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Lean verstehen

Philosophie und Prinzipien

Culture Work GmbH


Was ist Lean und was nicht?

Summary: Lean verstehen – Philosophie und Prinzipien

Lean hat seinen Siegeszug als hilfreicher Methodenbaukasten zur Optimierung der

Fertigung in der Automobilindustrie gestartet und etabliert sich mehr und mehr als

Unternehmensphilosophie in nahezu allen Branchen und Funktionen. So mannigfaltig

wie die heutigen Einsatzgebiete von Lean sind, so mannigfaltig sind auch das

verbreitete Verständnis und die vorherrschenden Paradigmen. Wir haben dieses E-

Book verfasst, um Ihnen einen grundsätzlichen Überblick der Lean-Philosophie und

der zugehörigen Prinzipien zu vermitteln und mit falschen Vorstellungen aufzuräumen.

Wir beschreiben Ihnen die Grundlagen unabhängig davon, wo und wie Sie Lean

einsetzen wollen. Basis für dieses E-Book ist unsere jahrelange Erfahrung in der

Anwendung, Einführung und Weiterentwicklung von Lean als Systematik für die

Entwicklung von Arbeitsplätzen, Prozessketten und ganzen Organisationen.

Die beschriebenen Prinzipien und Leitsätze basieren auf den heute bekannten und

etablierten Vorgehensweisen und sollen Ihnen helfen, sich in dem verwirrenden

Geflecht von Meinungen, Behauptungen und unterschiedlichen Ansätzen zurecht zu

finden.

Unser Ziel ist es ein möglichst vollständiges und verständliches Gesamtbild von Lean

zu zeichnen. Getreu dem Lean-Grundsatz der kontinuierlichen Verbesserung: Helfen

Sie uns mit Ihrem Wissen und Verständnis von Lean an diesem Ziel zu arbeiten und

dieses E-Book Stück für Stück zu verbessern.

Vielen Dank für Ihr Interesse

Ihr Culture Work Team

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Was ist Lean und was nicht?

Inhalts dieses E-Books

1 Was ist Lean und was nicht? ............................................................................................ 5

1.1 Optimierung des Kundennutzen vs. Kostenoptimierung ............................................ 5

1.2 Methodenanwendung vs. Ausrichtung an Prinzipien ................................................. 6

1.3 Ausführende vs. eigenverantwortliche Menschen ..................................................... 7

1.4 Projekterfolg vs. Lernerfahrung .................................................................................. 9

2 Die Grundidee von Lean................................................................................................. 10

3 Die Lean-Philosophie – ständige Verbesserung des Kundennutzens ............................ 13

3.1 PCDA, Kaizen, kontinuierliche Verbesserung – die Lernrichtung ............................ 13

3.2 Kundenwert – der Zweck einer Lean-Organisation .................................................. 15

4 Die fünf Lean-Grundprinzipien im Überblick ................................................................... 17

5 Prinzip 1 – Erzeugen Sie Wert für den Kunden .............................................................. 22

5.1 Ermitteln Sie die Wünsche, die Kunden haben ........................................................ 22

5.2 Übersetzen Sie den Kundenwunsch in tatsächlichen Kundenwert .......................... 23

5.3 Verankern Sie die Orientierung am Kundenwert im Bewusstsein der Organisation 24

6 Prinzip 2 – Gestalten Sie verschwendungsfreie Wertströme ......................................... 27

6.1 Vermeiden Sie alles, was nicht zum Kundenwert beiträgt (Verschwendung) .......... 28

6.1.1 Die sieben bekannten „sinnlosen“ Verschwendungen (Muda) ......................... 29

6.1.2 Die kaum beachteten Verschwendungen Muri und Mura ................................. 30

6.1.3 Stabilisierung durch Vermeidung von Verschwendung .................................... 31

6.2 Erzeugen Sie die richtige Leistung zum richtigen Zeitpunkt – Just in Time ............. 32

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Was ist Lean und was nicht?

6.2.1 Denken Sie im Wertstrom ................................................................................. 34

6.2.2 Erzeugen Sei einen Takt – Der Rhythmus des Wertstroms ............................. 35

6.2.3 Lassen Sei die Arbeit fließen – Das Fließprinzip .............................................. 36

6.2.4 Starten Sie die Arbeit gemäß des Kundenbedarfs – Das Ziehprinzip .............. 37

6.3 Sorgen Sie dafür, dass jeder Fehler eigenständig zu einer Aktion führt – Jidoka ... 38

6.3.1 Stoppen Sie das System bei einem Fehler sofort ............................................. 39

6.3.2 Schaffen Sie fehlervermeidende Mechanismen – Poka Yoke .......................... 41

7 Prinzip 3 – Richten Sie Ihre Organisation systematisch aus .......................................... 43

7.1 Erzeugen Sie eine inspirierende Vision zur Ausrichtung der Organisation .............. 47

7.2 Entfalten Sie die Ziele über alle Funktionen, Prozesse und Hierarchieebenen ....... 49

7.3 Setzen Sie in kleinen Schritten um und verfolgen Sie die Zielerreichung ................ 51

7.4 Schaffen Sie größtmögliche Transparenz zum Status und zu Problemen .............. 52

8 Prinzip 4 – Erschaffen Sie eine agile, lernende Organisation ........................................ 55

8.1 Geben Sie dem Wertstrom Vorfahrt vor Synergien ................................................. 56

8.2 Etablieren Sie ein lean-unterstützendes Führungsmodell ....................................... 57

8.3 Verankern Sie die Anwendung von Lean in den Aufgaben der Mitarbeiter ............. 59

8.4 Entwickeln Sie Lean-Fähigkeiten, fördern Sie entsprechende Talente ................... 60

9 Prinzip 5 – Etablieren Sie kontinuierliche Weiterentwicklung ......................................... 63

9.1 Stabilisieren Sie das System durch sinnvolle Standards ......................................... 65

9.2 Lösen Sie Probleme kurzzyklisch und nachhaltig .................................................... 66

9.3 Arbeiten Sie kontinuierlich an Verbesserungen ....................................................... 67

9.4 Generieren Sie lösbare Probleme ............................................................................ 68

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9.4.1 „Negatives“ Stressen des Systems ................................................................... 70

9.4.2 „Positives“ Generieren von Problemen ............................................................. 70

10 Zusammenfassung und Ausblick.................................................................................... 74

11 Verbesserung in eigener Sache – Lean hautnah ........................................................... 76

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Was ist Lean und was nicht?

1 Was ist Lean und was nicht?

Lean und Lean-Management, zwei Begriffe die immer wieder zu der Frage führten:

Was ist das eigentlich? Dieses E-Book hilft Ihnen dabei, genau diese Frage zu

beantworten. Sie lernen die Grundidee, die hinter dem Wort „Lean“ steht, kennen. Sie

erhalten Informationen zur Lean Philosophie und zu den Prinzipien, die

dahinterstecken.

Sie werden beim Lesen sicherlich an der einen oder anderen Stelle neugierig werden,

mehr über einen bestimmten Begriff oder zu einem Thema zu erfahren. Wir versuchen

gar nicht, Lean in seiner gesamten Ausprägung zu erklären, das würde nicht nur den

Rahmen dieses E-Books sprengen. Unser Ziel ist es, Sie mit Lean ein Stückchen

vertrauter zu machen und Ihnen den Einstieg in dieses faszinierende Thema zu

erleichtern. Sie erhalten einen Überblick über die wichtigsten Grundlagen und einen

Einblick in die vielfältigen Zusammenhänge und Beziehungen dieser Grundlagen

untereinander.

Bevor wir in die Thematik einsteigen, werden wir zunächst einige der grundlegenden

Missverständnisse beseitigen und Ihnen die häufig nicht sichtbaren Zusammenhänge

aufzeigen. Leider ist schon allein der Begriff „Lean“ sehr missverständlich und wurde

dementsprechend oft in den 90er Jahren fehlinterpretiert. In vielen Köpfen – sowohl

auf Arbeitgeberseite als auch auf Arbeitnehmerseite – sind diese Fehlinterpretationen

noch immer vorhanden.

1.1 Optimierung des Kundennutzen vs. Kostenoptimierung

Wahrscheinlich hat die Assoziation des Wortes „Lean“ (dt. schlank) mit der Aussage

„mehr (Leistung) mit weniger (Ressourcen)“ dazu geführt, dass Lean oft als

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Kostensenkungs- oder Effizienzprogramm angesehen wird. Aus diesem Grund

bestehen bei Arbeitnehmern Ängste vor Stellenabbau bei der Lean-Einführung und bei

Arbeitgebern tauchen die €-Zeichen im Kopf auf, wenn sie Lean hören. Diese Tatsache

und der Missbrauch des Begriffs Lean für derartige Programme hat an manchen Orten

verbrannte Erde und einen fahlen Beigeschmack hinterlassen.

Der wahre Kern von Lean ist dagegen die ständige Optimierung des Kundennutzens.

In diesem Satz stecken bereits zwei wesentliche Elemente von Lean, die wir im

weiteren Verlauf noch vertiefen wollen: die ständige Optimierung und die Ausrichtung

der gesamten Organisation am Kundennutzen. Die meisten Manager und Mitarbeiter

richten ihre tägliche Arbeit mehr am Vorgesetzten oder an den Investoren aus, als am

Kunden. Überprüfen Sie, wo Sie selbst stehen anhand dieser drei Fragen:

 Wer genau ist mein Kunde?

 Welchen konkreten Nutzen schaffe ich für den Kunden?

 Welchen Beitrag leiste ich gerade jetzt, um den Nutzen für den Kunden zu

verbessern?

Wenn Sie diese drei Fragen ohne zu zögern beantworten können und Sie ehrlich

sagen können, dass Sie Ihr tägliches Wirken daran ausrichten, dann arbeiten Sie

schon sehr konform mit der wahren Lean-Philosophie. Ansonsten ist dieses E-Book

Ihnen sicherlich eine Hilfe.

1.2 Methodenanwendung vs. Ausrichtung an Prinzipien

Als die ersten Lean-Studienreisenden aus Japan zurückkamen, hatten sie viele

„neuartige“ Methoden und Werkzeuge im Gepäck. Die am leichtesten zu kopierenden

Vorgehensweisen fanden als japanische Begriffe ihren Weg in die hiesigen

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Organisationen. Dazu gehören z.B. „Kaizen“, „Kanban“, „Muda“, „Poka Yoke“,

„Mitsusumashi“, „Hancho“. Manche Begriffe wurden auch durch die frühe Lean-

Literatur geprägt, wie: „Value stream“, „Flow principle“, „Pull principle“, „Shop floor

management“.

Aber zu glauben, dass der Besitz eines Werkzeugkoffers und das Anwenden neuer

Methoden ausreichen, um Lean zu sein, ist offen gesagt naiv. Das wäre genauso, als

wenn Sie einem beliebigen Menschen Schreinerwerkzeug in die Hand drückten und

meinten, er könnte damit einen perfekten Tisch bauen.

Entscheidend ist nicht das Werkzeug sondern die Erfahrung, wo und wie das

Werkzeug angewendet wird, um die Organisation gemäß des Zwecks der Optimierung

des Kundennutzens zu „bearbeiten“. Der Weg, wie Organisationen diesbezüglich

entwickelt werden können, basiert auf sehr grundlegenden Prinzipien. Diese haben

sich empirisch durch viele Versuche und Beobachtungen über die Jahre entwickelt.

Das ständige Ausrichten an diesen Prinzipien und das erfahrungsbasierte Lernen

durch deren Anwendung ist der Weg, der von vielen als „Lean-Journey“ (dt. „Lean-

Reise“) bezeichnet wird.

1.3 Ausführende vs. eigenverantwortliche Menschen

Das größte Problem dieser „Lean-Reise“ besteht für viele Organisationen in der

Herausforderung, sich von dem vielerorts vorherrschenden Menschenbild zu

verabschieden, den Mitarbeitern müsse genau gesagt werden, was sie zu tun und zu

lassen haben. Diesem Menschenbild entsprechend versuchen viele Manager die

Abläufe in ihrer Organisationseinheit über Anweisungen und Rundschreiben zu

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sichern und kontrollieren deren Einhaltung. Über Belohnung und Bestrafung wird

ferner versucht, das Verhalten der Mitarbeiter zu beeinflussen.

Das Menschenbild einer Lean-Organisation hingegen geht von eigenständigen

Mitarbeitern aus. Diese Annahme entspricht in erster Linie weniger einer

philosophischen Weltanschauung, sondern ist reiner funktionaler Selbstzweck. So

wird der Mitarbeiter eigenverantwortlich in die Zielausrichtung der Organisation

eingebunden und es wird von ihm erwartet, dass er in seiner Arbeit beständig an der

Optimierung des Kundennutzens arbeitet.

Die Vorgehensweise in klassischen Unternehmen führt im Kern häufig dazu, dass sich

die Menschen an den Richtlinien orientieren und nicht am Kundennutzen, der für sie

im täglichen Leben eine viel weniger bedeutsame Rolle spielt. Schließlich ist der

„Kontrolleur“ täglich vor Ort, der Kunde aber weit weg. Das gefährliche an derartig

arbeitenden Organisationen besteht darin, dass die oberen Hierarchiestufen glauben,

dass die Menschen ohne die Richtlinien nicht richtig arbeiten würden. Und genau diese

Annahme ist eine selbstbestätigende Prophezeiung, da keine Richtlinie alle

Eventualitäten vorhersehen kann und Menschen unweigerlich beim Einhalten Fehler

machen. Jetzt gibt es zwei Möglichkeiten: die Menschen folgen trotz besserem Wissen

der Richtlinie, da sie Bestrafung fürchten oder die Menschen machen das situativ

richtige, arbeiten aber damit bewusst gegen die Richtlinie. Dieses Dilemma ist für alle

Menschen in einer Organisation hochemotional und bindet wertvolle Energien. Das hat

die Auswirkung, dass die Menschen langsam resignieren und damit die

Eigenverantwortung sinkt.

Neben der Herausforderung, der Organisation ein anderes Menschenbild zugrunde zu

legen kommt hinzu, dass eigenverantwortliche Mitarbeiter nicht über Vorgaben

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geführt werden können, sondern nur über ständige gemeinsame Reflexion und das

Lernen von hilfreichen Verhaltensweisen. In diesem Sinne geht mit diesem

zugrundeliegenden Menschenbild auch die Notwendigkeit an ein angepasstes

Führungsverständnis einher.

1.4 Projekterfolg vs. Lernerfahrung

Viele „klassische“ Organisationen sind stark vom kurzfristigen monetären Erfolg

getrieben. Das führt auch dazu, dass Quartalszahlen bei Entscheidungen einen

höheren Stellenwert einnehmen als die nachhaltige Verbesserung des

Kundennutzens. Gleiches spiegelt sich ebenso bei der Optimierung der Organisation

wieder. Die Verbesserung wird als Projekt gesehen und dementsprechend mit einem

Enddatum versehen, bis zu dem das Optimierungsziel erreicht werden soll. Verbessert

wir also in Anlehnung an die kurzfristigen monetären Ziele.

Mit Lean verträgt sich so eine Vorgehensweise aber überhaupt nicht, da Lean auf

langfristiges Lernen ausgelegt ist und ein gesetztes Enddatum diesem Prozess im

Wege steht. Wird Lean als Projekt gestartet und durchgeführt und wird zudem ein

Ende erwartet, dann ist diese Vorgehensweise ein eindeutiges Indiz dafür, dass in

dieser Organisation Lean überhaupt noch nicht verstanden wurde.

Wenn Lean als ständige Verbesserung begriffen wird, gibt es kein Ende, es gibt

höchstens Zwischenzustände auf der langen Reise hin zu einer idealen Vision. Dieses

Bild der idealen Vision zeigt schon, dass nicht die Erreichbarkeit im Vordergrund steht,

sondern die Richtung in welcher verbessert werden soll. Hier ist also der Weg das Ziel.

Nachdem Ihnen nun diese Missverständnisse bekannt sind, können wir uns dem

zuwenden, was Lean wirklich ausmacht.

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Die Grundidee von Lean

2 Die Grundidee von Lean

Die Grundidee von Lean ist die Optimierung der Organisation mit dem Zweck, den

Wert für den Kunden zu steigern. Durch die Ausrichtung am Kundenwert wird

sichergestellt, dass der Kunde zufrieden ist, wiederkommt und die Leistung auch

weiterempfiehlt. Um diesen zu sichern und auszubauen, müssen die Leistungen

ständig verbessert, optimiert und durch innovative Ideen vorangebracht werden. Denn

der gefühlte Wert und Nutzen des Kunden ist ständig im Wandel und darauf gilt es zu

reagieren. In diesem Sinne bedingt die Ausrichtung am Kundenwert eine ständige

Verbesserung. Als besser gilt wiederum, was den Kundennutzen hebt.

