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HISTORISCHE LANDNUTZUNG

Historische
Landnutzung
Landkreis Bad Kreuznach
Landkreis Bad Kreuznach

Erich Heckel – Landschaft im Nahetal (1938)


ERICH HECKEL – LANDSCHAFT IM NAHETAL (1938)
HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Historische Landnutzung
Landkreis Bad Kreuznach

Bearbeitung:
Regina Horn und Beate Bauer

Mainz, Juni 2021


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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IMPRESSUM

Herausgeber: Landesamt für Umwelt, Rheinland-Pfalz


Kaiser-Friedrich-Straße 7
55116 Mainz

Titelfoto: Erich Heckel: Landschaft im Nahetal (1938)


(Bad Münster am Stein mit Gans und Rotenfels)
© Aquarell, Nachlass Erich Heckel, Hemmenhofen
© Foto Aquarell: Schlossmuseum Bad Kreuznach
Das Aquarell ist Bestandteil der Sammlung im
Museum Schlosspark, Bad Kreuznach

© 2021
Nachdruck und Wiedergabe nur mit Genehmigung des Herausgebers

II LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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EINLEITUNG

Liebe Leserinnen und Leser,

liebe Naturinteressierte und Freunde des Landkreises Bad Kreuznach,

wer kennt sie nicht, die vom Menschen seit alters her geprägten ästhetischen Kulturlandschaf-
ten voller Artenreichtum, die zur Erholung einladen, sei es zu Fuß oder mit dem Fahrrad. Al-
leine bei ihrem Anblick hebt sich die Stimmung und deshalb sind sie gerade in unserer schnell-
lebigen Zeit unersetzlich. Dass Aufenthalte in der Natur gesundheitsfördernd sind, ist hinrei-
chend bekannt und dass das Erleben einer solchen „idealtypischen“ Natur freudige Emotionen
wecken kann, hat wohl jeder schon einmal erlebt. Historische Kulturlandschaften sind ganz
besondere Anziehungspunkte voller Vielfalt und daher auch förderlich für die Entwicklung des
Tourismus in der Region.

Rheinland-Pfalz hat noch einige solche Landschaften zu bieten, die durch kleinräumige Nut-
zungen in historischer Zeit entstanden sind und die heute vielfach wegen ihrer Seltenheit und
Schönheit und wegen ihres einzigartigen Spektrums an Tier- und Pflanzenarten unter Natur-
schutz stehen. Orchideenwiesen, blühende Halbtrockenrasen, Wacholderheiden und andere
Landschaftsbestandteile mehr zeugen davon, wie die Menschen in der jeweiligen Region bis
ins 19. Jahrhundert hinein gelebt und gewirtschaftet haben, bevor mit der beginnenden Indust-
rialisierung der Landwirtschaft Kulturlandschaften in ganz Europa großflächig verloren gingen.
Sie laden dazu ein, mehr als nur einen kurzen Blick auf sie zu werfen und sich ihrer Bedeutung
bewusst zu werden. Es gibt viel zu entdecken.

Die hier beschriebenen naturhistorischen Nutzungen im Landkreis Bad Kreuznach basieren


auf einer exemplarischen Auswertung der Planung vernetzter Biotopsysteme (VBS Bad Kreuz-
nach 1998) des Landes Rheinland-Pfalz. Zur Historie, Geologie und zur aktuellen Situation
wurden weitere Quellen einbezogen, u.a. entsprechende Websites. Die Informationen wurden
ergänzt durch Berichte der Biotopbetreuung im Landkreis Bad Kreuznach (ab 2010). Was für
den Landkreis Bad Kreuznach gilt und hier beschrieben ist, kann teilweise auf die Nachbar-
kreise mit ähnlicher Historie und Landschaft übertragen werden, also auf die Wälder im Rhein-
Hunsrückkreis (Simmern) und auf die flussaufwärts liegenden Bereiche der Nahe und den
Soonwald im Landkreis Birkenfeld. Dies gilt auch für ähnliche Nutzungsweisen des Offenlands
in Teilen des Landkreises Mainz-Bingen und im Donnersbergkreis. Insbesondere im ersten
Kapitel werden auch einzelne Aspekte der Nachbarkreise beschrieben, um thematische Zu-
sammenhänge zu verdeutlichen.
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INHALT

Einleitung

1. Landschaft und Nutzung in Naheland und Soonwald - früher bis heute ................ 1

1.1 Erdgeschichtliche Entwicklung (Beginn vor ca. 600 Mio. Jahren) ..................... 4

Exkurs: Der sibirische Trapp ......................................................................................... 7

1.2 Jungsteinzeit, Kelten und Römer (ca. 7.000 v. Chr. – 100 n. Chr.) ..................12

1.3 Soonwald und Naheland - Mittelalter bis heute ................................................21

Exkurs: historische Zeitgenossen – Rückblick in die letzten Jahrhunderte ....................23

1.3.1 Die Nahe-Landschaft bei Bad Sobernheim vor ca. 200 Jahren bis heute ........31

1.3.2 Veränderung der Landschaft durch die Intensivierung des Weinbaus .............34

2. Historische Nutzungstypen .......................................................................................35

2.1 Rottwirtschaft mit Rotthecken und Rottwald ....................................................37

2.2 Schiffelwirtschaft und Außfelder ......................................................................39

2.3 Extensive Weidenutzung - auf Schiffelland und Außfeldern .............................40

2.4 Waldweide, Streugewinnung, Waldwiesen ......................................................41

2.4.1 Waldweide .......................................................................................................41

2.4.2 Streu- und Grünlaubentnahme ........................................................................42

2.4.3 Waldwiesennutzung ........................................................................................43

2.5 Waldwirtschaft .................................................................................................44

2.5.1 Niederwaldwirtschaft .......................................................................................44

Exkurs: Lohrinde und Leder – am Beispiel des Kreuznacher Stadtwaldes ....................47

2.5.2 Mittelwaldwirtschaft .........................................................................................49

2.5.3 Hochwaldwirtschaft..........................................................................................49

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2.6 Ackerbau ................................................................................................................51

2.6.1 Zweifelderwirtschaft (Getreide, Brache) ...........................................................52

2.6.2 Dreifelderwirtschaft (Getreide, Brache) ............................................................52

2.6.3 Fruchtwechselwirtschaft (Getreide, Blatt- und Hackfrüchte).............................53

2.6.4 Sonderkulturen auf Ackerbauflächen (Kartoffeln, Futteranbau, Tabak) ............54

2.7 Übergang zur intensiveren Landwirtschaft .......................................................54

2.8 Weinbau ..........................................................................................................56

2.9 Obstanbau.......................................................................................................58

2.10 Erzabbau und Metallverhüttung .......................................................................60

2.11 Glashütten .......................................................................................................62

2.12 Gesteine, Salz und Lehm ................................................................................63

2.13 Nutzung von Gewässern .................................................................................68

3. Historische Biotope – und heute? .............................................................................71

3.1 Weinbergsbrachen mit Halbtrockenrasen und Trockenmauern .......................74

Exkurs: Renaturierung und Bau von Trockenmauern ist eine hohe Kunst .....................79

3.2 Trocken- und Felsstandorte, Steinbrüche ........................................................80

3.3 Heideland ........................................................................................................83

3.4 Grünland und Streuobstwiesen, extensiv genutzt ............................................86

Exkurs: Das Zackenschötchen – invasives Weideunkraut ............................................89

3.5 Wälder aus historischer Waldnutzung - Hoch-, Mittel-, Niederwald ..................97

3.6 Waldwiesen (mit Nasswiesen, Borstgrasrasen und Hochmoorrelikten)..........105

3.7 Höhlen, Stollen und Burgruinen .....................................................................110

4 Ziele und Maßnahmen in der Kulturlandschaft......................................................115

4.1 Was wurde bisher getan? Kurzer Abriss der Naturschutztätigkeit ..................116

4.2 Erhalt und Förderung historisch entstandener Biotope ..................................118

4.3 Land- und Forstwirtschaft - Klimawandel und Bewirtschaftung ......................125

4.3.1 Grünland, Ackerland und Rebbau ......................................................................126

4.3.2 Waldwirtschaft, Biotop- und Klimaschutz ............................................................134

4.4 Themenprojekte - Kulturlandschaft ................................................................140

5 Ausblick ....................................................................................................................149
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A N H A N G ......................................................................................................................151

A Vorkommen und Entwicklungsmöglichkeiten kulturhistorischer Biotope


(VBS Bad Kreuznach 1998) ......................................................................................152

A.1 Soonwald (vgl. Anh. G, Karten 1 und 2).........................................................153

A.2 Soonwald-Vorstufe (vgl. Anh. G, Karte 2 und 3) ............................................156

A.3 Unteres Nahehügelland (vgl. Anh. G, Karte 1 und 3) .....................................159

A.4 Sobernheimer Talweitung (vgl. Anh. G, Karte 1 und 3) ..................................162

A.5 Glan-Alsenz-Höhen (vgl. Anh. G, Karte 3 und 4) ...........................................165

A.6 Porphyrbergland von Bad Münster am Stein (vgl. Anh. G, Karte 3) ...............168

B Ausgewählte Tierarten und ihre Lebensraumansprüche (VBS 1998) .................173

C Biotopbetreuung 2018 und geologische Zeittafel .................................................187

D Literatur, Quellenangaben .......................................................................................189

E Museen ......................................................................................................................195

F Abbildungen und Fotos............................................................................................203

G Karten ........................................................................................................................205

IV LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ


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1. LANDSCHAFT UND NUTZU NG


IN NAHELAND UND SOONWALD -

FRÜHER BIS HEUTE

Rheinland–Pfalz bietet eine vielfältige Landschaft mit Wein- und Obstbau, Acker- und Grün-
land, Steillagen, Hügel und Ebenen, weiten Wäldern und sogar Sanddünen gibt es. Jeder
Landkreis in Rheinland-Pfalz hat seine Besonderheiten, wobei der in diesem Band beschrie-
bene Landkreis Bad Kreuznach aufgrund seiner geologischen Entwicklungsgeschichte natur-
und kulturhistorisch einer der abwechslungsreichsten ist, denn die geologischen Entwicklungs-
prozesse formten dort die Gesteine und Böden in besonderen Maße.

Wechselndes Klima und Gewässer haben hier über Jahrmillionen ein bewegtes Relief ge-
schaffen. Es gibt tief eingeschnittene Bachtäler zwischen Wäldern und Felsen, dazu Hochebe-
nen, Hügel- und Berglagen. Weinbau, Acker und Wiesennutzung wechseln sich kleinräumig
ab. Im Norden des Landkreises liegen die Ausläufer des Hunsrücks, der „Große Soon“ und
der kleinere „Lützelsoon“ mit ausgedehnten Laub- und Nadelwäldern. Das grüne Tal der Nahe
beindruckt mit bizarren Felsformationen. Auch der mächtige Donnersberg im Nachbarkreis ist
von vielen Aussichtspunkten aus zu sehen.

Strukturreiche Landschaft bei Bremroth / Brücklocher Hof, Altenbamberg Foto: R. Twelbeck

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Bäche und Flüsse - prägend im Landkreis


Die Nahe - das größte Fließgewässer – entspringt bei Selbach im Saarland. Sie zieht sich ab
Kirn, der historischen „Stadt des Leders“, weiter nach Nordosten bis zur Kurstadt Bad Kreuz-
nach. Der Fluss schwenkt dann nach Norden und mündet bei Bingen in den Rhein. Bis zum
Kurort Bad Sobernheim fließt die Nahe noch in einem engen Tal. Danach weichen die Hügel
zurück und der Fluss wird von den Wiesen- und Ackerflächen der Sobernheimer Talweitung
bis nach Bad Kreuznach begleitet. Kurz vor Bad Kreuznach erhebt sich spektakulär der Ro-
tenfels bei Bad Münster am Stein. Der Rotenfels ist das höchste Steilwandmassiv nördlich der
Alpen. Er wirkt von den Felspfaden des gegenüberliegenden Gans- und Rheingrafensteinmas-
sivs aus gesehen besonders eindrucksvoll (s. auch das Foto im Anhang A.6).

Felsmassiv der Gans und Burg Rheingrafenstein an der Nahe Foto: R. Horn

Im Hunsrück entspringen vier größere Bachläufe, die im Kreisgebiet in die Nahe münden und
viele weitere kleine Waldbäche und Quellen. Direkt im Westen fließt der Hahnenbach nach
Kirn. Dann folgt weiter naheabwärts der Simmerbach. Er trennt den Lützelsoon vom Großen
Soon. Bei Monzingen mündet der Gaulsbach in die Nahe. Der Ellerbach fließt vom Hunsrück
kommend mit einer scharfen Wendung nach Osten bis nach Bad Kreuznach. Zwei weitere
Zuflüsse, Alsenz und Glan, entspringen dem Hügelland südlich der Nahe.

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Wandern und Erholung


Auf gut ausgeschilderten Rad- und Wanderwegen kann man das Land entdecken1. Zum Bei-
spiel auf dem Nahe-Radweg, dem Premiumwanderweg „Soonwaldsteig“ oder auf den zahlrei-
chen Wanderwegen im Nahetal2. Auf thematischen Rundwegen - „Traumschleifen“ und „Vital-
touren“ genannt - sind leichte bis anspruchsvolle Wanderungen möglich. Die „Tour-Natur“ er-
schließt zum Beispiel die Felslandschaft von Rotenfels, Gans und der Umgebung auf teils
schwierigen Felspfaden und bietet dabei herrliche Ausblicke ins Nahetal und auf Bad Münster.
Weil die Landschaft so vielfältig ist, ändert sich selbst auf kürzeren Wegen der Ausblick und
es wird nie langweilig. Viel Spaß macht auch eine Draisinentour entlang des Glantals. Einen
fantastischen Weitblick über die Nahe-Landschaft haben Wanderer vom fast 30 m hohen
Heimbergturm bei Waldböckelheim3.

Schöne Aussicht mit Pausenbank am Felspfad auf der Gans Foto: R. Horn

Es gibt zahlreiche Museen, Bergwerke, Natur- und weitere thematische Lehrpfade. Burgrui-
nen, Schlösser und Klöster laden zum Entdecken und Schlemmen ein und in den Bäderstäd-
ten an der Nahe (Bad Kreuznach, Bad Münster, Bad Sobernheim) kann man noch etwas Gutes
für die Gesundheit tun.

1
Broschüre: Erlebnis Naturpark Soonwald-Nahe, Wandern, Radfahren, Natur&Kultur, Familie oder z.B.: Erwin
Manz: https://www.buecher.de/shop/deutschland/naheland-ein-schoener-tag-wander-touren/manz-erwin/pro-
ducts_products/detail/prod_id/23465708/
2
siehe z.B.: www.naheland.net (Stand 2018), https://www.tourenplaner-rheinland-pfalz.de/de/liste/traumschleifen-
im-hunsrueck-an-der-nahe-und-am-romantischen-rhein/127405424/
3
Faltblatt: Rundwanderweg um den Heimbergturm, Naturpark Soonwald -Nahe

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Wie ist diese abwechslungreiche Landschaft entstanden und welchen Einfluss hatte und hat
die menschliche Nutzung bis in die heutige Zeit? Wie haben die Nutzungen im Soonwald und
im Nahetal die Landschaft und die Artenvielfalt im Laufe der Zeit verändert? Welche Bewirt-
schaftungen könnten heute und in Zukunft weiter oder wieder übernommen werden, damit sich
die Landschaft positiv weiter entwickeln kann? Wie könnte man die Bewirtschaftung an Kli-
maextreme anpassen? Dies sind die wichtigsten Fragen, denen der vorliegende Band in den
nächsten Kapiteln nachgehen wird.

1.1 Erdgeschichtliche Entwicklung (Beginn vor ca. 600 Mio. Jahren)

Wie ist es zu der landschaftlichen Formenvielfalt im Kreis Bad Kreuznach gekommen? Geolo-
gische Prozesse, Meer und Flüsse spielten hierbei eine wichtige Rolle. Hierdurch entstand ein
stark bewegtes Relief und die unterschiedlichen Gesteinsformationen und Böden. Dies hatte
einen entscheidenden Einfluss darauf, wie das Land von den Menschen genutzt wurde und
auch heute noch bewirtschaftet wird. Daher werden wir zunächst die erdgeschichtliche Ent-
wicklung beleuchten. Einen ersten Eindruck zeigt der folgende Ausschnitt in Karte 1 aus der
geologischen Übersichtskarte des Landesamtes für Geologie und Bergbau:

unteres Nahe-
Hügelland

Glan-/Alsenz Höhen

Karte 1: Nahetal und Soonwald – ergänzter Ausschnitt aus der Geologischen Übersichtskarte RLP (GÜK 300)
http://mapclient.lgb-rlp.de (© 2013, LGB-RLP)

Die Gesteine auf der Karte zeigen die Entwicklungsgeschichte im Zeitraffer und führen uns
nun von der Erdurzeit, vor ca. 600 Mio. Jahren, bis zur Erdneuzeit.

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Eins zwei drei, im Sauseschritt,- Läuft die Zeit; wir laufen mit4
Entstehung von Hunsrück und Soonwald (vor 600 - 300 Mio. Jahren)
Nach der Theorie „Schneeball-Erde“ (J.L. Kirschivink 1992) soll die Erde im sogenannten Cry-
ogenium bis vor 630 Mio. Jahren nahezu völlig vereist gewesen sein5. Dann schmolz das Eis
durch einsetzenden Vulkanismus. Die allerältesten Gesteine im Gebiet des Hunsrücks stam-
men aus der Zeit „kurz“ danach, also des Präkambriums / Paläozoikums vor ca. 600 Mio.
Jahren. Diese sind in der Karte 1 dunkelgrün zwischen Soonwald und Soonwaldvorstufe ab-
gebildet.

Im Zeitalter des Devons vor ca. 400 Mio. Jahren und im daran anschließenden Karbon war
das Land des späteren Hunsrücks großflächig vom subtropischen devonischen Flachmeer be-
deckt. Zu jener Zeit wurden am Meeresboden verschiedene Tone abgelagert, aus denen nach
langer Zeit die unterschiedlichen Schiefergesteine des Rheinischen Schiefergebirges entstan-
den (Kalk-, Ton-, Alaun-6, Phyllitschiefer etc.). Sandige Ablagerungen verfestigten sich zum
Taunusquarzit, der heute den Quarzitrücken des Hunsrücks bildet. Der Hunsrückschiefer zählt
heute zu den bedeutendsten Fossilienfundstätten, denn während der Entstehungszeit entwi-
ckelte sich das neu entstandene Leben explosionsartig in den Meeren. Zahlreiche Meeresle-
bewesen zeigt das Fossilienmuseum Bundenbach (s.a. Südkamp, Wouter 2017)7.

Schinderhannes bartelsi
(ca. 10 cm lang)

Beim Beutefang.
Versteinerung und Grafik8

Neben großen bis zu 10 m langen räuberischen Panzerfischen wurde im Hunsrückschiefer ein


kleines räuberisches Wesen (Schinderhannes bartelsi) entdeckt, das im „Hunsrückmeer“
lebte. Namensgeber war der Schinderhannes, der im vorletzten Jahrhundert die Gegend von
Soonwald, Naheland und Hunsrück unsicher machte (vgl. Kap. 1.2). Die versteinerten Mee-
resböden falteten und erhoben sich zu einem Hochgebirge (schwarz, blaugrün, orange in

4
Wilhelm Busch (1877), Zitat: Bildergeschichten. Julchen, Im Anhang C kann man zudem die nachfolgend be-
schriebenen Abläufe über die dortige Zeittafel nachvollziehen.
5
s.a. http://www.si-journal.de/index2.php?artikel=jg11/heft2/sij112-11.html (Stand 2018)
6
Alaunschiefer = mit Pyrit und Kohle versetzter Tonschiefer
7
https://www.bundenbach-fossilien.de/information.html (Stand 2021)
8
Versteinerung: Bild zur nichtkommerziellen Verwendung erlaubt, Naturhistorisches Museum Mainz / Landes-
sammlung für Naturkunde RLP, https://rlp.museum-digital.de/index.php?t=objekt&oges=692&cachesLoaded=true,
Grafik: R. Horn, frei nach dem Film: Harald Brenner: Spuren im Stein - Der Hunsrück

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Karte 1, Soonwald). Im Laufe der Zeit zerbröckelten die hohen Berge durch Frostsprengung,
Wasser und Wind. Die starke Erosion schuf Blockschutthalden und Bergstürze und so ent-
stand über lange Zeit das heutige Mittelgebirge – Hunsrück und Soonwald.

Das Saar-Naheland (vor 300 – 50 Mio. Jahren)


Südlich des Gebirges senkte sich mit einer steilen Stufe das Saar-Nahe-Becken ab. Dessen
älteste Ablagerungen entstanden vor ca. 300 Mio. Jahren im Permokarbon (Karte 1, violette
Flächen in der Soonwaldvorstufe, Rotliegendes). Das Saar-Nahe-Becken ist in Europa die
größte Binnensenke aus der Zeit des Permokarbon. Die Ablagerungsschichten des Saarkar-
bons und von über 100 Seehorizonten des Rotliegenden im Naheland sind paläontologisch
weltweit bedeutsam. In einem umfangreichen Werk „Kohlesümpfe, Seen und Halbwüsten“
(Schindler, Heidtke, Boy et. al., 2007) wird die Landschaft vor 300-280 Mio. Jahren anhand
der Ablagerungsschichten und der vielen Fossilien detailliert beschrieben. Demzufolge verän-
derte die Landschaft sich im Becken bei hoher Umgestaltungsdynamik von zunächst ausge-
dehnten Sümpfen und Flussablagerungen hin zu einer Landschaft mit zahlreichen tieferen
Seen. Der zunehmende Vulkanismus ließ die Flüsse mehr und mehr austrocknen, wüstenähn-
liche Landschaften entwickelten sich. In den Sedimenten und Kohleablagerungen zeigen die
Fossilien der dort gefundenen Tiere (Fische, Haie, kleine Saurierarten, Amphibien,
Schwämme, Krebse, Insekten, Muscheln…) und Pflanzen (Farne, Schachtelhalme, Bärlapp-
gewächse, frühe Gingkoarten und Koniferen) das Bild einer fremdartig anmutenden, artenrei-
chen Lebensgemeinschaft.

Danach, vor 250 Mio. Jahren im Übergang vom Perm zum Trias, führte ein bedeutender Um-
bruch in der Erdgeschichte zum größten Massenaussterben aller Arten auf der gesamten
Erde9. Im Becken begann in dieser Zeit eine Periode mit enormen vulkanischen Aktivitäten.
Es entstanden die unterschiedlichsten magmatischen Gesteine, Lavaformationen und Tuffge-
stein. Die mächtigen Lavaströme drückten sich auch durch die bisherigen Ablagerungen und
bildeten massive Dome aus Rhyolith (Porphyr) in der Landschaft: So entstanden der Rotenfels
und der Lemberg bei Bad Münster am Stein sowie der weiter südlich im Nachbarkreis liegende
Donnersberg10 (in Karte 1 rot). Auch der vorgenannte Heimberg bei Waldböckelheim ist aus
Lavadecken aufgebaut. Ein kleiner Exkurs zeigt dieses Drama der Erdgeschichte, das sich vor
ca. 250 Mio. Jahren ereignete, ungefähr zur Zeit der Entstehung des Rotenfels.

9
s. kleiner Exkurs: Der Sibirische Trapp
10 zur Erdgeschichte im Landkreis Bad Kreuznach s.a. Spies, E-D. et. al (2017): http://www.lgb-rlp.de/ (Stand 2018)

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Exkurs: Der sibirische Trapp

Was ist denn ein sibirischer Trapp? Und was hat er mit dem Landkreis Bad Kreuznach und
dem Rotenfels zu tun? Nein, der sibirische Trapp ist nicht der Sagenwelt der Riesen und Trolle
entsprungen und auch das auf dem Bild „dahertrappende“ Tierchen ist kein Trapp. Was der
kleine „Georgi“ trotzdem mit dem Sibirischen Trapp zu tun hat, sehen wir gleich.

Lystrosaurus georgi

Das in Erdhöhlen lebende „säu-


getierähnliche Reptil“ ist nicht
der sibirische Trapp.

Es ist eines der wenigen überle-


benden Tierarten der Perm-
/Trias-Krise von vor 250 Mio.
Jahren.

Bild: Dmitry Bogdanov11

Das Wort Trapp stammt aus dem Schwedischen und bedeutet Treppe. Den Geologen ist der
Sibirische Trapp bekannt: Es ist eine massive bis zu 3000 Meter dicke Basaltplatte, ungefähr
so groß wie ganz Westeuropa. Die Entstehung dieser Felsplatte verursachte vor ca. 250 Milli-
onen Jahren das bis heute größte Massensterben auf der Erde und leitete an der Perm/Trias-
grenze den Übergang vom Erdaltertum ins Erdmittelalter ein. Und etwa zu dieser Zeit entstand
u.a. auch der Rotenfels bei Bad Kreuznach.

Was ist passiert? Heutige Ergebnisse der Forschungen zeigen ein dramatisches Szenario. Vor
der Entstehung dieser hohen Basaltschicht befanden sich im Gebiet des damaligen „Sibiriens“
ausgedehnte Sümpfe. Mächtige Kohleablagerungen aus der Zeit von vor 300 – 250 Mio. Jah-
ren belegen dies. Die Kontinente existierten in der heutigen Form noch nicht, es gab den Su-
perkontinent „Pangaea“, der sich von Norden nach Süden nahezu über die halbe Erdkugel
erstreckte. Langsam bildete sich unter der Fläche, die dem heutigen Sibirien entspricht, eine
riesige Lavablase, auch Mantelplume genannt. Die heiße Lava drängte an zahlreichen Stellen
an die Oberfläche. Sie fraß sich innerhalb einiger hunderttausend Jahre durch die Erdkruste
und durch die Kohleschicht. Sie setzte, oben angekommen, über 170 Billionen Tonnen Koh-
lendioxid und gewaltige Gasmengen Methan- und Chlorwasserstoffgas frei. Zähe Fließlava

11
https://de.wikipedia.org/wiki/Lystrosaurus, gemeinfrei,
Lizenz s. https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Lystr_georg1DB.jpg (Stand 12/2020)

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überdeckte schichtweise das Land, heute erkennbar an den erodierten „Treppen“. Die giftigen
Gase töteten Tiere und Pflanzen und versauerten Wasser und Böden. Gefrorenes Methan-
hydrat schmolz und vergaste. Das Klima der Erde erwärmte sich über mehrere Stufen um
insgesamt ungefähr 10 Grad Celsius (Jahresdurchschnittstemperatur). Hierdurch schwächten
sich auch die Meeresströmungen ab. Sauerstoffmangel, Wärme und Schwefelwasserstoff-
gase aus anaeroben Prozessen löschten nahezu 95 % der gesamten Meeresfauna aus! Auch
75% aller Arten an Land starben aus.

Sibirien

Europa

Superkontinent Pangaea12 Mantelplume und Erosionstreppen im sibirischen Trapp13

Die Ausbrüche und Fließlava-Auflagerungen im sibirischen Trapp dauerten insgesamt ca. eine
Million Jahre. Das Massenaussterben dauerte „lediglich“ ca. 60 000 Jahre und begann bereits
zu Beginn durch die austretenden Gase und die daraus resultierende Klimaerwärmung. Dies
ergaben die Datierungsmethoden des Massachusetts Institute of Technology (MIT) durch eine
Analyse der Gesteinsschichten aus der Perm-Trias-Krise (Burgess und Bowring, 2015).
Nur wenige Arten konnten in diesen widrigen Bedingungen überleben. Vegetation und Fauna
brauchten über 30 Millionen Jahre, um sich einigermaßen zu erholen. Neue Arten entwickelten
sich dann aber rapide. Die Saurier beherrschten nun den Planeten und die ersten Vögel und
Säugetiere traten auf. Dass die Saurier vermutlich durch einen Meteoriteneinschlag ausstar-
ben ist bekannt.
Heute, im sogenannten Zeitalter des sogenannten "Anthropozäns", bahnt sich - diesmal wohl
im Wesentlichen durch menschliche Einflüsse verursacht - eine weitere und noch schneller
ablaufende Klimaerwärmung an - wieder begleitet vom Aussterben zahlreicher Arten. Viele
Millionen Jahre später … finden vielleicht neue intelligente Lebewesen in den alten Gesteins-
schichten eigenartige und bis dato unbekannte chemische Substanzen ….

12
wikipedia: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Pangaea_continents_german.png, Kieff, TomCatX, (2020)
im Text verwendbar, (ergänzt R. Horn: Sibirien, Europa)
13
Sibirischer Trapp, Putorana https://en.wikipedia.org/wiki/Putorana_Plateau, Foto:Alexei Rudoy, gemeinfrei,
Mantelplume (woudloper, gemeinfrei) https://de.wikipedia.org/wiki/Karoo-Ferrar-Magmaprovinzen (2021)

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Mainzer Becken und Rhein/Nahe-System (vor 50 - 30 Mio. Jahren bis heute)


Im Erdmittelalter bis zur Erdneuzeit vor ca. 50 Mio. Jahren wechselte das Klima im Becken
zwischen feuchtwarmem Monsunklima und trockenem Wüstenklima. Die festen Gesteine zer-
setzten sich. Sie wurden durch Wind und Wasser abgetragen und bildeten Schuttgebiete,
Sandflächen und Salzpfannen, welche später wiederum überlagert und durch Druck und Lö-
sungsprozesse verfestigt wurden (Karte 1, rotbraun, ocker). Metamorphe Gesteine, Brekzien,
Konglomerate und Sandstein entstanden und zeigen sich heute an vielen Stellen als anste-
hender Fels und Felsbänke: grau, rot, ockerfarben; je nach Ausgangsgestein.

Felseneremitage im Guldenbachtal bei


Bretzenheim14

Die anstehenden Felswände aus der Zeit


des Perm (Nahe-Gruppe/Rotliegendes) wur-
den zunächst als heidnische Kultstätte, dann
bis ins 14. Jh. von den Römern und später
sogar noch bis 1827 als christliche Felsene-
remitage genutzt. Neben der Kirche und der
Eremitenklause befindet sich hier auch ein
Rittergrab. Die nordexponierte Felswand in
umittelbarer Nähe zum Guldenbach hat ge-
wiss nicht für ein besonders heimeliges
Wohnklima in den Höhlungen gesorgt.
Foto: R. Horn

Im Tertiär vor ca. 30 Mio. Jahren entstand durch eine Erweiterung des Oberrheingrabens das
Mainzer Becken. Dieses wurde durch den damaligen Anstieg des Meeresspiegels wieder
überflutet. Das Meer reichte damals bis an den Hunsrück. Aus den Rückständen von Mu-
scheln, Schnecken und Feinsanden entstanden die tonig-kalkigen Mergelgesteine sowie Kalk
und Dolomit (z.B. Kirner Dolomiten). Die Fossilien von Muscheln und Schnecken im Kalkge-
stein sind demzufolge viel jünger als die Fossilien im Hunsrückschiefer und des Permocarbon.

Die folgende Karte zeigt den Küstenverlauf vor ca. 30 Mio. Jahren. Auf mehreren Rundwegen
am „Küstenweg Rheinhessen“ veranschaulichen Hinweisschilder die Situation und weisen auf
Sedimentablagerungen, Meeressande von ehemaligen Stränden, Brandungsklippen und Mu-
schelreste hin. Die folgende Abbildung umfasst den östlichen Randbereich im Landkreis Bad
Kreuznach übergehend in die angrenzenden Kreise Alzey-Worms und Donnersbergkreis.

14 http://www.rainer-olzem.de/219.html/(Exkursion Saar-Nahe Becken), (Stand 2018)


Informationen zur Historie der Eremitage unter: https://www.bretzenheim.de/project/eremitage (10/2020)

LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ 9


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Infotafel „Küstenweg“
Zweckverband Erholungsge-
biet Rheinhessische Schweiz.

Gestaltung und wissen-


schaftliche Begleitung
W. Kuhn, A. Kött

Vor ca. 20 Mio. Jahren zog sich das Meer wieder zurück. Eine weitläufige Flusslandschaft
entstand und die Gesteine verwitterten zu Sanden, Grau-/Braun- und Rotlehmen. Staubver-
wehungen während der Kaltzeiten im Quartär vor ca. 2-3 Mio. Jahren führten zu den Lössab-
lagerungen im Nahetal (geol. Karte 1 hellgelb). Durch die Fließgewässerdynamik von Nahe
und Rhein entstanden Schwemmfächer, Abbruchkanten und die flussauentypischen Sand-
und Kiesbänke (geol. Karte 1 gelb). 1997 wurde beim Sandabbau ein großes gut erhaltenes
Brandungskliff in der Nähe von Eckelsheim entdeckt und vollständig ausgegraben. Da es je-
doch nicht vor Wetter, Frost und Zerstörung gesichert werden konnte, wurde es wieder mit
Sand bedeckt. Anschauen kann man die Fotos von der Ausgrabung15 und ein demnächst fer-
tiggestelltes 25 m großes Modell, das in Eckelsheim ausgestellt werden soll. Es lohnt auch
eine Wanderung auf dem "Strandpfad der Sinne16", der die Entstehung des Kliffs zeigt. Hierhin
wurden sogar einige Originalsteine verbracht.
Das nachfolgende Quartär war durch mehrere Eiszeiten mit Wechseln zwischen Kalt- und
Warmzeiten geprägt. Eisschilde bedeckten in den Kaltzeiten ganz Norddeutschland und die
Alpen mit ihren Vorländern. Im eisfreien Landkreis Bad Kreuznach gab es keine so massiven
Umformungen der Böden und Gesteine wie dort. Da die Böden während der Kaltzeiten jedoch
nur spärlich bewachsen waren, wurden Sand und Schluff mit dem Wind verweht und umgela-
gert. So entstanden die fruchtbaren Lössböden. Aufgrund der geologischen Entwicklungen
findet man heute im Landkreis Bad Kreuznach die verschiedensten Böden und Standorte. Sie
sind für die Siedlungsgeschichte und die Artenvielfalt ausschlaggebend und nicht zuletzt auch
für die Terroire der Weinbaulagen.

15
http://www.eckelsheim.de/kliff/kliff#entdeckung (12/2020, Text und Fotos vom freigelegten Kliff, Winfried Kuhn)
16
http://www.der-strandpfad-der-sinne.de/index.html (12/2020)

10 LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Klimamerkmale der Standorte heute


Nicht nur wechselnde Bodenarten und Gesteine, auch Standorte mit einer hohen Bandbreite
unterschiedlicher Klimamerkmale gibt es im Landkreis Bad Kreuznach. Auf der folgenden
Karte sieht man: Über die Hänge des Nahetals und der nördlich einmündenden Zuflüsse set-
zen sich die warmen Lagen des Rheintals der östlich benachbarten Kreise Mainz-Bingen und
Alzey-Worms fort. Nördlich hinauf geht es zu den kalten Standorten in den Hochlagen des
Soonwalds, die sich zum Hunsrück im westlich benachbarten Kreis Birkenfeld fortsetzen. In
den mittleren, aber auch in den höheren Lagen gibt es immer wieder kleinere wärmebegüns-
tigte Fels- und Hangbereiche.

