Epoche
hrsg. v. H. Plessner, Göttingen 1955. An dem Seminar nahm der Kölner Anglist Herbert
Schöffler teil, mit dem Plessner sich befreundet hatte. Beide zusammen unternahmen
1934 eine Spanienreise.
Lebens, fragt ein Brief Buytendijks nach Fortschritten bei dem »Buch
über den Witz«. 156 Offensichtlich interessierte sich Plessner damals
elementar für die Logik des Witzes, die unauflösbar-oszillierende
Spannung, weil hier eine Analogie zur »exzentrischen Positionalität«
vorlag, deren Struktur – mit ihrer unausgleichbaren Verschränkung
– etwas von einem Witzverhalt hatte. Aber erst jetzt, Mitte der 30er
Jahre 157, verschob er den Schwerpunkt vom Witz auf das »Lachen« –
als ein spezifisches Verhältnis des Menschen zu seinem Körper –,
und er fügte zu Witz und Lachen, das ihn während der 20er Jahre
beherrscht hatte, das Weinen – der 30er Jahre – hinzu. So kam er
dazu, die Leistungskraft der philosophisch-anthropologischen Kate-
gorie »exzentrische Positionalität« an den Grenzphänomenen des
Lachens und Weinens durchzuführen.
156 Buytendijk an Plessner 26. 1. 1933, in: H. Struyker Boudier (Hrsg.), Correspondentie
land. In diese Zeit muß der Abschluß meines Buches »Lachen und Weinen« fallen, das
freilich erst 1940 in einem holländischen Verlag erscheinen sollte« (H. Plessner, Selbst-
darstellung, GS X, S. 332). Aber ein »Buch über den Witz«, von dem Buytendijk 1933
weiß, ist etwas anderes als eines über »Lachen und Weinen«, das Plessner 1939 fertig-
stellt.
158 H. Plessner, Lachen und Weinen. Eine Untersuchung der Grenzen des menschlichen
Verhaltens (1941), GS VII, S. 201–387. Im Text zit. mit Kürzel ›LW‹ und Seitenanga-
ben.
159 H. Schöffler an Plessner 8. 9. 1939: »Daß Sie mit Ihrem ›Weinen & Lachen‹ zum
de, Rührende, Geliebte, Heilige und Hohe begegnet als das absolut
Eindeutige und zugleich Entrückte, als das reine Ende für unser auf
Verhältnismäßigkeiten, Relationen und Relativitäten, auf Druck und
Gegendruck abgestimmtes Verhalten.« (LW 144).
Die Anlässe von Lachen und Weinen sind also Situationen, zu
denen der Mensch verhaltensmäßig kein eindeutiges Verhältnis fin-
det. Nicht beantwortbare Situationen sind desorientierend, desorga-
nisierend. Sind Situationen, die für eine exzentrische Position sinn-
voll nicht beantwortbar sind, bedrohlich, erzeugen sie, so Plessner,
Schwindel, sind sie nicht bedrohlich, Lachen und Weinen. Im
Schwindel kommt es zur Kapitulation der Person, die Einheit wird
ihr entzogen; wenn sie lacht oder weint, überlässt sie ihren Körper
sich selbst, verzichtet somit auf die Einheit mit ihm, die Herrschaft
über ihn und bezeugt so noch in der Preisgabe ihre Souveränität. Im
Lachen oder Weinen lässt der Mensch sich gehen oder fallen. In der
außer Verhältnis geratenen exzentrischen Positionalität übernimmt
der verselbständigte Körper für den Menschen die Antwort, nicht als
Instrument oder Resonanzboden, sondern als undurchsichtige Aus-
drucksweise, passend zu einer unbeantwortbaren Grenzlage, die auf
diese Weise überbrückt wird. »Wie es das Vorrecht des Menschen ist,
in derart unmögliche Lagen zu geraten – unmöglich für ihn als Per-
son, aber unvermeidlich für ihn als Geist, d. h. seine Exzentrizität –,
so ist es auch sein Vorrecht, den Körper an seiner Stelle antworten zu
lassen.« (LW 366)
Lachen und Weinen sind aber zwei verschiedene Antworten auf
zwei verschiedene Grenzlagen. Ist die Verhaltensfortsetzung durch
unausgleichbare Mehrsinnigkeit der Anhaltspunkte unterbrochen –
ist der Mensch irritiert, überrascht, verblüfft, fasziniert –, dann ant-
wortet der lachende Körper – in welcher Intensität auch immer – mit
einer explosiven Loslösung, mit einer Herausschleuderung der Ex-
zentrik aus der Situation. Ist die Verhältnismäßigkeit des Daseins
überhaupt aufgehoben – begegnet »Losgelöstes«, d. i. Ab-solutes –,
dann antwortet der ins Weinen gleitende Körper mit einer die Person
selbst allmählich in die Kapitulation hineinziehenden Binnenzentrie-
rung der leiblichen Positionalität.
Lachen und Weinen als körperlich-sinnhafte »Grenzreaktio-
nen« der menschlichen Natur sind Indizien dafür, dass sich der
Mensch, weil er durch die exzentrische Vitalposition zu vernünftigen
und willensmäßigen Zusammenhängen fähig ist, notwendig »auf der
Grenze zwischen Sinn und Nicht-Sinn« bewegt (LW 383), auf nicht
Sieht man das neue Plessnersche Buch nur in seinem Stellenwert für
die reale Bildungsgeschichte der Philosophischen Anthropologie,
dann ist es bedeutend, dass einer ihrer Pioniere hier eine bedeutsame
Selbstkorrektur vollzieht, ohne den Ansatz preiszugeben. Erst da-
durch vermag er im Diskurs sich als führende Figur zu behaupten.
Hatte er in den ›Stufen des Organischen und der Mensch‹ – parallel
zu Scheler – noch erklärt, dass »mit Exzentrizität keine neue Orga-
nisationsform« des Körpers ermöglicht wird, dass der Mensch »kör-
perlich Tier bleiben muss. Physische Merkmale der menschlichen
Natur haben daher nur einen empirischen Wert. Mensch sein ist an
keine bestimmte Gestalt gebunden und könnte daher […] unter
mancherlei Gestalt stattfinden« 160 –, so zeigte er jetzt spezifische kör-
perlich-physiologische, bio-anthropologische Verhaltensprozesse der
Positionalität – wie Weinen und Lachen – in ihrer Exzentrizitätsver-
mittlung. Erst jetzt war der Mensch »mit Haut und Haaren« 161 in
philosophischer Hinsicht an die Stelle des »transzendentalen Sub-
jekts«, des »Daseins« oder des »Lebens« gerückt.
160 H. Plessner, Die Stufen des Organischen und der Mensch, a. a. O., S. 293.
161 H. Plessner, Diskussionsbeitrag, in: N. Hartmann, Zum Problem der Realitätsgege-
benheit, Philosophische Vorträge Nr. 32, veröffentlicht von der Kant-Gesellschaft,
a. a. O., S. 51.
mus gegenüber zeigen, dass »Geist« und die anderen Monopole des
Menschen nicht jenseits seiner Körperlichkeit, sondern über diese ver-
mittelt gegeben sind. Plessners ostentative Rede vom »Körper« nahm
hingegen die naturalistische Rede auf, um zu zeigen, dass der Mensch
bis in vital verselbständigte Prozesse nur durch das »Verhältnis zum
Körper« erklärbar ist. Gegenüber Klages’ Lebensphilosophie, mit ih-
rer Formel: »der Leib ist die Erscheinung der Seele, die Seele der Sinn
des Leibes« und der Geist der »Widersacher« dieser Leibseele-Einheit,
konnte er wiederum zeigen, dass die menschliche Leibseele von der
Art ihrer Lebendigkeit her ungeformte Ausdrucksweisen ohne sym-
bolhafte Ausdruckstransparenz kennen muss, weil sie auf Grund der
genuinen Exzentrizität der Leibseele nötig sind. Gegenüber der Exis-
tenzphilosophie mit ihrer Emphase des »Hineingehaltenwerdens ins
Nichts« (Heidegger) bzw. den »Grenzsituationen« (Jaspers) als den
eigentlich menschlichen Situationen bewies er hingeben, dass, wenn
man die menschliche Lage von ihrer Natur oder Körperhaftigkeit her
mitbedenkt, das »Nichts« dieser »Grenzsituationen« schon der Nor-
malsituation der »Bewandtnis« (ein Heidegger-Terminus aus ›Sein
und Zeit‹) notwendig innewohnt, weshalb schon von der körperlichen
Ausstattung her ›normale‹ Überbrückungsmodi dieser Grenzsituatio-
nen vorgesehen sind: Lachen und Weinen.
Das ist ein nicht unbedeutender Punkt in der Verdichtung der Phi-
losophischen Anthropologie durch die Neueinsätze der 30er Jahre: In
demselben Augenblick, wo Gehlen das Höherlegen der Dingerfas-
sung und -beherrschung über die Kreisprozesse von Tast- und
Sehleistung zur symbolischen Repräsentation des Sachumganges
aufweist, und dabei achtgibt auf die Bewegungsphantasie, die zu-
nehmende innere Plastizität der Bewegungen, durch welche Mög-
lichkeitsspielräume koordinierbar, beherrschbar und erweiterbar
werden, studiert Plessner das Phänomen der Unterbrechung der
höhergelegten Kreisprozesse und hält fest, wie für diese höhergeleg-
ten Formen des Sinn- und Bewandtnisumganges im Fall der Unter-
brochenheit tiefliegende, aber tiefmenschliche körperliche Über-
brückungsprozesse – Lachen und Weinen – einspringen und die
Krisen der hochgelegten Formen überbrücken.
Gehlens ›Der Mensch‹ (1940) im nationalsozialistischen
163 Man kann die Unterscheidung von Grundlegung und Durchführung der Philosophi-
schen Anthropologie so ordnen: Bei Scheler liegt 1927/28 eine Grundlegung vor, aber
die Durchführung des Theorieprogramms blieb insgesamt offen (abgesehen von der
Fundierung der metaphysischen und religiösen Disposition des Menschen); bei Plessner
liegt 1928 ebenfalls eine Grundlegung vor, der zwölf Jahre später eine erste Durchfüh-
rung folgte; in Gehlens ›Der Mensch‹ liegen Grundlegung und Durchführung in einem
Zug vor (wobei die Grundlegung gegenüber der von Scheler und Plessner abgekürzt ist).
164 G. Lehmannn, Die deutsche Philosophie der Gegenwart (1943), a. a. O., S. 505.
165 H. Schelsky, Der Pragmatismus (Besprechung von: Eduard Baumgarten, Der Prag-
und ›ist‹ ein anderer Mensch«. 166 Dieses Buch wird Plessner aus dem
Holländischen ins Deutsche übersetzen. Diese unabgesprochene,
echte Komplementarität der gleichzeitig gearbeiteten Gehlenschen
und Plessnerschen Neueinsätze zwischen Pragma und Pathik wird
zwar nicht die beiden Autoren zueinanderführen, aber dem Denk-
ansatz durch das weite Spektrum der konkreten Phänomenerschlie-
ßung, der paradigmatischen Bewährung am Paradigma – am Beispiel
–, in der Folge eine gewisse Überzeugungskraft verleihen.
Sieht man die Neueinsätze der Philosophischen Anthropologie
während der 30er und Anfang der 40er Jahre rein räumlich, so kom-
men zwei von ihnen – Rothackers und Gehlens – aus dem ›Dritten
Reich‹ und gewinnen in Hartmanns Band ›Systematische Philo-
sophie‹ zentrale Repräsentanz. Vom Rande her, aus dem Exil, kommt
Plessners neues Buch. Ebenfalls vom Rande her kommt, über-
raschend, nur leicht zeitversetzt, noch ein folgenreicher Neueinsatz.
Der Baseler Zoologe Adolf Portmann entwickelte genau in diesem
Zeitraum, Ende der 1930er, Anfang der 40er Jahre seine »basale An-
thropologie«, die er 1944 als ›Biologische Fragmente zu einer Lehre
vom Menschen‹ 167 in der Schweiz veröffentlichte und die wenige Jah-
re später nicht nur für die soziologische Öffnung der Philosophischen
Anthropologie bedeutsam werden wird.
168 Vgl. zu Portmann J. Illies, Adolf Portmann. Ein Biologe vor dem Geheimnis des
169 Dieses Motiv streicht Portmann jedenfalls 1944 in seinem Buch ›Biologische Frag-
mente zu einer Lehre vom Menschen‹, a. a. O., deutlich hervor, vgl. S. 123.
170 Ebd., S. 117.
175 H. André, Pleßners Ästhesiologie des Geistes. Ein neuer Zugang zur Philosophie der
Natur, a. a. O.. Zum Verhältnis von André und Plessner: H.-U. Lessing, Hermeneutik der
Sinne. Eine Untersuchung zu Helmuth Plessners Projekt einer ݀sthesiologie des Geis-
tes‹ nebst einem Plessner-Ineditum, Freiburg/München 1998.
176 Der Abschnitt über Plessners ›Einheit der Sinne‹ bei H. André, Urbild und Ursache
in der Biologie, a. a. O., S. 177–187. Er beruht auf H. André, Pleßners Ästhesiologie des
Geistes. Ein neuer Zugang zur Philosophie der Natur, a. a. O., S. 605–609.
177 F. J. J. Buytendijk, Anschauliche Kennzeichen des Organischen (1928), in: Ders., Das
178 A. Portmann, Zoologie und das neue Bild des Menschen. Biologische Fragmente zu
Neben dem Motiv, als Biologe angemessen über das Organische über-
haupt sprechen zu können, war es Portmanns zweites Motiv, zoo-
logisch adäquat über die Besonderheit des menschlichen Lebewesens
zu sprechen. Die verbreitete darwinistische Anthropologie legte den
Akzent auf die abstammungsgeschichtlichen Gemeinsamkeiten zwi-
schen Mensch und Menschenaffen und identifizierte, dem biogeneti-
schen Grundgesetz von E. Haeckel folgend, in der embryonalen Ent-
wicklung des Menschen eine rasche Abfolge von Halbaffen- und
Affenstadien, die bei der Geburt abgeschlossen ist. Portmann suchte
dagegen nach der zoologisch explizierbaren Eigenart des Menschen.
Er kannte die wichtigen Hinweise des holländischen Anatomen
L. Bolk Mitte der 20er Jahre, dass sich im Vergleich der tierischen
und menschlichen Entwicklungsverläufe Eigenarten des Menschen
gegenüber vergleichbaren Tieren als bleibend embryonal kenn-
zeichnen ließen; insofern sei als Sondergesetz des Menschen eine
»Fötalisation« und »Retardation« von entwicklungsmechanischen
Prozessen zu konstatieren. Auch gewann Portmann »wesentliche
181 1957 in einem Beitrag zur Plessner-Festschrift spricht Portmann diese Bezugnahme
direkt aus: A. Portmann, Die Erscheinung der lebendigen Gestalten im Lichtfelde, in:
K. Ziegler (Hrsg.), Wesen und Wirklichkeit des Menschen. Festschrift für Helmuth
Plessner, Göttingen 1957, S. 29–41, bes. S. 39.
182 Portmanns Lehre von der »Erscheinung« später ausgeführt v. a. in: A. Portmann,
183 A. Portmann, Vorwort, in: Ders., Zoologie und das neue Bild vom Menschen, a. a. O.,
S. 11.
184 A. Portmann, An den Grenzen des Wissens. Vom Beitrag der Biologie zu einem
Neue Zürcher Zeitung, 28. XII. 1941. In dem Buch von 1944 führt Portmann in den
Anmerkungen Gehlen und Plessner kurz an.
187 A. Portmann, Die biologische Bedeutung des ersten Lebensjahres des Menschen, in:
den. Sie hat den Menschen systematisch vom Feld der Natur aus als
Kulturwesen bestimmt – und dabei – im Medium seiner Kultur –
tatsächlich Sachaufschlüsse über seine Natur erreicht. Rothacker als
Kulturwissenschaftler erkannte in seinem Neueinsatz die unhinter-
gehbare mittlere Reichweite der auf Bilder angewiesenen mensch-
lichen Natur, Gehlen den ontogenetischen Selbstaufbau eines von
Natur gelockerten, riskierten Lebewesens, Plessner den in diese Na-
tur eingebauten Krisenmechanismus des Lachens und Weinens, Port-
mann als Zoologe die von Natur aus sozio-kulturelle ›Uterinität‹ die-
ses Lebewesens.
Von der Infrastruktur her handelt es sich selbst in diesem Jahr-
zehnt der abwesenden Pioniere um eine »Denk-›Schule‹« mit funk-
tionierendem Kommunikationsnetz. Philosophische Anthropologie
bleibt eine Gesellschaft konkurrierender Einzelgänger, von einander
wissend und vermittelt über Hinweise zusteckende, motivierende,
wachsame Dritte, die die Filiationen weitergeben. Buytendijks tier-/
menschenpsychologische Präsenz hielt die Anschauungsbasis der ge-
samten Richtung präsent, und Hartmann, Zeuge der Pionierleistun-
gen der 20er Jahre, initiierte Rothacker und Gehlen. Plessner, der den
Kontakt nie aufgab, schickte Hartmann und Rothacker aus Gronin-
gen 1941 sein neues Buch ›Lachen und Weinen‹, und nach Zögern,
reagieren sie noch 1942 190 , Rothacker ein Jahr später, 1943 191 , mit
Anerkennung. »Einmal«, schreibt Hartmann an Plessner, »werden
wir noch von Ihnen die lang erwartete Anthropologie zu lesen be-
kommen.« 192 Gleichzeitig verschlechterte sich Plessners Lebenslage
in den Niederlanden im Zuge der deutschen Besatzung dramatisch.
Zum Schutz von Freiheit und Leben musste er unter Annahme eines
falschen Namens und mit Hilfe eines falschen Passes untertauchen,
in einer Zeit, in der die Beschaffung der nötigsten Lebensmittel schon
für einen nicht diskriminierten Bürger äußerst schwierig war. Nur
durch niederländische Hilfe und durch Glück entging er der Depor-
tation und Vernichtung. Gleichzeitig setzte Gehlen seine staunens-
werte Karriere fort durch Berufung nach Wien und wurde in inter-
nen Gutachten der SS zu den Schlüsselphilosophen gezählt. Er
erhielt innerhalb des offiziellen Projekts »Studienführer« den Auf-
trag, den Studienführer Philosophie zu verfassen. Sein Manuskript
190 Hartmann an Plessner 15. 10. 1942, in: Nachlaß Plessner, Mappe 142.
191 Rothacker an Plessner 14. 10. 1943, in: Nachlaß Plessner, Mappe 143.
192 Hartmann an Plessner 15. 10. 1942, a. a. O.
193 Gehlen an Hartmann 31. 8. 1944, zit. n. K.-S. Rehberg, Anmerkungen des Heraus-
losophie, Jg. 18 (1944), wiederabgedr. in: Ders., Kleinere Schriften, Bd. I, Berlin 1955,
S. 215–244.
195 Vgl. H. Plessner, Unsere Begegnung, a. a. O., S. 336.
Von ferne gesehen erscheint der Zeitraum nach 1945 für die Bil-
dungsgeschichte der Philosophischen Anthropologie als Epoche der
Verstetigung und Entfaltung. Der Denkansatz konsolidiert sich, es
kommt zu weiteren Auskristallisationen, und vor allem beginnt eine
Wirkungsgeschichte in verschiedenen Disziplinen. Dennoch ereignet
sich diese Etablierung, die alles in allem gelingt, voller Spannungen,
Chancen und Risiken. Die Potenz des Denkansatzes war in der Zeit
nach 1945 allerdings unübersehbar. Mit der Rückkehr Plessners, der
akademischen Wiederbelebung Schelers, mit der Präsenz von Roth-
ackers und Gehlens Neueinsätzen, mit Portmanns Hinzutritt, war
für die Beteiligten, für Außenstehende wie für Ideengegner offen-
sichtlich, dass hier ein Ensemble da war, ein Textkorpus mit eigener,
entwicklungsfähiger Denkgestalt. Zugleich schossen um diesen
Denkansatz herum – auch in Antwort auf ihn – existenzphilosophi-
sche, idealistische, kritisch-dialektische und religiöse »Anthropo-
logien« wie Pilze aus dem Boden. Allerdings war diese Denkgestalt
der Philosophischen Anthropologie intern extrem gefährdet. Obwohl
realgeschichtlich eine Denk-›Schule‹ vorliegt, kommt es auch jetzt
nicht zu einer sichernden Schulbildung. Das hat zu tun mit der Span-
nung zwischen den Protagonisten Gehlen und Plessner, die den seit
Beginn 1928 bestehenden Konflikt nun überlagert und fortsetzt. Zu-
dem erfolgt – freiwillig-unfreiwillig – beider früher Übergang von
der Philosophie zur Soziologie, was – im Anschluss an die Scheler-
sche Fächerkombination in Köln – dem Denkansatz Chancen er-
schließt, weil er sich einem neuen Erfahrungsfeld öffnet, und Risiken
aussetzt, weil sich durch die Preisgabe der philosophischen Lehre und
Forschung seine philosophische Präsenz schwächt. Da der Denk-
ansatz aufgrund der eingebauten Spannung seine eigene kontinuier-
liche Repräsentation nicht hervorbringt, ist er wie eh und je auf Drit-
te angewiesen, die nicht dazu gehören, sich aber um ihn kümmern.
Anders als zu Beginn hat der Denkansatz mit den neuen Generatio-
nen von Dritten kein Glück. Dennoch, trotz der Disparatheit und
ausbleibender Schulbildung kommt es zu einer Wirkungsgeschichte
– der Denkansatz springt auf andere Köpfe über, nicht nur in der
Soziologie, sondern auch in der Psychologie, der Biologie, der Phi-
losophie. Wenn sich allerdings Gehlen und Plessner 1975, kurz vor
dem Ende, an Scheler und seine Philosophische Anthropologie rück-
erinnern, wird der Denkansatz schon, bereits zersetzt durch Kritik
Die Zeit von 1945 bis 1950 ist für die Philosophische Anthropologie
die Zeit voller Turbulenzen – zwischen Emigranten und im national-
sozialistischen Deutschland Tätigen, zwischen den Disziplinen. Es ist
die Zeit der Möglichkeiten und Weichenstellungen.
Bedeutsam für die Philosophische Anthropologie bis 1950 wird,
dass Göttingen nicht das Zentrum der Philosophischen Anthropolo-
gie wurde, das es hätte werden können. Obwohl schon greifbar nahe,
wurde Helmuth Plessner nicht der Nachfolger Nicolai Hartmanns
auf dessen philosophischem Lehrstuhl in Göttingen, von dem aus er
die Philosophische Anthropologie hätte entfalten können. Die reale
Möglichkeit dafür bestand, als Herbert Schöffler, Plessners Freund
aus Kölner Tagen, 1944/1945 Dekan der Philosophischen Fakultät in
Göttingen war. Schöffler betrieb mit äußerster Energie und Findig-
keit den Plan, er – international bekannter Anglist – könne in der
britischen Zone im unzerstörten Göttingen in der Philosophischen
Fakultät den Geist neu verorten. Dank seiner Regiekünste war Hart-
mann, den er ebenfalls aus dem Köln der 1920er Jahre kannte, schon
Sommer 1945 von Berlin nach Göttingen gewechselt. Schöffler ver-
suchte auch G. Misch, O. F. Bollnow, H. Freyer zu holen. Schöffler
war der einzige aus der Kölner Zeit, der Plessner durch die bitteren
Jahre beständig die Treue gehalten hatte. In einem langen Brief vom
14. 11. 1945 stützt er seine Aufforderung an Plessner, aus dem Exil
sofort nach Göttingen zu kommen, mit einer Vision: »Ich will, daß
Sie einmal der Nachfolger Nicolai Hartmanns sind. […] Sie sollen in
4 Jahren seinen Lehrstuhl haben« – also nach dessen Emeritierung.
Für die Zwischenzeit bietet er ihm ein Ordinariat für Soziologie an.
In jedem Fall: »In wenigen Jahren die Nachfolge Hartmanns, der Sie
will. […] Damit haben Sie das nach dem Ausscheiden Heideggers
(vor 3 Wochen) bedeutsamste Ordinariat aller vier Zonen Deutsch-
lands.« 1 Noch im selben Brief – den er einige Tage liegen lässt –
kritzelt er am 17. 11. korrigierend zum soziologischen Ordinariat
hinzu: »Es muß an Freyer fallen. Freyer heute hier eingetroffen«. 2
Der 53jährige Plessner zögert – bei aller Dankbarkeit für die Vision:
»Wenn ich nicht mit beiden Händen zugreife, hat das […] seinen
6 Plessner wird 1955 Schöfflers in »Das Reich«, einer von J: Goebbels initiierten Wo-
10 Ebd., S. 59.
Arnold Gehlen befand sich in einer anderen Lage. 1945 hatte er wie
alle ›reichsdeutschen‹ Professoren in Österreich den philosophischen
Lehrstuhl verloren. Belastet durch seine Vergangenheit, konnte Geh-
len nicht mehr auf einen der großen philosophischen Lehrstühle in
den Besatzungszonen gerufen werden. Von den von Gehlen besorg-
ten Enlastungsgutachten im Entnazifizierungsverfahren hatte ver-
mutlich das von N. Hartmann Gewicht, der urteilte: »Das anthro-
pologische Hauptwerk […] enthält nicht nur keine Bestätigung der
Vorrangstellung irgendeiner Rasse, sondern geht überhaupt auf das
damals beliebte Rassenproblem gar nicht ein; es entwickelt auf brei-
ter biologischer Basis nichts als den allgemeinen Begriff des Men-
schen.« 14 Schon 1946/47 ergriff Gehlen die Gelegenheit, an der von
der französischen Militärregierung – nach dem Vorbild der ›écoles‹,
der französischen ›hohen Schulen‹ – gegründeten Hochschule für
Verwaltungswissenschaften in Speyer den Lehrstuhl für Soziologie
(und Psychologie) zu übernehmen. Diese Option Gehlens war bereits
vorgebildet durch die Assistenz in Hans Freyers Leipziger Institut für
Soziologie Anfang der 30er Jahre und durch seine konsequente Ent-
wicklung von der Subjektivität zur Blickdistanz auf das Objekt, ver-
bunden mit der in seiner Anthropologie sichtbaren Aufgeschlossen-
heit für die Resultate empirischer Forschung. Als ordentlicher
15Der Aufsatz von H. Schelsky, Zum Begriff der tierischen Subjektivität, in: Studium
Generale, Jg. 3 (1950), S. 102–116, dokumentiert seine explizite Kenntnis der Philoso-
phischen Anthropologie.
lich in der Welt situiert. Weil sich der Mensch aber, kraft seiner ihm
eigenen Motorik, sich zu sich selbst bewegen und verhalten könne –
»er tritt sozusagen hinter sich« – durchbreche er den Sinneszirkel,
insofern er die sinnlichen Qualitäten als Modi der Begegnung zwi-
schen ihm und der Welt gestalte. Der Mensch müsse dabei die Ver-
schiedenartigkeit der Sinnesqualitäten – vor allem des Sehens und
des Hörens – in der Verschiedenartigkeit der Bewegungsformen ent-
decken, die sie ermöglichen – das Handeln entlang des distanzierten,
punktgenauen Sehens einerseits, das mitschwingende, tanzende Mit-
gehen im Hören andererseits. In der Differenz und Einheit der Sinne
erreiche der Mensch erst ein volles »Verstehen« der in die Sinnes-
qualitäten durchscheinenden objektiven Welt. Wichtig für Plessner
war, dass er hier mit seiner Idee einer Philosophischen Anthropologie
eine dialogisch-kritische Resonanz vor Ort erfuhr, was in einem Be-
richt über den Kongress ausdrücklich vermerkt wurde. Vor allem aus
der »Göttinger Schule Nicolai Hartmanns« sei eine regelrechte
Gruppe jüngerer Philosophen zwischen dreißig und vierzig aufgetre-
ten – u. a. Hermann Wein, Bruno Liebrucks, Ingetrud Pape –, »die
sich in der auf hohem Niveau geführten Diskussion über den er-
kenntnistheoretischen Vortrag des 1933 nach Groningen emigrierten
Philosophen Plessner so ausgezeichnet schlugen, dass Plessner selbst
sich höchst überrascht bekannte«. »In sehr subtilen Analysen, die
Plessner z. T. im Gespräch mit seinen Interpellanten entwickelte«,
kam heraus, dass Wahrnehmung immer mehr als bloßes Sinnesma-
terial, nämlich ein »Situationsverständnis« enthalte. Dadurch bewe-
ge sich eine »Anthropologie der Erkenntnis« gerade zwischen der
»intentio recta und der intentio obliqua«, also der Alternative zwi-
schen realistischem Kontakt und nominalistischer Konstruktion der
Erkenntnis 22, zwischen Positionalität und Exzentrizität.
Wichtig für das weitere Schicksal der Philosophischen Anthro-
pologie konnte nun werden, dass Plessner hier mit seinen Vorstößen
zwischen Existenzphilosophie und Ontologie bei jüngeren Philoso-
phen Resonanz fand. Aus den produktiven 20er Jahren kommend,
vertrat er, unbelastet, etwas Neues, Interessantes. Der 37jährige
H. Wein zum Beispiel, Hartmann-Schüler noch aus Berlin, schließt
sich dicht an Plessner an. Wein, der über das Problem des Relativis-
22k. k., Eine Hoffnung gewinnen. Vorträge und Diskussionen des Mainzer Philoso-
phen-Kongresses, in: Allgemeine Zeitung, 4. 8. 1948.
losophie der letzten Jahre, in: Forschungen und Fortschritte, Jg. 20 (1944), S. 63–68. Zu
Weins akademischer Stellung im Nationalsozialismus vgl. Ch. Tilitzki, Die deutsche
Universitätsphilosophie in der Weimarer Republik und im Dritten Reich a. a. O.,
S. 863–867.
25 H. Wein, Tierpsychologie und philosophische Anthropologie, in: Philosophia Natu-
Naturphilosophin H. Conrad Martius brieflich zur Rede stellt: »In der Tat […] hat mich
die beharrliche Verschweigung meines Namens in Ihren Arbeiten nach 1928/29 (es
handelt sich ja nicht um Ihr letztes Buch allein) gewundert und peinlich berührt.
Schließlich war meine Kategorienanalyse des Organischen, entworfen auf Ontologie
der Positionalität, der Anfang, wobei ich mir der Vorläufer nicht nur bewußt war, son-
dern sie auch allemal ehrlich genannt habe. Erst nahm ich an, Sie seien durch die von
beiden Witwen Schelers ausgestreuten Gerüchte beeinflusst gewesen: ich hätte Scheler-
sche Ideen publiziert. Aber da die wissenschaftliche Welt den Gerüchten keinen Glauben
schenkte, konnte ich mir nach 1933 Ihr Verhalten nur aus ›politischen‹ Rücksichten
erklären. So haben sich ja sehr viele deutsche Gelehrte benommen: mein Werk wurde,
z. B. bei Woltereck, Feyerabend, später bei Gehlen u. a. totgeschwiegen.« H. Plessner an
H. Conrad-Martius, 6. 12. 1948, Nachlass Conrad-Martius.
27 So jedenfalls E. Rothacker, Philosophische Anthropologie (Vorlesung WS 53/54),
ners ›Lachen und Weinen‹. E. Rothacker, Exzentrische Position des Menschen, Bespre-
chung: H. Plessner, Lachen und Weinen, 2. Aufl. 1950, in: Deutsche Universitätszei-
tung, Jg. 7 (1952), S. 18–19. Anfang der 50er Jahre machten sie zusammen mit ihren
Ehefrauen eine Sizilienreise (Auskunft Monika Plessner).
Gehlen damit fertig werden musste, dass mit Plessner einer der Pio-
niere der Philosophischen Anthropologen von 1928 zurückgekehrt
war, und Plessner einsehen musste, dass Gehlen inzwischen ein in
seiner Qualität anerkanntes, weit verbreitetes Buch geschrieben hat-
te, das eben dieser Traditionslinie wie kein anderes zur Resonanz ver-
half – gerade auch indem es zentrale Theoreme von ihm – Plessner –
in verwandelter Form aufgenommen hatte: Die »Gleichgewichts-
losigkeit« der exzentrischen Position und »Hälftenhaftigkeit« dieser
Lebensform« im Begriff des »Mängelwesen«, das Gesetz der »natür-
lichen Künstlichkeit« im Begriff der sachbezogen »Zucht« und stabi-
lisierenden Disziplinierung des instinktunsicheren Lebewesens.
1949, das ist das gleiche Jahr, in dem Gehlen – jetzt seit zwei Jahren
eingearbeitet in die Soziologie – seinen ersten soziologischen Auftritt
mit der aus dem Hintergrund seiner Anthropologie gearbeiteten Di-
agnostik der modernen Industriegesellschaft hat. 38 Zugleich bereitet
Gehlen die entscheidende Umarbeitung der neuen, 4. Auflage seiner
Anthropologie vor. Im Zeitraum seit 1945 verdichtet sich ein euro-
päischer Diskurs anthropologischen Philosophierens. Aus Frankreich
kommen die beiden bereits Anfang der 1940er Jahre erschienenen
Werke von J. P. Sartre und M. Merleau-Ponty, die ihre differenzier-
ten Existential-Analysen zur menschlichen Situation leibphäno-
menologisch in einer Lehre des »corps propre«, der leiblichen Be-
findlichkeit in der Welt fundieren. 39 In seinem Brief ݆ber den
35 H. Plessner, Der kalte Krieg, in: Göttinger Universitätszeitung, Jg. 4, Nr. 17, 1949,
S. 1–3. Ders., Die Friedenschance. Hemmende Kräfte im Kalten Krieg, a. a. O., Nr. 18,
1949, S. 5–6.
36 Zu Plessners akademischer Existenz als Remigrant vgl. C. Dietze, Kein Gestus des
gen 1949.
39 J. P. Sartre, Das Sein und das Nichts, Hamburg-Reinbek 1962 (L’étre et le néant
1943). – M. Merleau-Ponty, Die Struktur des Verhaltens, Berlin-New York 1976 (La
structure du comportement 1942). – Beide verdankten vermutlich Scheler und Plessner
indirekt einige Anregungen, vermittelt über G. Sterns (Anders) Aufsatz zur ›Pathologie
der Freiheit‹, der zentrale Theoreme der Philosophischen Anthropologie reformulierte
und 1936 im selben Heft der Recherches Philosophiques erschien wie Sartres früher
Aufsatz ›La transcendance de l’Ego‹. M. Lohmann, Philosophieren in der Endzeit,
a. a. O., S. 151. Das entspricht Plessners 1965 geäußerter eigener Vermutung: »Bei Sar-
tre […] und Merleau-Ponty finden sich manchmal überraschende Übereinstimmungen
mit meinen Formulierungen, so daß nicht nur ich mich gefragt habe, ob sie nicht viel-
leicht doch die ›Stufen‹ kannten.« H. Plessner, Vorwort zur 2. Auflage, Die Stufen des
Organischen und der Mensch, a. a. O., S. XXIII.
40 M. Heidegger, Über den Humanismus, Frankfurt a. M. 1949, S. 13.
41 Ebd., S. 19.
42 Ebd., S. 13 f.
1948. – Ders., Die Sonderstellung des Menschen im Reiche des Lebendigen, Wiesbaden
1948.
Überbrückung der Forscher durch die Anthropologen ist eine schöne Idee.«
47 H. Wein an Plessner 28. 11. 1949, Nachlaß Plessner, Mappe 143.
48 »Überdies fällt der Kongreß in die Zeit, die für mich seit Jahren auf unserer Hütte die
beste u. stillste ist.« M. Heidegger an Plessner 15. 4. 1950, Nachlaß Plessner, Mappe 123.
49 J. Stallmach, Gegenwärtiges Philosophieren, in: Deutsche Universitätszeitung, Jg. 5
für Philosophie. Bremen 1950. Im Einvernehmen mit der Allgemeinen Gesellschaft für
Philosophie in Deutschland bearbeitet v. I. Pape u. W. Stache, München 1952.
53 Ebd., S. 346.
54 Ebd., S. 352.
Vier Tage nach dem Kongress, den er ermöglicht hatte, ohne mehr
an ihm teilnehmen zu können, starb Nicolai Hartmann, 68-jährig. 55
Es war genau das Jahr, das Schöfflers Vision 1945 für Plessners Über-
nahme des Hartmann-Lehrstuhls vorgesehen hatte. Aber für Pless-
ner kam jetzt der Tod Hartmanns zu rasch. Plessner war, obwohl er
den Soziologie-Lehrstuhl in Göttingen angenommen hatte, noch
nicht vor Ort, sondern saß noch in Groningen. Über die Nachfolge
Hartmanns wurde innerhalb eines Monats entschieden. Plessner
plante – in Absprache mit Josef König 56 eine Intervention, vermittelt
über Misch. 57 Beide – König und Plessner – sollten Lehrstühle an der
philosophischen Fakultät haben, zusammen Direktoren des Göttin-
ger philosophischen Seminars sein; König mit philosophischem,
Plessner mit soziologischem Schwerpunkt. Möglicherweise schwebte
Plessner eine Lösung wie Horkheimer/Adorno in Frankfurt vor.
Aber Plessners Freundesplan klappte nicht. Die Dilthey-Schule 58,
v. a. in Gestalt des einflussreichen Pädagogen Hermann Nohl, ver-
handelte die Plessner-Idee gar nicht, sondern setzte Misch-Schüler
auf die Liste, neben Josef König auch O. F. Bollnow, außerdem noch
55 W. Trillhaas, Nicolai Hartmann. Rede des Göttinger Rektors bei der Beisetzung am
12. Oktober 1950, in: Deutsche Universitätszeitung, Jg. 5 (1950), S. 5–6.
56 Vgl. Brief König an Plessner, Hamburg undatiert, nach 1950, Nachlaß Misch. (!) »Ich
hatte Dir ja schon vor anderthalb Jahren, als die Frage in weiter Ferne schwebte und ich
ernstlich gar nicht mit dem Rufe rechnete, auf Deine Anfrage hin geschrieben, daß ich
nichts gegen Deine Mitdirektorenschaft einzuwenden hätte. Dies habe ich dann noch
einmal wiederholt, als Du vor Monaten hier warst.«
57 G. Misch an Plessner 16. 12. 1950, Nachlaß Misch. »Auf den von uns gemeinsam
entworfenen Brief habe ich keine Antwort bekommen, überhaupt nichts von den Mit-
gliedern der Kommission gehört.«
58 Die Göttinger Dilthey-Schule war im Kern eine teilweise durch Schülerschaft, teil-
59 H. Wein an Plessner 17. 11. 1950, Nachlaß Plessner, Mappe 143. »Lieber Herr Pless-
ner! Gestern die Neubesetzung [des Hartmann-Lehrstuhls] vor dem Plenum! Ihm wur-
de folgendes vorgeschlagen: der Hamburger [J. König,], der Mainzer [O. F. Bollnow.
J. F.] und der Rittersche Münsteraner [J. Ritter] – ohne Rangordnung. (›uns alle drei
gleich lieb […], die Besten, die wir finden können‹ Nohl) […] In der Kommission hat
man von Ihnen nicht mehr gesprochen.«
60 König an Plessner, Hamburg undatiert, nach 1950, Nachlaß Misch.
61 J. König an Plessner, ebd.: »Du darfst mir glauben, daß ich sehr wohl einsehe […], wie
misslich es für Dich ist, nicht auf einem philosophischen Lehrstuhl zu sitzen, und ich
begreife vollkommen Deinen Wunsch, das zu ändern.«
62 A. Gehlen, Der Mensch. Seine Natur und seine Stellung in der Welt, 4. Aufl. Bonn
1950.
63 Ebd., S. 128.
64 Ebd., S. 90.
gisch aufzuschließen. Wichtig wird ihm dabei die Theorie des ame-
rikanischen Sozialpsychologen G. H. Mead, dessen kommunikati-
onsphilosophisches Theorem – »to take the role of the other« – er
ausdrücklich übernimmt. 65 Meads Sozialtheorie wird damit erstmals
in die deutschsprachige Philosophie mit einbezogen. Allerdings geht
Gehlen nicht so weit, nun die »kommunikative Erfahrung«, die er
schon 1940 in den Tasterfahrungen zwischen Kind und Dingen be-
schrieben hatte, aus der Sozialerfahrung, aus dem Faktum der Sozia-
lität abzuleiten. Umgekehrt formuliert er im Anschluss an die schon
in der ersten Fassung eingebauten Beobachtungen zu »frühkind-
lichen Gesamtversetzungen und Nachahmungsspielen« die These,
»dass die Phantasie ganz eigentlich das elementare Sozialorgan
ist.« 66
Im Zusammenhang mit der Sprache als Vermittlung zwischen
Innenwelt und Außenwelt fügt Gehlen das Referat von Plessners
›Stufen‹ ein. »H. Plessner hat in dem Buch ›Die Stufen des Organi-
schen und der Mensch‹, 1928, eine philosophische Untersuchung
über das Wesen der Pflanze, des Tieres und des Menschen vor-
gelegt.« 67 Gehlen referiert auf zwei Seiten sehr präzis, auf die phi-
losophische Begrifflichkeit Plessners wertlegend, die Verschiedenheit
von »zentrischer« und »exzentrischer Positionalität«. Aus dieser
Stellung des Menschen lasse Plessner die dreifache Charakteristik
dieser Position als Körper, Seele und Ich einerseits, und im Welt-
verhältnis als Außenwelt, Innenwelt und Mitwelt andererseits her-
vorgehen. »So wie der exzentrische Organismus nichtraumhaft,
nichtzeithaft, nirgends gestellt, auf Nichts gestellt ist, so steht das
Außending in der ›Leere‹ relativer Örter und Zeiten.« Ein bisschen
verwandelt Gehlens Darstellung Plessners Ansatz in den ›unwirk-
lichen Geist‹, den er selbst einst in seiner Entwicklung überwunden
hatte. Ausdrücklich erwähnt er, dass im Werk von 1928 das Mensch-
sein für Plessner an »keine bestimmte Gestalt gebunden« sei; »phy-
sische Merkmale der menschlichen Natur haben daher nur einen em-
pirischen Wert«. Nachdem er abschließend vorgeführt hat, wie
Plessner die Sphäre des Geistes als Sphäre der »Mitwelt« dialektisch
65 Ebd., S. 181. – G. H. Mead, Geist, Identität und Gesellschaft aus der Sicht des Sozial-
behaviorismus, Frankfurt a. M. 1973. (Gehlen bezieht sich auf G. H. Mead, Mind, Self
and Society, 6. Aufl. 1947.)