Die Grundidee der beständigen Verbesserung des Kundenwerts wird in den

Arbeitsabläufen der verschiedenen Organisationseinheiten des Unternehmens selbst

verankert und erhält dadurch eine durchgängige Stringenz.

Dazu gehören

 die Gestaltung der Arbeitsplätze selbst,

 das Zusammenwirken der Arbeitsplätze in Prozessen und Strukturen

 und der Zweck für den die Arbeit verrichtet wird.

Lean wird heute als ganzheitliches System verstanden. Die wichtigsten Elemente

dieses Systems sind

 die Philosophie, die die grundlegende Denkweise beschreibt, die als Lean

bezeichnet wird (z.B. „Probleme sind Schätze“, „Ausrichtung am

Kundenwert“).

 die Prinzipien, die die Gestaltungsregeln definieren (z.B. Fließprinzip,

Ziehprinzip)

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Die Grundidee von Lean

 und die Methoden, die die Werkzeuge darstellen, um die Prinzipien

umzusetzen (z.B. 5S, Kanban)

Eine klare Abgrenzung zwischen Philosophie, Prinzipien und Methoden ist nicht

wirklich möglich, da eine eindeutige Unterteilung bei der Entstehung von Lean nicht

vorgesehen war. Lean ist aus vielen einzelnen pragmatischen Hilfsmitteln entstanden

und gleicht eher einem Puzzle, dessen Teile sich teilweise überlappen.

Wir haben diese Unterteilung gewählt, um Ihnen die Zusammenhänge besser

vermitteln zu können. Am einfachsten lässt sich das anhand einer Analogie (z.B. am

Schreinerhandwerk) aufzeigen.

Die Lean-Methoden entsprechen den Werkzeugen des Schreiners: Säge, Hobel,

Stemmeisen etc. Wenn ein Schreiner beispielsweise ein Möbelstück bauen möchte,

reicht natürlich das Vorhandensein des Werkzeugs alleine nicht aus. Er muss auch die

Fähigkeit besitzen, das Werkzeug richtig anzuwenden. Um ein Möbelstück zu bauen,

braucht er Holz (das entspricht bei Lean dem Arbeitsplatz oder dem Prozess, der

verbessert werden soll) und einen klaren Auftrag was für ein Möbelstück

herauskommen soll (das Ziel der Lean-Optimierung – Lean ist kein Selbstzweck).

Wenn der Schreiner Werkzeug, Material und Auftrag hat, kann er allerdings immer

noch nicht damit beginnen den Tisch zu bauen. Er muss natürlich die Regeln kennen,

wie sich Holz verhält und bearbeitet werden muss (Holz verhält sich entlang der

Wachstumsrichtung anders als quer dazu / wenn Holz falsch lackiert wird, ist es

beispielsweise nicht witterungsbeständig). Bei Lean entspricht dies den

Gestaltungsregeln oder Prinzipien. Nur wenn diese Prinzipien bei der Anwendung der

Methoden richtig berücksichtigt werden, entfalten sie ihre Wirkung. Die Prinzipien sind

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Die Grundidee von Lean

universell, lassen sich empirisch belegen und fundiert theoretisch begründen.

Wechseln wir allerdings den Werkstoff von Holz zu Eisen, ändern sich teilweise die

Regeln, manche bleiben aber auch gleich. Gleiches ist bei unterschiedlichen

Prozessketten wie beispielsweise der Entwicklung oder Produktion zu beobachten.

Die Philosophie ist auch sehr stark vom Zeitgeist und der Denkweise der Menschen

abhängig. Beim Tisch würde sie dem Stil entsprechen. Im Barock beispielsweise sah

das Ideal eines Tisches ganz anders aus als in der heutigen Zeit. Nichtsdestotrotz

haben viele Aspekte der Philosophie durchaus langfristig Bestand. Zum Beispiel

hatten die meisten Tische früher vier Beine und so ist es heute immer noch. Auf Lean

übertragen heißt das, dass sich die Prinzipien sehr stark nach den Denkmustern der

Organisation und unserer heutigen Gesellschaft richten. Eine Internet-Start-Up-Firma

benötigt teilweise andere Denkweisen als ein traditionelles Produktionsunternehmen.

Bei Denkweisen ist die Richtigkeit häufig Ansichtssache. Insofern finden sich

Unternehmen, die Lean durchaus unterschiedlich interpretieren.

Wir helfen Ihnen, die unterschiedlichen Sichtweisen zu verstehen. So können Sie für

sich selbst entscheiden, was für Sie passt und was nicht. Letztendlich ist es Ihre

persönliche Lean-Reise, die Ihnen niemand abnehmen wird. Und gerade das ist das

spannende an Lean.

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Die Lean-Philosophie – ständige Verbesserung des Kundennutzens

3 Die Lean-Philosophie – ständige Verbesserung des

Kundennutzens

Der Kern und die komplette Basis der Lean-Philosophie ist das ständige Streben nach

Verbesserung des Wertes, der für den Kunden erzeugt wird. Diese grundsätzliche

Vision, an der sich die gesamte Organisation ausrichtet, wird im Lean-Jargon

Nordstern genannt.

3.1 PCDA, Kaizen, kontinuierliche Verbesserung – die Lernrichtung

Hinter der Idee der kontinuierlichen Verbesserung steht, dass jede Person in einer

Organisation zur ständigen Verbesserung beiträgt, indem Probleme sofort und

nachhaltig gelöst und bestehende Vorgehensweisen systematisch hinterfragt werden,

um bessere Lösungen zu finden. Jeder Mitarbeiter in einer Lean-Organisation muss

hierzu den PDCA-Zyklus (siehe Kasten) und dessen Anwendung beherrschen und bei

der täglichen Arbeit nutzen.

„Verbesserung ist weder zufällig noch freiwillig, sondern Teil der täglichen Arbeit!“

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Die Lean-Philosophie – ständige Verbesserung des Kundennutzens

Der PDCA-Zyklus

Alle Problemlösungsmethoden und das moderne Qualitätsmanagement bauen auf

dem PDCA-Zyklus auf, der maßgeblich von William Edwards Deming Mitte des 20.

Jhd. entwickelt wurde.

Der PDCA-Zyklus besteht aus vier Phasen, die für eine erfolgreiche Problemlösung

notwendig sind.

 In der ersten Phase (P: Plan – Planen) wird das Problem analysiert, es
werden Lösungshypothesen erstellt und die Problemlösung systematisch
geplant.
 In der zweiten Phase (D: Do – Tun) wird der Plan zur Problemlösung
konsequent umgesetzt.
 In der dritten Phase (C: Check – Checken) wird untersucht, inwieweit der
umgesetzte Plan wirklich zu einer Lösung des Problems geführt hat.
 In der vierten Phase (A: Act – Agieren) wird abhängig vom Ergebnis der
Phase Check beschlossen, wie mit dem gelösten oder ungelösten Problem
weiter verfahren wird.

Obwohl das Verbesserungsdenken die Basis der Lean-Philosophie bildet, ist dieser

Gedanke wahrscheinlich nur in sehr wenigen Organisationen tatsächlich

vorherrschend. Ein gefährlicher, aber einfach zu ermittelnder Indikator ist die Anzahl

der umgesetzten Verbesserungen pro Mitarbeiter und Monat. Die Weltspitze liegt hier

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Die Lean-Philosophie – ständige Verbesserung des Kundennutzens

bei ca. zwei Verbesserungen. Im Vergleich zum Durchschnitt ist das etwa ein Faktor

zehn. Gefährlich ist dieser Indikator allerdings als Zielgröße, da er sehr einfach

manipuliert werden kann, indem z.B. kurzzeitige Verbesserungskampanien

(betriebliches Vorschlagswesen, Ideenbörse etc.) gefahren werden, bei denen

Verbesserungsvorschläge prämiert werden. Diese Verbesserungen sind selten

nachhaltig, da sie nicht dem Wunsch nach Verbesserung entspringen, sondern

vielmehr dem Streben nach einem persönlichen Vorteil. Das tiefe Bedürfnis der

Menschen, etwas grundsätzlich und kontinuierlich zu verbessern, wird hier durch den

finanziellen Anreiz oder persönliche Vorteile nicht gefördert sondern ausgehebelt.

Das ständige Streben nach Verbesserung ist dem Menschen jedoch nicht nur

immanent, es ist auch unabhängig von Branchen und Funktionen, was sicherlich dazu

beigetragen hat, dass der Lean-Gedanke, der ursprünglich aus der Produktion kam,

Ableger in nahezu alle Branchen und Funktionen gefunden hat. Mehr dazu können Sie

in Kapitel 9 nachlesen.

3.2 Kundenwert – der Zweck einer Lean-Organisation

Da das Streben nach Verbesserung keinen Selbstzweck darstellt, spielt in der Lean-

Philosophie ein Verbesserungsvorschlagswesen mit innovativen Ideen eine

vergleichsweise geringe Rolle. Eher dient es dazu, „Querdenken“ zu fördern. Der

eigentliche Verbesserungsprozess orientiert sich klar an der Ausrichtung der

Organisation, den Kundenwert zu steigern.

Der Kundenwert ist allerdings keine leicht zu fassende Größe. Letztendlich wird er vom

Kunden erst im Nachhinein bestätigt, wenn er mit der gekauften Leistung zufrieden ist,

da seine Erwartungen erfüllt wurden. Hierbei spielen sowohl sein eigener Wunsch als

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Die Lean-Philosophie – ständige Verbesserung des Kundennutzens

auch vergleichbare Leistungen von Konkurrenten eine Rolle. Da der Kunde im Vorfeld

oft gar nicht genau definieren kann, was für ihn letztendlich Wert hat, besteht für eine

Organisation die schwierige Aufgabe, den wahren Kundenwert zu erkennen und liefern

zu können.

Nehmen wir z.B. das Produkt Auto. Der grundlegende Wert für den Kunden ist, zu

jedem beliebigen Zeitpunkt mobil zu sein und kostengünstig an jeden beliebigen Ort

möglichst schnell und individuell gelangen zu können. Das Auto bietet hier nur eine

mögliche Lösung. Wären kleine Flugzeuge günstiger und könnten überall starten und

landen, würden sie das Auto wahrscheinlich schnell ablösen.

Neben der Mobilität gibt es aber noch andere Bedürfnisse des Kunden. Das kann z.B.

der Warentransport sein oder das Statussymbol gegenüber Freunden und Nachbarn

sowie beliebige andere Möglichkeiten. Aus diesem Grund hat sich eine derart große

Palette an Autovarianten entwickelt.

Die Philosophie von Lean besteht darin, den definierten Kundenwert mit möglichst

wenig Aufwand, möglichst schnell und qualitativ hochwertig zu erzeugen und dem

Kunden immer ein wenig mehr zu bieten, als er sich direkt wünscht. Dieses „ein wenig

mehr“ bewahrt davor, dass kritische Kunden unzufrieden sind, ist aber nur so viel

mehr, dass sich der Mehraufwand in einem kleinen vertretbaren Rahmen hält. Mehr

zum Thema Kundenwert können Sie in Kapitel 5 nachlesen.

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Die fünf Lean-Grundprinzipien im Überblick

4 Die fünf Lean-Grundprinzipien im Überblick

Bevor wir detailliert in die Prinzipien des Lean Managements einsteigen, geben wir

Ihnen einen groben Überblick, wie die Lean-Philosophie in einer Organisation zum

Tragen kommt. Die Prinzipien stellen die grundsätzlichen Gestaltungsregeln einer

Organisation dar, wie die Lean-Philosophie umgesetzt werden kann. Aufgrund des

hohen Bekanntheitsgrades des Toyota Produktionssystems (TPS) stellen wir hier

immer wieder einen Bezug her.

Abb. 1: Grundsätzliche Themen, die durch Lean-Prinzipien abgedeckt werden

In Abb. 1 sehen Sie einen Überblick der grundsätzlichen Elemente einer Organisation,

die durch Lean-Prinzipien beschrieben werden. Der Kern einer jeden Organisation ist

die für den Kunden erbrachte Leistung.

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Die fünf Lean-Grundprinzipien im Überblick

Prinzip 1: Erzeugen Sie Wert für den Kunden

Der Kunde und der für den Kunden erzeugte Wert stehen bei der Lean-Philosophie im

Vordergrund. Dabei ist es entscheidend den vom Kunden formulierten Kundenwunsch

in einen tatsächlichen Kundenwert zu übersetzen. Die nachhaltige Erzeugung von

Wert für den Kunden ist für die Wettbewerbsfähigkeit der Organisation entscheidend.

Der schwierigste Punkt besteht darin die gesamte Organisation am Kundenwert und

dessen Erzeugung auszurichten. Letztendlich wird jede Entscheidung an ihrem

Beitrag zum Wert für den Kunden gemessen.

Prinzip 2: Gestalten Sie verschwendungsfreie Wertströme

Um dem Kunden einen Kundenwert bereitzustellen, sind innerhalb aber auch

außerhalb einer Organisation Abläufe nötig, die so verschwendungsarm wie möglich

gestaltet werden sollten.

Die Abläufe werden nach der Lehre des TPS mittels der Prinzipien „Just in time“ und

„Jidoka“ gestaltet (siehe Kapitel 6). Im Lean-Jargon werden Abläufe auch als

Wertstrom bezeichnet, da flussabwärts entlang der Prozesskette Wert entsteht. Beim

Hauptwertstrom stellt der finale Kundennutzen den erzielten Wert dar. Bei

untergeordneten Wertströmen, die dem Hauptstrom zuarbeiten, muss der jeweilige

Wert klar definiert werden, damit die Prozesskette auch verschwendungsfrei gestaltet

werden kann. Wertströme sind meistens sehr umfangreiche komplexe Prozessketten,

die sich in Teilprozessketten, Arbeitsplätze und letztendlich in einzelne Tätigkeiten

unterteilen lassen.

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Die fünf Lean-Grundprinzipien im Überblick

Prinzip 3: Richten Sie Ihre Organisation systematisch und durchgängig


aus

Die Vorgaben für den zu erzielenden Kundenwert werden ebenso wie die benötigten

Prozessketten im Strategieprozess festgelegt. Dieser Strategieprozess wird im Lean-

Jargon „Hoshin Kanri“ (Kompassnadelmanagement) genannt. Dann werden diese

festgelegten Ziele und Vorgaben über die verschiedenen Detaillierungsgrade –

Gesamtorganisation, Prozesskette, Teilprozess, Arbeitsplatz, Tätigkeit –

heruntergebrochen. Bei funktional aufgebauten Organisationen wird des Weiteren

noch der Beitrag jeder Funktion zu den Prozessketten definiert.

Das prozessorientierte Übersetzen der Ziele bis auf die kleinste Einheit unterscheidet

sich somit vom rein funktional orientierten Vorgehen bei klassischen

Strategieprozessen. Denn in klassischen Organisationen werden funktionale Ziele in

der Regel von oben vorgegeben, wobei der Mitarbeiter ein mehr oder weniger großes

Mitspracherecht bekommt. Eine horizontale Querabstimmung der Ziele erfolgt dabei

häufig nicht. Es werden vielmehr konkurrierende Ziele gefördert, bei denen sich in der

Realität meistens der Stärkere durchsetzt.

Prinzip 4: Erschaffen Sie eine agile, lernende Organisation

Die Strukturierung der Tätigkeiten und deren Zuweisung zu Stellen, Gruppen,

Abteilungen usw. erfolgt in erster Priorität auf Basis des Wertstroms und in zweiter

Priorität auf Basis einer sinnvollen Kompetenzbündelung. Auch hier unterscheidet sich

Lean massiv von klassischer Organisationsbildung, in der die Synergienutzung, das

heißt die Optimierung der Kosten einzelner Prozessschritte, häufig die oberste Priorität

genießt.

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Die fünf Lean-Grundprinzipien im Überblick

Ein weiterer entscheidender Unterschied einer Lean-Organisation stellt das

Aufgabenspektrum der Organisationselemente dar. Während in klassischen

Organisationen vor allem die Ausführung der Aufgabe im Vordergrund steht, ist es im

Lean-Management eine Kombination aus Ausführung und Problemlösung bzw.