SIM MZ

KH

BIR

AZ

KIB

KUS

Karte HPNV-Klimamerkmale RLP


(Ausschnitt vom Landkreis Bad Kreuznach mit angrenzenden Landkreisen)17, 18

Landkreisgrenze (KH Bad Kreuznach, MZ Mainz-Bingen, SIM Rhein-Hunsrück-Kreis, BIR Birkenfeld,


AZ Alzey-Worms, KUS Kusel, KIB Donnersbergkreis)

17
LfU Mainz, Grundlagendaten zur HpnV – Klimamerkmale, Stand Dez. 2010
Quelle der Geobasisdaten: Vermessungs- und Katasterverwaltung RLP © 01/2009

18
P. Wahl (Stand 2014): Vegetationskundliche Standortkarte Rheinland-Pfalz
Erläuterungen zur Karte der heutigen potentiellen natürlichen Vegetation, Landesamt für Umwelt.
Anm.: HpnV-Kartiereinheiten: Vegetationsentwicklung auf den entsprechenden Standorten, die sich ohne
menschlichen Einfluss unter Berücksichtigung von Bodenfeuchte, Basengehalt und Klimawert einstellen würde.
Ermittelt über die kartierten Pflanzenarten, die als Zeigerarten für die entsprechende Kartiereinheit gelten (kar-
tiert zwischen 1978-1996).

LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ 11


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Solche Übergangsbereiche, seien sie groß- oder kleinräumig, sind für die Artenvielfalt beson-
ders interessant. Das gilt beispielsweise für Übergänge zwischen klimatischen Verhältnissen,
zwischen Naturräumlichen Einheiten, zwischen Biotopstrukturen, zwischen verschiedenen
Gesteinsarten, zwischen Licht und Dunkel, zwischen Offenland und Wald, Wasser und Land.
Diese wechselnden Lebensbedingungen bedingen einen Wechsel der dort angepassten Ve-
getation und ermöglichen die Vielfalt der Biotoptypen und der hier lebenden Pflanzen- und
Tierarten auf kleinem Raum. Wechselnde Standortbedingungen ermöglichten auch den Anbau
mannigfaltiger land- und forstwirtschaftlicher Produkte.

Das macht nun auch „die Bühne frei“ für die Menschen im Landkreis und die nachfolgenden
Kapitel.

1.2 Jungsteinzeit, Kelten und Römer (ca. 7.000 v. Chr. – 100 n. Chr.)

Ungefähr 10.000 Jahre ist es her, seit verschiedene Stämme aus den Balkanländern nach
Mitteleuropa einwanderten, hier sesshaft wurden und Landwirtschaft und Viehhaltung in die
bisherigen Jäger- und Sammler-Kulturen einbrachten. Bereits in der Jungsteinzeit wurde auch
das Gebiet im heutigen Landkreis Bad Kreuznach an zahlreichen Stellen an der unteren Nahe
und im umliegenden Hügelland besiedelt und landwirtschaftlich genutzt. Auf den Lössflächen
im unteren Naheraum gab es bereits Ackerland (HAFFNER 1969). Aufgrund der geringen
Siedlungsdichte war der Einfluss auf die heutige Landschaft jedoch noch gering.

Die Kelten (ca. 800 - 50 v. Chr.)


Dies änderte sich in der Bronze- und Eisenzeit, als die Kelten in Mitteleuropa lebten. Die Men-
schen drangen mit der landwirtschaftlichen Nutzung bereits bis an den Rand des Großen
Soons vor. Der Wald wurde im unteren Nahehügelland auf großen Flächen gerodet. Auch in
der Soonwald-Vorstufe, in der heute in etwa die Dörfer Pferdsfeld und Seibersbach liegen,
entstanden auf den fruchtbaren Böden die ersten Gehöfte.

In den Wäldern von Hunsrück und Soonwald zeugen zahlreiche Befestigungsanlagen und Hü-
gelgräber von der Besiedlung durch die Kelten. Ca. 80 keltische Hügelgräber gibt es z.B. im
Langenlonsheimer Wald19. Die Kelten bauten auf den höheren Gipfeln der Mittelgebirge be-
eindruckende Ringwälle aus meterhohen Steinmauern. Zum Bau wurden Hangschutt und
Blocksteine von den umliegenden Berghängen verwendet. Zum Schutz der keltischen „Oppi-
dien“ (Ansiedlungen) wurden Unmengen von Gestein zusammengetragen und verbaut. Mittels

19
https://www.regionalgeschichte.net/naheland/langenlonsheim.html#cLL4 (Stand 2021)

12 LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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„Pfostenschlitzmauertechnik“ wurden die Steine in der Mauer zusammengehalten (s. Abb. der
Keltenmauer, S. Kühn).

Es war sehr aufwändig, solche Mauern zu unterhalten. In den umliegenden Wäldern musste
viel Holz für den Bau und die Reparatur eingeschlagen werden. Sobald die Instandhaltung
aufhörte und das Holz verwittert war, brachen die Mauern zu gewaltigen Gesteinswällen zu-
sammen. Noch heute kann man Teile davon offen oder von Moos und Bäumen bewachsen
auf den Bergkuppen entdecken.

Die mächtigste Ringwallanlage dieser Art liegt auf dem Dollberg bei Otzenhausen im Grenz-
bereich vom Saarland/Landkreis Birkenfeld. Der so genannte „Hunnenring“ umfasst eine Flä-
che von 18,5 ha. Der Nordwall ist noch heute bis zu 40 m breit und bis zu 10 m hoch! Einen
weiteren großen Ringwall gibt es auf dem Donnersberg im benachbarten Donnersbergkreis
(Donar – keltischer Gott, heiliger Berg).

Keltenmauer in

Pfostenschlitzmauertechnik

Das Modell aus dem Landesmuseum


Trier zeigt, wie die breiten Keltenmau-
ern aufgebaut sind. Auch an Original-
standorten wurden Mauerabschnitte re-
konstruiert, so dass sich die Besucher
ein Bild von den damaligen Ausmaßen
machen können.

Bild: Stefan Kühn (gemeinfrei) 20

Es ist nicht klar, ob manche dieser großen und weitläufigen Höhenburgen auf den windexpo-
nierten Kuppen mit wenig fruchtbaren Böden lediglich zum Schutz von Dörfern angelegt wur-
den. Die hiesigen Funde deuten nicht unbedingt auf dicht gebaute Siedlungen innerhalb dieser
zugigen Mauern hin. Von den freigestellten Gipfeln hatte man jedoch einen weiten Rundum-
blick. Vermutet wird, dass die Festungswälle auch Machtsymbole der Keltenfürsten oder Kult-
stätten gewesen sein könnten.

20
https://de.wikipedia.org/wiki/Pfostenschlitzmauer (Stand 2021)

LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ 13


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Zahlreiche kleinere Befestigungsanlagen finden sich im Bereich von Hunsrück – Mosel – Saar
und Nahe. Im Soonwald kann man z.B. am Alteburgturm zwischen Henau und Ippenschied
die Reste einer keltischen Wallanlage besichtigen. Sie stammt vermutlich von einer Fluchtburg
aus der Latène-Zeit21 (späte keltische Phase). Auch auf dem Bergrücken der Gans bei Bad
Münster am Stein wurde in der Hallstattzeit (frühe keltische Phase) auf der flacher abfallenden
Hangseite ein Keltenwall gebaut. Zur Nahe hin war die Fläche über die steile Natur-Felswand
abgesichert.

Im Nahetal bei Bad Kreuznach gibt es salzhaltige Quellen, aus denen schon damals wertvolles
Salz gewonnen wurde. Der Handel mit Salz, eisenreichen Steinknollen aus dem Hunsrück -
sogenannte „Lebacher Eier“ -, mit handwerklichen Erzeugnissen und mit landwirtschaftlichen
Produkten begründete in der Region den Reichtum der keltischen Kultur.22 Zu jener Zeit be-
herrschten die mächtigen Keltenfürsten das Land. Berühmt ist eine fast 2 m hohe Sand-
steinstatue, der „Keltenfürst vom Glauberg“. Die Statue wurde 1996 in Hessen am Glauberg
ausgegraben, wo sich heute ein modernes Keltenmuseum befindet. Die Grabbeigaben fürstli-
cher Hügelgräber zeigen die hochentwickelte Kultur und den Wohlstand der keltischen Ober-
schicht.23 Gefunden wurden kunstvoll verzierte Waffen, Schmuck, Werkzeug und selbst Pfer-
detrensen aus Gold, Bronze und Eisen, aber auch Alltagsgegenstände wie Keramiken und
Bekleidung. Beispielhaft sind die Funde aus den Weiskirchener Fürstengräbern bei Otzenhau-
sen oder der keltische Goldschmuck bei Waldalgesheim aus der Latènezeit.

Während die Fürsten im Luxus lebten und es sich bei zelebrierten Trinkgelagen - den so ge-
nannten „Symposien“ - gut gehen ließen, lebten die meisten Menschen recht ärmlich in kleinen
Holz- und Lehmhütten und arbeiteten im Handwerk und auf den Feldern der Fürstentümer. Die
gefundenen Skelette zeigen die Spuren von harter körperlicher Arbeit. Die mit Holzpalisaden
oder kleineren Mauern umgebenen Siedlungen befanden sich in den eher tieferen witterungs-
geschützteren Lagen mit fruchtbaren Böden. Die Dörfer waren von Feldern, Wiesen und Wei-
den umgeben, Rinder und Pferde zogen Wagen und Pflug.

Drohten Überfälle, flohen die Bewohner mit ihren Tieren in die nächstgelegenen Fluchtburgen.
Bei Bundenbach am Hahnenbach kann man so eine keltische Fluchtburg, die „Altburg“, be-
sichtigen und sich die Lebensweise und Gerätschaften von einem „echten Kelten“ erklären
lassen. Auf der felsigen Anhöhe wurden zahlreiche Pfostenlöcher gefunden, die damals für
den Hausbau in den Felsen geschlagen wurden. Mehrere Wohngebäude und Lagerhäuser

21 https://www.ich-geh-wandern.de/alteburg-soonwald (12/2020)
22
http://www.verein-keltenwelten.de (Stand 2019)
23
http://www.hochwaldkelten.de/ (Stand 2019, pdf von Stefanie Seifert, 2010: Hunnenring und Umfeld)

14 LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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wurden hier am Originalstandplatz rekonstruiert. Unter einem der Gebäude befindet sich ein
Regenwasserspeicher, der Vieh und Leute eine Zeitlang versorgen konnte24. Auch im Kelten-
park Otzenhausen beim beschriebenen Hunnenring wurde 2016 ein solches Dorf rekonstru-
iert. Die zugehörige Website gibt Informationen zur Erforschung der keltischen Kultur und dem
späteren Vordringen der Römer, was hier ca. ab 40 v.Chr. zur römischen Besiedlung führte.25
Von den Römern wurden die Kelten übrigens auch Galli (-er) genannt. Ca. 390 v. Chr. konnten
die Kelten in der Schlacht am Fluss Allia unter ihrem Anführer Brennus sogar einmal Rom
erobern. Später konnte sich der Expansion der Römer bekanntermaßen "nur ein kleines kelti-
sches Dorf im Westen Frankreichs lange Zeit erfolgreich widersetzen"26. - Im Jahre 58 n. Chr.
unterwarf der Feldherr Gaius Caesar die Kelten jedoch in der Schlacht bei Alesia (Burgund)
und besiegelte die Vorherrschaft der Römer endgültig27.

Schlacht um Alesia
Vercingetorix unterwirft
sich Cäsar, 58 n.Chr.

Lionel-Noël Royer,
(1899, gemeinfrei)

https://de.wikipedia.org/wiki/Schlacht_um_Alesia

Die Römer (ca. 50 v. Chr. – ca. 500 n. Chr.)


Die Keltenzeit im Bereich des Hunsrücks endete ungefähr um 50 v. Chr. Nach aktuelleren
Erkenntnissen spielten dort kriegerische Auseinandersetzungen eine weniger große Rolle als
allgemein angenommen. Teilweise waren die Kelten bereits verschwunden als die Römer ka-

24
http://www.verein-keltenwelten.de/keltische-staetten/bundenbach-keltensiedlung-altburg/ (Stand 2018)
25
http://www.keltenpark-otzenhausen.de/ (Stand 2018)
26
Asterix-Comicreihe: von René Goscinny (1926–1977) und Albert Uderzo (1927–2020)
27
https://de.wikipedia.org/wiki/Schlacht_an_der_Allia, https://de.wikipedia.org/wiki/Schlacht_um_Alesia und
https://www.welt.de/geschichte/article166745176/Diese-Niederlage-der-roemischen-Legionen-praegte-Genera-
tionen.html

LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ 15


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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men. In manchen Gegenden scheint sich die Kultur der Römer zunächst friedlich in die beste-
hende keltische Kultur integriert und später weitgehend durchgesetzt zu haben. Diese „Roma-
nisierung“ über eine keltisch-römische Mischkultur zeigt das Museum Belginum bei Morbach
im Landkreis Bernkastel-Wittlich. In der Nähe des Museums liegt ein Gräberfeld, das nachei-
nander von den Kelten, den Römern und von nachfolgenden Kulturen genutzt wurde. Die zahl-
reichen Grabbeigaben zeigen, wie sich die Kulturen im Laufe der Zeit gewandelt haben.28,29

Zur Hauptblütezeit reichte das römische Reich (117 n. Chr.) im heutigen Deutschland bis über
die rechtsrheinische Seite hinaus und wurde dort vom Limes begrenzt. Landbau und Sied-
lungsstruktur waren intensiv durchorganisiert – im Gegensatz zu den weiter außerhalb liegen-
den „wilden Wäldern und Germanendörfern“ außerhalb des Limes. Auch der heutige Landkreis
Bad Kreuznach lag im römischen Reich und wurde durch die römische Siedlungskultur ge-
prägt. Äcker, Grünland, Weinbau und Obstbäume gab es auf fruchtbaren Böden im Umkreis
der Siedlungen. Die Römer pflegten anstelle von Wasser verdünnten Wein zu trinken - Alkohol
tötet Bakterien im Trinkwasser ab. Der Wein wurde aus Italien, Spanien und Frankreich impor-
tiert, später auch auf den wärmeexponierten Lagen an Rhein, Mosel und Nahe angebaut. Holz
und Gesteine kamen aus den Wäldern des Soonwalds und Hunsrücks.
Die römischen Städte waren durch befestigte Handelsstraßen verbunden, die ungeachtet des
Reliefs weitgehend geradlinig durch die Landschaft angelegt wurden. Bei Feilbingert wird ein
Abstecher auf den Lemberg zum Merkurtempel mit Jupitergigantensäule vermutet. Eine wei-
tere Straße führte an Bad Sobernheim vorbei zur Villa von Boos und weiter hinter dem Roten-
fels nach Bad Kreuznach (G. und H. E. Rösch 2010). Oft wurden auch die alten Keltenwege
von den Römern ausgebaut und in das römische Straßennetz integriert.

Hier erkennt man noch die tiefen


Fahrspuren, die eisenbeschlagene
Holzräder der römischen Pferdewagen
in die Felswege hinauf zur
Schmidtburg gruben. Leider sind nur
wenige Abschnitte der Römerstraßen
heute als solche erkennbar. Oft sind
sie mit Asphaltstraßen oder
Schotterwegen überbaut.

Foto: R. Horn

28
http://www.belginum.de (12/2020)
29
sehr lohnend: https://www.europaeischer-kulturpark.de/ (11/2020). Ausgrabungen und Rekonstruk-
tionen: keltisches Fürstinnengrab, gallo-römische Kleinstadt mit Thermen und römische Palastvilla.

16 LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Auf der Tabula Peutingeriana, der mittelalterlichen Kopie einer verschollenen römischen Karte
aus dem zweiten Jahrhundert, sind die Fernverbindungen durchs gesamte römische Reich
verzeichnet. Im nachfolgend abgebildeten Ausschnitt der Karte sieht man die Verbindung zwi-
schen Mainz/Bingen und Trier, die über den Soonwald und Hunsrück vorbei am Belginium
führt. Heute wird der Weg „Via Ausonia“ genannt und ist als Wanderweg vom Hunsrückverein
ausgezeichnet30. Der Name stammt von Decimus Magnus Ausonius, dessen Reisebeschrei-
bung „Mosella“ entlang dieses Weges aufschlussreiche Details über das römische Leben in
der Region enthält.

Kartenauszug der Tabula Peutingeriana Segmentum III, ergänzt um die heutigen Bezeichnungen
Bibliotheca Augustana, Faksimili Prospectus tabulae, (Conradi Milleri editio 1887/88) 31

Römerstraßen / Keltenwege

Einige alte Keltenwege sind von den Römern ausge-


baut und weiter befestigt worden, z.B. die römische
„Via Ausonia“

Karte: B. Schwade 201332

30
Trasse der ehemaligen Römerstraße „Ausoniusweg“ im Soonwald. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital.
https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-252770 (Abgerufen: 25. Juli 2018)
31
https://www.tabula-peutingeriana.de (Nov.2020)
32
http://www.altwege.de/roemer-und-kelten/altwege-mosel.html (12/2020)

LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ 17


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Im Landkreis Bad Kreuznach finden sich – wie überall im ehemaligen römischen Reich - zahl-
reiche Zeugnisse der römischen Besiedlung. Steinhäuser, Gärten und luxuriöse Säulen-Villen
der Römerstädte waren durch Mauern und Tore gesichert. Großzügige Landgüter „Villa
rustica“ lagen außerhalb der Städte.

Im Museum „Römerhalle“33 in Bad Kreuznach - dem keltisch-römischen Dorf Cruciniacum –


sind zwei kunstvolle Mosaikböden ausgestellt. Das über den Boden beheizte Gladiatorenmo-
saik und das Oceanusmosaik stammen aus der nahegelegenen römischen Palastvilla aus
dem 3. Jahrhundert. Diese Anlage umfasste 7000 m2 Wohnfläche verteilt auf drei Geschosse
mit über 100 Räumen, die einen Innenhof umschlossen.

Römerhalle: Gladiatorenmosaik und die darunterliegende Bodenheizung (Hypocaust)


Fotos: Matthias Luhn, © Museum Römerhalle, Bad Kreuznach

Weitere landwirtschaftliche Gehöfte werden auch in der Nähe von Waldböckelheim beim Gast-
hof Leos Ruh und dem Marienpforter Hof vermutet. Ca. 100 Brandgräber wurden in der Wald-
böckelheimer Gemarkung in Richtung Bockenau gefunden34. Auf dem im vorigen Kapitel be-
schriebenen keltischen „Hunnenring“ bei Otzenhausen stand bis ins 3. Jahrhundert ein römi-
scher Dianatempel (G. und H. E. Rösch, 2010).

Der heutige "Ausoniusweg" von Bingen/Mainz nach Trier führt durch den Binger Wald im be-
nachbarten Landkreis Mainz-Bingen an den Ausgrabungen einer „villa rustica“ vorbei, die von
ca. 150 – 420 n. Chr. bewohnt war. Solche römischen Gutshöfe waren damals überall verbrei-
tet. Die Ummauerung der Anlage umgab ca. 3,5 ha Land. Neben den Hauptgebäuden mit

33
Museum Roemerhalle in www.Museum.de (2019)
34
Zitat - https://www.waldboeckelheim.de/gemeinde/chronik/ (12/2020)

18 LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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einem vorgelagerten Wasserbecken gab es Wohnhäuser für das Personal, Stallgebäude so-
wie Gemüse- und Kräutergärten. Heute liegen die Ausgrabungen mitten im Wald. Als der Hof
bewohnt war, war er von Feldern, Obstwiesen und Viehweiden umgeben. Der Wald war im
Umfeld gerodet und man hatte von den Wohntürmen auf der Anhöhe einen weiten Blick bis
über den Rhein.
Von diesen Ländereien (Latifundien) belieferten die Gutsbesitzer die entfernter liegenden
Städte und Garnisonen mit Lebensmitteln. Dörfliche Siedlungen, wie sie bei den Kelten und
später auch wieder ab dem Mittelalter üblich waren, gab es zur Römerzeit kaum.35 Bevor die
großen Gutshöfe entstanden, wurde das Land von zahlreichen Kleinbauern bewirtschaftet, die
jedoch oft Kriegsdienst leisten mussten. Viele kamen dabei um, die Felder verbrachten und
die verarmten Angehörigen zogen in die Städte. Das Land wurde zusammengelegt, Großbau-
ern kauften es billig auf oder besetzten das Land und bewirtschafteten die Ländereiern lukrativ
mit Sklaven, die nicht in den Krieg eingezogen werden konnten. Teilweise wurde das Land
von den Großgrundbesitzern auch wieder an verarmte Kleinbauern verpachtet.36

Villa rustica im Binger Wald an der Via Ansonia37 Fotos: R. Horn

Hervorzuheben ist das ausgeklügelte Wasser- und Abwassersystem für die Städte und Land-
güter. Reines Quellwasser wurde aus dem Bergland über Kanalsysteme und Aquädukte in die
weit entfernten Städte geleitet. Die Römer entwickelten hierzu eine spezielle Betonmischung,
die sogar unter Wasser aushärten konnte. Dieses Wissen ging jedoch nach der Römerzeit

35
Erlebnispfad Binger Wald (Villa rustica), Infotafeln
36
https://de.wikipedia.org/wiki/Wirtschaft_im_R%C3%B6mischen_Reich (2021, Römische Landwirtschaft)
37
Erlebnispfad Binger Wald (Villa rustica), Infotafeln

LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ 19


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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verloren, bis der Beton im industriellen Zeitalter „wiedererfunden“ wurde. In den reicheren rö-
mischen Häusern gab es Wassertoiletten, Warmwasser, Fußbodenheizung und sogar Saunen
und Badehäuser. Es gab öffentliche Thermen, die für alle Bürger zugänglich waren. Da hierbei
viel Holz verbrannt wurde, wundert es nicht, dass das Umland der Siedlungen nahezu waldfrei
gewesen ist.

Hier beschreibt Ausonius in seiner Reisebeschreibung „Mosella“ einen Saunagang.38 Es


könnte auch in Bad Kreuznach an der Nahe gewesen sein: „…….Gesehen habe ich, wie
manche, die vom vielen Schwitzen im Bad erschöpft waren, die Bassins und die Kühle der
Becken verschmähten, um sich am lebendigen Wasser zu laben, dann, durch den Strom er-
quickt, mit plätscherndem Schwimmen den eiskalten Fluss zerteilten. ……“

Das angenehme Leben zog zahlreiche Leute aus dem grenznahen Umland ins römische
Reich. Solange sie friedlich einwanderten, waren sie den Römern willkommen, denn es wur-
den immer Handwerker, Landarbeiter und Soldaten gebraucht. Bis das Christentum 380 n.
Chr. zur Staatsreligion wurde, gab es Religionsfreiheit für alle römischen Bürger. Diese Rege-
lung hielt das große Reich mit seinen unterschiedlichen integrierten Volksstämmen über lange
Zeit zusammen.
Innere Krisen durch theologische und politische Machtansprüche führten ab dem 3. Jh. jedoch
immer wieder zu instabilen Lagen. Zunächst fiel der Limes den einfallenden Germanen zum
Opfer. Nach einer Phase der Stabilität durch Aufteilung des großrömischen Reichs in ein West-
und ein Oströmisches Reich konnten die Grenzen jedoch auch am Rhein nicht mehr gehalten
werden39. Von dieser Zeit zeugt in Bad Kreuznach heute die „Heidenmauer“ als Überrest eines
Militärkastells, das im 4. Jh. angesichts der zunehmenden Bedrohung errichtet wurde.40

Danach setzte eine große Völkerwanderung ein. Von allen Seiten drängten kriegerische Volks-
stämme – Hunnen, Vandalen, Alemannen und Franken - ins römische Reich. Zunächst ver-
sank das Westreich in Bürgerkriegen, später verfiel auch das Oströmische Reich. Die eindrin-
genden Stämme versuchten, die römischen Einrichtungen zu bewahren und für sich selbst zu
nutzen. Trotzdem ging viel von der Kultur, Infrastruktur und des zugehörigen Wissens verloren.
Mit dem Verfall des weströmischen Reichs gegen Ende 500 n. Chr. übernahmen letztendlich

38
D. Magnus Ausonius, „Mosella“. Lateinisch-deutsch.
Herausgegeben, übersetzt und kommentiert von Paul Dräger, Düsseldorf, Zürich 2004
39
s. wikipedia: Rheinübergang von 406 (Stand 2019)
40
https://www.regionalgeschichte.net/bibliothek/texte/aufsaetze/silbermann-cruciniacum-zelemochum-bad-kreuz-
nach-stadtgeschichte.html#c60301 (12/2020)

20 LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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die Franken das Land, auch im Bereich des heutigen Landkreises Bad Kreuznach. Sie be-
gründeten auf der Basis römischer Kulturreste eine römisch-germanische Übergangskultur ins
Frühmittelalter.

1.3 Soonwald und Naheland - Mittelalter bis heute

Zur Zeit der Völkerwanderung verfielen viele Ansiedlungen am Soonwald wieder. Bis auf die
Lössgebiete im unteren Naheraum war das Bergland im Mittelalter wieder flächendeckend be-
waldet. Erst mit Beginn der fränkischen Siedlungsaktivität (450 – 700 n. Chr.) wurden wieder
Rodungen für neue Siedlungen angelegt, v.a. jedoch im Hochmittelalter zwischen 900 und
1250 n. Chr.
Zitat aus dem Portal Rheinische Geschichte: „Die landwirtschaftliche Produktion war in Groß-
grundherrschaften mit zentralen Herrenhöfen und einer Vielzahl von abhängigen Bauernstel-
len organisiert. Die größten Grundbesitzer waren der König, die Bischofskirchen und die rei-
chen Klöster und Stifte. Im Laufe des 11. Jahrhunderts führten die günstigen Klimaverhältnisse
des mittelalterlichen Klimaoptimums und die Modernisierung der Landwirtschaft zu einem Be-
völkerungsanstieg, der große Rodungen zur Erweiterung der Acker- und Siedlungsfläche not-
wendig machte“.41

Die linksrheinischen Gebiete - u.a. der heutige Landkreis Bad Kreuznach – waren in den fol-
genden Jahrhunderten in zahlreiche Herrschaftsgebiete zersplittert. Sie befanden sich im Be-
sitz verschiedener Fürsten, Herzoge, Grafen (z.B. Sponheimer) und der Kirche (Kurfürstentum
Trier). Zu den Burgen, Schlössern, Klosteranlagen und Herrenhöfen gehörte das umliegende
Land, welches – ähnlich wie schon bei den Römern - von abhängigen Bauern bewirtschaftet
wurde. Schloss Dhaun, die größte Burganlage im Nahetal, liegt auf einem Felssporn hoch über
dem Kellenbachtal. Die Burg diente im Mittelalter (11. Jh.) den Rheingrafen als Hauptburg,
wurde 1729 zum Schloss ausgebaut und verfiel dann zur Ruine.42

Erbfolgekriege, Raubrittertum und in besonderem Maße der 30-jährige Krieg (1618-1648)


brachten unermessliche Not und Hunger über Stadt und Land. Die marodierenden Truppen
trafen die Landbevölkerung am schlimmsten - Siedlungen und Felder wurden verwüstet und
das Vieh wurde gestohlen. Missernten während der „kleinen Eiszeit“ (ca. 1400-1800), die auf

41
http://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Epochen-und-Themen/Epochen/785-bis-1288---die-rheinlande-im-
hochmittelalter/DE-2086/lido/57ab2238c87510.51484097/ (© 2017 LVR Portal Rheinische Geschichte)
42
Die Burg wechselte mehrfach den Besitzer, wurde in Teilen renoviert und wird heute als Schlossakademie
und Jugendbildungsstätte geführt.

LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ 21


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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das Klimaoptimum folgte, beschleunigten Krieg, Hunger, Elend und Massensterben der Be-
völkerung - mithilfe Ratten, Pest und Wölfen.43 Während der französischen Besatzung (1794-
1814) nach Napoleons Einmarsch wurden die jahrhundertealten kleinherrschaftlichen Struktu-
ren aufgelöst, Adel und Feudalrechte wurden aufgehoben, die Klöster enteignet. Die bisheri-
gen linksrheinischen Gebiete vom Donnersberg bis nach Bonn – also auch der spätere Land-
kreis Bad Kreuznach - gehörten nun zum französischen „Rhein-Moseldepartment“.44 Die nach-
feudale bürgerliche Gesellschaft und Arbeiterschaft leitete mit den eingeführten Verwaltungs-
strukturen und Justizsystemen nach französischem Vorbild den gesellschaftlichen Wandel in
die Moderne ein. Die französische Besatzung endete bereits nach 20 Jahren mit der Über-
nahme durch die Preußen im Jahr 1814.

Überblick der landwirtschaftlichen Nutzungsweisen


Im Landkreis Bad Kreuznach wurden - wie überall - die fruchtbaren Böden gerodet. Flachgrün-
dige Kuppen, Höhenzüge und Steilhänge blieben bewaldet. Auf den Hanglagen entlang der
Nahe und ihren Zuflüssen wurde auf den wärmebegünstigten Steillagen bei verschiedenen
Böden und günstigen klimatischen Verhältnissen ab dem Mittelalter auch Wein angebaut. Der
eigentliche Soonwald war hingegen vom Mittelalter bis in die heutige Zeit hinein ein größeres
zusammenhängendes Waldgebiet gewesen (BAUER 1962).

Auf den ungünstigeren Standorten - meist Gemeindeeigentum - wurde zwischen Ackerbau,


mehrjähriger Brache und Viehweide abgewechselt (Feld-Gras-Wechselwirtschaft, s. STURM
1959). Bevor Kunstdünger, motorbetriebene Maschinen und chemische Schädlingsbekämp-
fungsmittel erfunden wurden, gab es bei der Bewirtschaftung von landwirtschaftlichen Flächen
über die Jahrhunderte hinweg vom Wirtschaftsprinzip her keine großen Veränderungen. Um
Erträge aus den Böden zu holen, war man auf die Körperkräfte von Mensch und Tier ange-
wiesen und düngte die Felder mit Mist und Streu. Zwischenbrachen sollten für die Regenera-
tion der Böden sorgen. Diese Bewirtschaftung sowie Rott- / Schiffelwirtschaft und intensive
Waldweide haben das heutige Erscheinungsbild der Landschaft mitgeprägt (vgl. Kap 2).
Viele der heute für den Arten- und Biotopschutz wichtigen Flächen haben ihren Ursprung in
der damaligen Art der Landbewirtschaftung (vgl. Kap. 3).

43
ca. 100 Jahre später, gegen Mitte des 18. Jahrhunderts erließ Friedrich II von Preußen seine berühmten soge-
nannten „Kartoffelbefehle“, um diese anspruchslose Erdfrucht flächendeckend einführen und anbauen zu lassen
und so künftig schlimme Hungersnöte durch Missernten zu vermeiden.
44
http://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Epochen-und-Themen/ (12/2020, Epochen: 1794 bis 1815)

22 LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Die folgende Abbildung aus dem Jahre 1788 zeigt, wie die frühere Nutzung im Umfeld von
Bad Kreuznach gewesen sein mag. Eine flächendeckende landwirtschaftliche Nutzung ist er-
kennbar. Ackerparzellen, offenes Grünland mit Obstbäumen und sonstigen Einzelgehölzen
wechseln kleinräumig. Die umliegenden Hügel sind im Gegensatz zur heutigen Situation groß-
flächig entwaldet. Die kleinstrukturierte, heute als extensiv bezeichnete landwirtschaftliche
Nutzung hatte jedoch einen viel höheren Biotopwert als die meisten heutigen Landwirtschafts-
flächen (vgl. Kap. 2 und 3).

Landwirtschaftliches Umfeld von Bad Kreuznach Kreuznach, Kupferstich 178845

Exkurs: historische Zeitgenossen – Rückblick in die letzten Jahrhunderte


Nachfolgend schauen wir einmal kurz in die Zeiten zwischen dem Mittelalter und dem 18.
Jahrhundert - und zwar anhand dreier berühmter historischer Persönlichkeiten des Landkrei-
ses Bad Kreuznach. Wir erhalten so einen kleinen Einblick in die Lebensweise und Landnut-
zung der Menschen, die in den letzten Jahrhunderten im Landkreis gelebt haben.

 Hildegard von Bingen im 11. - 12. Jh (Hochmittelalter - Klosteradel)

 Der Schinderhannes im 18. Jh (Unterschicht und Bandenkriminalität - Übergang zwi-


schen dem zersplitterten „Alten Reich“ und der „Franzosenzeit“)

 Der Jäger aus Kurpfalz, ebenfalls im 18 Jh. (Oberschicht - Forstwirtschaft und Eisen-
verhüttung)

45
Foto aus: https://www.regionalgeschichte.net/bibliothek/texte/aufsaetze/silbermann-cruciniacum-zelemochum-
bad-kreuznach-stadtgeschichte.html#c60301 (Stand Nov. 2020) Horst Silbermann, Cruciniacum, Zelemochum,
Bad Kreuznach - Eine Einführung in die Stadtgeschichte, Kap. 2. Steinzeit bis Völkerwanderung (12/2020)

LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ 23


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Mittelalter: Hildegard von Bingen (1098-1179) und das Kloster am Disibodenberg

Der Disibodenberg liegt an der Glanmündung in die Nahe bei Odernheim. Er war schon zu
keltischer und römischer Zeit als heiliger Berg bekannt. Seinen Namen hat er von einem iri-
schen Wandermönch namens Disibod, der von ca. 640-700 n. Chr. in einer Klause am Disibo-
denberg lebte. Sein Grab wurde zu einer Pilgerstätte und kurz darauf wurde auf dem Berg die
erste klosterähnliche Anlage errichtet. Nach mehrfachen Plünderungen ließ Erzbischof Willigis
zu Mainz um 975 n. Chr. eine neue Kirche bauen und die verfallenen Gebäude instandsetzen.

