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Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf

Institut für Geschichtswissenschaften

Seminar: Wissenschaftler im

Nationalsozialismus Dozent: Prof. Dr. Christoph

Nonn Wintersemester 2022/2023

Hans Asperger und die Kinder

von Spiegelgrund

Vorgelegt von

Alena Cox

Germanistik/Geschichtswissenschaften

, 47918 Tönisvorst, Süchtelner Straße

65 Alena.cox@uni-duesseldorf.de

2428428

Abgabedatum: 2.5.2023
Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung..............................................................................................................1

2 Eugenik und „Euthanasie“ im Nationalsozialismus..............................................2

2.1 Kinder- „Euthanasie“.....................................................................................5

2.2 Reaktionen der Bevölkerung..........................................................................8

3 „Euthanasie“ in der „Kinderfachabteilung“ „Am Spiegelgrund“.......................11

4 Die Heilpädagogische Abteilung an der medizinischen Fakultät der Universität


Wien............................................................................................................................13

5 Hans Aspergers politische Orientierung bis 1945...............................................14

6 Hans Aspergers wissenschaftliches Werk im Nationalsozialismus....................17

7 Hans Asperger und die „Kinderfachabteilung“ „Am Spiegelgrund“..................19

8 Fazit.....................................................................................................................21

9 Quellen................................................................................................................23

10 Literatur...............................................................................................................23

11 Eidesstattliche Erklärung.....................................................................................27
1 Einleitung

War Hans Asperger beteiligt an der Kinder- „Euthanasie“ der Nationalsozialisten?


Hat der durch seine Forschung am „Asperger-Syndrom“ bekannt gewordene
Psychologe Kinder wissentlich und absichtlich in den Tod geschickt?

Um diese und weitere Fragen zu beantworten, wird diese Arbeit einen Blick auf die
Eugenik und Euthanasie in der Zeit des Nationalsozialismus werfen. Ein besonderes
Augenmerk gilt hierbei der Kinder-„Euthanasie“, um im Weiteren die
„Kinderfachabteilung“ „Am Spiegelgrund“ und deren Beteiligung an der Ermordung
behinderter Kinder und Jugendlicher zu betrachten. Diese „Kinderfachabteilung“ war
Teil der Wiener Heil- und Pflegeanstalt „Am Steinhof“. Es handelte sich um eine
von vielen Einrichtungen, in denen behinderte Kinder, ermordet wurden.1

Da Hans Asperger in der Kinderheilkunde in der Wiener Universitätsklinik aktiv


war2 und mehrere Kinder von dort an die Einrichtung „Am Spiegelgrund“
überwiesen wurden,3 ist in der hier bearbeiteten Fragestellung die Kinder-
„Euthanasie“ von besonderem Interesse.

Für ein besseres Verständnis davon, inwiefern die Bevölkerung und auch das
medizinische Personal, das nicht in direkter Verbindung mit der
„Kinderfachabteilung“ „Am Spiegelgrund“ stand, über die Ermordung von dort
untergebrachten Kindern informiert sein konnte, sorgt ein Blick in die
Vorgehensweise der Klinik. Wer traf die Entscheidung, welche Kinder nicht

1
Matthias Dahl, Die Tötung behinderter Kinder in der Anstalt „Am Spiegelgrund“ 1940 bis 1945, in:
Dahl, Matthias: Endstation Spiegelgrund., S. 75–92, hier S. 75.
2
Werner Maleczek u. a., Hans Asperger, Leben und Wirken 1931 bis 1946, in: Monatsschrift
Kinderheilkunde, 168 (2020), Nr. 3, S. 176–187, hier S. 177.
3
Herwig Czech, Hans Asperger und die "Kindereuthanasie" in Wien. Mögliche Verbindungen, in:
Pollak, Arnold: Auf den Spuren Hans Aspergers. Fokus Asperger-Syndrom. Gestern, Heute, Morgen.,
S. 24–29, hier S. 38-39.

1
„lebenswert“ waren? Welche Abläufe waren üblich? Hierzu geben unter anderem
verschiedene Artikel im Sammelband „NS-Euthanasie in Wien“4 einen Einblick.

Nachdem die Grundlagen gelegt sind, wird im Verlauf Hans Aspergers Leben und
Arbeit betrachtet. Besondere Schwerpunkte sind hier seine politische Orientierung
bis 1945, Hans Aspergers wissenschaftliches Werk im Nationalsozialismus und
schlussendlich seine Verbindungen zu der „Kinderfachabteilung“ „Am
Spiegelgrund“.

Die Quellenlage im Bereich der Kinder- „Euthanasie“ ist schwierig, da viele der
Dokumente, die über die Vorgänge Aufschluss geben könnten, vernichtet wurden.5
Auch Akten der Gestapo, die über Aussagen Hans Aspergers und seines Umfeldes
Informationen bieten könnten, sind zum großen Teil nicht mehr vorhanden.

2 Eugenik und „Euthanasie“ im Nationalsozialismus

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhundert prägte Francis Galteon, ein englischer
Naturwissenschaftler, den Begriff der Eugenik. Er war der Meinung, dass Talent und
Genie vererbt würden.6 So definierte er die Eugenik als „die Wissenschaft, die sich
mit allen Einflüssen befasst, welche die angeborenen Eigenschaften einer Rasse
verbessern und welche diese Eigenschaften zum größtmöglichen Vorteil der
Gesamtheit zur Entfaltung bringt.“7

Der Diskurs um die Eugenik brachte im Laufe der Zeit ein Grundvokabular hervor,
in dem unter anderem die Begriffe Arbeitsfähigkeit, Volkskörper, „organisches

4
Eberhard Gabriel, NS-Euthanasie in Wien [Ergebnis der Internationalen Wissenschaftlichen Tagung
zur Geschichte der NS-Euthanasie in Wien … Wien], hg. von Eberhard Gabriel und Wolfgang
Neugebauer, Wien u.a. 2000 (Zur Geschichte der NS-Euthanasie in Wien).
5
U. Benzenhöfer, Genese und Struktur der "NS-Kinder- und Jugendlicheneuthanasie", in:
Monatsschrift Kinderheilkunde, 151 (2003), Nr. 10, S. 1012–1019, hier S. 1018.
6
Monika Löscher, Zur Umsetzung und Verbreitung von eigenischem/rassenhygienischem
Gedankengut in Österreich bis 1934 unter besonderer Berücksichtigung Wiens, in: Horn, Sonia;
Malina, Peter: Wiener Gespräche zur Sozialgeschichte der Medizin. Medizin im Nationalismus -
Wege der Aufarbeitung. Überarbeitete Vorträge der internationalen Tagung im psychiatrischen
Krankenhaus der Stadt Wien Baumgartner Höhe, 5. bis 7. November 1998., S. 99–127, hier S. 99.
7
Francis Galton, «Entwürfe zu einer Fortpflanzungshygiene. Eugenics: Its Definition, Scope and
Aims», 1906, S. 812, Archiv für Rassen- und Gesellschaftsbiologie III.

2
Kapital“ oder auch der „wirtschaftliche Wert eines Menschen“ eine Ttonangebende
Rolle spielten.8 In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gab es drei zentrale
Ansätze in der Eugenik: „1. Menschliches Lebens kann nach den Kriterien der
Biologie bewertet werden […]; 2. Die biologische Qualität von menschlicher
Population wird […] durch die verschiedenen Reproduktionsraten ihrer Mitglieder
[…] bestimmt; 3. Zivilisatorische Einflüsse […] führen zu drohenden biologischen
Verschlechterung (Degeneration) von Population […].“9 Dieser Degeneration in der
Population musste nach Meinung vieler zeitgenössischer Wissenschaftler
entgegengewirkt werden.10 Im Nationalsozialismus spielte der Gedanke der Eugenik,
und vor allem bei der Idee der „Rassenhygiene“, schließlich eine besonders große
Rolle.