Verbesserung. In diesem Sinne ist eine Aufgabe nicht dann erfüllt, wenn sie gut

ausgeführt wurde, sondern wenn darüber hinaus Ideen entstehen, wie die Ausführung

der Aufgabe optimiert werden könnte.

Diese grundsätzlichen Gestaltungsprinzipien finden sich im TPS in weit weniger

bekannten Vorgehensweisen wieder, wie der Aufbaustruktur mit kleinen

Führungsspannen von in der Regel fünf Mitarbeitern, dem Mentor-Mentee-Prinzip in

der Führung, der Talententwicklung durch Herauslösen des Besten aus dem Team,

den Stellenprofilen der Führungskräfte, in denen beispielsweise ein Teamleiter

(Japanisch „Hancho“) die Aufgabe hat, dass jeder seiner Mitarbeiter pro Monat zwei

Verbesserungen umsetzt usw.

Prinzip 5: Etablieren Sie kontinuierliche Weiterentwicklung

Da sich in unserer hochdynamischen Welt der tatsächliche Wert von

Kundenleistungen aufgrund kleiner Verbesserungen und neuer Innovationen ständig

verändert und weiterentwickelt, muss eine Organisation in der Lage sein, dem

Rechnung zu tragen.

Das Thema der kontinuierlichen Verbesserung ist unter den Lean-Prinzipien wohl das

bekannteste. Wirklich umgesetzt wird dieses Prinzip der kontinuierlichen

Verbesserung aber in den seltensten Fällen. Das liegt wahrscheinlich auch daran,

dass kontinuierliche Verbesserung systematisiert werden muss, um eine nachhaltige

Wirkung zu erzielen. Um dies zu erreichen, benötigt es stabile Standards von denen

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Die fünf Lean-Grundprinzipien im Überblick

aus verbessert wird und einen effektiven Problemlösungsprozess, wenn der Standard

(noch) nicht erreicht ist.

Das Zusammenwirken der Prinzipien

Eine entscheidende Anmerkung sei an dieser Stelle gemacht: Die Lean-Prinzipien

bauen aufeinander auf und sind ineinander verwoben. Wer wirklich Lean werden

möchte, kann sich nicht einzelne Prinzipien aussuchen und andere auslassen. Das

wäre genauso als wenn Sie ein Auto kaufen würden, aber auf das Benzin verzichten

oder umgekehrt.

In den folgenden Kapiteln geben wir Ihnen ein umfassendes Bild der grundsätzlichen

Gestaltungsprinzipien der Lean-Philosophie. Wir beschreiben die fünf Prinzipien im

Einzelnen und zeigen Ihnen vor allem deren Zusammenhänge auf. Für manche

Funktionen wie die Produktion oder die Produktentwicklung gibt es zusätzlich noch

eine Reihe spezifischer Prinzipien, auf die wir an anderer Stelle eingehen.

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Prinzip 1 – Erzeugen Sie Wert für den Kunden

5 Prinzip 1 – Erzeugen Sie Wert für den Kunden

Das Prinzip, den Kundennutzen oder Kundenwert in den Vordergrund zu stellen, ist

sicherlich eines der bekanntesten Lean-Prinzipien. In der Umsetzung ist dieses Prinzip

aber häufig gar nicht so einfach. Typische Schwierigkeiten bei der Umsetzung dieses

Prinzips sind zum einen die klare Festlegung des tatsächlichen Kundenwerts und zum

anderen die Fokussierung jeder Tätigkeit auf den Kundennutzen. Viel zu oft werden

Tätigkeiten aus ganz anderen Gründen durchgeführt und weder der direkte noch der

indirekte Nutzen für den Kunden hinterfragt.

Hier sind unsere wichtigsten Leitsätze, um den Kundenwert im Alltag nicht aus den

Augen zu verlieren:

1. Ermitteln Sie die Wünsche, die Kunden haben

2. Übersetzen Sie den Kundenwunsch in tatsächlichen Kundenwert

3. Verankern Sie die Orientierung am Kundenwert im Bewusstsein der

Organisation

In den folgenden Kapiteln beschreiben wir nun diese Leitsätze im Detail.

5.1 Ermitteln Sie die Wünsche, die Kunden haben

Der Kundenwunsch ist die direkte Äußerung des Kunden, was er gerne haben möchte

und womit er unter Umständen nicht zufrieden ist. Teilweise wird uns der Kunde von

sich aus mitteilen, was er gerne möchte. Zum Beispiel, indem er uns eine technische

Spezifikation für ein Produkt gibt. Teilweise müssen wir aber auch durch mühsame

Kundenbefragung oder Analyse von Wettbewerbsprodukten herausfinden, was der

Kunde wohl für einen Wunsch haben kann.

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Prinzip 1 – Erzeugen Sie Wert für den Kunden

Leider gibt es auch nicht den einen Kunden. So mannigfaltig wie die Kunden selbst

sind, so unterschiedlich sind auch ihre Wünsche. Da niemand in der Lage ist, alle

Kundenwünsche zu erfüllen, muss zum einen festgelegt werden, welche

Kundengruppe mit ihren spezifischen Wünschen angesprochen werden soll und zum

anderen, wie die Wünsche gegeneinander gewichtet werden sollen. Denn nicht alle

Kundenwünsche sind gleich wichtig.

Um den Kundenwunsch zu ermitteln, gibt es in den meisten Organisationen eigene

Einheiten. Dadurch ist die Kenntnis zum Kundenspektrum und deren Wünschen

meistens relativ gut. Im Rest der Organisation sind diese Informationen allerdings nur

wenig bekannt. So gibt es häufig eine Diskrepanz zwischen der Kenntnis und der

Erfüllung der Kundenwünsche, denn aus dieser Unkenntnis heraus kann der

Mitarbeiter nicht überprüfen, ob er mit seiner Arbeit zur Zufriedenheit des Kunden

beiträgt, sei es nun direkt oder auch indirekt. Es bleibt ihm nichts anderes über, als

seine Aufgabe zu erfüllen ohne sie nach der Sinnhaftigkeit hinterfragen zu können.

5.2 Übersetzen Sie den Kundenwunsch in tatsächlichen Kundenwert

Der tatsächliche Kundenwert unterscheidet sich erheblich von dem, was Kunden

äußern. Das liegt daran, dass der Kunde bei den meisten Leistungen, die er einkauft,

nur zu einem Teil rational benennen kann, was er möchte. Zu einem anderen Teil wird

er durch sein Gefühl geleitet, dessen er sich nur teilweise bewusst ist. Oft kann ein

Kunde die Leistung nicht so spezifizieren, dass eine Organisation direkt etwas damit

anfangen kann. Oft kann er nur Eigenschaften der Leistung benennen, die dann in den

wahren Kundenwert übersetzt werden müssen.

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Prinzip 1 – Erzeugen Sie Wert für den Kunden

„Wenn ich die Menschen gefragt hätte, was sie wollen, hätten sie gesagt: Schnellere
Pferde.“ (Henry Ford)

Die Feststellung des tatsächlichen Kundenwerts ist also ein durchaus komplizierter

Vorgang und muss gezielt erfolgen. Erschwert wird das Ganze dadurch, dass sich der

Kundenwert mit der Zeit verändert. Der richtige Kundenwert kann nur in einem

erfahrungsbasierten Prozess durch ständiges Ausprobieren und Nachsteuern

gewonnen werden. Die Vorgehensweise gemäß des PDCA-Zyklus (siehe Kasten in

Kapitel 3.1) eignet sich hierfür am besten. Wenn kurzzyklische Lernerfahrungen immer

wieder reflektiert werden und zu neuen Experimenten führen, stehen die Chancen gut,

dem wahren Kundenwert möglichst nahe zu kommen. Wer dagegen zu stark an

Paradigmen festhängt, wird feststellen, dass er irgendwann den Anschluss verliert.

5.3 Verankern Sie die Orientierung am Kundenwert im Bewusstsein der

Organisation

Wenn sich eine Organisation optimal an der Maximierung des Kundenwerts ausrichtet,

wird sie auch wirtschaftlichen Erfolg haben. In diesem Sinne zeigt der finanzielle

Erfolg, wie gut es gelingt, den Kundenwert in der Organisation zu erzeugen. Die

Finanzziele stehen demnach in direkter Abhängigkeit mit der Erzeugung und Erfüllung

des Kundenwertes und stehen diesen nach. Auch das ist ein großer Unterschied zu

klassischen Unternehmen, bei denen die Finanzziele häufig im Vordergrund stehen.

Um sich jedoch optimal am Kundenwert auszurichten, muss der Kundenwert nicht nur

bekannt sein, sondern im Mittelpunkt aller Überlegungen stehen.

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Prinzip 1 – Erzeugen Sie Wert für den Kunden

Konkret bedeutet das, dass jede Entscheidung in einer Organisation daran gemessen

wird, welchen Beitrag sie zu einer Erhöhung des Kundenwertes beiträgt. Dabei sollten

folgende Fragen ständig präsent sein:

 Wird zusätzlicher Wert generiert?

 Wird die Qualität verbessert?

 Werden die Lieferkonditionen verbessert?

Die Beantwortung dieser Fragestellungen muss immer aus dem Hintergrund des

Kunden betrachtet werden und sollte niemals Selbstzweck sein. Letztlich kann diese

Fragen nur der Kunde mit seinem nachhaltigen Kaufverhalten beantworten:

 Ist der aktuelle Preis dem Kundenwert angemessen?

 Nützen Verbesserungen dem Kunden wirklich?

Während viele Organisationen bei der Frage der Kostensenkung vor allem die

Zufriedenheit ihrer Inverstoren im Blick haben, hat sie bei Lean folgende Dimension:

 Können die Kosten gesenkt werden, um dem Kunden nachhaltig mehr Wert

zu bieten?

So zentral diese Frage für die Lean-Philosophie ist, um die sich die wichtigsten

Entscheidungen ranken, so ungewohnt mag sie auf den ersten Blick dem klassischen

Management erscheinen. Umso wichtiger ist es für eine erfolgreiche Lean-Einführung,

dieses zentrale Gedankengut in der Organisation zu entwickeln, präsent zu halten und

quasi tief in die DNA des Unternehmens zu verweben.

Dies gelingt jedoch nur durch ständige Fokussierung und Reflexion des eigenen

Handelns.

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Prinzip 1 – Erzeugen Sie Wert für den Kunden

Zusammenfassung Prinzip 1 – Erzeugen Sie Wert für den Kunden

1. Ermitteln Sie die Wünsche, die Kunden haben

2. Übersetzen Sie den Kundenwunsch in tatsächlichen Kundenwert

3. Verankern Sie die Orientierung am Kundenwert im Bewusstsein der

Organisation

Kundenwert und Kundenwunsch sind nicht dasselbe. Häufig kann ein Kunde nicht

eindeutig artikulieren, was für ihn wirklich wert hat. Die Übersetzung von

Kundenwunsch in Kundenwert ist die Aufgabe der Organisation, die die Leistung

erbringt. Letztendlich entscheidet der erzielte Wert für den Kunden über seine

Zufriedenheit. Um dies zu erreichen, stellt Lean die Erzeugung von Wert für den

Kunden als Zweck für die gesamte Organisation in den Mittelpunkt.

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Prinzip 2 – Gestalten Sie verschwendungsfreie Wertströme

6 Prinzip 2 – Gestalten Sie verschwendungsfreie

Wertströme

Dieses Lean-Grundprinzip hat zum Inhalt, was die meisten Organisationen unter Lean

verstehen, da es in großen Teilen Ähnlichkeit mit der klassischen Prozessoptimierung

aufweist. Des Weiteren lassen sich die meisten Maßnahmen zu diesem Prinzip relativ

einfach in klassische Finanzziele übersetzen und ermöglichen auf diese Weise ein

einfaches Controlling.

Trotzdem gibt es gerade in diesem Bereich Leitsätze, die konträr zu klassischen

Vorstellungen stehen, wie zum Beispiel die Denkweise in funktionalen Synergien.

Viele Organisationen meinen, dass sie erfolgreicher werden, wenn sie Lean-Elemente

nutzen. Sie wollen aber ihre bisherigen Vorstellungen und Denkweisen beibehalten.

Nach einem oft vielversprechenden Start bei der Gestaltung von Wertströmen

kollidieren dann die klassische und die Lean-Denkweise. Genau das ist dann der

Punkt, an dem Lean abgewertet und schlechtgeredet wird.

Damit Sie nicht unbewusst in die gleiche Falle laufen, erläutern wir Ihnen das Prinzip

der Wertstromgestaltung etwas detaillierter und zeigen Ihnen die typischen

Stolpersteine bei der Lean-Einführung auf.

Die folgenden Leitsätze sind für eine verschwendungsfreie Wertstromgestaltung

wichtig:

1. Vermeiden Sie alles, was nicht zum Kundenwert beiträgt (Verschwendung)

2. Erzeugen Sie die richtige Leistung zum richtigen Zeitpunkt – Just in Time

a. Denken Sie im Wertstrom

b. Erzeugen Sie einen Takt

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Prinzip 2 – Gestalten Sie verschwendungsfreie Wertströme

c. Lassen Sie die Arbeit fließen

d. Starten Sie die Arbeit gemäß des Kundenbedarfs

3. Sorgen Sie dafür, dass Fehler eigenständig zu einer Aktion führen – Jidoka

a. Stoppen Sie den Prozess bei einem Fehler sofort

b. Schaffen Sie fehlervermeidende Mechanismen

In den folgenden Kapiteln erläutern wir Ihnen diese Leitsätze und deren Bedeutung

für Lean genauer.

6.1 Vermeiden Sie alles, was nicht zum Kundenwert beiträgt

(Verschwendung)

Alles, was nicht direkt zu einer Erhöhung des Kundenwerts führt, wird im Lean-Jargon

als Verschwendung bezeichnet. Ziel ist es, diese Verschwendung soweit als möglich

zu vermeiden. Nichtsdestotrotz gibt es in Organisationen Tätigkeiten, die zwar nicht

direkt zum Kundenwert beitragen, die aber für das Funktionieren der Organisation

notwendig sind, z.B. die Personalbeschaffung, die Buchhaltung etc. Diese Tätigkeiten

sind zwar im engen Sinn ebenfalls Verschwendung, aber nicht vermeidbar.

Die ursprüngliche Lean-Philosophie unterscheidet drei Verschwendungsarten:

 Verschwendung durch Sinnlosigkeit (Japanisch „Muda“)

 Verschwendung durch Überlastung (Japanisch „Muri“)

 Verschwendung durch Ungleichmäßigkeit (Japanisch „Mura“)

Während die erste Verschwendungsart mit ihren sieben konkreten Verschwendungen

breite Bekanntheit genießt, werden die anderen beiden Verschwendungsarten bei uns

kaum beachtet.

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Prinzip 2 – Gestalten Sie verschwendungsfreie Wertströme

6.1.1 Die sieben bekannten „sinnlosen“ Verschwendungen (Muda)

Eine Denkweise, die sich in Amerika und Europa schnell durchsetzte, war die

Eliminierung „sinnloser“, meist physisch sichtbarer Verschwendung („Muda“). Diese

kann direkt in einen Geldwert übersetzt werden. Es werden im Wesentlichen sieben

Verschwendungen unterschieden, wobei es teilweise Erweiterungen hierzu gibt:

 Überflüssige Materialbewegungen (Transportation)

 Bestände (Inventory)

 Überflüssige Bewegungen (Motion)

 Wartezeiten (Waiting)

 Ineffiziente Verarbeitung (Over-Processing)

 Überproduktion (Over-Production)

 Korrekturen und Fehler (Defects)

Als kleine Merkhilfe kann die Aneinanderreihung der Anfangsbuchstaben der

englischen Begriffe dienen (TIMWOOD).

Die sieben Verschwendungen erfreuen sich deshalb so großer Beliebtheit, da sie

relativ einfach zu beseitigen sind und ihre Beseitigung häufig bereits kurzfristig zu einer

Kostensenkung führt. Hierdurch lassen sich gerade Organisationen überzeugen, die

die Wirtschaftlichkeit an oberste Stelle setzen. Langfristig ist aber die ausschließliche

Konzentration auf die sieben Verschwendungen zu kurz gedacht.

Die sinnlosen Verschwendungen sind dabei nicht unabhängig voneinander, sondern

werden häufig ineinander umgewandelt. Quelle für viele der Verschwendungen ist die

Überproduktion oder Arbeit ohne direkten Bedarf nachfolgender Prozesse. Wenn mehr

produziert oder bearbeitet wird, als abfließen kann, entstehen Bestände, die bewegt

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Prinzip 2 – Gestalten Sie verschwendungsfreie Wertströme

werden müssen, die potentiell Fehler enthalten, die zu spät entdeckt werden und zu

Such- und Wartezeiten führen können.