66 A. Gehlen, Der Mensch, a. a. O., S. 345.
67 Ebd., S. 280.
68 Ebd., S. 412–438.
69 Gehlen bezieht sich auf den französischen Rechtstheoretiker M. Hauriou, La Theorie
de l’Institution et de la Fondation, Paris 1925. Deutsch: Ders., Die Theorie der Institu-
tion und der Gründung (Essay über den sozialen Vitalismus), in: Die Theorie der Insti-
tution und zwei andere Aufsätze von Maurice Haurion, hrsg. v. R. Schnur, Darmstadt
1965, S. 27-66..
70 Th. Ballauf, Der Mensch. Seine Natur und seine Stellung in der Welt. Zu dem gleich-
namigen Werk von Arnold Gehlen, (4. Aufl. Bonn: Athenäum-Verlag 1950), in: Zeit-
schrift für philosophische Forschung, Jg. 6 (1951/52), S. 566–593 (mit ausführlicher
Dokumentation der Auseinandersetzung um Gehlens Anthropologie seit 1940). – Th.
Haering, Zu Gehlens Anthropologie, ebd., S. 593–598. – A. Mahn, Über die philosophi-
sche Anthropologie von A. Gehlen, ebd., S. 71–93.
Parallel bringt Plessner 1950 die 2. Auflage von ›Lachen und Weinen‹
heraus, das die interessierte Kritik von G. v. d. Leeuw, L. Binswanger,
H. Kunz und A. Portmann gefunden hatte. In seinem Vorwort betont
er denselben Punkt wie Gehlen. Gegen idealistische Einwände hält er
an seinem Begriff der ›exzentrischen Positionalität‹ fest, »da er auch
die körperliche Daseinsweise des Menschen mit zur Anschauung
bringen will, für welche die Möglichkeit, von ihr Abstand zu nehmen
– und damit den Weg der Organbeherrschung bis ans Ziel der totalen
Selbsthabe einzuschlagen –, als konstitutiv auch in ihren scheinbar
rein somatischen Äußerungen nachgewiesen werden soll.« Aus An-
lass einer methodischen Kritik L. Binswangers grenzt er Philosophi-
sche Anthropologie zugleich gegenüber der Leibphänomenologie ab:
»Binswanger hat völlig recht: die rein phänomenologische Da-
seinsanalyse muss Begriffe wie ›das Verhalten zum Körper‹ als der
Selbstdeutung des Menschen nicht entnommene ›Konstruktionen‹
ablehnen.« Diese phänomenologische Daseinsanalyse oder Existenz-
phänomenologie als »im Horizont des Daseins selbst sich haltende,
zum vollen Daseinssinn sich aufschließende Beschreibung des Da-
seins« erreicht – so Plessner – bloß die »Explikation des Selbstver-
ständlichen. Auch bei Sartre und Merleau-Ponty sind ähnliche Ten-
denzen sichtbar. Ein Phänomen begreifen, heißt in dieser Dimension,
es in seinen ursprünglichen Sinnverband zurücknehmen.« Dem-
71 A. Gehlen, Stellungnahme zu den Hauptsachen (1951/52), in: Ders., Studien zur An-
thropologie und Soziologie, Neuwied 1963, S. 140–148.
72 Gehlen an Rothacker 6. 9. 1950, Nachlass Rothacker.
mann vorgesehen: H. Heimsoeth/R. Heiß (Hrsg.), Nicolai Hartmann. Der Denker und
sein Werk, Göttingen 1952. Plessners Beitrag ›Offene Problemgeschichte‹ erschien im
Band, der von Gehlen vorgesehene ›Hartmanns Anthropologie‹ aber nicht. (Vgl. das
Typoskript der ersten Gliederung des Bandes durch H. Heimsoeth im Plessner-Nach-
lass).
3 H. Wein, Zwischen Philosophie und Erfahrungswissenschaften, in: J. Moras/
H. Paeschke (Hrsg.), Deutscher Geist zwischen gestern und morgen. Bilanz der kultu-
rellen Entwicklung seit 1945, Stuttgart 1954, S. 248–261.
4 Ebd., S. 259 f.
5 R. Guardini, Welt und Person. Versuch zur christlichen Lehre vom Menschen, Würz-
burg 1939.
6 A. Dempf, Theoretische Anthropologie, München 1950.
8 Th. Litt, Mensch und Welt. Grundlagen einer Philosophie des Geistes, München 1948.
9 H. Lipps, Die Wirklichkeit des Menschen, Frankfurt a. M. 1954.
Frankfurt a. M. 1949.
11 J. P. Sartre, Ist der Existentialismus ein Humanismus?, Zürich 1947.
12 A. Camus, Der Mensch in der Revolte. Essays (1951), Hamburg 1953.
14 J. Ortega y Gasset, Vom Menschen als utopischem Wesen. 4 Essays, Stuttgart 1951.
17 E. Fromm, Man for himself. An inquiry into the psychology of ethics, New York
1947.
18 E. Bloch, Das Prinzip Hoffnung. Erster Band, Berlin 1954.
schichte und Gegenwart (1955), 4. überarb. u. erw. Aufl. Berlin/New York 1976.
21 M. Landmann, De Homine. Der Mensch im Spiegel seines Gedankens, v. M. Land-
Vor diesem Hintergrund kommt es nun in den 50er Jahren zur rela-
tiven Erfolgsgeschichte der Philosophischen Anthropologie, wobei
das nicht nur die Geschichte Gehlens und Plessners ist, sondern der
Denkansatz als vielköpfige akademische und öffentliche Ideenbil-
dung in Erscheinung tritt.
Bedeutsam für die Konsolidierung der Philosophischen Anthro-
pologie ist vor allem die volle Entfaltung Adolf Portmanns im diskur-
siven Ensemble. Sein Beitrag einer ›Biologie auf neuen Wegen‹ 24 sta-
bilisiert den Denkansatz erheblich, weil sich mit Plessner wie Gehlen
und Rothacker die Protagonisten des Ansatzes gleichermaßen positiv
auf sie bezogen. Seine Sicht auf das »extra-uterine Frühjahr« ver-
anlasste auch andere Denkrichtungen zum Aufmerken, wie Jaspers
und Heidegger. 25 Seit 1956 zieht Portmann mit der Neuveröffent-
lichung seines Buches von 1944 als Band 20 von ›Rowohlts deutscher
Enzyklopädie‹ unter dem Titel ›Zoologie und das neue Bild vom
Menschen‹ 26 seine Bahn in der Öffentlichkeit. Portmanns Buch ist
deshalb für die Entfaltungsgeschichte des Denkansatzes bedeutsam,
weil hier öffentlich ein Zoologe, von der unhintergehbaren Eigenart
23 So die Besprechung des 2. Bandes der Werkausgabe (Vom Umsturz der Werte), in: St.
Gallener Tagblatt, 21. 1. 1956.
24 A. Portmann, Biologie auf neuen Wegen, in: J. Moras/H. Paeschke (Hrsg.), Deut-
scher Geist zwischen gestern und morgen. Bilanz der kulturellen Entwicklung seit 1945,
Stuttgart 1954, S. 172–188.
25 Durch Vermittlung von Heideggers Schüler und Freiburger Nachfolger Wilhelm Szi-
lasi, der mit Portmann befreundet war, kam es zwischen Portmann und Heidegger zu
einigen langen Diskussionen. J. Illies, Das Geheimnis des Lebendigen. Leben und Werk
des Biologen Adolf Portmann, München 1976, S. 187 f. Heidegger schrieb an Portmann
28. 2. 1949: »Ich bin froh, Ihr schönes Buch zu besitzen. […] Das große Forschungsresul-
tat werden die meisten zunächst übersehen. […] Mitten durch geht die Anstrengung,
unversehens eine andere Weise des Sehens auszubilden, d. h. an einem gewandelten
Verhältnis zur Welt mitzubauen, ohne den eigentlichen Bauherren genau zu ken-
nen […]«. Zit. n. H. Müller, Philosophische Grundlagen der Anthropologie Adolf Port-
manns, Weinheim 1988, S. VIII.
26 A. Portmann, Zoologie und das neue Bild vom Menschen. Biologische Fragmente zu
27 A. Portmann, Entläßt die Natur den Menschen? Gesammelte Aufsätze zur Biologie
und Anthropologie, München 1970. – Ders., Vom Lebendigen. Versuche zu einer Wis-
senschaft vom Menschen, Frankfurt a. M. 1973.
28 R. König, Soziologisch wichtige Bücher aus Rowohlts Deutscher Enzyklopädie, in:
(Hrsg.), Wesen und Wirklichkeit des Menschen. Festschrift für Helmuth Plessner,
a. a. O., S. 29–41.
31 A. Portmann, Transparente und opake Gestaltung, in: Rencontre/Encounter/Begeg-
32 H. Arendt, Vita activa oder Vom tätigen Leben (1958), München 1967, S. 8 f., S. 15. –
Vgl. zu diesem Buch auch die zustimmende Rezension von Arnold Gehlen: Vom tätigen
Leben, in: Merkur Jg. 15 (1961), S. 482–486.
33 H. Jonas, Das Prinzip Leben. Ansätze zu einer philosophischen Biologie, 3. Kap.,
tigt durch die Vorstöße von Portmann: »Ich erinnere mich aber, daß
Karl Jaspers zu mir sagte: ›Wissen Sie, das wirklich Interessante, was
heute vorgeht, wovon der Philosoph Kenntnis nehmen muß, das geht
nicht in der Philosophie vor, das geht bei einzelnen Naturwissen-
schaftlern vor, zum Beispiel Adolf Portmann‹«. 35 Portmann führt
auch – sozusagen stellvertretend für den Ansatz – die Auseinander-
setzung um die in den 50er Jahren intensiv diskutierte anthropologi-
sche Evolutionstheologie Teilhard de Chardins: Anerkennung für die
biologisch gearbeitete Beobachtung, dass in der Evolution die »Inte-
riorité oder Innerlichkeit, wie Teilhard de Chardin es nennt« zu-
nimmt, aber von einer »basalen Anthropologie« (Portmann) oder
»aufschließend-exponierenden« Anthropologie (Plessner) her mit
Reserve gegenüber der theologischen Gesamtdeutung dieses christ-
lichen Evolutionsdeuters. 36
38 F. J. J. Buytendijk, Der Geschmack, in: K. Ziegler (Hrsg.), Wesen und Wirklichkeit des
Buytendijk schrieb auch ein Buch über ›Die Frau. Natur – Er-
scheinung – Dasein‹ 39 , also eine – auch vor dem Hintergrund von
S. de Beauvoirs existenz-historischem Werk ›Le deuxième sexe‹
(1949) verfasste – Studie über die Unterschiede der Geschlechter, de-
ren methodisch »phänomenologisch-anthropologischen« Charakter
V. E. v. Gebsattel in seinem Vorwort hervorhob. Um »das Verhältnis
der Frau zum eigenen Körper« zu klären, greift Buytendijk »auf den
Grundsatz der philosophischen Anthropologie zurück, dass der
Mensch nie, wie das Tier, ›natürlich‹ ist. Der Mensch deckt sich nie
mit dem, was er von Natur ist: diesem Körper.« Und im expliziten
Rückbezug auf Plessners ›Stufen des Organischen‹ und ›Zur Anthro-
pologie des Schauspielers‹ bemerkt Buytendijk über »das Verhältnis
des Menschen zum eigenen Körper«: »Das Zufällige des Körpers ist
zwar das Los, das er in der Lotterie des Lebens gezogen hat; es wird
aber sein eigenes Los erst durch die Art und Weise, wie es angenom-
men, von ihm selbst übernommen wird. Erst in dieser Stellungnah-
me ist der Mensch selbst gegenwärtig und nimmt er eine Stellung
anderen gegenüber ein, sieht sie an und weiß sich auch gesehen.«
Zum »biologisch-physiologischen Gesichtspunkt […] der Konstituti-
on des Körpers« tritt vermittelt über den »anthropologischen Ge-
sichtspunkt« »der Distanz des Menschen zu sich selbst« der »sozio-
logische Gesichtspunkt«: »Während er aber den eigenen Körper mit
allem, was dazu gehört, […] als Teil der Situation annimmt, die sein
Dasein umschließt, konstituiert er sich zugleich immer als Glied
einer bestimmten Gruppe.« Insofern »ist das Verhältnis zum eigenen
Leib durch den Blick des Anderen bedingt, durch den der Mensch, der
sich angeblickt – angesprochen, angerührt – weiß, auf sich selbst zu-
rückgeworfen wird und so in besonderer Weise die eigene Leiblich-
keit erlebt.« 40 »Wir werden darum bei der Frage nach dem Verhältnis
der Frau zum eigenen Körper vor allem von der Distanz des Men-
schen zu sich selbst ausgehen.« Und Buytendijk fährt fort: »Es ist
eines der zweifellosen Verdienste von Simone de Beauvoir, daß sie,
neben vielen ressentimenterfüllten Auslassungen, so nachdrücklich
darauf hingewiesen hat, daß die Frau den ›Zugriff‹ auf die Welt nur
39 F. J. J. Buytendijk, Die Frau. Natur, Erscheinung, Dasein, Köln 1953. – Bereits 1924
erwähnte Plessner Buytendijks Beschäftigung mit dem »Wesensunterschied von männ-
lich und weiblich«, in: H.-U. Lessing/A. Mutzenbecher (Hrsg.), Josef König/Helmuth
Plessner. Briefwechsel 1923–1933, a. a. O., S. 43.
40 F. J. J. Buytendijk, Die Frau, a. a. O., S. 269.
41Ebd., S. 276.
42H. Plessner, Unsere Begegnung, in: Rencontre/Encounter/Begegnung. Contributions
à une psychologie humaine dédiées au F. J. J. Buytendijk, Utrecht/Antwerpen 1957,
44 Erwin Straus, Geschehnis und Erlebnis, Berlin 1930 – Ders., Vom Sinn der Sinne,
Berlin 1935.
45 Vgl. F. J. J. Buytendijk, Mensch und Tier. Ein Beitrag zur vergleichenden Psychologie,
1956 und 1960 in Vorlesungen unter den Titeln »Die Animalität, der
menschliche Leib, Übergang zur Kultur« in Auseinandersetzung mit
der deutschsprachigen Bioanthropologie (J. v. Uexküll, A. Portmann,
K. Lorenz) die Problematik des Verhältnisses von »Natur und Le-
benswelt«. 47
In diesem europäischen Bezugsfeld sich bewegend, legte Buy-
tendijk sein 1949 fertiggestelltes anthropologisches Hauptwerk 1956
auch auf deutsch vor: ›Allgemeine Theorie der menschlichen Hal-
tung und Bewegung‹, methodisch gearbeitet als »Verbindung und
Gegenüberstellung von physiologischer und psychologischer Be-
trachtungsweise«, wie der Untertitel bezeichnend lautet. 48 »Vom ers-
ten Atemzug des Neugeborenen und dem Weinen und Strampeln des
Wiegenkindes bis zur müden Gebärde des Greises und dem letzten
Atemzug des Sterbenden wechseln Haltung und Bewegungen mit-
einander ab.« Die Sonderstellung des menschlichen Verhaltens,
Schelers Postulat der psycho-physischen Neutralität des lebendigen
Körpers und die mit Plessner Mitte der 20er Jahre entwickelte Idee
von der »Umweltintentionalität des Leibes« ernstnehmend, versuch-
te er »dieses Stehen und Gehen, diese Aktionen und Reaktionen,
Handlungen, Ausdrucksbewegungen und Gebärden, die Stellung
von Kopf, Rumpf und Gliedern, das Mienenspiel des Antlitzes, den
Bewegungsreichtum von Bein und Arm, Hand und Auge von einem
einheitlichen methodischen Gesichtspunkt« aus zu erfassen. 49 Dabei
bezog er neben Plessners Ausdrucksstudien zu Lachen und Weinen
vor allem auch V. v. Weizsäckers Gestaltkreislehre und E. Straus’
Studien zum Bewegungsraum ein, wie er durch das Zusammenspiel
von Bewegungen und Empfindungen konstituiert wird. Zwischen
den – physiologisch analysierten – natürlichen Prozessen und Funk-
tionen des Aufbaus und Abbaus von Erscheinungen des Körpers und
den – psychologisch zu erschließenden – Motiven, Erlebnissen und
Befindlichkeiten begleitender und abbrechender Art sieht Buyten-
dijks Verhaltenslehre den Menschen als sich zu sich, zur Objekt-
und Mitwelt verhaltenden Organismus: als Körperleib – stützend,
gehend, laufend, springend, greifend, sich kratzend, in reflektori-
51 H. Jonas, Der Adel des Sehens. Eine Untersuchung zur Phänomenologie der Sinne
(engl. 1953/54), in: Ders., Das Prinzip Leben. Ansätze zu einer philosophischen Biologie,
a. a. O., S. 233–264.
zin, aus der er kam, und der Freudschen Psychoanalyse, von der er
fasziniert war, das Konzept einer ›medizinischen Anthropologie‹ zu
entwickeln, die entlang des Diktums seines Lehrers L. v. Krehl –
›Krankheiten als solche gibt es nicht, wir kennen nur kranke Men-
schen‹ – das Subjekt, den »kranken Menschen«, mit seinem biogra-
phischen Gewicht in die medizinische Biologie der »Krankheit« ein-
zuführen suchte. Seinen auf Schelers Einladung in der Kölner
Kantgesellschaft 1927 gehaltenen Vortrag ݆ber medizinische An-
thropologie‹, in dem er zum ersten Mal das Prinzip des Gestaltkreises
einführte, hatte Plessner im ›Philosophischen Anzeiger‹ veröffent-
licht. Seitdem gab es auch den Kontakt von Buytendijk zu v. Weizsä-
cker und seinem Heidelberger Kreis. Jetzt Anfang der 50er Jahre trat
er mit einer Vielzahl von Schriften in der Öffentlichkeit hervor, u. a.
mit ›Der kranke Mensch. Eine Einführung in die medizinische An-
thropologie‹ 52 . Im Konzept der »Biographischen Medizin« meint
»bios« gegenständlich biologisch das Leben und zugleich die in den
Erscheinungen zum Vorschein kommende Entwicklung dieses Le-
bens, einschließlich der versäumten Möglichkeiten, der verlorenen
Gelegenheiten und insgesamt als negative Bestimmungen wirkenden
Unterlassungen einer Lebensführung. Um dieses Konzept einer ›me-
dizinischen Anthropologie‹, in der der Kranke nicht nur als Objekt,
sondern auch als gestaltendes Subjekt seiner Krankheitsvorgänge
gilt, baute v. Weizsäcker mit einer jüngeren Generation wie P. Chris-
tian, H. Plügge, A. Mitscherlich, P. Vogel Heidelberg zu einem Zen-
trum der Psychosomatik aus.
Buytendijk war seit den 20er Jahren auch eng befreundet mit
dem Psychiater V. E. v. Gebsattel, der jetzt 1954 sein Hauptwerk vor-
legte: ›Prolegomena einer medizinischen Anthropologie‹. Ähnlich
wie für v. Weizsäcker war auch für v. Gebsattel Max Scheler und
dessen philosophisch-anthropologische Wendung im kontrastiven
Tier/Mensch-Vergleich der Schlüssel, um die Freudsche Psychoana-
lyse, die er gelernt hatte, mit existenzphilosophischer Hermeneutik
zu verbinden und beide an die biologische Medizin zurückzubinden:
»Denn der Mensch steckt nicht blind im Leib wie das Tier, sondern
sein Sich-Verhalten zum Leib, das Leibsein und Leibhaben, be-
stimmt, indem er ihn durchgeistigt, auch das Gesamtphänomen der
Krankheit als ein Kranksein. Auf dem Umweg über die Erkrankung
des Leibes verhält sich der Mensch auf besondere Weise zu sich
selbst, und die Art dieses Verhältnisses geht in die Krankheit ein als
ein potenzierender oder depotenzierender Charakter.« 53 Ein solches
exzentrisch positioniertes Lebewesen ist der Gefährdung eines
Wechselspiels zwischen einer balancierenden Lebensführung und
apersonalen Mechanismen ausgesetzt, die sich in der körperlichen
Krankheit, in Neurosen, sexuellen Perversionen und der Sucht ab-
spalten. V. E. v. Gebsattel, dessen Hauptinteresse als Freiburger Pro-
fessor für medizinische Psychologie und Psychotherapie der Psycho-
pathologie galt, gründete Anfang der 50er Jahre zusammen mit dem
Weizsäcker-Schüler P. Christian und dem Rothacker-Schüler W. J.
Revers das ›Jahrbuch für Psychologie und Psychotherapie‹, das über
fast zwei Jahrzehnte das Organ dieser ›medizinischen Anthropologie‹
wurde. 54 Zu diesem Umkreis gehörte auch der Hamburger Psychiater
und Neurologe H. Bürger-Prinz, der mit V. E. v. Gebsattel eng hin-
sichtlich der Psychopathologie der Sexualität zusammenarbeitete.
Bürger-Prinz förderte wiederum den jungen Mediziner Hans Giese,
der in Frankfurt bei H. Lipps eine phänomenologisch-hermeneuti-
sche Variante der philosophischen Anthropologie studiert hatte und
sich zum führenden deutschen Sexualwissenschaftler der Nach-
kriegszeit entwickelte. Bürger-Prinz und Gebsattel beteiligten sich
an dem von H. Giese 1953 herausgegebenen ›Handbuch der medizi-
nischen Sexualforschung‹.55 Bürger-Prinz kam direkt aus der Origi-
nalkonstellation der Philosophischen Anthropologie der 20er Jahre:
»Denn neben Medizin hörte ich in Köln auch Philosophie, bei Max
Scheler, Nicolai Hartmann, Helmuth Plessner, und ich war nahe da-
ran, überhaupt aus der Medizin wieder auszuscheren, um ganz bei
der Philosophie zu bleiben.« 56 Durch den Kölner Psychiater und
Schelerschüler Kurt Schneider zur Psychiatrie überzeugt, wurde er
Privatdozent dieser Disziplin in Leipzig und stand in dieser Zeit nun
unter dem starken intellektuellen Eindruck von Gehlen, wie dieser
umgekehrt wesentliche Anregungen hinsichtlich der spezifischen
Anthropologie, Bern 1947; Bd. 2: Zur Problematik der psychiatrischen Forschung und
zum Problem der Psychiatrie, Bern 1955.
60 L. Binswanger, Freuds Auffassung im Lichte der Anthropologie, in: Ders., Ausgwähl-
ner.
wird die Vorlesung, die als Mitschrift kursiert, erst zehn Jahre später
veröffentlichen, aber völlig unverändert, so überzeugt ist er von sei-
ner geschlossenen Darstellung. 66 Er bringt darin ein Doppeltes: Er
gibt eine Einführung in die »bekanntesten Anthropologien dieser
Dezennien«, die in der Differenz von Mensch und Tier die Sonder-
stellung des Menschen bestimmen: also Scheler, Gehlen, Portmann,
Klages, Plessner, Buytendijk, Wein, Straus, aber die Auseinanderset-
zungen mit diesem Ensemble, sagt er, »enthalten zugleich die Grund-
thesen meiner eigenen ›Lehre vom Menschen‹«. 67 Die Einführung in
die Philosophische Anthropologie konzentriert sich auf Scheler und
Gehlen, aber die eigene These: »Der Mensch ist umweltgebunden
und distanzfähig« ist in Auseinandersetzung mit Plessners Begriff
der exzentrischen Distanz gearbeitet. Rothacker kommt alles darauf
an, dass »Distanz« nicht allein als denkendes Transzendieren der an-
schaulichen Umwelt möglich ist, sondern dass Menschen im Bereich
des Anschauens selbst schon distanzieren können. Menschen können
bereits rational handeln und analysieren, weil sie in anschaulichen
Umwelten leben, innerhalb derer sie – z. B. in Metaphern – »An-
schauungsdistanz« einnehmen, d. h. innerhalb bedeutsamer Erleb-
nisinhalte diese »distanzieren«, so dass durch die Anschauung eine
»sich öffnende Welt« erscheint.
Seine Philosophische Anthropologie des notwendigen »Zurück-
fallens« aus der potentiellen Weltoffenheit des Menschen in die an-
schauungsdistanzierte Umweltgebundenheit je bestimmter Hinsich-
ten entfaltete Rothacker in diesen Jahren systematisch zu einer
›Genealogie des menschlichen Bewußtseins‹, seinem anthropologi-
schen Hauptwerk. 68 Rothackers Intuition kreiste darum, einen Be-
griff der Kultur zu begründen, der dem Faktum gerecht wird, dass
die vorwissenschaftliche Weise, das Leben als »Bewußtsein« zu voll-
ziehen, viel umfänglicher und fundamentaler ist als die wissenschaft-
liche Weise; dass es »Wissen« als Kennerschaft auch außerhalb der
Wissenschaften gibt, schlicht gesagt: dass der Mensch schon Hun-
derttausende von Jahren gelebt hatte, ehe er anfing, Wissenschaft
auszubilden. Die Frage nach dem Menschen war die Frage, warum
überhaupt Kultur ist. Kultur sollte nicht wiederum aus Kultur be-
69 Ebd., S. 211.
tungen der Distanz innerhalb der Anschauung und der Sprache er-
möglichen erst die rationale Welt des Begriffs, ohne dass das mensch-
liche Lebewesen im »ex-zentrischen« Begriff je die »positionale« La-
ge der Anschauung verlassen kann. Zugleich mit dieser
Verschränkung von Anschauung und Begriff versucht Rothacker
eine Einhegung der Reichweite wissenschaftlicher Objektbestim-
mung, insofern er betont, dass durch die Verselbständigung der
Denk- und Begriffsebene mit ihrer Einengung des Welthaften auf
das Statische, Gegen-Ständliche, das Moment der Bewegung nicht
erfasst werde.
Rothacker verknüpfte die philosophisch-anthropologische Be-
gründung der Kultur seit den 50er Jahren umgekehrt mit der Siche-
rung der Philosophischen Anthropologie – einer »theoretischen
Konstruktion« – in einer »vergleichenden Menschheitswissenschaft«:
»Keine philosophische Anthropologie ohne die Basis einer allgemei-
nen vergleichenden Menschheitswissenschaft.« 70 Für diese »Idee
einer vergleichenden Menschheitswissenschaft« sah er als metho-
disches Ideal Goethes »Schema der Urpflanze«. Kern der »verglei-
chenden Menschheitswissenschaft« sollte sein, »daß alles mensch-
liche Sein aus einem gemeinmenschlichen Strukturstamm besteht,
der aber nicht lebensfähig wäre, wenn ihm nicht immer und not-
wendig ein variabler Index der Konkretheit anhafte. Woraus sich
zunächst das Problem ergibt: 1. vergleichend den Umfang des Ge-
meinsamen zu bestimmen. Sodann 2. für die konkreten Indices Va-
riabilitätsregeln zu entdecken. Genauso ist Goethes Urpflanze kons-
truiert. Blatthaftigkeit ist das Gemeinsame. Die Entfaltungen des
Blattes in dem restlos auszuschöpfenden Formenreichtum der Pflan-
zenwelt stellen den Inbegriff der mit Worte Index bezeichneten, bis
jetzt realisierten konkreten Variationen dar.« 71 »Sollte aber dieses
Schema des variabel sich entfaltenden Urphänomens, wie es für das
Verhältnis von Sprache und Sprachen so besonders plausibel ist,
nicht auch auf den Königsweg zu einer empirischen und vergleichen-
den Anthropologie führen? Dann entpuppte sich das ›Wesen‹ des
72 Ebd., S. 341.
73 E. Rothacker (Hrsg.), Archiv für Begriffsgeschichte. Bausteine zu einem historischen
Wörterbuch der Philosophie (Im Auftrag der Kommission für Philosophie der Aka-
demie der Wissenschaften und der Literatur zu Mainz), Bd. 1–10, Bonn 1955–1966.
74 Th. W. Adorno, ›Kulturanthropologie‹ (ca. 1951), in: Ders., Gesammelte Schriften,
78 H. Wein vertrat zu Beginn der 50er Jahre in vielen Aufsätzen die Idee der Philoso-
phischen Anthropologie und suchte dann realistische Einsichten der Hegelschen Dialek-
tik als »Realdialektik« (unter Aneignung amerikanischer Diskurse) in Richtung der
Sprach- und Kulturanthropologie einerseits und der philosophischen Kosmologie ande-
rerseits fruchtbar zu machen. H. Wein, Das Problem des Relativismus. Philosophie im
Übergang zur Anthropologie, Berlin 1950. – Ders., Trends in Philosophical Anthropol-
ogy and Cultural Anthropology in postwar Germany, in: Philosophy of Science, Vol. 24
(1957), S.. 46–56. – Ders., Zugang zu philosophischer Kosmologie. Überlegungen zum
philosophischen Thema der Ordnung in nach-kantischer Sicht, München 1954. – Ders.,
Realdialektik. Von hegelscher Dialektik zu dialektischer Anthropologie, München 1957.
der Erfahrung vom Anfang der 1950er Jahre, »seit Plessner, ›Die Stu-
fen des Organischen und der Mensch‹ (1928), und Gehlen, ›Der
Mensch, seine Natur und seine Stellung in der Welt‹ (1940), nicht
mehr erörtert worden und scheinbar belanglos geworden.« Und un-
ter dem Eindruck der philosophischen Dominanz der Existenzphi-
losophie konstatiert er: »Die Ansätze zu einer philosophischen An-
thropologie wurden durch Heideggers ontologische Analytik des
Daseins überholt. […] Die lebendige Welt, die Nietzsche mit großen
Opfern wieder entdeckte […] ist, ineins mit dem leibhaftigen Men-
schen, im Existentialismus wieder verloren gegangen. Der eigentlich
existierende Mensch will sich nicht von der Welt her verstehen.« 82
Den Doppelaspekt von »Welt und Menschenwelt«, von natürlicher
und geschichtlicher Welt, von Kosmos und Lebenswelt verteidigt Lö-
with auch gegen die historisch-hermeneutische Anthropologie: »Die
historischen Abwandlungen der vielfachen Interpretationen des
Menschseins, wie sie Groethuysens philosophische Anthropologie
[…] zur Darstellung bringt, beweisen nicht, dass sich die menschliche
Natur je wesentlich geändert hätte; sie verweisen nur auf einen Wan-
del im Selbstverständnis des Menschen.« 83 Kontrastiv zur Existenz-
philosophie und zur Hermeneutik stärkt Löwith den philosophisch-
anthropologischen Ansatzpunkt bei der ›Stellung des Menschen im
Kosmos‹ : »Um aber von der Natur des Menschen sprechen zu kön-
nen, muß man mindestens eine Ahnung von der Natur überhaupt
und als solcher haben. […] Und sofern der Mensch kein extramun-
danes Geschöpf und Ebenbild Gottes ist, bedarf die philosophische
Anthropologie der Kosmologie zu ihrer Begründung.« Das heißt sys-
tematisch: »exzentrische Betrachtung der Welt, worin der Mensch
kein Mittelpunkt ist und deren Umkreis nicht in der Umwelt des
Menschen zentriert ist.« 84 Denn alles, »was ist, ist von Natur aus da,
und diese Natur erscheint in allem, was ist, inbegriffen dem Phäno-
men, das wir Mensch nennen.« 85 Diese Beobachtung der Welt als
Natur »bedeutet nicht einen ›defizienten Modus‹ der praktischen
Umsicht oder gar ein bloßes ›Begaffen‹ des nur noch Vorhandenen
82 K. Löwith, Natur und Humanität des Menschen, in: K. Ziegler (Hrsg.), Wesen und
Wirklichkeit des Menschen. Festschrift für H. Plessner, a. a. O., S. 279.
83 Ebd., S. 266.
84 K. Löwith, Welt und Menschenwelt (1960), in: Ders., Sämtliche Schriften, Bd. 1:
Schon hier wird deutlich, dass Gehlen der Impulsgeber und damit der
überragende Autor der Philosophischen Anthropologie in dieser
Phase ihrer Bildungsgeschichte wird. Obwohl es ihn durch die Zeit-
läufte in die Speyerer Provinz verschlagen hatte, entfaltete er von
dieser postuniversitären Einrichtung der Verwaltungshochschule
aus konsequent seine Aktivitäten. Es motivierte ihn sichtlich, dass
er Rechtsreferendare, also eine künftige Verwaltungselite, zum The-
ma »Staat und Verwaltung« und darüber hinaus zu belehren hatte. 93
Mit seinen aus dem Hintergrund der Philosophischen Anthropologie
immer erneut im Kontakt mit den ›Empirien‹ vorgetragenen Inter-
ventionen beschäftigte er über die Hochschule hinaus ein weitge-
spanntes Publikum. Gehlen machte dabei nicht nur in Westdeutsch-
land Furore. Der junge Ostberliner marxistische Starphilosoph
Wolfgang Harich entdeckte 1949 Gehlens ›Der Mensch‹ und unter-
nahm 1952 eine ›Art Pilgerreise‹ nach Speyer, um mit Gehlen meh-
rere Tage eingehend dessen philosophische Anthropologie zu dis-
kutieren. 94 Den ersten Zugang zum Ansatz hatte Harich bereits
durch N. Hartmann, seinen bewunderten Lehrer, gefunden, bei dem
er Anfang der 40er Jahre in Berlin studiert hatte und dessen realisti-
sche Ontologie er mit dem dialektisch-historischen Marxismus für
vereinbar hielt. Neben dem von Harich geschätzten Gehlenschen
Junktim von Instinktschwäche und stabilisierender Institution war
ein entscheidender Koinzidenzpunkt zwischen ihnen der Zusammen-
hang zwischen anthropologischer Handlungstheorie und der marxis-
tischen Theorie der Arbeit, der auch von Gehlen im ausführlichen
Briefwechsel mit Harich – allerdings mit charakteristischer Differen-
zierung – gesehen wurde: »Was Sie nun zur Arbeit […] sagen: Kul-
turmilieu als die Zuchtwahl ausschaltend, Arbeit als Gruppenerschei-
nung, Arbeit als teleologische Struktur und Willen, als Askese
implizierend und als Vehikel zur Einsicht in die Naturgesetze (zu
diesem letzten Punkt habe ich gefunden, daß dabei zur Arbeit noch
die Kategorie Spiel dazutreten muß) – das alles gefällt mir gut und
ich könnte mich da weitgehend mit Ihnen einigen, einige Korrektu-
ren vorbehalten (Arbeit ist nämlich auch einsamer Prozess des Erfin-
Brief-Freundschaft, in: St. Dornuf/R. Pitsch (Hrsg.), Wolfgang Harich zum Gedächtnis.
Eine Gedenkschrift in zwei Bänden, München 1999, S. 440–486.
95 A. Gehlen an W. Harich 16. 3. 1952, zit. n. K.-S. Rehberg, a. a. O., S. 484. – L. Kofler,
Das Prinzip der Arbeit in der Marxschen und in der Gehlenschen Anthropologie, in:
Schmollers Jahrbuch Jg. 78 (1958), S. 71–86.
96 W. Harich an G. Lukács 20. 9. 1952, zit. n. K.-S. Rehberg, a. a. O., S. 441.
97 So auch noch in den 70er Jahren nach Gehlens Tod: »obwohl er damals Nazi war, und
tens, in: Ders., Studien zur Anthropologie und Soziologie, Neuwied 1963, S. 64–78.
100 Ebd., S. 65.
Seit 1950 wird der 46jährige aber nicht zuletzt auch deshalb das Zug-
pferd des Denkansatzes, weil er auffällig reibungsscharf dessen Lehr-
stücke gegen andere, gleichfalls Aufmerksamkeit beanspruchende,
Anthropologien ausarbeitet.
Das wird schon erkennbar im Aufsatz von 1952 mit dem pro-
grammatischen Titel: ›Die Geburt der Freiheit aus der Entfrem-
dung‹. 103 Er entdeckt eine Koinzidenz zwischen Existentialismus,
Marxismus und Psychoanalyse in der Idee der Wiedergewinnung
der unmittelbaren Subjektivität aus der »Entfremdung« und setzt
gegen die Koinzidenz dieser verschiedenen Denkrichtungen – drei
102Ebd., S. 69 f.
103A. Gehlen, Über die Geburt der Freiheit aus der Entfremdung, in: Ders., Studien zur
Anthropologie und Soziologie, Neuwied 1963, S. 232–246.
Gehlen gab Anfang der 1950er Jahre auch die Theorie der Technik
aus der Sicht der Philosophischen Anthropologie, wie sie bei Scheler
in der Einarbeitung des Pragmatismus, in Plessners Gesetz der »na-
türlichen Künstlichkeit« und vor allem bei Alsberg im Prinzip der
»Körperausschaltung« vorgedacht worden war. Gerade an Letzteren
knüpfte Gehlen bewusst an, wenn er als »eine der Hauptleistungen
der Technik die Ausschaltung des Organischen« kennzeichnete, die
»Ausschaltung menschlicher Organe oder organischer Bewegun-
gen.« 112 »Der Schlagstein in der Hand entlastet und überbietet zu-
gleich im Erfolg die schlagende Faust.« Neben den »Organersatz«
treten von vornherein »die Organentlastung und Organüberbie-
tung«: »der Wagen, das Reittier entlasten uns von der Gehbewegung
und überbieten weit deren Fähigkeit. Im Tragtier wird das Entlas-
tungsprinzip handgreiflich anschaulich. Das Flugzeug wieder ersetzt
uns die nichtgewachsenen Flügel und überbietet weit alle organische
Flugleistung.« 113 In seiner Konstellationsanalyse der Technik als ei-
nem Monopol des Menschen verknüpfte Gehlen mehrere Faktoren
der menschlichen Natur. Ein Bezugspunkt war das »Mängelwesen«,
»das aus Mangel an spezifischen Organen und Instinkten, sinnesarm,
waffenlos, nackt, embryonisch in seinem Habitus, instinktunsicher
113 A. Gehlen, Die Technik in der Sichtweise der Anthropologie (1953), GA 6, S. 152.
seldorf/Köln 1957.
123 H. Schelsky, Soziologie der Sexualität. Über die Beziehungen zwischen Geschlecht,
Stuttgart 1967.
125 H. P. Bahrdt, Die Familie als Kampfgruppe, in: Frankfurter Hefte, Jg. 8 (1953),
S. 927.
126 H. Schelsky, Wandlungen der deutschen Familie, a. a. O., S. 218.
127 A. Gehlen/H. Schelsky (Hrsg.), Soziologie. Ein Lehr- und Handbuch zur modernen
128 J. Habermas, Come back der deutschen Soziologie. Besprechung von A. Gehlen/
Die Argonauten auf Long Island. Begegnungen mit Hannah Arendt, Theodor W. Ador-
no, Gershom Scholem und anderen, Berlin 1995, S. 47–56 u. 57–72.
132 H. Plessner, Die ersten zehn Jahre Soziologie in Göttingen, in: Mens en maatschappij
136 H. Plessner, Die Verkörperungsfunktion der Sinne, in: Studium generale, Jg. 6
den animalen verknüpfte, und als niedere, mit den vegetativen Ver-
richtungen verknüpfte Modi der Verkörperung eine entscheidende
Rolle, die auch an der Grenze zu den Automatismen und unbewuß-
ten reflektorischen Vorgängen nicht ausgespielt hat«: in der Konsti-
tution z. B. »des Befindens und der Stimmung mit Hilfe kinästheti-
scher, haptisch-taktiler, gustatorisch-olfaktorischer und thermischer
Modi oder der Modi des Schmerzes, der Vibration und der Wollust.«
Die Aufgabe einer »Ästhesiologie des Leibes« sei es, »die spezifischen
Konkretisierungsmodi der Verleiblichung unseres eigenen Körpers
zu erkennen, eine Realisierung besonderer Art, von einerseits ele-
mentarer, andererseits kultivierbarer Bedeutung, die für kein Kul-
turmilieu als eine bloß biologische Angelegenheit abzutun ist.« Das
Feld reiche »von der schauspielerischen und tänzerischen Verkörpe-
rung bis zur verhüllend-enthüllenden Betonung durch Anzug und
Schmuck, von den Eß- und Trinksitten bis zu den Konzentrations-
techniken der Selbstbeherrschung und Entkörperung, vom simpels-
ten Spiel bis zum spezialisierten Sport«. 137
Charakteristisch für die von Plessner gleichzeitig entfaltete So-
ziologie der modernen Gesellschaft ist nun seine Diagnose des mo-
dernen Sports in der Industriegesellschaft. Er blickt systematisch auf
die Tendenzen heterogener, sich differenzierender, abstrakt werden-
der Vergesellschaftung, dabei das Augenmerk auf Phänomene len-
kend, die eine »Ausgleichsreaktion« darstellen, insofern in ihnen die
Moderne nicht überwunden, aber doch – ihre Strukturzüge wieder-
holend, spiegelnd – Menschen eine ›verkörperte‹ Lebenswelt einrich-
ten, um mit der Moderne fertig zu werden. Sein Augenmerk fällt auf
den modernen Sport, die moderne Geisteswissenschaft, die moderne
Malerei. Der Sport als Massenphänomen ist soziologisch gesehen
eine »Ausgleichsreaktion« des Menschen auf die moderne Lebens-
form, die ihn spezialisiert, abstrakt, anonym in Anspruch nimmt.