Führende Wissenschaftler zur Zeit des Nationalsozialismus, unter anderem Kurt


Pohlisch oder auch Ernst Rüdin, setzten die Grundlagen der Eugenik mit den
nationalsozialistischen Wertvorstellungen in Verbindung.11 Sie konzentrierten sich
auf den Aspekt der „Rassenhygiene“, die Rüdin, der in Verbindung mit dem Amt für
Volksgesundheit im Reichsinnenministerium stand, so definiert:

„Rassenhygiene als feststellende Wissenschaft will die Bedingungen der


Entwicklung, Erhaltung und Verbesserung […] eines Geschlechtes, einer
Rasse studieren. Rassenhygiene als angewandte Wissenschaft, als Tat, will
jedem Volke Gelegenheit geben, ihre Ergebnisse auf sich selbst
anzuwenden.“12

Ein Ziel des nationalsozialistischen Regimes war die „qualitative Aufartung des
deutschen Erbgutes“. Daraus folgte, dass Menschen mit „minderwertigen“
Erbanlagen durch verschiedenste Maßnahmen (beispielsweise Sterilisierung oder
Ermordung) an der Fortpflanzung und somit der Weiterverbreitung „minderwertiger“

8
Löscher, 103 - 104.
9
Volker Roelcke, "Biopolitik" zum "sozial-biologischen Aufbau des Volksskörpers". Medizinische
Expertise auf dem Weg zum ersten nationalsozialistischen Genozid, in: "Euthanasie" und Holocaust.
Kontinuitäten, Kausalitäten, Parallelitäten, S. 59–82, hier S. 76.
10
Ebd.
11
Ebd., S. 62-63.
12
Ernst Rüdin, Pychiatrie und Rassenhygiene, in: Münchener Medizinische Wochenschrift, 1934,
Nr. 81, S. 400–402, hier S. 401.

3
Erbanlagen gehindert werden sollten.13 Zu diesen Maßnahmen gehörte
beispielsweise das am 1. Januar 1934 in Kraft getretene „Gesetz zur Verhütung
erbkranken Nachwuchses“, das die Sterilisierung von Menschen, die nach
zeitgenössischem wissenschaftlichen Wissen „erbkrank“ oder mit hoher
Wahrscheinlichkeit „erbkrank“ waren, ermöglichte.14

Weiterhin gehörte die „Euthanasie“ - ursprünglich war mit diesem Begriff die
Möglichkeit eines friedlichen Todes, also Beihilfe zum Suizid oder Tötung auf
Verlangen, gemeint15- zu den Maßnahmen des NS-Regimes zur „Rassenhygiene“.
Die Euthanasie, die die Nationalsozialisten durchführten, kann weder als friedlich
angesehen werden, noch geschah sie auf Wunsch der ermordeten Menschen.

Zwischen 1939 und 1945 kamen ungefähr 300 000 Menschen durch verschiedene
Formen der nationalsozialistischen „Euthanasie“ ums Leben. Ermöglicht wurde diese
durch die Ermächtigung, die Adolf Hitler am 1. September 1939 ausgewählten
Ärzten erteilte, unheilbar erkrankte Menschen dem „Gnadentodt“ zuzuführen. Somit
sollte das Ziel eines „erbgesunden“ deutschen Volkes erreicht werden, und
Geisteskrankheiten und fehlende soziale Anpassung aus dem „Volkskörper“ effektiv
entfernen zu können.16

Die prominenteste Aktion der Nationalsozialisten in diesem Zusammenhang ist


sicherlich die sogenannte „Aktion T4“. Etwa 70 000 Menschen, erwachsene
Patient*innen und Bewohner*innen von Heil- und Pflegeanstalten wurden in sechs
Tötungsanstalten zwischen den Jahren 1939 und 1941 innerhalb dieser „Aktion“
ermordet. Durchgeführt wurde diese „Aktion“ in Zusammenarbeit der Kanzlei des

13
Susanne Mende, Die Wiener Heil- und Pflegeanstalt Am Steinhof in der Zeit des NS-Regimes in
Österreich, in: Dahl, Matthias: Endstation Spiegelgrund, S. 61–74, hier S. 62.
14
Roelcke, S. 64.
15
G. Hohendorf u. a., Die Opfer der nationalsozialistischen "Euthanasie-Aktion T4"Erste Ergebnisse
eines Projektes zur Erschliessung von Krankenakten getöteter Patienten im Bundesarchiv Berlin, in:
Der Nervenarzt, 73 (2002), Nr. 11, S. 1065–1074, hier S. 1065.
16
M. Rotzoll u. a., Die nationalsozialistische "Euthanasieaktion T4" : Historische Forschung,
individuelle Lebensgeschichten und Erinnerungskultur, in: Der Nervenarzt, 81 (2010), Nr. 11,
S. 1326–1332, hier S. 1326.

4
Führers mit der Medizinabteilung des Reichsinnenministeriums, sodass die
Vernichtungsaktion zentral organisiert war.17

Die „Aktion T4“ wurde 1941 aufgrund des Widerstandes der Bevölkerung und
insbesondere der katholischen Kirche beendet.18 Dieses Ende bedeutete jedoch nicht
das Ende der “Euthanasie“ im Nationalsozialismus.19 Auch nach Ende der „Aktion
T4“ fand die Ermordung von Kindern in sogenannten „Kinderfachabteilungen“ statt.

2.1 Kinder- „Euthanasie“

Als Auslöser für die Kinder- „Euthanasie“ nennen einige Täter*innen nach 1945 ein
Gnadentodgesuch, deras unter dem Namen „Fall Knauer“ oder „Fall K.“ bekannt
ist.20 Hierbei handelte es sich um das Gesuch der Eltern oder des Direktors der
Klinik, in dem sich das behinderte Kind befand, das Anfang 1939 an Hitler gerichtet
wurde. Mit dem Gesuch sollte die Tötung des geistig und körperlich behinderten
Kleinkindes aus der Leipziger Universitätsklinik erwirkt werden.21 Ihm wurde
stattgegeben und esr soll der Auslöser für die Planung und Organisation eines
Kinder-
„Euthanasie“-Verfahrens gewesen sein,22 zu deren Zweck in verschiedenen
Einrichtungen sogenannte „Kinderfachabteilungen“ eingerichtet wurden.

17
Hohendorf u. a. 2002, S. 1066.
18
Frank Bajohr, Reaktionen der Bevölkerung auf "Euthanasie" und Holocaust. Einige Überlegungen,
in: Jörg Osterloh, "Euthanasie" und Holocaust. Kontinuitäten, Kausalitäten, Parallelitäten, hg. von
Jörg Osterloh und Jan Erik Schulte, Paderborn 2021 (Schriftenreihe der Gedenkstätte Hadamar), hier
S. 139.
19
Czech, Herwig: Der Spiegelgrund-Komplex. In: Österreichische Zeitschrift für
Geschichtswissenschaften, Bd. 25 Nr. 1-2 (2014): Die Kinder des Staates (2014). D. 194–219, hier
S. 195.
20
Sascha Topp, Geschichte als Argument in der Nachkriegsmedizin Formen der Vergegenwärtigung
der nationalsozialistischen Euthanasie zwischen Politisierung und Historiographie Gießen, Univ.,
Diss., 2011 2013, S. 32, http://deposit.d-nb.de/cgi-
bin/dokserv?id=4304209&prov=M&dok%5Fvar=1&dok%5Fext=htm.
21
Matthias Dahl, Endstation Spiegelgrund. Die Tötung behinderter Kinder während des
Nationalsozialismus am Beispiel einer Kinderfachabteilung in Wien 1940 bis 1945, Teilw. zugl.:
Göttingen, Univ., Diss., 1996, 2. Aufl., Wien 2004 (Perspektiven der Wissenschaftsgeschichte 13),
S. 26.
22
Henry Friedlander, Der Weg zum NS-Genozid von der Euthanasie zur Endlösung, Berlin 1997,
S. 86f., /digitale-objekte-hbz/storage/2006/01/17/file_78/1258294.pdf.