Aus diesem Grund muss bei der Eliminierung der „sinnlosen“ Verschwendung darauf

geachtet werden, dass nicht eine Verschwendung in eine andere umgewandelt wird,

sondern dass alle sieben Verschwendungen gleichzeitig bekämpft werden. Das Fließ-

und Ziehprinzip (im Toyota Production System TPS die Säule “Just-in-Time“) sowie

die das Prinzip der „produzierten“ Qualität (im TPS die Säule „Jidoka“) sind

grundsätzliche Gestaltungsregeln, die zur Bekämpfung von Verschwendung

eingesetzt werden (siehe dazu auch Kapitel 6.2 und 6.3).

6.1.2 Die kaum beachteten Verschwendungen Muri und Mura

Weitaus weniger beachtet, da sie weniger dem westlichen Weltbild entsprechen, sind

zwei weitere Verschwendungsdimensionen, die zwei sehr schwer zu verwirklichende

Grundideen verkörpern:

 Überlastung (Japanisch „Muri“)

 Ungleichmäßigkeit (Japanisch „Mura“)

Die Vermeidung von Überlastung ist jedem von uns vertraut, wenn wir z.B. technische

Systeme anschauen. Jeder weiß, dass ein Motor durchbrennt, wenn er zu viel Energie

aufnimmt oder dass ein Anhänger nicht überladen werden darf.

Ganz anders sieht es bei der Überlastung von Menschen aus (sog. Burn-out). Viele

Organisationen übertragen ihren Mitarbeitern immer mehr Aufgaben und verlangen

immer mehr Leistung in der gleichen Zeit, ohne auf die Belastungsgrenze der

Mitarbeiter zu schauen. Das Ergebnis davon ist eine steigende Burn-out-Rate.

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Prinzip 2 – Gestalten Sie verschwendungsfreie Wertströme

Überlastung wird in der ursprünglichen Lean-Philosophie ebenfalls als

Verschwendung angesehen, da sie langfristig das System zerstört.

Ungleichmäßigkeit als dritte wichtige Verschwendungsart wird von vielen

Organisationen teilweise nur als Verschwendung von Ressourcen gesehen. Im

Vordergrund steht dabei vor allem das ungenutzte investierte Kapital. Bei dieser

Betrachtung geht allerdings ein wichtiger Aspekt verloren.

So ist die Gleichmäßigkeit einer Prozesskette wie ein gut geschmiertes Uhrwerk oder

wie ein schlagendes Herz. Hinter diesem Ziel steht das interessanterweise in vielen

Sprachen übernommene deutsche Wort „Takt“. Wenn ein Arbeitsabschnitt den Takt

nicht halten kann oder Taktunregelmäßigkeiten aufweist, deutet das darauf hin, dass

dieser Arbeitsabschnitt (noch) nicht wirklich beherrscht wird.

Diese Ungleichmäßigkeit wird im Lean-Jargon ebenfalls als Verschwendung

betrachtet, da jede Abweichung in der Regel andere Verschwendungen mit sich bringt.

Gerade „sinnlose“ Verschwendungen (z.B. Bestände) werden häufig in einer

Prozesskette eingebaut, weil so die Ungleichmäßigkeit nicht auffällt.

6.1.3 Stabilisierung durch Vermeidung von Verschwendung

Die Verschwendungen „Muda, Muri und Mura“ stehen bei einem Wertstrom der

Erzeugung des Kundenwerts entgegen. Damit Prozessketten gemäß der folgenden

Leitsätze gestaltet und optimiert werden können, ist es erst einmal erforderlich, jeden

einzelnen Prozessschritt zu stabilisieren.

Stabilisieren bedeutet vor allem, dass Zuverlässigkeit und Schwankungsbreite jedes

Prozessschritts in einem verträglichen Maß liegen, damit die Prozesskette überhaupt

die nötige Leistung erbringen kann. Ein entscheidendes Paradigma steht gerade hier

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Prinzip 2 – Gestalten Sie verschwendungsfreie Wertströme

vielen Organisationen im Weg: „Moderne Technologien sind besser als Alte“. Allzu

häufig wird dabei unterschätzt, dass neue Technologien noch nicht ausgereift und

deshalb weniger stabil sind.

Wir wollen hier weder eine Lanze für, noch gegen moderne Technologien brechen.

Wir wollen Sie vielmehr darauf hinweisen, dass Sie bei der Planung neuer

Technologien ein großes Augenmerk auf die Stabilität richten sollten. Da sehr viele

Organisationen neue Technologien aber unbedacht einsetzen, sind gerade in diesem

Bereich eine ganz Reihe an Methoden und Vorgehensweisen entstanden, um die

Symptome zu bekämpfen (z.B. 6-Sigma oder Total Productive Maintenance TPM).

Nutzen Sie daher Stabilisierungsmethoden, um Technologien beherrschbar zu

machen und wägen Sie ab, wann eine Technologie reif ist, in einer Prozesskette

wertschöpfend eingesetzt zu werden.

6.2 Erzeugen Sie die richtige Leistung zum richtigen Zeitpunkt – Just in

Time

Dieser Leitsatz war in der klassischen Industrie der erste wirkliche Berührungspunkt

mit der Lean-Philosophie. Viele Manager haben darin die Lösung für das Problem

gesehen, wie sie den Spagat zwischen funktionalen Synergiezielen und

Bestandszielen – finanztechnisch ausgedrückt zwischen operativen Kosten und

gebundenem Kapital – lösen können. Das Problem dieser klassischen Denkweise ist,

dass versucht wird, ein Optimum dieser beiden konkurrierenden Ziele zu finden. Dies

hat in seiner Blüte soweit geführt, dass Optimierungsformeln und mathematische

Optimierungsprogramme entwickelt wurden, um ständig auf das ermittelte

Optimierung regeln zu können.

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Prinzip 2 – Gestalten Sie verschwendungsfreie Wertströme

An dieser Stelle macht allerdings die Realität einen Strich durch die Rechnung. In

einem stabilen Umfeld und mit stabilen Prozessen könnte sich so ein Optimum

einstellen lassen. In der vorherrschenden dynamischen Welt dagegen ändern sich die

Voraussetzungen so schnell, dass zwar jederzeit dynamisch ein neues Optimum

errechnet werden kann, aber das System insgesamt zu träge ist, um es überhaupt

nachregeln zu können. Was nützt es zum Beispiel, wenn ich im Minutentakt eine neue

optimierte Produktionsreihenfolge ermitteln kann, wenn die durchschnittliche

Ausfallzeit einer Maschine bei einer Stunde am Tag liegt.

Aus diesem Grund geht die Lean-Philosophie in eine komplett andere Richtung. Sie

orientiert sich an der Annahme, dass ein Prozess insgesamt die wenigsten Kosten

erzeugt, wenn er so zügig wie möglich durchlaufen wird und die Leistung für den

Kunden genau zum richtigen Zeitpunkt bereitsteht. Nicht früher und nicht später. Damit

verbannt die Lean-Philosophie das Streben nach Synergien auf den zweiten

Prioritätsplatz. Es gibt somit eine klare Vorfahrtsregel, welche Ziele zuerst verfolgt

werden, wodurch Optimierungsverfahren mehr oder weniger obsolet werden.

Um Ihnen Just-in-Time näherzubringen, geben wir Ihnen in den folgenden Kapiteln

einen kurzen Überblick über die wichtigsten Grundelemente:

 Denken Sie im Wertstrom

 Erzeugen Sei einen Takt – Der Rhythmus des Wertstroms

 Lassen Sei die Arbeit fließen – Das Fließprinzip

 Starten Sie die Arbeit gemäß des Kundenbedarfs – Das Ziehprinzip

Wenn Sie diese Elemente in Ihren Prozessketten berücksichtigen, können Sie gut

erste Grundlagen für eine nachhaltige Lean-Einführung legen. Denn Maßnahmen aus

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Prinzip 2 – Gestalten Sie verschwendungsfreie Wertströme

diesen Elementen erschüttern das klassische Organisationsdenken bei weitem noch

nicht so stark, wie andere Lean-Prinzipien. Aus diesem Grund erfreuen sie sich

wahrscheinlich auch dem höchsten Bekanntheitsgrad. Aber die Umsetzung dieser

Elemente ist nur ein Anfang und bei weitem noch nicht der Endzustand einer Lean-

Einführung.

6.2.1 Denken Sie im Wertstrom

Wenn klar ist, dass der Kundennutzen im Vordergrund steht und er mit Hilfe der Just-

in-Time-Vorgehensweise erzeugt werden soll, ist der Wertstrom die entscheidende

Optimierungsgröße. Wie bereits zuvor angesprochen gibt es in jeder Organisation

einen Hauptwertstrom für die direkte Leistungserbringung zum Kunden und

Unterwertströme, die dem Hauptwertstrom zuarbeiten. Jeder Wertstrom ist

charakterisiert durch sein Leistungsergebnis, das den Zweck des Wertstroms

begründet. Darüber hinaus besteht er aus einer Reihe von Prozessschritten die für die

Erzeugung des Leistungsergebnisses mehr oder weniger notwendig sind. Auf der

obersten Ebene kann jeder Wertstrom durch eine einfache sogenannte SIPOC-

Darstellung (Source, Input, Process, Output, Customer) kurz beschrieben werden.

Je weiter ein Wertstrom „flussaufwärts“ angesiedelt ist, umso mittelbarer ist der Beitrag

zum direkten Kundennutzen und umso wichtiger ist es, den Zweck des Wertstroms

klar benennen zu können. Ansonsten besteht die Gefahr, dass Abläufe schnell zum

Selbstzweck werden. Gerade in Verwaltungen besteht die Gefahr, dass Prozesse

etabliert werden, die weder für den Kunden noch für die Organisation einen wirklichen

Nutzen haben.

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Prinzip 2 – Gestalten Sie verschwendungsfreie Wertströme

Da die wenigsten Wertströme ausschließlich innerhalb einer Organisationseinheit

ablaufen, ist der Blick auf die Zusammenarbeit verschiedener Organisationseinheiten

innerhalb eines Wertstroms entscheidend. Bisher neigen die meisten

Organisationseinheiten in klassischen Unternehmen dazu, sich über mehr oder

weniger gut beschriebene Schnittstellen abzugrenzen.

Genau darin jedoch liegt der Unterschied zur wirklichen Lean-Philosophie. Hier fühlen

sich die Beteiligten in einer Prozesskette gemeinsam dem Ergebnis der Prozesskette

verbunden und weniger ihrer Organisationseinheit. Nur wenn das Denken für den

gesamten Wertstrom als eine große Einheit vor dem Denken für die

Organisationseinheit geht, ist eine wirkliche Optimierung des Leistungsergebnisses

des Wertstroms möglich. Andernfalls optimiert sich nur jede Organisationseinheit auf

Kosten der anderen und der Wertstrom bleibt auf der Strecke. Zielsysteme, die nur die

Leistung einer Organisationseinheit befördern, tragen ein Übriges dazu bei, dass

Entscheidungen in erster Priorität für die Funktion statt für den Wertstrom getroffen

werden.

Die Methode „Wertstromanalyse und –design“ (value stream mapping and design), die

es in unterschiedlichen Varianten gibt, ist gut geeignet, um sich ein gemeinsames Bild

der Lage zu machen, Probleme zu identifizieren und einen Zielzustand zu definieren.

6.2.2 Erzeugen Sei einen Takt – Der Rhythmus des Wertstroms

Wir wollen mit Ihnen an dieser Stelle nun tiefer in die Gestaltung von Wertströmen

eintauchen. Ähnlich einem lebenden Organismus benötigt ein Wertstrom einen

Rhythmus nach dem er abläuft. Das mag Ihnen an dieser Stelle etwas sonderbar

vorkommen, aber schauen Sie sich beispielsweise das Bild einer Eimerkette beim

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Prinzip 2 – Gestalten Sie verschwendungsfreie Wertströme

Feuerlöschen an. Der Transport der Eimer funktioniert am besten, wenn jeder seinen

Eimer im gleichen Rhythmus, lassen Sie uns das Wort Takt benutzen, weitergibt.

Dieser Takt stellt sozusagen den Herzschlag einer Prozesskette dar. Doch wer gibt

den Takt vor? Ganz einfach: wenn das Ergebnis eines Wertstroms die Leistung für

den Kunden ist, dann kann auch nur der Kunde den Takt vorgeben, in dem produziert

wird. Dieser sogenannte Kundentakt ist eine fiktive Größe, die sich aus dem Bedarf

der Kunden und der zur Erzeugung verfügbaren Zeit errechnet.

Um die verfügbaren Kapazitäten bestmöglich zu nutzen, sollten wir den Kunden

unsere Leistung im exakt gleichen Rhythmus geben, in dem sie benötigt wird, nicht

schneller und nicht langsamer. Ein schönes Beispiel zur Verdeutlichung ist Charlie

Chaplin‘s Film „Moderne Zeiten“ – vermeiden Sie aber bitte in der Realität die

Überlastung des Systems, die Verschwendungsart „Muri“.

Wenn wir den Takt kennen, in dem unser Wertstrom ticken soll, können wir stetig alle

Prozesse daran ausrichten. Das konkrete Vorgehen der Austaktung, der

Problemlösung bei Taktunterschieden, der Umgang mit Instabilitäten werden wir an

anderer Stelle einmal erläutern.

6.2.3 Lassen Sei die Arbeit fließen – Das Fließprinzip

Das Fließband als ideale Prozesskette war schon von den Venezianern im 15.Jhd. im

Schiffsbau bekannt. Es ist auch heute in der Massenproduktion das ultimative Mittel

für eine effiziente Fertigung. Die Idee, ein Produkt, aber auch jede andere Arbeit

entlang eines Wertstroms ohne Unterbrechung fließen zu lassen, kann auf jede

Prozesskette übertragen werden und stellt in der Lean-Philosophie die ideale Vision

einer jeden Prozesskette dar.

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Prinzip 2 – Gestalten Sie verschwendungsfreie Wertströme

Natürlich ist dieses ideale Ergebnis in der Realität nie zu erreichen. Aber die Vision

davon gibt eine einfache und eindeutige Richtung vor, wie eine Prozesskette optimiert

werden soll. Entscheidend dabei ist es nicht, dass die Vision erreicht wird, sondern

dass jeder Verbesserungsschritt ein klein wenig in diese Richtung führt.

6.2.4 Starten Sie die Arbeit gemäß des Kundenbedarfs – Das Ziehprinzip

Da das Fließprinzip in der Realität nur mit einer begrenzten Anzahl von

Prozessschritten umgesetzt werden kann, wird für die Verbindung dieser „fließenden“

Prozesskettenabschnitte untereinander ein weiteres Prinzip benötigt. Besinnen wir uns

nochmals auf das übergeordnete Just-in-Time-Prinzip zurück, mit dem wir letztendlich

den Kunden bedienen, dann können wir das gleiche Prinzip auch auf die Verbindung

der Teilprozessketten anwenden.

Wir betrachten einfach den Anfang eines „fließenden“ Prozesskettenabschnitts als

Kunde des Vorläufers. Dann würde der zuliefernde Prozess immer bemüht sein, seine

Leistungserbringung nach dem Bedarf des Kundenprozesses auszurichten. In diesem

Sinne richtet der Mitarbeiter in seinem Arbeitsprozess seinen Blick nach Außen und

ist in seinem Streben, seine Arbeit gut auszuführen und zu verbessern ganz darauf

ausgerichtet, den nächsten Teilabschnitt bestmöglich zu beliefern. Dieses Prinzip wird

als Ziehprinzip bezeichnet, da der Kundenprozess sozusagen die Leistung des

Lieferantenprozesses zieht. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass keine Leistung

erbracht wird, die aktuell nicht benötigt wird.

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Prinzip 2 – Gestalten Sie verschwendungsfreie Wertströme

6.3 Sorgen Sie dafür, dass jeder Fehler eigenständig zu einer Aktion

führt – Jidoka

Neben der rechtzeitigen Leistungserbringung kommt es allerdings auch darauf an,

dass das Ergebnis der Leistung den Ansprüchen der Kunden genügt. Wir sprechen

hier von der Qualität der Leistung. Denn nur weil alles fließt muss das Produkt noch

lange nicht dem nötigen Kundenwert entsprechen.