Der Sport ist in ihr, in der modernen Arbeitsgesellschaft – sie ist
seine Gegenwelt –, und er fungiert ihr gegenüber – er ist ihr Gegen-
bild. Moderne Industriegesellschaft impliziert auf Grund der Ar-
beitsteilung ein eingeschränktes Körpergefühl, auch auf Grund der
Mechanisierung und Monotonie der Arbeit, der Befriedung der Kon-
flikte durch das physischen Gewaltmonopol des Staates und durch die
zivilisierten Verkehrsformen; aber der Mensch will auch als leibhaf-
te, auch erregte Gesamtexistenz zur Geltung kommen. Moderne Ge-
der Dissertation von A. Peters, Psychologie des Sports, Leipzig 1927), GW 14, S. 419-
420.
139 H. Plessner, Soziologie des Sports. Stellung und Bedeutung des Sports in der moder-
nen Gesellschaft, in: Deutsche Universitätszeitung, Jg. 7 (1952), Nr. 22, S. 9-11, und
Nr. 23/24, S. 12-14. – Ders., Die Funktion des Sports in der industriellen Gesellschaft
(1956), GS X, S. 147–167.
140 H. Plessner (Hrsg.), Untersuchungen zur Lage der deutschen Hochschullehrer.
(1958), GS X, S. 167–178.
142 H. Schelsky, Die verschiedenen Weisen, wie man Demokrat sein kann. Erinnerung
an Hans Freyer, Helmuth Plessner und andere, in: Ders., Rückblicke eines ›Anti-Sozio-
logen‹, Opladen 1981, S. 139.
143 H. Plessner, Selbstdarstellung, GS X, S. 337.
logie und Sozialpsychologie, Jg. 34 (1982), S. 510. – Noch in den 1980er Jahren war es
Bahrdt im Zusammenhang eines Verweises auf Hartmanns ›Der Aufbau der realen
Welt‹ wichtig, zu erwähnen (was auch für Popitz galt): »Der Verfasser hat die Philoso-
phie N. Hartmanns vor allem in Vorlesungen und Seminaren als Student nach 1945 in
Göttingen kennengelernt.« H. P. Bahrdt, Grundformen sozialer Situationen. Eine kleine
Grammatik des Alltagslebens, hrsg. v. U. Herlyn, München 1996, S. 229.
S. 1–3. – H. Plessner, Die Friedens-Chance. Hemmende Kräfte im Kalten Krieg, in: Göt-
tinger Universitäts-Zeitung, Jg. 4 (1949), Nr. 18, S. 5–6.
147 H. Plessner, Soziologie des Sports, a. a. O., in: Deutsche Universitätszeitung, Jg. 7
150 H. Popitz, Der entfremdete Mensch. Zeitkritik und Geschichtsphilosophie beim jun-
gen Marx, Tübingen 1953 (Diss. in Basel bei K. Jaspers). Bahrdt und Popitz waren 1947/
48 für zwei Semester von Göttingen nach Heidelberg gegangen, weil sie der Meinung
waren, »wir müssten, vollgepfropft von der Philosophie Hartmanns, jetzt auch dessen
existentialistischen Feind Jaspers kennenlernen.« Popitz ging dann mit Jaspers nach Ba-
sel, wo er promovierte, Bahrdt kehrte zum Studium nach Göttingen zurück. (H. P.
Bahrdt, Selbst-Darstellung. Autobiographisches, in: Ders., Himmlische Planungsfehler.
Essays zu Kultur und Gesellschaft, hrsg. v. U. Herlyn, München 1996, S. 28). – Plessner
wird später an Rothacker einmal schreiben, wenn er Popitz für einen Lehrstuhl für
Soziologie empfiehlt: »Sie kennen wahrscheinlich seine feinsinnige Dissertation über
den jungen Marx und die Geschichte des Entfremdungsgedankens, die er bei Jaspers
gemacht hat.« Plessner an Rothacker 16. 6. 1961, Nachlaß Rothacker, Briefwechsel Roth-
acker-Plessner.
151 Popitz/Bahrdt/Jüres/Kesting, Technik und Industriearbeit, a. a. O., S. V.
152 Nach dem plötzlichen Tod von Bahrdts Doktorvater K. Stavenhagen, einem Phäno-
menologen, bei dem er diese philosophische Arbeit begonnen hatte, übernahm Plessner
die Betreuung. H. P. Bahrdt, Die Freiheit des Menschen in der Geschichte bei J. G. Her-
der, Diss. Göttingen 1952.– Bahrdt war übrigens auch einer der Berichterstatter über ein
Symposion auf dem Bremer Philosophie-Kongreß 1950; vgl. H. Plessner, Symphiloso-
phein, a. a. O., S. 360.
153 H. P. Bahrdt, Selbst-Darstellung, a. a. O., S. 36.
154 U. a. waren O. Neuloh, W. Brepohl, C. Jantke, G. Ipsen, H. Linde und E. Pfeil dort
155 H. Freyer, Theorie des objektiven Geistes. Eine Einleitung in die Kulturphilosophie,
159 Bahrdt an Plessner, 20. 1. 1954, S. 2; Archiv des Soziologischen Seminars Univ. Göt-
tingen.
160 Ebd.
Aber mit der Leitkategorie der »sozialen Bildwelt« bzw. des »Gesell-
schaftsbildes« stand der philosophisch-anthropologische Ansatz auch
im Hintergrund ihrer zweiten Aufgabe, der Ermittlung des »Gesell-
schaftsbildes«, ihrer – zur phänomenologisch geleiteten Beobachtung
komplementären – hermeneutischen Methodik der Befragung, in der
die interviewten Arbeiter ihre Meinungen und Einschätzungen zur
eigenen Arbeit, zum technischen Fortschritt, zu wirtschaftlichen Pro-
161 H. Plessner, Über die Verkörperungsfunktion der Sinne, in: Studium generale, Jg. 6
(1953), S. 410–416.
162 Bahrdt macht in dem von ihm verantworteten Abschnitt »Analyse der Arbeitssitua-
tion« bei der Beschreibung vom Arbeiten mit einer Maschine ausdrücklich Gebrauch
von Gehlens Begriff der »Entlastung«, in: Popitz/Bahrdt/Jüres/Kesting, Technik und
Industriearbeit, a. a. O., S. 114.
163 Bahrdt an Plessner, 20. 1. 1954, S. 3., a. a. O.
164 Der Freyer-Schüler H. Linde hat ausdrücklich dieses Resultat hervorgehoben: »Dass
165 Ebd.
166 H. Popitz/H. P. Bahrdt/H. Kesting/H. Jüres, Das Gesellschaftsbild des Arbeiters. So-
ziologische Untersuchungen in der Hüttenindustrie, Tübingen 1957, S. 86.
167 H. P. Bahrdt, Das Gesellschaftsbild der Arbeiter. Ein Vortrag zur Entstehung dieser
170 J. Habermas, Der Soziologen-Nachwuchs stellt sich vor. Zu einem Treffen in Ham-
burg unter der Leitung von Professor Schelsky, in: FAZ 13. 6. 1955.
171 H. Popitz, Der Wiederbeginn der Soziologie in Deutschland nach dem Kriege, in:
Mitte der 1950er Jahre ergibt sich für die Philosophische Anthro-
pologie die Chance einer institutionellen Kontinuität an der deut-
schen Universität. Seit 1954 ist der Rothacker-Lehrstuhl in Bonn va-
kant, und Rothacker, der diesen Lehrstuhl immerhin 16 Jahre
innegehabt hatte, ist entschieden dafür, Gehlen als seinen Nachfolger
berufen zu lassen. »Gehlen ist der beste Mann« 1 , so lässt er in der
Berufungskommission verlauten, und »sein Buch ›Der Mensch‹ […]
ist m. E. der bedeutendste Wurf, der auf dem Gebiet der mir beson-
ders am Herzen liegenden ›Philosophischen Anthropologie‹ seit Max
Scheler gelungen ist.« 2 Im Widerstand gegen Gehlen, der v. a. von
Th. Litt vorgetragen wird, bemängelt die Kommission »seinen star-
ken Biologismus und ein Unterbinden jeder höheren Kräfte«, abge-
sehen vom politischen Einwand: »Gehlen gilt als zu sehr belastet.« 3
Um Rothackers Verlangen nach einem Nachfolger in Sachen ›Phi-
losophischer Anthropologie‹ entgegenzukommen, plädiert die Kom-
mission nun wiederum, angeführt vom Dekan der Philosophischen
Fakultät, dem Kunsthistoriker und Schelerschüler H. Lützeler, mehr-
heitlich für Plessner als Rothacker-Nachfolger und setzt ihn an die
Spitze der Berufungsliste des philosophischen Lehrstuhls. »Gegen
Plessner habe ich gar nichts einzuwenden als sein Alter« 4 , bemerkt
Rothacker. Aber eben aus diesem Grund – Plessner ist 62 – lehnt das
Kultusministerium die vorgeschlagene Liste ab und gibt sie zur Neu-
verhandlung an die Philosophische Fakultät Bonn zurück.
1 Rothacker an den Dekan, 12. 2. 1954, Archiv der Universität Bonn, UAB-UV 77/149
(Wiederbesetzung Lehrstuhl Philosophie 1958 Martin)
2 Rothacker Separatvotum 20. 2. 1954, a. a. O.
7 A. Gehlen, Das Bild des Menschen im Lichte der modernen Anthropologie (1952), in:
Ders., Anthropologische Forschung. Zur Selbstbegegnung und Selbstentdeckung des
Menschen, Reinbek b. Hamburg 1961, S. 68.
8 A. Gehlen, Urmensch und Spätkultur, a. a. O., S. 88–95.
11 Ebd., S. 206.
auch ihre »Leitideen« auf, lösen sich von ihnen ab, werden verschieb-
bar in rasch sich ablösenden, kombinierbaren Weltanschauungen.
Wegen des philosophisch-anthropologischen Hintergrundes endet
Gehlens kritische Diagnose aber nicht pessimistisch. Er hält an der
unhintergehbaren Vermitteltheit des menschlichen Lebewesens
durch die Institutionen fest und sieht die »Persönlichkeit« auch in
der Moderne auf die bestehenden Institutionen verpflichtet: »Das
Wesentliche einer dauerhaften Institution ist ihre Überdeterminiert-
heit: sie muß nicht nur im nächsten, praktischen Sinne zweckmäßig
und nützlich sein, sie muß auch Anknüpfungspunkt und Verhaltens-
unterstützung (behavior support) höherer Interessen sein, ja den an-
spruchsvollsten und edelsten Motivationen noch Daseinsrecht und
Daseinschancen geben: dann erfüllt sie die tiefen vitalen, aber auch
geistigen Bedürfnisse des Menschen nach Dauer, Gemeinsamkeit
und Sicherheit – sie kann sogar etwas wie Glück erreichbar machen,
wenn dieses darin besteht, im Über-sich-Hinauswachsen nicht allein
zu bleiben.« 14
Gehlen sieht angesichts des Zerfalls der Institutionen in formel-
le Organisationen die »Persönlichkeit« nicht dadurch gerettet, dass
sie sich »von den harten Apparaturen des sozialen Lebens abseits
stellt«, um sich privat das sensible Organ für die Werte der Kultur
zu bewahren. »Persönlichkeit« findet sich laut Gehlen in der moder-
nen Industriegesellschaft gerade nicht so sehr »im abgesondert Kul-
turellen, im Literarischen oder Artistischen, sondern da, wo es einer
übernimmt, die anspruchsvollen Tendenzen des Geistes im Apparat
selbst zur Geltung zu bringen, sich also gerade nicht von ihm zu
›distanzieren‹.« Denn, so schreibt er, »Institutionen machen, weil sie
eine Seite des Nutzens und der Praxis enthalten, so versehrbare Din-
ge wie Freiheit und Bildung erst lebensfähig, während umgekehrt
diese Güter, wenn man sie verteidigt, die Verselbständigung der
Zwecksetzung und Nutzberechnung hemmen.« Und er demonstriert
die Funktionsweise der Institution in der Moderne am Fall des
Rechts: »Das Verhalten der Menschen gegeneinander in die Form
des Rechts zu zwingen, heißt daher, den Idealen wie Freiheit oder
Gerechtigkeit eine Chance zu geben, sich zu materialisieren. Sie sind
dann zwar nicht notwendig realisiert, weil auch das Recht in der
Form der geistlosen Gewohnheit, ja kurze Zeit in der Form des Be-
truges betrieben werden kann – aber solange die Institution besteht,
14 Ebd., S. 116.
15 Ebd., S. 118.
16 G. Anders, Die Antiquiertheit des Menschen. Über die Seele im Zeitalter der zweiten
technischen Revolution (1956), Zürich 1984.
17 Ebd., S. 327.
18 Ebd., S. 23.
19 M. Lohmann, Philosophieren in der Endzeit. Zur Gegenwartsanalyse von Günther
Anders, a. a. O., S. 140.
20 G. Anders, Der Blick vom Mond. Reflexionen über Weltraumflüge, München 1970,
S. 130.
21 Bereits Plessner hatte dieses Thema im Blick: H. Plessner, Gedanken zur Zeit: Gedan-
ken eines Philosophen zur Weltraum-Rakete, Gesendet: 13. Okt. 1949, 22.45–23.00,
Typoskript, Nachlaß Plessner.
24 W. Hinck, Im Wechsel der Zeiten – Leben und Literatur, Bonn 1998, S. 151.
25 M. Baethge, Gedenkworte des Dekans des Fachbereichs Sozialwissenschaften, in: In
memoriam Helmuth Plessner. Gedenkfeier am 7. 2. 1986 in der Aula der Georg-August-
Universität, Göttingen 1986, S. 22 f. Diese aus der Endphase von Plessners Göttinger
Wirken Anfang der 60er Jahre stammende Charakterisierung wird auch für die Zeit
davor bestätigt.
26 Vgl. H. Plessner, Die ersten zehn Jahre Soziologie in Göttingen, a. a. O., S. 448–455.
29 Ebd., S. 120.
30 Ebd., S. 121.
31 Ebd., S. 132.
32 Ebd., S. 134.
33 H. Plessner, Anthropologie der Erkenntnis, in: Philosophische Vorträge und Diskus-
sionen. Bericht über den Philosophen-Kongreß, Mainz 1948, a. a. O., S. 27–31. – Ders.,
Mit anderen Augen (1953), GS VIII, S. 88–104. – Ders., Zur Lage der Geisteswissen-
schaften in der industriellen Gesellschaft (1958), GS X, S. 167–178.
angehörte, eine Regelung für diesen Fall zu finden, in dem wegen der
Altersgrenze keine reguläre Berufung möglich war. »Es ist in Göttin-
gen ebenso bekannt wie hier«, schrieb 1956 der neue Dekan L. Weis-
gerber an seinen Göttinger Kollegen, »daß wir uns seit über drei Jah-
ren bemühen, für unseren philosophischen Lehrstuhl (Nachfolge
Rothacker) Herrn Plessner zu gewinnen: für uns ist es die Lösung,
und für Herrn Plessner ist die Rückkehr von der Soziologie zur Phi-
losophie in gewissem Sinne eine Er-lösung.« 34 Für Rothacker hin-
gegen stellte Gehlens ›Urmensch und Spätkultur‹, das er bereits wäh-
rend der Berufungsverhandlungen 1955 der Kommission in noch
ungedruckter Fassung zukommen lassen konnte, die Möglichkeit
von dessen Kandidatur auf eine völlig neue Basis. »Trotz mancher
abweichender Ansichten stehe ich nicht an«, schrieb er in einem Gut-
achten, »dies Buch als die bedeutendste Leistung zu bezeichnen, die
mir bis jetzt auf dem Grenzgebiet zwischen philosophischer Anthro-
pologie und Kultursoziologie […] begegnet ist.« Rothacker, der seit
Anfang der 1940er Jahre – von N. Hartmann animiert – mit Gehlen
um die adäquate Ausarbeitung einer Kulturanthropologie konkurrier-
te, anerkannte dessen Leistung. Die Mehrheit empfand wiederum die-
se Verbindung von Philosophie und Soziologie als Nachteil für Geh-
len. Es wurden andere Kandidaten ins Spiel gebracht, aber der Kampf
um die Rothacker-Nachfolge spielte sich ab »zwischen den beiden
feindlichen Brüdern Plessner und Gehlen« 35 , wie Rothacker in einem
anderen Kontext das Spektrum der Philosophischen Anthropologie
kennzeichnete. Plessner selbst wurde seitens der Berufungskommis-
sion zur Begutachtung anderer Kandidaten gebeten, einschließlich
der von Gehlen: »In Sachen Gehlen«, schrieb er diplomatisch seinen
Vorteil wahrend, »könnte man mein Urteil für befangen erklären.
Ich bestreite übrigens in keiner Weise seine wissenschaftlichen Qua-
litäten, die ihn freilich mehr zu einem Soziologen und Kultur-
anthropologen qualifizieren. Nach allem, was ich von ihm kenne,
auch nach dem Eindruck seiner Persönlichkeit, würde ich es sehr
bedauern, wenn einem solchen Mann in Bonn die Philosophie anver-
traut werden sollte. Man darf, glaube ich, die moralische Qualität
einer Person, auch die Frage der Wärme, nicht ganz außer Acht las-
sen. Hier würde ich mehr auf das Urteil Litt’s als auf das meines
Freundes Rothacker hören.« 36
36 H. Plessner an den L. Weisgerber, 7. 12. 1955, Archiv der Universität Bonn, UAB-UV
77/149 (Wiederbesetzung Lehrstuhl Philosophie 1958 Martin).
37 A. Gehlen, Über Kultur, Natur und Natürlichkeit, in: G. Funke (Hrsg.), Konkrete
möglichkeiten und Schutzwehren, die ihr die alte Kunst, die alte Ma-
lerei nicht mehr […] vermittelt.« 40
Gehlen legt im Beitrag für die Rothacker-Festschrift, ebenfalls
wie Plessner in langjähriger Vertrautheit mit den Strömungen mo-
derner Kunst, u. a. durch Documenta-Besuche, den Keim seiner
Argumentation, den er 1959 in öffentlichen Diskussionen mit
H. Sedlmayr (›Bis wohin ist Malen Kunst?‹) ausbauen und 1960 in
einem eigenen Buch als ›Soziologie und Ästhetik der modernen Ma-
lerei‹ 41 publizieren wird. Der Mensch, von »Natur aus ein Kulturwe-
sen« 42 , entdeckt in der bildenden Kunst immer schon die Abhebbar-
keit der Bildfläche von der gegenständlichen Bildschicht. Malen heißt
Gestalten der Bildfläche, Erfinden der Farb-Form-Fläche, um etwas
erscheinen zu lassen. Eine Möglichkeit der Bildkunst ist, durch die
Gestaltung der Bildfläche den Geist des Betrachters gradlinig zum
evozierten Gegenstand hindurchzuführen, zur Erscheinung eines ver-
trauten, jedenfalls irgendwie darstellungswürdigen Gegenstandes,
einer gegenständlichen Figur. Das Bild ist dann – in idealistischer
oder realistischer Richtung – auf die Einheit von Anschauung und
Begriff hin gearbeitet. Moderne Kunst, so Gehlen, ist dann, rein de-
skriptiv gesehen, der Fall, in dem der Künstler reflektiert daran ar-
beitet, Bildfläche und Gegenstand gegeneinander zu verschieben. Es
kommt zur »optischen Verselbständigung« 43 der Bildfläche, die als
die formale »Außenhaut« mit ihren Farben und Formen »eigenwer-
tig« wird, wobei der evozierte Gegenstand deformiert/vielperspekti-
visch (Kubismus) oder schockierend (Surrealismus) oder verschrift-
licht (Kandinsky, Klee) oder stumm (Abstrakte Kunst) oder verflacht
bzw. gar nicht mehr erscheint (Konzept-Kunst).
Gehlens soziologische Überlegungen kreisen um den Stellen-
wert, die Bedingungen und Leistungen dieses so strittigen Phäno-
mens moderner Malerei in der modernen Industriegesellschaft. Teils
macht sie das Leben in der Industriegesellschaft verträglich, indem
diese »Reflexionskunst«, die notorisch den Unterschied zwischen
Bildfläche und Bildgegenstand ausspielt, den experimentellen Zug
der gesamten Lebensform (in Naturwissenschaft, Technik und sub-
43 Ebd., S. 57.
44 A. Gehlen, Über kulturelle Kristallisation (1961), in: Ders., Studien zur Anthropolo-
gie und Soziologie, Neuwied 1963, S. 313.
45 A. Gehlen, Zeit-Bilder, a. a. O., S. 62.
46 Vgl. dazu Gehlen, Über Kultur, Natur und Natürlichkeit, a. a. O., S. 84–91.
Damit war der einzige philosophische Lehrstuhl, von dem aus Phi-
losophische Anthropologie eine personelle Kontinuität hätte gewin-
nen können, verloren. 1958 rückte für Gehlen eine zweite Chance in
die Reichweite, wieder einen Ruf an eine renommierte deutsche Uni-
versität zu erhalten. Karl Löwith, der wie Rothacker von Gehlens
geschichtlich durchgearbeiteter Philosophischer Anthropologie in
›Urmensch und Spätkultur‹ beeindruckt war, hätte Arnold Gehlen
gern in Heidelberg als Soziologen gesehen, wollte ihn jedoch »vorher
über seine derzeitige Haltung zum Nazismus eben zur Rede […]
stellen«. 48 Gehlen äußerte sich zum ersten Mal – und einem Emig-
ranten gegenüber – »über einige ziemlich drastisch formulierte na-
tionalsozialistische Sätze« – so Gehlens eigene Worte – in der ersten
Auflage von ›Der Mensch‹, verteidigte seine Hauptargumentation
(Einheit der Gattung gegenüber Rassenidee) im Verhältnis zu diesen
Sätzen, erwähnte die Entfernung der letzteren schon in der Auflage
von 1944 und schrieb, dass er Löwith »ausdrücklich dafür Respekt
und Dank bezeuge, daß Sie mich stellten. Ich habe damit das erste
Mal Gelegenheit gefunden, zu dem ganzen Sachverhalt schriftlich
und ausdrücklich Stellung zu nehmen«. 49 Nach diesem »sehr erfreu-
lich offenen Brief« stand für Löwith offensichtlich Gehlens Berufung
nichts mehr entgegen. 50 Sachlich gesehen hatte Löwith sich ja in sei-
nem Beitrag ›Natur und Humanität‹ in der Plessner-Festschrift 1957
dezidiert in die philosophisch-anthropologische Denktradition von
Plessner und Gehlen gestellt und damit indirekt Horkheimers Bei-
trag ›Zum Begriff des Menschen heute‹ im gleichen Band diametral
widersprochen.51 In diesem Fall der Berufung auf einen soziologi-
GA 3.2, S. 876–878.
50 So jedenfalls A. Löwith, seine Frau, an L. Samson 11. 11. 1980, zitiert nach K.-S. Reh-
ständlichung dessen, wozu man sich verhält. Wer sich aber der Welt und sich selbst kraft
eines solchen entfernenden Abstandnehmens vergegenständlichend gegenüberstellt,
der hat sich damit der Welt und sich selbst entfremdet. Als ein Fremdling kann und
muß sich der Mensch in der Welt wie in etwas Anderes und Fremdes einhausen, um
im Anderssein bei sich selbst sein zu können. Aus dem Abstand der Entfremdung kann
der Mensch allem, was ist, näher kommen und sich das scheinbar schon Vertraute als ein
Befremdliches aneignen. […] Die Möglichkeit der Entfremdung […] gehört zur Natur
des alles in Frage stellenden Menschen.« K. Löwith, Natur und Humanität, a. a. O.,
S. 285 f.
52 Adorno an Horkheimer, 14. 2. 1957, Nachlaß Horkheimer.
60 Ebd., S. 30.
61 Ebd., S. 31.
62 Ebd., S. 31.
63 Ebd., S. 32.
64 Ebd., S. 33.
65 Ebd., S. 34.
66 Ebd., S. 19.
67 Ebd., S. 35. Zur Rezeption von Marcuse J. Habermas, Triebschicksal als politisches
69 K. Ziegler (Hrsg.), Wesen und Wirklichkeit des Menschen. Festschrift für Helmuth
Plessner, Göttingen 1957; mit Beiträgen von Jaspers, Litt, Löwith, Walter Schulz, Buy-
tendijk, Portmann, Bollnow, Josef König, Horkheimer, Adorno u. a. Besprechung der
Festschriften für Rothacker und Plessner: E. Ströker, Zur gegenwärtigen Situation der
Anthropologie, in: Kantstudien, Jg. 51 (1959/60), S. 461–479.
70 Neben den erwähnten Führungsfunktionen in den Fachverbänden der Philosophie
und Soziologie wurde er 1960 Rektor der Universität Göttingen; dadurch verlängerte
sich seine Lehrstuhlbesetzung um ein Jahr.
GS X, S. 212–226.
75 Plessner machte das so: Er erwähnte den Namen Gehlen nicht im Text, führte aber
ausdrücklich Gehlens Aufsatz von 1951: ›Die Geburt der Freiheit aus der Entfremdung‹
im der Rede beigefügten Literaturverzeichnis auf; Plessner, Das Problem der Öffentlich-
keit, GS X, S. 226. Da er sonst nie einen speziellen Aufsatz von Gehlen erwähnt hatte,
war das ein ungewöhnliches Zeichen.
79 Ebd., S. 225.
80 Das war Plessners unausgeführt gebliebene Formel der Sozialanthropologie in den
›Stufen des Organischen und der Mensch‹ (1928) gewesen; vgl. H. Plessner, Die Stufen
des Organischen und der Mensch, a. a. O., S. 345.
81 H. Plessner, Soziale Rolle und menschliche Natur (1960), GS X, S. 227–240.
82 Ebd., S. 236.
Damit hatte Plessner aber immer noch keine passende Antwort auf
die Gehlensche Herausforderung der Anthropo-Biologie gefunden.
Gehlens philosophisch-anthropologische Kategorien machten des-
halb Furore, weil sie so dicht im Material der empirischen Anthro-
pologie gearbeitet waren, von dem sie sich durch den konstruktiven
Charakter ihrer Bildung zugleich abhoben. Plessner war es während
der ganzen Jahre nicht gelungen, auch für das interessierte Publikum
nicht gelungen, das Zwischenstück zwischen seiner eigenen natur-
philosophischen Herleitung der »exzentrischen Positionalität« des
Menschen aus den zwanziger Jahren und Gehlens anthropo-biologi-
scher, die Fakten des spezifisch menschlichen Organismus gründlich
auswertenden und durcharbeitenden Heraufführung des Menschen,
vorzuführen. Die neugewonnenen sozialanthropologischen Katego-
rien verlangten ebenfalls nach dieser Verankerung.
Von den Historikern G. Mann und A. Heuß aufgefordert zu
einer Einleitung in die ›Propyläen-Weltgeschichte‹, also einer wei-
teren repräsentativen Äußerung, ergreift er die Gelegenheit, um im
selben Zeitraum, 1960, und in einem Zuge in der großen Abhand-
lung zur ›Conditio humana‹ 84 ein Resümee und eine Revision zu-
A. Heuß, Bd. 1: Vorgeschichte. Frühe Hochkulturen, Berlin 1961, S. 33 ff. – Die Aufgabe
war vermittelt über den Göttinger Althistoriker Alfred Heuß, der den ersten Band re-
daktionell betreute. Der Text wird zit. nach H. Plessner, Die Frage nach der Conditio
humana (1961), GS VIII, S. 136–217.
85 F. J. J. Buytendijk, Tier und Mensch, in: Die Neue Rundschau, Jg. 49 (1938), S. 313–
337.
86 H. Plessner, Die Stufen des Organischen und der Mensch, a. a. O., S. 315.
87 Das Menschsein könnte »unter mancherlei Gestalt stattfinden, die mit der uns be-
kannten nicht übereinstimmen«, ebd., S. 291. Diese Idee hatte Plessner vor 1928 ver-
mutlich von Scheler übernommen, in jedem Fall mit ihm geteilt. Scheler hatte darauf
aufmerksam gemacht, dass die von ihm gefasste »Wesensidee des Menschen […], das
seine Antriebe und Vorstellungen nach Akt-Gesetzen […] ›lenken‹ und ›leiten‹ kann
(Asket des Lebens), für alle möglichen anatomischen, physiologischen und vitalpsy-
chischen Organisationen völlig freien Spielraum läßt.« (M. Scheler, Die Wissensformen
und die Gesellschaft (1926), GW 8, S. 97). Plessner hat dieses Theorem – eventuell eben
bereits im Aufsatz ›Tier und Mensch‹ (1938) gemeinsam mit Buytendijk – spätestens im
Buch ›Lachen und Weinen‹ 1941 revidiert, das die spezifisch physische Existenz des
Menschen auf seine »exzentrische Position« bezieht. Diese dort vollzogene Revision
gegenüber den ›Stufen des Organischen und der Mensch‹ hat Plessner ausgearbeitet in
der Schrift ›Conditio humana‹ und nicht mehr preisgegeben (F. Rodi, Conditio humana.
Zu der gleichnamigen Schrift von Helmuth Plessner und zur Neuauflage seines Buches:
›Die Stufen des Organischen und der Mensch‹, in: Zeitschrift für philosophische For-
schung, Jg. 19 (1965), S. 703–711). In der ›Autobiographischen Einleitung‹ von 1981
(die er vermutlich aus Altersgründen nicht mehr selbst formuliert hat), teilt er mit:
Genau wie Buytendijk im Text ›Tier und Mensch‹ von 1938 be-
ginnt Plessner jetzt mit historisch-methodologischen Eingangskapi-
teln zum Darwinismus, geht dann über zur dagegen opponierenden
Lebensphilosophie von Bergson und Klages, um sich als nächstes
über den methodisch richtigen Gedanken von Uexküll, nach »Bau-
plänen« der Tiere im Verhältnis zu Umwelten zu suchen, dem »Sinn
der menschlichen Körperform« zu nähern, oder – wie Plessner es
jetzt nennt – die Frage nach dem »menschlichen Bauplan« zu stellen.
Im historisch-methodologischen Abschnitt des Aufsatzes behandelt
er unter dem (bereits von Scheler 1913) verwendeten Titel ›Versuche
einer Philosophie des Lebens‹ Bergson und Dilthey (wie bereits Sche-
ler), wobei er aber Wert darauf legt, neben den konstruktiven Impul-
sen von Bergson die theoretischen Überlegungen Diltheys einzuar-
beiten samt dem von Misch systematisierten Impuls, für die
Geisteswissenschaften methodisch nach der »szenischen Macht« der
Natur im menschlichen Leben selbst zu fragen. Außerdem ist es ihm
wichtig, innerhalb des destruktiven Potentials der ›Philosophie des
Lebens‹ im weitesten Sinne Marx und Freud mit aufzuführen, die in
ihrem humanistischen Pathos der »Selbstbefreiung von Individuum
und Gesellschaft« an der »Selbstentwertung des Menschen« mit-
gewirkt hätten, indem sie geistige Vorgänge als Spiegelfechtereien
über den ›eigentlichen‹ ökonomischen oder triebenergetischen Grö-
ßen ›entlarvt‹ hätten.
Im systematisch-sachlichen Teil, der unter dem Titel »Der
menschliche Bauplan« den damaligen Buytendijk-Abschnitt »Der
Sinn der menschlichen Körperform und die Wesensgrenze zwischen
Tier und Mensch« aufnimmt und ablöst, geht Plessner nun direkt
den Fragen nach, wie die Natur den Menschen konkret so macht, dass
er etwas aus sich selbst machen muss. Er folgt hier unter dem Titel
»Jugendphase, Triebüberschuß, Spielfähigkeit. Der Anthropoide«
den von Buytendijk bereits 1938 festgehaltenen Gedanken, inwiefern
Dispositionen der Anthropoiden das dann strukturell werdende Ver-
mögen des Menschen vorbereiten, von sich abzusehen und sich in
anderes versetzen zu können. Angereichert mit den Ideen von Port-
mann zum »extrauterinen Frühjahr« und von E. Straus zur »Auf-
»Wer meinen Ansatz ernst nimmt […], nimmt die physische Existenz für die Frage nach
dem Menschen ernst, ohne naturalistisch kurzschlüssig sich schuldig zu machen.«
(H. Plessner, Autobiographische Einleitung, in: Ders., Mit anderen Augen, Stuttgart
1982, S. 7).
89 Ebd., S. 49.
90 Ebd., S. 50.
91 Ebd., S. 52.
92 Ebd., S. 51.
93 Ebd., S. 48.
»Daß ein jeder ist, aber sich nicht hat; genauer gesagt, sich nur
im Umweg über andere und anders als ein Jemand hat – so heißt es,
gibt der menschlichen Existenz in Gruppen ihren institutionellen
Charakter.« In dieser Art der Gedankenführung, die bis in den Wort-
laut hinein reibungsscharf gegen Blochs marxistische Gemein-
schaftseschatologie geführt ist – »Ich bin. Aber ich habe mich nicht.
Darum werden wir erst.« 94 – und mit Gehlens Institutionenkategorie
koinzidiert, insofern sie zugleich systematisch die indirekt-interakti-
ve Perspektivität Meads ins Spiel setzt, konsolidiert sich Philosophi-
sche Anthropologie als Denkansatz. Durch Gehlens Vorstöße heraus-
gefordert, durch Habermas’ immanente Liquidierungsversuche
gezwungen, holt Plessner seine Denkmotive aus früheren Tagen her-
bei und konkretisiert sie gegen marxistische, psychoanalytische
Selbstentfremdungs- und evolutionäre Selbstdomestikations-An-
thropologie (Lorenz). In gewisser Weise gibt er mit dieser 100seiti-
gen Schrift einen Statthalter seiner immer wieder angekündigten
›großen Anthropologie‹. Ob Plessner wirklich an dem Buytendijk-
Artikel von 1938 mitgeschrieben hat oder nicht, vielleicht nur Ge-
sprächspartner war, bleibt ungeklärt. 95 Der Einfall, sich in diesen Ar-
tikel rückversetzend eine Selbstkorrektur zu vollziehen, befördert
jedenfalls die interne Bildungsgeschichte der Philosophischen An-
thropologie Anfang der 1960er Jahre.
S. 113–126. – Ders., Das Bild des Menschen im Lichte der modernen Forschung (1952),
GA 4, S. 127–142. – Ders., Zur Geschichte der Anthropologie (1957), GA 4, S. 143–164.
– Ders., Das Menschenbild in der modernen Anthropologie (1958), GA 4, S. 165–174.
3 Vgl. Plessner, Anthropologie philosophique, a. a. O., S. 89.
gie, preis. Wenn Plessner Mitte der 50er Jahre einen Lexikon-Artikel
über Scheler 4 schreibt, würdigt er zwar eindringlich dessen Phäno-
menologie der Gefühle und die Wissenssoziologie, aber in Sachen
Philosophischer Anthropologie äußert er sich spitz: »Kurz bevor er
Köln verließ, um in das konfessionell weniger eindeutig geprägte
Frankfurt überzusiedeln, brachte er noch eine Skizze seiner Anthro-
pologie unter dem Titel ›Die Stellung des Menschen im Kosmos‹
(1928) heraus. Wie weit es ihm gelungen ist, seine wohl gewandelten,
doch nie aufgegebenen metaphysischen Überzeugungen mit den re-
lativierenden Bestrebungen seiner Wissenssoziologie im Gesichts-
kreis einer solchen Philosophischen Anthropologie in Einklang zu
bringen, wird sich bis zur Veröffentlichung des Nachlasses […] dem
Urteil entziehen.« 5 Beide denken aber gar nicht daran, sich um das
Fortleben der Ideen Schelers zu kümmern. Beide überlassen ihn dem
Treiben. Weder Plessner noch Gehlen kümmern sich darum, als im
Umkreis der Frankfurter Schule Ende der 50er Jahre die »Spät-
philosophie Schelers« – also die Phase seines Durchbruchs zur Phi-
losophischen Anthropologie und Wissenssoziologie – aus den bei ihr
vermuteten immanenten Widersprüchen ideologiekritisch destruiert
wird. 6 Indirekt verantworten somit beide, obwohl auf Soziologie-
Lehrstühlen, auch die Abwesenheit Schelers in der neu aufgebauten
westdeutschen Soziologie.
Plessner, als der Ältere, von Pioniertagen her Verantwortliche für den
Denkansatz, wird diese Mißhelligkeiten um 1959/60, kurz vor seiner
Emeritierung, deutlicher als Gehlen gespürt haben. Durch den Ha-
bermas-Handbuch-Artikel über Philosophische Anthropologie war
deutlich geworden, welchem Risiko der nicht zur Selbstrepräsentati-
on fähige Denkansatz ausgesetzt war, wenn der Ansatz Dritten aus-
geliefert blieb, die ihm inhaltlich nicht verbunden waren. Es war der
Übergang von Hartmann, der, obwohl nur interessiert und nicht zu-
gehörig, einen dazugehörigen Autor besser verstehen konnte als die-
ser sich selbst, zu Habermas, der es besser wusste als der darzustel-
lende Denkansatz.
6 K. Lenk, Von der Ohnmacht des Geistes. Kritische Darstellung der Spätphilosophie
Nur aus diesen Hintergründen wird die für alle Lager über-
raschende Phantasie Plessners verstehbar, die ihn 1960/61 ergreift,
sozusagen eine Möglichkeitsgeschichte innerhalb der Realgeschichte
des Denkansatzes, die er noch 1981 mit fast 90 Jahren nicht vergessen
haben wird: »Plessner erwähnte […] noch eine Episode, die ein Licht
auf sein Verhältnis zu Arnold Gehlen wirft. Als er nämlich das Buch
›Zeit-Bilder‹ (1960) von Gehlen gelesen habe, habe er spontan so
reagiert, dass er es nicht nur für ein ausgezeichnetes Buch hielt, son-
dern dass er, was Monika Plessner bestätigte, ausgerufen habe, dass
dieser Mann eigentlich sein Nachfolger in Göttingen werden sollte.
Dann hat Plessner auch mit Josef König, seinem engsten Freund in
Göttingen gesprochen.« 7 In Plessners Idee – Gehlen könne Nachfol-
ger auf dem von ihm bereiteten Lehrstuhl für Soziologie und Phi-
losophie werden – steckte offensichtlich die Phantasie, die Philoso-
phische Anthropologie könne doch noch aus sich selbst heraus ihre
Ordnung herstellen. Plessner schätzte nicht nur die ›Zeit-Bilder‹,
sondern auch ›Die Seele im technischen Zeitalter‹ 8 , und spürte deut-
lich die Nähe zu Gehlens Beiträgen – vom Quellgrund der Philo-
sophischen Anthropologie her, in der Diagnostik der Moderne, zu-
letzt in der ›Ästhetik‹. Vielleicht spielte – am Ende seiner Göttinger
Zeit – die schon aus den 40er Jahren stammende Schöfflersche Idee
mit, Göttingen in der Nachfolge Hartmanns zum geistigen Zentrum
der Philosophischen Anthropologie aus Köln zu machen. In jedem
Fall wichtig ist die wörtliche Formulierung des alten, sich erinnern-
den Plessner bezogen auf Gehlen: »daß er […] ausgerufen habe, daß
dieser Mann eigentlich sein Nachfolger in Göttingen werden sollte.« 9
Plessner hatte offensichtlich die Phantasie, dass er, indem er Gehlen
in Göttingen zu seinem »Nachfolger« mache, vor aller Welt die ge-
nealogische Reihenfolge innerhalb der Philosophischen Anthropolo-
gie insgesamt herstellen könne. Damit wird auch deutlich, dass seine
innerakademischen und öffentlichen Markierungen von Gehlens
Denken als ›biologistisch‹ oder ›autoritaristisch‹ in letzter Hinsicht
aus der Verletzung durch den Streit um die Philosophischen Anthro-
10 Ebd., S. 22.
11 A. Gehlen, Anthropologische Forschung. Zur Selbstbegegnung und Selbstent-
deckung des Menschen, Reinbek b. Hamburg 1961.
12 Ebd., S. 14.
13 Ebd., S. 141.
14 Ebd., S. 143.
15 Ebd. S. 142. A. Gehlen, Vom tätigen Leben (Besprechung: H. Arendt, Vita activa oder
18 Ebd., S. 242.
19 H. Plessner, Die Stufen des Organischen und der Mensch, a. a. O., S. 63.
20 H. Plessner, Immer noch philosophische Anthropologie?, GS VIII, S. 243.
21 Ebd., S. 246.
Noch bevor man von den Bedingungen der Vertiefung des Risses in
der Erscheinungsfläche spricht, ist von stabilisierenden, neutralen,
aber in Sachen Philosophische Anthropologie engagierten Faktoren
zu sprechen. Erich Rothacker veröffentlichte 1963 seine ›Heiteren
Erinnerungen‹ 23 , in der – bei allem Witz – die »feindlichen Brüder«
(so Rothacker 1958) Plessner und Gehlen nicht vorkamen, weil sie
vielleicht die Heiterkeit gestört hätten. 1964 brachte Rothacker seine
Vorlesung zur ›Philosophischen Anthropologie‹ von 1953/54 heraus,
ein populäres, weil anschauliches Buch, das 1966 in 2. Auflage er-
schien. 24 Darin war unabhängig von allen Spannungen sichtbar, dass
es sich bei Scheler, Plessner, Gehlen, Portmann u. a. um einen Denk-
ansatz handelte, der zugleich Differenzierungen mit sich führte. 1961
hatte Rothacker Plessner als Mitglied der Mainzer Akademie der
Wissenschaften und Literatur vorgeschlagen mit den Worten: »Noch
vor Max Scheler könnte man ihn den ersten Anreger der heute so
viel bearbeiteten ›Philosophischen Anthropologie‹ nennen.« 25 1966
erschienen Rothackers ›Schichten der Persönlichkeit‹ in der 6. Auf-
22 H. Schelsky, Die verschiedenen Weisen, wie man Demokrat sein kann, a. a. O., S. 138.
23 E. Rothacker, Heitere Erinnerungen, Frankfurt a. M./Bonn 1963.
24 E. Rothacker, Philosophische Anthropologie (1964), 2. verb. Aufl. Bonn 1966.
25 E. Rothacker, Antrag, Akademie der Wissenschaften und Literatur, 3. 10. 61, Nachlaß
26 Dekan W. Schmid 14. 10. 1965, Personalakte Rothacker (1785). Zur Gedenkfeier für
Rothacker am 11. 2. 1966 versammelten sich u. a. H. Plessner, J. Ritter, C. A. Emge,
H. Heimsoeth, H. Thomae, C. G. Graumann, R. Heiß, H. Kuhn, H. Schmitz, K.-O.
Apel, H. Blumenberg.