5
Hans Heinze, ein führender Jugendpsychiater in der Zeit des Nationalsozialismus
und Gutachter der Kinder-„Euthanasie“ bezeichnete die Aufgabe der
Jugendfürsorgeanstalten und „Kinderfachabteilungen“ so:

„[…] nicht nur die Erkennung Erbkranker, sondern auch die Früherfassung
anlagebedingter Asozialität auf dem Boden erblicher charakterlicher
Abartigkeit ist meines Erachtens am besten durch die jugendpsychiatrische
Beobachtung in einer fachlich geleiteten Aufnahmeabteilung sichergestellt.
Eine so ausgebaute jugendpsychiatrische Mitarbeit im
Fürsorgeerziehungswesen wird aber vor allen Dingen dazu beitragen helfen,
überflüssige Kosten zu ersparen, unnütze erzieherische Versuche am
untauglichen Objekt zu vermeiden […] und Unerziehbare wegen erheblicher
geistiger Regelwidrigkeit gemäß §73 RJWG [Reichsjugendwohlfahrtsgesetz]
rechtzeitig auszumerzen.“23

Das Unternehmen zur „Ausmerzung“ dieser Kinder und Jugendlichen sollte von
Anfang an geheim gehalten werden und möglichst nicht in Zusammenhang mit der
Kanzlei des Führers gebracht werden, die das Verfahren gemeinsam mit der
Abteilung Gesundheitswesen des Innenministeriums entwickelt hatte. Die
Ausarbeitung fand im engsten Kreis statt, der dem „Unternehmen“ den Tarnnamen
„Reichsausschuss zur wissenschaftlichen Erfassung und erb- und anlagebedingten
schweren Leiden“ gab.24 Am 18.8.1939 kam von diesem „Reichsausschuss“ der
Erlass, dass für die „Euthanasie“ Fälle von „Idiotie sowie Mongolismus (besondere
Fälle, die mit Blindheit und Taubheit verbunden sind), Mikrocephalie,
Hydrocephalus schweren bzw. fortschreitenden Grades, Missbildungen jeder Art
[…]“25 in Frage kamen. Zudem wurde das medizinische Personal verpflichtet
Kinder, die in diese Kategorien fielen, an die Gesundheitsämter zu melden. Die
Bögen zu den jeweiligen Meldungen wurden dann an den Reichsausschuss
weitergeleitet, wo über das weitere Schicksal der Kinder entschieden wurde.

23
Ernst Klee, Euthanasie" im NS-Staat die "Vernichtung lebensunwerten Lebens, Frankfurt am Main
1983, S. 380, /digitale-objekte-hbz/storage/2009/06/25/file_20/3059399.pdf.
24
Dahl 2004, S. 26-27.
25
T. Oelschlger, Zur Praxis der NS-Kinder-"Euthanasie" am Beispiel Österreichs, in: Monatsschrift
Kinderheilkunde, 151 (2003), Nr. 10, S. 1033–1042, hier S. 1034.

6
Schließlich wurden die ausgefüllten Meldebögen mit einem „+“ oder einem „-“
versehen, wobei das „+“ bedeutete, dass das betroffene Kind getötet werden sollte. 26
Hierauf wurde ein Brief an den behandelnden Amtsarzt des Kindes gesendet mit den
Daten des Kindes sowie der zur Tötung vorgesehenen „Kinderfachabteilung“ und ein
weiterer Brief an den Leiter der Tötungsanstalt mit der Ankündigung über das Kind,
das „behandelt“ werden solle sowie einer Aufforderung, über die Ergebnisse der
„Behandlung“, also der Tötung, an den „Reichsausschuss“ zu berichten.27

Mit der Tötung der Kinder waren die bereits erwähnten „Kinderfachabteilungen“
beauftragt. Während der Zeit, in der diese Kinder- „Euthanasie“ stattfand, 1939 –
1945, entstanden mindestens 37 solcher Einrichtungen. Die genaue Anzahl ist nur
schwer nachzuvollziehen, da viele Akten vernichtet wurden.28 Die
„Kinderfachabteilungen“ wurden in bereits bestehende Heil- und Pflegeanstalten
integriert, die als politisch zuverlässig galten und möglichst eine positive Einstellung
gegenüber den Aufgaben des Reichausschusses hatten.29

Die Ärzte der „Kinderfachabteilungen“ hatten genaue Vorgaben, wie die Vorgänge
innerhalb der Klinik bezüglich der zu tötenden Kinder dokumentiert werden sollten.
Bei Einlieferung des Kindes sollte ein detaillierter Bericht zum körperlichen sowie
geistigen Zustand des Kindes oder des Jugendlichen sowie eine prognostische
Einschätzung zur weiteren Entwicklung und der möglichen Arbeitsfähigkeit
angefertigt werden. Hierauf wurde beschlossen, ob und wenn ja, welche
therapeutischen Möglichkeiten sinnvoll erschienen oder, wenn keine Besserung oder
mögliche Arbeitsfähigkeit festgestellt werden konnte, ob eine Tötung durchgeführt
werden sollte. Dieser Bericht wurde an den „Reichsausschuss“ gesendet, der nach
ungefähr vier bis sechs Wochen eine Antwort zurücksendete, die final über die
weitere Behandlung entschied oder die „Euthanasie“ anordnete.30

26
Dahl 2004, S. 27-28.
27
Ebd., S. 28.
28
Dahl, S. 76.
29
Ebd., S. 77.
30
Oelschlger 2003, S. 1036.

7
Um den Vorgang zu beschleunigen, wurde den Eltern der zur „Euthanasie“
vorgesehenen Kinder bei einer Einweisunge derselben in die „Kinderfachabteilung“
eine Aussicht auf Heilerfolge versprochen. In Fällen von Bedürftigkeit übernahm der
„Reichsausschuss“ die Kosten. W, wenn sich die Eltern weigerten, wurde mit einer
wirtschaftlichen Belastung gedroht,31 oder auch mit der Entziehung des
Sorgerechts.32 Auch wurde den Eltern Hoffnung gemacht, dass die Kinder in der
jeweiligen Einrichtung bessere Aussichten auf Heilerfolge hatten.33 Die Eltern
bekamen kurz vor dem Tod eines Kindes eine Schlechtmeldung, in dem der Zustand
des Kindes als „besorgniserregend“ bezeichnet wurde. Kurz darauf folgte die
Todesmeldung mit dem Zusatz das Kind sei durch einen „sanften Schlaf erlöst“
worden.34

Eine Schwierigkeit in der Feststellung der tatsächlichen Anzahl der Opfer sowie der
genauen Anzahl von „Kinderfachabteilungen“ ist die Quellenlage. Tatsächlich
beruhen die meisten Angaben auf Aussagen von Tätern wie beispielsweise Hans
Hefelmann, der Abteilungsleiter des Hauptamtes IIb der Kanzlei des Führers und
Mitverantwortliche für die Kinder- „Euthanasie“. Dies liegt daran, dass viele Quellen
und Unterlagen nicht mehr vorhanden sind, entweder durch absichtliche Vernichtung
oder weil sie im Laufe der Zeit verloren gegangen sind. So liegt die Anzahl der
getöteten Kinder nach Aussagen der Täter zwischen 3 000 und 5 200.35

Wie hat die Bevölkerung darauf regiert, dass so viele Kinder in den
„Kinderfachabteilugen“ ums Leben kamen? Gab es Widerstand oder Unruhen, wie
viele Informationen gab es innerhalb der Bevölkerung?