Die Grafenfamilie von Sponheim baute 1108 eine Frauenklause an, deren Leitung Jutta von
Sponheim im Jahre 1112 übernahm. Zur gleichen Zeit wurde auch Hildegard von Bingen von
ihren Eltern ins Kloster gegeben. Nach dem Tod Juttas 1136 leitete Hildegard die Frauen-
klause. Sie lebte 40 Jahre als Inklusin auf dem Disibodenberg. Ihre religiösen Visionen, für die
sie bekannt ist, beschreibt sie anhand kunstvoller Visionstafeln in ihren Hauptwerken Scivias
(Böckeler 1954, H.v. Bingen).
Auch ein umfangreiches Werk über die Natur und über Krankheiten entstand am Disiboden-
berg „Causae et Curae – Heilkunde“ und „Physika – Naturkunde“. Heute sind ihre Heilmittel in
zahlreichen Ratgebern als „Hildegardmedizin“ bekannt. Der zu jener Zeit häufig angebaute
Dinkel sowie Wein, Gewürze, die Heilsteine aus dem Naheraum, heimische Wildpflanzen,
Obst und Küchenkräuter bilden bei Hildegard die Basis zur Heilung und zur Vorbeugung der
damals gängigen Zivilisationskrankheiten.

Visionstafel - Der Lebenskreis (Hildegard von Bingen: Liber divinorum operum 1163-1173 - Welt und Mensch)
und der „Hildegarten“ beim Museum am Strom in Bingen (Foto: R. Horn)

24 LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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In Bingen gibt es zwei Hildegard-Themengärten, den „Hildegarten“ beim Museum am Strom46


(s. Foto) und den Kräutergarten auf dem Rochusberg am Hildegardforum47. Die in Hildegards
Schriften genannten und dort angepflanzten Kräuter zeigen, welche Pflanzen im Mittelalter
wohl vorgekommen sein könnten. Wärmeliebende Kräuter wurden auch aus dem Mittelmeer-
raum importiert. Einige der zu dieser Zeit wohl noch häufigeren Wild- und Wiesenkräuter sind
heute selten und gefährdet, z.B. der hustenstillende Andorn, Bärwurz, Hirschzungenfarn oder
der durchblutungsfördernde Diptam.
Diptam kommt jedoch in den umliegenden Naturschutzgebieten noch stellenweise in schönen
Beständen vor und wird auf seinen Standorten durch Pflegemahd oder Beweidung erhalten.
Die meisten der von Hildegard verwendeten Ruderal- und Brachepflanzen sind nicht gefährdet
und häufig zu finden, z.B. Königskerze, Klette, Beifuß und Rainfarn.

Diptam (Dictamnus albus) am trockenen Hang, Harsten bei Niederhausen Foto: R. Twelbeck

Zitat Hildegard:

Der Wein heilt und erfreut den Menschen mit seiner wohltuenden Wärme und großen Kraft. 48
Seit dem frühen Mittelalter wurde an der Nahe vor allem von den Klöstern Weinbau betrieben.
Oft verwendet Hildegard den guten Wein zum Ansetzen der Heilkräuter: Petersilienwein für
den Kreislauf, Muskatellersalbeiwein für Magen und Darm, Wasserlinsenwein zur Entgiftung,
Galgantwein bei Übersäuerung u.v.m.49 Dies ist kein Wunder, befindet sich doch am Südhang
des Disibodenbergs eine der alten ertragreichen Weinbergslagen des Nahelands, wo auch
heute noch Rieslingsweine angebaut werden.

Um 1152 verließ Hildegard den Disibodenberg und gründete in Bingen auf dem Rupertsberg
und in Eibingen eigene Frauenklöster. 1179 stirbt sie nach einem reichen Leben hochbetagt
und wird auf dem Rupertsberg begraben. Das Kloster auf dem Disibodenberg verfiel nach dem
Auszug der Mönche und ist heute als Ruine zu besichtigen.

46
https://www.bingen.de/tourismus/hildegard-von-bingen/hildegard-begegnen/hildegarten (Stand 2019)
47
https://www.hildegard-forum.de/ (12/2020)
48
https://www.zitate.eu/author/hildegard-von-bingen-hl/zitate/194654 (Stand 2019)
49
beschrieben z.B. in: Hildegard von Bingen, Bund der Freunde Hildegards e.V., St. Georgen, Österreich, 2018

LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ 25


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Der Disibodenberg im 18. Jh. (Stich von 1724) gemeinfrei

Man erkennt den langsamen Verfall des Klosters. Die Dächer stürzen ein
und lange Zeit wurde die Ruine von den Bewohnern der umliegenden
Orte als Steinbruch genutzt. Man sieht, dass der Disibodenberg im Ver-
gleich zu heute nahezu waldfrei gewesen sein muss. Die Umgebung des
Klosters war v.a. durch Weinbau, Obst und Ackernutzung geprägt.

Der Wald auf dem Disibodenberg steht nun unter Naturschutz. Im Bereich der Klosterruine
wurde 1841 ein romantischer Park nach dem Vorbild englischer Landschaftsgärten angelegt.
Heute wird das Erbe Hildegards von der Scivias-Stifung50 zusammen mit dem Landesamt für
Denkmalpflege betreut. Zum 900-sten Geburtsjahr Hildegards entstanden auf dem Berg ein
neues Klostermuseum und die Hildegardiskapelle. Wandernd auf dem neuen „Hildegard von
Bingen Pilgerwanderweg“51 erahnt man den Geist Hildegards, der heut' noch durch die Ruinen
weht –

Klosterruine Disibodenberg
Ein Hirte hat seine Ziegen auf die freien Weiden getrieben. Lithographie 183352 (gemeinfrei)

50
http://www.disibodenberg.de/Willkommen.html (12/2020)
51
https://www.naheland.net/de/outdoor/wandern/hildegard-von-bingen-pilgerwanderweg/ (12/2020)
(von Idar-Oberstein nach Bingen über den Disibodenberg und zu weiteren Wirkungsstätten Hildegards)
52
Bild aus: https://www.regionalgeschichte.net/bibliothek/aufsaetze/reisek-renner/feeds/fotostrecke/tt_con-
tent_60162/0.html

26 LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Vor ca. 200 Jahren: Johannes Bückler, genannt „Der Schinderhannes“ (1778-1803)

Johannes Bückler lebte als berüchtigter Räuberhauptmann im Hunsrück, Soonwald und im


Nahetal. Seine Raubzüge fielen in die Zeit der französischen Besatzung. In diesen wirtschaft-
lichen Krisenzeiten trieben zahlreiche organisierte Räuberbanden ihr Unwesen53. Wurde nach
ihm gefahndet, tauchte er auf die andere Rheinseite ab und trat dort als Händler unter anderem
Namen auf. In jener Zeit haben sich die armen Leute mit mehr Mühe als Lohn über Wander-
und Tagelöhnerarbeit, als Feldschütz, Soldat, Gerber oder eben als „Schinder“ - also Abdecker
– durchgeschlagen. So auch der Vater des Schinderhannes. Bereits kurz nachdem auch Jo-
hannes Bückler in Bärenbach bei Kirn in dieser Tradition seine Lehre zum „Schinder“ angetre-
ten hatte, ließ er mehrere Kalbsfelle von seinem Lehrherrn mitgehen.

Schinderhannesturm53

In Simmern gelang dem „Schinderhannes“ eine


spektakuläre Flucht aus dem Gefängnisturm,
welcher heute „Schinderhannesturm“ heißt und
besichtigt werden kann. Die Häuser der Ort-
schaft waren mit Schiefer aus dem Hunsrück ge-
deckt.

Bild: Josef Hosp


Schinderhannesturm, Simmern (1925)
54 Öl auf Leinwand54

Das Dorf Bärenbach mit seinen schiefergedeckten Häusern entstand vermutlich im 7. oder 8.
Jahrhundert aus einem Gehöft der fränkischen Rodungen im Nahehügelland. Als Johannes
Bückler in Bärenbach lebte, sah es dort so aus: „Einer Beschreibung des Amtes Naumburg
aus dem Jahre 1785 zufolge zählte Bärenbach damals 32 Häuser mit ebenso vielen Familien.
Ein Drittel der Bärenbacher Gemarkung war herrschaftliches Schlossgut“. Und zur Landwirt-
schaft in Bärenbach: „Der Boden des Ortes ist auf der einen Seit etwas tief und lehmig und auf
der anderen steinig, doch ist derselbe zum Fruchtbau gut, wie denn auch der Kleebau unten
an den Bergen gut ist. Die Viehzucht gehet auch somit wie in den anderen Dorfschaften, und
der Ort hat auch einen Weinberg, in welchem ein guter Wein wächst,…“.55 Der Kleeanbau

53
Küntzel, Astrid, Räuber und Gauner im Rheinland 1798-1814, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgeru-
fen unter: http://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Epochen-und-Themen/Themen/raeuber-und-gauner-im-rhein-
land-1798-1814/DE-2086/lido/57d124ad931b74.08562974 (21.02.2019)
54
https://www.simmern.de/kultur/freizeitgestaltung/sehenswuerdigkeiten/der-schinderhannesturm (12/2020)
Gemälde von Josf Hosp, Postkarte Hunsrückserie Nr.2 Verlag von J. Lintz, Trier
55
http://www.baerenbach.de/ (Bärenbach, Historie, Chronik: Jürgen Schmidt; Chronik der Gemeinde Bärenbach,
akt. Fassung 31.12.2016, VG Kirn-Land, Stand 2019) und www.Wikipedia.com: Bärenbach bei Idar-Oberstein
(Stand 2021)

LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ 27


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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diente als Viehfutter und zur Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit. Was notwendig war,
konnte also mit einigen Mühen auf den schwierigen Böden vor Ort angebaut werden, um
Mensch und Vieh im Dorf zu versorgen.

Wer jedoch kein eigenes Land hatte, musste sich anderweitig über Wasser halten. Leichter,
aber auch gefährlicher, kam man durch Raub zu Geld. Viele damalige Räuber gingen eigent-
lich einer geregelten Arbeit nach und trafen sich gelegentlich zu Raubzügen, von denen Jo-
hannes Bückler viele organisiert hat. Sie stahlen Pferde, Schafe und Schweine, wurden ge-
schnappt und konnten immer wieder entkommen. Später verlegten die Räuber sich auf lukra-
tivere Straßenüberfälle, brachen bei vermögenden Kaufleuten ein, erpressten, raubten, mor-
deten und steckten Haus und Hof in Brand. Reisende und Einwohner zahlten sogar - wie bei
der Mafia - Geld für sogenannte Schutzbriefe von „Johannes aus dem Wald“, damit er sie
verschonte.56 Zeitweise versteckten sich die Räuber vor der Polizei im Hahnenbachtal auf der
Schmidtburg und auf dem Kallenfelser Hof.

Letztendlich wurde Johannes Bückler jedoch gefasst und in einem spektakulären Prozess in
Mainz am 21.11.1803 zusammen mit 19 Komplizen zum Tod verurteilt und mit der Guillotine
hingerichtet. Des Schinderhannes Räuberkarriere währte also nur 6 Jahre.

Vorstellung der Hinrichtung


des Schinderhannes
Mainz 1803 / colorierter Kupfer-
stich

Abb. der Reproduktion aus dem


Hunsrück-Museum Simmern
(Original im Mainzer Landes-
museum)

www. hunsrueck-museum.de

56
Eine Übersicht über die Komplizen und Taten des Schinderhannes kann man auf der Website des Hunsrück-
Museums nachlesen http://www.hunsrueck-museum.de/sammlungen/schinderhannes-realitaet-und-mythos/
(12/2020) oder auch: Uwe Annhäuser (2003), Schinderhannes und seine Bande, Rhein-Mosel-Verlag

28 LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Friedrich Wilhelm Utsch - Ein Jäger aus Kurpfalz (1735 – 1795)

Einsam am Waldrand in der Nähe der Ortschaft Auen liegt die Willigis-Kapelle. Erzbischof
Willigis aus Mainz ließ die Kapelle vor nahezu 1000 Jahren auf den Resten römischer Mauern
in der Gemarkung des alten Königsgutes Monzingen bauen. So sollten auch die Bewohner
der abgelegenen Ortschaften im Soonwald die Möglichkeit haben, in die Kirche zu gehen.
Daher der ursprüngliche Name „Geh in Kirche“. Stundenlang mussten die Leute laufen, um
zur Kirche zu gelangen, und sogar ein Totenweg aus dem Soon führte zu dem kleinen Wald-
friedhof neben der Kapelle.57 Am Zugang zur Kapelle kann das Grab eines Mannes besucht
werden, der den meisten Quellen zufolge der „Jäger aus Kurpfalz“ aus dem gleichnamigen
Volkslied gewesen sein soll.58, 59

Grab von Friedrich Wilhelm Utsch bei der Willigiskapelle mit dem kleinen Waldfriedhof Fotos: R. Horn

Friedrich Wilhelm Utsch war Erbförster des Mainzer Kurfürsten, Jäger und Grundbesitzer. Ein
vermögender Mann, der etwa zur gleichen Zeit wie der mittellose Schinderhannes lebte. Sein
Dienstsitz war im Forsthaus „Entenpfuhl“ bei Bad Sobernheim60, wo man ein ihm gewidmetes
Jägerdenkmal besuchen kann. Jedoch war er nicht nur, wie im alten Kinderlied besungen,
unterwegs "im grünen Wald reitend und das Wild daherschießend, ganz wie es ihm gefällt".

57
http://www.auen.de/index.php/ortsgemeinde/menu-styles/ (12/2020, Willligeskapelle)
58
ganz geklärt ist das nicht, es gibt es noch weitere „Anwärter“, z.B. Johann Adam Melsheimer, in den Jahren
1719-1757 kurpfälzischer "Reitender Förster im Unteren Soon".
59
wer's noch nicht kennen sollte, z.B.:
https://www.youtube.com/watch?v=9vR4GnBRO3I (Rundfunk Männerchor Berlin)
60
https://soonwald.de/der-jaeger-aus-kurpfalz/ (12/2020)

LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ 29


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Utsch besaß dazu das 1722 erbaute Malteser Hospitalgut in Sobernheim.61 Und er leitete ab
1782 die damalige Eisenhütte bei Rheinböllen, die sich schon seit Generationen im Besitz der
Familie befand. Vermutlich wurde am Standort bereits im frühen Mittelalter Eisen verarbeitet.62
Zu dieser Zeit bildete die Köhlerei für die Eisenverhüttung die größte Einnahmequelle aus der
Holzwirtschaft im Soonwald und Hunsrück. Hierfür war die Buche am besten geeignet, die
damals im Hunsrück viel stärker verbreitet war als heute.

In der Umgebung der Eisenbetriebe bildeten sich als Folge der massiven Einschläge für die
Brennholzgewinnung großflächige Niederwälder (Gildemeister 1962, vgl. Kap. 2.5, 2.9). Im
Gegensatz jedoch zu der intensiven Wald- und Weidenutzung in der Eifel63 wurde der Wald in
den landesherrlichen Waldungen in Hunsrück und Soonwald jedoch nicht völlig geplündert
(Gildemeister 1962). Wenn auch Heideland vorhanden war, "…gar lustig ist die Jägerei, allhier
auf grüner Heid…", gab es dort vielmehr ausgedehnte bejagbare Wälder und nicht solch groß-
flächige Ödland- und Heideflächen wie in der Eifel.

Der Jäger aus Kurpfalz


Relief im Pfälzer Sandstein bei
Heltersberg

Bildhauer: Karl Geisler

Foto: Pfalz39 64

Am Kneipptretbecken nahe der Willigiskapelle beginnt die "Vitaltour Willigesweg" 65, ein 20 km
langer anspruchsvoller Rundweg, der entlang der teilweise wildromantischen Bachabschnitte
von Gauls- und Hoxbach und an der "Schinderhanneshöhle" nahe der Ortschaft Seesbach
vorbeiführt.

61
https://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_Wilhelm_Utsch (12/2020)
62
https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-247174/ (Rheinböllerhütte bei Rheinböllen, Stand 2019)
63
s. Historische Landnutzung, Vulkaneifelkreis Daun:
https://lfu.rlp.de/de/naturschutz/pflege-und-nutzung/historische-landnutzung/
64
https://commons.wikimedia.org/wiki/File:J%C3%A4ger_aus_Kurpfalz_Heltersberg.jpg/
65
https://www.naheland.net/de/erleben/wandern/rundwanderwege/index.html#ipd=1556449/

30 LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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1.3.1 Die Nahe-Landschaft bei Bad Sobernheim vor ca. 200 Jahren bis heute

Wie sah die Landschaft vor ca. 200 Jahren aus (ca. 100 Jahre nach der Zeit vom Schinder-
hannes und dem Jäger aus Kurpfalz) und welche Änderungen haben sich bis in die heutige
Zeit ergeben? Anhand der historischen Karten von Tranchot Müffling (1803-1820) sowie der
preussischen Uraufnahme (1843-1878) im Vergleich mit der heutigen topografischen Karte
und dem Luftbild (2019) kann man sehr leicht erkennen, wie sich aufgrund der Nutzungsinten-
sivierung und der Bebauung die Landschaft und somit das Landschaftsbild verändert hat. Auf
den Websites kuladig.de oder im Geoportal RLP können wir die verschiedenen Karten direkt
übereinanderlegen. Die nachfolgenden Kartenausschnitte zeigen beispielhaft die Flächenaus-
schnitte an der Nahe bei Bad Sobernheim, Monzingen und Meddersheim.

Gleich auf den ersten Blick fällt auf, um wieviel mehr die Bebauung um die zentralen Ortskerne
der drei Ortschaften zugenommen hat. Die Gewerbe- und Industriegebiete von Bad Sobern-
heim und Monzingen grenzen heute direkt an die Nahe. Früher waren Städte und Dörfer oft
von Gärten und Wiesen umgeben. Sehr gut sieht man dies bei Sobernheim auf beiden histo-
rischen Karten. Bad Sobernheim hieß noch bis vor ungefähr dreißig Jahren nur Sobernheim.
Freizeiteinrichtungen wie das Kurbad und Freilichtmuseum kamen dazu und grenzen heute
südlich von Bad Sobernheim an die Nahe. Nördlich der B41 liegt die Golfanlage am Kurhaus
Maasberg. Die Wohnbebauung hat sich um das Vier- bis Fünffache der ursprünglichen Fläche
um die ehemaligen Ortskerne herum ausgedehnt.

Das Straßennetz wurde ausgebaut, insbesondere die B41. Bis auf den Bereich der Bun-
destraße B41, die nördlich von Bad Sobernheim weiter bis Bad Kreuznach führt, sind die meis-
ten Verbindungen und Wege zwischen den Ortschaften bereits in der alten Karte verzeichnet.
Die alten Stein- und Feldwege sind jedoch mittlerweile autogerecht verbreitert und asphaltiert
worden. Auch die Bahnlinie an der Nahe ist dazugekommen.

Im Gegensatz zu früher sind die Übergänge, die durch die ursprünglichen Wirtschaftsweisen
zwischen Offenland und Wald gegeben waren (s. Kap.2), nicht mehr fließend, sondern scharf
voneinander getrennt. Das Buschland und die verstreuten Gehölze im Offenland fehlen weit-
gehend. Zum Teil liegen Weinbergsflächen an den Hängen. Die höhere Nutzungsintensität auf
den Einzelflächen ist in den Karten nicht erkennbar, sie zeigt sich jedoch anhand der heutigen
Artenzusammensetzung, z.B mit weniger Vielfalt bei Anbaufrüchten und Ackerbegleitkräutern
auf Ackerflächen oder Abnahme der Wiesenarten auf intensiv genutzten Wiesen.

LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ 31


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Kartenausschnitt aus der preussischen Uraufnahme 1843-1878 (RLP), Blatt 3482 Bad Sobernheim66,67

Kartenausschnitt aus der heutigen DTK 25 - 2019 (RLP)68

66
https://www.kuladig.de/Karte, © BKG 2019 © LVR 2019,
s.a Geoportal RLP: https://daten.rlp.de/dataset/098f2c4f-8822-ed79-6500-cc92195ae0a2/resource/098f2c4f-
8822-ed79-6500-cc92195ae0a2_geoportalrlp_mobile/
67
https://www.heimatjahrbuch-vulkaneifel.de/VT/hjb1998/hjb1998.115.htm/
https://www.bezreg-koeln.nrw.de/brk_internet/geobasis/sonstige/historische_karten/1836/erlaeuterungen.pdf/
Erläuterungen zur Karte und Legende
68
https://www.kuladig.de/Karte/ , © BKG 2019 © GeoBasis-DE / LVermGeoRP 2019, dl-de/by-2-0,
http://www.lvermgeo.rlp.de 2019

32 LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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S = Sand- / Kiesbänke
T = Acker (Terroir)
F/P = Grünland

Fähre

Nahebrücke,
Westtangente

Vergrößerte Karten: Tranchot Müffling 1803-1820, preuss. Uraufnahme 1843-1878 und akt. Luftbild69 (Blatt 3482)

Der Verlauf der Nahe ist noch annähernd gleich. Von Meddersheim nach Sobernheim konnte
man früher jedoch nur per Fähre über die Nahe gelangen. Heute gibt es an der Stelle natürlich
eine Autobrücke. Die Naheufer sind befestigt und werden fast durchgehend von Gehölzstreifen
begleitet, oder aber die Bebauung und das Ackerland reichen direkt bis ans Gewässer. Da-
raufhin sind die vielen ehemaligen Sand-/Kiesbänke an und im Fluss zurückgegangen.

69
https://www.kuladig.de/Karte, © BKG 2019 © LVR 2019,
s.a Geoportal RLP Preußische Kartenaufnahme (1843-1878): https://daten.rlp.de/dataset/098f2c4f-8822-ed79-
6500-cc92195ae0a2/resource/098f2c4f-8822-ed79-6500-cc92195ae0a2_geoportalrlp_mobile

LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ 33


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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1.3.2 Veränderung der Landschaft durch die Intensivierung des Weinbaus

Im 19. und beginnenden 20. Jh. beschränkten sich die Weinberge eher auf die steilen sonni-
gen Südhanglagen, oft auch entlang der Talhänge von Fließgewässern. Heute hingegen hat
sich die Weinbaufläche auch auf die leichter zu bearbeitenden ebeneren Hochflächen ausge-
dehnt. Die schwierig zu bewirtschaftenden Steillagen hingegen wurden häufig aufgegeben und
verbrachten. Heute werden diese Lagen oftmals durch Biotoppflegemaßnahmen offengehal-
ten, daher können sich dort artenreiche Halb-/Trockenrasen und Felsflurgesellschaften entwi-
ckeln. Die heute viel größere Wein-Anbaufläche auf den schwächer geneigten Hängen und
Hochflächen zeigt beispielhaft der Vergleich zwischen Gutenberg und Braunweiler zwischen
dem Jahr 1901 und jetzt.

Wein wird heute nicht mehr nur auf den steileren Hanglagen angebaut.
Historische Weinbaukarte: Weinbau: braune Flächen, beste Lagen dunkler braun.

Die heutige Topografische Karte (TK 1:25 000 von 2011, Weinbau vertikal gestrichelt) wurde
zu diesem Zweck über die historische amtliche Weinbaukarte Kreuznach von 1901 gelegt.70

70
Weinbaukarte Kreuznach, Verlag Harrach 1901, online Koblenz Landesbibliothekszentrum
TK 25: © Landesamt für Vermessung und Geobasisinformation Rheinland-Pfalz, Koblenz, RLP 2011

34 LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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2. HISTORISCHE NUTZUNGST YPEN

Aus der Jungsteinzeit sowie der Kelten- und Römerzeit lässt sich die historische Landnutzung
über Ausgrabungsreste und – falls vorhanden – alte Aufzeichnungen nur grob rekonstruieren.
In den Lösslandschaften der Oberrheinebene und auch des unteren Nahehügellandes gab es
jedoch schon gegen Ende der Steinzeit größere Rodungsbereiche, die regelmäßig ackerbau-
lich genutzt wurden. Die ungünstigeren Standorte im Bergland wurden erst später im Laufe
des Mittelalters genutzt. In groben Zügen bildete sich die heutige Verteilung von Wald- und
Ackerlandschaften bereits in der Römerzeit und zu Beginn der Besiedlung durch die Franken
heraus (HAFFNER 1969). Daher liegen viele dieser heutigen Waldflächen auf historischen
alten Waldstandorten.

Heute sind die Landnutzungen aus dieser Zeit durch die darauffolgenden Kriege, Zerstörungen
und Siedlungsströme überprägt worden. Der Großteil der erkennbaren historischen Land-
schaftsentwicklung beruht auf den Siedlungs- und Nutzungsaktivitäten im frühen und späten
Mittelalter und der Kaiserzeit bis zum Beginn der Industrialisierung. Neben Acker, Grünland
und Waldnutzung wurde im Landkreis Wein und Obst kultiviert, auch wurden Gesteine und
Salz abgebaut. Eine Besonderheit bei Bad Sobernheim ist die langjährige Nutzung des Lehms
für Heilzwecke und zeitweise der Tabakanbau.

Bis zur Erfindung von Maschinen, Kunstdünger und Pflanzenschutzmitteln mussten Feld, Wald
und Wiesen mittels jahrtausendelang bewährter Methoden bewirtschaftet werden. Mit der Zu-
nahme der Bevölkerung stiegen der Flächenanspruch und die insgesamt bewirtschaftete Flä-
che. Aber immer noch war man bei der Wirtschaftsweise auf die natürlich vorhandenen Res-
sourcen angewiesen. Die Erträge hingen ausschließlich vom Boden, dem Klima und der Kraft
von Pferd, Ochs und vom Menschen selbst ab. Wurde nicht schonend bewirtschaftet – was oft
auch der Fall war -, wurden die Böden unfruchtbar und neues Land musste erschlossen wer-
den.

Wechselnde Nutzungen prägen die Landschaft


In den ertragreichen tieferen Lagen an den Fluss- und Bachtälern wurden schon früh die An-
baufrüchte und Bewirtschaftungsweisen am selben Standort gewechselt, um die wertvollen
Böden zu schonen und möglichst lange ertragsfähig zu halten. Der Anbau von Leguminosen
half bei der Stickstoffdüngung und optimierte die Fütterung von Rind und Pferd. Aus den ur-

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HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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sprünglichen Formen der Feld-Gras-Wechselwirtschaft entwickelte sich in der Altsiedelland-


schaft an der unteren Nahe schon früh die Zweifelderwirtschaft, die zu Beginn des zweiten
Jahrtausends zur dominierenden Landnutzungsform wurde. Dies machte jedoch eine stärkere
öffentliche Regulierung der Bewirtschaftung notwendig.

Auf den ärmeren Böden außerhalb der Ortslagen wurde zwischen dem Ackerbau und darauf-
folgender mehrjähriger Brache oder Weidenutzung abgewechselt (vgl. STURM 1959). Noch
weiter entfernt lagen die Waldallmenden. Hier wurden bei steigendem Getreidebedarf neue
"Außenfelder" eingeschlagen. War der Boden erschöpft, fielen sie wieder brach oder wurden
beweidet, sog. "Willerungen". Daran schlossen sich Niederwälder an, die ausschließlich der
Brennholzgewinnung dienten. Am weitesten von der Siedlung entfernt lag der Bauwald, der
als Waldweide genutzt wurde und aus dem Bauholz entnommen wurde (BOECK 1954, MANZ
1993, STURM 1959).

In den schwach besiedelten höheren Lagen von Soonwald und Hunsrück gab es vielfältige
Übergänge von Schiffelacker/-heide-/Wiesennutzug über Rottwald-/hecken zu Nieder-/Mittel-
und Plenterhochwald, die in wirtschaftstechnisch bedingter Reihenfolge aufeinander folgten.
Wenn die Äcker keine Erträge mehr abwarfen, wurden sie mit Schafen und Ziegen beweidet,
oder sie fielen mehrere Jahre brach und konnten später als Niederwald genutzt werden.

Die unterschiedlichen Nutzungsformen ergaben sich somit aus Ortsnähe, Gelände- und Bo-
denbeschaffenheit sowie durch regionale Klimaverhältnisse. Es entstand ein relativ kleinflä-
chig unterteiltes Bild der Landschaft. Indem die Nutzungsweisen "Wald-Feld-Wechselwirt-
schaftssysteme" sich immer wieder änderten, befand sich alles in einem steten und kleinräu-
migen Wandel. Diese alten Wirtschaftsweisen haben auch das heutige Erscheinungsbild der
Landschaft mitgeprägt. Das gilt auch für den Weinanbau an den sonnigwarmen Hanglagen
der Täler von Nahe, Glan und Alsenz.

Die ab dem 19. Jahrhundert einsetzende Stallviehhaltung und die zunehmenden Daueracker-
flächen führten im Lauf der Zeit zur Nutzungsentflechtung. Auch wurden die ärmsten und ab-
gelegensten Offenlandstandorte im Hunsrück und Soonwald wieder zu Wald aufgeforstet
(ZSCHOCKE 1970). Zudem ist die schärfere Grenzziehung zwischen Wald und Offenland,
bedingt durch die fehlenden Wechselwirtschaftsweisen, heute überall gegeben.

36 LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Die folgend aufgeführten historischen Nutzungen im Landkreis Bad Kreuznach werden aus-
führlicher beschrieben. Da es zwischen den genannten Nutzungstypen in der Land- und Wald-
bewirtschaftung auf denselben Flächen zahlreiche Verflechtungen und Überschneidungen
gab, lässt sich dies auch in den Beschreibungen nicht komplett voneinander trennen. Große
Unterschiede in der Landnutzung gibt es zwischen den mageren gesteinshaltigen Böden von
Hunsrück und Soonwald und den reichen Böden mit Löss und Lehm im Naheland und an den
größeren Zuflüssen (Glan, Alsenz).
Die Informationen zu den historischen Nutzungsweisen wurden vorwiegend aus der VBS Bad
Kreuznach (LfUG, FÖA 1998) zusammengestellt und ergänzt.

Auf eher ärmeren Böden (Soonwald, Hunsrück, übernutzte Allmenden in Ortsnähe)


 Rottwirtschaft mit Rotthecken und Rottwald
 Schiffelwirtschaft und Außfelder
 Extensive Beweidung (auf Schiffelland und Außfeldern)
 Waldweide, Streugewinnung, Waldwiesen
 Waldwirtschaft (Mittelwald, Köhlerei, später Hochwald)

Auf reicheren Böden (Nahetal, Hügelland, breitere Tallagen der Zuflüsse)


 Waldwirtschaft (Niederwald mit Lohwald, Köhlerei, später Hochwald)
 Zwei-/Dreifelderwirtschaft, Sonderkulturen
 Übergang zur intensiveren Landwirtschaft (noch vorindustriell)
 Weinanbau und Obst

zusätzlich
 Erzabbau und Eisenhütten, Glashütten
 Gesteine, Salz und Lehm
 Gewässerregulierung für Wassermühlen, später auch zur Energiegewinnung

2.1 Rottwirtschaft mit Rotthecken und Rottwald

Diese im Hunsrück als "Rödern" bezeichnete Form der Brandwirtschaft entstand aus einer
Feld-Gras-Wirtschaft, die schon aus germanischer Zeit bekannt ist. Hiervon unterscheidet sie
sich jedoch durch die aufwachsenden Gehölze im Brachstadium (BAUER 1962). Bei der Rott-
wirtschaft wechselte die Landnutzung auf der Fläche ständig zwischen Buschwald, Offenland

LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ 37


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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und Brachen. Die Rottwirtschaft ermöglichte somit die Nutzung der Fläche als "Eichenschäl-
wald" zur Gewinnung von Brenn-, Nutzholz und von Eichenlohe und zusätzlich die Getreide-
produktion.

Die Bewirtschaftung erfolgte als Kreislauf jeweils in der nachfolgend beschriebenen Reihen-
folge auf wechselnden Teilflächen: Nach dem Holzeinschlag im Frühjahr und dem Abbrennen
der Laub- und Reisigdecke sowie nachfolgendem Brennen der Bodenvegetation ähnlich der
Schiffelkultur (s. Kap. 2.2) wurde die Fläche für 1 bis 4 Jahre als Acker zwischengenutzt, indem
Getreide, Buchweizen oder Kartoffeln angebaut wurden. Darauf folgte ein 10- bis 20-jähriges
Brachestadium, welches wieder zu einem mehr oder weniger geschlossenen Niederwald
führte.

Rottwirtschaft – Landschaft aus Niederwald, Gebüsch und Ackerland


Durch die Rottwirtschaft entstand eine kleinkammerige Landschaft mit locker stehenden Ein-
zelgehölzen und Buschwerk - fast ohne höhere Bäume. Werden diese Flächen längere Zeit
nicht weiter genutzt, entsteht wieder ein Niederwald. Nach Rodung des Waldes und Getreide-
anbau wuchsen auf den Ackerflächen zunächst verschiedene einjährige Ackerwildkräuter,
nach dem Brachfallen kamen kurze Zeit später Gräser und mehrjährigen Stauden hinzu, die
später von aufkommenden Gehölzarten (z.B. Eiche) überwachsen wurden.
Zwischen Wald und Ackerland entstand ein Wildland-Saum, der aufgrund der Wechselnutzung
einer hohen Dynamik unterworfen war. Die Teilbereiche aus Brache-, Weide- und Buschwerk
waren so verzahnt miteinander, dass sie untereinander sowie zum Wald noch zu Beginn des
19. Jahrhunderts kaum abgrenzbar gewesen sind (KREMB, 1979).71

Wo wurde Rottwirtschaft betrieben?


Die Rottwirtschaft, bereits ca. ab dem 11. Jahrhundert beschrieben (MANZ 1993), wurde im
mittelalterlichen Hunsrück und Soonwald die vorherrschende Allmendenutzung. Allmende be-
deutet, dass das Land der Gemeinde gehört und von allen Einwohnern genutzt werden darf.
Meist entstanden Rottkulturen auf den ärmeren Böden, auf denen eine dauerhafte Ackernut-
zung unmöglich war. Auch an den Hangbereichen von Flusstälern und tiefer eingeschnittenen
Bachtälern lohnte sich die Rottkultur, weil durch Erosion immer wieder Nährstoffe einge-
schwemmt wurden (GILDEMEISTER 1962).
Jährlich wurden sogar Teile der herrschaftlichen Hochwälder verpachtet, z.B. im Soonwald,
(BAUER 1962), um die Ernährung der Bevölkerung sicherzustellen. In einigen Landschaften

71
Für Bereiche der Alsenzer Höhen im Raum Kriegsfeld-Mörsfeld, die an den heutigen Landkreis Bad Kreuznach
angrenzen, charakterisiert KREMB (1979) den Landschaftszustand am Ende dieser Nutzungsentwicklung (lt. Kar-
tenaufnahme Tranchot & V. Müfflung,1817)

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HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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hat sich die Rottwirtschaft sogar bis ins 20. Jahrhundert gehalten, z.B. bis 1956 in Heinzenberg
am Simmerbach (HOPSTÄTTER in GILDEMEISTER 1962). Wegen der fortschreitenden De-
generation der Wälder wurden gegen Ende des 15. Jahrhunderts jedoch Forstordnungen er-
lassen, die eine "schonende" Rottheckenwirtschaft regeln sollten.
Ab 1501 wird schließlich "jedes Rödern, sei es in jungen oder in alten Wäldern" verboten
(BAUER 1962: 72). In den ursprünglich waldreichen Mittelgebirgslandschaften war danach
eine zunehmend offenere Kulturlandschaft entstanden. Der Einfluss der vorherigen Rottwirt-
schaft und der Schiffelwirtschaft (s. dort) spiegelt sich dabei noch heute in der Verteilung von
Wald- und Offenlandflächen wieder.