Die Qualität ist schon nicht mehr ganz so leicht zu greifen und zu messen, wie der

Takt. Die Qualität ist abhängig von menschlicher Beurteilung, auch wenn für die

Qualitätsmessung technische Hilfsmittel eingesetzt werden. Die Qualität hat aber

einen entscheidenden Anteil am Kundennutzen. Die wichtigsten Ansätze zu unserem

modernen Qualitätsmanagement gehen dabei auf die gleiche Zeit zurück, in der auch

die Wurzeln des TPS liegen.

Eine wichtige Beobachtung im Zusammenhang mit Qualität ist die Tatsache, dass ein

Qualitätsproblem, das an irgendeiner Stelle im Wertstrom auftritt, von diesem

weitergeschleift wird. Wenn es nicht irgendwo in der Prozesskette entdeckt wird,

gelangt es auf diese Weise bis zum Kunden und führt unter Umständen dazu, dass

sich der erwartete Kundenwert nicht erfüllt, mit allen möglichen negativen Folgen

davon.

In der Vorstellung von „Jidoka“ (Japanisch für „Autonomation“ – eigenständige

Korrektur eines Fehlers direkt im Prozess) wird ein Prozess sofort – idealerweise

automatisch – angehalten, sobald ein Qualitätsproblem auftritt. Denn jede weitere

Leistungserbringung würde nur die Verschwendung erhöhen, aber keinen Wert mehr

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Prinzip 2 – Gestalten Sie verschwendungsfreie Wertströme

erzeugen. Es gibt hierbei zwei wichtige Grundelemente, wie auf Qualitätsprobleme

unmittelbar reagiert werden sollte:

 Fehlererkennung: Stoppen des Systems, sobald ein Qualitätsproblem auftritt

 Fehlervermeidung: Umgestaltung des Systems, sodass das Qualitätsproblem

nicht mehr auftreten kann (Japanisch „Poka Yoke“)

6.3.1 Stoppen Sie das System bei einem Fehler sofort

Die Idee dahinter entspricht einer idealen Maschine, die einen Fehler automatisch

beseitigt, wenn er auftritt. Trotz sehr fortschrittlicher Technik wird diese autonome

Intelligenz in einer Maschine heute aber noch selten erreicht. Ein Beispiel hierfür ist

die automatische Rechtschreibkorrektur von Textprogrammen, die zumindest teilweise

schon funktioniert (wenn auch nicht immer, was man vielleicht auch in unserem E-

Book bemerkt).

Getreu dem Verbesserungsdenken von Lean, sich Stück für Stück dieser

Idealvorstellung zu nähern, gibt es jedoch interessante Zwischenschritte. Für jeden

einzelnen Prozessschritt in einer Prozesskette sollte grundsätzlich überlegt werden,

welche mögliche Qualitätsmaßnahme realisiert werden kann.

Die folgenden Qualitätsmaßnahmen unterteilen sich in den Ort der Entdeckung des

Fehlers und die darauf folgende Handlung. Bei der Handlung unterscheiden wir eine

direkte Fehlerkorrektur bzw. das Stoppen und Ausschleusen des Produktes. Ein

ausgeschleustes Produkt kann entweder verschrottet oder korrigiert werden. Wir

beginnen bei der Liste mit den fortschrittlichsten Maßnahmen.

1. Automatische Entdeckung direkt im Prozessschritt

 Automatische Erkennung und automatische Fehlerkorrektur durch den Prozess

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Prinzip 2 – Gestalten Sie verschwendungsfreie Wertströme

 Automatische Erkennung und automatische Abschaltung des Prozesses

2. Manuelle Entdeckung direkt im Prozessschritt

 Manuelle Erkennung und manuelle Fehlerkorrektur direkt im Prozess

 Manuelle Erkennung und Abschaltung über einen Not-Aus (Reißleine)

3. Automatische Entdeckung direkt nach dem Prozessschritt

 Automatische Erkennung und automatische Abschaltung der Prozesskette

 Automatische Erkennung und Warnsignal

 Automatische Erkennung und Aufzeichnung des Fehlers

4. Manuelle Entdeckung direkt nach dem Prozessschritt

 Manuelle Erkennung und manuelle Fehlerkorrektur

 Manuelle Erkennung und Abschaltung über einen Not-Aus (Reißleine)

5. Entdeckung nach mehreren Prozessschritten (automatisch oder manuell)

 Erkennung und manuelle Fehlerkorrektur

 Erkennung und Aufzeichnung des Fehlers

6. Entdeckung durch den Kunden

 Fehlerkorrektur durch den Service

 Fehlerkorrektur durch den Kunden

Grundsätzlich sollten Sie bei der Auswahl geeigneter Qualitätsmaßnahmen folgende

Regeln beherzigen:

 Entdecken Sie den Fehler so früh wie möglich, dann lässt sich die

Fehlerursache am besten herausfinden.

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Prinzip 2 – Gestalten Sie verschwendungsfreie Wertströme

 Stoppen Sie den Prozess so schnell wie möglich, um weitere Fehler zu

vermeiden.

 Zeichnen Sie Fehler so genau wie möglich auf, um eine präzise

Ursachenanalyse zu ermöglichen.

Das Stoppen des Systems hat somit als Ziel, bei einem Fehler Folgekosten zu

vermeiden und die Ursache der Fehlerentstehung einzugrenzen.

6.3.2 Schaffen Sie fehlervermeidende Mechanismen – Poka Yoke

Wenn die Fehlerursache eindeutig bekannt ist, besteht das nächste Prinzip darin, das

System fehlerrobust zu gestalten. Das heißt, das Auftreten bekannter Fehler durch

geeignete Maßnahmen wird verhindert.

Die sicherste Lösung der Fehlerverhinderung ist erreicht, wenn das System so

aufgebaut ist, dass ein Fehler z.B. durch eine mechanische Lösung gar nicht mehr

auftreten kann. Beispiele hierfür sind elektrische Stecker oder der Durchmesser von

Zapfhähnen an Tankstellen (Diesel vs. Super Bleifrei).

Wenn das System nicht so aufgebaut werden kann, dass ein Fehler gar nicht mehr

auftreten kann, ist es hilfreich, einfache bzw. intuitiv erfassbare Abläufe oder Regeln

zu etablieren. Beispiele hierfür sind Verkehrsampel, die jedem ohne Nachzudenken

signalisieren, was als Handlung erwartet wird, oder das akustische Signal, wenn der

Akku eines mobilen Gerätes leer wird.

Wenn die Abläufe oder die Regeln komplexer werden, sind aufwändige Schulungen

notwendig, die evtl. sogar regelmäßig aufgefrischt werden müssen. Beispiele hierfür

sind die Führung eines Kfz, für die eine Führerscheinprüfung notwendig ist, oder

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Prinzip 2 – Gestalten Sie verschwendungsfreie Wertströme

regelmäßige Schulungen und Praxis von Ärzten, um spezielle Operationen

durchführen zu dürfen.

Der wohl ungünstigste Fall entsteht, wenn nicht versucht wird, das Auftreten von

bereits bekannten Fehlern zu verhindern, oder wenn der Fehler billigend bzw. aus

Nachlässigkeit in Kauf genommen wird.

Pauschal kann gesagt werden: Je größer die Auswirkungen eines Fehlers sind, desto

größer müssen die Anstrengungen sein, das Auftreten dieser Fehler zu verhindern.

Dabei ist auch zu bedenken, dass sich viele kleine Fehler mit der Zeit multiplizieren.

Zusammenfassung Prinzip 2 – Gestalten Sie verschwendungsfreie

Wertströme

1. Vermeiden Sie alles, was nicht zum Kundenwert beiträgt (Verschwendung)

2. Erzeugen Sie die richtige Leistung zum richtigen Zeitpunkt – Just in Time

3. Sorgen Sie dafür, dass Fehler eigenständig zu einer Aktion führen – Jidoka

Der Kundenwert wird durch organisationseigene Abläufe, im Lean-Jargon

„Wertströme“ genannt, erzeugt. Um das bestmögliche Ergebnis mit dem

geringstmöglichen Aufwand erzielen zu können, ist es notwendig alle die Dinge zu

vermeiden, die den Wert der Leistung nicht erhöhen, sondern nur die Kosten steigen

lassen, die sogenannte Verschwendung. Um dies zu erreichen, wird darauf

geachtet, die Leistung zum genau richtigen Zeitpunkt mit der genau richtigen

Qualität zu erbringen. Jegliche Fehler, die im Ablauf geschehen können, sollten

dabei sofort erkannt und behoben werden.

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Prinzip 3 – Richten Sie Ihre Organisation systematisch aus

7 Prinzip 3 – Richten Sie Ihre Organisation systematisch

aus

Mit diesem Prinzip sind wir bereits bei einem Thema angekommen, das sehr viele gar

nicht mehr mit Lean in Verbindung bringen. Trotzdem handelt es sich dabei um ein

ganz entscheidendes Grundprinzip, ohne dieses jede Lean-Umsetzung von

vornherein zum Scheitern verurteilt ist.

Eine Optimierung – und Lean ist im Grunde genommen nichts anderes als ein

Optimierungssystem – kann ohne eine klare Richtung nicht erfolgen. Ansonsten würde

jede Optimierung schlicht und einfach an den Einzelmeinungen der Beteiligten

ausgerichtet. Dass diese aber ohne eine gemeinsame Ausrichtung das gleiche

bezwecken, ist unwahrscheinlich. Damit wäre die Organisation orientierungslos.

„Nur wer sein Ziel kennt, findet den Weg.“ (Laotse)

Das Lean-Prinzip der Ausrichtung der Organisation an einer gemeinsamen Vision,

sowie die konsequente Annäherung in vielen kleinen Schritten wird als

„Kompassnadel-Management“ (Japanisch: „Hoshin Kanri“) bezeichnet. Vier Leitsätze

sollten Sie sich auch zu diesem Lean-Strategieprozess merken:

1. Erzeugen Sie eine inspirierende Vision zur Ausrichtung der Organisation

2. Entfalten Sie die Ziele über alle Funktionen, Prozesse und Hierarchieebenen

3. Setzen Sie in kleinen Schritten um und verfolgen Sie deren Zielerreichung

4. Schaffen Sie größtmögliche Transparenz zum Status und zu Problemen

In Abb. 2 können Sie die Zusammenhänge der verschiedenen Punkte eines

gelungenen Lean-Strategieprozesses sehen. In der Realität funktionieren die

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wenigsten Strategieumsetzungsprozesse, da herkömmliche Systeme drei wesentliche

Brüche aufweisen.

Abb. 2: Lean Strategieprozess (Hoshin Kanri)

Der erste Bruch besteht in der mangelnden Kopplung der Ziele der Mitarbeiter mit der

langfristigen Vision. Das Problem beim Thema Zielsetzung besteht darin, dass die

Ziele in der Praxis zugleich zwei Zwecke erfüllen müssen: Zum einen wird die

Leistungsmessung und Entlohnung an der Zielerreichung gekoppelt und zum anderen

wird die Zielerreichung an der Strategie ausgerichtet. Das führt zu einem unlösbaren

Wiederspruch. Denn im Rahmen des Entlohnungsprozesses werden Ziele

normalerweise im jährlichen Rhythmus gesetzt. Dieser jährliche Rhythmus passt in der

Regel aber nur selten mit wichtigen Zielzuständen auf dem Weg zur Vision zusammen.

Nicht selten zieht die Strategiekopplung hierbei den Kürzeren, da sich die handelnden

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Personen in der Regel mehr an ihren entlohnungsrelevanten Zielen orientieren, als an

der Ausrichtung des Unternehmens.

Der zweite Bruch besteht in der mangelnden Zielentfaltung. Die meisten Ziele werden

nur arithmetisch über die verschiedenen Funktionen und Hierarchieebenen

heruntergebrochen. So kommt es zu konkurrierenden Zielen zwischen Funktionen, bei

denen sich meistens die stärkere Partei durchsetzt. Ein typischer Zielkonflikt entsteht

z.B. bei funktionalen Kostenreduzierungszielen. Wenn der Einkauf billiger einkauft und

damit die Komponentenqualität schlechter wird, hat die Produktion das Problem, dass

die Teile nicht mehr richtig verbaut werden können und damit die Kosten steigen.

Entlang der Hierarchieebenen werden Ziele zudem oft nur prozentual weitergegeben.

Das Problem besteht darin, dass auf hoher Flughöhe (z.B. Geschäftsführung) andere

Zielkennzahlen Sinn machen, als auf unteren Ebenen (z.B. mittleres Management).

Ein Produktionsteam hat wenig direkte Maßnahmen, die z.B. den EBIT erhöhen. Sie

können aber Fehler vermeiden und die Produktivität steigern, was beides zum EBIT

beiträgt. Die Übersetzungsarbeit, EBIT in Produktivitäts- und Fehlervermeidungsziele

zu transferieren, wird aber häufig nicht gemacht.

Der dritte Bruch besteht darin, dass die täglichen Aufgaben mit den langfristigen Zielen

oft gar nichts gemeinsam haben, sondern aus der operativen Notwendigkeit geboren

werden. Viele Aufgaben entstehen im Rahmen von Mikromanagement. Dieses

Mikromanagement wird nötig, da sich nur wenige Menschen die Mühe machen, die

Ziele Stück für Stück herunter zu brechen und konkrete Maßnahmen abzuleiten, bei

denen der Zeithorizont im Tages- oder Wochenbereich liegt. Ohne abgeleitete

Maßnahmen verfolgen die Menschen die gleichen Aufgaben, die sie in der

Vergangenheit bereits gemacht haben. Führungskräfte steuern ihre Einheit intuitiv

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gemäß der Themen, die ihnen gerade wichtig erscheinen. Langfristig gesehen

funktionieren auf diese Weise bekannte abwickelnde Tätigkeiten, Weiterentwicklung

findet aber keine statt.

Die Ziele, die der Lean-Strategieprozess hauptsächlich verfolgt, sind Durchgängigkeit

und Ganzheitlichkeit. Durchgängigkeit bezieht sich auf den Beitrag jeder Aufgabe zu

Vision. Nur wenn dieser bekannt ist, kann eine Aufgabe richtig bewertet, priorisiert und

eingesteuert werden. Ganzheitlichkeit bezieht sich auf die Beurteilung von Aufgaben

aus bestimmten Perspektiven heraus. Wird ein Ziel zum Beispiel nur aus Finanzsicht

betrachtet, kann es passieren, dass der Kundennutzen nicht mehr erzielt wird.

Eine Betrachtung der Organisation aus den vier Perspektiven der Balanced Scorecard

mit den Themen Finanzen, Kunde, interne Prozesse und Lernen ist eine gesunde

Grobstruktur. Bis auf das Thema Finanzen, das aus Lean-Sicht die Wirkung der

konsequenten Umsetzung von Verbesserungen ist, finden sich die Themen direkt in

den Lean-Prinzipien wieder.

Balanced Scorecard

Die Balanced Scorecard ist ein Führungswerkzeug zur Ausrichtung der Organisation

an strategischen Zielen und zur Überprüfung der Wirksamkeit ihrer Umsetzung.

Dabei gibt es klare Ursache-Wirkungszusammenhänge. Während klassische

Organisationen die Strategie von der Finanzperspektive ableiten, stellt Lean die

Kundenperspektive in den Vordergrund und sieht die Finanzperspektive als reine

Wirkung an. Die interne Prozessperspektive entspricht dabei den Wertströmen.

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Die unterste Perspektive, die Lernperspektive ist in der Praxis am wenigsten klar

definiert. Sie wird häufig auch als Entwicklungs- oder Mitarbeiterperspektive

bezeichnet. Da bei Lean das Lernen der Organisation und damit auch das der

Mitarbeiter im Vordergrund steht, nutzen wir den Begriff der Lernperspektive.

Im Folgenden erläutern wir Ihnen die vier zuvor genannten Leitsätze etwas genauer.

7.1 Erzeugen Sie eine inspirierende Vision zur Ausrichtung der

Organisation

Was genau ist eine inspirierende Vision und wie lässt sich diese erzeugen?

Viele Firmenlenker kämpfen mit dem Problem, es möglichst vielen Interessengruppen

recht machen zu müssen. So wollen Kunden entsprechend werthaltige Produkte,

Investoren möglichst hohe Renditen, Behörden das Einhalten von Verordnungen,

Arbeitnehmervertreter gute Tarifabschlüsse usw. Alle diese Interessensgruppen

haben eines gemeinsam: Sie haben sehr klare Vorstellungen was sie wollen und sie

haben die Macht, die Firmenlenker zu beeinflussen. Dementsprechend wichtig werden

diese Forderungen auch genommen und strategisch berücksichtigt.