2.2 Reaktionen der Bevölkerung

Es ist schwer festzustellen, in welchem Umfang die Bevölkerung von der


„Euthanasie“ von Erwachsenen, Kindern und Jugendlichen informiert war. Dies ist
ein Punkt, der auch in Hinsicht auf Hans Asperger eine Rolle spielt. Falls die

31
Dahl, S. 76-77.
32
Benzenhöfer 2003, S. 1017.
33
Klee 1983, S. 300.
34
Dahl, S. 85.
35
Benzenhöfer 2003, S. 1018.

8
allgemeine Bevölkerung Wissen über die Vorgänge der „Euthanasie“ hat, ist dies
wahrscheinlich auch bei Asperger der Fall gewesen. Auch die Einschätzungen der
gesellschaftlichen Reaktionen fallen innerhalb der Forschung unterschiedlich, wenn
nicht sogar gegensätzlich aus. Auf der einen Seite wurde der Abbruch der „Aktion
T4“ aufgrund von Protesten der Bevölkerung, insbesondere von der Seite der Kirche,
als „Erfolgsgeschichte zivilgesellschaftlicher Auflehnung gegen die NS-
Machthaber“36 gesehen. Andererseits gibt es Historiker*innen wie Götz Aly, die von
einem Hinnehmen und Akzeptieren der „Euthanasie“ von Familienangehörigen
sprechen.37

Die von den „Euthanasie“-Morden betroffenen Gruppen waren bereits vor der
Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 sozial marginalisiert in Anstalten,
sodass der soziale Ausschluss weder für Angehörige noch die allgemeine
Bevölkerung auffällig war.38 Hinzu kam die Ausbreitung der zuvor erwähnten
Eugenik und der sogenannten „Rassenhygiene“ sowohl im deutschen Reich wie auch
in Österreich. In Österreich gab es Diskurse um den allgemeinen Gesundheitszustand
der Bevölkerung sowie einen Schwerpunkt auf die Fragestellung „Was kosten
Minderwertige den Staat und die Gesellschaft?“39 Ein Grundstein zur
Dehumanisierung von Menschen mit Behinderungen, die in den Augen der
zeitgenössischen Gesellschaft von „minderwertiger“ Qualität waren, war also schon
vor Machtübernahme der Nationalsozialisten und vor der Annexion Österreichs
gelegt.40

Dass es Widerstand und somit Wissen über die „Euthanasie“-Aktionen gab, zeigen
die bereits erwähnten Proteste gegen die „Aktion T4“. Auch in Wien gab es
Widerstand gegen die Tötung von Patient*innen. So erregten die Patiententransporte,
die im Sommer 1940 in der „Heil- und Pflegeanstalt der Stadt Wien Am Steinhof“
stattfanden, die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit. Es kam zu Demonstrationen auf

36
Bajohr 2021, S. 139.
37
Götz Aly, Die Belasteten "Euthanasie" 1939 - 1945 ; eine Gesellschaftsgeschichte, 2. Aufl.,
Frankfurt am Main 2013, S. 287, http://deposit.d-nb.de/cgi-
bin/dokserv?id=4185529&prov=M&dok_var=1&dok_ext=htm.
38
Bajohr 2021, S. 140f.
39
Löscher, S. 108-109.
40
Ebd., S. 109-110.

9
dem Klinikgelände und „Wäschekörbe voller Post“ wurden von Wiener
Bürger*innen nach Berlin in die Reichskanzlei gesendet.41

Die geographische Nähe zu der Heil- und Pflegeanstalt in Wien trug vermutlich zu
den Reaktionen bei. Denn die Punkte, an denen Informationen und Gerüchte über die
„Euthanasie“ zirkulierten, war die nähere geographische Umgebung um die Tatorte.
Zusätzlich zu diesen Gerüchten verbreitete auch der deutschsprachige Sender der
BBC, den einige Deutsche heimlich hörten, Informationen über die „Euthanasie“. 42
Im Sommer 1941 berichtete die BBC auch über die Ereignisse in Wien.43

Auch Briefe von Eltern können vermuten lassen, dass zumindest in Teilen der
Bevölkerung Vermutungen über die Vorgänge in den „Kinderfachabteilungen“ im
Umlauf waren.44 Eine Mutter, deren Tochter in der „Kinderfachabteilung“ „Am
Spiegelgrund“ untergebracht war und dort verstarb, schrieb an den Leiter, Dr. Illing:

„Herr Doktor schauen Sie muß ich nicht jetzt doppelt den Schmerz tragen da
mir die Leute sagen direkt ins Gesicht nun haben Ihrs halt vergiftet so zu
sagen beseitigt […]“.45

Schlussendlich ist es schwer zu sagen, wie viel die Bevölkerung über die einzelnen
Vorgänge der (Kinder-) „Euthanasie“ wussten. Aus den Protesten sowie der
Aussagen in Briefen von Eltern geht jedoch hervor, dass zumindest in Teilen der
allgemeinen Bevölkerung ein Wissen oder zumindest eine Vermutung im Umlauf
war. Die Reaktionen, ausgenommen der Proteste gegen die „Aktion T4“, fielen eher
gemäßigt aus oder beschränkten sich auf das private Umfeld.

41
Dahl 2004, S. 33.
42
Bajohr 2021, S. 142-143.
43
Dahl 2004, S. 33.
44
Dahl, Matthias: Endstation Spiegelgrund, S. 101–103.
45
Ebd., S. 103.

10
3 „Euthanasie“ in der „Kinderfachabteilung“ „Am Spiegelgrund“

Um die Kinder- „Euthanasie“ durchzuführen, gab es die bereits erwähnten


„Kinderfachabteilungen“, die bereits bestehenden Heil- und Pflegeanstalten
angegliedert wurden.46 Im österreichischen Gebiet lassen sich aktuell zwei
„Kinderfachabteilungen“ nachweisen, die zwischen 1940 und 1945 bestanden. Zum
einen die „Kinderfachabteilung“ „Am Feldhof“ in Graz und zum anderen die
„Kinderfachabteilung“ „Am Spiegelgrund“ in Wien.47 Letztere ist in dieser Arbeit
von Interesse, da dies die Anstalt ist, in die Hans Asperger Kinder überwiesen hat.

Die „Kinderfachabteilung“ „Am Spiegelgrund“ wurde am 24.7.194048 auf dem


Gelände der 1907 eingerichteten Heil- und Pflegeanstalt „Am Steinhof“ 49 gegründet.
Die „Wiener städtische Jugendfürsorgeanstalt „Am Spiegelgrund“ bestand im
Grunde aus zwei Institutionen: Dem „Erziehungsheim“ und der „Nervenheilanstalt“.
Wobei sich die in dieser Arbeit präsentierten Inhalte auf die „Nervenheilanstalt“
beziehen, die auch die „Kinderfachabteilung“ beinhaltete. Diese „Nervenklinik“ für
Kinder befand sich in den Pavillons 15 und 17.50

Von der Gründung der Wiener „Kinderfachabteilung“ bis Ende 1941 war Dr. Erwin
Jekelius, ein ehemaliger Hilfsarzt der Wiener Universitäts-Kinderklinik, Leiter dieser
„Kinderfachabteilung“51 und wurde im Sommer 1942 durch Dr. Ernst Illing ersetzt.52

Mit genauer Sicherheit lässt sich nicht sagen, wie viele Kinder und Jugendliche in
der Einrichtung „Am Spiegelgrund“ zwischen 1940 und 1945 „behandelt“ wurden.
Relative Sicherheit hingegen gibt es über die Anzahl der Verstorbenen oder
ermordeten Kinder. Im Totenbuch der „Kinderfachabteilung“ werden 789 Namen

46
Dahl, S. 77.
47
Oelschlger 2003, S. 1034.
48
Dahl, S. 78.
49
Dahl 2004, S. 33.
50
Peter Malina, Im Angstnetz des NS-"Erziehung". Kinder- und Jugend- "Fürsorge" auf dem
"Spiegelgrund 1940 - 1945, in: Eberhard Gabriel und Wolfgang Neugebauer (Hg.), Von der
Zwangssterilisierung zur Ermordung. Zur Geschichte der NS-Euthanasie in Wien Teil II, unter Mitw.
von Siegwald Ganglmair und Wolfgang Lamsa, Wien 2002 (Zur Geschichte der NS-Euthanasie in
Wien / Heinz Eberhard Gabriel Wolfgang Neugebauer (Hg.)), S. 77–98, hier S. 77.
51
Herwig Czech 2014, S. 197.
52
Dahl 2004, S. 36.