2.2 Schiffelwirtschaft und Außfelder

Auf den armen Böden von Hunsrück und Soonwald tat man sich mit dem Getreideanbau
schwer. In vielen Bereichen ging die Rottwirtschaft wegen des langjährigen Nährstoffentzugs
in eine "Schiffelwirtschaft" über, bei der das Brachestadium zur Erholung der abgewirtschafte-
ten Böden immer länger und das Gehölzaufkommen spärlicher wurde (BAUER 1962).

Schiffelwirtschaft laugt die Böden aus


Im Landkreis Bad Kreuznach lagen die meisten Schiffelflächen – wie auch die Rottflächen - im
Soonwald/Hunsrück. Sie entwickelten sich ab dem 14. Jahrhundert durch die Übernutzung der
Allmendeflächen. Um 1830 waren sie am weitesten verbreitet (BAUER 1962). Schiffelheiden
schlossen an die Siedlungen an oder lagen weit entfernt im Wald. Bei der Schiffelwirtschaft
besteht das Brachestadium aus Borstgrasrasen und Zwergstrauchheiden, mit einem sehr lo-
ckeren Gehölzaufwuchs aus Besenginster und Weichhölzern.

Nach der Ackernutzung mit einer Aschedüngung aus dem spärlichen Aufwuchs wurden die
Brachflächen ca. 10 - 60 Jahre zur "Erholung" beweidet (s.a. Kap. 2.3). Erst danach war viel-
leicht eine nochmalige Ackerzwischennutzung möglich. Wenn der Boden hierfür gar nicht mehr
geeignet war, wurde der aufkommende Bewuchs mit Schafen beweidet. Das führte auf den
standörtlich ungünstigen Flächen und auf den sehr intensiv beweideten Flächen in Dorfnähe
zur Entwicklung der typischen Schiffelheiden (BAUER 1962). Vor allem die Böden in ebener
Hochlage verarmten, da dort sogar der erosionsbedingte Nährstoffnachschub fehlt. Die Pod-
solierung der Böden und somit die Bodendegradation schritten soweit fort, so dass eine land-
wirtschaftliche Nutzung völlig unmöglich wurde (BAUER 1962). Rott- und Schiffelwirtschaft im
Soonwald verloren daher spätestens ab dem 18. Jahrhundert ihre Bedeutung.

LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ 39


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Was sind Auß(en)felder?


Außfelder (auch als Wust- oder Haberfelder bezeichnet) lagen am äußeren Rand der Dorfge-
meinden. Sie wurden ähnlich bewirtschaftet wie die Schiffelflächen im Hunsrück. Die Außfelder
wurden ebenfalls beweidet und nur ca. alle 10 Jahre ackerbaulich genutzt. Anders aber als die
völlig ausgelaugten Böden des Hunsrücks, die nur noch als magere Schafweide genutzt wer-
den konnten, wurden Außfelder schon früh zu Dungfeldern und Ackerland aufgewertet. Bereits
im 17. Jahrhunderts wurden sie zum ständig bebauten Land hinzugezählt (STURM 1959).
Viele Außfelder sind aus übernutztem Rottland entstanden. Es gab zahlreiche Übergangsfor-
men von der Rott- zur Schiffel- bzw. zur Feld-Gras-Wechselwirtschaft.

2.3 Extensive Weidenutzung - auf Schiffelland und Außfeldern

Wie schon im vorigen Kapitel beschrieben, wurden Schiffelheiden und Außfelder über längere
Zeiträume beweidet. Hierzu wurden v.a. Schafe, aber auch Ziegen und Rinder in die Flächen
getrieben, wo sie sich selbst die besten Nahrungsflächen suchen mussten. Die Weidetiere
fraßen nicht nur das Gras, sie hielten auch die neu aufkommenden Gehölze durch ihren Ver-
biss gering. Heute entspricht diese Form der Weidenutzung in etwa einer extensiven Bewei-
dung in halboffener Weidelandschaft im Naturschutz. Diese soll die Verbuschung von ökolo-
gisch wertvollem Offenland verhindern, wobei diese Weiden ebenfalls nicht wieder aufgedüngt
werden. Unter einer extensiven Beweidung versteht man heute also: keine/wenig Dün-
gung/Spritzmittel, eine biotopgerechte Anzahl von Weidetieren, keine Ansaat von Gräsern für
Intensivgrünland und keine Entwässerung von Feucht-/Nassgrünland.

Da die in früheren Zeiten durchgeführte Beweidung diesen Kriterien weitgehend entsprach,


wird im Folgenden von einer „Extensiven Beweidung“ gesprochen, auch wenn damals „exten-
siv“ nicht einem nachhaltigen und bodenschonenden Wirtschaften entsprach. Neben den
Schiffelheiden und Außfeldern wurden auch die Ackerflächen periodisch beweidet. Die Wald-
weide war im Berg- und Hügelland weit verbreitet. Aus den historischen „Extensivweideflä-
chen“ entwickelten sich oftmals über lange Zeiträume hinweg unsere artenreichen Magerwie-
sen, Borstgras-, (Halb-)Trockenrasen und Zwergstrauchheiden. Während des Mittelalters galt
dies vor allem für die Randbereiche zum Hunsrück und zum Soonwald.

Seit dem 15. Jahrhundert nahm die Schafhaltung zu und war bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts
einer der wichtigsten Zweige der Landwirtschaft in diesem Raum (REGGE 1983). Erst infolge
des Preisverfalls für Wolle und Fleisch sowie dem zunehmend intensiveren Ackerbau ging die
Schafhaltung auch auf dem Hunsrück ab 1880 wieder zurück (SIEGEL 1961). In der Gemeinde

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HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Oberhausen bei Kirn beispielsweise wurden die Schweine und Schafe noch bis 1904 auf das
Gemeindeland getrieben. Danach wurden die Herden aufgegeben, obwohl das Gemeindenut-
zungsrecht hier noch bis 1960 bestand (ZERFASS 1981). Verbunden mit dem Rückgang der
Schafherden nahm auch die Fläche des gemeindeeigenen Weide- und Ödlandes ab. Neben
der Ausweitung des Ackerbaus trug auch die Aufforstung mit Nadelholz zu einer raschen Ver-
ringerung der mageren Weide- und Ödflächen bei (vgl. Kap. 2.5).

2.4 Waldweide, Streugewinnung, Waldwiesen

Im Gegensatz zu heute wurden die Wälder früher nicht nur zur Holzgewinnung und erst recht
nicht zur Erholung genutzt. Besonders wichtig war der Wald damals auch für die Viehwirt-
schaft. Heute ist es weder üblich noch notwendig für die Viehhaltung - oder überhaupt gar
erlaubt - dass die Nutztiere einfach in die Wälder getrieben werden. Früher war die Bevölke-
rung in den abgelegenen Gegenden aufs Futter im Unterwuchs, auf die Mastfrüchte und die
Laubstreu angewiesen, um zu überleben. Heute bemüht sich jedoch der Naturschutz darum,
dass Waldweide wieder in einigen Wäldern erlaubt wird, um mittelwaldähnliche Strukturen für
den Arten- und Biotopschutz zu entwickeln.

2.4.1 Waldweide

Dort, wo Grünland oder Futteranbauflächen nicht ausreichten, wurden die Wälder beweidet.
Das Vieh wurde in die dorfnahen Wälder, aber auch in die weiter abgelegenen Bauwälder
getrieben. In Dorfnähe wurde zusätzlich Brennholz und Streu gewonnen. Durch das "Rödern"
(s. Kap.2.1) entwickelten sie sich rasch zu Nieder- und Mittelwäldern. Die zentralen Bereiche
der großen Waldgebiete im Soonwald waren schlecht erreichbar und wurden daher nur unre-
gelmäßig beweidet (BOECK 1954). Waldweide und die Beweidung der Schiffelheiden gingen
als Nutzungsform nahtlos ineinander über.

Die Wälder wurden im Herbst für die Schweinemast und sommers als Viehweide genutzt. Der
Wald spielte somit jahrhundertelang eine wichtige Grundlage für die Ernährung der Menschen.
Rinder, Schafe, Ziegen, anfangs auch Pferde fraßen bei der "sommerlichen Blumenweide"
den Grasunterwuchs und das Laub der erreichbaren Zweige. Im Herbst fanden die Schweine
Eicheln, Bucheckern, Wildfrüchte und Engerlinge - und wurden fett. Sie zerwühlten den Boden
und erleichterten hierdurch wiederum den Eicheln und Bucheckern das Auskeimen (KRAUSE
1972). Die Blumenweide im Sommer lichtete die Wälder auf und förderte dort magere Gräser,

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HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Heidesträucher und Pioniergehölze wie Birken und Hasel. Die Waldweide hatte somit einen
großen Einfluss auf die Waldböden und die Struktur der Wälder.

In den herrschaftlichen Wäldern wurde schon früh versucht, die Waldweide zugunsten des
Hochwalds einzuschränken und zu lenken. Bereits ab Mitte des 16. Jahrhunderts waren
Pferde- und Ziegenbeweidung im Soonwald verboten, da beide Tierarten die Gehölze verbei-
ßen. Die Schafbeweidung im Wald wurde zunächst nur beschränkt, ehe sie dann ab 1711
auch untersagt wurde (BAUER 1962). Schweinemast im Wald war nicht mehr lohnend, als
gegen Ende des 18. Jahrhunderts die Kartoffel eingeführt und verfüttert wurde (OESAU &
MERZ 1988). Um 1880 wurde dann auch die Waldweide mit Rindern aufgegeben (BAUER
1962).

In den Gemeindewäldern setzte die Reglementierung der Waldbeweidung erst im 17. und 18
Jahrhundert ein (vgl. BOECK 1954, SCHWORM 1922, STURM 1959). Jedoch wurden die
Regeln wenig beachtet, solange die Dorfbewohner noch auf die Waldweide angewiesen wa-
ren:

Noch 1816 ordnete der Landrat im Kreis Kreuznach eine Verminderung oder
Beschränkung der Ziegen an, da zunehmend der Schaden beklagt wurde, "welche durch
das Weiden der Ziegen, sei es einzeln, sei es mit der Herde, in den Waldungen sowohl,
besonders in den Schälschlägen, als auf dem freien Felde an den Obstbäumen verursacht
wird", woraus sich die Forderung ableitet, dass "wenn auch eine gänzliche Abschaffung
dieser Haustiere nicht mit den ökonomischen Verhältnissen mancher Familie verträglich
ist, so leidet es doch keinen Zweifel, dass ihre Zahl, welche an manchen Orten ohne
Bedürfniß sehr bedeutend ist, einer Beschränkung und ihre Weide einer polizeilichen
Aufsicht unterworfen werden kann" (BITTER in KRUMM 1992a).

2.4.2 Streu- und Grünlaubentnahme

Die Entnahme von Bodenstreu und Grünlaub zur Viehfütterung, als Stalleinstreu und zur Feld-
düngung zählt zusammen mit der Waldweide zu den ältesten Waldnutzungen. Zwar wurde ab
dem 14. Jahrhundert zumindest in den herrschaftlichen Wäldern des Soonwaldes versucht,
die Streulaubentnahme zu unterbinden, was jedoch auf große Widerstände bei den Bauern
stieß. Durch die aufkommende Stallviehhaltung gegen Anfang des 19. Jahrhundert wurde
noch mehr Einstreu gebraucht. In den inzwischen aufgelichteten Wäldern wurde die Laubstreu

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HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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mit Eisenrechen zusammengefegt. Die Waldböden verarmten zunehmend, Holzzuwachs und


Buchenverjüngung fanden kaum mehr statt. Erst strenge Verbote in den Staats- und Gemein-
dewäldern ab Ende des 19. Jahrhunderts - einhergehend mit höheren Erträgen in der Land-
wirtschaft - beendeten diese Form der Waldnutzung (STURM 1959). In einigen Gebieten sam-
melte man jedoch noch bis ins 20. Jahrhundert Laub aus den Wäldern.

2.4.3 Waldwiesennutzung

Zusätzlich zur eher ungeregelten Waldweide und Streunutzung im Wald wurden im Soonwald
zwischen dem 11. und 17. Jahrhundert zahlreiche Waldwiesen zur Heu- und Streugewinnung
angelegt (BAUER 1962). Sie wurden oft auf den Waldblößen angelegt, die infolge der Holz-
kohlegewinnung für die Glas- und Eisenhütten entstanden sind (vgl. Kap. 2.5.1). So entstan-
den beispielsweise gegen Ende des 17. Jahrhunderts die "Glashütter Wiesen" nördlich des
Hölzerkopfes. 1739 standen dort sechs Häuser mit Scheunen und Ställen, es weideten etwa
dreißig Rinder auf den Wiesen. Auf einem Teil der Fläche wurden Kartoffeln und Getreide zur
Selbstversorgung angebaut (OESAU & MERZ 1988).

Die "Glashütter Wiesen" gehören neben den "Landwiesen" am Lametbach, dem Komplex
"Thiergartenwiesen" und den "Langerholzwiesen" südlich des Schanzerkopfes zu den größten
Waldwiesen im Soonwald (s. Kap. 3.6). Darüber hinaus gab es im Soonwald um 1750 noch
93 kleinere Wiesen, wovon ca. zwei Drittel in Bauernbesitz waren und ein Drittel von der Forst-
verwaltung zur Grünlandnutzung verpachtet wurde (BAUER 1962). Ab 1780 kaufte die Forst-
verwaltung die bäuerlichen Waldwiesen auf.

KRAUSE (1972), der die noch erhaltenen Waldwiesen vegetationskundlich untersuchte,


unterscheidet eine "Labkrautweide" trockener und eine "Borstgras-Pfeifengras-
wiese" wechselfeuchter, bodensaurer Standorte. Magergrünlandreste mit Borstgras,
Sandlabkraut, Dreizahn, Blutwurz, Rotschwingel, Pfeifengras, Teufelsabbiß und Kümmel-
silge geben einen Einblick in die früher großflächigen Vegetationsbestände der Grünland-
flächen, aber auch in diejenige des Unterwuchses in den lichten Waldweideländern des
östlichen Hunsrücks. Wenn diese Arten in den Soonwald-Waldungen z. B. in alten Trau-
beneichenbeständen oder auf Wegen und Schneisen vorkommen, kann dies auf Weide-
relikte hindeuten.

LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ 43


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Im Zuge der aufkommenden planmäßigen Forstwirtschaft wurden die meisten Wiesen aufge-
forstet. Bereits 1810 verschwanden große Teile der "Thiergartenwiese" und der "Langerholz-
wiese" (BAUER 1962: 118). Einige Waldwiesen wurden noch bis ins 19. Jahrhundert von
Forstleuten zur Selbstversorgung genutzt (OESAU & MERZ 1988). Die heute noch verbliebe-
nen größeren artenreichen Waldwiesen in Soonwald und Hunsrück sind als Relikte kulturhis-
torischer Magerwiesen unter Naturschutz gestellt.

2.5 Waldwirtschaft (Niederwald mit Lohwald, Köhlerei, Mittel- und Hochwald)

Während die abgelegenen Wälder in Soonwald und Hunsrück als Mittelwald bewirtschaftet
waren, wurde in den ortsnahen Gemeindewäldern und in den Nahewäldern intensive Nieder-
waldwirtschaft betrieben. Früher waren dies Laubwälder mit vielen Eichen, aber auch Buchen.
Seit dem 18./19. Jahrhundert wurden die Mittel- und Niederwälder in ertragreiche, schnell
wachsende Nadelholz-Hochwälder umgewandelt. Heute besteht nahezu der gesamte Wald in
Soonwald und Hunsrück und ungefähr die Hälfte der bewaldeten Hanglagen an der Nahe aus
Hochwald. Nach den großen Windwurfschäden der Fichte in den Hochlagen wurden von der
Forstwirtschaft jedoch wieder mehr standortgerechte Laubbäume eingebracht.

2.5.1 Niederwaldwirtschaft

Bereits die ursprüngliche Rottwirtschaft (s. Kap. 2.1) war eine einfache Art der Niederwaldwirt-
schaft, da man die aufwachsenden Gehölze aus den Brachen nutzte. Bereits ab dem 9. Jahr-
hundert gab es aber auch größere Flächen mit Niederwald, da man für Weinbergspfähle, Loh-
bunde und für Brennholz viel Stangenholz brauchte (BAUER 1962). Hier hatte das Holz als
Produkt den Vorrang - im Gegensatz zum Rottland, auf dem der Getreideanbau am wichtigs-
ten war und das Holz nur als Nebenprodukt anfiel.

Köhlerei und Pottaschegewinnung im Niederwald


Schon früh entstanden im Soonwald erste Eisenhütten, die sich im 15. Jahrhundert zu einem
wichtigen Wirtschaftszweig entwickelten. So wird die Stromberger Hütte schon 1446 erstmals
urkundlich erwähnt (BAUER 1962). Die Rheinböller Hütte der Familie Utsch ist im Exkurs "his-
torische Zeitgenossen - ein Jäger aus Kurpfalz" beschrieben. Der Holzkohlebedarf für die Ver-
hüttung wurde durch die Köhlerei-Niederwälder gedeckt, wobei das Holz etwa bis zu einem
Umkreis von 30 Kilometern um die Hütten eingeschlagen wurde (BAUER 1962: 66). Hierdurch
entstanden zahlreiche "Kohlhecken" und schließlich sogar völlig waldfreie Flächen (GILDE-
MEISTER 1962).

44 LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Außerdem wurde seit dem Mittelalter zunehmend Brennholz für die Herstellung von Pottasche
(Kaliumcarbonat) gebraucht. Diese wurde nach der Köhlerei in einem weiteren Arbeitsschritt
mittels Holzkohleveraschung gewonnen. Pottasche benötigte man in den Glashütten des
Soonwaldes und als Dünger auf den Feldern der Hunsrückdörfer (SIEGEL 1955, s.a. Frucht-
wechselwirtschaft). In der zweiten Hälfte des 17. bis ins 18. Jahrhundert gab es die meisten
Eisen- und Glashütten im Soonwald.

Köhlerplätze
hier: zwischen dem Forst-
haus Reichenbacherhof
und der Gräfenbacher
Hütte.

Im Soonwald und im Huns-


rück zeigen die zahlreichen
Fundstellen historischer
Köhlerfeuer, wie intensiv
die Wälder zur Holzkohle-
gewinnung genutzt wurden.

(Gräfenbacher Hütte)
Kartengrundlage:© GeoBasis-
DE / LVermGeoRP 2020
Köhlerplätze: © LfU RLP 2020

Im Soonwald versuchten die Forstordnungen bereits ab der Mitte des 15. Jahrhunderts die
Köhlerei und die Pottaschegewinnung zu reglementieren. So ließ man den Köhlern in erster
Linie die Windfälle und das "minderwertige" Holz der entlegenen "Brücher". Das nutzbare Bau-
holz, vor allem die Eichen, mussten sie verschonen und eine ausreichende Zahl "Mutter-
bäume" stehen lassen (BAUER 1962: 107).

Für Pottasche durfte nur faules Lagerholz verbrannt werden, ab 1711 nur mit Konzession,
ab 1783 gab es das "Pottasche-Privileg" für nur eine Firma in der Kurpfalz (BAUER
1962). Trotz dieser Reglementierungen entwickelte sich besonders in den waldanliegen-
den Dörfern die Aschebrennerei zu einem lohnenden, z. T. illegal betriebenen Nebenge-
werbe. Zu Anfang des 18. Jahrhunderts wurden allein am Südrand des Soonwaldes 20
Pottaschekessel betrieben (GILDEMEISTER 1962).

Diese Regeln - wenn auch nicht immer eingehalten - förderten die Mittelwaldwirtschaft (s.Kap.
2.5.2). Sie verhinderten vor allem im herrschaftlichen Soonwald die großflächige Degradierung

LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ 45


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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des Waldes zu Niederwäldern. Nach BAUER (1962: 127) wurden 1786 lediglich 5% des Soon-
waldes als richtiger Niederwald eingestuft.
Ab Anfang des 19. Jahrhunderts verfiel die Kohlheckenwirtschaft infolge fehlender Absatz-
märkte in der Eisenverhüttung. Außerdem wurde nach 1870 kaum noch Pottasche gebraucht,
da diese in der Glasindustrie durch das bergmännisch gewonnene Kaliumcarbonat ersetzt
wurde (BAUER 1962).

Lohegewinnung im Niederwald
Lohschälen bezeichnet die Gewinnung von Gerbstoffen aus Eichenrinde zur Bearbeitung von
Tierhäuten zu Leder. Dazu wurde die Rinde der Eichen abgeschält. Die Lohwälder wurden so
zu einem wichtigen forstwirtschaftlichen Ziel; sie waren also nicht nur ein Nebenprodukt der
Niederwaldbewirtschaftung. Bei der Niederwaldnutzung entstand zunächst ein Eichen-Bu-
chen-Niederwald, in dem die Buche mit der Zahl der Rodungen zurückging, während die Eiche
wegen ihrer höheren Fähigkeit zu Stockausschlag sich besser durchsetzen konnte, was ja
auch für die Lohenutzung angestrebt wurde. Die heutigen Wurzelstöcke von alten Stockaus-
schlageichen können mehrere hundert Jahre alt sein, die aus ihren Austrieben nachgewach-
senen Bäume hingegen nur wenige Jahrzehnte.

Die Eichenschälwälder (Lohhecken) wurden in 15- bis 20- jährigen Umtriebszeiten bewirt-
schaftet (SCHMITHÜSEN 1934). Die Folge dieser geringen Umtriebszeiten war jedoch eine
großflächige Übernutzung des Bodens. Somit trug die jahrhundertelange Niederwaldwirtschaft
- wie die Waldweide im Soonwald - zur zunehmenden Degeneration und zum allmählichen
Rückgang der Wälder entlang des Nahetals bei.

Lederindustrie
Lohegewinnung und Lederverarbeitung gehören zusammen. Der Naheraum und insbeson-
dere die Städte Kirn und Bad Kreuznach entwickelten sich ab dem 18. Jahrhundert zu Zentren
der Lederindustrie. Entlang der Hänge des Nahetals breitete sich dort infolgedessen die Ei-
chenschälwaldwirtschaft aus. Die in Gemeindebesitz befindlichen Wälder an Nahe und Hah-
nenbach rund um Kirn bestanden fast nur aus Eichen-Niederwald (KAYSER-BOELITZ 1931).

Als die modernen chemischen Verfahren für die Gerberei entwickelt wurden, rentierte sich die
Lohegewinnung nicht mehr. Nach dem ersten Weltkrieg wurden die Niederwälder sukzessive
nicht mehr bewirtschaftet. Um 1930 war bereits etwa die Hälfte der Gemeindewälder im unte-
ren Naheraum in Hochwald überführt worden (KAYSER-BOELITZ 1931). Die Eichenwälder

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HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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auf steilen und schattigen Standorten wurden gar nicht mehr genutzt, die Niederwälder ver-
greisten. Auf den wärmebegünstigten alten Niederwaldstandorten wurden Weinberge ange-
legt, so beispielsweise die Weinbaudomäne Niederhausen (errichtet 1901-1903, KAYSER-
BOELITZ 1931: 92).

Kirn nennt sich auch heute noch "Stadt des Leders". Auf der Website der Stadt Kirn heißt es:
"… Seit dem 18. Jahrhundert bis in die 1980er Jahre war die Stadt schließlich eines der größ-
ten Zentren der Lederindustrie in Deutschland und Europa. Nicht nur die großen Lederfabriken
prägten das Stadtbild, auch förderten diese in und um Kirn die Wohnungen und Häuser für die
Beschäftigten. Durch die Verlagerung der Produktionsstandorte und die Umstellung auf Kunst-
leder nahm die Bedeutung der eigentlichen Lederindustrie für die Stadt in jüngerer Vergan-
genheit ab. Gleichwohl gibt es immer noch mehrere Firmensitze bedeutender Kleinlederwa-
renhersteller in Kirn."72

In der Lederfabrik Carl Simon in Kirn wurde die Stärke des Leders gegen Mitte des 17. Jahrhunderts noch per Hand
gefalzt, später wurden hierfür Falzmaschinen eingesetzt.73

Exkurs: Lohrinde und Leder – am Beispiel des Kreuznacher Stadtwaldes


Läuft man im Wald auf der gegenüberliegenden Nahetalseite oberhalb des Salinentals von
Bad Kreuznach in Richtung Gans-Rheingrafenstein, stößt man auf den "Lohrindenpfad".74 Ei-
chen, Kiefern und Fichten begleiten die Erholungssuchenden heute. Früher bestand der ge-

72
https://www.kirn.de/touristik/stadtdesleders/ (Stand 2019)
73
Hermann Th. Simon (Prof., Dr): Carl Simon Söhne 1857-1907, Festschrift 1907, Erinnerungsblätter zur Feier
des 50-jährigen Bestehens der Firma. (22.6.1907), Druck Meisenbach Riffarth & Co Berlin Schönebach,
entnommen aus: https://www.dilibri.de/rlb/content/pageview/1016583 (12/2020)
74
Lohrindenpfad der Stadt Bad Kreuznach, Landesforsten RLP und Waldhilfeverein Bad Kreuznach

LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ 47


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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samte Wald um das ehemalige Kreuznach aus einem intensiv genutzen Traubeneichenschäl-
wald. Der Wald kam über wechselnde Besitzverhältnisse erst spät in den Besitz der Stadt und
wurde dann zum "Kreuznacher Stadtwald". Entlang des Besucherpfades erfährt man auf
Schautafeln und Fotos, wie der Lohwald bewirtschaftet und wie Holzernte, Vertrieb und Ver-
arbeitung organisiert wurden, insbesondere wie man die Lohe aus der Eichenrinde gewonnen
und in den Lederwerken weiterverwertet hat. Hier ein zusammengefasster Einblick:

Zur Blütezeit der Lohegewinnung wurde die Einschlagfläche im Lohwald jedes Jahr von der
Oberforstverwaltung in "Kultur-und Hauungsplänen" festgelegt und vom Stadtrat genehmigt.
Die Arbeit im Wald, also das Rindenschälen und "Wellenmachen", wurde ausgeschrieben und
an den Niedrigstbietenden vergeben. Die Rinde der etwa 10-16-jährigen Eichenaustriebe ließ
sich am stehenden Baum am besten während der Saftzeit im Mai-Juni schälen. Das nun ent-
rindete Stangenholz wurde anschließend gefällt und zu sogenannten "Wellen" gebündelt.
Auch die Rindenstücke zur Lohegewinnung band man mit Weidenzweigen zusammen und
brachte sie auf die Lohplätze der Stadt. Von da wurden sie in die Lohmühlen verteilt, gehäck-
selt und zu Lohe gemahlen. Die Stadt versteigerte die Lohe an die Gerbereien und die "Wellen"
als begehrtes Brennholz an die Öffentlichkeit. Der Erlös ging an die Stadtkasse.

Das Lederhandwerk hatte - wie in Kirn - auch in Kreuznach einen hohen Stellenwert. Es gab
innerhalb der Stadtmauern an der Mündung des Ellerbachs das tradionelle Gerberviertel, au-
ßerhalb mehrere größere Lederwerke und später die modernen Lederfabriken (Wagner,
Rothe, Ackva…). Mit der Industrialisierung verschwanden die vielen kleinen Gerbereien. Das
ehemalige Metzger- und Gerberviertel und der dazwischenliegende Salzmarkt bilden in Bad
Kreuznach die "alte Neustadt" - heute noch mit vielen engen Gassen (Gerbergasse, Lämmer-
gasse, Fischergasse …) und historischen Gebäuden aus dieser Zeit.

Als die heimische Lohe nicht mehr verkäuflich war, weil von außerhalb billige "Prima Lohrinde"
importiert und zuletzt durch chemische Gerbstoffe ersetzt wurde, sollte der Eichenschälwald
zunächst zum Eichenhochwald umgebaut werden. Mit Stadtratsbeschluss von 1910 wurde
jedoch ein Fichtenwald befürwortet, was in Bad Kreuznach (Zitat Infotafel) "hauptsächlich mit
der Nähe des Bades und dem Wunsch begründet wurde, dass die Kurgäste auf schattigen,
kühlen Wegen spazieren gehen konnten". So z.B. im städtischen Eichenwald "Lohr", wo eine
Karte von 1899 sieben Kilometer gut gepflegte schattige Promenadenwege ausweist. Vieler-
orts sind jedoch noch die alten, heute unbewirtschafteten Eichenniederwälder erhalten, v.a.
auf den steileren Lagen.

48 LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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2.5.2 Mittelwaldwirtschaft

Vom frühen Mittelalter bis etwa ins 18. Jahrhundert war der Mittelwald die wichtigste Betriebs-
art im Soonwald (BAUER 1962). Dies schlägt sich auch in seinem Namen nieder, denn im
Althochdeutschen wurden Schweineherden als "Sone" bezeichnet.75 Zu diesen Zeiten wurde
ja jeder Wald als Weide genutzt und hatte darüber hinaus Brenn- und Bauholz sowie Einstreu
und Grünfutter zu liefern (s. Kap. 2.4). Diese verschiedenen Bedürfnisse erfüllte die Mittelwald-
nutzung am besten. Hier wurde der Waldunterstand alle 20 - 30 Jahre - wie ein Niederwald -
abgetrieben. Der Oberstand, vor allem die Eichen, wurde als Mastbäume für die Schmalz-
weide (Schweineeintrieb im Herbst) geschont. Nur einzelne Bäume wurden als Bauholz ent-
nommen. Dies erforderte Regelungen durch die Forstwirtschaft, um eine Übernutzung zu ver-
meiden.

In den Gemeindewäldern war es kaum vermeidbar, dass der Wald durch die ungeregelte Nut-
zung degenerierte. In den herrschaftlichen bzw. staatlichen Wäldern hingegen konnten die
nötigen Regelungen zur schonenderen Mittelwald- und später Hochwaldbewirtschaftung prob-
lemloser umgesetzt werden. Für den Wald des damaligen Erzbistums Kurmainz im östlichen
Hunsrück beispielsweise war die Mittelwaldbewirtschaftung bereits 1550 verbindlich (KRAUSE
1972). Auch im Soonwald war der Mittelwald bis ins 19. Jahrhundert vorherrschend (BAUER
1962: 127). Danach wurden die meisten Bestände zu Hochwald umgebaut. Um 1855 gab es
immerhin noch 20% lichte "Hudewälder" mit wenigen weitständigen Altbäumen und äußerst
spärlichem Unterwuchs (BAUER 1962: 148). Nach 1894 war die Umwandlung der Mittelwälder
in Hochwälder abgeschlossen. Heute gibt es nur noch wenige kleinflächige Mittelwaldreste,
z.B. das Naturschutzgebiet "Im Eschen".

2.5.3 Hochwaldwirtschaft

Mit der "Soonwald-Renovation" durch J. P. Kling wurde 1786 die erste "moderne Forsteinrich-
tungs- und Standortskartierung" für die Wälder im Hunsrück- und Nahegebiet erstellt. Aufbau-
end auf der Kling'schen Forsteinrichtung wurde zunächst unter der Französischen Verwaltung
und später unter preußischer Herrschaft eine planmäßige Bewirtschaftung der Wälder umge-
setzt. Wesentliche Ziele waren dabei (GILDEMEISTER 1962):

 Umwandlung von Mittel- und Niederwald in Hochwald

75
https://natura2000.rlp-umwelt.de/steckbriefe/index.php?a=s&b=g&c=ffh&pk=FFH6011-301 (12/2020)

LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ 49


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 Erhöhung des Nadelholzanteils, v.a. mit der schnellwüchsigen Fichte


(dem sogenannten "Preußenbaum")
 Vergrößerung der Waldfläche durch die Aufforstung sogenannter Ödlandflächen
 Entwässerung und Aufforstung von Sümpfen und Brüchern

Umbau des staatlichen Soonwalds


Der bisherige Nieder- und Mittelwald wurde somit ab dem 19. Jahrhundert mit Nadelhölzern
zu Hochwald aufgeforstet. In der Regel waren dies Fichten, teilweise Douglasien, auf ungüns-
tigen Lagen auch Kiefern. Begonnen wurde damit in den großen Staatsforsten des Soonwalds
und auf dem Gauchsbergzug im Soonwald-Vorland (KAYSER-BOELITZ 1931). Zwischen
1825 und 1875 wurden zudem zahlreiche Blößen aufgeforstet (BAUER 1962). Bis zur zweiten
Hälfte des 20. Jahrhunderts stieg der Fichtenanteil im Soonwald trotz wiederholter Wind- und
Schneebruchschäden auf rund 60% an. Der Buchenanteil sank auf 20% (LANDRATSAMT
SIMMERN 1967, HOMANN mdl. Mitt. 1993, s. VBS Bad Kreuznach). Nach dem großen Wind-
wurf 1990 wurden die Windwurfflächen wieder mit heimischen standsicheren Laubhölzern be-
pflanzt (HOMANN und KLOSEN mdl. Mitt. 1993, s. VBS Bad Kreuznach).

Umbau der Gemeindewälder im Binger Wald und an der Nahe


Der benachbarte Binger Wald befand sich überwiegend im Besitz der umliegenden Gemein-
den. Bis etwa 1810 bestand er aus Laubwald, aufgrund der Schweinemast mit einem hohen
Traubeneichenanteil. Bis in die 1980-er Jahre stieg der Nadelholzanteil auf rund 38% (HANKE
1989, s.a. Kap. 2.4). Heute dominiert die Eiche nur noch an den kaum bewirtschafteten Hang-
lagen. Auf den übrigen Flächen stehen nun Fichten- oder Edellaubholzbestände. Anders als
der staatliche Soonwald wurden die Wälder im Binger Wald auch später noch übernutzt, denn
während des zweiten Weltkriegs wurde sehr viel Holz eingeschlagen. Bis 1949 waren im Bin-
ger Stadtwald dadurch ca. 200 ha Kahlflächen entstanden. Das entsprach in etwa 11% der
gesamten Waldwirtschaftsfläche (CLOSEN & HANKE 1989). Hinzu kamen die Verbissschä-
den durch überhöhte Schalenwildbestände (KÖSTLER in CLOSEN & HANKE 1989).