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Es gibt aber eine Gruppe von Menschen im Unternehmen, die aufgrund ihrer relativ

großen Abhängigkeit von den Entscheidungsträgern ihre Forderungen nur sehr

bedingt geltend machen kann. Dies sind die einzelnen Arbeitnehmer mit ihren sehr

individuellen Bedürfnissen nach Wertschätzung, Zugehörigkeit etc. Aus dieser Gruppe

werden durch die Arbeitnehmervertreter die einfach greifbaren Forderungen nach

mehr Geld und besseren Arbeitsbedingungen zwar vehement vertreten, aber die

eigentlich menschlich wichtigen Bedürfnisse aufgrund der schwer zu greifenden

Komplexität kaum berücksichtigt.

Gerade aber diese Bedürfnisse nach Entfaltungsmöglichkeiten, nach Anerkennung,

nach Sinn, nach Zugehörigkeit usw. sind entscheidend für die Motivation der

Mitarbeiter und eine der ursächlichsten Gründe für langfristigen Erfolg einer

Organisation. In den vier Dimensionen der klassischen Balanced Scorecard befindet

sich dieser Punkt im vierten Quadranten, in dem das Lernen, die Entwicklung der

Organisation und der Mitarbeiter, sowie die Motivation mehr wage als konkret

zusammengefasst sind. Schlicht weil dieses Thema aufgrund der hohen individuellen

emotionalen Bedeutung nur schwer rational zu definieren ist.

Gerade um diesem Thema die notwendige Bedeutung in Organisationen zu geben,

haben wir die menschliche Bedürfnisseite auf die gleiche Stufe und Wichtigkeit gestellt

wie die unternehmerischen Sachzwänge. Wir unterscheiden sehr klar zwischen dem

Lenken, Koordinieren und Organisieren einer Organisation durch „Management“-

Fähigkeiten und die Berücksichtigung der menschlichen Bedürfnisse, das Entwickeln

von Menschen und Teams durch „Leadership“-Fähigkeiten. Mehr Informationen dazu

finden Sie auf unserer Webseite.

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Denn eine wirklich inspirierende Vision einer Organisation schafft genau die

Integration dieser beiden wichtigen Aspekte. Sie gibt eine klare Ausrichtung der

Organisation gemäß der vorliegenden Sachzwänge und offeriert den Mitarbeiten

individuellen Sinn und Berücksichtigung der eigenen Bedürfnisse. Wenn dies in einer

Organisation gelingt, dann entsteht so etwas wie Aufbruchsstimmung und jeder fühlt

sich mitgenommen und gehört dazu. Dadurch werden Interessenskonflikte zwischen

der Organisation und den Mitarbeitern zum großen Teil vermieden und es kommt zu

einem Miteinander statt zu einem Gegeneinander.

Dieser Prozess der Integration beider Aspekte kann allerdings nur gelingen, wenn alle

Fraktionen und Menschen in den Strategieprozess mit eingebunden sind und ihre

Bedürfnisse berücksichtigt sehen. Dies ist ein aufwändiges Unterfangen, vermeidet

aber spätere Grabenkämpfe und ist insgesamt für die Organisation deutlich effizienter.

Allerdings bedarf es hier eines gänzlich anderen Strategieprozesses, als ihn viele

Organisationen heute leben, und einer offenen bilateralen Kommunikation. Das

genaue Vorgehen, die Do’s und Dont’s werden wir detailliert an anderer Stelle

beschreiben.

7.2 Entfalten Sie die Ziele über alle Funktionen, Prozesse und

Hierarchieebenen

Wenn die Ausrichtung der Organisation klar und die Menschen entsprechend inspiriert

sind, beginnt die eigentliche Arbeit beim Strategieprozess. Jede Organisationseinheit,

jedes Team und jeder Mitarbeiter müssen genau wissen, welchen Beitrag sie zur

großen Vision leisten und welche Erwartungshaltung sie erfüllen sollen. Nur dann

können die richtigen Themen priorisiert und mit dem nötigen Fokus verfolgt werden.

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Prinzip 3 – Richten Sie Ihre Organisation systematisch aus

Des Weiteren wird dem Mitarbeiter bewusst, dass er durch seinen kleinen

persönlichen Beitrag etwas ganz Wesentliches für das große weit entfernte Ziel

beitragen kann. Diese Rolle bestärkt ihn, erfüllt sein Tun mit Sinn und ihn selbst mit

Stolz.

.Dieses Herunterbrechen der Vision innerhalb der Organisation bezeichnen wir als

Zielentfaltung.

Die Entfaltung der Ziele erfolgt üblicherweise in drei wesentlichen Dimensionen. Diese

sind:

 Zeitliche Dimension – langfristige, mittelfristige und kurzfristige Ziele

 Horizontale Dimension – Aufteilung entlang der Funktionen bzw. Prozesse

 Hierarchische Dimension – Organisationseinheit, Abteilung, Team, Mitarbeiter

Abb. 3: Dimensionen der Zielentfaltung

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Prinzip 3 – Richten Sie Ihre Organisation systematisch aus

Die Zielentfaltung ist grundsätzlich ein Aushandlungsprozess, der in mehreren Runden

abläuft, bei dem das Ergebnis Stück für Stück verfeinert wird. Er läuft im ersten Schritt

von oben nach unten und von den langfristigen hin zu kurzfristigeren Zielen.

Entscheidend dabei ist die Übersetzung der Ziele in den konkreten Beitrag, den jede

Einheit und jeder Mitarbeiter zu liefern hat. Im zweiten Schritt erfolgt der gegenläufige

Prozess, der die Machbarkeit der Ziele zurückmeldet und je nach Ergebnis zu einer

Bestätigung bei gemeldeter Machbarkeit oder zu einer Korrektur der Ziele

beziehungsweise zu Gegenmaßnahmen bei Nicht-Machbarkeit führt. Anders als in

klassischen Unternehmen, werden hier die Ziele von oben nicht einfach vorgegeben,

sondern unter Einbeziehung aller Ebenen auf die Möglichkeit ihrer Durchführung

überprüft und gegebenenfalls auch korrigiert.

Etwas schwieriger gestaltet sich der Zielentfaltungsprozess bei Matrixorganisationen,

da hier zusätzlich eine Abstimmung zwischen den „Zeilen“ und „Spalten“ der Matrix

(z.B. zwischen den Funktionen und den Prozessen) erfolgen muss.

Am Ende dieses Prozesses kann dann idealerweise jede einzelne Tätigkeit klar

entsprechend des Beitrags zur langfristigen Vision bewertet werden.

7.3 Setzen Sie in kleinen Schritten um und verfolgen Sie die

Zielerreichung

Visionsfindung und Zielentfaltung entsprechen prinzipiell einem strategischen

Planungsprozess. Wenn wir dem gesamten Strategieprozess den PDCA-Zyklus

zugrunde legen, fehlen noch die Phasen D, C und A. Die Umsetzung der Maßnahmen

und Aufgaben, die sich aus den Zielen ableiten ist letztendlich das tägliche Brot aller

Mitarbeiter einer Organisation. Bei größeren Maßnahmenpaketen macht es teilweise

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Sinn, eigenständige Projekte aufzusetzen, bei kleineren Aufgaben erfolgt die

Bearbeitung eigenverantwortlich durch die Mitarbeiter.

Da es keinen perfekten Planungsprozess gibt, werden sich nicht alle Annahmen, die

im Rahmen der Zielentfaltung getroffen wurden, als richtig erweisen. Aus diesem

Grund ist ein systematischer Überprüfungsprozess entscheidend, der von unten nach

oben gerichtet die jeweilige Zielerreichung analysiert. Je nach Ergebnis der

Zielerreichung müssen Entscheidungen über die nächsten Schritte getroffen werden.

7.4 Schaffen Sie größtmögliche Transparenz zum Status und zu

Problemen

Eines der größten Probleme bei der nachhaltigen Umsetzung von Maßnahmen ist oft

die fehlende Transparenz zum erreichten Stand und zu den Problemen. Das liegt

daran, dass es uns Menschen in der Regel leicht fällt, Erfolge zu berichten, aber eher

schwer fällt Probleme zuzugeben. Vor allem solche, die wir selbst hätten beeinflussen

können. Verstärkt wird das Ganze durch die unsägliche Schuldsuche, wenn etwas

nicht so gelaufen ist wie erwartet. Das schürt regelrecht die Angst vor Transparenz

und bewegt die Menschen dazu sich abzusichern. Anstatt die Energie für die Lösung

von Problemen einzusetzen, wird sie für die Verschleierung von eben diesen

Problemen genutzt. Dadurch geht ein großer Teil der Energie einer Organisation

verloren, der für die Lösung der Probleme wesentlich sinnvoller eingesetzt wäre.

Um diesem Dilemma zu entgehen, gibt es im Lean-Management die Kopplung zweier

wesentlicher Grundeinstellungen:

 „Probleme sind Schätze“ – jedes Problem wird gewürdigt, die Schuldfrage

spielt keine Rolle, es wird gemeinsam konstruktiv nach einer Lösung gesucht.

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Prinzip 3 – Richten Sie Ihre Organisation systematisch aus

 „Maximale Transparenz“ – jeder relevante Zustand ist sichtbar, Probleme sind

klar markiert, Erwartungshaltungen sind bekannt.

Eine Bereitschaft zur Transparenz bei den Mitarbeitern zu erzielen, wird nur gelingen,

wenn die Transparenz zu keinen gefühlten Nachteilen führt. Jegliche Form der

Kontrolle und Sanktionierung wird die Menschen eher zur Verschleierung als zur

Offenheit bewegen. Dadurch steht aber die wichtigste Information zur Verbesserung –

die Transparenz über Probleme – nicht bereit.

Da in vielen Organisationen diese offene und wertschätzende Haltung gegenüber

Problemen noch nicht vorherrscht, muss die Führung anfangen Vertrauen

aufzubauen. Je nachdem wie fest verkrustet die Schuldfrage in einer Organisation

noch ist, kann der Wechsel der inneren Haltung eine lange Zeit, mitunter sogar Jahre

in Anspruch nehmen. Es ist ein Trugschluss zu meinen, dass das Installieren visueller

Informations- und Problemboards bereits die Lösung darstellt.

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Prinzip 3 – Richten Sie Ihre Organisation systematisch aus

Zusammenfassung Prinzip 3 – Richten Sie Ihre Organisation systematisch

aus

1. Erzeugen Sie eine inspirierende Vision zur Ausrichtung der Organisation

2. Entfalten Sie die Ziele über alle Funktionen, Prozesse und Hierarchieebenen

3. Setzen Sie in kleinen Schritten um und verfolgen Sie deren Zielerreichung

4. Schaffen Sie größtmögliche Transparenz zum Status und zu Problemen

Eine klare Richtung und das persönliche Empfinden von Sinn sind wesentlich dafür,

dass sich die Menschen einer Organisation von einer Strategie angesprochen fühlen

und bereit sind, sich darauf einzulassen. Wenn es dann noch gelingt, diese Strategie

konsequent Stück für Stück umzusetzen und stets selbstkritisch zu sein, wird sich

auch nachhaltiger Erfolg einstellen.

Die Strategie ist daher in erster Linie für die Menschen in der Organisation gemacht

und nicht für die Investoren, denn die Menschen in der Organisation müssen den

Weg kennen, ihn täglich Schritt für Schritt beschreiten und ausbauen.

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Prinzip 4 – Erschaffen Sie eine agile, lernende Organisation

8 Prinzip 4 – Erschaffen Sie eine agile, lernende

Organisation

Eines der größten und gefährlichsten Paradigmen in wirtschaftlich arbeitenden

Organisationen ist das Denken in Synergien. Dies beruht auf der fehlerhaften

Annahme, dass ein Prozess dann effizient abläuft, wenn jedes einzelne Element darin

möglichst effizient arbeitet. Da die Arbeit allerdings entlang der Prozesse (Wertströme)

fließt, ist die Effizienz des einzelnen Elements nur ein Teilaspekt. Ein weit wichtigerer

Teilaspekt ist das Zusammenspiel der verschiedenen Elemente. In Kapitel 6.2.3 haben

wir bereits das Grundprinzip der fließenden Arbeit beschrieben. Das Thema Synergien

ist natürlich nicht unwichtig, es ordnet sich in der Lean-Philosophie aber dem

Fließprinzip unter.

Auf der Ebene der Organisationsstruktur spiegelt sich dieses Thema ebenfalls wieder.

Eine Lean-Organisation wird somit so aufgebaut sein, dass sie die

Wertstromausrichtung unterstützt. Die Organisationsstruktur orientiert sich demnach

möglichst nah an den wertschöpfenden Prozessen.

Ein weiterer wichtiger Aspekt, der bei der Strukturierung von Organisationen

berücksichtigt werden muss, ist das ständige Streben nach Problemlösung und

Verbesserung (siehe auch Kapitel 9). Damit dieses Prinzip wirklich funktioniert, muss

es in allen Verästelungen in einer Organisation wirksam sein. Dies wiederum kann nur

erreicht werden, wenn es im Tätigkeitsprofil jedes einzelnen Mitarbeiters

festgeschrieben ist und von der Führung massiv gefordert und gefördert wird.

Um das Prinzip der ständigen Verbesserung nachhaltig in einer Organisation zu

verankern, sollten die Menschen, die sich dabei besonders hervortun, auch besonders

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Prinzip 4 – Erschaffen Sie eine agile, lernende Organisation

gefördert und entwickelt werden. Bei der Entwicklung der Talente und der Besetzung

wichtiger Positionen ist neben der fachlichen und sozialen Eignung insbesondere

dieses Streben entscheidend.

Für das Thema der Organisationsbildung lassen sich demnach folgende Leitsätze

formulieren:

1. Geben Sie dem Wertstrom Vorfahrt vor Synergien.

2. Etablieren Sie ein Lean-unterstützendes Führungsmodell.

3. Verankern Sie die Anwendung von Lean in den Aufgaben der Mitarbeiter.

4. Entwickeln Sie Lean-Fähigkeiten und fördern Sie entsprechende Talente.

In den folgenden Kapiteln geben wir Ihnen einen etwas genaueren Einblick, was sich

hinter diesen Leitsätzen verbirgt.

8.1 Geben Sie dem Wertstrom Vorfahrt vor Synergien

Da es eine Vielzahl von möglichen Organisationsformen gibt, wollen wir an dieser

Stelle nur die allgemeinen Gestaltungsgrundsätze beschreiben. Fast alle

Organisationsformen kennen zwei unterschiedliche Dimensionen: Die

Aufbauorganisation und die Ablauforganisation. Die Ablauforganisation beinhaltet die

wesentlichen Prozesse (Wertströme) einer Organisation. Die Aufbauorganisation

bündelt die Mitarbeiter zu Organisationseinheiten und ist in der Regel hierarchisch

aufgebaut.

Die Organisationseinheiten sind dabei ein Kompromiss zwischen der Bündelung

gleicher Kompetenzen und Aufgaben, sowie der Abwicklung von Prozessen mit

möglichst wenigen Schnittstellen. Gerade in großen Organisationen schwingt das

Pendel stärker zu Bündelung mit dem Ziel des Synergiegewinns und dem Effekt der

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Prinzip 4 – Erschaffen Sie eine agile, lernende Organisation

Erhöhung der Anzahl der Schnittstellen. Mittels automatisierter Workflows wird

versucht, dem gegenzusteuern, was aber aufgrund der häufig nicht ausreichend

stabilen Prozesse meistens nicht gelingt.

Die Schwierigkeiten ergeben sich aber gar nicht so sehr aus dem genauen

Schnittmuster der Organisation, sondern vielmehr aus den funktionalen Zielsetzungen

und dem Bestreben der Führungskräfte, aus der Masse herauszustechen. So läuft die

Energie zum großen Teil in die Optimierung innerhalb der Organisationseinheit. Für

das Zusammenspiel verschiedener Organisationseinheiten steht aber nur ein Bruchteil

dieser Energie zur Verfügung.

In einer Lean-Organisation wird dem Wertstrom grundsätzlich Vorfahrt eingeräumt.