27 A. Gehlen, Das Engagement der Intellektuellen gegenüber dem Staat, GA 7, S. 253–
266.
28 Ch. Thies, Die Krise des Individuums. Zur Kritik der Moderne bei Adorno und Geh-
vative Bejahung der Institutionen. Eine Brief-Freundschaft, in: St. Dornuf/R. Pitsch
(Hrsg.), Wolfgang Harich zum Gedächtnis. Eine Gedenkschrift in zwei Bänden, Mün-
chen 1999, S. 462.
zen.« 31 Den Beobachtern schien es, als ob Adorno und Gehlen »vor-
einander anmutig groteske Tanzrituale aufführen, um sich gegensei-
tig zu versichern, wie nahe sie sich überraschender Weise seien, wäh-
rend sie doch Welten trennten.« 32 Gehlens Bewunderer Wolfgang
Harich, der das Nachtstudio-Gespräch von Ostberlin aus verfolgte,
warf ihm brieflich 33 vor, nicht genügend zum Zuge gekommen zu
sein und sich teilweise gefallen lassen zu haben, dass Adorno ihn
gar nicht zu Wort kommen ließ. Ihm, Harich, seien an einigen Stel-
len Zitate aus Gehlens Werken eingefallen, die als passende Antwor-
ten auf Adornos Argumente geeignet gewesen wären. Leider, fügt
Harich noch in Erinnerung ihrer gemeinsamen Bezugsfigur hinzu,
würde Gehlen wohl nicht wie Nicolai Hartmann vorgehen, der seine
eigenen Texte im Kopf gehabt und mit scheinbarer Improvisation
von ihnen Gebrauch gemacht habe. Inhaltlich lässt sich im Nach-
hinein vermuten, dass Gehlens gesellschaftstheoretische Diagnostik
einer »kulturellen Kristallisation« der Moderne ›konservativ‹ vor
dem Hintergrund von Adornos geschichtsphilosophisch-utopischer
Erwartung wirkte, die »moderne Kultur […] enthalte immer noch
Sprengstoff, der den gegenwärtigen Zustand zerstören und neue
Bahnen eröffnen kann.«
Vor dem Hintergrund vor allem der Kritischen Theorie der Gesell-
schaft – und von einer revolutionären Transformationserwartung aus
gesehen – konnte Gehlens Gesellschaftstheorie der Moderne ins-
gesamt ›konservativ‹ erscheinen. Von ihrer Argumentation her war
seine Theorie des »nachgeschichtlichen Zeitalters« der Moderne eine
gesellschaftstheoretische Diagnostik, die die Möglichkeit bestritt, mit
einer nochmaligen »Schlüsselattitüde«, mit einer nochmaligen Über-
bietungsgeste die Moderne übersteigen zu können – eine These, die
Luhmann kurze Zeit später, nicht unbeeindruckt von Gehlen und der
Philosophischen Anthropologie, aber doch mit eigenen Denkmitteln
31 Th. W. Adorno und A. Gehlen, Ist die Soziologie eine Wissenschaft vom Menschen?
Ein Streitgespräch, in: F. Grenz, Adornos Philosophie in Grundbegriffen. Auflösung
einiger Deutungsprobleme, Frankfurt a. M. 1974, S. 245. Das Gespräch wurde vom SFB
und vom NDR im Dritten Programm 1965 gesendet.
32 K. Korn, Kulturkritik zwischen Skepsis und Spekulation [Zu Gehlen: ›Die Seele im
technischen Zeitalter‹], in: G. Rühle (Hrsg.), Bücher, die das Jahrhundert bewegten.
Zeitanalysen – wiedergelesen, Frankfurt a. M. 1980, S. 193.
33 Indirekte Wiedergabe des Briefes vom 8. 5. 1965 bei K.-S. Rehberg, Kommunistische
37 Vgl. dazu die Erinnerungen von M. Plessner, Die Argonauten auf Long Island. Be-
gegnungen mit Hannah Arendt, Theodor W. Adorno, Gershom Scholem und anderen,
a. a. O.
38 Der Schweizer Industrielle Reimers wollte – im Sinne Teilhard de Chardins und
seiner Anthropologie – ein Institut gründen; nach dem Tod des französischen Anthro-
pologen sprang Portmann ein und zog Plessner in den wissenschaftlichen Beirat der jetzt
vollzogenen Gründung der Stiftung mit Sitz in Bad Homburg.
39 H. Plessner, Die Stufen des Organischen und der Mensch. Einleitung in die philoso-
41 Ebd., S. XI.
42 Ebd., S. 293.
43 Ebd., S. XI.
44 Ebd., S. XIf. Plessner zitiert E. Frhr. v. Eickstedt, Anthropologie mit und ohne An-
thropos, in: Homo. Zeitschrift für die vergleichende Forschung am Menschen. Organ
der Deutschen Gesellschaft für Anthropologie, Jg. 14 (1963), Bd. 1, S. 11.
45 E. Frhr. v. Eickstedt, Rassenkunde und Rassengeschichte der Menschheit, Stuttgart
1934. Dieses Werk erschien in der 2. Auflage seit 1937 in Lieferungen unter dem Titel:
Die Forschung am Menschen, Teil 1: Geschichte und Methoden der Anthropologie,
Stuttgart 1940; Teil 2: Physiologische und morphologische Anthropologie, Stuttgart
1944; Teil 3: Psychologische und philosophische Anthropologie, Stuttgart 1963. – Aus
dem letzten Teilband stammte v. Eickstedts auch in dem angeführten Aufsatz vorliegen-
de Darstellung von Plessners Werk; vgl. ebd., S. 2597.
46 H. Plessner, Die Stufen des Organischen und der Mensch, a. a. O., S. XV.
47 Ebd., S. XVI.
48 Ebd., S. XVIII.
49 Vgl. die umsichtige Besprechung von F. Rodi, Conditio humana. Zu der gleichnami-
gen Schrift von Helmuth Plessner und zur Neuauflage seines Buches: ›Die Stufen des
Organischen und der Mensch‹, in: Zeitschrift für philosophische Forschung, Jg. 19
(1965), S. 705–706.
50 Plessner entdeckte in diesen Jahren überhaupt, ermutigt durch Portmanns Zuspruch,
seine originäre Theorie des Organischen wieder. Vgl. H. Plessner, Ein Newton des Gras-
halms? (1964), GS VIII, S. 247–266.
51 H. Plessner, Die Stufen des Organischen und der Mensch, a. a. O., S. XXIII.
52 H. Plessner, Der Mensch als Lebewesen. Adolf Portmann zum 70. Geburtstag (1967),
GS VIII, S. 314–327.
53 Ebd., S. 324.
54 A. Gehlen, Ein anthropologisches Modell, GA 4, S. 203–215.
55 Gehlen schrieb an den Herausgeber der Zeitschrift ›The Human Context‹, in dem
sein Beitrag auf deutsch und englisch erschien, dass er in einer Art »methodologischem
Selbstporträt« schildern wolle, »welche Prämissen vorlagen, welches Projekt ich mir
vornahm und welche methodischen Schritte sich ergaben. Dabei kann ich nicht vermei-
den, daß gewisse sonst für die Öffentlichkeit uninteressante autobiographische Details
zur Sprache kommen, sonst werden die Prämissen nicht klar.« Gehlen an P. A. Senft
7. 1. 1967, zit. n. K.-S. Rehberg, Nachweise zur Textgeschichte, GA 4, S. 416.
Gehlen gab 1968 gleich noch eine indirekte Antwort auf Plessners
Unterstellung, er – Gehlen – entfalte nur eine »biologische Verhal-
tenslehre des Menschen«. Demonstrativ setzte er in einem Vortrag
1967.
Wolf Jobst Siedler: Joachim Günther, in dessen ›Neuen Deutschen Heften‹ Gehlen in
den 60er Jahren einer der Hauptautoren werden wird, schreibt 1954 über Plessner in
einer Besprechung von ›Zwischen Philosophie und Gesellschaft‹ : »Plessner […] ist ein
ebenso ausgezeichneter Philosoph, wie er andererseits bis in die Nuancen seines Stils
Dieser Eindruck schien sich zu bestätigen, als beide Autoren mit Al-
terswerken weitere inhaltliche Beiträge zur Philosophischen Anthro-
pologie vorlegten. Gehlen macht 1969 Furore, als er mit ›Moral und
Hypermoral‹ eine »pluralistische Ethik« 66 vorlegt, die vier nicht auf-
einander rückführbare »Sozialregulationen«, einen »Pluralismus
mehrerer ethischer Instanzen« herauszupräparieren sucht: das Ethos
der Gegenseitigkeit, das Ethos der »physiologischen Tugenden« 67 ,
das Ethos der Familiarität und das Ethos der Institutionen insonder-
heit des Staates. Unter der Voraussetzung, dass die Menschen zu-
meist in moralischen Mischzuständen leben, konnte Gehlen struk-
turell auf Spannungen zwischen diesen pluralen Ethosformen durch
strukturelle »Elargierungen« oder »Überdehnungen« jeweiliger
Ethosformen eingehen. Dabei waren die ganzen Ausführungen ge-
genwartsdiagnostisch mit der Kritik einer zeitgenössischen »Hyper-
moral«-Lage durchzogen, in der unter Führung der Intellektuellen
hinein auch ein Mann der ›guten Gesellschaft‹ ist. […] Plessners dialektisch und sprach-
lich gleich gut geführte Feder erinnert bisweilen an die besten kulturphilosophischen
Essais Simmels, ohne sich so weit, wie oftmals das Simmelsche Philosophieren, in die
Seidengespinste persönlicher Spekulationen zu verlieren. Das merkt man besonders an
den mit konkreten Gegenwartsbeziehungen gesättigten Arbeiten Plessners, die ins en-
gere soziologische Gebiet weisen.« J. Günther, Besprechung: H. Plessner, Zwischen Phi-
losophie und Gesellschaft, in: Deutsche Rundschau, Jg. 80 (1954), S. 410–411. – Und
Wolf Jobst Siedler 1962 in einer Umfrage: ›Kritiker antworten: Das sollten Bestseller
sein!‹ : »Ich mache zuerst Helmuth Plessner namhaft, einen Kopf allerersten Ranges, im
Grenzgebiet zwischen Philosophie und Soziologie denkend, mit Blicken auf seelische
Zwischenschichten, die ihn den großen Psychologen der Zeit zuordnen. Die großen
politischen und gesellschaftswissenschaftlichen Werke an dieser Stelle beiseite lassend,
führe ich vor allem die Essays ›Über das Lächeln‹ und ›Lachen und Weinen‹ an, die zwar
in engen Zirkeln einigen Ruhm genießen, der jedoch in keinem Verhältnis zu der Macht
steht, die Heidegger, Jaspers oder Adorno über das intellektuelle Deutschland besitzen.«
W. J. Siedler, Stellungnahme zu: Kritiker antworten: Das sollten Bestseller sein!, in:
Westermanns Monatshefte, Jg. 103 (1962), H. 11, S. 19.
66 A. Gehlen, Moral und Hypermoral. Eine pluralistische Ethik, Frankfurt a. M./Bonn
1969.
67 »Physiologische Tugenden« meint nicht Tugenden der Physis oder der Natur, son-
dern das Ethos, das sich in diesen Tugenden um die »physiologischen« Aspekte des
Körpers kümmert, sei es im Mitleid um den Schmerz des Anderen, in der Schutz- und
Pflegereaktion um die Hilflosigkeit der Kinder oder im Eudämonismus sich um das
eigene Wohlbefinden sorgend.
Gehlens Ethik, in: Ders., Philosophisch-politische Profile. 3., erweit. Aufl. Frankfurt
a. M. 1981, S. 107–126. – Zuerst in Merkur, Jg. 24 (1970), S. 313–127.
70 H. Plessner, Trieb und Leidenschaft (1971), GS VIII, S. 370.
hat ihn je von sich entfremdet. Und keine Art von Arbeit kann ihn
um seine Möglichkeiten bringen. So kehrt denn der Mensch auch nie
zurück. Auf die dem Marxismus inhärente Romantik von Entfrem-
dung und Heimkehr müssen wir verzichten und uns ihren illusionä-
ren Charakter eingestehen.« 72
Und wenn Plessner in seinem letzten großen Text von 1970, der
›Anthropologie der Sinne‹ 73 , anknüpfend an die ›Einheit der Sinne‹
von vor fast fünfzig Jahren und diese nun noch einmal als Kom-
plement seiner »Philosophischen Anthropologie« begreifend 74 , sys-
tematisch die Pluralität der Welt- und Selbstregulationen in der
irreduziblen Differenz der Sinne, v. a. der heterogenen Aufschlie-
ßungsmöglichkeiten von Auge und Ohr, herausarbeitet und zugleich
systematisch auf das Problem der »Einheit der Sinne« abzielt als je-
weils zu leistender »Verkörperung« des Menschen, dann scheint er
sachlich von Gehlens »pluralistischer Ethik« als der Frage der Pro-
portion der verschiedenen Ethosformen zueinander nicht so weit ent-
fernt. Ob »Einheit« des moralischen oder ästhesiologischen Bewusst-
seins, in jedem Fall geht es den Protagonisten der Philosophischen
Anthropologie offensichtlich darum, die jeweiligen differenten Mo-
mente nicht als geschichtliche Abfolge von Entwicklungsstufen zu
rekonstruieren, kein Stadiengesetz und keine Evolutionslogik, auch
keine abschließende Synthese der differenten Momente zu postulie-
ren, sondern eine parataktische Balance von nicht aufeinander rück-
führbaren Größen zu rekonstruieren, in Abwehr der »Elargierung«
jeweils einer Größe zuungunsten anderer. Bereits Plessner hatte in
seinen ›Grenzen der Gemeinschaft‹ von 1924 den Pluralismus
mehrerer Ethosformen nebeneinander gesehen (Vernunftmoral, Dis-
tanzmoral, Vertrautheitsmoral) und systematisch ihre jeweiligen
»Grenzen« aufgewiesen als Voraussetzung der Beobachtung von
»Überdehnungen« jeweiliger Geltungsansprüche. Plessners »Kritik
des sozialen Radikalismus« von 1924 fungierte also bereits damals
als eine Kritik der »Hypermoral«, die Gehlen jetzt 1970 vorlegte.
72 Ebd., S. 366.
73 H. Plessner, Anthropologie der Sinne (1970), GS III, S. 321–393.
74 H. Plessner, Philosophische Anthropologie. Lachen und Weinen, Das Lächeln, An-
thropologie der Sinne, hrsg. v. G. Dux, Frankfurt a. M. 1970. Plessner fügte diese ›An-
thropologie der Sinne‹ zusammen mit ›Lachen und Weinen‹ und dem ›Lächeln‹ zur
›Philosophischen Anthropologie‹, die in der Reihe ›Conditio humana‹ des S. Fischer Ver-
lages figurierte und die damit Kerntexte seiner an Phänomenen ›durchgeführten‹ Phi-
losophischen Anthropologie enthielt.
Insofern ist es nur scheinbar ein Widerspruch, dass es trotz der fort-
während erneuerten und vertieften Spannungsverhältnisse zwischen
Plessner und Gehlen in diesen Jahren insgesamt zur veritablen Wir-
kungsgeschichte der Philosophischen Anthropologie kam. Obwohl
die Referenzautoren wegen ihrer Querelen die Repräsentanz des An-
satzes treiben ließen, lag die philosophisch-anthropologische Gedan-
kenbildung tiefenstrukturell in den Kernaussagen doch dicht genug
beieinander, so dass sich eine Strömung Philosophische Anthropolo-
gie bildete, die unabhängig von Distanzgesten ihrer Protagonisten
driftete. Schon in den 1950er Jahren an Wirkung gewinnend, gerie-
ten vor allem noch in den 60er Jahren neue Kräfte in verschiedenen
Disziplinen in das Einflussfeld der Philosophischen Anthropologie.
1967 erschien in der ›Encyclopedia of Philosophy‹ der Artikel ›Phi-
losophical Anthropology‹, der den Denkansatz auch international als
eine Strömung kodifizierte – »Modern philosophical anthropology
originated in the 1920s. During the 1940s it became the representati-
ve branch of German philosophy« – und erste Hinweise auf die Wir-
kungsgeschichte dieser Gegenwartsströmung in der Psychologie und
der Biologie der 60er Jahre gab. 75 Aus westdeutscher Sicht war die
Wirkung allerdings gerade in der Soziologie besonders greifbar, we-
gen des Übergangs von Gehlen und Plessner von der Philosophie zur
Soziologie natürlich gerade dort. Rückblickend darf man die Wir-
kungsgeschichte der Philosophischen Anthropologie aber nicht ver-
engt auf eine Disziplin erzählen; sie sprang eben neben der Soziolo-
gie auch auf Köpfe der bundesrepublikanischen Philosophie über, ob-
wohl sie dort seit 1954 (Emeritierung Rothacker) über keinen Lehr-
stuhl mehr verfügte, beeinflusste aber eben auch die Theologie und
Fragestellungen und Forschungen in der Psychologie, Medizin-
anthropologie, in der Naturphilosophie und philosophischen Bio-
logie.
https://doi.org/10.5771/9783495999899
Driften (1961–1969)
innern, dass wie bereits bei Scheler v. a. in Plessners ›Stufen des Or-
ganischen und der Mensch‹ der thematische Schwerpunkt des gesam-
ten Buches auf einer Philosophie des Lebens, der Pflanze und des
Tieres – eben dem »Kosmos der lebendigen Form« – liegt, ehe es sich
im abschließenden VII. Kapitel überhaupt dem Menschen zuwendet.
H. André gab eine Monographie zur Pflanze, Buytendijk eine zum
Tier. 80 Gerade weil die Philosophische Anthropologie nicht anthropo-
zentrisch ansetzt, gerade weil sie die Wesensdifferenz nicht durch
Abscheidung vom Organischen, sondern innerhalb der Lebenssphäre
von Pflanze und Tier zu gewinnen sucht, wird bereits der Pflanze und
v. a. dem Tier viel an eigenen Qualitäten eingeräumt.
sche-ontologische Betrachtungen, Breslau 1934; dies., Bios und Psyche. Zwei Vortrags-
folgen, Hamburg 1949; dies., Der Selbstaufbau der Natur. Entelechien und Energien,
Hamburg 1944, 2. Aufl. 1961.
80 F. J. J. Buytendijk, Wege zum Verständnis der Tiere, Zürich/Leipzig 1938.
81 A. Portmann, Das Problem des Lebendigen, in: Handbuch der allgemeinen Patho-
1948 als Wirkung eines Biologen in die Kulturwissenschaften. Seine biologischen Bei-
träge 1956–1963: A. Portmann, Aufbruch der Lebensforschung, Zürich 1965.
84 A. Portmann, Neue Wege der Biologie, München 1960, 3. Aufl. 1965.
85 H. Arendt, Vom Leben des Geistes, Bd. I, Das Denken (1971), München/Zürich 1977,
S. 37.
86 Ebd., S. 40.
Metaphysics, Vol. XX (1966), No. 2, S. 250–277. – M. Grene besorgte auch die ame-
rikanische Ausgabe von Plessners ›Lachen und Weinen‹ : H. Plessner, Laughing and
Crying. A Study of the Limits of Human Behavior, transl. by M. Grene with J. Chur-
chill, Northwestern University Press 1970.
90 M. Grene, People and other animals (1972), in: Dies., The understanding of nature,
a. a. O., S. 346–360.
91 Ebd., p. 356 f.
92 Ebd., p. 354.
93 Ebd., p. VIII.
94 Vgl. ihre Antwort auf R. Rortys Beitrag zu ihrer Festschrift (»Rorty says I want to
95 H. Jonas, The Phenomenon of Life. Toward a Philosophical Biology, New York 1966.
– Auf deutsch: Ders., Organismus und Freiheit. Ansätze zu einer philosophischen Bio-
logie, Göttingen 1973; erneute Auflage unter dem neuen Titel: Das Prinzip Leben. An-
sätze zu einer philosophischen Biologie, Frankfurt a. M./Leipzig 1994.
96 M. Grene, Besprechung: H. Jonas, The Phenomenon of Life. Toward a philosophical
diese Information als »persönliche Mitteilung« Plessners an ihn: Die Soziologie – ein
Werkzeug der Freiheit?, in: J. Friedrich./B. Westermann (Hrsg.), Unter offenem Hori-
zont. Anthropologie nach Helmuth Plessner, a. a. O., S. 332.
110 A. Portmann, Die Stellung des Menschen in der Natur, in: L. v. Bertalanffy (Hrsg.),
Handbuch der Biologie, Bd. IX, Konstanz 1965, S. 437–460, wiederabgedr. in: Ders.,
Zoologie aus vier Jahrzehnten. Gesammelte Abhandlungen, München 1967, S. 312–
336. – H. H. Hemminger/M. Morath, Der Mensch – eine physiologische Frühgeburt,
in: H. Wendt (Hrsg.), Die Sonderstellung des Menschen. Kindlers Enzyklopädie Der
Mensch, Bd. IV, Zürich 1981, S. 117–129.
111 J. Illies war Professor für Biologie in Gießen, außerdem Leiter des Max-Planck-In-
stituts für Limnologie (Biologie der Flußgewässer), und arbeitete zur Zoologie, Anthro-
pologie und Ökologie. – J. Illies, Zoologie des Menschen. Entwurf einer Anthropologie,
München 1971.
112 K. Lorenz, Über tierisches und menschliches Verhalten. Aus dem Werdegang der
(Hrsg.), Standorte im Zeitstrom. Festschrift für Arnold Gehlen zum 70. Geburtstag am
29. Januar 1974, Frankfurt a. M. 1974, S. 197–226.
Und noch eine aufschlussreiche Spur der explizit mit einer philoso-
phischen Biologie arbeitenden Philosophischen Anthropologie lässt
sich verfolgen. 1973 legt der französische Philosoph Edgar Morin
ein Buch zu ›La nature humaine‹ vor, in dem er die Forschungen
von Lorenz und v. a. Eibl-Eibesfeldt, die Primatenforschung von Go-
dall und die Neotenie-These von Bolk mit den neueren Studien zur
»Selbstorganisation« (von Foerster) und »Autopoetic Systems« von
Maturana sowie die Soziologien der französischen lebensphilosophi-
schen Tradition, v. a. von G. Bataille und R. Callois, aber auch Lacan,
zusammenzieht, um aus einer konzeptionellen Rekonstruktion des
biologischen Wissens von Tieren und Menschen einen komplexen
Begriff des Menschen zu gewinnen. Dieser Begriff soll seine sowohl
rationalen wie auch seine ekstatischen Seiten erreichen. A. Portmann
stellte im Vorwort zur deutschen Ausgabe (›Das Rätsel des Huma-
nen‹) die theoriegeschichtlichen Bezüge her: »Im Jahre 1928 hat Hel-
muth Plessner in einem bedeutenden Werk das Wesen des Menschen
als ›natürliche Künstlichkeit‹ bezeichnet und damit im Grunde den
Gegensatz begraben zwischen dem Versuch, den Menschen um jeden
Preis als Tier zu erfassen oder ihn ebenso gewaltsam der Tierheit zu
isolieren. […] 1973 ist in Frankreich das Werk erschienen, […], in
dem Edgar Morin die menschliche Situation als ›la nature culturelle‹
kennzeichnet, und damit die Formel Plessners, unabhängig von ihm,
in die Mitte einer offenen Theorie vom Menschen stellt.« 115 Port-
mann weist ausdrücklich auf das Kapitel »homo sapiens/demens«
hin, das er für das bedeutendste des Buches hält. Morin kreist dort
um die Komplementarität der Monopole der Vernunft und des
Wahnsinns, von Rationalität und ›Exzentrik‹, thematisiert die auf
Grund der »Rückbildung der genetischen Programme«, dem Wech-
114 I. Eibl-Eibesfeldt, Die Biologie des menschlichen Verhaltens. Grundriß der Human-
116Ebd., S. 129 f.
117D. Wyss/G. Huppmann, Die Bedeutung Max Schelers für die Medizinische Anthro-
pologie, in: P. Good (Hrsg.), Max Scheler im Gegenwartsgeschehen der Philosophie,
Bern/München 1975, S. 215–224.
seins« 118 ist die Welt umgekehrt zugleich in dieses Lebewesen hin-
eingeöffnet. Plessner nannte das – z. B. in einem Aufsatz von 1968 –
präzise den »kategorischen Konjunktiv«, das für den Menschen
unbedingte, keinen Widerspruch duldende »Gepacktwerden von der
Imagination im verführerischen und verräterischen Modus des
›Könnte‹« – des Möglichkeitssinns. 119 Im Erleiden der »Phantasie«,
diesem Versetzungsorgan der exzentrischen Position, in dieser par-
tiellen »Entschränkung und Enthemmung der eigenen Person« lie-
gen ihre jeweiligen biographischen – mit ihren auch pathologischen
– Möglichkeiten: »Fortgerissen kommt sie von sich los; auf eine
Weise, die sie sich selbst von sich aus nicht verschaffen kann.« 120
Damit bestimmte Plessner das Phänomen der »Leidenschaft«, des
Begehrens bis hin zu den pathologischen Möglichkeiten des Wahns
und der Sucht als spezifisch menschliche Möglichkeiten. »Der Ver-
gegenständlichung des eigenen Körpers und der Umgebung«, die
mit der exzentrischen Positionalität gegeben sind, »entspricht – was
oft übersehen wird – eine Fähigkeit zum Entgegengesetzten, der
Verunsachlichung und der Ergriffenheit, die mit dem Aktiv-Charak-
ter der Objektivierung korrespondiert. Wie die erstgenannte Kapa-
zität des Menschen seiner exzentrischen Position vorbehalten ist, so
auch die zweite der Ergriffenheit, der Fähigkeit des Erleidens der
Passion, der Leidenschaft bis hin zum Selbstverlust.« 121 »Exzentri-
sche Positionalität« impliziert ein Verkehrungspotential: Perversität,
Süchte und Leidenschaften sind nur einem exzentrisch positionier-
ten Lebewesen möglich. Die Philosophische Anthropologie bot also
jenen Psychologen und Medizinern Rückhalt, die einen Raum zwi-
schen experimentell-empirischer Psychologie einerseits und ortho-
doxer Psychoanalyse andererseits offenhalten wollten, wobei sie sich
häufig mit der zeitgleich entstandenen existenzphilosophischen
Strömung verband, zu deren innenzentrierten Subjektivismus die
Philosophische Anthropologie durch ihre Rückbindung an die Fak-
tizität der naturalen Körperlichkeit ein gewisses objektives Gegen-
gewicht bildete. 122 Insofern ist es wirkungsgeschichtlich richtig, eine
118 H. Plessner, Über den Begriff der Leidenschaft (1950), GS VIII, S. 72.
119 H. Plessner, Der kategorische Konjunktiv. Ein Versuch über die Leidenschaft (1968),
GS VIII, S. 350.
120 H. Plessner, Über den Begriff der Leidenschaft, GS VIII, S. 72.
wirkungen insbesondere auf die Psychiatrie und Psychotherapie, in: H. Balmer (Hrsg.),
Psychologie des 20. Jahrhunderts, Bd. I: Die europäische Tradition. Tendenzen – Schulen
– Entwicklungslinien, Zürich 1976, S. 461–509.
124 H. Kunz, Die anthropologische Bedeutung der Phantasie, 2 Bde. Basel 1946.
125 H. Kunz, Die Erweiterung des Menschenbildes in der Psychologie Sigmund Freuds,
in: H.-G. Gadamer/P. Vogler (Hrsg.), Neue Anthropologie, Bd. 6: Philosophische An-
thropologie I, Stuttgart 1972, S. 44–113.
126 W. Keller, Psychologie und Philosophie des Wollens, München 1954. – Ders., Selbst-
phische Grundlagen der Psychologie lehrte, entwickelte in den 60er Jahren eine Anthro-
pologie des Traumes und eine Theorie der »Wirklichkeit des Psychischen« aus den Kon-
stituenten »Leiblichkeit«, »Weltlichkeit«, »Zeitlichkeit« und »Begegnung«. D. v. Uslar,
Die Wirklichkeit des Psychischen, Pfullingen 1969. – Ders., Ontologische Voraussetzun-
gen der Psychologie, in: H.-G. Gadamer/P. Vogler (Hrsg.), Neue Anthropologie, Bd. 5:
Psychologische Anthropologie, Stuttgart 1973, S. 386–413.
129 Rencontre/Encounter/Begegnung. Contributions à une psychologie humaine dédi-
1967, S. 21.
131 C. A. Peursen, Leib, Seele, Geist. Einführung in eine phänomenologische Anthro-
1964.
133 F. J. J. Buytendijk/P. Christian/H. Plügge, Über die menschliche Bewegung als Ein-
heit von Natur und Geist, Schorndorf b. Stuttgart 1963. Vgl. dazu ausführlich St. Rieger,
Kybernetische Anthropologie. Eine Gechichte der Virtualität, Frankfurt a. M. 2003,
S. 375–446.
134 P. Christian, Vom Wertbewußtsein im Tun. Eine Beitrag zur Psychophysik der Will-
von Heinrich von Kleist, in: F. J. J. Buytendijk/P. Christian/H. Plügge, Über die mensch-
liche Bewegung als Einheit von Natur und Geist, a. a. O., S. 45–77.
136 Dissertation bei Rothacker: H. Thomae, Bewußtsein und Leben. Versuch einer Sys-
ackers, in: G. Martin/H. Thomae/W. Perpeet, In memoriam Prof. Erich Rothacker, Bonn
1967, S. 13–26.
138 F. Mathey, Zur Schichttheorie der Persönlichkeit. In: Ph. Lersch/H. Thomae (Hrsg.),
1968. – Ders., Formen der Daseinsermöglichung, in: H.-G. Gadamer/P. Vogler (Hrsg.),
Neue Anthropologie, Bd. 5: Psychologische Anthropologie, Stuttgart 1973, S. 317–348.
141 Ein anderer Schüler Rothackers, W. J. Revers, der sich bei ihm in den 40er Jahren mit
142 H. Schmitz, Der Leib. System der Philosophie, Bd. II. 1, Bonn 1965, S. 596 f.
143 H. Plessner, Lachen und Weinen, GS VII, S. 138.
144 H. Schmitz, Einführung in die Phänomenologie des leiblichen Befindens, in: Ders.,
Subjektivität. Beiträge zur Phänomenologie und Logik, Bonn 1968, S. 83–95. – Die Re-
zeption der Leibphänomenologie von H. Schmitz setzt allerdings erst Mitte der 80er
Jahre ein.
145 H. Schmitz, Subjektivität. Beiträge zur Phänomenologie und Logik, a. a. O.
tingen/Heidelberg 1960.
151 E. Straus, Die Ästhesiologie und ihre Bedeutung für das Verständnis der Halluzina-
zwischen Straus 154 und Plessner, sozusagen als später Ausgleich für
den unterbliebenen Kontakt der beiden Ästhesiologien Anfang der
30er Jahre. Auf einer von Straus organisierten Konferenz 1964 trug
Plessner zum ersten Mal auf Englisch seine in ›Lachen und Weinen‹
ausgearbeitete Differenz zwischen Leibsein und Körperhaben als un-
ausgleichbarer Grundbeziehungen des Menschen zu sich und zur
Welt vor. Der Text ›On human expression‹ kursierte seitdem inner-
halb der anthropologisch-existential-phänomenologischen Szene der
Psychologie. 155
Plessner trug aber auch dadurch zur anthropologischen Psycho-
logie und medizinischen Anthropologie bei, dass er als Philosophi-
scher Anthropologe, motiviert durch seine hartnäckige Kritik an der
Körper-Vergessenheit der deutschen Existenzphilosophie, auf dem
6. Deutschen Kongress für Philosophie 1960 ein Symposion über
»Probleme der Psychosomatik« veranstaltete, zu dem er Philosophen
und Mediziner einlud. 156 In der Diskussion mit dem Psychosomati-
ker Thure von Uexküll, den Psychoanalytikern W. Loch und A. Mit-
scherlich, dem Psychopathologen Müller-Suur u. a. brachte er syste-
matisch das Denkmodell der Philosophischen Anthropologie aus den
20er Jahren in die Debatte: das Verhältnis der Person zum Körperleib
als gewisser Spielraum, in dem der Umschlag in unbeherrschte kör-
perliche Vorgänge Antwortcharakter, also Sinn besäße, wie schon der
normale Grenzfall von Weinen und Lachen demonstriere: »Ein Ding
kann auseinanderfallen, ein Tier kann verstört werden, aber nur der
Mensch kann eine Krisis bewältigen, das heißt durch das Auseinan-
derfallen jeder persönlichen Struktur und dem Aufgeben aller Ver-
bindungen zur Welt aufs Neue geboren werden und dennoch dersel-
be sein« – so fasste Buytendijk dieses Muster zusammen. 157 Unter
dem Einfluss von Plessners und Buytendijks Einsatz, Philosophische
154 E. Straus, Embodiment and Excarnation, in: M. Grene (ed.), Toward a unity of
knowledge (Psychological issues, Vol. 6, No. 2), New York 1969, S. 217–250.
155 H. Plessner, On human expression, in: E. Straus (ed.), Phenomenology: pure and
bleme der Psychosomatik (Leitung Plessner), in: H. Kuhn (Hrsg.), Sechster deutscher
Kongreß für Philosophie München 1960. Das Problem der Ordnung, Meisenheim a.
Glan 1962, S. 304–313; auch abgedr. in: Psyche, Jg. 15 (1961), S. 98–104.
157 F. J. J. Buytendijk, Psychologie des Romans, Salzburg 1966, S. 54.
158 H. Plügge, Der Mensch und sein Leib, Tübingen 1967. – Ders., Vom Spielraum des
Schelsky (1912–1984), in: D. Kaesler (Hrsg.), Klassiker der Soziologie, Bd. II: Von Tal-
cott Parsons bis Pierre Bourdieu, a. a. O., S. 90 f.
164 H. Schelsky, Ortsbestimmung der deutschen Soziologie, Düsseldorf/Köln 1959.
166 Ebd., S. 91 f.
167 Ebd., S. 96.
168 R. Dahrendorf, Homo Sociologicus: Versuch zur Geschichte, Bedeutung und Kritik
Freiburger Antrittsvorlesung vom 7. Juli 1966 (erw. Fassung) (1967), 4. Aufl. Tübingen
1975.
173 H. P. Bahrdt, Zur Frage des Menschenbildes in der Soziologie, in: Europäisches Ar-
175 F. Tenbruck, Zur deutschen Rezeption der Rollentheorie, in: Kölner Zeitschrift für
Eine Theorie der Wissenssoziologie (amerik. 1966). Mit einer Einleitung zur deutschen
Ausgabe von Helmuth Plessner. Übersetzt von Monika Plessner, Frankfurt a. M. 1969
(Reihe Conditio humana), S. 76–83. Vgl. später auch: Th. Luckmann, Persönliche Iden-
tität, soziale Rolle und Rollendistanz, in: Identität, hrsg. v. O. Marquard/K.-H. Stierle
(Poetik und Hermeneutik VIII), München 1979, S. 293–314.
Zur Theorie und Praxis sozialer Beziehungen, Hamburg 1984, S. 484. So bereits: Dies.,
Kritik der Rollentheorie und ihrer Anwendung in der bürgerlichen deutschen Sozio-
logie, Frankfurt a. M. 1972.
180 J. Habermas, Zwischen Philosophie und Wissenschaft. Marxismus als Kritik (Vor-
trag 1960, Erstveröffentlichung 1963), in: Ders., Theorie und Praxis. Sozialphilosophi-
sche Studien, 4. erw. Aufl. Frankfurt a. M. 1971, S. 239.
181 F. Haug, Kritik der Rollentheorie, a. a. O., S. 104.
182 H. Joas, Die gegenwärtige Lage der soziologischen Rollentheorie (1971), 3. Aufl.
Wiesbaden 1978.
nis von sozialer Rolle und menschlicher Natur.« 184 Entsprang somit
in der Identifikation mit einer Rollenfigur zugleich überhaupt der
individuelle Spielraum des Rollenspielers, gleichsam seine private
Existenz, so machte der Plessner-Schüler Hans Paul Bahrdt umge-
kehrt auf die Bedeutung dieser Individualität bei der situationsbezo-
genen Ausübung von Rollenvorschriften im sozialen Gefüge auf-
merksam, auf das reflexive und zugleich kreative Moment der
Rollendistanz. Gegen Dahrendorfs Vorstellung einer reinen Konfor-
mität des Positionsträger gegenüber den ihm objektiv gegenüber ste-
henden Rollenvorschriften erläuterte er die Notwendigkeit der »Ei-
genleistung« bei der Konkretisierung der »Rollenerscheinung«, der
spontanen Interpretation von vagen Rollenerwartungen seitens des
geforderten Individuums, damit die jeweilige Rolle als gesellschaft-
liches Funktionselement konkretisiert werden konnte. 185
Die gesamte Debatte um die Fruchtbarkeit des Rollenbegriffs
ermöglichte es dem Paradigma der Philosophischen Anthropologie
auch, das Potential der Intersubjektivitätstheorie in der deutschen
Soziologie zu entfalten und den Rollenbegriff auf seine interaktive
Dimension hin zu öffnen. Enthielten schon Schelers ›Phänomenolo-
gie der Sympathiegefühle‹ mit dem wirkungsgeschichtlich bedeut-
samen Lehrstück »vom fremden Ich«, Plessners ›Grenzen der
Gemeinschaft‹ mit dem Theorem der Maskenbildung im Erblicktwer-
den durch den Anderen und Löwiths ›Das Individuum in der Rolle
des Mitmenschen‹ genuine Sozialkategorien, in denen die »Rezipro-
zität der Perspektiven« (Th. Litt) systematisch expliziert worden war,
so disponierte schließlich Portmanns ontogenetische Auslegung der
›exzentrischen Positionalität‹ als ›extrauterines Frühjahr‹ zur soziali-
sationstheoretischen Ausarbeitung. Die von Gehlen – vor jeder an-
deren Sekundärrezeption – geleistete deutschsprachige Eingemein-
dung des interaktionistischen ›role-taking of the other‹ von George
H. Mead Anfang der 50er Jahre 186 – in unmittelbarer Nähe mit dem
Referat von Plessners Kategorie ›exzentrische Positionalität‹ – er-
schloss jetzt in der Rollendebatte – z. B. in der Meadrezeption bei
184 H. Plessner, Die Frage nach der Conditio humana, GS VIII, S. 204.
185 H. P. Bahrdt, Zur Frage des Menschenbildes, a. a. O., S. 121.
186 K.-S. Rehberg, Die Theorie der Intersubjektivität als eine Lehre vom Menschen.
George Herbert Mead und die deutsche Tradition der ›Philosophischen Anthropologie‹,
in: H. Joas (Hrsg.), Das Problem der Intersubjektivität. Neuere Beiträge zum Werk
George Herbert Meads, Frankfurt a. M. 1985, S. 60–92.
187 H. Joas, Die gegenwärtige Lage der soziologischen Rollentheorie, a. a. O., S. 19. –
Ders., Intersubjektivität bei Mead und Gehlen, in: Archiv für Rechts- und Sozialphi-
losophie Jg. 65 (1979), S. 105–121.
188 H. P. Dreitzel, Die gesellschaftlichen Leiden und das Leiden an der Gesellschaft. Vor-
1969 (EA: The Presentation of Self in Everyday Life, New York 1959).
190 D. Claessens, Rolle und Macht, München 1968.
mehrigen Soziologen Plessner 192 und Gehlen 193 wurde diese dritte
Option kenntlich v. a. im Werk von Popitz, Bahrdt, Schelsky und Claes-
sens, vier Soziologen, die von Mitte der 1950er bis in die 80er Jahre
sich in dem Bezug auf Plessner 194 und Gehlen einander erkannten
und dabei Schlüsselthemen der Soziologie moderner Gesellschaft
konzeptualisierten und erforschten: Techniksoziologie, Gesell-
schaftsbild-Forschung, Familiensoziologie, Stadtsoziologie, Arbeits-
soziologie, Soziologie der Macht, Rechtssoziologie. Philosophische
Anthropologie wirkte als eine Forschungs- und Urteilshaltung 195 in
der Soziologie 196, um moderne soziale Wirklichkeit zwischen empiri-
schmidt, Ch. v. Ferber, der später an der von Schelsky gegründeten Sozialwissenschaftli-
chen Fakultät in Bielefeld lehrte; Ch. Graf v. Krockow, zunächst politischer Soziologe und
Sportsoziologe, später bekannter Publizist; A. Busch, W. Lempert, P. v. Oertzen,
W. Schulenberg, der Stadtsoziologe M. Schwonke und H. P. Dreitzel. Vgl. dazu C. Diet-
ze, ›Nach siebzehnjähriger Abwesenheit …‹ Das Blaubuch. Ein Dokument über die An-
fänge der Soziologie in Göttingen nach 1945 unter Helmuth Plessner, in: Jahrbuch für
Soziologiegeschichte 1997/98 (2001), S. 243–300. – Plessners Schüler aus der niederlän-
dischen Zeit, v. a. die ihm persönlich stark verbundenen Philosophen L. Nauta und J. Gla-
stra van Loon, arbeiten sachlich nicht im Umkreis der Philosophischen Anthropologie.