In den Privat- und Gemeindewäldern des Nahetals und südlich davon waren um 1930 etwa
die Hälfte der Niederwälder in Hochwald überführt worden. Die andere Hälfte blieb Niederwald
oder wurde für Weinberge gerodet. In den trockenwarmen Lagen des unteren Nahegebiets
wurden auf den devastierten Standorten zumeist die anspruchsloseren Kiefern angepflanzt.

50 LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Entwässerung von Brüchern und Sumpfwald


Seitens der Forstwirtschaft wurden ab 1786 spezielle Maßnahmen zur Melioration der Böden
umgesetzt ("Generelle Kulturpläne"). So wurden Sumpf- und Moorwälder und die hochmoo-
rähnlichen "Brücher" über ein tiefes Grabensystem entwässert. Die ursprüngliche Ausdehnung
der Brücher weiß man durch die Standortkartierung, die im Rahmen der Soonwald-Renovation
1786 von J.P. Kling erhoben wurde. Diese ehemaligen Nassstandorte waren bis zum Beginn
des 20. Jahrhunderts weitgehend trockengelegt und mit Fichten aufgeforstet worden (vgl.
KRAUSE 1972: 51). Die fortgesetzte Entwässerung und die Verdunstungsleistung der dichten
Fichtenbestockung ließ zudem zahlreiche Quellen versiegen. Viele waren bei einer 1960
durchgeführten Standortskartierung nur noch im Bodenprofil erkennbar (WALLESCH in
BAUER 1962).

KRAUSE (1972) schätzt, dass die von ihm aufgenommenen 15 Bestände von Erlensumpf-
wäldern und Birkenbruchwäldern des Soonwaldes und der östlichen Hunsrückhoch-
fläche als Folge der großen Entwässerungen nur noch einen Bruchteil der früheren Be-
stände repräsentieren. Einen Hinweis gibt der geringer werdende Anteil von Weichhölzern
wie der Birke an der Holzartenverteilung: von 1855 noch bei 10% der Fläche bis 1950 auf
lediglich 1% (vgl. BAUER 1962: 127).

2.6 Ackerbau mit Zwei- und Dreifelderwirtschaft, Sonderkulturen


(vorwiegend im fruchtbaren Naheland und den Tälern von Glan und Alsenz)

An der unteren Nahe wurde schon früh eine intensivere Landwirtschaft mit Äckern, Obst- und
Weinbau und anderen Sonderkulturen betrieben (s. 2.6.4). Schafe hatten dort nicht die große
Bedeutung wie im Soonwald. Auf den Wiesen und Brachen in Ortsnähe - später im Stall -
wurden Rinder und Pferde gehalten. Die Tiere wurden vor Ort bei der Arbeit auf den Feldern
gebraucht, Kühe konnten in Ortsnähe gemolken werden. Auch die gut ausgebildeten wertvol-
len Reitpferde (Fürsten, Landadel, Ritterpferde) waren sicher in den Stallungen der Gutshäu-
ser und Burgen aufgestallt und wurden mit Heu und Hafer gefüttert.

Nur noch kleine Dorfherden mit Schafen und Ziegen wurden auf die ausgemagerte Allmende-
und Außflächen außerorts getrieben. Die ehemaligen Wechsellandflächen wurden, wo immer
es möglich war, in dauerhafte Äcker oder Grünland umgewandelt. Die im Nahe-, Glan- und

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HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Alsenzgebiet frühere Entwicklung einer ertragreicheren Landwirtschaft liegt v.a. an den güns-
tigeren Klima- und Bodenverhältnissen und der besseren Verkehrserschließung. Besonders
im unteren Naheraum wurde viel Getreide angebaut.

Schon 1777 wird berichtet: "Man erbauet vielen Haber, aber keinen Weitzen, statt dessen
lauter Spelz. Der Roggen aus dieser Gegend gibt auch ohne die geringste Beimischung
von Weitzen ein sehr kostbares und beinahe weisses Brod." (SANDER in RENNER 1991).
Die Gemeinde Gutenberg im unteren Nahehügelland besaß im Jahr 1791 lediglich 70
Morgen Weidgang "im gemeinen Wald" und 61 Morgen Wiesen (SILBERMANN 1981).
Dem standen gut 188 Morgen Schäl- und Heckenwald und 722 Morgen Ackerland gegen-
über.

2.6.1 Zweifelderwirtschaft (Getreide, Brache)


Auf den fruchtbaren Lössböden in der Umgebung von Bad Kreuznach wurden die Äcker auf
jeweils einem Ober- und einem Unterfeld abwechselnd mit Getreide bestellt bzw. lagen brach.
Dies wurde als Zweifelderwirtschaft bezeichnet und gemeinschaftlich geregelt. Der Grund für
die vielen Brachen in einer dicht besiedelten Landschaft mit ihren fruchtbaren Böden war, dass
viele Wiesen und Weiden zugunsten von Ackerland aufgegeben wurden. Jedoch benötigte
man zunehmend Dünger v.a. für den Weinbau (FILIPP 1967, WEIDMANN 1968). Zusammen
mit den verbliebenen dauerhaften Wiesen wurden die wechselnd brachgefallenen Äcker dann
gemeinschaftlich beweidet. Das Vieh lieferte einerseits den Dünger auf den Flächen selbst für
den Getreideanbau im Folgejahr und zusätzlich für die Weinberge und die Gärten (FILIPP
1967). Mit der Verbreitung des Futterklee- und des Hackfruchtanbaus im 18. Jahrhundert
wurde die Zweifelderwirtschaft schließlich von einer Fruchtwechselwirtschaft abgelöst.

2.6.2 Dreifelderwirtschaft (Getreide, Brache)


Auf weniger fruchtbaren Standorten wurde das Getreide ungefähr seit dem 7. Jahrhundert
mittels Dreifelderwirtschaft angebaut. Hierbei wechselten zwei verschiedene Getreidearten
und eine Brache in dreijährigem Rhythmus ab (WEIDMANN 1968). Wie bei der Zweifelderwirt-
schaft wurde dies über einen sogenannten Flurzwang geregelt, d. h. es gab eine verbindliche
Bewirtschaftungsanordnung durch die Obrigkeit, später durch die freiwillige Übereinkunft der
Dorfgenossen. Es wurde festgelegt, was im jährlichen Turnus auf den einzelnen Flurteilen
("Zelgen") angebaut werden sollte. Dabei durfte ein Drittel des Landes nur mit Wintergetreide
(Weizen, Roggen) und ein Drittel nur mit Sommerfrucht (Gerste, Hafer) bestellt werden. Ein

52 LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Drittel der Flächen lag brach (SCHWORM 1922). Auch hier wurden Brachfelder und die ver-
bliebenen Dauerwiesen nach der Heuernte gemeinschaftlich beweidet. Sie unterlagen dem
"Auchtweide-Recht". Dieses gestattete überall dort in der Gemarkung zu weiden, wo nicht
ausgesät wurde. Mit der Beweidung der Brachen und Stoppelfelder durfte erst nach der Rog-
genernte begonnen werden, es sei denn, der Bürgermeister genehmigte einen früheren Wei-
degang (SCHWORM 1922).

Im 18. Jahrhundert wurde die ursprüngliche Dreifelderwirtschaft durch eine "verbesserte" Drei-
felderwirtschaft abgelöst (WEIDMANN 1968). Dabei ersetzte der Anbau einer Brachfrucht
(Hackfrüchte, z.B. Kartoffeln sowie Klee, Hanf, Raps, Krapp76 u. a.) das eigentliche Brachesta-
dium. Im Hunsrück war dies noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts die übliche Form der
Ackernutzung (MÜLLER 1906).

2.6.3 Fruchtwechselwirtschaft (Getreide, Blatt- und Hackfrüchte)


Vor allem durch die Einführung von Kartoffeln und anderen Hackfrüchten sowie Futterklee
wurde die Waldweide viel weniger genutzt, da das Vieh jetzt unabhängig davon gefüttert und
somit in Ställen gehalten werden konnte. Der Mist wurde gezielt auf die Äcker gebracht. Die
Brachen brauchte man auch nicht mehr für die Beweidung. Ackerbau wurde somit intensiviert,
zunächst als Siebenfelderwirtschaft, z. B. mit der Abfolge Brache - Raps - Winterroggen - Kar-
toffel - Hafer oder Gerste - Klee - Hafer oder Spelz (z.B. Dinkel). Ab dem 18. Jahrhundert löste
die Fruchtwechselwirtschaft die Zwei- und Dreifelderwirtschaft ab. Nun wurden nacheinander
Getreide und Nicht-Getreide (Blattfrucht) angebaut, meist auch ohne Brachestadium (WEID-
MANN 1968). Dies hing jedoch von der anfallenden Menge an Mist ab. Aber auch bei der
Fruchtwechselwirtschaft wurde hauptsächlich Getreide angebaut, v.a. Sommergerste und
Winterroggen, im Hunsrückvorland vom Nahegebiet auch Hafer (KAYSER-BOELITZ 1931).

Im Hunsrück wurde das Vieh noch lange auf die Waldweiden getrieben, daher war Stalldünger
noch Mangelware. Nur die reicheren Landwirte konnten ihre Felder mit Kalk aus Stromberg
und von der Mosel- oder mit Pottasche von Nahe und Mittelrhein aufdüngen (RÖHRIG in SIE-
GEL 1955). Die Fruchtwechselwirtschaft setzte sich dort erst mit einer verbesserten Verkehrs-
anbindung und der Verbreitung des ersten Kunstdüngers gegen Ende des 19. Jahrhunderts
durch (RÖHRIG in SIEGEL 1955, ZSCHOCKE 1970).

76
Färberpflanze zur Herstellung von Lacken: https://de.wikipedia.org/wiki/F%C3%A4rberkrapp

LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ 53


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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2.6.4 Sonderkulturen auf Ackerbauflächen (Kartoffeln, Futteranbau, Tabak)


Weit verbreitet war in der Fruchtwechselwirtschaft auch der Kartoffelanbau, der ca. 30% der
Fläche beanspruchte. Für das Vieh war auch Futteranbau mit Runkelrüben, Luzerne, Espar-
sette und Klee notwendig. Gemüseanbau und sonstige Sonderkulturen - abgesehen vom Wein
(s. Kap.2.7) – gab es relativ selten.

An der unteren Nahe wurden schon früh Obstanbau und Weinbau betrieben (s. Kap.2.7 und
2.8). Interessant ist, dass im Raum Bad Sobernheim über einen längeren Zeitraum auch Tabak
angebaut wurde (KAYSER-BOELITZ 1931). Die Tabakpflanze wurde zu Beginn des 16. Jahr-
hunderts nach Europa eingeführt, diente ursprünglich zu Heilzwecken und wurde bald zum
Genussmittel. Tabakanbau war in Deutschland zu Beginn des 18. Jahrhunderts sogar weit
verbreitet. Der in Sobernheim angebaute Tabak wurde zunächst noch auf den Märkten ver-
kauft (SEIL 1991b). Um 1800 entstanden dann die ersten Tabakfabriken, die aber während
der französischen Zeit 1811 wieder aufgelöst wurden. Mit Beginn der preußischen Zeit 1815
nahm der Tabakanbau wieder zu, in der Sobernheimer Gegend auf ca. 400 Morgen.77
Noch in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde hier intensiver Tabakanbau betrieben
(1950 gab es noch 34 tabakanbauende Betriebe), inzwischen ist er jedoch erloschen (SEIL
1991b).

2.7 Übergang zur intensiveren Landwirtschaft (Viehhaltung, Grünland, Ackerbau)

Als das Weidevieh seit dem 19. Jahrhundert zumeist in Ställen oder auf dorfnahen Weiden
gehalten wurde, verloren Waldweiden, Brachen und Außfelder ihre Bedeutung als Weideland
(s.a. Kap. 2.5). Da es nun möglich war, die Felder einfach und gezielt mit dem konzentriert
anfallenden Stallmist aufzudüngen, führte die Stallviehhaltung letztendlich zur Intensivierung
der Landwirtschaft. Ehemalige Brachen wurden nun als Daueräcker bzw. Dauergrünland ge-
nutzt.

Das Glanrind
Gleichzeitig wurden regional angepasste Rinderrassen - wie z.B. das Glanrind - gezüchtet. Die
Glanrinder entstanden aus dem bisherigen kleineren Landvieh durch die Einkreuzung von
Schweizer Rindern (Simmentaler und Berner Höhenvieh). Für den unterschiedlichen Bedarf
wurden spezielle Schläge des Glanrinds - mit Schwerpunkt Milcherzeugung oder Mast-und

77
Anm.: 1 Morgen entsprach in Preußen ca ¼ ha.

54 LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Arbeitsrind - gezüchtet. Aus der Nordpfalz stammt beispielsweise das um 1820/30 verbreitete
"Glan-Donnersberger-Rind".

SANDER (1777 in RENNER 1991) vermerkt noch in einem Reisebericht:


"Das Vieh, das hier sehr teuer gemästet wird, ist klein und unansehnlich."

Glanrinder gab es in ganz Rheinland-Pfalz. Sie wurden zunächst am Glan und rund um den
Donnersberg gehalten, verbreiteten sich weiter entlang des Glantals nach Norden und in den
südlichen Teil des heutigen Landkreises Bad Kreuznach (vgl. STURM 1959, WEIDMANN
1968). Auch im östlichen Hunsrück wurde das "Glanvieh" eingeführt. Es ersetzte nach und
nach den ursprünglichen Viehbestand. Diese genügsamen Lokalrassen gab es bis zum Ende
des zweiten Weltkriegs noch in vielen Klein- und Mittelbetrieben. Danach verschwanden sie
durch die Mechanisierung und weitere Intensivierung der Landwirtschaft fast völlig (RABUS
1983).

Heute gilt das Glanrind als "stark gefährdete Haustierrasse". Ab 1983 wurde mit nur 25 Tieren
eine Erhaltungszucht begonnen. Mittlerweile ist der Bestand wieder auf etwas mehr als 1000
Tiere angestiegen. Das Glanrind liefert ein hochwertiges Fleisch und wird wegen seiner Ro-
bustheit und Leichtfuttrigkeit auch zur Beweidung von Extensivwiesen im Naturschutz einge-
setzt.78

Glanvieh bei der Biotoppflege (Hanglagen bei Odernheim im VSG Nahetal) Foto: D. Kortner

Grünland und Futteräcker, Ackerland


Im Bergland wurde das Vieh mit Gras und Heu gefüttert. Dauergrünland war somit die wich-
tigste Grundlage für die Futterproduktion. Um die Grünlandfläche zu vergrößern, wurden Bä-
che reguliert und sumpfige Böden entwässert. Hierdurch nahm der Wiesenanteil im Laufe des

78
Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen e. V. (GEH)
http://www.g-e-h.de (Stand 2019, s. Glanrind)

LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ 55


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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19. Jahrunderts zu (MÜLLER 1906, WEIDMANN 1968). Viele dieser Wiesen konnten zudem
nach der Entwässerung statt einmal nun zweimal pro Jahr gemäht werden (WEIDMANN
1968).
Das untere Nahehügelland wurde schon zu Beginn des 19. Jahrhunderts, bis auf die nassen
Uferbereiche, fast ausschließlich ackerbaulich genutzt. Unterhalb von Bad Kreuznach und im
Bereich der Sobernheimer Talweitung gab es kaum Grünland. Das Futter für das wenige Stall-
vieh wurde hauptsächlich durch den Anbau von Futterpflanzen (Leguminosen) gedeckt. Wie-
sen und Weiden gab es nur wenige, meist nur noch in den Quellmulden und Tälern der Bäche
des Hunsrückvorlandes.

2.8 Weinbau

Der Landkreis Bad Kreuznach ist bekannt für seine Weine, die auf unterschiedlichen Gestei-
nen und Böden wachsen, wodurch der Wein neben den verschiedenen Sorten seine charak-
teristische Geschmacksnote - das "Terroir" - verdankt (SPIES, E-D. et. al 2017, vgl. Kap.1.1).

Anbauweise
Die von den Römern eingeführten "Heckenwingerte" haben sich in Monzingen bei Bad Sobern-
heim noch bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts erhalten. Im Mittelalter war diese An-
bauform an der oberen Nahe üblich. Anders als heute waren bei den Heckenwingerten die
Reben nicht an Pfähle gebunden, sondern sie bedeckten als kriechende Reben den Boden.
Im Sommer wurde der Weinberg sich selbst überlassen und konnte frei wachsen. Heckenwin-
gerte wurden entweder nur selten oder auch gar nicht gedüngt. Meistens zog man aber bereits
im 13. Jahrhunderts die Reben an einzelnen Eichenstöcken, die in den Niederwäldern gewon-
nen wurden (KAYSER-BOELITZ 1931).

Früher waren Mischkulturen zwischen Wein- und Ackerflächen oder auch Obstbäume im
Weinberg die übliche Praxis. Mit der Zeit ging man zunehmend zu Monokulturen über. Die
Hänge wurden mit Weinbergsmauern gesichert. So entstanden Weinbergsterrassen, durch die
eine bessere Ausnutzung der Südsonne möglich war und die einfacher zu bewirtschaften wa-
ren. Auch sehr steile Tallagen mit "Oedungen" oder Wald konnten nun mit den Steinmauern
für den Weinbau erschlossen werden (WEIDMANN 1968).

56 LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Heutige Weinbergslage
Felsenberg an der Nahe

Im Hintergrund der Heimberg mit


dem Aussichtsturm bei Waldbö-
ckelheim

Foto: Johannes Grau, Gut Her-


mannsberg https://www.gut-her-
mannsberg.de/ (Stand 2019)

Intensiver Weinanbau (2019)

Neuanpflanzung in ebener Lage. Die


Abstände zwischen den Reihen sind
auf die Breite der Maschinen
ausgelegt. Metalllstäbe ersetzen die
urspünglichen Holzpfosten. Positiv ist
jedoch die Rebzeilenbegrünung
zwischen den Reihen.
Foto: R. Horn

Weinanbau seit der Römerzeit bis heute


Bereits im 3. Jahrhundert n. Chr. bauten die Römer in der Pfalz, in Rheinhessen und im unte-
ren Nahegebiet Wein an (KAYSER-BOELITZ 1931). Trinkwasser wurde meist mit Wein ge-
mischt, um Krankheiten durch verseuchtes Wasser zu vermeiden. Zur Zeit der Völkerwande-
rung und der germanischen Landnahme verödeten weite Bereiche wieder, bis dann die Fran-
ken ab ca. 500 n. Chr. den Weinanbau wieder aufnahmen. Die Weinberge dehnten sich durch
die Täler von Nahe und Glan bis in die Gebiete von Kirn und Meisenheim (MERZ 1993). Im
Mittelalter wurden vom Adel und den Klöstern großflächige Weinlagen bewirtschaftet, während
die Bauern nur kleine Parzellen erübrigen konnten. Mit dem Wegfall der Feudalstruktur und
der Förderung des Privateigentums während der französischen Herrschaft nahm der private
Weinanbau in den Gemeinden zu. Die von den Preußen errichteten Zollgrenzen gegen Frank-
reich und Süddeutschland begünstigten dies zusätzlich (vgl. WEIDMANN 1968, KAYSER-
BOELITZ 1931).
Ab der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts wird Weinbau in fränkischen Urkunden dann für
Norheim, Waldlaubersheim, Langenlonsheim, Weinsheim, Roxheim, Monzingen und Hüffels-
heim bezeugt (KAYSER-BOELITZ 1931).

LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ 57


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Trotz der Verwüstungen in den Kriegen des Mittelalters bis hin zu den französischen Koaliti-
onskriegen (1792-1815) nahm die Weinanbaufläche im damaligen Kreis Kreuznach stetig zu
(MERZ 1993). Allein von 1816 bis 1832 hatte sich die Anbaufläche von 990 ha auf 1675 ha
fast verdoppelt (KRUMM 1992b). Bis in die 1930er Jahre stieg sie auf ca. 5.500 ha. Gleichzeitig
wurden die schlechteren Lagen im Hunsrückvorland wieder aufgegeben (KAYSER-BOELITZ
1931). Danach nahm der Weinanbau wieder ab. Gegen Ende 1950 gab es nur noch 2.917 ha
(PORN 1958). Ursachen für die Verringerung der Anbaufläche, die z. T. bis heute anhält, wa-
ren zunächst hohe Wiederaufbau- und Bebauungskosten in den Steillagen der Täler von
Alsenz, Glan und weiterer Seitentäler. Dazu folgte der Rückgang von Nebenerwerbsbetrieben
im Zuge des Strukturwandels in der Landwirtschaft, die früher den Großteil der Rebflächen in
den Randbereichen des Anbaugebiets Nahe bewirtschafteten (KUNTZ 1979).

Vor allem die unrentablen schwer zu bewirtschaftenden steilsten Lagen verbrachen bis heute
zunehmend weiter. Im Gegensatz dazu haben die Flurbereinigung einhergehend mit der In-
tensivierung der Bewirtschaftung zum Schwund der Weinbergsmauern und in den flacheren
Lagen zu einer Ausweitung der Produktionsflächen geführt (vgl. Kap. 1.2.2). Statt der ehemals
horizontalen Anlagen der Rebzeilen im Hang wurden die Reben nun vertikal gesetzt, was
heute die Bodenerosion bei Starkregen begünstigt.

2.9 Obstanbau

Bereits 1400 v. Chr. wurde im asiatischen Atlas, "dem Garten Eden", und später vor allem in
Griechenland Obstanbau betrieben. Die Römer importierten die ertragreichen Obstsorten um
400 v.Chr. zunächst nach Italien, dann um ca. 100 v. Chr. auch zu uns nach Germanien und
bis nach Gallien (vgl. a. Kap. 1.2). Gefördert durch Karl den Großen (ca. 800 n.Chr.) und später
durch den Kurfüsten August v. Sachsen (1553-1586) nahm die Sortenvielfalt und der Anbau
von Obst in Deutschland immer weiter zu.79 Zunächst wurde das wertvolle Obst vor allem in
den ummauerten Klostergärten angebaut, später zunehmend auch großflächig freistehend um
die Dörfer und Höfe herum, so auch im unteren Naheraum (KAYSER-BOELITZ 1931). Viele
Obstbäume standen aber vereinzelt in den Gärten, in der Feldflur oder im Weinberg und wur-
den hauptsächlich für den Eigenbedarf gebraucht. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts wurde
Obst in Rheinhessen zunehmend kommerziell angebaut (TOPP 1961), jedoch ging die ur-
sprüngliche Sortenvielfalt zugunsten weniger ertragreicher Sorten zurück.

79
https://www.alte-obstsorten.de/geschichte-der-obstbaukultur.html (Stand Juni 2020)

58 LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Streuobstwiese bei Waldböckelheim. Streuobstbäume müssen regelmäßig fachgerecht gepflegt und beschnitten
werden, ansonsten vergreisen sie (d.h. die dichtwachsenden Äste sterben ab) und werden oft mit Misteln befallen.
Foto: P. Holzwarth

Die früher übliche Praxis, Obstbäume direkt in die Weinberge zu pflanzen, wurde schon 1736
für die Kurpfalz verboten, da dies als schädlich für die Weinstöcke galt (KAYSER-BOELITZ
1931). Zum 19. Jahrhundert wurden stattdessen Obstalleen entlang von Feldwegen und Stra-
ßen gefördert. Heute ist das wegen fallender Äpfel, Birnen und Zwetschgen eher unerwünscht.
Zu dieser Zeit standen in den obstbaumreichsten Gemeinden in Büdesheim 13.200, in Mon-
zingen 7.600, in Sponheim 6.500, in Waldalgesheim 8.900, in Waldböckelheim 9.100, in Wall-
hausen 7.000, in Desloch 8.800, in Meddersheim 7.000, in Merxheim 10.400, in Staudernheim
8.800 und in Meisenheim 21.300 Obstbäume (KAYSER-BOELITZ 1931). Bis in die 1950er
Jahre gehörten die meisten Obstkulturen zu landwirtschaftlichen Unternehmen, seitdem ent-
standen auch reine Obstbaubetriebe (FREYER 1957). Die Obstwiesen wurden zunehmend
intensiver bewirtschaftet. Anstelle der ehemaligen Hochstammsorten wurden niedrigwüchsige
Obstbäume gezüchtet. Hierdurch ging die ehemalige Streuobstwiesennutzung immer mehr
zurück.

In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts beschreibt KAYSER-BOELITZ (1931: 99) das un-
tere Nahegebiet wie folgt: "Die meisten Landstraßen unseres Gebiets ebenso wie die größe-
ren Feldwege werden von Obstbäumen auf beiden Seiten begleitet; im Frühjahr liegen viele
Dörfer versteckt in einem Meer von Blüten und auf den Feldern stehen sehr oft riesige Apfel-
und Birnbäume".

LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ 59


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Im unteren Nahehügelland sind extensiv genutzte Hochstammbestände heute selten gewor-


den. In den 1990er Jahren existierten bei Meisenheim noch alte Streuobstwiesen als Teilbe-
reiche eines landesweiten Streuobst-Verbreitungsschwerpunkts im Südwesten von Rhein-
land-Pfalz (v. a. in den Landkreisen Kusel, Donnersbergkreis und Bad Kreuznach, vgl. SIMON
1992).

2.10 Erzabbau und Metallverhüttung

Der Erzabbau im Soonwald begann wärend der Bronzezeit und dauerte bis gegen Ende des
19. Jahrhunderts an. Ehemals von hoher Bedeutung für die Region, finden sich heute keine
abbauwürdigen Vorkommen mehr (KAYSER-BOELITZ 1931). Die Erze kommen sowohl in
den devonischen Quarzitgebieten des Soonwaldes als auch in den vulkanischen Gesteinen
des Oberrotliegenden vor.

Eisenverhüttung
Der Soonwald wurde bis zum 30jährigen Krieg zu einem Schwerpunkt der Eisenindustrie, da
es hier sowohl Erzlagerstätten als auch große Waldflächen zur Holzkohlegewinnung gab.
Auch wurden Wassermühlen benötigt, d.h. die Lage an Gewässern war wichtig, damit Poch-
werke betrieben werden konnten, um die Erze kleinzuhämmern und auszuwaschen.

Zu diesem Zeitpunkt stand am Guldenbach bereits die Stromberger Hütte. In einem zweiten
Aufschwung der Eisenindustrie zwischen 1650 und 1700 entstand die Stromberger Neuhütte
und 1712 das heutige Industriedenkmal Gräfenbacher Hütte (GILDEMEISTER 1962) mit den
Resten eines alten Hochofens aus dem Jahr 1841.80 Eisenerz für die Rheinböllerhütte wurde
z.B. in der Erzgrube von Argenthal im Nachbarkreis Rhein-Hunsrück gewonnen. In der Umge-
bung der Eisenhütten führten Köhlerei und Waldweide jedoch zu massiven Veränderungen im
Landschaftsbild (vgl. Kap.2.5).

Nach 1814 setzte der Niedergang der Eisenindustrie im Soonwald ein. Zunehmender Mangel
an Holzkohle und an guten Erzqualitäten sowie die Konkurrenz der neuen Eisenindustrie in
den Steinkohlegebieten machte die Hütten im Soonwald unrentabel (BAUER 1962). Der Be-
trieb der Gräfenbacher Hütte beispielsweise wurde somit 1873 eingestellt (KAYSER-BOELITZ
1931). Auch vorher schon war der Hochofen wegen Holz- und Wassermangels nur ca. 26
Wochen im Jahr in Betrieb (SCHELLACK 2008).

80
https://www.hochofenfreunde.de/ (Stand 2019)

60 LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Da es früher noch keine technischen Geräte für die Lagerstättensuche gab, beobachtete man
die Veränderungen in der Natur, um Eisenerzvorkommen zu finden (KLEY, BRUNEMANN
1995):

"Wurden Erzgänge nicht durch Zufall freigelegt, z.B. durch Erdrutsch oder Erosion, versuchten die Bergleute bis ins
18. Jahrhundert hinein mit den altüberlieferten Methoden die Lagerstätten der begehrten Erze zu finden. Vielfach
half dabei die Naturbeobachtung:
• Farbe, Geruch oder Geschmack von Quellwasser verrieten verborgene unter irdische Erzgänge.
• Gewisse Kräuter und Pilzarten, sogenannte Zeigerpflanzen, wachsen über erzhaltigem Gestein.
• Bäume erreichen über Erzgängen nicht ihre normale Wuchshöhe, verkrüppeln oder verdorren.
• Die in Erzgängen gespeicherte Wärme verhindert in kalten Nächten das Bereifen der Gräser.

Eine schon im Mittelalter strittige Methode war das Aufsuchen der Gänge mit Wünschelruten."

Zur optimalen Anlage eines Bergwerks: Georg Agricola, 1494 – 155581

Wasserrad mit Pochwerk


zur Behandlung von metallhaltigem Gestein

Zitat Agricola: „Das rohe Erz wird deshalb gepocht, damit das me-
tallhaltige von den Steinen und dem Dachgestein gesondert wer-
den kann.

Bild: Georg Agricola, 1494 – 155582

Kupfer und Quecksilber


Im Nahetal wurden seit dem Spätmittelalter Kupfererze abgebaut. Bei Niederhausen entstan-
den zwei Tagebaue und mehrere Schächte (SEIL 1991a). Auch am Rheingrafenstein im Kehr-
bachtal wurde Kupfererz abgebaut. Am Lemberg entwickelte sich zur gleichen Zeit der Queck-
silberbergbau. Bis 1942 wurde hier das rote Zinnobersalz (Quecksilbersulfid) gewonnen.

81
Agricola, G. (1928), Zweites Buch, S.27. s.a. www.digitalis.uni-koeln.de/Agricola/agricola_index.htm
82
Agricola, G. (1928), Achtes Buch, S. 247. s.a. www.digitalis.uni-koeln.de/Agricola/agricola_index.htm

LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ 61


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Schon die Römer wussten vom Quecksilber am Lemberg (lat. Mercurius). Sie errichteten auf
der Höhe einen Schrein, der dem Gott Merkur gewidmet war. Später waren sowohl die Kupfer-
als auch die Quecksilbervorkommen nicht mehr abbauwürdig, so dass der Erzabbau an der
Nahe erlosch (KAYSER-BOELITZ 1931).

Das alte Zinnoberbergwerk "Schmittenstollen" am Lemberg ist heute als Besucherbergwerk


begehbar.83 Im Nachbarkreis Birkenfeld liegt zwischen Kirn und Idar-Oberstein am Hosenberg
das historische Kupferbergwerk Fischbach-Nahe. In beiden können die Besucher die alten
Stollen der ehemaligen Bergwerke bei einer Führung erkunden. Anschaulich wird die wech-
selvolle Geschichte der Bergwerke, die gefährliche und harte Arbeit der damaligen Arbeiter
beim Abbau und der Aufarbeitung des gewonnenen Erzes gezeigt84.

2.11 Glashütten

Die Soonwalder Glashütten existierten etwa 50 Jahre lang, zwischen 1683 und 1735. Sie lagen
im Grenzbereich der heutigen Landkreise Rhein-Hunsrück und Bad Kreuznach (BAUER 1962,
GILDEMEISTER 1962). Zunächst wurde eine Hütte beim heutigen Forstamt "Thiergarten" be-
trieben, deren Glasproduktion später an die Quellzuflüsse des Gräfenbachs nördlich des Höl-
zerkopfes (heutige "Glashütter Wiesen") verlegt wurde. Wie bei den Eisenhütten waren auch
bei den Glashütten anfangs die "natürlichen Standortfaktoren" günstig, da neben dem Holz
auch der Glasgrundstoff Sand als Verwitterungsprodukt der anstehenden Taunusquarzite vor-
handen war.
1865 entstand in Bad Kreuznach noch eine Glasbläserei, in der bis 1919 Weinflaschen für die
Winzer vor Ort hergestellt wurden. Die Bahnverbindung zum Saarland ermöglichte nun die
Nutzung der Saarkohle anstelle von Holzkohle. Der benötigte Sand-Kalk stammte vermutlich
aus den Steinbrüchen in der Umgebung von Stromberg (RENSCHKE 1982).

Enormer Holzverbrauch – die Glashütten im Soonwald werden aufgegeben


Die Glashütten verbrauchten zur Pottascheherstellung noch weitaus mehr Holz als die Eisen-
hütten (GILDEMEISTER 1962). Für ihren Betrieb "verzehrten" sie innerhalb der rund 50 Jahre
ihres Bestehens insgesamt über 300 ha Wald (BAUER 1962)!

Als die erste Glashütte am Thiergarten bis 1700 eine entwaldete Freifläche von rund 188 ha
zurückgelassen hatte, wurde sie aus Holzmangel nach Süden an den Gräfenbach verlegt. Hier

83https://www.vg-ruedesheim.de/tourismus-freizeit/schmittenstollen/ (Stand 2021)


84
http://www.besucherbergwerk-fischbach.de (12/2020)

62 LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ


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wurden in den folgenden 30 Jahren weitere 131 ha Wald verbraucht. Auf 75 ha dieser Fläche
wurden Wiesen angelegt. Ab 1722 wurden der Glashütte weitere 38 ha Wald überlassen, die
bis etwa 1730 abgeholzt waren. Eine geplante nochmalige "Transferierung" der Glashütte -
diesmal in einen Walddistrikt an der Tiefenbacher Straße - kam wegen der allgemeinen Holz-
knappheit nicht mehr zustande, so dass die Glashütte 1735 schließen musste (BAUER 1962:
110).
Die "Glashütter Wiesen" waren danach noch bis 1903 an die Erben der ehemaligen Glashüt-
tenbesitzer verpachtet, die den Betrieb als "Wiesengut" weiterführten (BAUER 1962). Deshalb
wurden die Wiesen auch nicht aufgeforstet - im Gegensatz zu vielen anderen großen Wald-
wiesen des Soonwaldes. Die ca. 50 ha großen "Glashütter Wiesen" wurden als Viehweide und
als Rotwild-Äsungsfläche genutzt (HANLE 1990). Heute sind sie als Naturschutzgebiet aus-
gewiesen und werden seit den 1990er Jahren vom Naturschutz betreut und biotopgerecht be-
wirtschaftet.

2.12 Gesteine, Salz und Lehm

Bedingt durch die unterschiedlichen geologischen Verhältnisse im Landkreis Bad Kreuznach


lohnte sich der Abbau von Gesteinen für unterschiedliche Verwertungen.