Das bedeutet: In der Wichtigkeit steht die übergreifende Optimierung vor der

Einzeloptimierung. Konkret heißt das, dass jeder Ablauf einen „Wertstrom-Manager“

hat, der für die Optimierung dieses Wertstroms verantwortlich ist, und dass die

Organisationseinheiten sich dem Gesamtoptimum unterordnen. Die

Organisationseinheiten wiederum haben die Aufgaben, ihren Beitrag zum Wertstrom

ständig zu verbessern, aus den Problemen im Wertstrom zu lernen und dieses Wissen

zu bündeln und zu verbreiten. Im Lean-Jargon bezeichnen wir das Bündeln des

Wissens in den Organisationseinheiten zur Optimierung des Wertstroms als „Towering

of Knowledge“.

8.2 Etablieren Sie ein lean-unterstützendes Führungsmodell

Lean ist im Gegensatz zu vielen anderen Optimierungsverfahren, die auf einer tiefen

Expertise beruhen, ein flächendeckendes System. Die Grundidee von Lean ist, dass

jeder Mitarbeiter kontinuierlich seinen Anteil an der Verbesserung der Organisation

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Prinzip 4 – Erschaffen Sie eine agile, lernende Organisation

trägt und dass die Führungskräfte die Mitarbeiter darin unterweisen und unterstützen.

Diese coachende Art der Führung steht in großem Gegensatz zu konventionellen

Organisationen, die das Management als Koordinationsfunktion für Mitarbeiter

ansehen.

Bemerkbar macht sich der Unterschied vor allem in den sinnvoll beherrschbaren

Führungsspannen. Während viele konventionelle Organisationen eine flache

Hierarchie mit großen Führungsspannen errichten, die nicht selten bei 20 Mitarbeitern

und mehr liegen, setzen Lean-Unternehmen auf sehr geringe Führungsspannen von

5 bis max. 8 Mitarbeitern. Nur so lässt sich das regelmäßige Coaching der Mitarbeiter

durch die Führungskräfte verwirklichen. Viele Organisationen versuchen – bewusst

oder unbewusst – beide Aspekte unter einen Hut zu bringen: Lean und eine flache

Hierarchie. In diesen Fällen verkommt Lean aber meist zu einem reinen

Werkzeugkasten, der nur einen Bruchteil seines wirklichen Potentials entfalten kann.

Wir unterstützen Sie gerne bei einer konkreten Umsetzung einer Lean-Führung.

Die Aufgaben der Führungskraft in kleinen Teams (Japanisch „Hancho“) sind dabei zu

einem hohen Grad standardisiert. Vereinfacht kann eine Drittel-Drittel-Drittel-Regel

herangezogen werden:

 Ein Drittel der Zeit arbeitet der Teamleiter operativ mit, um z.B. Mitarbeiter in

der Pause oder krankheitsbedingt zu ersetzen.

 Ein Drittel der Zeit führt der Teamleiter eine sogenannte Prozessbestätigung

durch (im Rahmen des Genchi Genbutsu: vor Ort gehen und beobachten).

Das heißt, er überprüft, ob die Mitarbeiter nach den gemeinsam definierten

Standards arbeiten und trainiert im Zweifelsfall die Mitarbeiter.

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Prinzip 4 – Erschaffen Sie eine agile, lernende Organisation

 Das letzte Drittel seiner Zeit organisiert und koordiniert er die

Verbesserungen, die sein Team durchführt.

8.3 Verankern Sie die Anwendung von Lean in den Aufgaben der

Mitarbeiter

Da kontinuierliche Verbesserung und Problemlösung Teil der Aufgaben jedes

Mitarbeiters und das zugehörige Coaching Teil der Aufgaben jeder Führungskraft sind,

ist es wichtig, diese Aufgaben auch in den Stellenprofilen der verschiedenen

Tätigkeiten zu verankern, sie in den Zielsystemen zu berücksichtigen und die

erforderlichen Kompetenzen dazu aufzubauen.

Wie beim Führungsmodell beschrieben, gibt es im Rahmen von Lean eine ganze

Reihe an „Standards“, die durch Führungskräfte aber auch durch Mitarbeiter

ausgeführt werden sollten. Typische Standards und ihre zugehörigen Kompetenzen

aller Mitarbeiter sind:

 Zuverlässiges Aufzeigen von Problemen

 Kurzzyklische Problemlösung

 Regelmäßige Umsetzung von Verbesserungen

 Transparente Darstellung der aktuellen Situation

Zu diesen Punkten stehen Ihnen unsere kostenlosen Leitfäden zur Verfügung, die Sie

gerne über unsere Webseite erhalten.

Bei Führungskräften wird das Tätigkeitsspektrum noch erweitert um:

 Regelmäßige Prozessbestätigung

 Aufgabenbezogene Befähigung der Mitarbeiter

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Prinzip 4 – Erschaffen Sie eine agile, lernende Organisation

 Kontextbezogenes Coaching der Mitarbeiter

 Fordern und Fördern von Verbesserung

Diese Aufgaben und korrespondierenden Fähigkeiten sind in einer Lean-Organisation

genauso wichtig wie die hochwertige Ausführung der Fachaufgaben. Entsprechend

groß ist auch die Energie, die in einer Organisation für dieses Thema aufgebracht wird

(etwa 10-20% der Kapazität der Mitarbeiter und 30-60% der Kapazität der

Führungskräfte der Organisation).

8.4 Entwickeln Sie Lean-Fähigkeiten, fördern Sie entsprechende Talente

Auch wenn die Führung selbst primär für die Verbesserung und damit Lean

verantwortlich ist, machen Lean-Experten in einer Organisation Sinn. Diese haben die

Aufgabe, die Organisation ständig neu herauszufordern und

organisationsübergreifende Schnittstellen, aber auch Lieferanten dabei zu

unterstützen sich weiter zu entwickeln. Sie stehen als Pool zur Verfügung, um die

Führungskräfte bei Workshops oder dem Strategieprozess zu unterstützen. Der

Experten-Pool dient zusätzlich als Quelle für zukünftige Führungskräfte und wird

gespeist von den besten Mitarbeitern, die im Rahmen der Verbesserung „freigespielt“

werden (siehe Abb. 4).

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Prinzip 4 – Erschaffen Sie eine agile, lernende Organisation

Abb. 4: Mitarbeiterentwicklung in Lean-Organisationen

Hierin liegt ein ganz wesentlicher Unterschied einer Lean-Organisation im Vergleich

zu konventionellen Organisationen. Jedes Team hat die Aufgabe, durch die gezielte

tägliche Verbesserung (siehe Kapitel 9) und Eliminierung von Verschwendung (siehe

Kapitel 6) so viel freie Kapazität zu erzeugen, dass ein Mitarbeiter aus dem Team

herausgenommen werden kann.

In konventionellen Organisationen wird an dieser Stelle normalerweise der

schlechteste Mitarbeiter entfernt und versetzt oder entlassen. In einer Lean-

Organisation dagegen wird der beste Mitarbeiter aus dem Team genommen und in

einen Lean-Experten-Pool versetzt. Von dort aus unterstützt er andere

Organisationseinheiten und wird vor allem auf seine zukünftigen Aufgaben

vorbereitet. Denn wird eine neue Stelle als Teamleiter frei, so wird diese Stelle aus

dem Lean-Experten-Pool besetzt.

Auf diese Weise wird Verbesserung und Effizienzsteigerung zu einem positiv

besetzten Thema. Die Teams strengen sich an, Verschwendung zu eliminieren, um

sich so weiterentwickeln und nach und nach für den Lean-Experten-Pool freispielen

zu können. Gute Ideen, Umsetzungserfahrung und Engagement führen für Mitarbeiter

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Prinzip 4 – Erschaffen Sie eine agile, lernende Organisation

direkt zum persönlichen Erfolg und helfen der Organisation, schnell zu lernen und

besser zu werden.

Zusammenfassung Prinzip 4 – Erschaffen Sie eine agile, lernende

Organisation

1. Geben Sie dem Wertstrom Vorfahrt vor Synergien.

2. Etablieren Sie ein Lean-unterstützendes Führungsmodell.

3. Verankern Sie die Anwendung von Lean in den Aufgaben der Mitarbeiter.

4. Entwickeln Sie Lean-Fähigkeiten und fördern Sie entsprechende Talente.

Lean hat nicht nur spezifische Werkzeuge, sondern auch ein eigenes Menschenbild.

Dies ist der eigenverantwortliche und selbstwirksame Mitarbeiter, der gefordert und

gefördert werden möchte. Die ständige Entwicklung der Organisation bedeutet für

die Mitarbeiter das ständige Hinterfragen und Verbessern ihres Handelns. Dies ist

neben der ausführenden Tätigkeiten ein wichtiger Bestandteil der täglichen Arbeit.

Gefördert werden insbesondere Mitarbeiter, die einen wichtigen Beitrag zur

nachhaltigen Entwicklung der Organisation leisten. Der Verbesserungsgedanke und

die ständige Entwicklung beziehen sich also auch auf die Mitarbeiter selbst, denn

auf Dauer kann sich eine Organisation nur dann verbessern, wenn sich die

Mitarbeiter entwickeln.

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Prinzip 5 – Etablieren Sie kontinuierliche Weiterentwicklung

9 Prinzip 5 – Etablieren Sie kontinuierliche

Weiterentwicklung

Wie bereits in Kapitel 2 beschrieben, ist der Kern des Lean-Gedankens die

kontinuierliche Verbesserung des Kundenwerts. Selbst wenn die Menschen in einer

Organisation diesen Kerngedanken teilen und auch überzeugt sind, sich in ihrer Arbeit

nach ihm auszurichten wird man feststellen, dass das Maß, wie viel, schnell und

nachhaltig verbessert wird, um ein Vielfaches voneinander abweicht. In sehr guten

Lean-Organisationen werden pro Monat bis zu zwei Verbesserungen pro Mitarbeiter

umgesetzt. Dieser Wert stellt für uns ein wichtiges Kriterium für die

Lerngeschwindigkeit einer Organisation dar, auch wenn er kein wirklich gutes

Messkriterium ist, da die Größe der Verbesserung, der Nutzen der Verbesserung etc.

nicht in dieser Zahl berücksichtigt werden. Er lässt aber die Aussage zu, dass das

Thema Verbesserung breit in der Belegschaft angekommen ist und kontinuierlich

abläuft.

Was aber genau bedeutet kontinuierliche Verbesserung und was ist der Unterschied

zwischen Problemlösung und Verbesserung? Beiden Themen liegt der PDCA-Zyklus

(P: Plan, D: Do, C: Check, A: Act) – auch Deming-Kreis genannt – zugrunde. Das P

steht dabei für das Durchdenken und Planen einer Handlung, das D für die Handlung

selbst, das C für das nachträgliche Betrachten des Ergebnisses der Handlung und das

A für die Entscheidung der nächsten Schritte basierend auf dem Ergebnis.

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Prinzip 5 – Etablieren Sie kontinuierliche Weiterentwicklung

Abb. 5: Problemlösung, Verbesserung und Standard

In Abb. 5 sind die beiden PDCA-Prozesse in Relation zu einem Standard

eingezeichnet. Im Lean-Jargon bezeichnet das Wort „Standard“ den besten bekannten

Wissensstand. Ein Standard kann sowohl eine Vorgehensweise, ein Werkzeug, eine

Komponente oder etwas anderes sein, das relevant für die Erbringung des

Kundenwertes ist. Ein Standard existiert immer, auch wenn er nicht niedergeschrieben

oder anderweitig kommuniziert ist. Intuitiv ist uns der Standard bekannt und wird dabei

als Basis für die Feststellung von Abweichungen herangezogen.

Als Problemlösung bezeichnen wir den Prozess, der nötig ist, um Abweichungen vom

Standard zu reduzieren oder bestenfalls zu eliminieren.

Als Verbesserung bezeichnen wir den Prozess den wir durchlaufen, wenn wir einen

besseren neuen Standard entwickeln und praxistauglich machen.

Fortgeschrittene Lean-Organisationen gehen dabei so weit, dass sie einen neuen

Standard quasi als Ziel setzen und damit künstlich ein Problem generieren, welches

dann gelöst werden muss. Der Vorteil dieser Vorgehensweise besteht darin, dass die

Richtung der Verbesserung dadurch strategisch vorgegeben werden kann.

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Prinzip 5 – Etablieren Sie kontinuierliche Weiterentwicklung

Die folgenden Leitsätze geben Ihnen einen Anhaltspunkt, wie Sie dieses Thema

ausgestalten können:

1. Stabilisieren Sie das System durch sinnvolle Standards.

2. Lösen Sie Probleme kurzzyklisch und nachhaltig.

3. Arbeiten Sie kontinuierlich an Verbesserungen.

4. Generieren Sie lösbare Probleme.

Die folgenden Kapitel geben Ihnen einen detaillierteren Überblick über dieses

grundlegende Lean-Prinzip.

9.1 Stabilisieren Sie das System durch sinnvolle Standards

Ohne Standards greift keine Problemlösung und Verbesserung ist nicht machbar. Der

Standard stellt die Grundlinie dar, der gegenüber Abweichungen nach unten oder

Verbesserungen nach oben erst erkennbar wird. Der Begriff Standard wird allerdings

leider häufig missinterpretiert. Viele Unternehmen setzen Standards zentral und

verbreiten sie über eine Top-Down-Kommunikation. Diese Richtlinien sind aber nicht

das, was im Lean-Umfeld unter Standard verstanden wird.

Der Standard der Lean-Philosophie ist ein Bottom-Up extrahiertes Wissen rund um die

beste bekannte Lösung zur Erstellung des Kundenwerts. Ein bestehender Standard

ist dabei immer an der Realität getestet und somit eindeutig als beste Lösung

nachgewiesen. Ein Standard sollte die Eigenschaft besitzen, dass die Erbringung des

Kundenwertes stabil und wiederholbar erfolgen kann.

Je klarer und eindeutiger ein Standard und je kleiner der nicht-standardisierte Anteil

ist, umso stabiler wird die Leistungserbringung erfolgen. Gegenläufig dazu ist der

Aufwand, der für die Standardisierung notwendig ist. Beim Standard ist es in erster

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Prinzip 5 – Etablieren Sie kontinuierliche Weiterentwicklung

Linie wichtig, dass alle Anwender die gleiche Assoziation dazu haben und nicht, dass

die Beschreibung und Dokumentation perfekt ist. Bei der Dokumentation gilt es immer

abzuwägen, wie viel förderlich und wie viel schon Verschwendung ist.

9.2 Lösen Sie Probleme kurzzyklisch und nachhaltig

Eine negative Abweichung vom Standard ist ein Problem und jedes Problem hat mehr

oder weniger große Auswirkungen auf den Kundenwert, da es immer Verschwendung

nach oben treibt und Energie bindet, die zur Leistungserbringung für den Kunden nicht

mehr zur Verfügung steht. Wenn wir diese harte Definition akzeptieren können, ist die

Maßgabe, dass jedes Problem so schnell wie möglich entdeckt und nachhaltig gelöst

werden sollte, selbstverständlich.

Eine schnelle Problemlösung ist auch insofern wichtig, da ein Problem sehr häufig

neben den bekannten Auswirkungen noch eine Reihe unbekannter „Nebenwirkungen“

hat. Je schneller also die Ursachen für ein Problem identifiziert und eliminiert werden

können, umso geringer wird die Wahrscheinlichkeit, dass diese Nebenwirkungen

eintreten. Eine nachhaltige Lösung ist immer anzustreben, selbst wenn der Aufwand

dafür größer ist, da die Folgekosten von wiederkehrenden Problemen in der Regel

hoch sind.

Die letzte Frage, die sich noch stellt, ist: Wie kann Problemlösung am besten erfolgen?

Dazu sollte es in der Organisation einfache Standardvorgehensweisen geben, die sich

bei unterschiedlichen Problemklassen unterscheiden können. Mögliche Unterschiede

kann es bei der Lösung von technischen Problemen oder organisatorischen

Problemen, bei einfachen oder komplexen Problemen, sowie bei internen oder

externen Problemen geben. Wichtig ist dabei, dass diese Standardvorgehensweisen

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Prinzip 5 – Etablieren Sie kontinuierliche Weiterentwicklung

einfach und geübt sind und von möglichst vielen Menschen beherrscht werden.

Problemlösung ist eine derjenigen Fähigkeiten über die jeder Mitarbeiter in einer

Organisation verfügen sollte.

9.3 Arbeiten Sie kontinuierlich an Verbesserungen

Im Gegensatz zur Problemlösung, die idealerweise einem klaren Schema folgt, ist

Verbesserung ein eher kreativer Prozess. Hier kommt es darauf an, dass Mitarbeiter

ihre Umgebung aufmerksam beobachten und neue Ideen generieren. Oder was oft

einfacher ist, sie transferieren bestehende Ideen auf ihr Umfeld.