193 V. a. F. Jonas: Ders., Geschichte der Soziologie IV. Deutsche und amerikanische Sozio-
logie. Mit Quellentexten, Reinbek b. Hamburg 1968. Ders., Die Institutionenlehre Ar-
nold Gehlens, Tübingen 1966. Ders., Technik als Ideologie, in: H. Freyer/J. C. Papalekas/
G. Weippert (Hrsg.), Technik im technischen Zeitalter, Düsseldorf 1965, S. 109–136.
194 Der publizistisch wirksamste Schüler Plessners wurde Ch. Graf v. Krockow, der ne-
https://doi.org/10.5771/9783495999899
Driften (1961–1969)
schaftlichen Verhaltens. Helmuth Plessner zum 80. Geburtstag, in: Kölner Zeitschrift
für Soziologie und Sozialpsychologie, Jg. 24 (1972), S. 425–454. Dux wurde später auch
einer der Herausgeber von Plessners Gesammelten Schriften (zus. mit O. Marquard und
E. Ströker). Er reformuliert Plessners konstruktiv angelegte Charakterisierung der »ex-
zentrischen Positionalität« historisch-genetisch als Übergang von Natur zum Geist,
vom Tier zur Lebensform des Menschen: dabei rekonstruiert er eine Handlungslogik,
also auch unter Bezug auf ein Motiv Gehlens, innerhalb der sozialkognitiven, geneti-
schen Erkenntnistheorie von Piaget, abzielend auf eine ontogenetische und historische
Logik von Weltbildern und Gesellschaftsgeschichte: G. Dux, Die Logik der Weltbilder.
Sinnstrukturen im Wandel der Geschichte, Frankfurt a. M. 1982. Vgl. zur späteren Ent-
wicklung des Verhältnisses von Dux und der Philosophischen Anthropologie: G. Dux/
U. Wenzel (Hrsg.), Der Prozeß der Geistesgeschichte. Studien zur ontogenetischen und
historischen Entwicklung des Geistes, Frankfurt a. M. 1994.
197 Auch für den sehr eigenständig vorgehenden philosophisch geschulten Friedrich
Tenbruck, der Anfang der 1950er Jahre zunächst als Assistent am Institut für Sozial-
forschung bei Horkheimer wirkte, bildete seit Ende der 1950er Jahre die Philosophische
Anthropologie die Hintergrundtheorie seiner verschiedenen soziologischen Interessen,
die schließlich in das Vorhaben einer Rehabilitierung der Kultursoziologie gegenüber
der ›Struktursoziologie‹ mündeten. In seiner Habilitationsschrift ›Geschichte und Ge-
sellschaft‹ (1962), veröffentlicht Berlin 1986, schrieb er (S. 76): »Auf der Höhe der ge-
genwärtigen Wissenschaft und, fügen wir hinzu, auch des sachlichen Problems einer
Theorie des menschlichen Handelns, scheinen uns allein die in sich durchaus verschie-
denartigen Beiträge, die wir neuerdings kurzweg unter dem Stichwort Anthropologie
zusammenzufassen gewohnt sind, also im deutschsprachigen Gebiet etwa die Arbeiten
von Plessners, Portmanns und Gehlens von Bedeutung.« – Tenbruck teilte später mit
Schelsky dessen Distanz zur Disziplin Soziologie innerhalb der Disziplin; er war auch
mit Beiträgen vertreten sowohl in der Gehlen-Festschrift (hrsg. v. E. Forsthoff/R. Hörs-
tel 1974) wie in einer der Schelsky-Festschriften (hrsg. v. H. Baier 1977). Zu Tenbruck
C. Albrecht (m. W. Dreyer/H. Homann), Einleitung der Herausgeber, in: F. H. Ten-
bruck, Perspektiven der Kultursoziologie. Gesammelte Aufsätze, Opladen 1996, S. 7–24.
198 H. Popitz, Der Aufbruch zur artifiziellen Gesellschaft. Zur Anthropologie der Tech-
nik (1989), Tübingen 1995, S. 8. Darin: Technisches Handeln mit der Hand. Zur Anthro-
pologie der Werkzeugtechnik, S. 44–78.
199 H. Popitz, Der Begriff der sozialen Rolle als Element der soziologischen Theorie.
Freiburger Antrittsvorlesung vom 7. Juli 1966 (Erweiterte Fassung) (1967), 4. Aufl. Tü-
bingen 1975.
200 Ebd., S. 17.
201 H. Popitz, Die normative Konstruktion von Gesellschaft, Tübingen 1980 (den Kern
des Buches bildet die Baseler Antrittsvorlesung 1961: Soziale Normen, in: Europäisches
Archiv für Soziologie, 1961/2).
202 Ebd., S. 20.
203 H. Popitz, Die Erfahrung der ersten sozialen Negation. Zur Ontogenese des Selbst-
205 H. Popitz, Phänomene der Macht. 2., stark erw. Aufl., Tübingen 1992, S. 23 f.
206 N. Luhmann, Besprechung: H. Popitz, Prozesse der Machtbildung, in: Soziale Welt,
207 Popitz, Phänomene der Macht, a. a. O., S. 50. – Aus diesem aus der philosophisch-
209 H. Popitz, Die Kreativität religiöser Ideen. Zur Anthropologie der Sinnstiftung, in:
https://doi.org/10.5771/9783495999899
Driften (1961–1969)
schaft für Soziologie in Freiburg 1998, hrsg. v. C. Honegger/St. Hradil/F. Traxler, Teil 2,
Opladen 1999, S. 691–708.
210 H. P. Bahrdt, Selbst-Darstellung. Autobiographisches, a. a. O., S. 45.
211 H. Schelsky, Der Mensch in der wissenschaftlichen Zivilisation (1961), in: Ders., Auf
https://doi.org/10.5771/9783495999899
Driften (1961–1969)
ten zum »Sozialgebilde der modernen Stadt«, die dem Leipziger Kreis um Freyer zuzu-
rechnen waren: G. Ipsen, Artikel: Stadt (IV), in: Handwörterbuch der Sozialwissen-
schaften, Bd. 9, Tübingen/Göttingen 1956, S. 786 ff., und die Studien von E. Pfeil, v. a.
ihren Beitrag ›Soziologie der Großstadt‹ in dem von Gehlen und Schelsky organisierten
Buch: Soziologie. Ein Lehr- und Handbuch zur modernen Gesellschaftskunde, Düssel-
dorf/Köln, 3. Aufl. 1955.
216 H. P. Bahrdt, Die moderne Großstadt, a. a. O., S. 59.
217 Auf dem für die für die bundesrepublikanische Soziologie wichtigen Kongress ›Max
Weber und die Soziologie heute‹ 1964 verfasste eine philosophisch-soziologische Göt-
tinger Gruppe um Bahrdt den Tagungsbericht: H. P. Bahrdt, E. Bubser, H. P. Dreitzel u.
K. Thomas, Max Weber und die Soziologie heute. Rückblick auf einen Kongress, in:
Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, Jg. 17 (1965), S. 791–813.
225 H. P. Bahrdt, Belehrungen durch Helmuth Plessner, in: Kölner Zeitschrift für Sozio-
logie und Sozialpsychologie, Jg. 34 (1982), S. 510 f. – Schon in einer nicht veröffentlich-
ten Festschrift (seiner unmittelbaren Schüler) für Plessner 1957 schrieb H. P. Bahrdt,
Über einige Formen des gesitteten Betragens, in: Gesellenstücke. Helmuth Plessner zum
65. Geburtstag, Göttingen 4. 9. 1957, S. 1–26. Nachlaß Plessner. – Noch ein später Bei-
trag, der ganz unbefangen Gebrauch macht von der ethologischen Forschung, nimmt
das Thema wieder auf: H. P. Bahrdt, Soziologische Überlegungen zum Begriff der ›Dis-
tanz‹, in: H. Oswald (Hrsg.), Macht und Recht. Festschrift für Heinrich Popitz zum
65. Geburtstag, Opladen 1990, S. 269–288.
226 U. Herlyn, Zum Bedeutungswandel der öffentlichen Sphäre. Anmerkungen zur Ur-
banitätstheorie von H. P. Bahrdt, in: W. Siebel (Hrsg.), Die europäische Stadt, Frankfurt
a. M. 2004, S. 121–130.
227 H. P. Bahrdt, Einleitung 1969, in: Ders., Die moderne Großstadt. Soziologische Über-
228 H. P. Bahrdt, Grundformen sozialer Situationen. Eine kleine Grammatik des All-
tagslebens, hrsg. v. U. Herlyn, München 1996. Es handelt sich um ein aus dem Nachlass
stammendes, teilweise durch andere Bahrdt-Texte ergänztes Typoskript, an dessen Fas-
sungen Bahrdt seit den 1960er Jahren arbeitete; in der publizierten Fassung rekurriert er
auch auf die Arbeiten von A. Schütz.
229 W. Finke, Untersuchungen über den Begriff der Situation. Eine Studie im Grenz-
gebiet von Ontologie und Anthropologie, Phil. Diss. Göttingen 1955. Diese philosophi-
sche Studie blieb unveröffentlicht. Bei J. Markowitz, der im Situationsbegriff eine Ver-
knüpfung von phänomenologischer Soziologie und Systemtheorie unternimmt (Die
soziale Situation. Entwurf eines Modells zur Analyse des Verhältnisses zwischen per-
sonalen Systemen und ihrer Umwelt, Frankfurt a. M. 1979) wurde die Arbeit von Finke
unter dem Stichwort »Neue Ansätze« neben denen von H. P. Dreitzel und A. Schütz
besprochen und kritisch gewürdigt.
ihm Soziologie als »Distanzform«: »sich einlassen auf seine Zeit, ihre
Probleme entdecken, genau beobachten, soziale Situationen erfahren,
aber auch immer wieder reflektierte Distanz zu ihnen gewinnen, eine
Distanz, die immer zugleich anerkennt, daß der Soziologe selbst auch
zur sozialen Situation gehört.« 233 Grundannahme von Bahrdts Theo-
rie und Methodik war aber das »Theorem von der ›Extrapositionali-
tät‹ des Menschen« (wie er den philosophisch-anthropologischen
Grundbegriff für sich umformulierte): »daß der Mensch, der ein un-
vollständig definiertes Geschöpf ist, nur unter artifiziellen Bedingun-
gen, die er sich selbst geschaffen hat, halbwegs natürlich leben
kann.« 234 Ob in der Arbeits- und Industriesoziologie 235 , in der Stadt-
und Architektursoziologie oder im Entwurf der Situationstheorie,
Bahrdt verband in einer Art Stufung in der Soziologie auf kon-
sequente Weise zwei Denkrichtungen: »Der kundige Leser
wird […]«, so merkte er zu einem Vortrag über ›Sicherheit und Un-
sicherheit des Verhaltens im Wandel seiner soziokulturellen Bedin-
gungen‹ an, »bemerken, in welchem Maß der Verfasser von der so-
genannten ›Philosophischen Anthropologie‹ (z. B. von H. Plessner
und A. Gehlen), ferner von der Phänomenologie […] beeinflußt
ist.« 236
233 M. Baethge/W. Eßbach, Zum Geleit, in: Dies. (Hrsg.), Soziologie. Entdeckungen im
Alltäglichen. Hans Paul Bahrdt zu seinem 65. Geburtstag, Frankfurt a. M./New York
1983, S. 10. – Unter dem Eindruck der Plessner-Bahrdt-Linie auch die Aufsätze von
Wolfgang Eßbach zu Plessner und der Philosophischen Anthropologie: W. Eßbach, Der
Mittelpunkt außerhalb. Helmuth Plessners philosophische Anthropologie, in: G. Dux/
U. Wenzel (Hrsg.), Der Prozeß der Geistesgeschichte. Studien zur ontogenetischen und
historischen Entwicklung des Geistes, Frankfurt a. M. 1994, S. 15–44. – Ders., Rivalen
an den Ufern der philosophischen Anthropologie, in: G. Raulet (Hrsg.), Max Scheler.
L’anthropologie philosophique en Allemagne dans l’entre-deux-guerres. Philosophische
Anthropologie der Zwischenkriegszeit, Paris 2002, S. 15–47.
234 H. P. Bahrdt, Die Industriesoziologie – eine ›spezielle Soziologie‹ ?, in: Materialien
Subjekts zur Konstitution von Umwelt, München 1974, S. 250. – Noch vor der Schütz-
Rezeption in der deutschen Soziologie bemerkt Habermas 1967: »Bahrdt gehört zu den
wenigen, die einen phänomenologischen Ansatz festhalten.« J. Habermas, Zur Logik der
Sozialwissenschaften. Ein Literaturbericht (1967), in: Ders., Zur Logik der Sozialwissen-
schaften. Erweiterte Ausgabe, Frankfurt a. M. 1982, S. 237.
237 Zum Kreis der von Schelsky inspirierten und geförderten Soziologen muss man
238 H. Schelsky, Auf der Suche nach Wirklichkeit. Gesammelte Aufsätze, Düsseldorf/
Köln 1965.
239 H. Schelsky, Die Bedeutung des Klassenbegriffs für die Analyse unserer Gesell-
schaft, in: Ders., Auf der Suche nach Wirklichkeit, a. a. O., S. 352–390.
240 H. Schelsky, Die skeptische Generation. Eine Soziologie der deutschen Jugend, Düs-
242 Dem entspricht Schelsky Hinweis auf die Interpretation der Hegelschen Rechtsphi-
losophie durch den Münsteraner Philosoph J. Ritter, demzufolge Hegel die ›bürgerliche
Gesellschaft‹ mit ihrer ›Herrschaft der Bedürfnisse‹, ihrer Versachlichung der gesell-
schaftlichen Beziehungen in Eigentum und Arbeitsvertrag, als die prinzipielle soziale
Struktur begrüßt, die die Freiheit der Person in der modernen Welt begründet. J. Ritter,
Hegel und die französische Revolution, Köln/Opladen 1957.
248 Ebd., S. 459. In der Debatte über Schelskys ›technischen Staat‹, die in der Zeitschrift
›Das Atomzeitalter‹ geführt wurde, setzte Bahrdt aus seiner situationstheoretischen Be-
obachtung der »Sachgesetzlichkeiten« einen Gegenakzent: »Im Gegensatz zu Schelsky
wollen wir die These aufstellen, dass nicht nur im Bereich der Forschung und tech-
nischen Entwicklung, sondern auch im technisierten Alltag ein ›Funktionieren‹ unserer
Welt nur dann gesichert ist, wenn der Mensch Eigenschaften bewahrt und kultiviert, die
ihm zugleich Distanz ermöglichen und Vorbehalte gegenüber einer totalen Anpassung
machen lassen.« Viele Maschinen und Apparaturen »funktionieren nur dann, wenn der
Mensch bewusst die Funktionen übernimmt, die die Maschine ihm zuschiebt, weil sie
sie selbst nicht ausfüllen kann. Die technische Zivilisation erfordert, wenn sie funktio-
nieren und sich weiter entfalten soll, sehr viel Besonnenheit, Ruhe, Spieltrieb, Voraus-
denken und Improvisation, und zwar nicht nur von den Spitzenkräften, sondern ebenso
vom Arbeiter an automatisierten Anlagen, vom Fernfahrer und Reparaturelektriker.«
H. P. Bahrdt, Helmut Schelskys technische Staat. Zweifel an ›nachideologischen Ge-
schichtsmodellen‹, in: Ders., Wissenschaftssoziologie – ad hoc. Beiträge zur Wissen-
schaftssoziologie und Wissenschaftspolitik aus den letzten zehn Jahren, Düsseldorf
1971, S. 266–274, hier S. 273.
249 H. Schelsky, Ist die Dauerreflexion institutionalisierbar? Zum Thema einer moder-
nen Religionssoziologie (1957), in: Ders., Auf der Suche nach Wirklichkeit, a. a. O.,
S. 250–275.
250 H. Schelsky, Anpassung oder Widerstand? Soziologische Bedenken zur Schul-
252 H. Schelsky, Über die Stabilität von Institutionen, besonders Verfassungen. Kultur-
255 H. Schelsky, Zur soziologischen Theorie der Institution, in: Ders. (Hrsg.), Zur Theo-
257 H. Schelsky, Die Soziologen und das Recht. Abhandlungen und Vorträge zur Sozio-
zung mit der Kritischen Theorie ein (W. Lipp, Institution und Veranstaltung. Zur An-
thropologie der sozialen Dynamik, Berlin 1968) und modifizierte ihn in Richtung einer
»dramatologischen« Fassung, die die »konfligierende« Selbstdarstellung von Institutio-
nen mit einbezieht: W. Lipp, Institutionen – Mimesis oder Drama? Gesichtspunkte zur
Neufassung einer Theorie, in: Zeitschrift für Soziologie, Jg. 5 (1976), S. 360–381. –
W. Lipp, Stigma und Charisma. Über soziales Grenzverhalten, Berlin 1977.
261 B. Schäfers erinnert aus der Münsteraner Zeit an ein »Seminar zur Institutionen-
(Hrsg.), Theorie der Institution. Interdisziplinäre Studien, hrsg. vom Zentrum für inter-
disziplinäre Forschung der Universität Bielefeld, Bd. 1, Bielefeld 1970, S. 25–50.
262 H. Lübbe, Helmut Schelsky und die Institutionalisierung der Reflexion, in: Recht
265 H. P. Bahrdt, Belehrungen durch Helmuth Plessner, in: Kölner Zeitschrift für Sozio-
Jahre gehört auch, dass sich in ihrem Umkreis – nach der niederländischen – die deut-
sche wissenschaftliche Entdeckung und ›Wiedereinbürgerung‹ von Norbert Elias ereig-
nete. Es war D. Claessens, der Elias 1965 zum ersten Mal nach Münster zu einem Vor-
trag einlud. Wahlverwandte Motive zwischen der Philosophischen Anthropologie und
der Figurations- und Zivilisationstheorie von Elias, so z. B. zwischen dem Interesse an
»Verhaltensbildung« (Plessner) und dem Prozess der »Zivilisierung« (statt Rationalisie-
rung) und zwischen institutionellen Machtbalancen und der Figurationssoziologie, er-
möglichten es Claessens und jüngeren Autoren wie dem Plessner- und Bahrdt-Schüler
P. Gleichmann, dem von Schelsky und Claessens herkommenden H. Korte oder später
dem Gehlenschüler K.-S. Rehberg aus dem Denkraum der Philosophischen Anthropolo-
gie heraus ein Rezeptionsinteresse an Elias’ historischer Anthropologie oder seinem
Konzept der »Menschenwissenschaften« zu gewinnen und zu fördern. Gleichmann ver-
band Philosophische Anthropologie und die Figurations- und Zivilisationstheorie zu
einer Soziologie des Wohnens und der »häuslichen Verrichtungen«. P. Gleichmann,
sens war in der Soziologie der 60er Jahre einer der offensivsten Ver-
treter des Theorieprogramms der Philosophischen Anthropologie.
Schon sein erstes Hauptwerk ›Familie und Wertsystem. Studien zur
zweiten, sozio-kulturellen Geburt des Menschen‹ (1962) 267 war eine
systematische soziologische Einlösung des Portmannschen »extra-
uterinen Frühjahrs« als Spezifikum des Menschen. Claessens begrün-
dete geradezu die Sozialisationstheorie in der deutschen Soziologie,
indem er die Bestimmungen der Philosophischen Anthropologie von
der »Offenheit« (Scheler), »Gebrochenheit« (Plessner) und »Män-
gelhaftigkeit« (Gehlen) des einzelnen Menschen zu einem sozio-kul-
turellen Funktionskreis schloß: »Diese Vorstellungen von Offenheit
und Gebrochenheit des Menschen […] können nur einen Aus-
sagewert behalten […], wenn zugestanden wird, daß der Mensch in
dieser Situation eines ›Katalysators‹, eines Entwicklungshelfers, ei-
nes ›Mediums‹ bedarf, das ihn aus dem Circulus der Mängelhaftig-
keit oder der Gebrochenheit wenigstens zu Beginn seines Seins he-
raushilft.« Diese Analytik der Mutter-Kind-Dyade als Bedingungen
der Menschwerdung, des familialen sozialen Netzwerkes, das dem
extra-uterinen Wesen kulturspezifische Werte vermittelt, dieser
»Ontogenese des Abstrakten« 268 verwies v. a. auf die emotional-kon-
krete Vermittlung und den Positionswert des weiblichen Geschlechts
mit seinem »Mäzenatentum« gegenüber dem zu früh geborenen Le-
bewesen. 269
Geburt des Menschen und der Belastbarkeit der Kernfamilie (1962), 3. überarb. Aufl.
Berlin 1972.
268 L. Clausen, Natürlich in Gesellschaft. Besprechung v. D. Claessens, Das Konkrete
und das Abstrakte. Soziologische Skizzen zur Anthropologie, in: Soziologische Revue,
Jg. 5 (1982), S. 399–407, hier S. 407.
269 Es kann hier nur angedeutet werden, dass der Ansatz der Philosophischen Anthro-
pologie in den 1950er und 60er Jahren auch eine Wirkungsgeschichte in der Pädagogik
zeitigte: »Die philosophischen Anthropologien von M. Scheler und H. Plessner wurden
[…] richtungweisend für anthropologische Fundierungsversuche der Erziehung vor al-
lem in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg: für eine ›personale Pädagogik‹ […] und für
eine explizite Pädagogische Anthropologie.« D. Höltershinken, Einleitung, in: Ders.
pologie, Frankfurt a. M. 1980. Zur Würdigung dieser Schrift vgl. P. Sloterdijk, Das Men-
schentreibhaus. Stichworte zur historischen und prophetischen Anthropologie, Weimar
2001, S. 25–58.
273 Claessens aktivierte also die genuine Sozialtheorie der Philosophischen Anthropolo-
gie. Trotz Nähe zu und Erwähnung von Scheler kam es auch bei ihm nicht zur Durch-
brechung der in der Soziologie blockierten Scheler-Rezeption und zur vollen Ausschöp-
fung der Philosophischen Anthropologie in der Revitalisierung der Schelerschen
»Phänomenologie der sympathetischen Gefühle und ihrer Funktion für den Interakti-
onsprozeß«, so die Formulierung bei H. P. Dreitzel, Die gesellschaftlichen Leiden und
das Leiden an der Gesellschaft, a. a. O., S. 216. Scheler spielte in der Soziologie der 60er
Jahre nur am Rande eine Rolle. Allerdings versuchte W. L. Bühl den Anspruch einer
»verstehenden Soziologie« v. a. von Scheler her gegenüber einer »reduktionistischen
Soziologie« aufrechtzuerhalten: W. L. Bühl (Hrsg.), Verstehende Soziologie. Texte von
G. Simmel, G. H. Mead, A. Schütz, M. Scheler u. a., München 1972. Schelers erkennt-
nisanthropologische Unterscheidung von drei »Wissensformen« (Leistungswissen, Bil-
dungswissen, Erlösungswissen) spielte eine Rolle bei H. Schelsky, Die Arbeit tun die
anderen. Klassenkampf und Priesterherrschaft der Intellektuellen, Opladen 1975 – Wie
zuvor schon indirekt bei J. Habermas’ Unterscheidung dreier anthropologisch tiefsitzen-
der »Erkenntnisinteressen« (allerdings wird die Stelle des Heilswissens durch das kri-
tisch-emanzipatorische Erkenntnisinteresse ersetzt). J. Habermas, Erkenntnis und Inte-
resse, Frankfurt a. M. 1968.
Eine Theorie der Wissenssoziologie (amerik. 1966). Mit einer Einleitung zur deutschen
Ausgabe von Helmuth Plessner. Übersetzt von Monika Plessner, Frankfurt a. M. 1969
(Reihe Conditio humana).
278 Vgl. die Anmerkung 1 zu Beginn des II. Kapitels: Gesellschaft als objektive Wirk-
a. a. O., S. 60.
Stelle fällt kurz das Licht auf eine bis dahin nicht ausgesprochene
Wahlverwandtschaft von Simmel und Plessner, was die Schranke
jeder Vergesellschaftung als Ermöglichung der Sozialisation betrifft:
»Vgl. Simmel über die Selbstauffassung des Menschen als sowohl
innerhalb wie außerhalb der Gesellschaft stehend. Wir verweisen
hier auch wieder auf Plessners Formulierung der ›exzentrischen Po-
sitionalität‹ des Menschen.« 282 Dass sich für das von Mead und Sartre
gemeinte Intersubjektivitäts- bzw. Interexistentialgeschehen der pas-
sende Ausdruck »Reziprozität der Perspektiven« bereits 1926 bei
Th. Litt findet, wird erwähnt. 283 Die »gesellschaftliche Konstruktion
der Wirklichkeit« durch »Sinnwelten« verankern Berger und Luck-
mann nun in der »Exzentrizität« und »Weltoffenheit« der mensch-
lichen Natur: »Man kann geradezu sagen, daß die ursprüngliche
Weltoffenheit der menschlichen Existenz durch die Gesellschaftsord-
nung immer in eine relative Weltgeschlossenheit umtransponiert
wird, ja, werden muß. Diese nachträgliche Geschlossenheit erreicht
zwar niemals die animalische Existenz – und sei es nur, weil sie vom
Menschen hervorgebracht und daher »künstlicher Natur« ist. Aber
sie ist doch fähig, der menschlichen Lebensführung – im Wesentli-
chen jedenfalls und meistens – Richtung und Bestand zu sichern.« 284 .
»Wobei es uns darauf ankommt«, schreiben sie, »seine [Meads] Rol-
lentheorie zu einer Theorie der Institutionen auszuweiten.« Im
Rückgriff auf Durkheim, Simmel und Gehlen beschreiben sie die
Emergenz objektiver symbolischer Sinnwelten aus situativen Inter-
aktionen von ego und alter ego, die von Institutionalisierungen ge-
tragen werden, welche die Sinnwelten wiederum immunisieren
(»Gesellschaft als objektive Wirklichkeit«). Umgekehrt verfolgen sie
mit Cooley, Mead und Plessner Prozesse der Internalisierung der in
den Sinnwelten erschlossenen Wirklichkeit in der Ich-Identitätsbil-
dung der körperbezogenen Subjekte (»Gesellschaft als subjektive
Wirklichkeit«). Die anthropobiologischen Argumente von Port-
mann, Plessner und Gehlen dienen dazu, die mit Bezug auf die
»menschliche Natur« aufgeladenen »Produktions«-Kategorien des
frühen Marx zu ent-eschatologisieren, ebenso wie die zugespitzte
Freudsche Lehre von der menschlich-tierischen »Triebnatur« als Er-
klärungs- und Entlarvungsbasis zu entdramatisieren.
Essays in Memory of Alfred Schütz, The Hague 1970, S. 73–100. – Luckmann hat 1974
mit G. Dux zusammen die zweite Festschrift für Plessner herausgegeben.
287 Vermittelt über Luckmann neben Impulsen der Phänomenologie auch die der Phi-
hende Soziologie (1932), 2. Aufl. Frankfurt a. M. 1981. I. Srubar, Vom Milieu zur Auto-
poiesis. Zum Beitrag der Phänomenologie zur soziologischen Begriffsbildung, in: Ch.
Jamme/O. Pöggeler (Hrsg.), Phänomenologie im Widerstreit. Zum 50. Todestag Ed-
mund Husserls, Frankfurt a. M. 1989, S. 307–331.
289 1976 fand Max Scheler noch Aufnahme in die von D. Kaesler organisierte zweibän-
dige Sammlung ›Klassiker soziologischen Denkens‹ mit dem ausführlichen und instruk-
tiven Beitrag von W. L. Bühl, Max Scheler, in: D. Kaesler (Hrsg.), Klassiker des soziolo-
gischen Denkens, Bd. 2: Von Weber zu Mannheim, München 1978, S. 178–225. In der
von Kaesler 1999 organisierten neuen und erweiterten (!) Ausgabe ›Klassiker der Sozio-
logie‹ kommt Scheler nicht mehr vor.
290 Anfang der 1970er Jahre stellte Habermas einige Aufsatze unter dem Titel ›Philoso-
291 N. Luhmann, Soziologie als Theorie sozialer Systeme, in: Kölner Zeitschrift für So-
ziologie und Sozialpsychologie Jg. 19 (1967), S. 615–644; wiederabgedr. in: Ders., Sozio-
logische Aufklärung. Aufsätze zur Theorie sozialer Systeme, Bd. 1, Opladen 1970,
S. 113–136.
292 N. Luhmann, Reflexive Mechanismen, in: Soziale Welt Jg. 17 (1966), S. 1–23; wie-
derabgedr. in: Ders., Soziologische Aufklärung. Aufsätze zur Theorie sozialer Systeme,
Bd. 1, a. a. O., S. 92–112
293 N. Luhmann, Institutionalisierung: Funktion und Mechanismus im sozialen System
der Gesellschaft, in: H. Schelsky (Hrsg.), Theorie der Institution. Interdisziplinäre Stu-
dien, hrsg. vom Zentrum für interdisziplinäre Forschung der Universität Bielefeld,
Bd. 1, Bielefeld 1970, S. 27–41.
294 J. Habermas, Theorie der Gesellschaft oder Sozialtechnologie? Eine Auseinanderset-
zung mit Niklas Luhmann, in: J. Habermas/N. Luhmann, Theorie der Gesellschaft oder
und Niklas Luhmann in der ›Genealogie‹ der ›Leipziger Schule‹, in: H. Klages/H. Qua-
ritsch (Hrsg.), Zur geisteswissenschaftlichen Bedeutung Arnold Gehlens, a. a. O., S. 69–
74. – K.-S. Rehberg, Hans Freyer (1887–1969), Arnold Gehlen (1904–1976), Helmut
Schelsky (1912–1984), in: D. Kaesler (Hrsg.), Klassiker der Soziologie, Bd. 2, Von Tal-
cott Parsons bis Pierre Bourdieu, a. a. O., S. 72–104.
296 Plessners philosophische, seiner Art der Philosophie verbundene Schüler waren der
von H. Schmitz die Versuche von K.-O. Apel hervor, zwischen 1958
und 1968 eine »Erkenntnisanthropologie« zu entwickeln, die sowohl
die Rothackersche Anthropologie der Geisteswissenschaften wie die
»Anthropologie der mathematischen Denkform« des gleichfalls in
Bonn lehrenden O. Becker integrierte – derselbe, der bereits im
Plessnerschen ›Philosophischen Anzeiger‹ seine ersten diesbezüg-
lichen Aufsätze veröffentlicht hatte. Apel unternahm eine philo-
sophisch-anthropologische Grundlegung der Kultur- und der Natur-
wissenschaften.
In seinem Beitrag zur Rothacker-Festschrift 1958 297 unterschei-
det Apel von der »Physiognomie« die »Technognomie, eine erkennt-
nis-anthropologische Kategorie«. »Technognomie« soll heißen, »daß
der Leib durch sein Eingreifen in die Welt erst den Gesichtspunkt und
die Perspektive für jede Art anschaulicher Bedeutsamkeit schafft.«
Die Erkenntnis liegt im »Leibeingriff, der jede ›Ansicht‹ bedingt, […]
in der Gewalt des menschlichen ›Entwurfs‹ […], so daß er einmal als
›Kunst‹, zum anderen als ›technische‹, (d. h. auf mathematischer
›Festsetzung‹ und Wiederholung des menschlichen Eingriffs, d. h.
auf ›Messung‹ beruhende) Wissenschaft hochstilisiert werden kann.«
»Gleichwohl erwächst der Technognomie im Rahmen und unter Vo-
raussetzung ihrer apriorischen Funktion ein Gegenspieler in der
›Physiognomie‹, das meint hier: in der Möglichkeit, daß die Dinge,
Pflanzen, Tiere oder Mitmenschen ihr An-sich-sein nicht nach Maß-
gabe unseres Eingriffs (wenngleich nicht ohne ihn), sondern von sich
aus […] zu erkennen geben.« 298 In seiner Fortsetzungsstudie ›Das
Leibapriori der Erkenntnis‹ (1963) 299 rekonstruiert Apel erstmals die
Erkenntnisanthropologie zwischen der »Einsteinschen Relativitäts-
theorie als empirisch verifizierbares Modell einer exzentrisch ge-
dachten Monadologie« und dem »Leibapriori der geisteswissen-
in: J. Speck (Hrsg.), Grundprobleme der großen Philosophen: Philosophie der Gegen-
wart II, 2. erg. Aufl. Göttingen 1981, S. 146–180. – Zur niederländischen philosophi-
schen Rezeption der Philosophischen Anthropologie Plessners vgl. B. Delfgaauw/H. H.
Holz/L. Nauta (Hrsg.), Philosophische Rede vom Menschen. Studien zur Anthropologie
Helmuth Plessners, Frankfurt a. M./Bern/New York 1986.
297 K.-O. Apel, Technognomie: eine erkenntnisanthropologische Kategorie, in: G. Funke
(Hrsg.), Konkrete Vernunft. Festschrift für Erich Rothacker, Bonn 1958, S. 61–79.
298 Ebd., S. 74–76.
299 K.-O. Apel, Das Leibapriori der Erkenntnis. Eine erkenntnisanthropologische Be-
1959.
Preises der Universität Heidelberg (1974), in: Ders., Wirklichkeiten in denen wir leben.
Aufsätze und eine Rede, Stuttgart 1981, S. 163–172.
308 W. Hudson, After Blumenberg. Historicism and philosophical anthropology, in: His-
Frankfurt a. M. 1979.
310 H. Blumenberg, Nachruf auf Erich Rothacker, in: Jahrbuch der Akademie der Wis-
gart 1981.
315 H. Blumenberg, Ausblick auf eine Theorie der Unbegrifflichkeit, in: Ders., Schiff-
a. a. O., S. S. 116 f.
317 D. Adams, Metaphors for mankind. The Developement of Hans Blumenbergs An-
thropological Metaphorology, in: Journal of the History of Ideas, Vol. 52 (1991), S. 152–
166.
318 H. Blumenberg, Ausblick auf eine Theorie der Unbegrifflichkeit, a. a. O., S. 77.
319 H. Blumenberg, Beschreibung des Menschen. Aus dem Nachlass, hrsg. v. M. Som-
Markant wird in der deutschen Philosophie seit den 60er Jahren au-
ßerdem der Gebrauch der Philosophischen Anthropologie durch Odo
Marquard – der selbst mehrfach Lobreden auf Blumenberg hält.
Anders als bei Blumenberg, wo sie der Hintergrund großer Bücher ist,
entfaltet sie sich bei Marquard in pointieren Aufsätzen und Beiträgen.
Von der kritischen Gesellschaftstheorie der Frankfurter Schule in
Gestalt von Marcuse zunächst beeindruckt, sich aber bewusst als Mit-
glied der von Schelsky entdeckten »skeptischen Generation« begrei-
fend, in der Ritter-Schule praktischer Philosophie geprägt, entdeckt er
Anfang der 60er Jahre in Münster die »philosophische Anthropo-
logie«, indem er deren Begriffsgeschichte nachgeht 321 . Er rekonstru-
iert dabei die ›philosophische Anthropologie‹ als eine philosophische
Denkbewegung, die am Ende des 18. Jahrhunderts gegen die Schul-
metaphysik und gegen die mathematisch-wissenschaftliche Philoso-
phie eine »Wende zur Lebenswelt« vollzieht und dann – angesichts der
Beirat der Werner Reimers Stiftung. Zum 90. Geburtstag Plessners hält Marquard 1992
in Göttingen den philosophischen Festvortrag, Hans Paul Bahrdt den soziologischen.
325 O. Marquard, Abschied vom Prinzipiellen. Auch eine autobiographische Einleitung
(1981), in: Ders., Abschied vom Prinzipiellen. Philosophische Studien, a. a. O., S. 4–22.
326 O. Marquard, Diesseits der Utopie. Zum Tode von Helmuth Plessner, FAZ
14. 6. 1985.
327 O. Marquard, Schwierigkeiten mit der Geschichtsphilosophie, Frankfurt a. M. 1973.
sischen Begriffs, in: G. Frey/J. Zelger (Hrsg.), Der Mensch und die Wissenschaften vom
Menschen, Bd. 1, Innsbruck 1983, S. 12–14.
331 O. Marquard, Über die Unvermeidlichkeiten von Üblichkeiten (1979), in: Ders.,
schen, in: Ders., Apologie des Zufälligen, Stuttgart 1986, Philosophische Studien,
S. 117–139.
333 O. Marquard, Vernunft als Grenzreaktion. Zur Verwandlung der Vernunft durch die
337 H. Plessner, Die Frage nach der Conditio humana, GS VIII, S. 210–213.
338 Ebd., S. 214. – Zu erinnern ist hier auch an die im Umfeld der Philosophischen
Anthropologie entstandene Religionssoziologie, die ein Erkenntnisinteresse an der Re-
ligion als einem anthropologisch-sozialem Faktum (nicht nur an ihrer geschichtlich-ge-
sellschaftlichen Funktion) ausbildete: Th. Luckmann, Die unsichtbare Religion (1967).
Mit einem Vorwort von H. Knoblauch, Frankfurt a. M. 1991. – H.-G. Soeffner, Das
›Ebenbild‹ in der Bilderwelt – Religiosität und Religion, in: W. Sprondel (Hrsg.), Die
Objektivität der Ordnungen und ihre kommunikative Konstruktion. Für Thomas Luck-
mann, Frankfurt a. M. 1994, S. 291–317. – H. Joas, Die Entstehung der Werte, Frankfurt
a. M. 1997, S. 133–162. – H. Popitz, Die Kreativität religiöser Ideen. Zur Anthropologie
der Sinnstiftung, in: C. Honegger/St. Hradil/F. Traxler (Hrsg.), Grenzenlose Gesell-
schaft? Verhandlungen des 16. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie,
Opladen 1999, S. 691–707.
339 W. Pannenberg, Was ist der Mensch? Die Anthropologie der Gegenwart im Lichte
1 Vgl. H. Blumenberg, Nachruf auf Erich Rothacker, in: Jahrbuch der Akademie der
Wissenschaften und Literatur, Jg. 17 (1966), a. a. O., S. 71: »Stolze Befriedigung und
melancholisches Stöhnen vereinten sich, wenn er von dieser Aufgabe seines letzten
Jahrzehnts sprach, die doch nur der Vorspann und das Erprobungsfeld für die große
Enzyklopädie sein sollte, in der nicht nur die philosophische, sondern die – wie er es
nannte – kulturwissenschaftliche Terminologie in ihrer geschichtlichen Dimension dar-
geboten werden sollte. Die Akademie hat dieses Erbe inzwischen in die Hände von Joa-
chim Ritter und Hans-Georg Gadamer unter der redaktionellen Verantwortung von
Karlfried Gründer gelegt«. – J. Ritter, Vorwort, in: Ders. (Hrsg.), Historisches Wörter-
buch der Philosophie, Bd. 1: A–C, Basel/Stuttgart 1971, S. VIII f.: »Der Herausgeber-
kreis hat, nicht leichten Herzens, darauf verzichtet, Metaphern und metaphorische
Wendungen in die Nomenklatur des Wörterbuches aufzunehmen, obwohl ihm klar war,
daß, wie H. Blumenberg gezeigt hat, gerade die der Auflösung in Begrifflichkeit wider-
stehenden Metaphern ›Geschichte in einem radikaleren Sinn als Begriffe haben‹ und an
die ›Substruktur des Denkens‹ heranführen.« Der nachträgliche Impuls zur Einführung
grund des von Rothacker bereits Ende der 20er Jahre angedachten
Vorhabens verblasste.
phie Arnold Gehlens, in: Ders., Melancholie und Gesellschaft, Frankfurt a. M. 1969,
S. 229–253. – Eine ausführliche Kritik Gehlens bereits in W. Lepenies, Handlung und
Reflexion – Aspekte der Anthropologie Arnold Gehlens, in: Soziale Welt, Jg. 18 (1967),
S. 41–67.
5 C. Hagemann-White, Legitimation als Anthropologie. Eine Kritik der Philosophie
7 O. Pöggeler, Existentiale Anthropologie, in: H. Rombach (Hrsg.), Die Frage nach dem
Menschen – Aufriß einer philosophischen Anthropologie. Festschrift für Max Müller
zum 60. Geburtstag, Freiburg/München 1966, S. 443–460. – M. Theunissen, Skeptische
Betrachtungen über den anthropologischen Personbegriff, ebd., S. 461–490.
8 H. Fahrenbach, Heidegger und das Problem einer ›philosophischen‹ Anthropologie,
in: V. Klostermann (Hrsg.), Durchblicke. Martin Heidegger zum 80. Geburtstag, Frank-
furt a. M. 1970, S. 97–131.
9 H. Fahrenbach, Mensch, in: H. Krings/H. Baumgartner/Ch. Wild (Hrsg.), Handbuch
seine bereits in den 50er Jahren von der Phänomenologie her repräsentativ formulierte
Kritik an der Philosophischen Anthropologie wieder aufnahm: L. Landgrebe, Philoso-
phische Anthropologie – eine empirische Wissenschaft? (1976), in: Ders., Faktizität und
Individuation. Studien zu den Grundfragen der Phänomenologie, Hamburg 1982, S. 1–
20. Im Unterschied zur Philosophischen Anthropologie, die kein eindeutiges Prinzip
angeben könne, nach dem sie Erfahrungen ordne, erschließe die Phänomenologie Hus-
serls von der unmittelbar gewissen Selbsterfahrung die in ihr enthaltenen Anderen und
die Welt: die Selbsterfahrung »trägt« die Anderen und Welt schon »in sich«.
Just zu diesem Zeitpunkt verdichtet sich – aus der ganz anderen Rich-
tung eines ›linguistic turn‹ kommend – die schon lange virulente
sprachanalytische und sprachpragmatische Kritik am Denkansatz
der Philosophischen Anthropologie. Man kann »mit der philosophi-
schen Anthropologie nicht beginnen, ohne zugleich damit zu be-
ginnen, ihre Sprache kritisch zu klären.« In seinem Buch ›Philo-
11 H. Fahrenbach, Mensch, a. a. O., S. 906. – Zwanzig Jahre später, also jenseits des hier
behandelten Zeitraumes, wird Fahrenbach diese Rangordnung zugunsten der naturphi-
losophisch begründeten Philosophischen Anthropologie bei Plessner umkehren. Vgl.