Kalkabbau bei Stromberg


In der Umgebung von Stromberg wurde mitteldevonisches Kalkgestein gebrochen, welches
hier inselartig in der "Stromberger Kalkmulde" vorkommt (KAYSER-BOELITZ 1931). Seit dem
18. Jahrhundert wurde der Kalk aus Stromberg bis in den Hunsrück transportiert, wo man ihn
zum Düngen der Felder auf den armen Quarzitstandorten verwendete (vgl. Kap. 2.6). Auch
bei der Herstellung von Mörtel wurde Kalk gebraucht (KAYSER-BOELITZ 1931). Die großen
Kalksteinbrüche am Dörrebach, am Welschbach und am Guldenbach oberhalb der Stadt
Stromberg waren bis ins 21. Jahrhundert in Betrieb, wobei der Kalk v.a. zu industriellen Zwe-
cken verwendet wurde. Nachdem 2006 die Abbaugenehmigung für das Stromberger Kalkwerk
nicht mehr verlängert wurde, wurde der Betrieb im Steinbruch eingestellt. Am 27.1.2017 wur-
den die industriellen Silos und Kalköfen mittels einer spektakulären Sprengung "zurückge-
baut"85.

85
video u.a. in: https://www.youtube.com/watch?v=tDCXN5-nx54 (12/2020)

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Hartgesteine für Schotter, Pflastersteine und Gebäude, Sand


Im Nahetal bei Kirn, vereinzelt auch bei Monzingen und Bockenau, bei Bad Kreuznach, am
Lemberg und bei Neu-Bamberg entstand im 19. Jahrhundert eine Hartstein-Industrie, die bis
heute von Bedeutung ist. Am Halmen bei Kirn wurde Melaphyrgestein abgebaut. Die großen
Steinbrüche haben den Berg von zwei Seiten her "angenagt". Bei Bad Kreuznach wurde vul-
kanischer Rhyolith (ehem. Quarzporphyr) gebrochen. Das Gestein wurde zur Herstellung von
Pflastersteinen, Straßen- und Bahnschotter gebraucht (KAYSER-BOELITZ 1931). Die großen
Rhyolithsteinbrüche bei Neu-Bamberg und die inzwischen stillgelegten Melaphyrsteinbrüche
am Lemberg dien(t)en dem gleichen Zweck. Die Gesteine aus Permsediment vom Sandstein-
bruch bei Staudernheim wurden zum Bau von Häusern in der Umgebung, aber auch z.T. bis
nach Köln und Nürnberg exportiert (vgl. Kap 4.4). Stellenweise wurde auch Sand ehemaliger
mariner Sedimente abgebaut, z.B. in den inzwischen aufgelassenen Sandgruben "Mauken-
wiese" bei Siefersheim (Neu Bamberg).

Steinkohle
Kurzzeitig wurde Anfang des 19. Jahrhunderts um Kirn und in der Soonwaldvorstufe bei Win-
terbach und Argenschwang sogar etwas Steinkohle abgebaut. Jedoch war die dort in den dün-
nen Schichten vorkommende Steinkohle von schlechter Qualität. Mit dem Bau der Eisenbahn
1865 und der damit leicht verfügbaren Saarkohle wurden die Gruben wieder aufgegeben
(KAYSER-BOELITZ 1931).

Schiefer
Der Hunsrück-/Soonwaldschiefer wurde schon im Mittelalter abgebaut, vermutlich sogar ab
der Römerzeit. Schieferdächer und Hausverschalungen sind langlebig und schützen gut vor
Wind und Wetter. Die schiefergrauen Hunsrückdörfer sind somit typisch für die Region. Die
bedeutsamsten Gruben und Stollen lagen bei Bundenbach westlich von Kirn im Nachbarkreis
Birkenfeld, wo Schiefer bis in die 1960-er Jahre abgebaut wurde.

Wer Näheres wissen möchte, besucht die historische Schiefergrube "Herrenberg bei
Bundenbach"86 mit dem angeschlossenen Fossilienmuseum und dem Bergbaumuseum in der
Nähe (s.a. Kap. 1.1 und 1.2.). Dieser Rundweg führt auch an der Keltensiedlung
Altburg/Bundenbach und der Schmidtburg vorbei. Überall entlang der lohnenswerten
Wanderwege am Hahnenbachtal kommt man an alten Stollen, Tunneln und aufgegebenen
Bergbauvorrichtungen vorbei.

86
http://www.bundenbach.de/ und https://www.ich-geh-wandern.de/besucherbergwerk-herrenberg-bundenbach
(Stand 2019)

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Wanderweg bei Bundenbach: Schieferabbau, Keltensiedlung und Schmidtburg Fotos: R. Horn

Lehmnutzung – Felkelehm Bad Sobernheim


Lehm war lange Zeit ein wichtiger Baustoff für Fachwerk und Wandverputz im Hausbau. Wenn
es Lehmvorkommen in Ortsnähe gab, konnte man den hierfür benötigten Lehm günstig abgra-
ben und direkt mit Wasser und Sand zur benötigten Konsistenz mischen. Für das jeweils rich-
tige Mischungsverhältnis war viel Erfahrung nötig, damit er sich gut verarbeiten ließ und weder
Trockenrisse entstanden (zu wenig Sand und zuviel Wasser) oder der Putz einfach wegbrö-
ckelte (zu viel Sand).

Als neue industrielle Baustoffe entwickelt wurden, die schneller und weniger aufwändig verar-
beitet werden konnten, wurde der Lehm im Hausbau kaum noch eingesetzt. In den letzten
Jahrzehnten gewinnt jedoch das alte Wissen über den Lehm als natürlichem schadstoffarmem
Baustoff wieder an Bedeutung für moderne ökologische Bauweisen. Auch im Landkreis gibt
es wieder Handwerksbetriebe, die sich auf Lehmputz und natürliche Dämmstoffe wie Stroh
und Hanf im Haus- und Wohnungsbau spezialisiert haben.

LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ 65


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Im Rheinland-Pfälzischen Freilichtmuseum in Bad Sobernheim kann man die Bauweise alter


Häuser aus verschiedenen Regionen von Rheinland-Pfalz besichtigen. Regelmäßig finden
dort auch u.a. zum Thema Hausbau Aktionstage oder Veranstaltungen statt.

Den größten Aufschwung – hinsichtlich des Lehms - erlebte die Stadt Bad Sobernheim jedoch,
als sich der als "Lehmpapst" bezeichnete Pastor und Naturheilkundler Emanuel Felke 1915-
1925 in Bad Sobernheim niederließ. Er machte die dortigen Lehmvorkommen zur Heilbehand-
lung so populär, dass sich diese Tradition bis heute gehalten hat und Bad Sobernheim über-
regional für seine "Felkekuren" berühmt wurde. Neben der Augendiagnostik und der Homöo-
pathie waren die Lehmbäder an der frischen Luft der wichtigste Baustein der Felkekuren.
"In Felkes Jungborn (der damalige Name für seine Kureinrichtungen) wurde Lehm vor allem
als Bad eingesetzt. Zu diesem Zweck wurde im Freien eine „natürliche Badewanne“ ausgeho-
ben und mit ca. 40 Zentimetern Lehm gefüllt. Nachdem der Lehm mit meist kühlem Wasser zu
einem Schlamm vermischt worden war, stieg der Patient in das Lehmbad."87

Felke-Lehmbad im Freien. Anfang 20 Jahrhundert, Foto aus dem Heimatmuseum (Priorhof) Bad Sobernheim

Heute kann man sich entweder drinnen oder sommers im Freien in einer der modernen Kur-
und Wellnesseinrichtungen in und um Bad Sobernheim im Lehmbad regenerieren. Wer's ein-
facher und günstiger mag, läuft den dortigen Barfußpfad. Gleich am Anfang bräunt man sich
die Waden beim "Lehmtreten" in einer langen Grabenrinne mit Wasserlehm.

87
Zitat Firma Hevert, http://www.hevert.com/market-de/de/meine-gesundheit/naturheilkunde-in-der-tradition-von-
pastor-felke/lehmbehandlung (12/2020 )

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HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Salzgewinnung – Salinental Bad Kreuznach


Das Salinental liegt zwischen Bad Kreuznach und Bad Münster am Stein in einer ebenen Tal-
weitung an der Nahe zwischen den Höhenzügen Gans- und Rotenfelsmassiv.88 Schon früh
waren die salzhaltigen Quellen im Tal auch bei den Kelten und Römern bekannt. Mindestens
seit dem Ende des 15. Jh. wurde das wertvolle Salz durch Salzsieden in großen Pfannen
gewonnen.

Ab dem 18. Jh. wurden im Salinental die großen Salzwerke "Karls- und Theodorshalle" mit
ihren Salzsiedereien und Gradierwerken errichtet. Hier wurde der relativ geringe Salzgehalt
der Sole vor dem energieaufwändigen Siedeverfahren über die Gradierwerke von ca. 1-2 %
auf ca. 14 % Salzgehalt angereichert. Damals gab es 10 imposante Gradierwerke mit einer
Gesamtlänge von über ca. 2500 Metern (heute sind noch 6 verkürzte Werke mit insg. ca. 1000
m übriggebleiben). Ein Gradierwerk besteht aus großen Holzgestellen mit dicht gepacktem
Schwarzdornschnitt. Wasserräder pumpten die Sole mehrmals hintereinander langsam tröp-
felnd über das Gestrüpp, so dass das Wasser verdunstet und der Salzgehalt sich in der Auf-
fangwanne aufkonzentriert89. Aus dem Konzentrat konnte nun das Salz in der Siederei schnel-
ler und kostengünstiger getrocknet werden. Für den Bau der Salinen und den Siedebetrieb
wurden damals große Mengen an Bau-, Brennholz und Schwarzdornschnitt gebraucht, welche
im Umfeld von Bad Kreuznach eingeschlagen wurden. Als das Brennholz knapp und teuer
wurde, stellte man in den Siedehäusern auf die billigere Holzkohle um (SCHALLER 2012).

Durch Kriege, Überschwemmungen und Stürme wurden die Anlagen mehrfach zerstört und
nur notdürftig wiederaufgebaut. Auch modernere Verfahren wurden ausprobiert - so ein
zwangsbelüftetes Gradierwerk mit Windrotor, eine neue Verdampferanlage, Kunststoffmatten
anstelle von Schwarzdornschnitt, Betonsockel an den Gradierwerken anstelle der alten Holz-
konstruktionen - und haben sich technisch nicht bewährt. Der Salzertrag lohnte bald nicht
mehr, zumal vermehrt das günstigere Steinsalz auf den Markt kam.

Die Salzsiedereien verfielen und ein großer Teil der historischen Anlagen und Bauten wurde
sukzessive zurückgebaut (SCHALLER 2012). Die verbliebenen Gradierwerke - heute Europas
größtes Freilichtinhalatorium - und die Salzquellen dienen nun vor allem Heil- und Wellnes-
zwecken.

88
https://www.bad-kreuznach-tourist.de/gesundheit-kur-wellness/freiluftinhalatorium-salinental/ (12/2020)
89
Das marode historische Wasserrad bei Bad Münster kann seit Februar 2021 leider nicht mehr besichtigt wer-
den. https://www.swr.de/swraktuell/rheinland-pfalz/mainz/bad-kreuznach-altes-wasserrad-zusammengebrochen-
100.html

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HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Gradierwerk im Salinental Bad Kreuznach

Heute lohnt sich die Salzgewinnung nicht mehr, aber


die 9 Meter hohen Gradierwerke werden trotzdem wei-
ter betrieben. Die alten Wasserräder drehen sich nun
motorbetrieben, um das Salzwasser über den
Schwarzdorn zu schaufeln.

Die salzreiche Verdunstungsluft ist - wie die Luft am


Meer - gut für Lunge, Haut und Immunsystem. Kur-
gäste und Wanderer erholen sich auf den davorge-
setzten Holzgalerien. Die Salzquellen werden eben-
falls für Heilbäder und Trinkkuren in Bad Münster am
Stein genutzt. Somit wurden aus den beiden Ortschaf-
ten Kurstädte – das heutige Bad Kreuznach wie auch
Bad Münster am Stein.
Foto: G. Dieth 2017, © R. Horn

Kürzlich stand im Stadtrat von Bad Kreuznach aus Haushaltsgründen der Abriss von zweien
der sechs noch verbliebenen Gradierwerke wegen sanierungsbedürftiger Betonsockel zur Dis-
kussion90. Letztendlich fiel die Entscheidung zugunsten des Erhalts der beiden Werke aus, da
die Salinen in Bad Kreuznach nicht nur als Einzelbauwerk, sondern als historische Gesamtan-
lage europaweit einzigartig sind.91 Sie bedingen zudem das salzig-frische Kleinklima im ge-
samten Tal der Kuranlagen.

2.13 Nutzung von Gewässern

Während die Uferbereiche der Fließgewässer bereits durch Wiesen- und Ackernutzung ver-
ändert und umgeformt wurden, wurde die Wasserkraft für Wassermühlen genutzt. Auch zur
Anlage von Fischteichen wurden Gewässer angestaut. Außerdem nahm die Bebauung der
Ufer durch weitere Ortschaften sowie die zugehörige Infrastruktur und Gewerbegebiete zu.
Der eigentliche Verlauf der Nahe war hingegen bis ungefähr zum Jahre 1900, abgesehen von
kleineren Maßnahmen beim Eisenbahnbau, kaum reguliert worden (KAYSER-BOELITZ
1931).

90
"Gradierwerke sind einzigartig", Neue Binger Zeitung (13.6.2020)
91 https://swr-aktuell-app.swr.de/news/84532/Gradierwerke+in+Bad+Kreuznach+bleiben/20200626100641
(link vom 30.6.2020 kann nicht mehr aufgerufen werden, jedoch noch diverse Beiträge im SWR zum Erhalt der
Gradierwerke in Bad Kreuznach)

68 LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Im Stadtgebiet von Kirn wurden die Ufer der Nahe und der zufließende Hahnenbach nach den
starken Hochwässern 1918/1920 reguliert und eingefasst (KAYSER-BOELIZ 1931: 81). In den
1930-er Jahren wurde dann auch die Naheaue umgestaltet. Die feuchtnassen Wiesen am Ufer
wurden drainiert und später in Äcker umgewandelt (SCHNEIDER 1992). Einige Restflächen
der ehemaligen "Stromtalwiesen" liegen noch im Bereich der Glanmündung.

Über die Nahe berichtet SANDER (1777; in RENNER 1991): "Die Nahe hat einen wilden
krummen Lauf...Sie bleibt in keinem Bette, war jetzt sehr klein, schwillt aber im Winter erstau-
nend an, hat viele gefährliche Tiefen, und muß, wo man hin will, sehr oft passirt werden...".

Schon früh nutzte man die Wasserkraft auch der kleineren Zuflüsse zum Antrieb von Wasser-
rädern und Mühlwerken, beispielsweise für:

Wassermühlen und Hammerwerke zum Zerkleinern von Erzen und Gesteinen


Lohmühlen zur Herstellung der Lohe aus Eichenrinde
Sägemühlen zum Sägen von Holzbrettern aus Stammholz
Getreidemühlen und Ölmühlen zum Mahlen des Korns und Auspressen von Öl aus Ölsaaten
Wasserräder für Gradierwerke, Hochpumpen der Sole zur Salzgewinnung

Heute noch zeigen die zahlreichen meist stillgelegten Mühlen im Soonwald, z.B. entlang des
Guldenbachs (Neumühle, Oelmühle, Junkermühle, Papiermühle ...) die Bedeutung der Was-
serkraft für die damalige Wirtschaft.

Mühlsteine für die Getreide- und Ölmühlen wurden z.B aus den Basaltschlacken der Eifeler
Vulkankegel hergestellt und ins ganze Land exportiert. Auf der Website der IG Eifelvulkane
sind die bekannten Fundstätten aufgeführt92: Besonders aus dem Mayener Grubenfeld, des-
sen Höhlensysteme heute europaweit bedeutsame Fledermausvorkommen beherbergen,
wurde Basalt, auch für Mühlsteine, gewonnen.

Naheanstau zur Stromgewinnung

In den Drahtwerken bei Waldböckelheim wurde der benötigte Strom über eine Staustufe mit
werkseigenem Kraftwerk erzeugt (1911-1981). In den beiden Weltkriegen hatte das Drahtwerk
ein hohes Auftragsvolumen und noch in den 1960-er Jahren wurden seine Produkte auch ins
Ausland geliefert. Aufgrund der schlechten Verkehrsanbindung in der relativ engen Tallage

92
http://eifelvulkane.wordpress.com/2013/04/14/eifelvulkane-und-kulturdenkmaler/#_Toc353706376 (Stand 2019)

LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ 69


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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und Schäden durch Hochwässer verlor das Werk jedoch zunehmend an Bedeutung und wurde
1981 geschlossen, wobei die Turbinen noch weiterlaufen und Strom erzeugen. Von dem ehe-
maligen großen Werksgelände hingegen sind nur einige Bauruinen übriggeblieben (SEIL
2013).

Naheanstau und Wasserkraft, links das ehemalige Drahtwerk bei Waldböckelheim


An den steilen Hanglagen des Heimbergs rechts liegen Pflegeflächen des Naturschutzes Foto R. Twelbeck

Ebenfalls zur Energiegewinnung wurde im Jahr 1928 bei Niederhausen die große Nahestau-
stufe gebaut. Auf einer Länge von ca. zwei Kilometern verbreiterte sich der Nahelauf hieraufhin
zum Stausee Niederhausen, gleichzeitig sank die Fließgeschwindigkeit drastisch. Verbunden
mit der Vergrößerung der Wasserfläche änderte sich das Lokalklima: die höhere Luftfeuchtig-
keit und eine Verringerung der Frosthäufigkeit und -intensität sollen dabei sogar die Bedingun-
gen für den Weinbau verbessert haben (KRAUSE 1972).

70 LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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3. HISTORISCHE BIOTOPE –
UND HEUTE?

Die Landschaft in der Nähe von Neu-Bamberg ist auch heute noch reich strukturiert und wird landwirtschaftlich
vielfältig bewirtschaftet. Foto: R. Horn

Heute freuen sich Wanderer und Erholungssuchende über die oft noch kleinräumige und ab-
wechslungsreiche Landschaft im Landkreis Bad Kreuznach. Vor allem die zahlreichen Hügel
und Kuppen im Nahevorland, Wiesen und Weinanbau an den Bachtälern und die Wälder im
Soonwald erinnern an frühere Zeiten. Das obere Foto zeigt typische Landnutzungen, wie sie
in den letzten Jahrhundertern auch üblich waren - Wald, Weinberge, Wiesen, Äcker, Hecken
und Obstalleen.

Die im vorigen Kapitel beschriebenen historischen Nutzungen ließen eine reich strukturierte
Landschaft entstehen. Auf den Äckern und Wiesen wuchsen bunte Wildkräuter und viele heute
selten gewordene Tierarten lebten dort. Weil die Bewirtschaftung jedoch nur mit harter kör-
perlicher Arbeit zu schaffen und die Erträge gering waren, lebte die Landbevölkerung in tiefer

LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ 71


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Armut. Missernten und Kriege führten zu Hungersnöten und großem Leid. Dieses änderte sich
im letzten Jahrhundert mit der Industrialisierung und der Intensivierung der Land- und Forst-
wirtschaft. Die Folgen der intensiven Bewirtschaftung sehen wir jedoch heute in einem besorg-
niserregenden Bestandsrückgang der heimischen Flora und Fauna.

Auf den steileren und wärmebegünstigten Hanglagen im Nahetal und südlich der Nahe ermög-
lichte das trockene Klima jedoch keine so einschneidende Nutzungsintensivierung. Ein großes
Problem für die Artenvielfalt ist hier jedoch, dass die kleinflächigen Weinberge und die ertrags-
schwachen mageren Wiesen auf den Hang- und Steillagen häufig brach fallen. So sind auch
die letzten Reste der artenreichen Magerrasen, Weinbergsmauern, aber auch kleine Heiden
und Niederwälder aus ökologischen Gründen und für das Landschaftserleben der Menschen
schützens- und erhaltenswert geworden.

Dieser Weinbergshang am Bremroth ist weitgehend aus der Nutzung genommen und verbuscht.
Foto: R. Twelbeck

Im Soonwald gibt es trotz der Aufforstung mit Nadelholz und Melioration in der Vergangenheit
noch einige sehr schöne Waldwiesen, Feuchtgrünland und kleinere Moorbiotope. Von den
vielen lichten Strukturen und knorrigen alten Eichen der ehemaligen Mittelwälder existieren
jedoch nur wenige Restbestände. Auch hier wird vom Naturschutz zusammen mit der Forst-
wirtschaft nun alles dafür getan, um die restlichen Bestände zu erhalten. Auch der sukzessive
Umbau der Nadelforste wieder hin zum ursprünglichen Laubwald v.a. nach den großen Wind-
würfen 1990 fördert die natürliche Artenvielfalt und Lebensraumstruktur.
Anders sieht das im landwirtschaftlichen Offenland auf flacheren Lagen und Hochebenen aus,
so z.B. auf den fruchtbaren Böden der unteren Nahe um Bad Kreuznach – im Osten um Ha-
ckenheim, Pfaffen-Schwabenheim, nach Westen hin um Roxheim, Weinsheim, Hüffelsheim.
Um die Erträge zu maximieren, konnten hier problemlos die kleinen Parzellen zu größeren

72 LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Acker- oder Grünlandflächen zusammengelegt werden. Viele der dazwischenliegenden Feld-


gehölze und Hecken wurden im Zuge dessen abgeholzt, Feldwege wurden asphaltiert bzw.
gleich entfernt. Viele extensiv genutzte Wiesen und Weiden wurden aufgedüngt und konnten
somit öfter gemäht werden oder sie wurden zu Ackerland umgebrochen. Kleine Wiesen und
Obstwiesen in Ortsnähe wurden bebaut und sind somit vielerorts zurückgegangen. Auch in
den weitgehend ebenen höhergelegenen Lagen wird nun großflächig und intensiv Weinbau
betrieben (vgl. Kap.1.2.2). Somit gibt es dort große einheitliche Flächen, die struktur- und ar-
tenarm sind.

Da die ursprünglichen Kulturlandschaften - wie in den vorigen Kapiteln beschrieben - durch


Landnutzung entstanden sind, reicht es nicht, sie einfach unter Schutz zu stellen und sich
selbst zu überlassen. Sie sind auch weiterhin auf eine biotopangepasste Bewirtschaftung an-
gewiesen. Die in Kapitel 2 beschriebenen historischen Nutzungsweisen können als Anregung
dienen, die Nutzungen in solchen Gebieten zeitgemäß abgewandelt wieder umzusetzen (vgl.
Kap. 4) und somit auch den Arten- und Strukturreichtum zu erhalten und zu fördern.

VBS und NSG-Alben - weiterführende Informationen (Arten, Biotope, Maßnahmen)


Die nachfolgend beschriebenen Biotoptypen aus der historischen Nutzung können in diesem
Rahmen fachlich nur kurz angerissen werden. Wer sich weiter in die Materie vertiefen möchte,
für den erweisen sich die VBS-Bände von Rheinland-Pfalz93 als eine wahre Fundgrube. Diffe-
renziert sind die Arten und Biotope im jeweiligen VBS-Band samt Kartenwerk für die entspre-
chenden Landkreise (Bad Kreuznach, Mainz-Bingen, Birkenfeld, Simmern…) beschrieben.
Viele Hinweise zu den Arten im Kapitel 3 sowie die Artangaben im Anhang B stammen aus
der VBS. Interessant sind diese Darstellungen auch im Hinblick auf die Landschaftsverände-
rungen seit der Erstellung der VBS-Bände in den 1990-er Jahren bis heute und die weiter zu
erwartenden Veränderungen nicht zuletzt durch die derzeit stattfindenden Nutzungs- und Kli-
maveränderungen. Da die Kartenwerke der VBS-Bände in den letzten Jahren aktualisiert wor-
den sind, ist zudem der direkte kartografische Vergleich zwischen den 1990-er Jahren und
heute möglich.

In den "NSG-Alben", die von der Biotopbetreuung (vgl. Kap. 4) des Landes Rheinland-Pfalz
zwischen 2010 und 2018 für zahlreiche schützenswerte Gebiete erstellt wurden, werden zu-
dem seltene und biotoptypische Arten, Biotope, Landschaftseindrücke, Ziele und die Maßnah-
menumsetzung im jeweiligen Gebiet gezeigt.94

93
https://lfu.rlp.de/de/naturschutz/planungsgrundlagen/planung-vernetzter-biotopsysteme/ (12/2020)
94
https://lfu.rlp.de/de/naturschutz/pflege-und-nutzung/nsg-alben/ (12/2020)

LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ 73


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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3.1 Weinbergsbrachen mit Halbtrockenrasen und Trockenmauern

Brachgefallene Weinbergslagen gibt es im Landkreis Bad Kreuznach auf vielen mehr oder
weniger steilen sonnenexponierten Hängen. Viele Weinbergsbrachen mit ihren Trockenmau-
ern liegen auf den steilen Talhängen z.B. im unteren Nahetal zwischen Staudernheim, Wald-
böckelheim, Niederhausen (z.B. Langerberg, Hellenberg, Heimberg-Mühlenberg, Gangels-
berg, Kafels) und am Glan. Auch an den steilen sonnigen Hanglagen der Hügel, Kuppen und
Hangzüge zwischen Jeckenbach, Meisenbach und Callbach (z.B. Kaiserberg, Allenberg, Call-
bacher Hänge) gibt es überall Weinbergsbrachen. In den intensiv genutzten weitgehend ebe-
nen Weinbaugebieten hingegen, z.B. bei Bretzenheim, Winzenheim, Pfaffen-Schwabenheim
etc. werden Weinanbauflächen kaum brachfallen gelassen.

Die Böden der Weinbergsbrachen sind in Abhängigkeit von der zuvor ausgeübten Bewirtschaf-
tungsweise und ihrer Lage flach bis tiefgründig und meist sehr steinig. Weinbergsbrachen
kommen oft kleinflächig verzahnt mit anderen Offenland- und Gehölzbiotoptypen auf trocke-
nen, flachgründig bis felsigen Standorten vor (s. Kap. 3.2). Die Halbtrockenrasen auf den ehe-
maligen Brachen sind, wie andere Halbtrockenrasen auch, besonders arten- und blütenreich.
Es sind die oft orchideenreichen "bunten Wiesen" auf wärmebegünstigten Hängen - die Pflan-
zenarten sind auf die dortigen wasser- und nährstoffarmen Böden spezialisiert.

Zerfallende Weinbergsmauern und Halbtrockenrasen mit Purpurknabenkraut (Orchis purpurea) bei Bremroth
Foto D. Kortner

74 LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Halbtrockenrasen gibt es im Landkreis jedoch nicht nur auf Weinbergsbrachen. Auch extensiv
genutzte Magerwiesen sind auf den entsprechenden Standorten als artenreiche Halbtrocken-
rasen ausgebildet. Schöne artenreiche Wiesen gibt es z.B auf dem Heimbergplateau rund um
den Aussichtsturm, auf dem Harsten bei Niederhausen oder auf dem Domberg bei Bad
Sobernheim.

Aufgegebene Weinbergslagen und Magerwiesen – Verbuschung


Da sich der kommerzielle Weinanbau immer mehr von den Steilhängen in die ebenen Lagen
verlagert (s. Kap. 1.2.2), wurden in den letzten Jahrzehnten die Steillagen mit ihren zahlreichen
Trockenmauern sukzessive aufgegeben. Der Weinbau dort ist zu arbeitsaufwändig und lohnt
sich nicht mehr. Auch die Magerrasen können aufgrund der Lage und geringen Flächengröße
kaum noch rentabel bewirtschaftet werden. Hieraus resultiert das Hauptproblem – die Nut-
zungsaufgabe und Verbrachung. Größflächigere Halbtrockenrasen auf flacheren Hängen wur-
den häufig aufgedüngt und in ertragreichere Grünlandbestände überführt. Die Gräser nehmen
zu, der Blütenreichtum und die Artenvielfalt nehmen ab. Die heutigen Halbtrockenrasen sind
meistens „übrig“ geblieben, da sie kaum Erträge abwerfen. Anstelle von Weinbau sind auf
einigen Flächen Streuobstwiesen angelegt worden.

Für den Naturschutz hat die Aufgabe der Weinbergsnutzung jedoch auch positive Effekte.
Spritzmittel fallen weg und wenn der Weinanbau sich nicht mehr lohnt, können sich die Bra-
chen bei einer geeigneten Pflege zu den artenreichen Halbtrockenrasen entwickeln. Mit ihren
Saumstrukturen, teilweise mit Obstbäumen und kleineren Gebüschgruppen und den Trocken-
mauern bilden sie wertvolle Biotopkomplexe für seltene Blütenpflanzen, Insekten, Reptilien
und Vogelarten. Diese wärmebegünstigten Offenlandflächen (Xerothermbiotope) sind ein
wichtiger Schwerpunkt für den Naturschutz im Landkreis Bad Kreuznach. Heute werden die
meisten Weinbergsbrachen mit Halbtrockenrasen, Einzelgebüschen und Streuobst über Na-
turschutzmaßnahmen erhalten.

Biotopausprägung und Arten der Brachen und Halbtrockenrasen


Weinbergsbrachen zeigen oft eine sehr heterogene Pflanzenzusammenstellung, je nach
Standort, ehemaliger Bewirtschaftung, Sukzessionsdauer und benachbarter Vegetation. Ge-
rade auf Südhanglagen kommen die typischen Arten der Halbtrockenrasen vor. Auffällig viele
Orchideenarten wachsen in den Halbtrockenrasen, so z.B. Purpur-Knabenkraut (Orchis pur-
purea), Helm-Knabenkraut (Orchis militaris), das seltene Holunderknabenkraut (Dactylorhiza
sambucina), Ohnsporn (Aceras anthropophorum) oder Bocksriemenzunge (Himantoglossum
hircinum).

LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ 75


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Holunderknabenkraut (Dactylorhiza sambucina)

eine Besonderheit

Das in Deutschland sehr seltene Holunderknabenkraut wächst


ausschließlich auf kalkarmen Böden in extensiv bewirtschafteten
Magerwiesen und Halbtrockenrasen (Lieschgrasrasen). In Rhein-
land-Pfalz blüht die Art gelbweiß, es gibt aber auch eine rotblü-
hende Variante (z.B. in den Alpen).
Einer der wenigen Verbreitungsschwerpunkte Deutschlands liegt
im Landkreis Bad Kreuznach. Obwohl die Bestände auch auf den
2006 kartierten Standorten weiter zurückgegangen sind, gab es
im Jahr 2017 auf einigen Flächen noch ein paar Dutzend blühende
Pflanzen (Twelbeck, Kortner 2017).
Foto D. Kortner

In den Weinbergsbrachen gibt es Lebensräume für zahlreiche, darunter auch gefährdete Tier-
arten.95 Die Zippammer benötigt staudenreiche Weinbergsbrachen mit Felsen, alten Mauern
und Gebüschen. Im Nahetal sieht man sie aufwärts bis Odernheim, v.a. zwischen Schloßbö-
ckelheim und Bad Kreuznach (ROTH 1993, SCHULTE 1993). Auch der Neuntöter und das
Schwarzkehlchen kommen in brachgefallenen Weinbergen vor. Die seltene Heidelerche, ei-
gentlich eine charakteristische Vogelart der Heiden, brütet auch in Magerrasen und locker ver-
buschte Wiesen- und Weinbergsbrachen. Die Heidelerche ist heute vom Aussterben be-
droht.96

An warmen Sommertagen sieht man zahlreiche Schmetterlinge über die (Halb-)trockenrasen


fliegen, darunter auch viele Arten, die landes- und bundesweit gefährdet sind. Beispielsweise
der Hufeisenklee-Gelbling (Colias alfacariensis), Geißklee-Bläuling (Plebejus argus), Silber-
grüner Bläuling (Lysandra coridon), Himmelblauer Bläuling (Lysandra bellargus), Thymian-
Widderchen (Zygaena purpuralis) und Beilfleck-Rotwidderchen (Zygaena loti). Der in Rhein-
land-Pfalz stark gefährdete Rote Scheckenfalter (Melitaea didyma) wurde z.B. noch 1993 zwi-
schen Staudernheim und Oberhausen kartiert. Der Alexis-Bläuling (Glaucopsyche alexis)
wurde bei bei Schloßböckelheim - Oberhausen und bei Pferdsfeld gefunden (vgl. FÖHST &
BROSZKUS 1992, KRAUS 1993) und der Violette Feuerfalter ((Lycaena alciphron) im Nahetal
zwischen Sobernheim und Bad Münster am Stein (STAMM 1981, FÖHST & BROSZKUS

95
weitere Informationen zu den Arten s.a. VBS Bad Kreuznach (1998)
96
Heidelerche (Lullula arborea), Steckbrief zur Art A246 der Vogelschutz-RL, https://naturschutz.rlp.de/?q=Steck-
briefe-Vogelarten (Stand 2021), zu den bisherigen Vorkommen s.a. Karten- und Informationsdienste lfu.rlp.de un-
ter Artdaten (ARTeFAKT)

76 LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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1992). Auch Nachtfalterarten kommen auf den Weinbergsbrachen vor, so z.B. die Haarstrang-
wurzeleule (Gortyna boreli), die als Raupenfutterpflanze auf den Arznei-Haarstrang (Peuce-
danum officinale) angewiesen ist und daher nur dort vorkommen kann.

Für die Schlingnatter und die Zauneidechse sind die strukturreichen Weinbergsbrachen eben-
falls als Lebensraum geeignet. Sogar die gefährdeten Smaragdeidechsen leben in den Süd-
hängen des Nahetals zwischen Staudernheim und Bad Münster am Stein (NIEHUIS 1987,
SCHULTE 1993, Biotopbetreuung TWELBECK, KORTNER 2018).

Smaragdeidechse
(Lacerta bilineata)

Heimberg-Mühlenberg
Die farbenprächtigen großen
Smaragdeidechsen benötigen
Saumstrukturen in locker ver-
buschten Trockenrasen und
Weinbergsbrachen. Sie leben
auch im Übergangsbereich zu
den Trockenwäldern.
Foto D. Kortner

Zahlreiche Heuschreckenarten kommen im mageren Grasland der Brachflächen vor, z.B. die
Westliche Steppen-Sattelschrecke (Ephippiger ephippiger), das Weinhähnchen (Oecanthus
pellucens) und die seltene Italienische Schönschrecke (Calliptamus italicus).