Der Verbesserungsprozess hat dabei zwei Stoßrichtungen:

 Zielgerichtete Verbesserung hin zum Nordstern

 Verbesserung ohne Ausrichtung durch kreative Ideen

Die zielgerichtete Verbesserung erfolgt weder zufällig noch freiwillig, sondern orientiert

sich konkret am Nordstern und der daraus abgeleiteten Strategie. Wir haben diesem

Thema aufgrund seiner Relevanz ein eigenes Kapitel (7.1) gewidmet. Da kein

Strategieprozess alle möglichen Verbesserungen vorweg nehmen kann, ist zusätzlich

jeder Mitarbeiter aufgerufen, ständig nach weiteren Möglichkeiten zu suchen. Die

Kreativität der Mitarbeiter führt sehr häufig zu Ideen, die kein Strategieprozess

voraussehen kann. Diese können einer Organisation aber ungeahnte Möglichkeiten

bescheren und sollten daher ebenfalls gefördert werden.

Von der konkreten Umsetzung her laufen beide Stoßrichtungen gleichermaßen ab. Die

verbessernden Maßnahmen müssen priorisiert und der Reihenfolge ihrer Wichtigkeit

nach umgesetzt werden. Nach der Umsetzung erfolgt wie bei der Problemlösung auch

der Check, ob die Verbesserung auch wirklich wirksam ist.

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Da in einer Organisation ein relevanter Anteil (10-20%) der Zeit für Verbesserung

aufgewendet werden sollte, müssen dafür entsprechende Freiräume geschaffen

werden. Diese Freiräume bestehen aus dediziert zugewiesener Zeit und Mitteln,

hauptsächlich für die Umsetzung in Eigenverantwortung einsetzbares Budget.

9.4 Generieren Sie lösbare Probleme

So wichtig wie das Streben nach ständiger Verbesserung für die Organisation ist, so

sehr ist uns Menschen auch die Eigenschaft gegeben, dass wir uns nach Sicherheit

sehnen. Das bedeutet im Alltag, dass wir sehr wohl bereit sind, Zustände zu

verbessern, die uns wenig Sicherheit vermitteln. Es bedeutet aber auch, dass wir uns

gerne bei stabilen Zuständen oder Erfolg ausruhen. Viele kennen diesen Zustand von

Organisationen, die man als „satt“ bezeichnen kann. Sie baden im Erfolg und haben

eine gewisse Selbstzufriedenheit und Trägheit bezüglich Veränderung entwickelt.

Genau hier setzt der wahrscheinlich interessanteste Ansatz von Lean an: Das gezielte

Setzen neuer Zielzustände, die als neuer Standard definiert werden. Diese

Zielzustände werden für alle Prozesse und Hierarchieebenen von oben nach unten

definiert. Im Gegensatz zur weitverbreiteten Zielsetzung, die in Form von Kennzahlen

wie z.B. Produktivitätssteigerungsquote erfolgt, ist die Definition eines Zielzustandes

eine klare, eindeutige Beschreibung, wie beispielsweise ein Prozess in Zukunft sein

sollte. Im Lean-Jargon wird dieser Prozess des Ableitens und Definierens von

Zielzuständen aus strategischen Überlegungen als „Hoshin Kanri“ bezeichnet (siehe

auch Kapitel 7.2).

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Abb. 6: Ein neuer Zielzustand als Verbesserungstreiber

Die Idee hinter den Zielzuständen ist, einen zukünftigen Standard zu definieren, der

heute noch nicht erreicht ist und damit künstlich ein Problem zu erzeugen (siehe Abb.

6). Probleme werden bei der Lean-Philosophie als der entscheidende Trigger zur

ständigen Verbesserung angesehen.

„Probleme sind Schätze, denn sie sind der Schlüssel zur Verbesserung!“

Das interessante daran ist, dass Problemlösung eine natürliche Begabung von uns

Menschen ist. So werden wir mit einem relativ „unbeschriebenen“ Gehirn, aber der

Fähigkeit zum Lernen geboren. Wenn wir kleine Kinder beobachten, stellen wir fest,

dass sie hervorragend Dinge ausprobieren und so die Welt und ihre Gesetze

kennenlernen können. Durch unsere Wissensgesellschaft verlieren wir leider im

Verlauf unserer Ausbildung eben diese Fähigkeit.

„Lernen ist wie rudern gegen den Strom – wer aufhört, treibt zurück!“
(chinesisches Sprichwort)

Die Lean-Philosophie greift diese natürliche Fähigkeit des Menschen wieder auf,

Probleme durch Ausprobieren zu lösen und so extrem schnell zu lernen. Genau aus

diesem Grund ist Lean so überaus erfolgreich. Da wir aber den natürlichen Umgang

mit Problemen verlernt haben, ist das künstliche Generieren von Problemen für uns

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der Schlüssel, um uns neuen Herausforderungen zu stellen. Dieses Vorgehen kann

auf zweierlei Arten, durch einen negativen oder positiven Prozess, geschehen.

9.4.1 „Negatives“ Stressen des Systems

„Negatives“ Stressen ist die Art von Stress, die uns überfordert. Dieses Überfordern

kann physisch oder psychisch sein. Angstsituationen oder sogar schon mangelnde

gefühlte Sicherheit führen bei uns Menschen dazu, dass wir uns unwohl fühlen. Wenn

dieses Unwohlfühlen länger anhält, dann führt es unter Umständen zu

schwerwiegenden Störungen bis hin zum Burn-out.

Wir haben aber auch in kurzfristigen Phasen die Begabung, genau in solchen Phasen

über uns hinauszuwachsen und das Unmögliche möglich zu machen. Wirkliche Krisen,

die uns ums Überleben kämpfen lassen, stellen derartige Situationen dar, die uns über

uns selbst hinaus wachsen lassen. Wird unsere Fähigkeit zur Krisenbewältigung

allerdings zu häufig gefordert – beispielsweise eine Reorganisation im Zwei-Jahres-

Rhythmus – resignieren wir langfristig und werden krank. Viele Manager nutzen diese

Fähigkeit zur Krisenbewältigung schamlos aus und zerstören somit eine einst gesunde

Unternehmenskultur, indem sie zu häufig künstliche Krisen erzeugen, die für die

Menschen in der Organisation nur allzu real werden. So fürchten viele Mitarbeiter um

ihren Arbeitsplatz, wenn sie die „Sperenzien“ ihrer Vorgesetzten nicht mitmachen Es

entsteht eine Abwärtsspirale, die nur schwer wieder aufzufangen ist.

9.4.2 „Positives“ Generieren von Problemen

Wenn wir uns allerdings mit Problemen konfrontiert sehen, die wir lösen können und

die uns Erfolgserlebnisse bescheren, sieht die Situation komplett anders aus. Diese

Probleme beflügeln uns und lassen unser komplettes Potential entfalten. In derartigen

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Situationen entsteht eine Aufbruchsstimmung und eine ganze Organisation kann sich

in einer atemberaubenden Geschwindigkeit weiterentwickeln. Jeder kennt Teams und

Organisationen, denen genau so etwas gelungen ist.

Kanban als Methode, Probleme zu generieren

Die klassische Methode „Kanban“ (japanisch für Karte) ist eine der am meisten

missverstandenen Lean-Methoden, da sie von vielen als reine

Materialsteuerungsmethode verstanden wird, in Wahrheit aber eigentlich eine

Methode zur kontinuierlichen Verbesserung darstellt.

Bei Kanban wird der Materialnachschub verbrauchsorientiert über Karten gesteuert.

Einer produzierten Materialeinheit wird eine Kanban-Karte hinzugefügt. Wenn das

Material verbraucht wurde, geht die Karte zurück zur Produktion. Durch eine feste

Anzahl an Karten im System kann nur nachproduziert werden, wenn Kanban-Karten

frei sind.

Taiichi Ohno (Stammvater des TPS) selbst hat bereits über die Verbesserung durch

das Entnehmen von Kanban-Karten aus dem System geschrieben. Wenn Karten

aus einem Kanban-Kreis entnommen werden, treten häufig Probleme zu Tage, die

gelöst werden müssen, um die Prozesskette wieder zu stabilisieren. Durchläuft man

diese Maßnahme immer wieder, werden nach und nach Probleme erzeugt und von

der Organisation gelöst, ohne dass es zu schwerwiegenden Konsequenzen führt.

Nach jeder Karte, die entnommen wird, muss aber erst wieder Stabilität erzeugt

werden, bevor das System erneut gefordert werden kann.

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Das Schaffen herausfordernder Zielzustände in der Lean-Philosophie macht sich

genau diese Fähigkeit von uns Menschen zunutze und fördert dieses Verhalten. Es

entsteht eine positive nach oben gerichtete Spirale.

Leider ist der Grad, wann eine Spirale nach oben oder unten kippt, sehr schmal. Es

bedarf Erfahrung und Fingerspitzengefühl, um zu sehen, wann Menschen oder Teams

wirklich überfordert sind oder sich noch positiv herausgefordert fühlen.

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Prinzip 5 – Etablieren Sie kontinuierliche Weiterentwicklung

Zusammenfassung Prinzip 5 – Etablieren Sie kontinuierliche

Weiterentwicklung

1. Stabilisieren Sie das System durch sinnvolle Standards.

2. Lösen Sie Probleme kurzzyklisch und nachhaltig.

3. Arbeiten Sie kontinuierlich an Verbesserungen.

4. Generieren Sie lösbare Probleme.

Standards, Verbesserung und Problemlösung gehören zusammen wie Pech und

Schwefel. Der Standard ist die Basis, um Abweichungen feststellen und

Verbesserungen angehen zu können. Uns Menschen fällt aber die gnadenlose

Transparenz eines Lean-Systems nicht leicht, da wir Probleme gerne vermeiden

wollen, da sie uns in eine gefühlte defizitäre Haltung bringen. Genau aus diesem

Grund betrachtet Lean Probleme als Schätze, die uns bei der Weiterentwicklung

helfen. Die Lean-Philosophie geht dabei davon aus, dass eine Organisation, die

keine Probleme hat, sich auch nicht weiterentwickeln wird. Aus diesem Grund

benötigt es Mechanismen, die Probleme generieren, um das Verbesserungsrad

(PDCA) ständig weiterzudrehen. Zu einer der größten Herausforderungen einer

Lean-Einführung gehört demnach, die innere Haltung einer Organisation zu

Problemen zu verändern.

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Zusammenfassung und Ausblick

10 Zusammenfassung und Ausblick

Auch wenn der Begriff „Lean“ ursprünglich aus der Automobilbranche und aus einem

fernen Land zu uns gekommen ist, finden wir heute die verschiedensten Lean-

Prinzipien in vielen unterschiedlichen Branchen und Organisationen. Oft werden diese

Prinzipien aber nur teilweise oder in falscher Form umgesetzt, da sie häufig lediglich

als Projekt umgesetzt werden und damit zum Scheitern verurteilt sind. Wer wirklich

Lean sein möchte, muss als erstes verstehen, dass sich hinter diesem Wort eine

zusammenhängende und aufeinander aufbauende Philosophie verbirgt, aus der

heraus sich unterschiedliche Prinzipien ergeben, die dann wiederum die Grundlage

verschiedenster Methoden und Werkzeuge bilden.

Lean ist also viel mehr als nur eine Hand voll Methoden und Vorgehensweisen. Genau

das ist der Grund, warum es nicht funktioniert, nur die „bequemen“ Lean-Prinzipien zu

nutzen, ohne den Blick auf den Gesamtzusammenhang zu halten.

In diesem E-Book haben Sie die Philosophie, die wichtigsten Prinzipien und viele

wichtige Zusammenhänge kennengelernt. Es war unser Ziel, Ihnen Lean etwas

vertrauter zu machen und dazu beizutragen, dass Sie Lean nun besser verstehen.

Auf unserer Webseite www.culture-work.com/ebooks finden Sie weitere E-Books und

Lean-Leitfäden, die Sie auch kostenlos von uns erhalten. Diese beschreiben einige

der hier angerissenen Prinzipien noch wesentlich detaillierter.

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Zusammenfassung und Ausblick

Möchten Sie über unser ständig wachsendes Angebot an Informationen, E-Books,

Leitfäden usw. auf dem Laufenden bleiben, schlagen wir Ihnen unseren Newsletter

vor. Oder Sie folgen uns auf Facebook oder über Twitter.

Ein ganz wichtiger Aspekt jedoch konnte hier nur sehr kurz angerissen werden: Der

Mensch und seine innere Haltung zu Veränderungen. Wenn Sie darüber nachdenken,

Lean in Ihrer Organisation zum Leben zu erwecken und die Möglichkeiten, die die

Lean-Philosophie mit sich bringt, zu nutzen, sollten Sie sich unbedingt auch damit

beschäftigen, wie Sie die Menschen – Ihre Kolleginnen und Kollegen, Ihre

Führungskräfte oder Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – dafür gewinnen und

begeistern. Gleiches gilt natürlich auch für alle, die sich mit Lean in der Organisation

mehr oder weniger erfolgreich beschäftigt haben. Wie das funktioniert, erklären wir

Ihnen gerne in einem persönlichen Gespräch.

Lean ist eine Reise, auf der man sich Schritt für Schritt einem fernen Ziel nähert, sich

am Wert für den Kunden als Unternehmenszweck orientiert, sich immer

weiterentwickelt und aus Fehlern lernt. Dies stellt häufig einen großen Kulturwandel

für eine Organisation dar. Aber wie schon Konfuzius sagt:

„Auch der weiteste Weg beginnt mit einem ersten Schritt.“ (Konfuzius)

Diesen haben Sie heute getan.

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Verbesserung in eigener Sache – Lean hautnah

11 Verbesserung in eigener Sache – Lean hautnah

Mit diesem E-Book möchten wir ganz Lean sein und Ihnen die Lean-Philosophie und

Prinzipien ganz anschaulich vor Augen führen. So verfolgen wir mit diesem Buch die

Vision, die ganz am Kundenutzen ausgerichtet ist, dem Leser Lean über die Zeit im

vollen Umfang näher zu bringen und in seiner Gesamtheit besser verständlich zu

machen.

In einem ersten Entwurf haben wir aufgrund unserer Erfahrung und im Hinblick eines

ausgewogenen Zeitmanagements dieses E-Book geschrieben und damit einen ersten

Standard gesetzt, von dem aus weitergearbeitet wird. Durch Ihr Feedback können wir

jetzt an der Problemlösung, an der Frage der Verschwendung, sowie an

Verbesserungen arbeiten.

Als Problemlösung gilt im Lean-Jargon alles, was vom Standard, also dem Ziel

abweicht, Ihnen Lean zu erklären. Übersetzt bedeutet das:

 Wo gibt es für Sie Verständigungsschwierigkeiten im Text?

 Welche Ausführungen im Text erscheinen Ihnen wenig hilfreich, sich dem

Thema Lean zu nähern?

Das fällt unter die Frage der Verschwendung. Wo im Text können wir manches besser

ausführen oder erklären, um uns dem Ziel näher zu bringen, Ihnen einen umfassenden

Überblick über Lean zu liefern. Das gehört zum Bereich der Optimierung.

In Anlehnung an die Lean-Philosophie haben wir mit diesem ersten Entwurf einen

Standard entwickelt, der Mut zur Lücke aufweist. Denn darum genau geht es in der

Lean-Philosophie. Allein in unserem stillen Kämmerlein werden wir kein Buch

schreiben können, das inhaltlich unsere Vision (einen vollständigen und

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Verbesserung in eigener Sache – Lean hautnah

verständlichen Einblick in die Lean-Philosophie beim Leser zu erzeugen) voll erfüllt.

Das geht nur im Austausch mit den Lesern und in Abstimmung mit Ihren Fragen. So

ermitteln wir den konkreten Kundenwert. Bei Lean geht es also niemals um einen

perfekten ersten Wurf. Die Vision oder Zielsetzung ist groß und in kleinen Schritten

nähern wir uns an, so auch mit diesem Buch. Über ein Feedback von Ihnen würden

wir uns deshalb sehr freuen.

Culture Work GmbH

Kontakt: info@culture-work.com

Weitere Informationen: www.culture-work.com

Geschäftsführer: Dr. Klaus-Dieter Dohne, Dr. Bernd Müssig

HRB 201993, Amtsgericht München

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