H. Fahrenbach, ›Lebensphilosophische‹ oder ›existenzphilosophische‹ Anthropologie?
Plessners Auseinandersetzung mit Heidegger, in: Dilthey-Jahrbuch, Bd. 7 (1990–91),
S. 71–111.
12 D. Kamper, Geschichte und menschliche Natur. Die Tragweite der gegenwärtigen
14 Ebd., S. 15.
darf, die niederen Kategorien gegen die höheren zu ihrem Recht, ohne
dabei die soziokulturelle Lebensform so tief anzusetzen, daß das er-
kennende Subjekt […] sich selbst nicht mehr ernst nehmen darf.« 20
Dann kommen die zwei Ärgernisse der Plessnerschen Anthro-
pologie, die strukturell denen der Gehlenschen gleichen. Zunächst
Plessners »sehr bemerkenswerte Abwehr des Evolutionismus«.
Selbst Marx und Freud mit ihren auf Selbstverwirklichung zielenden
Aufklärungsideen gelten Plessner als »Liquidatoren der Vernunft«.
»Woher nehmen Sie, lieber Herr Plessner, die Sicherheit, daß ein
Bildungsprozeß der Gattung nicht stattfindet?« 21 Das andere Ärger-
nis der Plessnerschen Anthropologie ist für Habermas Plessners auch
die Sprache fundierender Begriff ›exzentrische Positionalität‹ : »Sie,
lieber Herr Plessner, halten […] die Sprache für eines unter mehre-
ren Monopolen, die einen Zusammenhang bilden und ihrerseits aus
der zugrundeliegenden Leib-Körper-Struktur erklärt werden müs-
sen: nicht die Struktur der sprachlichen Kommunikation, in welche
die naturgeschichtlichen Potentiale eingearbeitet sind, erklärt die be-
sonderen Kompetenzen des Menschen, sondern seine exzentrische
Position.« Habermas hingegen hält fest, dass die »exzentrische Posi-
tionalität« umgekehrt aus der sprachlichen Intersubjektivität hervor-
geht, wie schon G. H. Mead gelehrt habe, und sich im »System der
sprachlichen Personalpronomina« einübt: »Dann würde sich in dem
Doppelaspekt von Leib und Körper die Doppelstruktur der Sprache
bloß abbilden.« 22 In der Reziprozitätsstruktur der Sprache aber, dem
ausschlaggebenden Monopol des Menschen, sei Vernünftigkeit prä-
supponiert, in deren Medium – reflexiv entfaltet im auf Konsens
zielenden Diskurs – Partikularitäten der Interessen und Bilder kri-
tisch erkennbar und in Perspektive einer evolutionären Emanzipati-
on der menschlichen Gattung praktisch überwunden werden. Haber-
mas setzt damit die fortwirkende kritische Markierung der
Philosophischen Anthropologie als »solipsistisch« (da die Bedeutung
des Leibes und des Körpers nicht aus der intersubjektiven Erfah-
rungsstruktur abgeleitet werde), eine Markierung, die in seinem
Umfeld immer erneut wiederholt und differenziert wird. 23
schen Anthropologie gehört auch die von A. Honneth und H. Joas vorgelegte Studie
›Soziales Handeln und menschliche Natur. Anthropologische Grundlagen der Sozialwis-
senschaften‹, Frankfurt a. M./New York 1980. (Dies., Social Action and Human Nature,
Foreword by Ch. Taylor, Cambridge 1988). Die Arbeit von Honneth und Joas bedeutet
den Versuch, unter Belebung der materialistisch-anthropologischen Denktradition von
Feuerbach und Marx verschiedenste moderne Theoriestücke – neomarxistische, prag-
matistische und auch solche der »deutschen Tradition der philosophischen Anthropolo-
gie« (Plessner, Gehlen), allerdings unter Weglassung von Scheler und Rothacker – unter
dem Stern einer historisch-materialistischen Theorie der Gesellschaft zu versammeln
und neu zu formieren. Meads intersubjektivitätstheoretischer Ansatz wird gegen Geh-
lens und auch Plessners sog. ›solipsistische‹ Konstruktion einer philosophischen An-
thropologie ins Spiel gebracht. Vgl. auch: H. Joas, Intersubjektivität bei Mead und Geh-
len, in: Archiv für Rechts- und Sozialphilosophie Jg. 65 (1979), S. 105–121; K.-S.
Rehberg, Die Theorie der Intersubjektivität als eine Lehre vom Menschen. George Her-
bert Mead und die deutsche Tradition der ›Philosophischen Anthropologie‹, in: H. Joas
(Hrsg.), Das Problem der Intersubjektivität. Neuere Beiträge zum Werk George Herbert
Meads, a. a. O., 1985, S. 60–92.
24 H.-G. Gadamer/P. Vogler (Hrsg.), Neue Anthropologie in 7 Bdn., Stuttgart 1972–
1975.
25 H.-G. Gadamer, Theorie, Technik, Praxis – die Aufgabe einer neuen Anthropologie,
in: H.-G. Gadamer/P. Vogler (Hrsg.), Neue Anthropologie, Bd. 1: Biologische Anthro-
pologie I, S. IX–XXXVII.
26 Plessner gehörte mit seiner ›Anthropologie der Sinne‹ (1970) mit zu den Beiträgern
27 Ebd., S. XIX f.
28 Ebd., S. XXIX.
29 Ebd., S. XXXV.
30 O. F. Bollnow, Die philosophische Anthropologie und ihre methodischen Prinzipien,
in: R. Rocek/O. Schatz (Hrsg.), Philosophische Anthropologie heute, München 1972,
S. 19–36.
34 Ebd., S. 25.
35 Ebd., 26.
36 Ebd., S. 26–36.
37 Ebd., S. 26.
39 Ebd., S. 165.
40 C. Lévi-Strauss, Strukturale Anthropologie, Frankfurt a. M. 1967.
41 G. Schiwy, Strukturalismus und philosophische Anthropologie, a. a. O., S. 181.
zung mit Niklas Luhmann, in: J. Habermas/N. Luhmann, Theorie der Gesellschaft oder
Sozialtechnologie, a. a. O., S. 157.
46 Ebd., S. 156.
478. – Zuerst vorgetragen auf dem von H.-G. Gadamer verantworteten 8. Kongreß für
Philosophie ›Zum Problem der Sprache‹ in Heidelberg 1966.
54 H. Plessner, Der Aussagewert einer Philosophischen Anthropologie (1973), GS VIII,
S. 380–399.
55 Ebd., S. 390.
56 Ebd., S. 399.
57 K.-S. Rehberg, Hans Freyer (1887–1969), Arnold Gehlen (1904–1976), Helmut
Schelsky (1912–1984), in: D. Kaesler (Hrsg.), Klassiker der Soziologie, Bd. 2, Von Tal-
cott Parsons bis Pierre Bourdieu, a. a. O., S. 89.
58 H. Schelsky, Die verschiedenen Weisen, wie man Demokrat sein kann. Erinnerung an
Hans Freyer, Helmuth Plessner und andere, in: Ders., Rückblicke eines ›Anti-Sozio-
logen‹, Opladen 1981, S. 134–159.
59 Aus dieser Grunderfahrung schrieb Schelsky auch den Nachruf auf A. Gehlen in der
FAZ: H. Schelsky, Ein politischer Denker gegen die Zeit. Der Soziologe und Philosoph
Arnold Gehlen. Anthropologie und Institutionenlehre. Ein Nachruf, in: FAZ 2. 2. 1976.
60 Plessner stimmte – schon von seiner ›Kritik des sozialen Radikalismus‹ her – der
ler-Plessner-Querelen beteiligt gewesen war, zog sich Anfang der 70er Jahre aus der täg-
lichen Verlagsarbeit zurück und konnte »sich ganz auf zwei Unternehmungen konzen-
trieren, denen die Energie seiner letzten Jahre galt: den Gesamtausgaben der Werke
Martin Heideggers und Arnold Gehlens.« Klostermann lernte Gehlen erst Anfang 1975
kennen, also ein Jahr vor dessen Tod. E. Klostermann, Vittorio Klostermann und sein
Verlag, in: Vittorio Klostermann, Verlagskatalog 1930–1980, Frankfurt a. M. 1980, S. XV.
62 K.-S. Rehberg mit Bezug auf einen von Plessner erwähnten Brief (Ende der 40er
Jahre) an Gehlen: »der erwähnte Brief Plessners an Gehlen befindet sich nicht in dessen
Nachlaß; nach einer Andeutung Plessners ist es wahrscheinlich, daß beide diese Korres-
pondenz vernichtet haben.« K.-S. Rehberg, Nachwort des Herausgebers, GA 3.2, S. 895.
– Vgl. H. v. Alemann, Interview mit Helmuth Plessner am 7. 4. 1981. Aufzeichnungen
(23 S.), Nachlaß Plessner, S. 18: »Monika Plessner wies darauf hin, daß es heutzutage
keinen Briefwechsel mehr zwischen Plessner und Gehlen gibt. Es hat wohl irgendwann
ein paar Briefe zwischen beiden gegeben, aber die seien nicht mehr vorhanden.«
63 P. Good (Hrsg.), Max Scheler im Gegenwartsgeschehen der Philosophie, Bern/Mün-
chen 1975.
64 A. Gehlen, Rückblick auf die Anthropologie Max Schelers, in: P. Good (Hrsg.), Max
66 Ebd., S. 258.
67 Ebd., S. 248.
68 Ebd., S. 249.
69 Ebd., S. 251.
70 Ebd., S. 251 f.
71 Ebd., S. 254.
72 Ebd., S. 255.
73 Ebd., S. 257.
Diese Auffassung teilte Plessner ganz und gar nicht, auch nicht im
Rückblick als 83jähriger. Plessners ›Erinnerungen an Max Scheler‹ 77
im selben Band konzentrieren sich ganz auf die Person, und mali-
ziös wie nie zuvor versucht Plessner, Scheler in ein gewisses bio-
graphisches Zwielicht zu rücken. Er hebt damit an, dass er den Na-
men Schelers zum ersten Mal 1911 gehört habe, als Zeitungen von
der Skandalaffäre des jungen Münchener Privatdozenten berichte-
ten, der wegen Frauengeschichten auf die venia legendi verzichten
musste. Und Plessner endet mit der Erinnerung, Scheler habe ihm
unter vier Augen anvertraut, dass er während seiner Münchener
Zeit manchen Freund durch seine Bücher zum Katholizismus be-
kehrt habe: »›Aber wissen Sie: Ich habe meine Dummheiten nie
mitgemacht.‹« Dazwischen erzählt Plessner von Schelers geistiger
Entwicklung und Produktivität, der Wirkung eines progressiven
Katholiken im protestantischen Deutschland, seiner phänomenolo-
gischen Entdeckung der emotionalen Sphäre, seiner Kritik an der
Kantischen preußischen Pflichtmoral als ›Verrat an der Freude‹, sei-
ner Soziologie des Wissens, schließlich seiner Metaphysik oder
74 Ebd., S. 258.
75 Ebd., S. 253.
76 Ebd., S. 258.
77 H. Plessner, Erinnerungen an Max Scheler, in: P. Good (Hrsg.), Max Scheler im Ge-
78 Ebd., S. 27.
79 Ebd., S. 26.
https://doi.org/10.5771/9783495999899
R!ckgang (1969–1975)
86 H. R. Sepp, Das Werk Max Schelers in der gegenwärtigen Edition und Diskussion, in:
letzte Arbeit war die programmatische Abhandlung über ›Die Stellung des Menschen
im Kosmos‹, die im Entwurf einer solchen Anthropologie gipfelte. Ein Ausblick in ein
neues Land, in das hinein schon damals ein Forscher vom Schlage Helmuth Plessners
und später Arnold Gehlen eigene Schritte getan haben.« H.-G. Gadamer, Max Scheler –
Der Verschwender, a. a. O., S. 16.
wärtiger Stand, Stuttgart 1960, S. 122 ff., 157 f.; auch dort Heidegger, S. 151 ff., dieser
außerdem mit einbezogen bei R. Weiland (Hrsg.), Philosophische Anthropologie der
Moderne, Weinheim 1995, S. 86–97.
3 K.-S. Rehberg, Philosophische Anthropologie und die ›Soziologisierung‹ des Wissens
Grundkurs, Reinbek b. Hamburg 1985, S. 440–479; G. Hartung, Das Maß des Men-
schen. Aporien der philosophischen Anthropologie und ihre Auflösung in der Kultur-
philosophie Ernst Cassirers, Weilerswist 2003.
5 In H.-G. Gadamer/P. Vogler (Hrsg.), Philosophische Anthropologie (Neue Anthro-
pologie, Bd. 6. u. 7), Stuttgart/München 1972, der Beitrag von H. Kunz, Die Erweite-
rung des Menschenbildes in der Psychoanalyse Sigmund Freuds, S. 44–113.
6 In R. Weiland, Philosophische Anthropologie der Moderne, a. a. O., der Beitrag von
dem Motto »eine Einzeldisziplin wird autonom« gehören auch die neueren differenzier-
ten Darstellungen von G. Arlt, Philosophische Anthropologie, a. a. O., S. 66 und Ch.
Thies, Einführung in die philosophische Anthropologie. Darmstadt 2004. Vgl. für den
englischsprachigen Raum die deutschsprachige Tradition aufbereitet bei O. Pappé, Phi-
losophical Anthropology, in: P. Edwards (ed.), The Encyclopedia of Philosophy, Vol. 6,
New York/London 1965, S. 159–166, und für den italienischen Raum B. Accarino
(Hrsg.), Ratio Imaginis. Uomo e mondo nell’antropologia filosofica, Firenze 1991.
20 F. Seifert, Zum Verständnis der anthropologischen Wende in der Philosophie, in:
Feldes der reinen Philosophie ging auf die Auflösung der drei Aufgaben: 1) Was kann
ich wissen? (Metaphysik) 2) Was soll ich thun? (Moral) 3) Was kann ich hoffen? (Reli-
gion); welchen zuletzt die vierte folgen soll: Was ist der Mensch?« Kant an C. F. Stäud-
lin, 4. 5. 1793, zit. n. I. Kant, Briefe, hrsg. u. eingel. v. J. Zehbe, Göttingen 1970, S. 216.
23 E. Cassirer, Nachgelassene Manuskripte und Texte, Bd. 1, Zur Metaphysik der sym-
bolischen Formen, hrsg. v. J. M. Krois, Hamburg 1995, S. 32–112; G. Hartung, Das Maß
des Menschen. Aporien der philosophischen Anthropologie und ihre Auflösung in der
Kulturphilosophie Ernst Cassirers, a. a. O.
24 So z. B. die Artikel in dem von Gadamer organisierten Sammelband ›Philosophische
Reinbek 1969.
27 W. Pircher, Das ›Verschwinden des Menschen‹ : Postmoderne Anthropologie, in:
29 Scheler z. B. spricht 1926 hinsichtlich der »philosophischen Aufgabe […] einer »phi-
losophischen Anthropologie« von einer »Grundwissenschaft« (M. Scheler, Mensch und
Geschichte (1926), GW 9, S. 120).
33 Schon 1915 argumentiert Scheler in der Wende zur Natur gegen den Darwinismus:
M. Scheler, Zur Idee des Menschen (1915), GW 3, S. 171–195.
34 H. Schnädelbach, Epilog: Der Mensch, in: Ders., Philosophie in Deutschland 1831–
42 Ebd., S. 357–366.
43 Ebd. S. 362.
blick auf Ernst Cassirer und Arnold Gehlen, in G. Melville (Hrsg.), Institutionalität und
Symbolisierung, Köln/Weimar 2001, S. 53–68, bei seinem Vergleich von Gehlen und
Cassirer.
47 G. Hartung, Das Maß des Menschen, a. a. O., S. 362.
48 Eine Ausnahme ist O. Pöggeler, Max Scheler: Die Stellung des Menschen im Kosmos
(1928), in: Interpretationen. Hauptwerke der Philosophie. 20. Jahrhundert, Stuttgart
1992, S. 144–173.
49 H. Schnädelbach, Nachwort, a. a. O., S. 271: »Arnold Gehlen ist der eigentliche Be-
gründer der Philosophischen Anthropologie, als es ihm gelang, die Anthropologie trei-
benden Philosophen vor ihm […] zu seinen Vorläufern zu machen« – »durch die Um-
deutung des gesamten Theorieprogramms, die weitgehend akzeptiert wurde: Die
philosophische Anthropologie sollte keine Philosophie mehr sein, sondern bestenfalls
›empirische Philosophie‹.«
50 K.-S. Rehberg, Arnold Gehlens Beitrag zur ›Philosophischen Anthropologie‹. Einlei-
tung in die Studienausgabe seiner Hauptwerke, in: A. Gehlen, Der Mensch, 13. Aufl.
Wiesbaden 1986, S. I–XVII. Ders., Nachwort des Herausgebers, Seine Natur und seine
Stellung in der Welt. Textkritische Edition unter Einbeziehung des gesamten Textes der
1. Auflage von 1940, 2. Teilbände, Arnold-Gehlen-Gesamtausgabe, hrsg. v. K.-S. Reh-
berg, Frankfurt a. M. 1978 ff., Bd. 3.1 u. 3.2, hrsg. v. K.-S. Rehberg, Frankfurt a. M. 1993,
GA 3.2, S. 754.
51 So auch bereits H. Fahrenbach, Artikel ›Mensch‹ (1973), a. a. O., S. 896: »als ›Begrün-
der‹ der neuen (›biologisch‹ ansetzenden) philosophischen Anthropologie muß H. Pless-
ner gelten«; das Zitat in: Ders., ›Lebensphilosophische‹ oder ›existenzphilosophische‹
Anthropologie? Plessners Auseinandersetzung mit Heidegger, in: Dilthey-Jahrbuch,
Bd. 7 (1990–91), S. 74 f., mit Argumenten gegen Schelers Schlüsselrolle S. 72–75.
52 Zustimmend, dass »Plessners Auffassung im Unterschied zu der Schelers und im
Gegensatz zu der Gehlens als die systematisch allein tragfähige Begründung der Phi-
losophischen Anthropologie herausgestellt« wird: H.-P. Krüger, Die Fraglichkeit
menschlicher Lebewesen. Problemgeschichtliche und systematische Dimensionen, in:
H.-P. Krüger/G. Lindemann (Hrsg.), Philosophische Anthropologie im 21. Jahrhundert,
a. a. O., S. 15–41, S. 23. – V. Schürmann, Positionierte Exzentrizität, in: H.-P. Krüger/
G. Lindemann (Hrsg.), Philosophische Anthropologie im 21. Jahrhundert, a. a. O., S. 83–
102, S. 82; G. Lindemann, Soziologie – Anthropologie und die Analyse gesellschaftli-
cher Grenzregimes, ebd., S. 42–62. – M. Schloßberger, Die Ordnung des menschlichen
Gefühlslebens, ebd., S. 254–273, sieht hingegen eine Gemeinsamkeit von Scheler und
Plessner (mit Sinn für die Bedeutsamkeit von Scheler für die Philosophische Anthro-
pologie), während Gehlen definitiv ausgeschlossen wird (S. 254 f.).
53 H. Spiegelberg, The Phenomenological Movement. A Historical Introduction, Dord-
Anthropologie – eine Alternative?, in: G. Dux/H. Wenzel (Hrsg.), Der Prozeß der Geis-
tesgeschichte. Studien zur ontogenetischen und historischen Entwicklung des Geistes,
Frankfurt a. M. 1994, S. 64–91.
60 H.-P. Krüger, Die Fraglichkeit menschlicher Lebewesen. Problemgeschichtliche und
schen Ernst Cassirer und Helmuth Plessner, in: Dilthey-Jahrbuch, Bd. 7 (1990–91),
S. 250–274.
65 St. Pietrowicz, Helmuth Plessner. Genese und System seines philosophisch-anthro-
der exzentrischen Positionalität, in: G. Dux/U. Wenzel (Hrsg.), Der Prozeß der Geistes-
geschichte, a. a. O., S. 45–63.
66 G. Dux, Für eine Anthropologie in historisch-genetischer Absicht. Kritische Überle-
pologie, in: G. Dux/U. Wenzel (Hrsg.), Der Prozeß der Geistesgeschichte, a. a. O., S. 16.
68 Ebd., S. 39.
69 Ebd., S. 40.
70 Ebd., S. 15 f.
schen Philosophie der ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts, in: H. Stachiowiak
(Hrsg.), Pragmatik. Handbuch pragmatischen Denkens, Bd. II, Hamburg 1987, S. 202–
232. – W. Brüning, Philosophische Anthropologie, a. a. O., S. 139–146, schlägt mit Geh-
len auch Plessner und Rothacker zur »pragmatistischen Philosophie«.
73 B. Grünewald, Positionalität und die Grundlegung einer philosophischen Anthro-
pologie bei Helmuth Plessner, in: P. Baumanns (Hrsg.), Realität und Begriff. Festschrift
für Jakob Barion zum 95. Geburtstag, Würzburg 1993, S. 273.
74 H.-P. Krüger, Die Fraglichkeit menschlicher Lebewesen. Problemgeschichtliche und
lens Tod 1975 und darüber hinaus. Das ist der eine Grund, warum das
Paradigma ›Philosophische Anthropologie‹ institutionell – in einer
Nachfolge, in einer gemeinsamen Schülerschaft – nicht greifbar wer-
den konnte.
2. Ein anderer, ergänzender Grund ist die fortlaufende Störung
der Identifizierbarkeit eines solchen Identitätskerns durch interes-
sierte Dritte, durch konkurrierende Denkansätze, die ihre inhaltliche
Kritik an der Philosophischen Anthropologie mit einer Spaltung der
Denkergruppe verknüpften: zunächst vor allem durch die Existenz-
philosophie, wo Heidegger von Beginn zwischen dem zu würdigen-
den Scheler und dem nicht zu erwähnenden Plessner trennte, dann
durch die Frankfurter Schule, in der Max Horkheimer in seiner kri-
tischen Auseinandersetzung mit der Philosophischen Anthropologie
Plessners Argumente systematisch nicht behandelte 79 ; später ist es
dann Habermas gewesen, der die Rivalität zwischen Plessner und
Gehlen erkannte und interessiert vertiefte 80, indem er akademisch
und öffentlich zwischen dem (wegen seines Exils, nicht wegen seiner
Theorie) guten, liberalen Plessner und dem (wegen seiner NS-Kar-
riere und deshalb auch in seiner Theorie verwerflichen) bösen, kon-
servativen Gehlen unterschied. Auch die Dilthey-Schule (Bollnow,
Gadamer) hat immer wieder zwischen Plessner als einem eigentlich
an Dilthey ausgerichteten hermeneutischen Philosophen (in ›Macht
und menschliche Natur‹) und dem an der Biologie orientierten Na-
turalisten Gehlen unterschieden, so dass die mögliche Identität eines
Denkansatzes zwischen ihnen als ein bloßes Missverständnis er-
schien. Dieses ideenpolitische divide et impera seitens konkurrieren-
der Denkansätze, dem sich weder Plessner noch Gehlen entziehen
wollten oder konnten, bildete mit einen Faktor, dass sich ein Theorie-
programm einer Philosophischen Anthropologie in einem institutio-
nellen Zusammenhang des akademischen Lebens nicht kenntlich ma-
chen konnte.
3. Ein dritter Grund für eine ausgebliebene philosophische
Traditionsbildung ist schließlich der relativ gleichzeitige Übergang
und Gegenwart, Bd. I, 3. Aufl. Tübingen 1957, Sp. 410–414. – Wiederabgedr. in: Ders.,
Politik – Anthropologie – Philosophie. Aufsätze und Vorträge, hrsg. v. S. Giammusso
und H.-U. Lessing, München 2001, S. 184–189 – H. Plessner, Artikel: Anthropologie,
philosophisch, in: Evangelisches Kirchenlexikon, Bd. I, Göttingen 1956, S. 138 f. –
in der Philosophie Max Schelers, Bonn 1996. – Für Plessner: R. Breun, Helmuth Pless-
ners Bestimmung der Idee der Philosophie und deren Ausarbeitung als philosophische
Anthropologie, Diss. Tübingen 1987. – St. Pietrowicz, Helmuth Plessner. Genese und
System seines philosophisch-anthropologischen Denkens, Freiburg/München 1992. –
J. Beaufort, Gesetzte Grenzen, begrenzte Setzungen. Fichte’sche Begrifflichkeit in Hel-
muth Plessners Phänomenologie des Lebendigen, in: Deutsche Zeitschrift für Philoso-
phie Jg. 48 (2000), S. 213–236. – Für Gehlen: L. Samson, Naturteleologie und Freiheit
bei Arnold Gehlen. Systematisch-historische Untersuchungen, Freiburg/München
1976. – P. Fonk, Transformation der Dialektik. Grundzüge der Philosophie Arnold Geh-
lens, Würzburg 1983. – Für Portmann: H. Müller, Philosophische Grundlagen der An-
thropologie Adolf Portmanns, Weinheim 1988.
85 M. Scheler, Mensch und Geschichte (1926), GW 9, S. 120–144. Schelers Vortrag –
Teilstück des ersten Teils der geplanten Philosophischen Anthropologie, der eine »Ge-
schichte des Selbstbewußtseins des Menschen von sich selbst« geben sollte – behandelt
im Schwerpunkt den Übergang im 19. Jh. vom Leitbild des »homo sapiens« zu den
lebensphilosophischen Leitbildern »homo faber« und dem »dionysischen Menschen«.
86 H. Plessner, Das Schicksal deutschen Geistes im Ausgang seiner bürgerlichen Epoche
(1935), 2. Aufl. 1959 unter dem Titel: Die verspätete Nation, GS VI, S. 7–224. – Die
Kapitel 8–12 enthalten eine Philosophiegeschichte des 19./frühen 20. Jahrhunderts.
87 K. Löwith, Von Hegel zu Nietzsche – Der revolutionäre Bruch im Denken des
19. Jahrhunderts (1941, 2. Aufl. 1949), in: Ders., Sämtliche Schriften, Bd. 4: Von Hegel
zu Nietzsche, hrsg. v. K. Stichweh, Stuttgart 1988, S. 1–490.
Hauptautoren und ihre Texte bereits in Teil 1 eingeführt worden sind; allerdings werden
sie nun in strikt systematischer Absicht behandelt.
90 D. Medick-Bachmann, Cultural Turns. Neuorientierungen in den Kulturwissen-
Hundert Jahre zuvor, um 1800 herum, setzt die Philosophie mit den
Kategorien der »Vernunft« oder des »Geistes« bei der Kraft des den-
kenden »Ich« an. In der Philosophie des Idealismus spitzt sich das von
Descartes artikulierte Bewusstsein zu, als »Ich« gegenüber dem
Schöpfer, dem »Er« (Gott), aber auch gegenüber seiner Schöpfung,
dem Bann des Lebens, der Abhängigkeit von der Natur, gerade auch
gegenüber der Natur des eigenen Körpers, eine unverrückbare Frei-
heit, eine Selbstbestimmung zu besitzen: »Ich denke, also bin ich.
[…] Daraus erkannte ich, daß ich eine Substanz bin, deren ganzes
Wesen oder deren Natur nur darin besteht, zu denken und die zum
Sein keines Ortes bedarf, noch von irgendeinem materiellen Dinge
abhängt […].« 1 Das seit der griechischen Philosophie freigesetzte
Selbstbild des autonomen »homo sapiens« 2 steigert sich hier zur
idealistischen Erhabenheit eines dualistischen Lebensgefühls, das die
körperfreie Autonomie seines denkenden Ich einerseits, die wissen-
schaftlich durch das denkende Ich feststellbare Welt der Körper ande-
rerseits entdeckt.
In dieser Figur löst sich die philosophische Selbstvergewisse-
1 R. Descartes, Von der Methode des richtigen Vernunftgebrauchs und der wissen-
schaftlichen Forschung, übers. u. hrsg. v. L. Gäbe, Hamburg 1980, S. 53 f.
2 M. Scheler, Mensch und Geschichte (1926), GW 9, S. 125.
3 Ebd., S. 124.
4 J. G. Fichte, Grundlage der gesamten Wissenschaftslehre (1794), in: Fichtes Werke,
hrsg. v. J. H. Fichte, Bd. 1, Berlin 1971, S. 96.
schichte, GW 9, S. 134–144.
13 H. Plessner, Die verspätete Nation, GS VI, S. 159–161.
14 Ebd., S. 157.
15 »In der Spätphilosophie Schellings ist erstmalig diese Bewegung vollzogen, in der die
sich zu sich ermächtigen wollende Subjektivität gerade durch die Erfahrung ihrer Ohn-
macht zum eigentlichen Verständnis ihrer selbst kommt.« W. Schulz, Die Vollendung
des Deutschen Idealismus in der Spätphilosophie Schellings, Stuttgart/Köln 1955, S. 6.
16 Die Bedeutung der »Lebensphilosophie« Schopenhauers für die späteren Philosophi-
https://doi.org/10.5771/9783495999899
Philosophiegeschichtliche Lage
In der Kategorie des »Lebens« als einem bereits vor- und unter-
menschlichen Medium sammelte die Lebensphilosophie sozusagen
die verschiedensten Abbau-Basen der Krisengeschichte der Vernunft
ein, die neu entdeckten Momente der Faktizität, dabei neue Vermitt-
lungen versprechend: das organische Leben, das sensual-leibliche Le-
ben, das Triebleben, das begegnende andere Leben, das in der Leib-
gebundenheit des Geistes kreatürlicher Angst sich erfahrende
singuläre Leben, die Psychologie des inneren Erlebens und der Zeit-
lichkeit, und das sich zu immer neuen Ausdrucksformen wandelnde
geschichtliche Leben. In die durch Destruktion freigewordene Leer-
stelle des »Homo sapiens« rückten lebensphilosophisch der »Homo
faber« oder der »dionysische Mensch«. 17 Die avancierte Lebensphi-
losophie entfaltete sich in prägnanten Spielarten, von der pragmati-
schen, bioevolutionären Variante, in denen der Geist als Intelligenz
und funktionale Größe des auf Fortpflanzungs-, Macht- und Er-
werbstrieben geeichten Lebens verstanden wurde (Spencer), über
die intuitive Lebensphilosophie (Bergson), in der der Geist im Leben
weilt, wenn er sich in der intuitiv schauenden Hingabe zum Lebens-
strom öffnet, bis hin zu der radikal a-rationalen Spielart, in der der
Geist als raum-zeitlose, lebens- und seelenzerstörende Macht von
außen ins Leben hereinbricht (Klages): »Wie ein metaphysischer Pa-
rasit erscheint hier der Geist, der sich in Leben und Seele einbohrt,
um sie zu zerstören.« 18 Vom Ansatz dieser Lebensphilosophie aus
war der Idealismus, der die Lossprechung des intellektuellen Geistes
vom Leben zum produktiven Prinzip des menschlichen Selbst- und
Weltverhältnisses erhoben hatte, nicht nur eine Überdehnung des
Menschen (wie für die pragmatische Variante) oder seine Hemmung,
sondern Ausdruck seiner Erkrankung, denn er hatte zum philosophi-
schen Prinzip werden lassen, was der Geist als Faktum bereits bedeu-
tete: die störende Unterbrochenheit der Leibseele-Einheit, die Unter-
brechung der Einsfühlung mit der schaffenden Natur, das Abdrängen
von den schaffenden Kräften der Natur und der Geschichte. In der
Lebensphilosophie in ihren verschiedenen Strömungen ist die Zen-
tralität des Ich zugunsten des Untergrundes einer eigendynamischen
Kraft des »Es« geschwunden, auf der das Ich eine tanzende, getanzte
Größe ist. Lebensphilosophie bedeutete eine Aufladung, eine Ver-
zauberung der Kategorie des »Lebens«. 19
S. 39.
2.2.1 Identitätskern
distanz auf das Objekt »Leben« (zu dem auch der eigene ›Leib‹ zu
rechnen ist, insofern er ›Körper‹ ist). Nicht die (Phänomenologie der)
Leiblichkeit ist der Ausgangspunkt, sondern reflexionsentscheidend
ist der distanzierte, dem Biologen folgende kritisch-konstruktive
Blick auf den (subhumanen) Organismus, auf den lebendigen Körper
inmitten seines Mediums oder seiner Umwelt. Die Denkbewegung
bei allen einschlägigen Autoren setzt beim Blick auf den ferngestell-
ten lebendigen Körper-in-seiner-Umwelt an, um dann in einem kate-
gorialen Durchgang durch Typen des Lebens (Pflanzen, Tiere) den
Ausgangspunkt – Geist – zu erreichen – ohne nun eine Teleologik
des Lebendigen zum Geist hin zu postulieren (wie im Deutschen
Idealismus) und ohne die Phänomene des Geistes auf eine evolutio-
näre Kontinuität des Lebens zu reduzieren (wie das evolutionsbiolo-
gische Paradigma seit Darwin).
5 H. Plessner, Die Stufen des Organischen und der Mensch, a. a. O., S. 33.
sizieren und das Tanzen, Lachen und Weinen, die orgiastische Ekstase
und das Begraben, alle Bewegungsarten und Ausdrucksbewegungen
als welterschließende und menschenweltstiftende Konstituenten ent-
falten werden. Diese verschiedensten menschlichen »Monopole«
werden dabei von der Philosophischen Anthropologie nicht als die
Hierarchie eines Momentes gegen die anderen, sondern in ihrer
»Gleichursprünglichkeit« begriffen: homo ludens, homo sapiens, ho-
mo divinans, homo faber, homo necans, homo creator, homo pictor,
homo loquens, homo politicus – diese sonst alternativ oder hierar-
chisch verstandenen Spezifika werden als ein gleichursprüngliches
Geflecht von Monopolen verstanden. Die ›anthropologischen Kate-
gorien‹ der Philosophischen Anthropologie sind also so gebaut, dass
sie zwischen dem (abgeschlossenen Bestand der) ›Vitalkategorien‹
(den Kategorien des Lebendigen) und (dem offenen Bestand) der ›her-
meneutischen oder historischen Kategorien‹ (die die Differenzen der
Kulturen ausdrücken) vermitteln. Als Umbruchbegriffe des Vitalen,
in denen die Charakteristika des Lebendigen mitlaufen, drücken die
›anthropologischen Kategorien‹ zugleich die Öffnung des Vitalen für
das Potential der geschichtlichen oder kulturellen Differenz aus. 6 So
ermöglichen sie es, die Verschiedenheit und die Gleichheit der
menschlichen Lebensformen zugleich zu beobachten.
Ein Denkansatz wird erst dann paradigmatisch, wenn er nicht nur die
Denkungsart eines Autors benennt, sondern wenn er übergreift,
wenn zwei oder mehrere Autoren mit ihren Texten an ihm teilhaben.
Ein Beweis dafür, dass es die Philosophische Anthropologie philoso-
phiegeschichtlich gegeben hat, würde darin bestehen, dass trotz aller
behaupteten, ausgelebten und tatsächlichen Verschiedenheit zwi-
schen Scheler, Plessner, Rothacker, Gehlen, Portmann die Art der
Kategorienbildung ihre Arbeiten zu einem Textkorpus koinzidieren
lässt. 7 Es ist zu zeigen, dass sie im Konstruktionsmodus der Katego-
GW 12, S. 111.
10 Ebd.
GW 12, S. 131 f.
16 H. Plessner, Die Stufen des Organischen und der Mensch. Einleitung in die philoso-
phische Anthropologie, a. a. O., S. 288–293. Zu Plessners Kategorienbildung einer Phi-
losophischen Anthropologie: H. Redeker, Helmuth Plessner oder Die verkörperte Phi-
losophie, Berlin 1993. – F. Hammer, Die exzentrische Position des Menschen. Methode
und Grundlinien der philosophischen Anthropologie Helmuth Plessners, Bonn 1967. –
H. U. Asemissen, Helmuth Plessner: Die exzentrische Position des Menschen, in:
J. Speck (Hrsg.), Grundprobleme der großen Philosophen. Philosophen der Gegenwart
II: Scheler, Hönigswald, Cassirer, Plessner, Merleau-Ponty, Gehlen, 2. erg. Aufl. Göttin-
gen 1981, S. 146–180. – St. Pietrowicz, Helmuth Plessner. Genese und System seines
philosophisch-anthropologischen Denkens, Freiburg/München 1992. – E. W. Orth, Phi-
losophische Anthropologie als Erste Philosophie. Ein Vergleich zwischen Ernst Cassirer
und Helmuth Plessner, in: Dilthey-Jahrbuch Bd. 7, (1990/91), S. 250–274; – W. Eßbach,
Der Mittelpunkt außerhalb. Helmuth Plessners philosophische Anthropologie, in:
G. Dux/U. Wenzel (Hrsg.), Der Prozeß der Geistesgeschichte. Studien zur ontogeneti-
schen und historischen Entwicklung des Geistes, Frankfurt a. M. 1994, S. 15–44. – –
H.-P. Krüger, Zwischen Lachen und Weinen, Bd. I, Das Spektrum menschlicher Phäno-
mene, Berlin 1999; ders., Zwischen Lachen und Weinen, Bd. II, Der dritte Weg Philoso-
phischer Anthropologie und die Geschlechterfrage, Berlin 2001. – J. Beaufort, Die ge-
sellschaftliche Konstitution der Natur. Helmuth Plessners kritisch-phänomenologische
Grundlegung einer hermeneutischen Naturphilosophie, Würzburg 2000. – K. Haucke,
Plessner zur Einführung, Hamburg 2000.
wird den Leib los, indem er ihn in der dualistischen Operation ver-
dinglicht, weil er ihn der anderen Seite der Opposition, dem Ding –
der res extensa – zuschlagen muss.
1. Schon der erste Schritt in Plessners Begriffskonstruktion, die
durch »Herstellung des einen Grundaspekts« die Dualität vermitteln
soll, ist charakteristisch für die Denkungsart der Philosophischen An-
thropologie. Die erste Weggabelung oder Begriffsentscheidung, die
der Kategorie »exzentrische Positionalität« zugrundeliegt, ist die,
dass Plessner innerhalb der Subjekt-Objekt-Relation nicht beim Leib,
in der Nähe des Subjektpols, den »Doppelaspekt« 17 aufklärt, sondern
mit dem »Wahrnehmungsding« am fernen Objektpol anfängt. Pless-
ners Kategorienbildung setzt mit der phänomenologischen Ver-
gewisserung nicht beim ›nahen‹ eigenen Leib an, um ihn als welt-
kontakthaltendes Konstitutionszentrum des Subjekts und damit als
gesuchtes conjunctum freizulegen, sondern mit der phänomeno-
logisch-konstruktiven Vergewisserung eines fernen »Dinges«, wie
es der anschaulichen Wahrnehmung gegeben ist. Er operiert also
mit ›Elementen der Metaphysik‹, einer minimalistischen Ontologie
(Was ist das materielle ›Ding‹, was ist das lebendige ›Ding‹ ?). Als
Bedingung der Gegenständlichkeit überhaupt, um für die Wahrneh-
mung als Gegenstand zu erscheinen, lässt sich der Doppelaspekt von
einerseits räumlichem Außen, andererseits von unräumlichem Innen
aufweisen. Der Kranz von Eigenschaften, der am Wahrnehmungs-
ding gegeben ist, verweist auf einen inneren Substanzkern, durch
den sie zusammengehalten, mit dem sie aber nicht deckungsgleich
sind. Dieser unüberführbare Doppelaspekt des »Wahrnehmungsdin-
ges« erweist sich als Bedingung der Gegenständlichkeit. Plessner
setzt also ausdrücklich innerhalb der Subjekt-Objekt-Relation an, al-
lerdings nicht mit Zentrierung auf das Subjekt, sondern mit Blick auf
den ferngestellten Objektpol, auf außermenschliches Sein.
2. Plessners zweite Begriffsentscheidung »Grenze« 18 , die er in
die Kategorie »exzentrische Positionalität« einfaltet, entscheidet be-
reits über das Ausgangsproblem des conjunctums. 19 Indem er »Gren-
17 H. Plessner, Die Stufen des Organischen und der Mensch, a. a. O., S. 81–85.
18 Ebd., S. 100–105.
19 Vgl. W. Eßbach, Der Mittelpunkt außerhalb. Helmuth Plessners philosophische An-
thropologie, a. a. O., S. 17–21, bezogen auf die »Strukturlogik« von Plessners »biosophi-
scher« Grundkategorie »Grenze«: »Organische Körper haben eine Grenze wie eine Fal-
tung des Seins. […] Bezogen auf die Grenzthematik stellt die Pflanze eine einfache
Faltung, das Tier eine Doppelfaltung als Distanz nach Innen und Außen, der Mensch
eine Dreifaltigkeit dar, deren Drittes nicht auf dem Niveau des Selbst oder der Selb-
ständigkeit liegt, sondern als Stellung in der Grenze reflektiert wird.«
20 So Plessners erste Formel für sein philosophisch-anthropologisches Denkprojekt:
21 H. Plessner, Die Stufen des Organischen und der Mensch, a. a. O., S. 129.
tragensein, ist Abhebung und Aufruhen, ist die Erfahrung von nicht
selbst gesetzter Gesetztheit, von nicht selbst gesetzten Impulsen und
Rhythmen, ist geschehender Vollzug. »Positional« sind also spezielle
Dinge, die in und gegen ein Umgebungsfeld »gesetzt« sind, in eine
Lage gestellt, zu der sie sich präreflexiv stellen müssen. »Positionali-
tät« meint nicht dasselbe wie (später) »Autopoiesis«, auch wenn bei-
de Begriffe um den adäquaten Ausdruck für das Spezifikum des Le-
bendigen kreisen. Man darf die naturphilosophische Wendung des
Idealismus in der Philosophischen Anthropologie nicht »idealistisch«
missverstehen in der Weise, dass das »grenzrealisierende Ding« sich
selbst erzeugt (auto-poietisch), sich selbst setzt, seine Grenzen selbst
setzt. »Positional« akzentuiert vielmehr den ›Es-Charakter‹ des
grenzrealisierenden Dinges: »es« ist in seine »Grenzrealisierung«
eingesetzt, die es allerdings aktiv vollzieht.