11
aufgeführt, wobei 56,4 % Jungen und 43,6 % Mädchen waren. 53 Die beteiligten
Ärzt*innen geben später an, dass bei 200 bis 250 der verstorbenen Kinder
„nachgeholfen“ worden sei.54

Bei den Diagnosen der gestorbenen Kinder „ist am häufigsten […] die relativ
unspezifische Diagnose „Schwachsinn“ bzw. „Idiotie“ angegeben (454 Fälle oder
57,5 Prozent). In 74 Fällen (9,4 Prozent) lautet die Diagnose auf „mongoloide
Idiotie“ (heute Down-Syndrom genannt).55

Matthias Dahl untersuchte 312 der erhaltenen Krankengeschichten von Kindern, die
in der „Kinderfachabteilung“ „Am Spiegelgrund“ gestorben waren. Dabei fällt auf,
dass bei 88 % der gestorbenen Kinder eine Meldung an den „Reichsausschuss zur
wissenschaftlichen Erfassung von erb- und anlagebedingten schweren Leiden“
vorliegt. Wie bereits erwähnt wurden spezielle Formblätter über die Kinder, die
durch die „Euthanasie“ getötet wurden, an den Reichsausschuss gesendet. So können
diese Meldungen als Hinweis darauf gewertet werden, dass diese 275 Kinder keines
natürlichen Todes gestorben sind, sondern geplant getötet wurden.56

Weiterhin gibt das Totenbuch kurz gefasste Informationen zu Diagnosen und


Todesursachen der Kinder. Die tatsächliche Ursache, oft wurde die „Euthanasie“
durch eine Vergiftung mit dem Beruhigungsmittel Luminal durchgeführt, wurde in
den Totenbüchern jedoch systematisch verschleiert, sodass es nicht möglich ist
schlussendlich festzustellen wie viele Kinder aktiv getötet wurden.57

53
Herwig Czech 2014, S. 197.
54
Dahl 2004, S. 138.
55
Herwig Czech 2014, S. 199.
56
Dahl 2004, S. 82-83.
57
Herwig Czech 2014, S. 198.

12
4 Die Heilpädagogische Abteilung an der medizinischen Fakultät der
Universität Wien

Die Heilpädagogische Abteilung an der Wiener Universitätsklinik ist im


Zusammenhang mit Hans Asperger von besonderem Interesse. Hier arbeitete der
Kinderpsychologe seit 1931 und verblieb auch nach Ende der Herrschaft der
Nationalsozialisten in der Leitungsposition dieser Abteilung.58

Diese Heilpädagogische Abteilung speziell für Kinder und Jugendliche war die erste
ihrer Art in Europa. „Heilpädagogik“ ist in diesem Zusammenhang als Theorie zur
Erziehung von behinderten oder „abnormalen“ Personen zu verstehen. Andere
Begriffe für die Art der Behandlung, die den Kindern und Jugendlichen angedeihen
sollte, waren zeitgenössisch auch „Pädagogische Pathologie“ oder „Medizinische
Pädagogik“. Im Vordergrund stand also die Behandlung der Kinder durch
Erziehung.59

Hans Asperger übernahm die Leitung der Heilpädagogischen Abteilung, nachdem


seine Vorgängerin Valerie Bruck, die von 1932 bis 1935 diese Position innehatte,
durch die „Doppelverdienerverordnung“ diese Position nicht mehr bekleiden durfte.
Der Leiter der Kinderklinik der Wiener Universitätsklinik, Franz Hamburger, setzte
daraufhin Hans Asperger ein.60

Franz Hamburger, der die Kinderklinik der Wiener Universitätsklinik von 1930 bis
1945 leitete,61 war Anhänger des rechten Lagers und schon vor dem Anschluss
Österreichs Unterstützer der NSDAP.62 Hamburgers politische Einstellungen
übertrugen sich auch auf seine Personalpolitik, sodass die Assistenzärzt*innen, die
eine

58
Ina Friedmann, Die Heilpädagogische Abteilung der Wiener Universitätskinderklinik zwischen
1911 und 1977, in: Monatsschrift Kinderheilkunde, 168 (2020), S3, S. 154–162, hier S.155.
59
Wolfgang Brezinka, Heilpädagogik an der Medizinischen Fakultät der Universität Wien. Ihre
Geschichte von 1911-1985, Zeitschrift für Pädagogik 43 (1997) 3, S. 395-420, in: Zeitschrift für
Pädagogik, 43 (1997), hier S.395-396.
60
Friedmann 2020, S. 155.
61
Ebd.
62
H. Czech, Hans Asperger und der Nationalsozialismus: Konturen einer Kontroverse, in:
Monatsschrift Kinderheilkunde, 168 (2020), Nr.3, S.163–175, hier S.166.

13
Habilitation unter ihm ablegten, nach 1945 alle wegen ihrer Nähe zur NSDAP
entlassen wurden, mit Ausnahme von Hans Asperger.63

Die meisten Überweisungen (61,5 %), die von der Wiener Kinderklinik an die
„Kinderfachabteilung“ „Am Spiegelgrund“ erfolgten, wurden von Franz Hamburger
veranlasst. Nur eines der 26 an die „Kinderfachabteilung“ zwischen 1940 und 1945
überwiesenen Kinder wurde von Hans Asperger überwiesen.64

5 Hans Aspergers politische Orientierung bis 1945

Die in wissenschaftlichen Schriften am häufigsten angegebene Quelle zu Hans


Aspergers Leben ist ein Radiointerview, das am 24.12.1974 erstmalig im
Österreichischen Rundfunk (ORF) ausgestrahlt wurde. Hier berichtet der ehemalige
Leiter der Heilpädagogischen Abteilung über seine Biographie, seine Familie und
seinen Karriereweg.65 Insbesondere Aspergers Einstellung zum Nationalsozialismus
wird aus einigen wenigen Bemerkungen von seiner Seite abgeleitet.

Zunächst zu Hans Aspergers Lebensweg: Asperger (1906 – 1980) stammte aus dem
Wiener katholischen, kleinbürgerlichen Milieu. Als Jugendlicher war er Mitglied im
Bund Neuland, einer katholischen Jugendorganisation.66 Der Bund Neuland selbst
berichtet, dass es in seinihrer Organisation Gegner wie auch Befürworter des
Nationalsozialismus gab, die Gegner jedoch überwogen, wodurch es im März 1938
zu einer Auflösung kam.67 Einigen Historiker*innen zufolge, beispielsweise Herwig
Czech oder Ernst Hanisch, wurde der Bund Neuland nach dem Verbot der NSDAP in
Österreich von „illegalen Hitlerjugend-Gruppen und anderen NS-Anhängern
unterwandert“.68

63
Herwig Czech, Hans Asperger, National Socialism, and "Race Hygiene" in Nazi-Era Vienna, in:
Molecular autism, 9 (2018), hier S. 5.
64
Dean Falk, Non-complicit: Revisiting Hans Asperger’s Career in Nazi-era Vienna, in: Journal of
Autism and Developmental Disorders, 50 (2020), Nr. 7, S. 2573–2584, hier S. 2575f.
65
ORF, Geschichte und Geschichte. Autobiographische Aussagen von Hans Asperger 1974, 24.
Dezember 1974, https://www.mediathek.at/atom/01782B10-0D9-00CD5-00000BEC-01772EE2
(abgerufen am 7. April 2023).
66
Maleczek u. a. 2020, S. 176.
67
Bund Neuland, Geschichte, http://www.bund-neuland.at/02_Geschichte.html (abgerufen am 8.
April 2023).
68
Czech 2020, S. 164.