Weinbergsmauern als Lebensraum und Kulturgut


Alte Trockenmauern untergliedern die Landschaft, sehen mit ihrer handwerklich soliden Struk-
tur schön aus und gelten als Zeugen historischer bäuerlicher Kultur. Viele Jahrhunderte lang
unterteilen aufgeschichtete Steinmauern die Nutzungsflächen und ermöglichen die Bewirt-
schaftung von steilen Hängen. Eine gut gebaute Trockenmauer kann ungefähr 150 Jahre alt
werden (EGGER 2018). Auch die Steillagenweinberge im Landkreis Bad Kreuznach sind quer
zum Hang mit vielen kleinen Mauern durchzogen und befestigt worden, um Hangrutschungen
zu vermeiden. Somit werden die Böden in den Anbauflächen zurückgehalten und die Bewirt-
schaftung erleichtert. Oft begleitet von unbefestigten Wirtschaftswegen und mit seitlichen
Steintreppchen versehen, ermöglichten sie die Weinlese in den steilen Hängen.

Alte Trockenmauern machen neben den vorgenannten arten- und strukturreichen Halbtro-
ckenrasen den biologischen Wert der Weinbergsbrachen aus. Sie bilden eine Art "Ersatzbio-
top" für diejenigen Tier- und Pflanzenarten, die normalerweise auf sonnigen warmen Felsen

LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ 77


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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und in den beschatteten Höhlen und Zwischenräumen natürlicher Gesteinshalden leben (vgl.
Kap. 3.2). Die äußeren Steine heizen sich tagsüber in der Sonne auf und speichern die Wärme
über Nacht. Innerhalb der Lücken und Fugen herrscht ein ausgeglichenes feuchtkühles Klein-
klima. Ganz häufig ist die Mauereidechse hier zuhause. An warmen Tagen sonnt sie sich auf
den Steinen und verschwindet flink in den Zwischenräumen, wenn sie gestört wird. An kalten
Tagen kann sie sich nur langsam bewegen und bleibt in ihrem Versteck. Je nach Lage und
Bewuchs können die Mauern mehr oder weniger besonnt sein. In den unverfugten Zwischen-
räumen und auf Vertiefungen auf der Steinoberfläche hat sich manchmal etwas Erdreich ab-
gelagert. Hier können Moose, Flechten und Mauerfarne wachsen, z.B. der braunstielige Strei-
fenfarn auf den etwas schattigeren Mauern. Auch anspruchslose "Mauerblümchen", die mit
ihren hellen oder dicht behaarten Blättern das Sonnenlicht reflektieren (z.B. kleines Habichts-
kraut, Hieracium pilosella) oder sich mit dickfleischigen kleine Blättchen (z.B. Mauerpfeffer,
Sedumarten) vorm Austrocknen schützen. Auch die vielerorts gefährdeten Wildbienen, seltene
Laufkäferarten, Wanzen und andere Insekten nutzen diese Fugen und kleinen Höhlen zwi-
schen den Steinen.

Auf weniger steilen Lagen verschwanden im letzen Jahrhundert viele Weinbergsmauern durch
die Flurbereinigung. Die handgesetzten Weinbergsmauern wurden entfernt bzw. zwischen den
Steinen verfugt oder in großflächigen Weinlagen durch hohe Betonmauern ersetzt. In den be-
waldeten alten Weinbergsbrachen hingegen sind die Mauern mittlerweile zerfallen oder über-
wuchert. Von außen nicht mehr sichtbar, zeugen nur die Mauerreste im Wald von den ehema-
ligen Weinbergen. Für den Arten- und Biotpschutz und auch für die Charakteristik der histori-
schen Kulturlandschaft werden nun die verbliebenen Trockenmauern möglichst erhalten, res-
tauriert und wieder freigestellt.

In den letzten Jahren gab es in ganz Deutschland zunehmend Extremwetterlagen mit wochen-
lang anhaltenden Trockenperioden und örtlichen Starkregenfällen. Dort wo die Trockenmau-
ern und untergliedernde Strukturen fehlen, können heftige Gewitter und Starkregen örtlich die
Böden abschwemmen und tiefe Erosionsrinnen bilden. Vor allem in Weinhängen mit vertikal
angelegten Rebzeilen rauscht das Wasser ungebremst den Hang hinab und der wertvolle Bo-
den wird auf die darunterliegenden Wirtschaftswege geschwemmt.

78 LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Exkurs: Renaturierung und Bau von Trockenmauern ist eine hohe Kunst
Geeignete Fachleute zu finden, die heute noch Trockenmauern setzen und ausbessern kön-
nen, ist schwierig und die Umsetzung oft teuer. Dies ist eine der größten Herausforderungen
beim Erhalt der alten Weinbergsmauern.Trockenmauern müssen arbeitsaufwändig von Hand
aufgesetzt werden. Die Mauersteine werden passend ausgesucht und aufgelegt, jedoch nicht
mit Mörtel befestigt und verfugt. Wenn sie nicht optimal liegen, kann der Druck des hangauf-
wärts dahinterliegenden Erdreichs oder abfließendes Hangwasser die Mauern im Lauf der Zeit
nach außen drücken. Sollten die Mauern zerfallen, können so ganze Hänge sukzessive abrut-
schen.
Idealerweise werden die Mauersteine derart gesetzt, dass sich die Steine bei Druck von hinten
noch mehr zusammenkeilen und nicht einfach nach vorne herausfallen - in etwa so, wie ein
römischer Steinbogen das obenlastende Gewicht trägt. Der fachgerechte Hinterbau mit dem
"liegenden Gewölbe" leitet die Drucklinie über große Steine, die sog. "Durchbinder", ab. Be-
sonders wichtig ist der Mauerfuß, ein stabiles Fundament aus großen Feldsteinen (oder Be-
ton), die allmähliche Verjüngung der Mauer zur Krone hin mit einer leichten Neigung in Rich-
tung Hang und versetzte Fugen (BÜCHELER, M., in EGGER, A. 2018, s. Abb.). Bei der Wein-
bergsmauer ist es wie bei einer Orgel, wo der meiste Klang nicht aus den imposanten "Deko"-
pfeifen vorne, sondern aus den schmucklosen Registerpfeifen hinten kommt. Der Hinterbau
ist von außen nicht sichtbar, aber von essentieller Bedeutung, bei der Orgel für die Musik - bei
der Steinmauer für die Stabilität.

Der fachgerecht angelegte Hinterbau hinter den sichtbaren


Mauersteinen stützt den dahinterliegenden Hang.
Abb. Martin Bücheler www.feldmaurer.de (aus Egger, A. 2018)

Auf den beiden Abbildungen sieht man - neben der Anleitung zum fachgerechten Aufbau - wie
gut verzahnt eine fachgerecht gebaute Trockenmauer mit dem dahinterliegenden Erdreich des

LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ 79


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Hangbereichs ist. Sie scheint geradezu aus dem Boden "heraus zu wachsen" und bildet - wie
ein natürlicher Fels – eine Einheit mit der umgebenden Landschaft. Der Übergang von den
warmen großen Steinen hin zu den immer feuchtkühleren und erdigeren kleinen Spalten ist
für die Habitatqualität und Vielfalt der dort lebenden Tierarten essentiell. Außerdem ist es wich-
tig, dass die Mauern aus Steinen gebaut sind, die dem Felsgestein in der Umgebung entspre-
chen. So passen sie sich natürlich in die Umgebung und die Böden ein und werden als Ersatz-
lebensraum gut angenommen. Wenn immer möglich, werden daher die Steine aus den Mau-
erresten vor Ort verwendet, ersatzweise sollten sie aus Steinbrüchen der näheren Umgebung
stammen.

Stützmauern aus Beton oder mit Mörtel verfugte Steinmauern, aber auch die zeitweise belieb-
ten Gabionen (Steinschüttungen in Stahlkörben, oft ortsfremdes Material) - abgesehen vom
Aussehen - sind aus den obengenannten Gründen kein adäquater Ersatz für die ursprüngli-
chen Trockenmauern.

3.2 Trocken- und Felsstandorte, Steinbrüche

Die durch das trockenwarme Klima begünstigten Fels- und Trockenstandorte im Landkreis
Bad Kreuznach gehören landes- und bundesweit zu den bedeutsamsten Xerothermbiotopen.
Durch die extremen Standortbedingungen auf flachgründigem Boden und Fels, mit Wasser-
mangel und trockenheißem Mikroklima, konnte sich eine mediterran-kontinental geprägte Tier-
und Pflanzenwelt mit zahlreichen seltenen und gefährdeten Arten entwickeln. Viele Arten, die
heute im Nahetal vorkommen, sind inselartige Vorkommen der nacheiszeitlichen Warmzeit
und sind von ihren Haupverbreitungsgebieten (asiatische Steppen und Mittelmeerraum) iso-
liert. Einige Arten haben hier ihre westliche und nördliche Verbreitungsgrenze.

Die bedeutsamsten Fels- und Trockenstandorte inklusive Rotenfels liegen im Nahetal von der
Sobernheimer Talweitung bei Schlossböckelheim bis zum Nahe-Alsenz-Felsental bei Bad
Münster am Stein. Aber auch die größte Blocksteinhalde nördlich der Alpen findet sich im
Landkreis - am Hellberg bei Kirn, weitere liegen am Lemberg. Rund um Neu-Bamberg gibt es
ebenfalls Kuppen mit anstehenden Felswänden. Auch in vielen Hangbereichen der im vorigen
Kapitel beschriebenen Weinbergsbrachen liegen immer wieder eingestreute Felsanschnitte,
Felsrippen und zahlreiche kleinere Felsköpfchen.

Auf sonnigen Steilkanten, auf Felsmauern und an Felswänden wachsen anspruchslose Pflan-

80 LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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zen, die ausgesprochen gut an Sonnenhitze, Wind und Wetter angepasst sind. Auf den expo-
nierten Standorten entsteht ein Mosaik von kleinflächig ineinandergreifenden unbewachsenen
Fels- oder Felsgrusbereichen, Felspionierfluren, Trockenrasen und wärmeliebenden Gebü-
schen. Dort, wo die Wurzeln in den Felsklüften an den trockenen und steilen Bereichen genü-
gend Halt und etwas eingeschwemmtes Erdreich finden, können sich Trockenwälder und –
gebüsche entwickeln. Bei Bad Kreuznach und Bad Münster am Stein wächst an der Gans und
am Rotenfels neben der Felsenbirne auch der Felsenahorn (Acer monspessulanum), den man
leicht an den typischen 3-fach gelappten Blättern erkennen kann. Der Felsenahorn stammt
aus dem Mittelmeerraum und hat hier seine nördliche Verbreitungsgrenze.

Moos- und flechtenbewachsener Felsen mit Küchenschellen, kleinem Habichtskraut und Felsgebüschen - mit Blick
ins intensiv genutzte Umland. NSG Mühlberg bei Neu-Bamberg. Foto: R.Horn

Fast überall auf den vegetationsarmen trockenheißen Fels- und Schuttbereichen leben seltene
Heuschreckenarten: so z.B. die Blauflügelige Ödlandschrecke (Oedipoda coerulescens) oder
weniger häufig auch die Rotflügelige Ödlandschrecke (Oedipoda germanica). Die beiden Arten
sehen ähnlich aus und sind gut getarnt zwischen den Steinen. Wenn man ihnen jedoch zu
nahekommt, springen sie davon und dann erkennt man sie im kurzen Schwebflug leicht an
den ausgebreiteten roten oder blauen Flügeln. Zwischen und auf den spärlich bewachsenen
Felsen auf Felsgrus und spärlicher Bodenauflage liegen zerstreut die artenreichen lückigen

LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ 81


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Trockenrasen. In diesen Übergängen vom Fels zu den Trocken- und Halbtrockenrasen leben
z.B. Italienische Schönschrecken (Calliptamus italicus) und der Steppengrashüpfer (Chort-
hippus vagans).

Segelfalter (Iphiclides podalirius)


am Gangelsberg

Im Frühjahr findet über den Fels-


sträuchern der höheren Felskuppen
das sogenannte "hilltopping" statt,
die Gipfelbalz der eleganten Segel-
falter.

Foto R. Twelbeck

Gefährdung natürlicher Trockenstandorte


Natürliche Trockenstandorte gibt es in Rheinland-Pfalz standortbedingt nur kleinflächig. Soweit
sie erhalten bleiben, ist eine direkte Gefährdung der dort angepassten Arten eher gering. Wenn
die ursprünglich besonnten Felsen jedoch beschattet werden, weil umliegende Weinberge und
Halbtrockenrasen verbrachen und Gehölze hochwachsen, gehen die hier vorkommenden Ar-
ten zurück. Trockenbiotope können auch durch Nährstoff- und Pestizideintrag aus angrenzen-
den Flächen beeinträchtigt werden - und nicht zuletzt punktuell durch Trittschäden entlang von
Wanderwegen.

Der Rotenfels

Die höchste Felswand nördlich der Alpen er-


scheint mit seinen Rinnen, Graten und senk-
rechten Wänden wie ein Ausschnitt aus den
Dolomiten. Es gibt hier ein paar selten began-
gene Kletterrouten, die wegen des brüchigen
Gesteins nicht ungefährlich sind und Orts-
kenntnis verlangen. Am Rotenfels brütet zu-
der Wanderfalke. Die Kletteraktivitäten wer-
den daher mit dem Naturschutz abgestimmt
und sind jeweils vom 1.1.-1.6 zum Schutz
brütender Vögel ausgesetzt.

Foto: R. Twelbeck

82 LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Sekundärlebensräume durch Gesteinsabbau und Beweidung


Felsstandorte sind regional zudem immer noch durch Gesteinsabbau betroffen (z.B. die gro-
ßen Porphyrsteinbrüche bei Kirn). In aufgelassenen Steinbrüchen kann sich jedoch an den
Abbaukanten die typische Fels- und Trockenrasenvegetation wieder neu entwickeln. Wenn
man diese Standortqualität erhalten will, müssen die von unten aufkommenden Gehölze re-
gelmäßig beseitigt werden, um eine Beschattung zu verhindern. Eine interessante Alternative
hierzu zeigt die Biotopentwicklung im Steinbruch bei Staudernheim am Museum "Nahe der
Natur" direkt an den Naheauen.97 Dieser Steinbruch ist schon lange Zeit ungenutzt und konnte
vor den Abbruchkanten und auf Abraumgeröll völlig mit schlucht- und blockschuttwaldähnli-
chem Naturwald zuwachsen (vgl. Kap.4.4).

Offene Schieferhalden, z.B. vom Abraum aus den Schieferstollen am Hahnenbachtal, gehören
ebenfalls zu den Sekundärlebensräumen für wärmeliebende Tier- und Pflanzenarten. Auch
die sonnenbeschienenen Mauersteine von Burgruinen und Mauern sind hierfür besonders ge-
eignet (vgl. Kap 3.1 und 3.7). Weitere Sekundärstandorte entstanden früher auf offenen Bo-
denstellen, die durch den Vertritt vom Weidevieh verursacht wurden, vor allem an steileren
Hanglagen und heute manchmal entlang von Wanderwegen und nach Hangrutschungen. Da
der flachgründige, grusige und feinschottrige Boden das Regenwasser nicht lange hält, konn-
ten sich auch dort die entsprechenden Arten ansiedeln.

3.3 Heideland

Ausgedehnte Heidegebiete gehören zu den Landschaften, die wir besonders lieben. Zur Blü-
tezeit fahren wir "in die Heide". Obwohl menschengeprägt, erscheinen Heiden als Naturland-
schaft per se. Sie strahlen diese besondere Ruhe und Weite aus, dazu die rosavioletten Blü-
tenwellen, Heidehonig und - besonders perfekt, wenn auch noch Schafe darin weiden. Nicht
umsonst sind kleine Heidegärten im deutschen Vorgarten so beliebt, zumal viele Sorten bis in
den Winter hinein blühen. Wenn man einfach von der "Heide" spricht, sind gewöhnlich die
Zwergstrauchheiden mit viel Besenheide (Calluna vulgaris) gemeint. Deswegen heißt die Be-
senheide auch Heidekraut. Wie der Name auch sagt, wurden früher aus Besenheide und auch
aus Besengister die Besen für Haus und Hof gebunden.
Calluna-Zwergstrauchheiden wachsen auf trockenen bis mäßig feuchten Standorten mit flach-
gründigen nährstoffarmen Böden. Standortbedingt und wegen der schon früh geregelten Be-
sitzverhältnisse im Forst war das Heideland im Landkreis Bad Kreuznach nicht so ausgedehnt

97
http://www.nahe-natur.com/ (Stand 12/2020)

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HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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wie es z.B. früher in der Eifel gewesen ist. Jedoch gab es auch hier größere Heideflächen, z.B.
an den Nahehängen, im Soonwaldvorland und im Rheinhessischen Hügelland. Heute sind
davon leider nur wenige und meist kleinflächige Bestände übrig. Am größten und sehr schön
in ihrer landschaftstypischen Ausbildung ist die Neubamberger Heide, ein Naturschutzgebiet,
welches nicht nur zur Blüterzeit gerne besucht wird. Einzelne Birken, Eichen und Kiefern be-
leben die offene Heide und so kommt hier an einem sonnigen Herbsttag zusammen mit dem
warmen, leicht erdig-harzigen Heidegeruch ein bisschen "Lüneburger-Heide-Flair" auf.

Entstehung und Ausprägung


Die großen Heideflächen in Rheinland-Pfalz haben sich in den letzten Jahrhunderten durch
Überweidung aus Schiffelland und Waldweiden entwickelt (s. Kapitel 2). Aber auch auf Trup-
penübungsplätzen entstanden durch die militärische Nutzung großflächige Heiden.
In den Zwergstrauchheiden kann die Besenheide zusammen mit kleinwüchsigen Ginsterarten
(z.B. Genista pilosa) vorkommen. Daneben bilden Magergräser eine lockere und offene Gras-
narbe - zusammen mit einer Unterschicht aus Flechten und Moosen. Auch mit Borstgrasrasen
(s. Kap. 3.5) bestehen vielfach enge Verzahnungen und Vegetationsmosaike.

Im NSG Neubamberger Heide liegen die größten Heideflächen des Landkreises Foto R. Twelbeck

84 LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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In einigen Heideflächen wachsen Wacholder und oft auch Besenginstergebüsch, welches vom
Vieh nicht gefressen wird und daher übrigblieb. Die Besenginsterheiden, in der Eifel stärker
verbreitet und dort "Eifelgold" genannt, kommen auch auf den etwas nährstoffreicheren Böden
vor. Wichtig ist eine angepasste Pflegebewirtschaftung, denn große Heiden erhalten sich nicht
von selbst (s. Kap. 4.2).
Kleinere Calluna-Heiden können jedoch auch ohne Beweidung auf extrem flachgründigen
Felsstandorten entstehen (primäre Zwergstrauchheiden). Sie wachsen natürlicherweise in den
Trockenbiotopkomplexen auf den Felsstandorten (vgl. Kap. 3.2).

Lebensraum Heide, besondere Tierarten der Heiden


In früheren Zeiten waren charakteristische Arten der Heiden auf den Schaftriften weit verbrei-
tet. Die meisten Arten sind spezifisch an ihren Lebensraum angepasst, viele Tierarten brau-
chen zum Überleben und zur Fortpflanzung bestimmte Pflanzenarten und Mindestgrößen der
Biotope. Manche dieser Arten sind auch heute noch zu finden, sind aber selten geworden und
mittlerweile, wie z.B. die Heidelerche, als gefährdet eingestuft. Trotzdem sind auch die verblie-
benen Heideflächen im Zusammenhang mit angrenzenden Wärmebiotopen, z.B. Felsen, Tro-
ckenmauern, (Halb-)trockenrasen (S. Kap. 3.1 und 3.2) wichtige Trittsteinbiotope für die Xe-
rothermvegetation und Fauna im Landkreis.

Typische Wacholderheiden sind


im Landkreis nicht verbreitet. Im Na-
turschutzgebiet Wingertsberg bei
Heinzenberg/Simmertal stehen je-
doch am Hang inmitten der orch-
ideenreichen Halbtrockenrasen einige
Wacholderbüsche.

Foto: R. Twelbeck

In gut strukturierten Zwergstrauchheiden bilden die offenen besonnten Bodenflächen mit Moo-
sen und Flechten auf Steinen und Grus die wichtigsten Habitate für wärmeliebende Arten. Im
Heidekraut selbst finden Reptilien und Kleinsäuger geeignete Verstecke. Im Spätsommer
kommt dazu die Blütentracht für Bienen und Schmetterlinge. Einzelbäume bieten Nistplätze
und Ansitzwarten für Vögel. Zudem sind manchmal einige Lesesteinriegel oder Trockenmau-
erreste aus der ehemaligen landwirtschaftlichen Nutzung übriggeblieben. Zwergstrauchheiden
als großflächige Sekundärlebensräume entsprechen somit einer Biotopausstattung, wie sie

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auch die natürlichen Zwergstrauchheiden an Felsköpfchen oder Mager- und (Halb-)Trocken-


rasen aufweisen. Sie können auch nahtlos in diese übergehen, wenn die Standortbedingungen
gegeben sind.
Demzufolge ist auch die faunistische Ausstattung ähnlich. Trockenheitsliebende Heuschre-
ckenarten leben hier, so die Italienische Schönschrecke, die Blauflüglige Ödlandschrecke (O-
edipoda caerulescens), die Steppen-Sattelschrecke (Ephippiger ephippiger) und als relativ
neues Vorkommen die etwas skurril anmutende Gottesanbeterin (Mantis religiosa), s. Foto.
Auch Zaun- und Mauereidechsen, die Schlingnatter sowie Wildbienen und Ameisenarten kom-
men in den Zwergstrauchheiden vor. Stellvertretend für die Schmetterlingsarten ist hier z.B.
der hübsche Geißklee-Bläuling (Plebejus argus) genannt, dessen Raupen sich von Heide-
pflanzen und von Schmetterlingsblütlern in Halbtrockenrasen und xerothermen Säumen er-
nähren.

Ein Weibchen der Gottesanbeterin


(Mantis religiosa) sonnt sich auf den war-
men Steinen des Adlerdenkmals. Am
nördlichen Rand der Neubamberger
Heide gelegen, imitiert es für sie einen
steil herausragenden Felsen.

Die zugehörigen Männchen sind im Übri-


gen viel unauffälliger, bräunlich gefärbt
und kleiner. Sie sind weniger leicht in den
Heidebüschen zu finden.

Foto: R. Horn

3.4 Grünland und Streuobstwiesen, extensiv genutzt


(magere Wiesen und Weiden auf mittleren, feuchten und auf nassen Standorten)

Früher wurde das in Ortsnähe liegende Grünland für die Heugewinnung genutzt, das Weide-
land war weiter entfernt und reichte über die Heiden bis in die Waldweideflächen. Die Wiesen-
bewirtschaftung war arbeitsintensiv, zur Beweidung hingegen wurden die Tiere sich weitge-

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HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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hend selbst überlassen (vgl. Kap. 2). Heute ist es eher umgekehrt. Das eingezäunte Weide-
land liegt in Ortsnähe, damit die pflegeintensiven Tiere nicht zu weit vom Hof entfernt sind -
und zu den weiter entfernten Mähwiesen fährt man nur zum Düngen und zur Ernte bzw. lässt
das Heu oder die Heulage/Silage gleich vom Lohnunternehmer mähen und einfahren.

Durch die intensive Bewirtschaftung, Spritzmittel und Aufdüngung hat die ursprüngliche Arten-
vielfalt und Dynamik auf der Gesamtfläche der landwirtschaftlich genutzten Flächen abgenom-
men, so auch besonders auf den Wiesen. Dazu wurden seit dem letzten Jahrhundert bei zahl-
reichen Flurbereinigungen die ehemals kleinen Flächen zu großen Schlägen zusammenge-
legt. Die dazwischenliegenden Wiesen- und Erdwege mit ihren Wegrainen, Saum- und Brach-
streifen störten nun bei der großflächigen Bewirtschaftung. Sie wurden entfernt bzw. verbreitert
und befestigt. Auch Hecken, Feldgehölze, Einzelbäume in der Fläche gingen mehr und mehr
verloren.

Zitat: „Die dramatische Abnahme der Insekten in Deutschland ist inzwischen klar belegt. Sie ist insbe-
sondere eine Folge der derzeitigen Formen der Landnutzung mit ihren vielen schädigenden Auswir-
kungen auf die Natur“, erläutert Prof. Manfred Niekisch, stellvertretender Vorsitzender des SRU. „Maß-
nahmen zum Schutz von Insekten müssen daher prioritär bei der Landwirtschaft ansetzen, um groß-
flächig wirksam zu werden. Dazu zählt eine Stärkung des integrierten Pflanzenschutzes und damit die
Reduzierung des Einsatzes von Pflanzenschutz- und Düngemitteln.“
SRU Sachverständigenrat für Umweltfragen der Bundesregierung: https://www.umweltrat.de

Mit der Artenvielfalt der Vegetation nimmt auch auch die Vielfalt der hier lebenden Tierarten
ab. Dies betrifft vor allem die Insekten, deren Anzahl und Artenvielfalt in der Agrarlandschaft –
also in Wiesen, Weiden, Wegrainen, Ackerrändern- in den letzten Jahren extrem zurückge-
gangen ist. Autofahrer brauchen zwar nicht mehr ihre Scheiben von toten Insekten freikratzen,
aber für insektenfressende Vögel, Reptilien und Säugetiere gibt es in Feld und Wiese kaum
mehr Nahrung (Bsp.Feldvogelindex: Artenrückgang von 100% in 1980 auf 50% in 2010).98

Mähwiesen - der Artenreichtum ist abhängig von der Bewirtschaftung


Früher wurden die Wiesen, abhängig von Witterung und Standort, 1-2 Mal pro Jahr gemäht
und aus Kostengründen nur wenig gedüngt (vgl. Kap.2.6 und 2.7). Auf den heute intensiver
bewirtschafteten ertragreichen Wiesen kann hingegen dreimal pro Jahr und für Silage sogar

98
(Bezug: EU-27, Norwegen und Schweiz. Eurostat 2015) aus: Umweltprobleme der Landwirtschaft, 30 Jahre
SRU-Sondergutachten, Umweltbundesamt (2015)

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noch öfter gemäht werden. Diese intensive Art der Bewirtschaftung tolerieren jedoch nur di-
verse Hochleistungsgräser, z.B. Weidelgräser, und wenige stickstoffliebende Blütenpflanzen
wie Klee und Löwenzahn. Optisch veränderten sich die Wiesen somit von den bunten arten-
reichen Wiesen zu einheitsgrünen Flächen, vereinzelt gelb gefärbt zur Löwenzahnblüte.
Zum Vergleich: je nach Standort können artenreiche Magerwiesen, besonders auf basenrei-
chen Böden, aus bis zu über 70 Pflanzenarten bestehen, viele davon sind seltene und ge-
schützte Arten. Orchideenwiesen waren früher weit verbreitet, sie sind heute eine Besonder-
heit und bei geführten Wanderungen besonders beliebt.

Reichhaltiges Artenspektrum einer extensiv bewirtschafteten Mähwiese Foto: P. Holzwarth

Im Gegensatz dazu wachsen auf Intensivgrünland heute meistens nur ca. 10-20 Arten, oft
hoch-/dichtwüchsige Gräser mit züchterisch veränderten Grassorten in Kombination mit Stick-
stoffzeigern. Wie kommt das? Auf den „Mangelböden“ stehen viele meistens kleinwüchsigere
Spezialisten in Konkurrenz zueinander. Diese Arten tolerieren oder benötigen sogar beson-
ders nasse, trockene oder magere Verhältnisse. Besonders artenreich sind Magerwiesen mit
kleinräumig wechselnden Standortverhältnissen – mittlere Standorte mit trockenen Anteilen in
Kombination mit feuchten Senken oder wechselnder Hangneigung. Die ertragreichen stark-
wüchsigen Wiesenpflanzen kommen mit solchen Gegebenheiten nicht gut zurecht. Dagegen

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sind die schwachwüchsigeren Magerwiesenarten nach der Aufdüngung oder Trockenlegung


von nassen Senken und dem „Abschleifen“ von Felsbereichen nicht mehr konkurrenzfähig.
Sie werden von konkurrenzstärkeren Arten beschattet und verdrängt. Das ehemals kleinräu-
mige Standortmosaik ist nun weitgehend homogen und artenärmer. Werden zusätzlich zur
Bodenverbesserung auch noch ertragsstarke Gräsersorten eingesät, nimmt die Artenvielfalt
weiter ab.

Exkurs: Das Zackenschötchen – invasives Weideunkraut


In den letzten Jahren kommt es im Landkreis Bad Kreuznach - wie auch in den Nachbarkreisen
Mainz-Bingen und Alzey-Worms - auf vielen Grünlandflächen, Brachen, an Wegrändern und
Böschungen zur Massenvermehrung des Orientalischen Zackenschötchens (Bunias orienta-
lis). Der aus Süd-/Osteuropa eingewanderte Neophyt gehört zu den invasiven Pflanzenarten.99
Auf mittleren bis trockenen Standorten, gerne auch auf lehmigen Böden, treibt es tiefe Wurzeln
ins Erdreich. Das Zackenschötchen ist eine ein- bis zweijährige Pflanze, die auch mehrjährig
werden kann, wenn sie vor der Blüte gemäht wird. Im ersten Jahr werden die Blattrosetten,
aber noch keine Blütenstände angesetzt.

Das aus Osteuropa stammende zwei- bis mehrjährige orientalische Za-


ckenschötchen (Bunias orientalis) ist eine Art der halbruderalen Pio-
niervegetation. Auf den verbissenen und zertretenen Weiden findet es
optimale Bedingungen. Die gesamte Weide ist schon zugewachsen und
es breitet sich entlang der Wirtschaftswege weiter aus. Hier ist der rich-
tige Zeitpunkt für die Mahd schon fast verpasst. Fotos: R. Horn

Die meiste Kraft steckt die Pflanze zunächst in die Wurzel und überdauert damit den Winter.
Im Folgejahr bilden sich die Blütenstände. Bereits im Frühsommer (Mai-Juni) sind die vielen

99
https://neobiota.bfn.de (Stand 2019)

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leicht klettenden Samen reif, werden vom Weidevieh und über Maschinen weiterverbreitet und
gelangen so in die Nachbarflächen. Zudem gehört die Pflanze zu den sogenannten "Steppen-
rollern". Das bedeutet: nach der Samenreife stirbt die Pflanze ab, rollt sich beim Vertrocknen
zusammen und wird mit dem Wind ins Umland geweht.

Von den Nahedeichen zwischen Bingen und Bad Kreuznach ausgehend hat die Art beispiel-
weise teils massenhaft ins Umland gestreut - i.d.R. verursacht durch die späte Sommermahd
auf den betroffenen Flächen. Normalerweise ist die späte Mahd gewünscht, da sich standort-
gerechte Wiesenarten aussamen können und die Blüten von Insekten besucht werden kön-
nen. Flächen mit Zackenschötchenvorkommen sollte man jedoch vorher mähen. Da norma-
lerweise zudem längs des Deichs gemäht wird, konnten sich die Samen über die gesamte
Länge ausbreiten. Die ersten Einzelpflanzen im Umland wurden anfangs toleriert und konnten
sich somit ungestört vermehren. Aus der Ferne wirkt ein gelbes "Zackenschötchenfeld" wie
ein Senf- oder Rapsfeld. Es blüht jedoch später als der Raps, früher als die Herbst-Senfsaaten
und hat im Gegensatz zu beiden lanzelttförmige leicht gewellte Blätter. Die starkwüchsigen
Pflanzen können bis zu 150 cm hoch werden. Sie werden wegen der enthaltenen Bitterstoffe
ungern vom Vieh gefressen und können sich somit in kurzer Zeit über die Fläche ausbreiten.
Störstellen werden zuerst besiedelt, die ursprünglichen Grünlandarten werden dann von der
großen Blattmasse beschattet und verdrängt. Bereits vereinzelte blühende Pflanzen können
somit in wenigen Jahren zum Massenbestand werden. Wenn nicht rechtzeitig gegengesteuert
wird, können ganze Landstriche als Weideland unbrauchbar werden.

Einen Vorteil hat das Zackenschötchen jedoch: Im Gegensatz zum genauso ausbreitungsfreu-
digen Jakobskreuzkraut ist es ungiftig - verwandt mit Kohl, Senf- und Rucola (Brassicaceae)
kann man es sogar essen! Man muss jedoch den richtigen Erntezeitpunkt abpassen und
braucht ein gutes Rezept, z.B. aus dem Internet.

Gegenmaßnahmen
Einzelne Pflanzen kann man noch entfernen, möglichst bevor sie Samen angesetzt haben.
Wegen der tiefreichenden Wurzeln sticht man sie am besten vollständig aus, denn auch aus
den Wurzelresten kann die Pflanze wieder austreiben. Haben sich erst Massenbestände etab-
liert, lässt sie sich kaum mehr zurückdrängen. In jedem Fall muss dann das Zackenschötchen
in der Blütezeit, aber vor der Samenreife gemäht werden. Wenn die Pflanzen bereits die meiste
Kraft in die Blütenstände gegeben haben, sind die Neuaustriebe nach der Mahd geschwächt.
Dann werden die anderen Pflanzenarten wieder konkurrenzfähiger und bekommen eine
Chance. Wird zu früh gemäht, ist die Pflanze noch zu vital und treibt neue Blütenstände. Sind

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hingegen bereits Samen vorhanden, ist es zu spät. Das Schnittgut muss entsorgt werden,
denn wenn es auf den Flächen liegen bleibt, können die Blüten nachreifen und doch noch
Samen streuen. Mulchen fördert aus diesem Grund die Verbeitung und muss daher vermieden
werden.

Grünlandumbruch für den Energiepflanzenanbau


Im Landkreis Bad Kreuznach wird seit dem Beschluss zur Energiewende 2011 vermehrt Silo-
mais als Energiepflanze angebaut. Meist findet der Anbau auf Ackerflächen statt (TWELBECK,
KORTNER 2011), jedoch wurde hierfür bereits auch (Extensiv-)Grünland umgebrochen. Der
Maisschnitt wird als Silomais gelagert sowie in Biogasanlagen geliefert - auch außerhalb des
Landkreises. Auch in der zunehmend intensiven Milchviehhaltung wird Maissilage zur Fütte-
rung benötigt. Die hierdurch verursachten Landschaftsveränderungen stehen in direktem Wi-
derspruch zu den oben genannten Zielen, d. h. der Förderung und des Erhalts von extensiv
genutztem Grünland – zum Schutz von Arten, Biotopen und dem Landschaftsbild und zur Bi-
otopvernetzung.