In die naturphilosophische Wendung bleibt nun aber das Refle-
xivitätspotential der idealistischen Kategorie »Setzung« eingespei-
chert. »Setzen« ist für Fichte ja nicht nur das Vermögen des Ich,
durch Denken etwas als Sein hinzustellen, sondern auch das Ver-
mögen (in einer nächsten Reflexionsstufe), sich als das setzende Mo-
ment und (in einer weiteren Reflexionsstufe) sich als die Instanz zu
identifizieren, die sich selber setzt. Indem Plessner also das lebendige
Ding als »Positionalität« oder »Gesetztheit« charakterisiert, bereitet
er durch das implizit enthaltene Reflexionspotential der Kategorie
die Möglichkeit vor, Lebensformen als strukturelle Steigerungen zu
charakterisieren. Durch die Kategorie »Positionalität« ist eine ge-
samtkategoriale Erreichbarkeit der Sphäre des Geistes in einer Mög-
lichkeitslogik disponiert.
Plessner zweites Denkmotiv bei der Begriffsentscheidung für
»Positionalität« lässt sich an einer Weggabelung als philosophisch-
anthropologische Option gegen den Begriff des »Systems« erläutern.
Mit der kategorialen Bestimmung von Lebendigem als grenzrealisie-
rendem Körper ist Plessner durchaus an der biophilosophischen Ur-
szene der Systemtheorie beteiligt. Der Wiener Spezialist für Theo-
retische Biologe L. v. Bertalanffy definiert um dieselbe Zeit den
Organismus als »offenes System«, das sich auf Grund seiner System-
bedingungen im Austausch der Bestandteile in einer Umwelt durch-
hält. Durch die Abstraktion vom Organismus-Umwelt-Bezug und
die Übertragung dieser Relation als »System-Umwelt«-Beziehung
auf technische, psychische und soziale Verhältnisse gelingt Berta-
lanffy wenige Jahre später die folgenreiche Formulierung der »All-
23 H. Plessner, Die Stufen des Organischen und der Mensch, a. a. O., S. 237–244.
24 Ebd., S. 288–293.
26 H. Plessner, Die Stufen des Organischen und der Mensch, a. a. O., S. 363.
Wie bei Scheler und Plessner lässt sich der Identitätskern der Phi-
losophischen Anthropologie auch bei Erich Rothacker zeigen. Seine
Schlüsselbegriffe »Lebensstil« und »Weltanschauung« für die
menschliche Sphäre sind zwar geläufige Begriffe, aber als tragende
Kategorien sind sie bei ihm im Kern genau entsprechend der philoso-
phisch-anthropologischen Denkungsart gebaut. 29
phie des Geistes aus dem Geist der Deutschen Historischen Schule, Bonn 1968; A. Bu-
cher, Anthropologie in Metaphysik-Distanz. Erich Rothackers Anthropologie als empi-
rische Philosophie zur 10. Wiederkehr seines Todestages im August d. J., in: Zeitschrift
für philosophische Forschung, Bd. 29 (1975), S. 349–360.
31 A. Gehlen, Der Mensch. Seine Natur und seine Stellung in der Welt (1940), 4. ver-
änd. Aufl., Bonn 1950, S. 36–41. Zu Gehlens philosophisch-anthropologischer Katego-
rienbildung: N. Hartmann, Neue Anthropologie in Deutschland. Betrachtungen zu Ar-
nold Gehlens Werk ›Der Mensch‹, in: Blätter für Deutsche Philosophie, Jg. 15 (1941/42),
S. 159–177. – F. Jonas, Die Institutionenlehre Arnold Gehlens, Tübingen 1966. – P. Jan-
sen, Arnold Gehlen. Die anthropologische Kategorienlehre, Bonn 1975. – L. Samson,
Naturteleologie und Freiheit bei Arnold Gehlen. Systematisch-historische Unter-
suchungen, Freiburg/München 1976. – P. Fonk, Transformationen der Dialektik.
Grundzüge der Philosophie Arnold Gehlens, Würzburg 1983. – K.-S. Rehberg, Nach-
wort des Herausgebers, in: Gehlen, Der Mensch, GA 3.2, S. 751–786. – Ch. Thies, Geh-
len zur Einführung, Hamburg 2000.
32 A. Gehlen, Anthropologische Forschung, a. a. O., S. 69 f.
33 Gehlen hatte 1940 in der Erstausgabe von ›Der Mensch‹ sich zunächst vom Schich-
ten- und Stufenmodell (bei Scheler) distanziert, bis er durch Hartmanns schichtentheo-
retische Interpretation seiner – Gehlens – Argumentation so überzeugt wurde, dass er
fortan seit 1950 sich gegen idealistische und naturalistische Kritik mit der Schichtung
niederer und höherer Kategorien verteidigte: »Um in den Begriffen von N. Hartmann
zu sprechen: es kommt uns darauf an, unbeschadet der von vornherein zugestandenen
Unmöglichkeit, den ›Geist‹ auf das ›Leben‹ zurückzuführen, diejenigen Kategorien zu
finden, die »durchlaufen«, die also das Zusammenbestehen dieser Schichten möglich
machen.« Und er spricht von seinen Ausführungen als »der hier untersuchten Schich-
tung des Funktionskreises von Hand, Auge und Sprache, in dem alle Geistesentwicklung
entspringt und in den sie auch wieder zurückzulaufen bestimmt ist.« A. Gehlen, Der
Mensch, a. a. O., S. 12 und S. 201. Vgl. zur Anlehnung der Gehlenschen Kategorienlehre
an Hartmann P. Jansen, Arnold Gehlen. Die anthropologische Kategorienlehre, a. a. O.,
S. 38–47.
37 A. Portmann, Die Zeit im Leben der Organismen, in: Ders., Biologie und Geist, Zü-
38 Ebd., S. 66.
Biologie« als Kern des Theorieprogramms mit den wichtigen Bezugsautoren zusam-
mengestellt bei M. Grene, Approaches to a philosophical biology, New York/London
1968. Vgl. auch J. Fischer, Biophilosophie als Kern des Theorieprogramms der Philoso-
45 Ebd., S. 378.
einander als es ihre eigene Rhetorik vermuten lässt. Scheler hat zwar
durchaus Interessen gehabt an einer Metaphysik, an einer »moder-
nen Metaphysik«, an einer modernen »Metaphysik des Absoluten«,
aber er hat die »philosophische Anthropologie« nicht nur ausdrück-
lich von dieser »Metaphysik des Absoluten« getrennt, sondern sie
sogar als (transzendentale) Voraussetzung einer solchen Metaphysik
betrachtet. Mithin liegt bei Scheler nicht immer schon eine ›meta-
physische Anthropologie‹ vor, in der »philosophische Anthropolo-
gie« selbst abhängig gedacht wäre von der Metaphysik des Absolu-
ten, sondern philosophische Anthropologie fungiert umgekehrt als
›quasitranszendentale‹ Voraussetzung, als »Sprungbrett« einer sol-
chen Metaphysik. Nur diese Fundierungsordnung erklärt, warum
Scheler von »moderner Metaphysik« spricht. Nach der Kantischen
Philosophie kann eine Metaphysik keine »Gegenstandsmetaphysik«
mehr sein, sagt Scheler, sondern nur »Metanthropologie«. 50 Die
»Strukturformeln« der »philosophischen Anthropologie« – so könn-
te man mit Plessner interpolieren – »dürfen keinen abschließend-
theoretischen, sondern nur einen aufschließend-exponierenden Wert
beanspruchen« 51 – auch in der Perspektive einer solchen »modernen
Metaphysik«.
Philosophisch ist aber – um nun zum zweiten Gegenargument
zu kommen – diese »Philosophische Anthropologie« (in dieser Be-
gründungsfunktion) bei Scheler dezidiert und notorisch auf den Kon-
takt mit den Erfahrungswissenschaften eingestellt – ganz so wie bei
Plessner und eben auch bei Gehlen. Dass die Philosophie des Men-
schen – wie Gehlen sagt – »sich sorgfältig im Umkreis der Erfahrun-
gen, der Analyse von Tatsachen oder Vollzügen, die jedermann er-
reichbar oder für jedermann nachvollziehbar sind«, bewegen solle,
ist das Credo aller drei Autoren. Philosophische Anthropologie ist
mit dieser Verarbeitung der verschiedenen positiven Wissenschaften
auch bei Scheler und Plessner wie bei Gehlen »empirische Philoso-
phie«. Zugleich darf man aber im Terminus »empirische Philoso-
phie« nicht die irreduzible Funktion der Philosophie überhören, wie
gerade Gehlen selbst ausführt: Philosophische Anthropologie »ist
eine philosophische und wissenschaftliche« Unternehmung. 52 Um
zwischen den verschiedenen »Empirien«, den verschiedenen Erfah-
53 Ebd., S. 13.
54 A. Gehlen, Besprechung: H.-G. Gadamer/P. Vogler (Hrsg.), Neue Anthropologie,
Bd. 6 u. 7: Philosophische Anthropologie (1975), in: Neue Deutsche Hefte, Nr. 147
(1975), S. 586–591.
55 H. Plessner, Über einige Motive der Philosophischen Anthropologie, GS VIII, S. 117–
135.
begriff, wie er von diesen drei Autoren mit Bezug auf die Philosophi-
sche Anthropologie verwendet wird.
giert und aufgehoben wird, sondern die ›Natur‹ ist in allen soziokul-
turellen, historischen und modernen Ausdrucksformen präsent und
aktuell, mit ihr muss dauernd umgegangen werden.
lassen. Die These ist: Wenn alle genannten Denker in der Art der
Kategorienbildung prinzipiell koinzidieren, dann käme die »erkennt-
nispolitische Differenz« 57 zwischen ihnen dadurch zustande, welchen
Aspekt des Lebendigen sie im Pflanze/Tier/Mensch-Vergleich beto-
nen bzw. an welchem Aspekt des Lebendigen sie die Gebrochenheit
und Überbrückung des Funktionskreises in die Sphäre des Menschen
hinein verfolgen.
Systematisch ausgedrückt, lassen sich am Korrelationsverhält-
nis zwischen Organismus und Umwelt mindestens folgende Akzente
unterscheiden. Erstens lässt sich betonen, dass im Funktionskreis Le-
bendiges über den Wahrnehmungs- und Bewegungszirkel tatsächlich
in einem real-intentionalen Kontakt mit Anderem seiner selbst steht;
über die materielle Verknüpfung hinaus ist dem Organismus tatsäch-
lich Umwelt als Ausschnitt der Wirklichkeit gegeben, und in seiner
Zuwendung erreicht der Organismus tatsächlich unmittelbare Teil-
habe an der Wirklichkeit. Zweitens lässt sich der Akzent darauf set-
zen, dass – was unüber-sehbar und unüber-hörbar ist – dem Organis-
mus das gegebene Wirkliche immer nur erscheint, dass es also nur
vermittelt über die Sinnesqualitäten an ihn herankommt und er an-
dererseits immer nur vermittelt, über die Ausdrucksfläche seines
Körpers in der Welt erscheint. Drittens kann die Betonung aber auch
darauf liegen, dass – nimmt man die Artverschiedenheit der Orga-
nismen in den Blick – Wirklichkeit je nach Funktionskreis verschie-
den sich darbietet bzw. die Funktionskreise verschieden, in bunter
Mannigfaltigkeit in der Wirklichkeit auftreten. Viertens lässt sich
bemerkenswert finden, dass der Funktionskreis im Wahrnehmungs-
und Bewegungskontakt mit seiner Umwelt überhaupt funktioniert,
und schließlich kann man fünftens darüber erstaunt sein, dass der
Funktionskreis nicht sofort da ist, als der, der er ist, sondern erst in
der Zeitgestalt einer individuellen Entwicklung auftritt; Wirklichkeit
entwickelt sich in das Lebewesen hinein und es entwickelt sich in die
Wirklichkeit hinaus.
So vorbereitet, lässt sich die wesentliche Differenz zwischen den
Autoren als eine Differenz innerhalb des Denkansatzes der Philoso-
phischen Anthropologie darstellen. Wenn gilt: »Als Ganzer ist der
Organismus […] nur die Hälfte seines Lebens« 58 , dann bedeutet die
»Stellung des Menschen im Kosmos« für alle, dass mit der Aufgebro-
chenheit des lebendigen Funktionskreises für den menschlichen Or-
ganismus eine neue Begegnungslage mit neuartigen Korrelationsver-
hältnissen da ist: tierische Umwelt wird Außen-»welt«, tierisches
Erleben wird Innen-»welt«, Artgenossen werden Mit-»welt«.
Dann wird klar: Schelers Schwerpunkt auf der Ebene des unter-
brochenen Lebenskreises ist, ob und inwiefern das so gestellte
Lebenssubjekt im aufgebrochenen Korrelationsverhältnis seine Kor-
relatkerne – die äußere Welt, die Innenwelt, den Anderen – tatsäch-
lich erreicht. Ihn interessiert, ob und inwiefern ein Lebewesen, wenn
sein »Mittelpunkt außerhalb« 59 liegt, dadurch eine mögliche reale
Teilhabe-Chance an der Unmittelbarkeit von Welt, eigener Seele
und Mitmenschen gewinnt. Plessner hingegen verfolgt auf der Ebene
des unterbrochenen Lebenskreises den sinnlichen Erscheinungscha-
rakter von Welt in diesem Lebenssubjekt und den sinnlichen Erschei-
nungscharakter dieses Lebenssubjektes in der Welt und vor den An-
deren. Vom Mittelpunkt außerhalb seines Leibkörpers sieht das
Lebewesen auf die unaufhebbaren »Grenz-flächen«, an denen es
selbst erscheint, an denen Welt ihm erscheint; Plessners Vorzugsthe-
ma ist, dass und inwiefern die aufgebrochenen Korrelatkerne – Welt,
Innenzone und Anderer – in der vermittelnden Erscheinung nur dann
unmittelbar offenbar werden, indem sie sich in ihr zugleich verhül-
len. Rothacker hingegen erforscht in seinen Arbeiten systematisch,
dass und wie der aufgebrochene Funktionskreis des Lebens auf der
Ebene des Menschen notwendig je verschieden überbrückt und ge-
schlossen wird. Der Mittelpunkt außerhalb erzwingt, aber ermöglicht
auch immer andere Vermittlungen; Rothacker sammelt gleichsam die
im Prinzip unerschöpflich verschieden kulturell vermittelten Korre-
lationskontakte zur Welt, zum Selbst, zum Anderen. Gehlen aber legt
den Finger darauf, ob und inwiefern die Unterbrochenheit des Funk-
tionskreises durch künstliche Überbrückung überhaupt neu funktio-
nieren kann. Der Mittelpunkt außerhalb ermöglicht, aber erzwingt
auch eine neue Stabilisierung – akrobatengleich; er verfolgt, wie das
Lebenssubjekt das Verhältnis zu den aufgebrochenen Korrelations-
kernen – der Welt, des Selbst, des Anderen – künstlich sichern und
halten kann. Portmanns Denken schließlich kreist schwerpunktmäßig
um die Frage, wie unter der Voraussetzung, dass jedes Lebewesen eine
»Zeitgestalt« ist, der ›aufgebrochene‹ Lebenskreis in der Zeit sich ent-
Aus dem je gewählten Akzent, unter dem die Autoren die Aufgebro-
chenheit und Überbrückung des lebendigen Funktionskreises unter-
suchen, resultiert wesentlich die Differenz, in der sie die Phänomene
der menschlichen Sphäre ansprechen. Deshalb findet man in ihren
Texten je verschiedene Leitbegriffe für das Welt-, Selbst- und Mit-
verhältnis.
Weil Scheler über den Realkontakt des Lebendigen erstaunt ist, ver-
folgt er hinsichtlich des Weltverhältnisses die unhintergehbare, ge-
tastet »fühlbare« Widerstandserfahrung des Lebendigen (Inbegriff
des Realkontaktes) im Auf- und Umbruch zur Gegenständlichkeits-
fähigkeit des menschlichen Lebewesens (Inbegriff der Wesens-
erschließung) und folgt dieser Spur konsequent zur möglichen Er-
reichbarkeit eines »Weltgrundes«. Durch die Negation des Geistes,
für deren Vollzug dieser sich die Macht vom Leben anverwandelt,
verwandeln sich die Widerstandserlebnisse der Wirklichkeit zum
»intentionalen Fühlen« 60 , in das die Welt offen hineinsteht. Anders
gesagt: Schelers Philosophische Anthropologie weist zunächst über-
haupt den Ursprung von Hintergrundfragen, von Metaphysik auf.
Die Aufstufung des »biopsychischen Aufbaus« führt – im »Um-
schwung« des Geistes – im menschlichen Lebewesen – zur Erfahrung
der Ortlosigkeit und damit notwendig in die Bodenlosigkeit des
»Weltgrundes« – zum »weltexzentrisch gewordenen Seinskern«.
Der philosophisch-anthropologisch konstruierte Rückstieg des Sub-
jekts ins konkrete Lebenssubjekt (die Konkretisierung des Transzen-
dentalsubjekts) rekonstruiert die Bedingung der Möglichkeit der
Transzendenz, des Überstiegs dieses Lebewesens in den Seinsgrund,
zu »›Fenstern ins Absolute‹« (Hegel). 61
Dementsprechend spricht Scheler das Selbstverhältnis als »le-
bendiges Aktzentrum« an, durch das die »Person« 62 in der Fülle ihres
60 Vgl. den 1933 herausgegebenen Nachlaßtext von M. Scheler, Ordo amoris, in: Ders.,
Schriften aus dem Nachlaß, Bd. 1: Zur Ethik und Erkenntnislehre, GW 10, S. 345–376.
61 M. Scheler, Die Stellung des Menschen im Kosmos, GW 9, S. 82–83. – F. Hammer,
Theonome Anthropologie? Max Schelers Menschenbild und seine Grenzen, Den Haag
1972.
62 M. Scheler, Der Formalismus in der Ethik und die materiale Wertethik (1913/1916),
GW 2, S. 397–411.
66 Ebd., S. 101.
67 M. Scheler, Die Wissensformen und die Gesellschaft, GW 8, S. 204.
68 M. Scheler, Wesen und Formen der Sympathie, GW 7, S. 113.
GS III, S. 7–315.
78 H. Plessner, Der Mensch als Lebewesen. Adolf Portmann zum 70. Geburtstag,
GS VIII, S. 321.
79 H. Plessner, Grenzen der Gemeinschaft. Eine Kritik des sozialen Radikalismus, GS V,
S. 7–133.
80 H. Plessner, Zur Anthropologie des Schauspielers (1948), GS VII, S. 399–418. –
81 H. Plessner, Die Stufen des Organischen und der Mensch, a. a. O., S. 323.
82 H. Plessner, Zur Anthropologie des Schauspielers, GS VII, S. 413.
83 H. Plessner, Grenzen der Gemeinschaft, GS V, S. 79–112.
84 Ebd., S. 12.
jeder einzelne Mensch tief geprägt durch den »Kulturstil«, aber die Wandlungen der
Stile gehen aus neuen, von einzelnen Menschen in ihrer unhintergehbaren »Individua-
lität« situativ gefundenen Antworten hervor.
87 E. Rothacker, Probleme der Kulturanthropologie (1942), Bonn 1948, S. 185–190.
88 E. Rothacker, Das Wesen des Schöpferischen, in: Blätter für Deutsche Philosophie,
a. a. O., S. 33–64.
94 K.-S. Rehberg, Metaphern des Standhaltens. In memoriam Arnold Gehlen, in: Kölner
Zeitschrift für Sozioloige und Sozialpsychologie, Jg. 28 (1976), S. 389–398. Vgl. auch zu
Gehlens Vorzugsthema: Ders., Existentielle Motive im Werk Arnold Gehlens. ›Persön-
lichkeit‹ als Schlüsselkategorie der Gehlenschen Anthropologie und Sozialtheorie, in:
H. Klages/H. Quaritsch (Hrsg.), Zur geisteswissenschaftlichen Bedeutung Arnold Geh-
lens, a. a. O. S. 491–530.
95 A. Gehlen, Urmensch und Spätkultur, a. a. O., S. 21.
96 Ebd., S. 204.
99 Ebd., S. 100–105.
100 A. Portmann, Um eine basale Anthropologie, in: Ders., Entläßt die Natur den Men-
schließt, aber gerade nicht abschließt.« 103 Plessner muss dieses Roth-
acker-Motiv der notwendigen Schließung der Weltoffenheit und der
damit verknüpften Differenz der Kulturen teilen, weil er selbst be-
reits vor diesem die Unhintergehbarkeit von selbst geschaffenen, je-
weiligen »Vertrautheitszonen« für das »unergründliche« mensch-
liche Lebewesen aufgewiesen hat, also für ein Lebewesen, das nicht
im Status der Offenheit sein Leben führen kann. Aber diese Diffe-
renzen der Kulturen, das Spektrum der Farben, ist nicht das Leit-
thema von Plessner im Unterschied zu Rothacker, wo es kultur-
anthropologisch die philosophisch-anthropologische Ausarbeitung
dominiert. Und selbstverständlich teilt Portmann mit Plessner das
Interesse an einer Philosophie der »Erscheinung«; Portmann selbst
ist der Philosoph des »Erscheinungscharakters« bereits des subhuma-
nen Lebens und stützt damit das Plessnersche Expressivitäts-Prinzip
der »exzentrischen Positionalität«; aber Portmanns Schwerpunkt
Leitthema bezogen auf die Ebene des Menschen ist der kultur-soziale
Bildungsprozess der »extra-uterinen« Frühgeburt.
103 H. Plessner, Die Frage nach der Conditio humana, GS VIII, S. 189.
105 Th. Litt, Mensch und Welt. Grundlinien einer Philosophie des Geistes, München
1948, S. 294.
106 So Cassirer Kennzeichnung 1928 für die Unternehmungen von Plessner und Sche-
ler: E. Cassirer, Zur Metaphysik der symbolischen Formen, hrsg. v. J. Krois, in: Ders.,
Nachgelassene Manuskripte und Texte, hrsg. v. J. Krois/O. Schwemmer, Bd. 1, Ham-
burg 1995, S. 60.
107 Plessners späte Charakterisierung von Cassirers ›Philosophie der symbolischen For-
gegeben ist. Nicht die Physik, sondern die Biologie ist die Referenz-
wissenschaft der Philosophischen Anthropologie, weil bereits die
Biologie als Naturwissenschaft wegen des spezifischen, nicht auf Sin-
nesdaten reduzierbaren Erscheinungscharakters der Schichtenfülle
ihres Gegenstandes eigene Kategorien ausbilden muss. Am deut-
lichsten wird die Differenz der Philosophischen Anthropologie zum
neopositivistischen Denkansatz in Gehlens Programmatik einer
»empirischen Philosophie« 108 , die etwas anderes intendiert als der
philosophische Empirismus. »Empirische Philosophie« ist weder
empirische Wissenschaft noch eine auf einfache beobachtbare Sach-
verhalte rekurrierende »Einheitswissenschaft«, sondern ein philo-
sophisches Programm, das im Kontakt mit den verschiedensten wis-
senschaftlich-empirischen Erfahrungszonen philosophisch solche
»durchlaufenden« Kategorien setzen soll, die die verschiedensten
Schichten und Aspekte mit einander verbinden und darin auch mit
der Perspektive des Alltagsbewusstseins zusammenstimmen. Kraft
seiner positionalen Natur auf Orientierung, auf Bilder und Bildung
angewiesen, ist das Alltagsbewusstsein durch wissenschaftliche Phi-
losophie wohl zu korrigieren, aber nicht außer Kraft zu setzen.
»Grenzforschung« (Plessner) durch philosophische Kategorienfin-
dung zwischen den notwendig unverbundenen tatsachenorientierten
Resultaten der Einzelwissenschaften ist etwas anderes als Rückfüh-
rung aller Resultate auf empirische Letztelemente. Konsequent un-
terscheidet sich exzentrische Positionalität vom logischen Aufbau der
Positivität in der Theorie des Wissens: Wo der Positivismus seit
Comte drei Stadien des Wissens nacheinander vorstellt, in der das
fortgeschrittene dritte Stadium des positiven Wissens die vorher-
gehenden überwindet, ordnet Philosophische Anthropologie seit
Scheler drei irreduzible Wissensformen nebeneinander in einer
strukturellen Gleichzeitigkeit: Leistungswissen, Bildungswissen, Er-
lösungswissen. Der Kontrast der Philosophischen Anthropologie ge-
genüber philosophischen Programmen einer rationalistischen oder
»wissenschaftlichen Weltauffassung« wird auch darin kenntlich, dass
sie für das »jedem Leben überhaupt, auch dem Leben entgegen-
gesetzte Prinzip« statt »Vernunft« ein »umfassenderes Wort […] ge-
brauchen, ein Wort, das wohl den Begriff ›Vernunft‹ mit umfasst,
aber neben dem ›Ideendenken‹ auch eine bestimmte Art der ›An-
schauung‹ […], ferner eine bestimmte Klasse volitiver und emotio-
111 H. Plessner, Die Stufen des Organischen und der Mensch, a. a. O., S. 292.
1922.
tation, als Lösung von Problemen, und angesichts dieser Unruhe ge-
staltet sich das menschliche Leben in der optimierenden Zirkulation
zwischen Fürwahrhalten (belief), fallbezogenem Zweifel (doubt) und
neu gewonnener Überzeugung (belief). Aufgrund ihrer Leistung, das
Handeln zu instrumentieren, gilt experimentelle Wissenschaft – als
eine Wissensform der Kultur – zugleich als ihre prägnanteste. Erfah-
rungswissenschaften sind das Bezugsmodell des Pragmatismus. Inso-
fern die passenden Überzeugungen das Handeln instrumentieren,
Problemlösungen anbieten, bildet sich die menschliche Sphäre als
die interaktive Zeichenverwendung und experimentelle Praxis der
Lernbereiten aus, die in diesem Hantieren Natur und Gesellschaft
intelligent und zweckmäßig verändern.
Philosophische Anthropologie lässt wie der Pragmatismus eben-
falls die Struktur der menschlichen Sphäre vor dem Hintergrund der
subhumanen Organismus-Umwelt-Relation auftauchen, aber auf
der Ebene des menschlichen Lebewesens konstatiert die Kategorie
›exzentrische Positionalität‹ – anders als der Pragmatismus – eine
dramatische Wendung, einen »Umschwung«: Ex-zentrizität der Po-
sition bedeutet eine Leere des Zentrums, eine Lebensexistenz als »of-
fene Frage«, als »Unergründlichkeit«, als »homo absconditus«. Diese
Ex-zentrierung, diese »Leere des Herzens« oder Offenheit für die
Welt, gilt den Philosophischen Anthropologen als strukturelle Vor-
aussetzung dafür, dass die Welt durch die Umweltphänomene hin-
durch gegenständlich in diese Leere hineinsteht, und diese ontische
Teilhaftigkeit des menschlichen Lebewesens am Sein gilt als Be-
dingung dafür, dass seine Überzeugungen als Erkenntnisse praktisch
tatsächlich funktionieren können. Durch die strukturelle »Uner-
gründlichkeit« ist dieses Lebewesen, das sich in seiner »Antriebsüber-
schüssigkeit« selbst eine »offene Frage« ist, über die problemlösende
Handlung hinaus zu einer eigentümlichen Expressivität genötigt, zu
einer künstlichen Ausdruckskontur, in der es sich überhaupt erst
kenntlich und verstehbar wird und wegen der Vermitteltheit des Aus-
drucks zugleich notwendig sich auch verkennt (»Spricht, ach die See-
le, so spricht, ach die Seele nicht mehr« (Schiller)). Die Erfahrungs-
wissenschaften sind demzufolge ein konstitutiver Bestandteil, aber
ein die menschliche Erfahrung nicht erschöpfender Teil des Wissens.
Philosophische Anthropologie formiert ihren Ansatz auch ko-variant
zur Kunsterfahrung und zur Religionserfahrung des Menschen, die –
anders als die Wissenschaft – im Kern keine Optimierungsgeschich-
ten sind, noch nicht einmal im Dienst einer pragmatischen Problem-
115 H. Plessner, Die Stufen des Organischen und der Mensch, a. a. O., S. 28.
116 K. Marx, Nationalökonomie und Philosophie (1844), in: Ders., Die Frühschriften,
hrsg. v. S. Landshut, Stuttgart 1971, S. 237: Dann ist »die Gesellschaft […] die voll-
endete Wesenheit des Menschen mit der Natur, die wahre Resurrektion der Natur, der
durchgeführte Naturalismus des Menschen und der durchgeführte Humanismus der
Natur.«
117 H. Plessner, Die Frage nach der Conditio humana, GS VIII, S. 190.
Strukturen ständig präsent und aktuell, läuft mit und muss ständig
verarbeitet werden. Gehlens Satz, dass »der Mensch von Natur aus
ein Kulturwesen ist«, artikuliert so wenig eine kulturalistische Posi-
tion wie Plessners »natürliche Künstlichkeit«. Der Mensch ist von
Natur aus ein Kulturwesen – in der Natur, in seiner Natur: er muss
»Struktur« unter Aktivierung des Organismus »verkörpern«. Phi-
losophische Anthropologie geht also systematisch auf die Verknüp-
fung des Sinnes mit dem Sinnlichen, auf die Verschränkung von »Ar-
bitrarität« und »Motiviertheit«. Keine »Schrift« ohne Rückbezug auf
die »Stimme«, die sie verlauten lässt, artikuliert, verkörpert. Das
»Ritual«, das Schema, muss getanzt werden und erscheint sogleich
als gestaltete Idee des bewegten Lebens, das es zum Ausdruck bringt;
bis dieser Ausdruck als bloße Zuschreibung abgeschüttelt wird, weil
vom exzentrischen Blickpunkt aus einsichtig wird, dass in der je spe-
zifischen, selektiven »Struktur« die intendierte adäquate »Expressi-
on« des Lebens aufgrund der »Vermitteltheit« nicht (oder nur selek-
tiv) erreicht werden konnte; eine neue Strukturierungsinitiative hebt
an als neue Geschichte. Insofern sie Strukturgenese und Struktur-
wandel aus der exzentrischen Positionalität selbst zu begründen
sucht, ist Philosophische Anthropologie grundsätzlich verschieden
von Strukturalismus und »Historischer Anthropologie«.
118 O. Pöggeler, Scheler und die heutigen anthropologischen Ansätze zur Metaphysik,
a. a. O., S. 175–192.
119 V. Schürmann, Positionierte Exzentrizität, a. a. O., S. 83–102.
120 E. W. Orth, Philosophische Anthropologie als Erste Philosophie. Ein Vergleich zwi-
Denkansätze sind wie gute Melodien, sie haben eine gewisse Klar-
heit, eine Unausweichlichkeit, wenn sie von einem einmal gewählten
Ansatzpunkt aus fortschreiten, eine Einprägsamkeit. Es ist nicht aus-
sichtsreich, einen der Gründungsautoren dieses Paradigmas (im
Nachhinein) systematisch von diesem Denkansatz auszuschließen.
Das widerspräche der Intuition der Autoren selber, die (schmerzlich)
wussten, dass sie eine gemeinsame Denkbewegung teilten. Die Den-
ker selbst haben sich nicht getäuscht. Gerade im Augenblick des Ab-
schieds (im doppelten Sinn: des persönlichen Verstummens und der
Marginalisierung des Ansatzes) waren sie sich sicher, alles in allem in
einem Denkansatz verbunden gewesen zu sein. 1 Philosophische An-
thropologie als Denkrichtung im 20. Jahrhundert ist bereits ein er-
heblicher Befund, weil eben die im Theorieprogramm miteinander
verbundenen Denker – mindestens Scheler, Plessner und Gehlen –
je für sich schon gewichtige Figuren der deutschen Philosophie-
geschichte des 20. Jahrhunderts sind. Zudem lassen sich weitere Den-
ker über den Identitätskern des Ansatzes identifizieren – wofür
Rothacker und Portmann exemplarisch stehen. Gezeigt wurde nur:
Es gibt in der deutschsprachigen Geistesgeschichte des 20. Jahrhun-
derts ein Denken, das – einigermaßen raffiniert und reflexiv – durch-
aus für Forschungen fruchtbar und mit gewissem Orientierungswert
in der modernen Welt versehen, vollkommen unabhängig von
sprachanalytischen Richtungen, von der Kritischen Theorie, von
1 Vgl. Plessner, der am Ende drei Hauptautoren in einem Atemzug nennt: »Um die
Philosophische Anthropologie ist es still geworden. Die lebhaften Diskussionen um
Schelers Schrift ›Die Stellung des Menschen im Kosmos‹ (1928), meine ›Stufen des
Organischen und der Mensch‹ (1928) und Gehlens ›Der Mensch‹ (1940) sind zwar nicht
in Vergessenheit geraten, haben aber – nicht zuletzt dank der Entwicklung der moder-
nen Sprachphilosophie – an Aktualität verloren.« H. Plessner, Das gegenwärtige Inte-
resse der Philosophie an der Sprache, GS IX, S. 403. Vgl. auch Gehlens – bereits zitiertes
– spätes klares Bekenntnis zu Schelers Initialschrift von 1928 im ›Rückblick auf die
Anthropologie Max Schelers‹ (1975), a. a. O., S. 188: »Alle gleichzeitigen und späteren
Schriften zur philosophischen Anthropologie, die irgendeinen Rang haben, hingen in
Hauptpunkten von ihr ab, und so wird es bleiben.«
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1. Unver#ffentlichte Quellen
Die Arbeit macht Gebrauch von unveröffentlichten Quellen aus den nachfolgend
aufgeführten Nachlässen und Archiven. Die Zitierungen bzw. Paraphrasierungen
sind nachgewiesen, indem in den Anmerkungen jeweils die Quelle samt Verfasser,
soweit vorhanden das Datum, und – soweit der Nachlass bearbeitet – die Regis-
trierung im jeweiligen Nachlass angegeben sind. Die auszugsweise Zitierung aus
den unveröffentlichten Quellen erfolgt mit freundlicher Genehmigung der jewei-
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Pöggeler, O., Schritte zu einer hermeneutischen Philosophie, Freiburg/München
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Reckwitz, A., Die Transformation der Kulturtheorien. Zur Entwicklung eines
Theorieprogramms, Velbrück 2000.
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Scholtz, G., Was ist und seit wann gibt es ›hermeneutische Philosophie‹ ?, in: Dilt-
hey-Jahrbuch für Philosophie und Geisteswissenschaften, Bd. 8 (1993), S. 93–
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Sepp, H. R. (Hrsg.), Edmund Husserl und die Phänomenologische Bewegung.
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Dordrecht/Boston/London, Vol. I and II, 2. Aufl. 1971.
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Wiggershaus, R., Die Frankfurter Schule. Geschichte, Theoretische Entwicklung,
Politische Bedeutung, München/Wien 1986.
1919 Max Scheler (Jg. 1874) Professor für Philosophie und So-
ziologie an der neuen Universität Köln
1920 Helmuth Plessner (Jg.1892) als Privatdozent an der Kölner
Universität
1923 Plessner Einheit der Sinne. Grundlinien einer Ästhesio-
logie des Geistes
1924 Scheler kündigt seine Philosophische Anthropologie an;
Plessner den Plan eines Buches Pflanze, Tier, Mensch. Ele-
mente einer Kosmologie der lebendigen Form
1925 Nicolai Hartmann, Scheler und Plessner an der Universität
Köln
1925/26 Arnold Gehlen (Jg. 1904) hört bei Hartmann und Plessner
in Köln
1925 Plessners Zeitschrift Philosophischer Anzeiger; seine Zu-
sammenarbeit mit F. J. J. Buytendijk Deutung des mimi-
schen Ausdrucks
1927 Vortrag Scheler Die Sonderstellung des Menschen in
Darmstadt
1928 Plessner Die Stufen des Organischen und der Mensch;
Scheler Die Stellung des Menschen im Kosmos und An-
kündigung der großen Anthropologie; Schelers Tod
1929 Diskussion der Philosophischen Anthropologie bei Cassi-
rer, Heidegger, Horkheimer, Löwith, Schütz, Voegelin,
Misch
1933 Plessners Entlassung; Exil in Groningen
1934 Erich Rothacker (Jg. 1888) in Bonn arbeitet an einer Phi-
losophischen Anthropologie: Geschichtsphilosophie (1934);
Kulturanthropologie (1942)
1940 Gehlen Der Mensch. Seine Natur und seine Stellung in der
Welt; Lehrstuhl für Philosophie in Leipzig, dann Königs-
berg und Wien
1941 Plessner Lachen und Weinen
Adorno, Th. W. 148, 221, 226, 258 f., Carnap, R. 104, 114, 464, 578
278 f., 289, 312 ff., 319, 323, 335, Camus, A. 237, 486
340–345, 384 f., 594 Cassirer, E. 34, 94 f., 101–107, 111 f.,
Alsberg, P. 47 f., 162, 176, 211, 213, 130 ff., 336 f., 436 f., 480, 484 ff.,
271, 328, 348, 396, 421 f., 437, 440, 492 f., 549, 577 f., 594
467, 518 Claessens, D. 290, 383, 387, 390, 393 f.,
Anders, G. [auch: G. Stern] 98 f., 220, 419–424, 548, 572
300 f., 367 Cohen, H. 86
André, H. 38, 49, 115, 199 f., 361 Conrad-Martius, H. 111, 217, 360
Apel, K.-O. 254, 340, 430, 433 ff. Curtius, E. R. 40 ff., 59, 145, 288
Arendt, H. 99, 241, 335, 362, 367
Aristoteles 56, 72, 232, 363, 484, Dahrendorf, R. 290, 387–392
516 Dacqué, E. 47, 78
Darwin, Ch. 27, 45 ff., 103, 161 f., 202,
Bahrdt, H. P. 276, 282–291, 383 f., 387– 241, 327, 363, 440, 456, 490 ff., 510,
394, 401–409, 417 ff. 520
Baumgarten, E. 160, 196, 386 Derrida, J. 497
Bäumler, A. 94, 114, 181, 207 Descartes, R. 26, 160, 336, 360, 467,
Becker, O. 43, 254, 314, 429, 433 f. 475, 507, 531
Berger, P. L. 344, 387, 390, 425–428 Dewey, J. 160, 196, 213, 335, 481, 486,
Bergson, H. 26 f., 33, 35 f., 103, 126, 594
211, 327, 354, 367, 428, 513, 582, Dilthey, W. 13, 26, 33, 36 f., 41, 86, 117,
594 136–139, 149 ff., 226 f., 327, 336 f.,
Bertalanffy, L. v. 43, 86, 535 497, 500, 510, 542
Binswanger, L. 232, 248, 251 ff. Dreitzel, H. P. 390, 393 f., 423
Bloch, E. 237, 323, 330, 470, 480 Driesch, H. 23, 31, 35 ff., 50, 76, 87,
Blumenberg, H. 340, 419, 435–441, 106, 152–155, 347, 359, 369
450 Dux, G. 17, 394 f., 428
Bolk, L. 51, 163, 166, 202, 211, 228,
232, 315, 348, 371, 423, 468, 518 Eibl-Eibesfeldt, I. 353, 370 ff., 593
Bollnow, O. F. 104, 118, 121, 209, 226, Eickstedt, E. Frhr. v. 346 f.
320, 458, 460–463, 480, 497 Elias, N. 419 f.
Boutroux, E. 54 Eßbach, W. 10, 17, 409, 481, 497 f., 532
Brüning, W. 237 f., 498
Buber, M. 237, 464 Fahrenbach, H. 453 f., 468
Bürger-Prinz, H. 155, 248, 250 f. Ferber, Ch. v. 282, 290, 369, 394
Buytendijk, F. J. J. 39, 42, 48–52, 87, Feuerbach, L. 28, 98, 113, 269, 448,
106, 129, 135, 161–165, 171 f., 177, 484, 509, 517
183, 186–190, 194–200, 206 f., 240– Fichte, J. G. 66, 87, 92, 154, 182, 259,
249, 326 f., 330, 348, 361, 376–382 269, 508, 534 f., 575
Freud, S. 29, 45, 66 f., 147, 249, 251 f., Hauriou, M. 230
269, 327, 346, 348, 352, 375 Hegel, G. W. F. 42, 66, 86, 154, 182,
Freyer, H. 94, 118, 133, 141, 155, 209, 221, 259, 284, 360, 411, 484, 508,
212 f., 220, 222, 284, 287, 403, 419, 561, 575
432, 469 Heidegger, M. 20 f., 39, 41 f., 49, 55 ff.,
Fromm, E. 237, 269 f. 60, 72 f., 84, 87, 90–99, 103–121,
129, 154, 183, 185, 194, 209, 221,
Gadamer, H.-G. 430, 450, 458 ff., 467 f., 223, 239, 248, 252, 261, 321, 323,
476 f., 486, 594 345, 363, 375, 428, 453 f., 464, 468,
Gebsattel, V. E. v. 243, 248 ff., 376, 480, 500, 584, 594
380 f. Heimsoeth, H. 41, 54, 110, 116, 152,
Gehlen, A. 11–22, 124 f., 134 f., 152– 182, 235, 340
183, 194–197, 203, 206 ff., 211–214, Hengstenberg, H. E. 38, 260, 461
217–225, 228–232, 235 f., 239 ff., Herder, J. G. 165 f., 176, 193, 195, 211,
250, 255, 260 f., 263–277, 284, 287, 284, 315, 348, 443, 448, 517
292–299, 301 f., 304, 306–319, 321– Honneth, A. 17, 457 f., 484
328, 330–344, 346–359, 370 f., 377, Horkheimer, M. 112 ff., 146, 184, 221,
383, 385 ff., 390, 392, 394–397, 399, 226, 258 f., 278 f., 289, 311 f., 319,
403, 407, 409–421, 423, 425–432, 384, 395, 500, 575
436 f., 440, 442 ff., 448, 451 f., 454– Humboldt, W. v. 94, 517
459, 461 f., 466–474, 476 f., 479– Husserl, E. 24, 31, 44, 55–57, 69, 98,
482, 488, 491, 493 ff., 497–503, 505, 112, 114, 131, 256, 347, 350, 360,
512, 517 f., 526, 543–546, 550–556, 407, 425, 436, 453, 464 f., 467
558, 560, 569 f., 573 f., 579, 587 f.,
590, 592–595, 597 Illies, J. 370
Giese, H. 250 f. Ipsen, G. 94, 284, 403
Goethe, J. W. v. 40, 151, 252, 257,
Goldstein, K. 245, 364 James, W. 213
Grene, M. 363–366, 381, 549 Jaspers, K. 94, 97, 111, 132 f., 154, 183,
Groddeck, G. 511 185, 194, 239–242, 283 f., 320, 355,
Groethuysen, B. 41, 94, 226, 237, 261, 363, 480, 485
484 Joas, H. 457 f., 484
Guardini, R. 87, 237 Jonas, F. 351, 410
Jonas, H. 99, 241, 248, 363, 366 f., 396,
Haas, W. 38 446
Habermas, J. 254, 276 f., 290, 312–321, Jung, C. G. 61, 132, 147 f., 485
325, 330, 332, 356, 389, 406, 409,
416, 421, 423, 427 ff., 430 f., 455 ff., Kamlah, W. 455
466, 489 f., 500, 590 Kamper, D. 17, 454, 486
Hartmann, N. 39, 41 ff., 48, 52–55, Kandinsky, W. 33, 308
59 f., 81–84, 89, 91 f., 110 f., 115 ff., Kant, I. 25 f., 28, 31 ff., 56, 101 f., 104 f.,
135, 147, 152, 159, 164, 175–182, 109, 114, 127, 172, 174, 181, 304 f.,
197, 206 f., 209–217, 222 f., 226–231, 336 f., 360, 386, 461 f., 469, 484 f.,
235 f., 250, 265, 267, 276, 282 ff., 508, 516, 555, 557, 596
306, 314, 332 f., 342, 345, 407, 429, Keller, W. 375 f.