14
Andere Historiker*innen wiederum stellen die NSDAP-nahen Anhänger des Bund
Neuland als Ausnahme eErscheinungen dar, die Behauptung, in der Organisation
habe NS-Gedankengut um sich gegriffen, „kam auch vom Cartell-Verband (CV), der
in Konkurrenz zu dieser anderen kirchlich-bürgerlichen Elite wirkte.“ 69 Asperger
selbst gibt an, der Bund Neuland habe ihm geholfen seine „Verantwortung vor dem
Volk“ wahrzunehmen und ihn der Natur nähergebracht. Die Hitler-Jugend wiederum
bezeichnet er als „schreckliche Perversion“ einer Jugendbewegung und als
„Schreckliche Schule der Unfreiheit“.70

Nachdem Hans Asperger in Wien promoviert wurde, konnte er schon bald an der
Wiener Kinderklinik der Universitätsklinik arbeiten, wo er, wie bereits erwähnt, ab
1935 die Heilpädagogische Abteilung leitete. In vielen wissenschaftlichen Schriften
wird seine besonders enge Beziehung zu Franz Hamburger, dem Leiter der
Kinderklinik, herausgestellt. Darüber inwiefern diese Verbindung, Asperger selbst
bezeichnete Hamburger als seinen „Mentor“,71 mit einer politisch ähnlichen
Gesinnung zusammenhingängt, können nur Mutmaßungen angestellt werden.

In Akten des NS-Regimes, das nach dem „Anschluss“ eine Überprüfung aller
öffentlicher Bediensteten zu deren Einstellung zum nationalsozialistischen
Gedankengut anfertigte, heißt es über Hans Asperger:

„Asperger ist religiöser Katholik. […] hatte mit Systempolitikern keine


Verbindung. War Mitglied der katholischen Vereinigung ‚Neuland‘. Den
nationalsozialistischen Ideen in der Rassenpflege und der
Sterilisierungsgesetzgebung ist er zugänglich. Charakterlich einwandfrei“.72

Asperger trat nie der NSDAP bei, jedoch einigen der nationalsozialistischen
Ideologie nahen Organisationen. Beispielsweise dem „Verein Deutscher Ärzte in
Österreich“, wobei die Bezeichnung „deutsch“ hier im Sinne der Nationalsozialisten
gemeint ist und beispielsweise jüdische Ärzt*innen ausschloss. Dieser Verein

69
Maleczek u. a. 2020, S. 177.
70
ORF 1974.
71
Ebd.
72
Maleczek u. a. 2020, S. 182.

15
forderte beispielsweise die Begrenzung von jüdischen Medizin Student*innen.
Weiterhin trat Asperger 1932 dem „Deutschen Schulverein Südmark“ bei, der die
Absicht hatte, deutsche Kultur und Sprache in Schulen zu fördern.73 Direkte
Verbindungen zu deutlich nationalsozialistischem Gedankengut können hier nicht
festgestellt werden, eine Nähe zu Menschen aus dem Kreis der Nazis jedoch ist
erkennbar.

Eine Behauptung, die Asperger während des ORF-Interviews aufstellte, die sich
aufgrund der Vernichtung und des Verschwindens der Gestapo Akten in Wien nicht
weiterverfolgen lässt, ist, dass er während des Nationalsozialismus aufgrund seiner
Weigerung, Kinder und Jugendliche an das Gesundheitsamt zu melden, zweimal
beinahe von der Gestapo verhaftet wurde. 74 Hiervor habe ihn nur Franz Hamburgers
persönlicher Einsatz und Einfluss bewahren können.75

Auch die Aussage, Asperger habe keine Kinder an das Gesundheitsamt gemeldet,
konnte bisher nicht widerlegt oder bestätigt werden. Zum einen aufgrund des Fehlens
vieler Akten, die die Kinder- „Euthanasie“ betreffen, zum anderen aufgrund einer
Lücke in der Forschung.

Im Interview, das Jahre nach Ende des NS-Regimes aufgenommen wurde, distanziert
Asperger sich klar von den nationalsozialistischen Anschauungen: „Die
nationalsozialistische Zeit kam, wobei es aus meinem bisherigen Leben klar war,
dass man wohl mit vielen sagen wir nationalen – in Anführungszeichen – Dingen
mitkam, aber nicht mit den Unmenschlichkeiten.“76

Aus der Nähe zu Franz Hamburger sowie der Tatsache, dass Asperger während der
nationalsozialistischen Zeit in einer leitenden Funktion tätig war, kann geschlossen
werden, dass sich sein aktiver Widerstand gegen das NS-Regime in Grenzen hielt,
falls einers vorhanden war. Eine ausgesprochene Nähe zur NSDAP oder deren
Anhänger kann Asperger bloß im beruflichen Kontext nachgewiesen werden.
Inwiefern der

73
Czech 2018, S. 6-7.
74
ORF 1974.
75
Czech 2020, S. 167.
76
ORF 1974.

16
Beitritt in nationalsozialistischem Gedankengut nahen Organisationen aus eigener
politischer Überzeugung stammte oder ob es sich hier um eine Taktik handelte,
beruflich weiterzukommen, ist nicht eindeutig zu sagen.

6 Hans Aspergers wissenschaftliches Werk im Nationalsozialismus

Im Oktober 1938, während die Nationalsozialisten also bereits die Herrschaft über
Österreich erlangt hatten, veröffentlichte Hans Asperger einen Fortbildungsvortrag
mit dem Titel „Das psychisch abnorme Kind“. In seinem Gesamtwerk wird dies oft
als Beginn seiner Arbeit an dem Thema „Autistische Psychopathen im Kindesalter“
gesehen, welches er bis zum Ende seiner wissenschaftlichen Karriere intensiv
bearbeitete.77 In diesem Artikel ist folgende einleitende Bemerkung zu finden:

„We stand in the midst of a massive reorganization of our intellectual and


spiritual life, which has seized all areas of this life- not least in medicine. The
central idea of the new Reich – that the whole is more than its parts, and that
the Volk is more important than the individual – had to bring about
fundamental changes in our whole attitude, since this regards the nation’s
most precious asset, its health. “78

Diese Aussage wird von Historiker*innen unterschiedlich interpretiert. Herwig


Czech deutet es als Zeichen der Zugewandtheit Aspergers gegenüber der
„Rassenhygiene“ der Nationalsozialisten,79 während andere es als “notwendige
Verbeugung vor den neuen Herren […] die dies mit allen Mitteln, von subtil bis
brutal, einforderten.”80

Ein weiteres Werk, das Asperger während des Nationalsozialismus veröffentlichte,


ein für seine spätere berufliche Laufbahn prägendes Buch, ist „Die ‚Autistischen
Psychopathen‘ im Kindesalter“. Hier beschreibt Hans Asperger die Eigenschaften,
die er bisher bei Kindern, die er den „autistischen Psychopathen“ zuordnen würde

77
Maleczek u. a. 2020, S. 181.
78
Czech 2018, S. 13.
79
Ebd., S. 13–15.
80
Maleczek u. a. 2020, S. 181.

17
und gibt Empfehlungen wie mit ihnen innerhalb der Gesellschaft verfahren werden
sollte:

„Wir finden, daß auch solche Menschen ihren Platz in dem Organismus – der
sozialen Gemeinschaft haben, die sie voll ausfüllen, manche vielleicht in
einer Weise, wie das sonst niemand könnte […] Gerade bei solchen
Charakteren zeigt sich, wie entwicklungs- und anpassungsfähig auch abartige
Persönlichkeiten sein können […] Diese Tatsache bestimmt dann auch unsere
Einstellung und unser Werturteil gegenüber schwierigen Menschen dieser
und anderer Art und gibt uns das Recht und die Pflicht, uns für sie mit unserer
ganzen Persönlichkeit einzusetzen […].“81

Auch diese Ausführung lässt verschiedene Interpretationen zu. Zum einen betont
Asperger immer wieder den Wert der „Autistischen Psychopathen“ für die
Gesellschaft, was der nationalsozialistischen Einstellung, dass jedes Mitglied der
Gesellschaft nur dann einen Wert und eine Daseinsberechtigung hat, wenn es
arbeiten kann, entspricht. Zum anderen bringt er die Meinung zum Ausdruck, dass
ärztliches Personal sich auch für diese „abartigen Persönlichkeiten“ voll einsetzen
sollte.