456, 472, 492, 502, 518, 523, 545, Kesting, H. 410
553 Kierkegaard, S. 154, 443, 453, 510
Hartung, G. 492 f. Klaatsch, H. 47
Klages, L. 45 f., 49, 67, 87, 94, 99, Maturana, H. 368 f., 371, 432
100 ff., 126, 133, 147 f., 164, 170, Marcel, G. 237
183, 185, 194, 205, 255, 314, 327, Marcuse, H. 146, 184, 314, 318, 356,
335, 380, 485, 538 441, 575
Kleist, H. v. 377 Marquard, O. 417, 419, 435 f., 441–
Koehler, O. 370 445, 489 ff., 493
Köhler, W. 40, 50, 64, 76 f., 518 f. Marx, K. 29, 112 f., 120, 122 f., 133,
König, J. 36, 41, 57, 72, 80, 83–86, 88, 141, 146, 182, 223, 236 f., 265 f.,
96, 110, 116, 211, 226 f., 594 268 f., 276, 282–285, 289, 312, 314,
König, R. 240, 277, 384, 417 322 f., 327, 330, 344, 356, 389, 426,
Krieck, E. 174 f., 181, 207, 313 429, 443, 457, 490, 503, 510, 516,
Krockow, Ch. G. v. 282, 325, 394, 417 589
Krüger, H.-P. 495 f., 549, 554 Mead, G. H. 213, 229 f., 315, 330, 390,
Kunz, H. 121, 173 f., 203, 232 f., 375, 392, 425 f., 429 f., 457 f., 468, 481,
381, 383 486
Merleau-Ponty, M. 220, 232, 245 f.,
Landmann, M. 237 f., 260, 484 365, 377, 383, 469, 480, 486, 585
Landsberg, P.-L. 38, 94, 98, 237 Misch, G. 36 f., 41, 59, 74, 76, 86, 91,
Lask, E. 31, 517 108–111, 117 f., 132, 137, 139, 142,
Leeuw, G. v. d. 210, 232, 566 209, 211, 226 ff., 327, 460 f., 463,
Lepenies, W. 451 f. 593
Lersch, Ph. 126, 148, 378 Morin, E. 371 ff.
Lévi-Strauss, C. 213, 294, 464 Mühlmann, W. E. 237, 386
Leyhausen, P. 370 Müller, M. 453 f.
Liebrucks, B. 216, 224 Müller-Armack, A. 38, 122 f., 126, 133
Lindemann, G. 550
Lipp, W. 410, 417 Nietzsche, F. 26, 92, 94, 115, 252, 260 f.,
Lipps, H. 41, 237, 250, 316 443, 511, 517, 569 f.
Litt, Th. 19, 116, 153, 156, 221, 231, Nohl, H. 41, 226
237, 292, 307, 310, 314, 316, 320,
391 f., 426, 480, 577, 593 Ortega y Gasset, J. 237, 480
Lorenz, K. 174, 181, 205, 214, 224, 228,
246, 266 f., 329 f., 348, 353 f., 356, Palágyi, M. 147 f., 163, 170, 177 f.
369, 370 f., 386, 396, 468, 471, 473, Pannenberg, W. 448 f.
593 Pape, I. 216
Löwith, K. 94, 97 f., 130, 132, 146, 184, Pascal, B. 56
252, 260–263, 311 ff., 359 f., 363, Pawlow, J. P. 186, 245, 330
367, 391 f., 503, 507 Peirce, Ch. 213
Lübbe, H. 417 f., 419, 435, 442 f. Piaget, J. 395
Lukács, G. 113, 123, 226, 312 Platon 66, 92, 151, 484
Luckmann, Th. 344, 387, 390, 425–428, Plessner, H. 11–20, 22 f., 31–61, 72–99,
447 101–112, 114–122, 124 ff., 130–135,
Luhmann, N. 342, 399, 410, 417, 429– 137 ff., 142 f., 146, 152, 155, 157 f.,
432, 465 f. 161, 163 f., 176 ff., 182–197, 199–
Lützeler, H. 38, 56, 145, 292 212, 214–220, 222–230, 232–236,
238, 240–248, 250, 252 f., 255 f., 259,
Malinowski, B. 213 f., 414 f. 261–264, 269–271, 275, 277–284,
Mannheim, K. 113 f., 120, 131 286 f., 290 ff., 296, 300–307, 309 ff.,
314 ff., 319–339, 344–369, 371, 246, 248 ff., 252, 254 ff., 264, 271,
373 f., 376, 380–387, 390–396, 399, 275, 281, 292, 300, 304, 310, 314 f.,
401, 405 f., 408 ff., 414 f., 417, 419 f., 319, 326 f., 331 f., 334 f., 337, 339,
425 f., 428 f., 431–434, 442 ff., 446 ff., 344–348, 350 ff., 358, 361, 366 f.,
453–461, 467–471, 474 ff., 479–503, 373–381, 385, 387, 392, 394, 407,
531–540, 549–556, 564–567, 573– 420 f., 423, 427–429, 431 ff., 445–
576, 578, 584, 590, 593–597 450, 458 f., 461 f., 464, 467, 470–482,
Plügge, H. 249, 377, 383 484 f., 487–497, 499–503, 505, 511 f.,
Popitz, H. 282–291, 383, 394–403, 524, 526–531, 545 f., 550–556, 558,
409 f., 427 560, 561–564, 572 ff., 577–580, 584,
Popper, K. 364 590, 594–597
Portmann, A. 11, 22, 134 f., 197–205, Schelling, F. W. 56, 87, 92, 154, 160,
206, 208, 214, 228, 232, 239–242, 442, 472, 512, 517, 575
246, 255, 261, 314 f., 320, 327, 339, Schelsky, H. 155, 196, 213 f., 219, 251,
345, 348–350, 354, 361–363, 364, 274–277, 282, 290 f., 301, 338 f.,
370 f., 386, 392, 394 f., 420 f., 425 f., 383–387, 390, 394, 399, 401 ff., 410–
448, 468, 477, 479 f., 482, 488, 503, 419, 427, 430–435, 441, 466, 469 f.
526, 546–548, 558, 560, 571–573, Schiller, F. 517, 586
575, 594 f., 597 Schmitt, C. 118–122, 133, 181, 325,
356, 399
Rehberg, K.-S. 10, 17, 19 f., 164, Schmitz, H. 17, 106, 254, 340, 378 ff.,
418 f. 433, 435, 486, 585
Reidemeister, K. 41 Schnädelbach, H. 17, 482, 491–494
Revers, W. J. 250, 379, 461 Schneider, K. 38 f., 43, 250
Ritter, J. 94, 104, 118, 227, 340, 411, Schöffler, H. 38, 132, 187, 209 f., 222,
417, 419, 437, 441–444, 450 226 f., 333
Rosenberg, A. 114, 145, 172 f., 181 Schopenhauer, A. 153, 160, 472, 474,
Rothacker, E. 11, 19, 22, 40, 94, 133– 512, 517
152, 158 f., 175, 177, 180 ff., 197, Schulz, W. 320, 451, 468
206 ff., 215, 217 ff., 224 f., 232, 236 f., Schütz, A. 131, 344, 407, 425 f.
239, 250, 254–260, 276, 284, 292 f., Schwarz, O. 115, 380 f.
305–308, 310–314, 316–320, 339 f., Sedlmayr, H. 307 f.
359, 367, 373, 378 ff., 386, 407, Seidel, A. 47
429 f., 432–439, 450 f., 458, 461, 477, Simmel, G. 86 f., 102, 126, 355, 397,
479–482, 488, 498, 501 f., 526, 425 f., 517, 542
540 ff., 550, 558, 560, 567 ff., 573 ff., Smend, R. 321 f.
588, 594 f., 597 Snell, B. 41, 211
Sombart, W. 40, 160
Sartre, J. P. 220, 232, 237, 244 f., 251, Spaemann, R. 419
363, 377, 380, 407, 426, 466, 480, Spencer, H. 51, 74, 513
486, 585 Spengler, O. 74, 126, 136, 593
Scheler, M. 11–15, 20–31, 33 f., 36, Spinoza, B. 56, 472, 474
38 ff., 42, 44–60, 62–73, 78, 80–95, Spitz, R. A. 400
101–114, 116, 122, 124–135, 137– Spranger, E. 152, 226
141, 144 f., 147, 152, 157 f., 160 f., Stavenhagen, K. 282, 284
164 f., 173, 176 f., 182–185, 191, 193, Stern, G. [s. Anders, G.]
196 f., 199, 203, 205, 208, 211, 213, Stern, W. 187
215, 217 f., 220, 224 f., 236, 238–241, Storch, O. 214, 224 f., 232, 315
Absolute, das 26, 31, 67, 80, 151, 555, Anthropologie, philosophische (Dis-
561, 573 f. ziplin) 14, 95, 182, 237 f., 259, 314,
Abstammung s. Phylogenese 461, 482–489, 595
Abstraktes/Konkretes 420–424, 542 Anthropologie, psychologische 146,
Abstraktion, anschauliche 258 329
Aggression s. Gewalt Anthropologie, soziologische 419 f.,
Ästhesiologie 33 ff., 38, 44, 72, 85, 98, 452, 556
161, 199 f., 215, 242, 248, 279 f., 305, Anthropomorphismus 28, 518
315, 382 f., 566, 577, 588 Antriebsrichtung, Umkehr der
Ästhetik 33, 39, 267, 308 f., 333, 485, 295
488, 517 Antriebsüberschuß, konstitutioneller
Allmensch 128, 344 162, 171 f., 296, 352, 473, 570, 586
Allozentrik 400 apollinisch/dionysisch 128, 503, 513
Alter, Altern 205, 571 f. Apriori, materiales 25, 33, 56, 557
Alterität 509, 550, 576, 589 f., 594 Arbeit, Arbeitswelt, Industriearbeit
Analytische Philosophie 13, 114, 227, 29 f., 155 f., 182, 241, 265, 280, 283–
338, 435, 454, 485, 488, 505, 578, 291, 295, 315 f., 318, 322, 328, 352,
597 356 f., 394, 400 ff., 408 f., 411, 424,
Anpassung 27, 45–48, 51, 74, 163, 176, 510
224, 379, 389, 422 f., 436, 539 f., 511, Asket, Askese, asketisch (s. a. Nein-
538, 582 sagenkönner) 65, 67, 265, 326,
Anschauung 32, 87 f., 145, 148, 167, 462
186 f., 190, 199, 205 f., 255 ff., 281, Aspekt, Perspektive 66, 74–79, 102,
295 f., 308, 378, 437, 439, 520 f., 526, 122, 125, 145, 147, 158, 167, 171 f.,
542, 557 232, 261, 264, 283, 304, 329, 352,
Anthropo-Biologie 165, 213, 235, 325, 379, 457, 462 ff., 524, 532
328 f., 331, 349, 370 Aufklärung, Ideologiekritik 224, 325,
Anthropologie, biologische; Human- 435, 457 f., 509
biologie 159, 351, 369 f., 483 Aufrichtung, aufrechte (Körper-)Hal-
Anthropologie, dialektische 221, 469 tung 204, 247 f., 253, 328, 346, 398,
Anthropologie, existentiale 97 547
Anthropologie, historische, Kulturalis- Ausdruck, -sbewegung, Expressivität
mus (s. a. Konstruktivismus; s. a. 34, 49, 139, 195, 240, 246 f., 467, 525,
Hermeneutik) 329, 465, 486, 488, 540, 566, 575, 586 f.
556 Ausgleich s. Gleichgewicht
Anthropologie, medizinische s. Medi- Ausgleich, Weltalter des 127 f., 344,
zin 358
Anthropologie, negative 486 Ausgleichsreaktion 280 f., 307
Anthropologie, phänomenologische Auslöser 191, 267 f., 316 f., 440
251, 441 Außenhalt 391
Außen-/Innen-/Mitwelt 26, 79, 127, Cartesianismus 46, 75, 77, 79, 91, 241,
229, 294, 296, 364, 539, 544, 550 ff., 467, 503, 508 f., 518, 523, 530, 533,
590 578, 593
Autorität 317, 398, 402 Charakter 148, 166, 172, 269, 452, 558,
569
Bauen, Wohnen, Architektur s. Stadt, Christliche Philosophie, christliche
Urbanität Anthropologie 62, 120, 157, 236,
Bauplan 46, 144, 247, 327, 541 242, 448
Bedeutsamkeit 144, 149, 256, 364, 379,
433, 568 Darstellung, darstellendes Verhalten
Bedürfnis, Begehren, Leidenschaft 90, 66 f., 70, 88, 161, 168, 201 f., 230,
163, 168 f., 252, 262, 270, 280, 296, 240, 295 f., 308 f., 316, 329, 349, 362,
298, 329, 337, 373 f., 379, 412, 414, 391, 404, 438, 546 f., 551, 566, 569
524, 544 Darwinismus s. Evolutionstheorie
Begriffsgeschichte 436, 441, 450 Dauerreflexion s. Reflexion
Beobachter-/Teilnehmeraspekt-, -per- Dekonstruktivismus 501
spektive 78, 353 Denken, dogmatisches 43, 136, 318,
Bewegung, Motorik 34, 36, 63–66, 78, 434
99, 167–172, 178 f., 187, 195, 216, Dialektik, bestimmte Negation 580
242, 244–247, 257, 267, 271 ff., 279, Dialektik, negative 575, 588 f.
282, 302, 353 f., 373, 377, 523 f., Dialektischer Materialismus 221, 265
543 ff. Ding, Dinghaftigkeit, Gegenstand,
Bewegungsphantasie, virtuelle Be- Objekt 46, 64 ff., 73–78, 88, 96, 119,
wegung 168, 170 f., 177 f., 195, 144, 161, 167 f., 177, 190, 195, 200,
553 224, 247, 268 f., 300, 329, 382, 396,
Bewusstsein 88, 100, 116, 148, 184, 446, 521 ff., 532–536, 539, 544 f.,
196, 255, 318, 360, 390, 434, 454, 550 f.
490, 552 dionysisch s. apollinisch/dionysisch
Bild 46, 66, 100, 144, 147–150, 162, Diplomatie, Takt 35
199, 248, 256, 287 f., 296, 308 ff., Distanz, Distanzierung, Abstand, Ge-
343, 366, 375, 437, 439, 446, 505, genüberstehen, flankierender Blick
524, 540, 588 53, 99, 144, 147, 149 f., 169, 204, 212,
Biographie 378 f., 564, 571 233, 243, 247, 255, 522, 582
Biologie 21, 27, 197 ff., 211, 214, 223, Distanz/Resonanz 191, 216, 565
303, 338, 359, 364, 370, 443, 510, Domestikation (s. a. Selbstdomestikati-
521, 549, 579 on) 205, 228, 329 f.
Biologie, philosophische, Philosophie Doppelaspekt 75–79, 102, 261 ff., 457,
des Organischen, Biophilosophie, 524, 531 f., 537, 580
Theorie des Lebens 27, 35 f., 50, 55, Doppelgänger 323, 391, 396,
73, 76 f., 81 f., 86 f., 89 f., 121, 169, Drang, Gefühlsdrang 63–68, 73, 147,
202, 241, 320, 347, 359–369, 371, 346, 528 f., 564
383, 432, 528, 533, 535, 549 f., 558, Drang und Geist 139, 472, 474, 552 ff.
563, 577, 588 Dualismus, Alternativprinzip, cartesia-
Blick, Blickstrahl, Sehstrahl 33, 150, nisches 75, 467, 472, 475, 508, 518,
189, 243, 245, 247, 392, 422, 492, 523, 533, 538 f., 557, 580, 593
566
Bodenlosigkeit 119, 561 ego/alter ego (s. a. Intersubjektivität)
416, 426, 434
Ehe, Familie 156, 274 ff., 294, 323, 341, Ethik 25, 33, 54, 92, 129, 223, 313, 340,
352, 415, 420 356, 358, 366 f., 444, 451, 455 f., 467
Eigengesetzlichkeit 23, 36, 54, 430 Ethischer Pluralismus 355 ff.
Einheit 27, 33, 62–68, 76 f., 100, 102, Ethnologie, Kulturanthropologie 236 f.,
129, 179, 192, 283, 304, 357, 379, 260, 351, 388, 452, 483, 525
446, 467, 515, 526, 531, 533, 538, Ethologie, vergleichende Verhaltens-
541, 578 ff. forschung, Verhaltensbiologie, Tier-
Einheit der Sinne 34, 132, 188, 195, psychologie 224, 228, 266, 268, 350,
215 f., 357, 461 353 f., 369, 376, 419, 468, 471–474
Ekstase, ekstatisch 63, 68, 296, 371 ff., Exogamie, Inzestverbot 294, 296
525, 563 Evolution 47, 51, 62, 74, 174, 179, 198,
Elargierung, Überdehnung, Radikalis- 224, 242, 266, 330, 421 ff., 440, 456,
mus, Hypermoral 355–357, 443, 518, 548, 573
469 f. Evolution/Geschichte 123
Emergenz 423, 426, 483, 523 Evolutionstheorie, Darwinismus 27,
Empirismus 74 f., 114, 498, 538, 579 47, 50 f., 62, 74, 102, 123, 174, 179,
Empirismus, logischer 576, 578, 594 198, 224, 228, 237, 266, 363, 378,
Endlichkeit 104, 442 ff., 585 488, 490 f., 510 ff., 538, 581 f.
Entfremdung, Selbstentfremdung, Existenz 74, 91, 97, 99, 116, 119 f., 123,
Verdinglichung 223, 237, 259, 268 f., 125, 156, 167, 185, 221, 280, 323,
284, 287, 295, 311 f., 322 ff., 330, 336 ff., 375, 390 f., 398, 469, 510,
356 f., 387, 389, 406, 427, 448, 508, 536, 562, 581, 596
589 Existenzphilosophie, Daseinsanalytik,
Entlarvung, Ideologieverdacht 279, Existentialismus 20, 94, 97 ff., 101,
426 f., 511 105, 120 f., 132, 154, 185, 193 f., 251,
Entlastung 159, 168 f., 171, 176, 178, 260 f., 264, 337 f., 350 f., 363, 367,
268, 271 f., 287, 293, 296, 309, 315, 380 ff., 467 ff., 485, 496, 500–505,
335, 408, 431, 440 f., 466, 543, 574 584 f.
Entsicherung 543 ff. Expressivität s. Ausdruck
Erb-/Erwerbsmotorik, -rezeptorik Exzentrische Positionalität, Exzentrizi-
224 tät 15, 74, 78 ff., 87 f., 131, 164,
Erfahrung 64, 77, 136, 139, 158 f., 170, 192 ff., 204, 216, 240, 326, 335, 346,
205, 228, 288, 435, 469, 508, 525 f., 414 f., 422, 424, 226, 449, 459, 531,
551, 596 538 ff., 553, 470, 582 f., 591
Erkennen, Erkenntnis, Erkenntnis-
theorie 26, 29, 31, 53 f., 65, 100, 102, Fakteninnen-, Faktenaußenwelt 296
116, 150, 174, 215, 423, 433 ff., 436, Familie s. Ehe
438, 485, 488, 493, 511, 518, 522, Form, offene/geschlossene 78, 537
553, 581, 586, 595 f. Formierung, Formierungszwang 172
Erleben 27, 36 f., 74 f., 96, 100, 129 f., Fortpflanzung 30, 63, 513, 546
150, 168, 269, 428, 513, 650 Frage, offene, Frage-Antwort 118 f.,
Erscheinung, Phänomen, Oberfläche 586
51, 200 ff., 362 Freiheit, Autonomie 75, 99, 105, 125,
Erscheinung, adressierte/unadressierte 130, 150, 154, 185, 206, 268 f., 298,
201 f., 362 304, 323, 336, 366, 376, 386 f., 389,
Erziehung, Sozialisation 392, 420, 417, 507, 526, 531, 541, 570, 596
425 f., Freund/Feind 119 f.
Es 147, 511 f., 515, 544 Frontalität 78, 537
Frühjahr, extra-uterines; physiologi- Geschlecht, Sexualität 18, 30, 46, 243 f.,
sche Frühgeburt 204, 370, 423, 250 ff., 270, 274, 277, 420 f., 530,
547 f., 575 563, 572, 592 f.
Führung, Handlungs-, Lebensführung Gesicht, Antlitz 195, 233, 246, 422, 465
67, 79, 166, 172 f., 177, 179, 189, Gestaltkreis 173, 246, 249, 373, 518
230 f., 249 f., 268, 426, 440, 483, 542, Gestalttheorie, -psychologie s. Ganz-
546, 568, 589 heitstheorie
Führungssysteme, oberste 166, 172 f., Gewalt 281, 297, 353–356, 379, 397,
175, 230 399, 400, 592
Funktionskreis s. Lebenskreis Gewohnheit s. Habitualisierung
Futteralsituation 565 Gleichgewicht, Balance, Ausgleich,
Proportion/konstitutive Gleichge-
Ganzheit, Gestalt 76 f., 88, 148, 205, wichtslosigkeit 47, 79 f., 151, 177,
523, 529, 534, 544 219, 247, 250, 253 f., 336, 357, 360,
Ganzheits-, Gestalttheorie, Gestalt- 379, 405, 432, 566, 574, 589
psychologie 38 Gott 26 ff., 55, 62, 67 f., 80, 128, 151,
Gebrochenheit, Umschwung 50, 79, 185, 221, 261, 269, 334, 346, 356,
225, 329, 420, 447, 523 f., 529, 541, 447 ff., 475, 507 f., 512, 540, 564, 573
549, 559 ff., 564, 572 Grenze, Membran, Begrenzung,
Geburt, Natalität 119, 202, 204, 241, Grenzfläche 32, 46, 52, 63, 77 f., 84 f.,
244, 370, 423, 477, 572 90, 129, 200 f., 348 f., 361 f., 368,
Geburt, zweite, sozio-kulturelle 420 422 ff., 531–534, 565, 567, 596
Gefühl, Emotion, Stimmung 25, 54, 56, Grenzen der Gemeinschaft (s. Elargie-
63–65, 71, 73, 147, 189 ff., 196, 268, rung) 34, 324 f., 355 ff., 469
280, 332, 346, 380 ff., 423, 515, 524, Grenzforschung, empirische Philoso-
528 ff., 567 f., 562, 566, 573, 583 f., phie 264, 303 ff., 494, 555 f., 579
592 Grenzsituation, Krise, Grenzreaktion
Gegenläufige Prozesse 276, 413 97, 189 f., 192, 194, 206, 349, 444,
Gegenstandsein, Vergegenständli- 554,
chung 304, 374, 414, 472, 528 Gruppen, Verbände, archaische 70, 141,
Gehirn, Zerebralisation 197, 203, 346 143, 157, 172, 204, 230, 276 f., 294 f.,
Geisteswissenschaften, Kulturwissen- 330, 421, 422 ff.
schaften 21, 28, 33, 37, 41, 44, 75 f.,
135–139, 143, 206, 258, 260, 280 f., Habitualisierung, Gewohnheit 64, 154,
288, 305, 327, 336, 433 f., 436 f., 444, 157, 159, 172, 196, 273, 286, 298,
450, 459 ff., 504, 510, 524 ff., 587, 316, 414
599 Haltung, Halt 143, 159, 172, 177,
Gemeinschaft/Gesellschaft 34, 420 246 ff., 258, 285, 316, 437, 541, 570,
Generationen 365, 367, 558, 572 574
Geschichte, Geschichtlichkeit 61, 67, Hand 48, 162, 168, 195, 328, 544, 578
74, 79 f., 113, 118, 120, 122 ff., 128, Handlung, Handeln 143, 153 f., 158,
139, 149, 150, 173, 184, 203, 258, 160, 167–176, 194 f., 241, 246, 268,
264, 296, 317, 329, 356, 394, 396, 272, 287, 297, 315, 335, 352 f., 385 f.,
422 f., 452, 456, 510, 539, 544, 548, 431, 439, 498, 527, 543 ff.
557, 571 f., 586 f., 591 f. Handlungshemmung 452
Geschichtsphilosophie 120, 145 f., Handlungskreis 170, 173, 297, 315,
283 f., 319 f., 442 f., 458, 477, 490 352, 518, 543 ff.
Geschichtswissenschaft 42, 335 Haus, Architektur s. Stadt, Urbanität
Haut 116, 166, 185, 193, 202, 296, 308, Individualität 276, 335, 379, 389, 392,
362, 571 515, 568
Heautonomie 32, 305 Industrie, Industriegesellschaft 155,
Hemmung 66, 144, 381, 513 220, 244, 274–277, 280–287, 296–
Hermeneutik, Philosophische Herme- 298, 300 f., 308, 322, 341, 390–396,
neutik, hermeneutische Lebensphi- 411 f.
losophie, Dilthey-Bewegung 34, 57, Innenwelt 79, 229, 296 f., 364 f., 375,
75 f., 224, 261, 305, 337, 441, 458, 527 f., 539, 544, 551 f., 560, 569, 585,
460–463, 468, 488, 497, 588, 593 f. 590
Hiatus 171, 177, 252, 296, 523, 543, Innen/Außen 26, 53, 77, 127, 323, 516,
554, 581 f. 533, 543, 565
Hintergrundserfüllung 293, 335, 544, Innerlichkeit 75, 90 f., 201, 242, 283,
569 f. 296, 323, 390, 441, 547 f.
Homo absconditus, Ungrundcharakter Instinkt 50, 64, 157, 165, 174, 267 f.,
35, 304, 356, 567, 586 317, 543, 564
Homo divinans 525 Instinktreduktion 171, 174, 219, 265,
Homo faber 503, 513, 525 271, 295, 315 f., 352 f., 400, 436, 523,
Homo pictor 525 543–547, 570
Homo sapiens, animal rationale 156, Institution 213 f., 230, 265, 270, 276 f.,
371 f., 404, 491, 503, 507, 513, 292–299, 307, 316 f., 320, 320 f.,
525 324 f., 335, 341, 352, 355 f., 545
Homo sociologicus 322, 387–393 Insulation, Gruppe 421 ff., 572
Hören, Vernehmen 216, 279, 285, 424, Intellektuelle 340, 355, 394, 416
517, 524, 588 Intelligenz 50, 60, 64 f., 70, 113 f., 157,
Horizontverengung, künstliche 119, 163, 165–168, 301, 513, 564, 581
329, 574 Intentionalität 25, 49, 53, 116, 191,
Humanitarismus 356 246, 373, 380, 436, 522, 529, 533,
Hypermoral, Elargierung von Sozial- 537, 539, 583 ff.
regulationen, Grenzen der Gemein- intentio recta/intentio obliqua 216, 583
schaft s. Elargierung Intersubjektivität, fremdes Ich, Gegen-
seitigkeit, (s. a. ego/alter ego, Kom-
Ich 157, 508, 514 f., 590 f. munikation) 49, 392, 551, 562
Idealismus 29 f., 44, 54, 60, 75, 87, 94, Inversion, Umkehr der Antriebsrich-
123, 136, 150 f., 154, 156, 182, 221, tung 163, 268, 295
269 f., 310, 322, 363, 442, 490, 493,
503 f., 507–516, 518, 520, 524, 531, Jugend 153, 161, 163, 228, 327, 372
533 ff., 538 f., 543 f., 557, 575–581,
593 f., 596 Kampf, Lebenskämpfe 96, 118, 144,
Identität 400, 426 f., 539, 580, 590 198, 347, 352, 568
Ideologie s. Entlarvung Kind, Kindheit 153, 162, 169, 179,
Imagination (s. Phantasie) 288, 374, 224 f., 246, 329, 372, 422 f., 548, 551,
439 571
Immanenz/Transzendenz 32, 68, 577 Kleidung, Kleidertheorie 295, 404, 544,
Indifferenz; Neutralität, psycho-physi- 566
sche 33, 49, 246, 352, 373, 396, 521 Kommunikation, kommunikativer
Indirektheit, Umweg 157, 177, 182, Umgang 161 f., 167–171, 229 f., 233,
269, 295, 323 f., 330, 391, 396, 432, 400, 404, 416, 429–432, 447–551,
439, 520, 525, 573, 589 f. 589 f., 592 f.
Leib, Leiblichkeit 33, 79, 243, 251 f., Monopole des Menschen 28, 47, 67–
336 ff., 380, 456, 469, 519 f., 584 f. 72, 79, 89, 188, 194, 233, 264, 315,
Leibidee 125 f. 336, 338, 440, 446, 457, 491, 524 f.,
Leibphänomenologie 220, 232, 245, 538, 554
380, 432, 469, 486, 527 Moral, Sittlichkeit, Normativität, Gel-
Leidenschaft s. Bedürfnis tung s. Ethik; Elargierung
Leitidee 298, 414 Musik 33 f., 39, 53, 98, 107, 161, 468,
Luxurierung 276, 423 565, 577, 588,
Mythos 34, 67, 107, 125 f., 148, 224,
Macht/Ohnmacht 51, 119, 172 f., 191, 424, 435–439, 440 f.
203, 398
Magie 273 Nachahmung 153, 212, 229, 245, 391
Mängelwesen 174, 176, 179, 219, 224, Natur 119, 154, 166, 199, 205, 221, ,
230, 271, 348, 423, 466, 523, 543 f. 232, 262 f., 296, 327, 352, 493, 508,
Marxismus 122, 133, 236, 265, 268, 519, 526, 557, 568, 577, 580, 590
322 f., 356 f., 389, 490, 516 Naturalismus, Materialismus 33, 45,
Maske s. Rolle 47, 54, 123, 125, 136, 142, 162, 241,
Materialismus s. Naturalismus 310, 364, 456, 492, 498, 515, 538,
Mathematik, Geometrie 33, 107, 468, 557 f., 581, 584, 589, 598
565 Naturphilosophie 37, 73, 76, 87, 91, 99,
Medien 299 f., 336, 383, 422, 492, 591 f. 102, 105 f., 111, 117 ff., 121, 130,
Medium 63 f., 98, 151, 170, 204, 206, 138 f., 165, 185 ff., 199, 223, 319,
299, 328, 368, 420, 422, 520, 565 325 f., 337, 359–364, 366 ff., 442,
Medizin, medizinische Anthropologie 490, 521, 527, 534 f., 543, 550 ff.,
39, 43, 115, 248–251, 373 f., 380 ff. 577, 596
Membran, Semipermeabilität s. Gren- Naturwissenschaft 62, 74, 114, 137,
ze 199, 248, 251, 273, 338, 346, 363,
Menschwerdung, Anthropogenese 51, 379, 489 f., 510, 579
167 f., 176 f., 179, 296, 420–424 Natur-/Lebens-/Geisteswissenschaften
Meso-/Mediokosmos 558, 571 29, 41–44, 74, 305, 433, 435, 459 f.,
Metapher 148, 150, 255 f., 258, 328, 526, 556
424, 436–441, 542 Negation, der Sinn fürs Negative, Ver-
Metaphorologie 436–439, 445, 450 neinung, das Nichts 229, 446
Metaphysik 23–31, 38, 53, 56, 61, 67 f., Neinsagenkönner (s. a. Askese) 65, 67,
70, 72, 90, 104 f., 122, 127, 131, 199, 375, 527, 529 f.
231, 239, 304, 315, 336, 446, 496, Neopositivismus, Logischer Empiris-
554 f., 563, 573 f., 595 mus, Wissenschaftliche Weltauffas-
Mikro-/Makrokosmos 571 sung 74 f., 114, 314, 385, 498, 538,
Mitwelt s. Sozialität 576, 578 f.
Modalitäten der Sinne 33 f., 565 Nesthocker, sekundärer/Nestflüchter
Moderne, moderne Gesellschaft (s. In- 203, 546 f., 558, 572
dustriegesellschaft) 16, 30, 127 f., Neukantianismus 24, 31, 34, 53, 97,
155, 183, 220, 273 f., 276, 279 ff., 101, 104–107, 111, 124, 397, 403,
285, 296 ff., 301, 307–310, 323, 333, 436, 496, 503, 512, 517, 577 f.
341–344, 372, 393, 401, 403–409, Neutralität s. Indifferenz, psycho-phy-
414 f., 418 f., 429–432, 443–447, 466, sische
496, 596 f. Nichtfestgestelltheit, nichtfestgestell-
Moderne Kunst s. Kunst tes Tier s. Tier, nichtfestgestelltes
270, 274, 276 f., 280, 282, 285, 307, symbolische Formen 34, 101–107, 111,
320, 322, 341, 358, 371, 383–435, 336 f., 436, 480, 485, 492, 549, 577
470, 501, 509, 592 Sympathie, Nachfühlen, Mitfühlen 25,
Spezialisiert/Unspezialisiert, Entspe- 293, 392, 590
zialisierung, Entdifferenzierung 48, System, offenes 86
70 f., 163, 268, 293, 396, 411, 543 Systemtheorie 86, 432, 465 ff., 535 f.,
Spiel 161 576, 592 ff.
Sport 280–283, 394
Sprache, Wort, Satz 28, 33 f., 47, 50, 67, Tanz (s. a. Ekstase) 34, 216, 525, 565
70 ff., 101, 107, 148, 162, 168 ff., 178, Tasten, Haptik, Auge-Hand-Feld 32,
188 f., 196, 204, 224 f., 229, 232 f., 65, 162, 168, 229, 328, 424, 524, 561,
248, 257, 262, 279, 294, 315 f., 328, 567, 578, 588
339, 348 f., 424, 429 f., 456 f., 464, Technik, Maschine, Werkzeug 28, 35,
468, 505, 517, 524, 545, 577, 588, 47 ff., 67, 70, 157, 219, 272 ff., 285 f.,
591 297, 299, 377, 396, 401, 422, 424,
Sprachmäßigkeit 170, 588 446, 466, 524, 544, 582
Sprachphilosophie, Sprachwissenschaft Technikphilosophie 595
168, 336, 488, 497, 595 Teilhabe am Sein 25, 30, 122, 511, 560,
Staat 67, 124 ff., 136, 156, 184, 265, 563
280, 340, 352, 355 f., 413, 424 Teleologie 36, 364, 511, 520, 529, 557
Stabilität, Stabilisierung, Dauer, Theater, Schauspiel s. Schauspieler
Sicherheit 167, 189, 276 f., 293, Theologie, Religionsphilosophie 21,
297 f., 408 f., 415, 446, 469 f., 573, 28, 68, 237, 242, 304, 359, 445–449,
Stadt, Urbanität 35, 277, 281, 396, 398, 564
403–407, 409 f., 411, 419 Tier 47, 71, 78, 106, 165, 187, 189, 205,
Standort, utopischer s. Ort, natürlicher 215, 225, 233, 243, 249, 296, 299,
Staunen, Verwunderung 30, 378 530, 537, 541, 543
Stellung, Position, Stellungnahme 62, Tier, das nicht festgestellte 171 f., 178,
67, 69, 72, 82, 87, 144, 157, 172, 459, 569
190 f., 243, 253, 563 Tier/Mensch-Vergleich 53, 138, 165,
Stil, Kulturstil s. Lebensstil 181, 225, 242, 247, 249, 473, 523,
Stimme, Laut 195, 328, 505 530, 549
Strukturalismus 294, 296, 463 ff., 501, Tierzucht, -kult, -hege (s. a. Totemis-
591 f. mus) 230, 272
Stufen des Lebendigen (s. Schichten) Tierpsychologie s. Ethologie
63, 77, 157, 165, 179, 224, 302, 326, Tod, Sterben, Sterblichkeit 205, 446
364, 516 Todesursprung des Geistes 375
Subjekt, Subjektivität 26, 75, 153, 191, Töten (Selbst-) 400
212, 268, 270, 380, 415, 508–512, Totemismus, Totemtier 230, 277,
531, 534, 575 ff., 589 f. 294 f., 432, 587
Subjekt-Objekt-Relation 53, 434, 520, Totenbestattung, Grab 446, 525
522, 524, 532, 583 Tradition 64, 156, 204, 244, 316, 444
Subjekts, Konkretisierung des 516, Transzendentalphilosophie, Kritizis-
561 mus 28, 104, 442, 492 f., 516 f., 590
Subjektivismus 73, 293, 297, 351, 374 Transzendenz ins Diesseits 296
Sublimierung, Raffinierung 29, 66, Trieb, Antrieb, Antriebsleben 29 f., 47,
252, 314, 321, 464 64–67, 123 f., 144, 158, 162–168,
Symbol 71, 492 171 ff., 251 f., 293–297, 327, 329,
352 f., 376, 414, 426 f., 472 f., 511, 403, 406, 413, 416–419, 438 f., 440,
528, 543 f., 563, 569 f., 586 444 f., 455, 456 f., 490 f., 507–511,
512 f., 515–517, 524, 570, 578 f., 582,
Üblichkeit 444 596
Umschwung s. Gebrochenheit Verstiegenheit, Verschrobenheit, Ma-
Umwelt/Welt 64 f., 79, 131, 138, 141– nieriertheit 253
147, 163, 166, 189, 224 f., 241, 254, Vertrautheit/Fremdheit 118 ff., 142,
422, 559 ff., 565, 582, 584 568
Umwelt/Innenwelt 46, 141, 428 Verwandtschaft 294, 424, 570
Umweltintentionalität 49, 246, 373, Virtualität 505
522, 584 Vitalismus, Neovitalismus 35 f., 43, 76,
Unbewusstes 280, 360, 375, 511 86, 369
Unergründlichkeit, Prinzip der 117– Vitalismus-/Mechanismus-Debatte 35,
121, 142, 344, 387, 432, 464, 566, 368
573, 586 f. Vitalkategorien 36, 77, 201, 525, 540 f.
Ungrund s. homo absconditus Völkisch-politischer Realismus, Politi-
Universität 58, 414 sche Philosophie, Völkische Anthro-
Unmittelbarkeit, vermittelte 79 f., 177, pologie, Philosophie des National-
189, 200, 269, 323 ff., 328 f., 352, sozialismus 114 f., 174–183, 325
396, 422, 540, 566, 573, 591 Voluminosität, Resonanz, Atmosphäre
Unsicherheit (s. Riskiertheit) 352, 446, 33, 189 f., 305, 565
569 f. Vor-, Frühgeschichte 295, 493
Unspezialisiertheit 158, 172, 423 Vorstellen, Vorstellung 24, 63, 66 f., 71,
Urteilskraft 32, 283, 305, 556 88, 170, 398, 400, 512
Widerstandserlebnis 65 f., 561 114, 136 f., 155, 222 f., 303 ff., 305,
Wille 66, 128, 147, 149, 150 f., 154, 192, 315, 385, 388, 433 ff., 438, 459 f.,
195 f., 265, 329, 472, 511 f. 578 ff., 595
Wirklichkeit s. Sache Witz, Komik 187 f., 190, 210
Wissen; Leistungs-, Bildungs-, Heils- Würde 74, 517, 526, 531
wissen 30, 107, 423, 579
Wissens-, Kultursoziologie 29 ff., 58 f., Zeit, Zeitlichkeit 27, 56, 65, 77 f., 100,
113 f., 131, 140, 183, 306, 332, 395, 170, 178, 204 f., 407, 422, 510, 513,
427 515, 536, 546 ff., 560 f., 562, 571 ff.
Wissenschaft 18, 33 f., 40 ff., 47, 67, 79, Zeremonie s. Ritual
96 f., 101 f., 150, 163, 256 f., 264, 281, Zoologie 197 f., 223, 239
186, 303 f., 315, 359, 412 f., 489 f., Zucht (Selbst-), Zuchtwesen, Disziplin,
509 f., 515, 518, 525 f., 555 f., 577, Erziehung 145 f., 172 ff., 179, 219,
578 f., 585 ff. 231, 296, 317, 569
Wissenschaftsphilosophie, Einheits- Zucht s. Tierzucht
wissenschaft 33 f., 40 ff., 101 f., 107, Zweckmäßigkeit, sekundäre 296