In Aspergers Werken lässt sich keine klare Position der „Euthanasie“ und Eugenik
gegenüber finden. Die Aussagen, die getroffen werden, sind vage genug, um sowohl
eine Befürwortung der nationalsozialistischen Politik zuzulassen als auch eine
neutrale Haltung dem NS-Regimes und dessen „Maßnahmen“ behinderten Menschen
gegenüber.

81
Hans Asperger, Die "Autistischen Psychopathen" im Kindesalter, Wien 1948, S. 135,
http://www.th-hoffmann.eu/archiv/asperger/asperger.1944.pdf (abgerufen am 15. April 2023).

18
7 Hans Asperger und die „Kinderfachabteilung“ „Am Spiegelgrund“

Ein weiterer Aspekt in der Frage um Hans Aspergers Wissen und seine
Mittäterschaft an der in der „Kinderfachabteilung“ „Am Spiegelgrund“ ermordeten
Herta Schreiber.82

Die zu dem Zeitpunkt dreijährige Herta Schreiber wurde am 1. Juli 1941 an die
„Kinderfachabteilung“ überwiesen. Sie hatte in Folge einer Gehirnentzündung
schwere Gehirnschäden davongetragen.83 Hans Asperger notierte zu ihrem Zustand
nach seiner Untersuchung am 27. Juni 1941:

„Schwere Persönlichkeitsstörung (postenzephalitisch?): schwerster


motorischer Rückstand, erethische Idiotie, Fraisenanfälle. Das Kind muss
zuhause für die Mutter, die noch für fünf gesunde Kinder zu sorgen hat, eine
untragbare Belastung darstellen. Dauernde Unterbringung auf dem
‚Spiegelgrund‘ erscheint unbedingt nötig.“84

Nach ihrer Überweisung berichtete Erwin Jekelius, ärztlicher Direktor von „Am
Spiegelgrund“, dem „Reichsausschuss zur wissenschaftlichen Erfassung und erb-
und anlagebedingten schweren Leiden“, dass sie zwar keine Chance auf eine
Besserung ihres Zustandes hatte, ihre Behinderung ihre Lebenserwartung jedoch
auch nicht verringerte.85 Herta Schreiber verstarb am 2. September desselben Jahres
in der „Kinderfachabteilung“ „Am Spiegelgrund“, angeblich an einer
Lungenentzündung.86

Hans Asperger ging in diesem Fall vermutlich nicht von einer möglichen Besserung
des Zustandes des Mädchens aus und nimmt die Belastung der Mutter mit in seinen
Bericht auf. Dies könnten Indizien sein, dass er den Tod des Kinds in Kauf nahm.

82
Czech 2018, S. 22.
83
Falk 2020, S. 2576.
84
Czech, Herwig: Der Spiegelgrund-Komplex. In: Österreichische Zeitschrift für
Geschichtswissenschaften, Bd. 25 Nr. 1-2 (2014): Die Kinder des Staates (2014). D. 194–219, hier
S. 206.
85
Czech 2018, S. 20.
86
Czech 2014, S. 206.

19
Insbesondere da, wie bereits erwähnt, in der Wiener Bevölkerung durchaus Wissen
über die Vorgänge in der Anstalt Steinhof im Umlauf war.87

Ein weiteres Mädchen, das Hans Asperger direkt an die „Kinderfachabteilung“ „Am
Spiegelgrund“ empfahl, ist Elisabeth Schreiber (trotz desselben Nachnamens gibt es
keine offensichtliche Verwandtschaft zu Herta Schreiber). In seinem Bericht
beschreibt er die Fünfjährige folgendermaßen:

„Erethische Imbezillität, wahrscheinlich auf postencephalitischer Grundlage:


Salivation, […] beträchtlicher Sprachrückstand (beginnt jetzt langsam zu
sprechen) bei relativ besserem Verständnis. Das Kind ist in der Familie,
bessonders [sic!] bei den gedrängten räumlichen Verhältnissen, zweifellos
eine kaum erträgliche Belastung und gefährdet durch ihre Aggressionen auch
die kleinen Geschwister. Es ist daher begreiflich, dass die Mutter auf
Unterbringung drängt. Am ehesten käme der ‚Spiegelgrund‘ in Frage.“88

Auch in diesem Fall stellt Asperger die Unzumutbarkeit der Betreuung des Kindes
für die Mutter hervor und begründet damit seine Empfehlung zur Unterbringung in
der „Kinderfachabteilung“. Elisabeth wurde trotz dieser Empfehlung zunächst in
einem anderen Kinderheim untergebracht,89 von wo aus sie dann im März 1942
nach
„Am Spiegelgrund“ überwiesen wurde und am 30. September 1942 an einer
angeblichen Lungenentzündung verstarb.90

87
Ebd., S. 207.
88
Czech 2018, S. 22.
89
Maleczek u. a. 2020, S. 184.
90
Czech 2018, S. 22.

20
8 Fazit

Die zu Anfang gestellte Frage, ob Hans Asperger an der Kinder- „Euthanasie“


beteiligt war und Kinder so wissentlich in den Tod in der „Kinderfachabteilung“
„Am Spiegelgrund“ geschickt hat, ist nicht klar zu beantworten.

Deutlich geworden ist im Verlauf dieser Arbeit, dass Hans Asperger ein
ambivalentes Verhältnis zum Nationalsozialismus hatte. Zum einen arbeitete er in
seinem Alltag in der Wiener Kinderklinik eng mit dem nationalsozialistischen Franz
Hamburger zusammen und wurde von ihm beruflich von Beginn seiner Laufbahn an
gefördert. Zum anderen können aus Teilen von Aspergers wissenschaftlichenr
Veröffentlichungen aus der Zeit der Nationalsozialismus Ideologien gelesen werden,
die denen des NS-Regimes nahekommen. Auch seine Mitgliedschaft in einigen
Organisationen, die der Nazi-Ideologie nahestanden, ist ein Faktor. All dies jedoch
kann kein klares Bild eines Menschen zeichnen, der sich deutlich zu der Ideologie
der Nationalsozialist*innen und deren Taten bekennt. Festzuhalten ist jedoch, dass
Hans Asperger während seiner beruflichen Laufbahn von der nationalsozialistischen
Politik profitierte und sich nicht klar gegen die Taten des NS-Regimes wandte.

Eine große Frage um seine Mitschuld am Tod von Herta Schreiber und Elisabeth
Schreiber ist Hans Aspergers Wissen um die Vorgänge in der „Kinderfachabteilung“
„Am Spiegelgrund“. Deutlich geworden ist, dass die Öffentlichkeit durchaus mehr
oder weniger vages Wissen um die Ermordung von behinderten Menschen in der
Klinik „Am Steingrund“ hatte. Dafür spricht die genannte Briefaktion gegen die
„Aktion T4“ aus Wien genauso wie der Brief einer Mutter, die die Frage offen stellt,
ob ihr Kind ermordet wurde. Dies deutet klar darauf hin, dass in der gesamten
Bevölkerung Gerüchte und Wissen im Umlauf waren. Ebenfalls gab es Berichte aus
dem britischen Ausland über die Ermordung von Kindern und Erwachsenen in der
genannten Wiener Klinik, die beispielweise über Radiosender auch Wien erreichen
konnten.

Eine klare Antwort über Aspergers Mitwissen kann es nicht geben, seine Aussage im
Interview mit der ORF, dass er Kinder nicht dem Gesundheitsamt gemeldet habe,
lässt sich verschieden deuten. Zum einen war Hans Asperger der Leiter der
Heilpädagogischen Abteilung und es ist durchaus möglich, dass diese Aufgabe

21
Ärzt*innen oder Pfleger*innen, die unter ihm beschäftigt waren, zugeteilt war. Zum
anderen bedeutet diese Aussage, ob sie nun wahr oder falsch ist, dass Asperger
bereits zur Zeit des NS-Regimes befürchtete, dass mit den Daten über die
behinderten Kinder und Jugendlichen nichts Gutes getan würde. Er muss also
mindestens geahnt haben, dass diesen Kindern Unrecht getan werden könnte, würde
er sie melden.

Auffällig ist zudem, dass Hans Asperger für beide Mädchen, die er an die
„Kinderfachabteilung“ „Am Spiegelgrund“ empfahl oder überwies, keine
Besserungsaussichten sah und betonte, sie seien eine Belastung für die jeweilige
Familie. Ob er sie somit aus dem Umfeld entfernen wollte, oder ob Asperger wusste,
dass sie in der „Kinderfachabteilung“ ermordet wurden, kann nur gemutmaßt
werden.

Insgesamt lässt sich zu der Forschungslage um Hans Asperger und dessen


Beteiligung oder Verstrickung in die Taten der Nationalsozialisten sagen, dass die
beteiligten Historiker*innen, besonders zu nennen sind hier Herwig Czech, Dean
Falk oder auch Werner Maleczek, sich in einem lebendigen Diskurs befinden.
Insbesondere erschweren fehlende Akten und Quellen die klare Beantwortung der
Fragestellung, was dazu führt, dass viel der Interpretation überlassen ist, und diese
fällt je nach Autor*in stark unterschiedlich aus.

Auffällig ist in der Recherche ebenfalls eine dünne Literaturlage zu der Kinder-
„Euthanasie“ in Wien. Nur wenige Autor*innen beschäftigten sich in der
Vergangenheit mit dieser Thematik. Hier scheint es, unabhängig der Thematik um
Asperger, Bedarf nach weiteren Untersuchungen zu geben.

22
9 Quellen

Asperger, Hans: Die „Autistischen Psychopathen“ im Kindesalter, Wien 1948,


http://www.th-hoffmann.eu/archiv/asperger/asperger.1944.pdf (abgerufen am 15.
April 2023).

Galton, Francis: Entwürfe zu einer Fortpflanzungshygiene. Eugenics: Its Definition,


Scope and Aims, 1906, S. 812–829, Archiv für Rassen- und Gesellschaftsbiologie III.

ORF, Geschichte und Geschichte. Autobiographische Aussagen von Hans Asperger


1974, 24. Dezember 1974, https://www.mediathek.at/atom/01782B10-0D9-00CD5-
00000BEC-01772EE2 (abgerufen am 7. April 2023).

Rüdin, Ernst: Psychiatrie und Rassenhygiene, in: Münchener Medizinische


Wochenschrift, 1934, Nr. 81, S. 400–402.

10 Literatur

Aly, Götz: Die Belasteten. „Euthanasie“ 1939 - 1945; eine Gesellschaftsgeschichte,


2. Aufl., Frankfurt am Main 2013, http://deposit.d-nb.de/cgi-
bin/dokserv?id=4185529&prov=M&dok_var=1&dok_ext=htm. (Einsichtnahme
wann?)

Bajohr, Frank: Reaktionen der Bevölkerung auf „Euthanasie“ und Holocaust.


Einige Überlegungen, in: Osterloh, Jörg und Schulte, Jan (Hrsg.): „Euthanasie“ und
Holocaust. Kontinuitäten, Kausalitäten, Parallelitäten, Paderborn 2021
(Schriftenreihe der Gedenkstätte Hadamar).

Benzenhöfer, U.: Genese und Struktur der „NS-Kinder- und


Jugendlicheneuthanasie“, in: Monatsschrift Kinderheilkunde, 151 (2003), Nr. 10,
S. 1012–1019.

23
Brezinka, Wolfgang: Heilpädagogik an der Medizinischen Fakultät der Universität
Wien. Ihre Geschichte von 1911-1985, Zeitschrift für Pädagogik 43 (1997) 3, S. 395-
420, .in: Zeitschrift für Pädagogik, 43 (1997).

Bund Neuland: Geschichte, http://www.bund-neuland.at/02_Geschichte.html


(abgerufen am 8. April 2023).

Czech, Herwig: Hans Asperger und der Nationalsozialismus: Konturen einer


Kontroverse, in: Monatsschrift Kinderheilkunde, 168 (2020), Nr. 3, S. 163–175.

Czech, Herwig: Hans Asperger und die „Kindereuthanasie“ in Wien. Mögliche


Verbindungen, in: Pollak, Arnold (Hrsg.): Auf den Spuren Hans Aspergers. Fokus
Asperger- Syndrom. Gestern, Heute, Morgen. S. 24–29.

Czech, Herwig: Der Spiegelgrund-Komplex. In: Österreichische Zeitschrift für


Geschichtswissenschaften, Bd. 25 Nr. 1-2 (2014): Die Kinder des Staates (2014). D.
194–219.

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bis 1945, in: Dahl, Matthias: Endstation Spiegelgrund., S. 75–92.

Dahl, Matthias: Endstation Spiegelgrund. Die Tötung behinderter Kinder während


des Nationalsozialismus am Beispiel einer Kinderfachabteilung in Wien 1940 bis
1945, Teilw. zugl.: Göttingen, Univ., Diss., 1996, 2. Aufl., Wien 2004 (Perspektiven
der Wissenschaftsgeschichte 13).

24
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Vienna, in: Journal of Autism and Developmental Disorders, 50 (2020), Nr. 7, S.
2573–2584.

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Friedmann, Ina: Die Heilpädagogische Abteilung der Wiener


Universitätskinderklinik zwischen 1911 und 1977, in: Monatsschrift
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Löscher, Monika: Zur Umsetzung und Verbreitung von


eigenischem/rassenhygienischem Gedankengut in Österreich bis 1934 unter
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Wege der Aufarbeitung. Überarbeitete Vorträge der internationalen Tagung im
psychiatrischen Krankenhaus der Stadt Wien Baumgartner Höhe, 5. bis 7. November
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127.
25
Maleczek, Werner u. A: Hans Asperger, Leben und Wirken 1931 bis 1946, in:
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Malina, Peter: Im Angstnetz des NS-„Erziehung“. Kinder- und Jugend- „Fürsorge“


auf dem „Spiegelgrund 1940 - 1945, in: Gabriel, Eberhard und Neugebauer,
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Oelschlger, T.: Zur Praxis der NS-Kinder-„Euthanasie“ am Beispiel Österreichs, in:


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Roelcke, Volker: „Biopolitik“ zum „sozial-biologischen Aufbau des Volksskörpers“.


Medizinische Expertise auf dem Weg zum ersten nationalsozialistischen Genozid, in:
Osterloh/Schulte (Hg.), „Euthanasie“ und Holocaust. Kontinuitäten, Kausalitäten,
Parallelitäten, S. 59–82.

Rotzoll, M. u. A.: Die nationalsozialistische „Euthanasieaktion T4“: Historische


Forschung, individuelle Lebensgeschichten und Erinnerungskultur, in: Der
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Topp, Sascha: Geschichte als Argument in der Nachkriegsmedizin. Formen der


Vergegenwärtigung der nationalsozialistischen Euthanasie zwischen Politisierung
und Historiographie. Gießen, 2013, http://deposit.d-nb.de/cgi- bin/dokserv?
id=4304209&prov=M&dok%5Fvar=1&dok%5Fext=htm.
(s.o.)

26
11 Eidesstattliche Erklärung

Hiermit erkläre ich an Eides statt, dass ich die Hausarbeit mit dem Titel „Hans
Asperger und die Kinder vom Spiegelgrund“ selbstständig verfasst und keine
anderen als die angegebenen Quellen verwendet habe.

Die Stellen der Arbeit sowie evtl. beigefügte Abbildungen, Zeichnungen oder
Grafiken, die anderen Werken dem Wortlaut oder Sinn nach entnommen wurden,
habe ich unter Angabe der Quelle als Entlehnung kenntlich gemacht.

Tönisvorst, 19.4.2023

Alena Cox

27

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