Extensivgrünland auf mittleren Standorten


Mittlere Standorte haben für die meisten Pflanzenarten einen optimalen ausgeglichenen Was-
ser- und Nährstoffgehalt, auch ohne dass der Mensch viel durch Düngung und Ent-/ oder Be-
wässerung einzugreifen braucht. Die meisten Böden in Rheinland-Pfalz zählen zu den mittle-
ren Standorten. Wenn nicht oder nur wenig gedüngt wird, kann hier artenreiches Grünland
entstehen. Diese mageren Wiesen und Weiden bestehen aus mittelhochwüchsigen Gräsern
und zahlreichen Krautarten und entsprechen somit, wie auch die unter Kap. 3.1 beschriebenen
Halbtrockenrasen, dem Bild einer "bunten Wiese" – jedoch dichter und etwas höherwüchsig
als diese und mit anderem Artenspektrum.

Die blüten- und artenreichen Magerwiesen auf den mittleren Standorten waren noch bis vor
wenigen Jahrzehnten ein typisches Element im Landschaftsbild von Rheinland-Pfalz. Ehemals
weit verbreitet, sind sie in den letzten Jahren sehr zurückgegangen. Dies heute noch mehr als
die Trockenrasen und Halbtrockenrasen, die schon länger unter Schutz stehen. Viel Grünland
(auch das intensiver bewirtschaftete) wurde mittlerweile zu Ackerland umgebrochen, mit Ener-
giepflanzen bestellt (s.o.) oder bebaut und ist somit gänzlich verlorengegangen.

Zudem wird das Mast- und Milchvieh fast nur noch mit Sojaschrot und Maissilage gefüttert.
Anstelle von Mist fällt nun Gülle an, die auf Felder und Wiesen "entsorgt" wird. Als Folge davon
werden nun die auch ehemals unrentablen artenreichen Magerwiesen aufgedüngt. Das Er-
gebnis: die Preise für Heu und für die Wiesenpacht steigen, die Artenvielfalt auf den Wiesen

LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ 91


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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schrumpft. Abnehmer für gutes kräuterreiches Heu und für Weideflächen sind heute Pferde-
höfe und ökologisch wirtschaftende Landwirtschaftsbetriebe, z.B. mit Mutterkuhhaltung oder
Biofleisch.

Artenreiche Glatthaferwiese mit Wiesensalbei auf dem Domberg bei Bad Sobernheim Foto: D. Kortner

Die typischen artenreichen Glatthaferwiesen im Landkreis sind daher heute besonders schüt-
zenswert. Sie fallen zum Großteil unter den Schutz des FFH-Lebensraumtyps "Flachland-Mäh-
wiesen", in höheren Lagen unter die "Berg-Mähwiesen". Diese werden derzeit im Rahmen der
landesweiten Grünlandkartierung-RLP erfasst und hinsichtlich des Artenspektrums und der
Struktur bewertet, um den Schutz und Erhalt der restlichen Flächen sicherzustellen. Über Ver-
tragsnaturschutzprogramme können Landwirte mit Landes- und EU-Mitteln gefördert werden,
wenn sie solche Wiesen nach biotopgerechten Vorgaben extensiv und bewirtschaften (vgl.
Kap. 4).

Extensivgrünland auf feuchten und nassen Standorten


Nass- und Feuchtwiesen wachsen – wie der Name schon sagt - auf staufeuchten bis dauerhaft
nassen und z.T. quelligen Standorten. In den flacheren Talmulden der Senken und auf der

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HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Talsohle der Bach- und Flussauen werden diese Futterwiesen meist ein- bis zweischürig ge-
mäht und wenig gedüngt. In quellig-sumpfigen Bachursprungsmulden der Nahezuflüsse in den
höheren Lagen des Soonwalds und und in vielen Bachtälern von Hunsrück und Soonwald gibt
es noch einschürige, kaum oder nicht gedüngte Futter- und Streuwiesen.

Brauner Feuerfalter (Lycaena tityrus) auf Arnika im NSG Bruchwiesen Foto: D. Kortner

Auch in den Waldwiesen des Soonwalds (s.Kap. 3.6) gibt es nasse, quellige und sumpfige
Bereiche. Die Sumpfdotterblumenwiesen an den Bachtälern und der Nahe, die Pfeifengras-
wiesen in Quellmulden des Hunsrücks, die überall kleinflächig verteilten Waldbinsenwiesen
und Kleinseggenrieder, in den wärmeren Tieflagen auch die Wiesenknopf-Silgenwiesen bilden
die Pflanzengesellschaften der nassfeuchten Wiesen im Landkreis Bad Kreuznach.

Das Feucht- und Nassgrünland in Gewässertälern und in feuchten Senken ist jedoch häufig
durch Veränderung des Wasserhaushalts (Entwässerung, Teichanlagen) oder/und durch Dün-
gung und Überführung in mehrschürige Wiesen beeinträchtigt. Viel ehemaliges Feuchtgrün-
land kann man somit mittlerweile eher als Intensivgrünland auf mittleren Standorten bezeich-
nen, v.a. wenn es sich vordem um nassfeuchte Teilflächen innerhalb von Wiesen mittlerer
Standorte handelte. So wird es nach der "Aufbereitung" gleich einheitlich weiter bewirtschaftet.
Auch durch die Aufforstung von kleinen Bachtälern gingen zahlreiche Feucht- und Nasswiesen
verloren (s.a. Kap. 4.4).

Eine typische und früher weitverbreitete Vogelart der großflächigen extensiven Feuchtwiesen-
und Weidelandschaften ist der Kiebitz. Kibitze erkennt man leicht im Flug. Mit ihren breiten
dunklen Flügeln fliegen sie leicht schwankend, wobei der Flug ein wenig an einen großen
Schmetterling erinnert. Die Kiebitze brüten in kurzrasigem Grünland mit kleinen Brachestellen,

LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ 93


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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mit Saumstrukturen und feucht-nassen Senken. Hier finden sie geeignete Nistmöglichkeiten,
Futter und Verstecke für die Küken und sie erkennen nahende Raubtiere schon von weitem.

Solche Wiesen mit Vorkommensschwerpunkt des Kiebitzes gab es z.B. in der Soonwald-Vor-
stufe im Gebiet zwischen Pferdsfeld und Spabrücken (ROTH 1993, SCHULTE 1993), die
heute jedoch nicht mehr nachgewiesen sind100. Im gesamten Landkreis Bad Kreuznach sind
bis 2013 nur noch wenige Einzelfunde vermerkt. Durch den Rückgang der Lebensräume fin-
den Kiebitze kaum noch geeignete Brutplätze. Weil sie offene Flächen bevorzugen, versuchen
sie stattdessen auf Äckern zu brüten, was meist ein aussichtsloses Unterfangen ist, wenn
Nester und Brut nicht vor dem Überfahren geschützt werden. Außerdem können Kiebitze durch
den Schlag von Windrädern betroffen sein.

Der Kiebitz gehört in Rheinland-Pfalz


zu den Arten, die vom Aussterben be-
droht sind. Hierzu trägt v.a. der Rück-
gang der extensiven Beweidung sowie
Intensivierung, Drainage und Umbruch
von feucht-nassem Grünland bei.

Foto: H. Jegen

Nass- und Feuchtwiesen - als anthropogene Ersatzgesellschaften von Au- und Bruchwäldern
- können ohne eine extensive Bewirtschaftung nicht erhalten werden. Sie würden sich dann
nach wenigen Jahren zu Hochstaudenfluren, später zu Gebüschen und wieder zu Bruchwald
entwickeln. Die ungemähten dichten Hochstaudenfluren können jedoch jahrelang erstaunlich
stabil sein, weil sie von Gehölzen und (Weiden-) Gebüschen nur schwer durchwachsen wer-
den können. Leider sind in den letzten Jahren viele Nasswiesen brachgefallen, vor allem in
den engeren Bachtälern, weil die Böden schlecht befahrbar sind, die Flächen zu klein und die
Ernte sich nicht lohnt. Aus der standörtlich und kulturhistorisch bedingten großen Vielfalt der
feuchtnassen Grünlandgesellschaften sind mittlerweile häufig einheitliche, hochwüchsige Mä-
desüß-Hochstaudenfluren oder dichte Pfeifengraswiesen entstanden. In Randbereichen, Säu-
men, nasseren Senken und auf nicht zu großen Flächenanteilen sind die Hochstauden jedoch
auch eine Bereicherung für den Artenschutz. Kleintiere und Vögel finden hier im Winter noch

100
https://map-final.rlp-umwelt.de/kartendienste/index.php?service=artdatenportal (Einträge bis 2015)

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HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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viele Samen und gute Versteckmöglichkeiten. Wildbienen nutzen die abgebrochenen Pflan-
zenteile als Brutbiotope. Die Raupe des Mädesüß-Perlmuttfalters (Brenthis ino), der auf den
Soonwaldwiesen vorkommt, frisst z.B. ausschließlich am Mädesüß.

Die ungünstigen großflächigen einheitlichen Hochstaudenfluren sind jedoch noch relativ ein-
fach durch Mahd oder Beweidung wieder in das typische Feuchtgrünland überführbar. Im Na-
turschutz wird das Grünland in engen Bachtälern daher gemäht/gemulcht oder über eine För-
derung der extensiven Bewirtschaftung offengehalten (vgl. auch Kap. 4.4.) Hiervon profitiert
nicht nur die Vegetation, sondern auch viele Schmetterlingsarten, die durch Fichtenriegel und
Brachflächen entlang der Bäche an ihrer Ausbreitung gehindert wurden. Die meisten dort le-
benden Schmetterlingsarten benötigen durchgängige Bachtäler.

Streuobstwiesen
Im Gegensatz zu den heute üblichen Obstanbauformen - im Spalier gezogen oder als niedrig-
stämmige Bäumchen dicht in Reihen nebeneinander gepflanzt (man kann das Obst leicht ma-
schinell bewirtschaften) - stehen auf den Streuobstwiesen markante Hochstammobstbäume
auf einer Wiese. Hier konnte das Vieh weiden, fand Schatten unter den Obstbäumen und es
wurde zusätzliche Streu gewonnen. Bis in die 50-er Jahre des 20. Jahrhunderts gab es in
vielen ackerbaulich genutzten Gebieten des Unteren Nahehügellands und der Soonwald-Vor-
stufe zahlreiche Streuobstwiesen. Auch auf aufgegebenen Weinanbauflächen wurde häufig
Obst angebaut. Obwohl die Zahl der Hochstamm-Obstbäume seitdem abgenommen hat, gab
es noch bis in die 1990-er Jahre im Glan-Alsenz-Bergland größere Streuobstbestände (BITZ
1992, KAYSER-BOELITZ 1931). Bei der Ortschaft Schweinschied im Nordpfälzer Bergland
südwestlich des Ringbergs gibt es einen 2 km langen Streuobst- und Naturlehrpfad. Rund um
die Ortschaft Guldental liegen die Streuobstwiesen des "Streuobstlandes Guldental" (s. Kap.
4.4).

Streuobstwiesen, vor allem mit alten Obstbäumen, sind wichtig für die Artenvielfalt. Die ge-
pflanzten Obstbäume sind – ebenso wie die natürlicherweise vorkommenden Wildobstarten –
ursprünglich Baumarten lichter Wälder, Waldlichtungungen und Waldränder. Diese Baumarten
haben auffällige Blüten, die nicht vom Wind bestäubt werden wie die großen Baumarten der
dichten geschlossenen Hochwälder, sondern von Insekten, die auch in den angrenzenden
Säumen und Wiesen vorkommen, v.a. Wildbienen und Honigbienen. Die alten Obstbäume
bilden dort, wo die Äste am Stamm abbrechen, besonders oft Höhlen, in denen z.B. der Stein-
kauz brütet. Weitere Vogelarten fressen das Obst oder die Insekten - die an der Baumrinde
leben, an den Blättern fressen und die Blüten bestäuben. Auch selten gewordene Vogelarten
wie Wiedehopf und Wendehals leben in den alten Streuobstwiesen.

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Der kleine Steinkauz


brütet in Baumhöhlen. Wenn es in den Streu-
obstwiesen nicht genügend alte Bäume mit
Höhlen gibt, werden als Ersatz gerne auch
Nistkästen angenommen.

Foto: H. Jegen

Grünspecht, Neuntöter und Gartenrotschwanz sieht man trotz des allgemeinen Bestandsrück-
gangs der meisten Vogelarten noch etwas häufiger. Auch diverse Fledermausarten nutzen die
abplatzende Rinde alter und absterbender Obstbäume gerne als Unterschlupf. Als die alten
Streuobstwiesen und auch die Obstalleen an den Straßen sukzessive aufgegeben wurden,
gingen auch die entsprechenden Arten zurück. Beispielsweise wurden Schwarzstirnwürger
und Rotkopfwürger, die früher im Unteren Nahehügelland zwischen Bad Kreuznach, Winzen-
heim und Bretzenheim verbreitet waren, nur noch bis in die 1980er Jahre gefunden (NIEHUIS
1991 a).

Streuobstbäume benötigen einen regelmäßigen und fachgerechten Pflegeschnitt, wenn sie


gut tragen sollen. Auch vergreisen und verpilzen sie dann nicht und werden seltener von Mis-
teln überwuchert. Ungepflegte ältere Obstbäume brechen nach wenigen Jahren zusammen
und bringen dann auch nicht mehr viel für den Artenschutz. Einzelne alte Bäume, die nicht
mehr so gut tragen bzw. absterbende Bäume sollten jedoch nicht sofort wieder ersetzt werden.
Sie können noch einige Jahre für die höhlenbrütenden Vögel und totholzbewohnenden Insek-
ten stehengelassen werden.

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3.5 Wälder aus historischer Waldnutzung - Hoch-, Mittel-, Niederwald

Die Bedeutung der Wälder für den Menschen

Ausgedehnte tiefe alte Wälder erschienen den Menschen in früherer Zeit stets ambivalent -
einerseits Gefahr für Leib und Leben - andererseits die Lebensgrundlage für notwendige Nah-
rung und Rohstoffe. Die unheimliche und gefährliche Stimmung im düsteren Wald beflügelte
jedoch die Fantasie der Menschen und so sind die Wälder schon seit jeher eine reichhaltige
Quelle für Sagen, Märchen und Mythen gewesen. Verwunschen waren auch die alten knorri-
gen Bäume in den Nieder- und Mittelwäldern oder Reste hiervon in der offenen Landschaft.
Bereits die Kelten hatten ihre "heiligen Haine" und Stätten dort, wo markante Bäume und
Baumgruppen standen. Menschen, die sich bei längeren Reisen, der Pilzsuche oder der Su-
che nach verirrten Haustieren in einsame und unbekannte Wälder vorwagten, waren großen
Gefahren ausgesetzt. Des Nachts verlaufen im Wald, Raubüberfälle und die Angst vor Wolfs-
angriffen, dies alles wurde in den allseits bekannten Geschichten verarbeitet - Hänsel und
Gretel, Rotkäppchen und der böse Wolf oder das Wirtshaus im Spessart. Durch Not oder
Übermut in dunkle Wälder geraten, mussten Widrigkeiten überwunden werden, die letztendlich
durch einen rettenden Zauber und besonders durch den eigenen Mut und Einfallsreichtum
gemeistert wurden.

Als die Nutzung der Wälder intensiver wurde, als mehr Wege ausgebaut wurden, als Gesetze
und Vorgaben Holzanbau, Einschlag und die Jagd regelten, standen die Erträge der Wälder
im Vordergrund. Jede Fläche war bekannt und katalogisiert, die Gefahren verschwanden - der
Zauber auch. Aber auch wenn der hohe Wald seit dem 19. Jahrhundert durch ein rationaleres
Weltbild und den Waldumbau "entzaubert" worden ist, wirken die alten Urinstinkte und Arche-
typen bei den Menschen weiter. Die verbliebenen naturnah wirkenden alten Wälder wurden
nun aber nicht mehr als unheimlich empfunden, vielmehr wurden durch die "Wald-Romantisie-
rung" die ersten Naturschutzschutzgebiete im Wald ausgewiesen. Der heutige Boom des
"Waldbadens", Wanderungen im Wald und der Erfolg z.B. von Peter Wohllebens Waldbü-
chern, Filmen und Erlebniswanderungen greift ein gewachsenes Bedürfnis vieler Menschen
an Wald und Natur auf. Dies umso mehr, je stärker die Natur im direkten Wohnumfeld verarmt.

Heute ist der Holzertrag im Wald weiterhin ein wichtiger Wirtschaftszweig. Zusätzlich treten
der Wert naturnaher Wälder für Biodiversität und Klimaschutz, und in hohem Maße für die
Gesundheit der Menschen, Naturerleben, Wandern und Erholung immer stärker in den Vor-
dergrund. All diese Aspekte müssen bei einer nachhaltigen Waldnutzung berücksichtigt wer-
den.

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Im Laubwald

In den schattigen Wäl-


dern leuchten am Boden
im Gegenlicht von Laub-
fenstern fligrane Gräser,
Farne, Pilze und weiche
Moospolster auf. Vögel-
chöre ertönen und mit
einem ständigen Wech-
sel von Licht und Schat-
ten läuft es sich leicht
auf dem weichen Wald-
boden.

Auch wenn es im Som-


mer draußen heiß und
stickig ist, atmet sich die
Luft im Wald angenehm
frisch. Die sauerstoffrei-
che Luft ist hier immer
ein paar Grad kühler als
in der offenen Land-
schaft.

Foto: R. Horn

98 LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ


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Hochwälder
Buchenhochwälder und artenreiche Eichen-Hainbuchen-Hochwälder auf Standorten mit mitt-
lerer Wasser- und Nährstoffversorgung gibt es im Soonwald-/Hunsrück, im Hügelland und teil-
weise an den Nahehängen. Obschon auch im Soonwald Fichten und Douglasien angepflanzt
wurden, besteht der heutige Soonwald - im Gegensatz zum nadelholzreichen Hunsrück - zu
ca. 70 % aus Laubwald, v.a. aus Buchenhochwald. Auf den sauren Böden der Quarzithänge
wächst der Hainsimsen-Buchenwald in großflächigen und altholzreichen Beständen. Alte Bu-
chenhochwälder beherbergen viele Tierarten, zum Beispiel den Schwarzspecht, der in den
mindestens 120-Jahre alten Bäumen seine Bruthöhlen baut. Diese Höhlen werden anschlie-
ßend auch von der Ringeltaube und der Hohltaube genutzt. Die Grenzlinien zwischen Wald
und Wasser entlang der zahlreichen Waldbäche im Soonwald nutzt der Schwarzstorch als
Lebensraum.

Ertragreichere basenreiche Buchenwaldstandorte wurden früher häufig in Landwirtschaftsflä-


chen umgewandelt. Zudem sind diese eigentlichen Buchenwaldstandorte durch Nieder- und
Mittelwaldnutzung oft zu nährstoffarmen Eichen-Hainbuchen-Niederwald degradiert worden
(vergl. Kap.2.5 und unten). Daher gibt es basenreiche Buchenhochwälder im Landkreis nur
auf relativ wenigen Standorten. Am Lemberg steht beispielsweise der einzige Zwiebelzahn-
wurz-Buchenwald des Nordpfälzer Berglandes (BLAUFUSS 1991) und bei Stromberg gibt es
auf den devonischen Kalken noch Reste von Platterbsen-Buchenwäldern.

Niederwälder auf mittleren und mäßig trockenen Standorten


Größere ehemalige Niederwälder wachsen an den Talhängen der Nahe und als Restbestände
im Soonwald und Soonwaldvorland. Auf den Böden mit mittlerer (guter) Wasser- und Nähr-
stoffversorgung sind die Wachstumsbedingungen für die meisten Gehölze optimal. Natürli-
cherweise könnten hier ertragreiche Buchen-Hochwälder und artenreiche Eichen-Hainbu-
chen-Hochwälder wachsen. Allein durch die Bewirtschaftungsform (s.o. und Kap. 2) entstan-
den hier die Niederwälder. Durch häufiges Abholzen, Waldweide und die Verwendung der
Blätter als Einstreu bei langjähriger Niederwaldnutzung verarmten jedoch die ursprünglich
nährstoffoptimalen Böden.

Nieder- und Mittelwälder sind also als Folge der historischen Nutzung entstanden: durch ver-
brachte Flächen aus der Rottkultur oder durch gezielte Niederwaldbewirtschaftung einschließ-
lich der Köhlerei, Lohwaldbewirtschaftung und Waldweide (s. Kapitel 2). Sie haben durch die
spezielle Bewirtschaftungsform eine andere Waldstruktur als natürliche Hochwälder mit Bu-
chen und Eichen. Diese Niederwälder, oft mit Traubeneiche, Birke und Hasel, sind niedrig-

LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ 99


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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wüchsig, licht und heterogen strukturiert. Sie werden durchdrungen von Gebüschgesellschaf-
ten, Staudensäumen und Schlagfluren. Die knorrigen Bäume wachsen niedrig und die alten
Stämme und dickeren Äste sind häufig mit leuchtendgrünen Moosen oder gelben und grauen
Flechten bewachsen.

Vergreisender Eichen-Hainbuchen Niederwald auf trockenem Standort. Bessere Standorte ermöglichen den
Buchenaustrieben des ehemaligen Niederwalds zu starken Bäumen heranzuwachsen. Fotos: R: Horn

Einen Niederwald erkennt man daran, dass eine Baumgruppe so aussieht, als ob mehrere
Baumstämme von einer Wurzel ausgehend wachsen. Das kommt daher, dass die Bäume frü-
her regelmäßig „auf den Stock“ gesetzt wurden – also bis zum Boden abgeschnitten - und
danach aus der Basis mit vielen Stämmen wieder ausgetrieben sind. Da man diese Prozedur
nicht mit allen Baumarten machen kann, bestehen Niederwälder meistens aus einem Gemisch
von Hainbuchen, Buchen, Eichen oder auch Hasel.

Die traditionelle Waldbewirtschaftung zur Gewinnung von Lohe und zur Brennholzgewinnung
ist heute weitgehend abgelöst durch die Umwandlung in Hochwälder. Auch in den Restvor-
kommen an den schwer mechanisierbaren Nahehängen wird keine regelmäßige Niederwald-
nutzung mehr betrieben. So sieht man in einem alten bzw. vergreisenden Niederwald auf ma-
geren steilen Standorten pro Austrieb meist nur noch ein oder zwei lebende knorrige klein-
wüchsige Baumstämme, abgestorbene Baumreste und evtl. ein paar kleinere Austriebe. Im
Endeffekt bleibt meistens zuletzt vom gesamten Austrieb ein überlebender Stamm übrig, der
sich im günstigen Fall weiter zum alten Baum entwickelt. Wegen mangelnder Standfestigkeit
oder statisch ungünstiger Wuchsform kann er auch absterben und umfallen. Auf diese Weise
können Niederwälder sogar völlig zusammenbrechen. Niederwälder auf besseren Standorten
können sich hingegen hingegen zu gesunden Hochwäldern entwickeln und lange überleben.

100 LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Hier haben sich auch häufig mehrere Austriebe zu kräftigen Einzelbäumen entwickelt (s. Fotos
oben).

In den Niederwäldern mit ihren vielen Grenzlinien zwischen Licht und Schatten, Bäumen, Tot-
holz, Säumen und Schlagfluren konnte sich eine artenreiche Tier- und Pflanzenwelt entwi-
ckeln, die es in den Hochwäldern in dieser Ausprägung nicht gibt. Der Ziegenmelker beispiels-
weise ist eine typische Vogelart der lichten Wälder. Entscheidend für das Vorkommen in Nie-
der- und Trockenwäldern ist der große Strukturreichtum mit den kleinräumig wechselnden
Lichtverhältnissen. Von den Saumstrukturen der Niederwälder profitieren auch viele zum Teil
hoch spezialisierte Schmetterlingsarten, von den abgestorbenen Ästen und Stämmen in den
Niederwäldern leben Spechte und zahlreiche Totholz bewohnende Käferarten.101

Auch Wildschweine und Rehwild haben sich in den Trocken- und Niederwäldern übermäßig
vermehrt. Erosion durch Trampelpfade und im Extremfall regelrechte „Wildschweinrutschen“
an den Hängen sind die Folge. Von den Schweinen ständig wieder umgepflügte Wegränder
und Waldböden und Verbiss durch das Rehwild verhindern neu aufkommende Gehölze im
Unterwuchs. Jedoch können aufgelockerte Böden bei nicht dauerhaftem Druck auch positiv
für die Naturverjüngung sein.
Über die Jagd versucht die Forstwirtschaft, übermäßige Bestände in Schach zu halten. Im
Hinblick auf die Niederwaldbewirtschaftung könnte man jedoch auch von einer „wilden Wald-
weide“ sprechen; anstelle von Rindern, Schafen und Hausschweinen beweiden nun wieder
Rehe und Wildschweine den Wald.

Trockenwälder (und –gebüsche) auf warmen, trockenen Böden


Auf warmen, trockenen Böden wachsen natürlicherweise Trockenwälder und Trockengebü-
sche (vgl. auch Kap. 3.2). Sie bilden den Übergang zwischen den Felsflurgesellschaften und
den Wäldern auf halbtrockenen bis mittleren Standorten. Trockenwälder und -gebüsche kön-
nen lichte Buschwaldgesellschaften mit zumeist krüppelwüchsigen Bäumen auf trockenen,
warmen Felskuppen an felsigen Abhängen und Felsschutthängen sein. Oder aber es handelt
sich um lockerwüchsige Hochwälder auf warmen, tiefgründigen sowie auf nährstoffarmen,
flachgründigen und teilweise kalkhaltigen Böden.

In den Trockenwäldern und Trockengebüschen auf dem Rotenfels und an der Gans wachsen
z.B. der Felsenahorn und die Felsenbirne. Trockenwälder sind wenig gefährdet, da sie auf
forstwirtschaftlich ungünstigen Extremstandorten wachsen - und weil sie der Erosion in steilen

101
Weitere Informationen s. a. Tabellen im Anhang B, Ausgewählte Tierarten und ihre Lebensraumansprüche

LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ 101


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Lagen entgegenwirken, werden sie auch in der Regel nicht gefällt102. Die gemäßigten Trocken-
wälder und die Gesteinshaldenwälder sind jedoch häufig auch niederwaldartig genutzt worden.

Trockenwald und -gebüsche am Ro-


tenfels. Besonders auffällig ist die
weißblühende Felsenbirne. Im Som-
mer bildet sie kleine schwarze
Früchte, die man essen kann und
die ein wenig wie Birnen schme-
cken. Daher der Name.

Foto: D. Kortner

Echte Trockenwälder sehen oft ähnlich knorrig und kleinwüchsig aus wie die Niederwälder.
Dies kommt jedoch weniger durch Niederwaldwirtschaft – die lohnte sich dort kaum, weil die
Sträucher und Bäume zu langsam wachsen -, sondern vielmehr durch den extremeren Stand-
ort, welcher keine hochwüchsigen Bäume aufkommen lässt.

Mittelwald im Soonwald
Im Soonwald gibt es nur noch vereinzelte Reste der ehemaligen Mittelwälder, die aus den
Waldweideflächen entstanden sind. Da die ertragreichen Masteichen von der Nutzung durch
Nieder- und Rottwald ausgenommen wurden - also nicht gefällt wurden - sind sie als Überhäl-
ter auf den ausgemagerten Waldweideflächen erhalten geblieben (vergl. Kap.2.5). Das ma-
gere Gras der Waldwiesen wurde zudem als Einstreu genutzt. Heute stehen die alten, knorri-
gen Eichen auf der ehemaligen Mittelwaldfläche des Naturschutzgebietes "Im Eschen" und im
Randbereich des angrenzenden NSG "Landwiesen", z.B. die als Naturdenkmale ausgewiese-
nen Alteichen "Bollinger Eiche" und "Kaisereiche".

In den sehr lichten Hude- und Mittelwäldern mit weitständigen, höhlenreichen und über 180-
jährigen Altbäumen mit hohem Totholzanteil können sogar Mauersegler brüten. Die wichtigste
Voraussetzung ist eine hohe Zahl alter, großer Baumhöhlen, die das Brüten mehrerer Paare
in einem Areal erlaubt und bei dem die sehr geselligen Vögel ihre sozialen Kontakte (z.B.
Flugspiele) halten können. EISLÖFFEL (1992) konnte im Soonwald erstmals für Rheinland-

102
"(Hang-, Erosions-) Schutzwald": Begriff lt. Kategorie in der Waldfunktionen-Kartierung in der Forstwirtschaft

102 LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Pfalz eine Population baumbrütender Mauersegler nachweisen. Diese Vorkommen sind als
eines der wenigen zu dieser Zeit in Deutschland bekannten Baumbruten der Art ornithologisch
bedeutsam (GÜNTER & HELLMANN 1991, EISLÖFFEL 1992)103. Mangels natürlicher Brut-
möglichkeiten sind die Mauersegler heute vielfach auf die "Sekundärbiotope" in die Städte
ausgewichen, wo im Sommer zwischen den Häuserschluchten ihre rasanten Flüge (und
Schreie) faszinieren.

Solitäre Alteichen auf der Magerwiese im Naturschutzgebiet "Im Eschen" Foto: D. Kortner

Mittelwälder mit Altbäumen haben zudem eine besonders artenreiche Fauna holzbewohnen-
der Käferarten, z.B. den seltenen Heldbock (KÖHLER 1992: über 150 obligatorisch xylobionte
Arten, zahlreiche Baumkronenspezialisten).

Gefährdung und Beeinträchtigungen der Wälder


Die Wälder mittlerer Standorte waren vor allem im 20. Jahrhundert am meisten durch die groß-
flächig gleichartige Bewirtschaftung sowie durch Kahlschläge mit kurzen Umtriebszeiten be-
einträchtigt. In der Vergangenheit sind standortgerechte Laubwälder zudem in erheblichem
Maße in Nadelholzforste mit flächeneinheitlichem Bestandsalter umgewandelt worden, was
diese Art der Bewirtschaftung noch gefördert hat. Nicht nur, dass engstehende gleichaltrige
Fichtenstangenforste wenig Wert für den Arten-, Biotopschutz und das Landschaftsbild haben,

103
weitere Mauersegler-Baumbruten wurden auch bei Ludwigswinkel in der Pfalz nachgewiesen (Chr. Holtzem,
Untersuchung für die FAWF, Information E. Holtzem 2021).

LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ 103


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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verändert sich durch den Fichtenanbau auch der Waldboden. Zusätzlich zu den Schadstoff-
einträgen durch die Luft (v.a. Schwefeldioxid "saurer Regen" im 20. Jahrhundert, derzeit mehr
Stickoxide) fördert auch die dichte Decke der abgefallenen Fichtennadeln versauernde Böden.
Hinzu kommt die Bodenverdichtung durch engmaschige Rückegassen und die austrocknen-
den Kahlschläge. Auf solchen Flächen kann sich nur schwer ein natürlicher, lockerer Waldbo-
den mitsamt den dort lebenden Bodenorganismen entwickeln.

In den letzten Jahrzehnten ging der Trend wieder zurück in Richtung Laubwald, da die flach
wurzelnde Fichte negativen Umwelteinflüssen (Schadstoffeintrag, Wassermangel, Sturmschä-
den) zunehmend weniger gewachsen ist. Großflächige Windwürfe nach schweren Stürmen,
der zunehmende Trockenstress in den Sommermonaten der letzten Jahre und der Befall mit
Borkenkäfern führten zu flächenhaften Verlusten der Fichte. Dies zeigt sich auch in der ver-
mehrten Waldbrandgefahr, die harzreichen Nadelbäume brennen zudem wie Zunder. Hier er-
weist sich im Nachhinein der großflächige Anbau von Nadelholz in Deutschland als großer
Fehler - und nicht ausschließlich aus der Sicht des Arten- und Biotopschutzes - sondern auch
aus betriebswirtschaftlicher Sicht und im Hinblick auf den Klimaschutz. Soll auf den entstan-
denen großen Freiflächen wieder Wald entstehen, braucht es viele Jahrzehnte, bis dieser
seine Funktion übernehmen kann.

Die tiefwurzelnden Baumarten der Niederwälder und Laubmischwälder wie Eiche, Hainbuche
und Buche sind trockenheitsresistenter als die Fichten. Jedoch kommen derzeit einige Baum-
arten auf den ohnehin schon extremeren Standorten durch die immer heißer und trockener
werdenden Monate - beginnend bereits im Frühjahr bis weit in den Herbst hinein - zunehmend
an ihre Grenzen. Arten wie z.B. der Eichenprozessionsspinner104 (die Brennhaare der Raupen
können starke Allergien auslösen), Frostspanner, Eichenwickler und Pilzbefall haben auf den
geschwächten Bäumen ein leichtes Spiel. Zudem ist der Niederwald seit langem durch die
Aufgabe der traditionellen Nutzung und Aufforstung mit Nadelholz in seiner Struktur und der
biotoptypischen Ausprägung gefährdet bzw. verlorengegangen.

104
https://www.sdw.de/waldwissen/verhalten-im-wald/eichenprozessionsspinner/index.html (Stand Juni 2020)

104 LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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3.6 Waldwiesen (mit Nasswiesen, Borstgrasrasen und Hochmoorrelikten)

Die Waldwiesen im Soonwald sind bereits des Öfteren erwähnt worden (z.B. 3.4 Grünland,
2.10 Glashütten, 3.5 Mittelwald). Aufgrund ihrer historisch bedingten Nutzungsgeschichte
grenzen sie sich jedoch von den Wiesen im Offenland ab. Sie bilden aus den nachfolgenden
Gründen eine Besonderheit und werden daher hier separat beschrieben.

Alleinstellungsmerkmale für die Waldwiesen im Soonwald:

 Es handelt sich um isolierte Wiesen in höheren Lagen auf sauren Böden; die großflä-
chigen Wiesen sind von den Wäldern des Soonwalds umgeben.
 Sie sind häufig aus Waldrodungen durch ehemalige Köhlerei und Verhüttungsprozesse
oder aus Waldweide / Mittelwald entstanden.
 Aufgrund von kleinräumig wechselnden Standortbedingungen (mittel, feucht, nass, tw.
mit Quellhorizonten) ist die Vegetation und die dortige Fauna spezifisch und artenreich
 Wegen der isolierten Lage können ortstreue Arten sich kaum ausbreiten, so dass sie
Schwerpunktvorkommen auf einzelnen Wiesen bilden können - oder aber sie sind be-
sonders gefährdet, wenn sich die Standortbedingungen ändern.
 Über lange Zeit erfolgte eine extensive Grünlandnutzung, ehemalige kleine Ackerflä-
chen sind in Grünland überführt worden.
 Die größeren Waldwiesen sind schon langjährig als Naturschutzgebiet ausgewiesen
(Bruchwiesen 1992, Landwiesen 1994 – z.T. auch im angr. LK Rhein-Hunsrück, Im
Eschen 1984, Hirtenwiese 1960, Im Gräfenbrühl 1991, Im Waldwinkel 1979 und die
Glashütter Wiesen 1984 im angrenzenden LK Rhein-Hunsrück).

Die Soonwaldwiesen: vielfältige Feuchtgrünlandkomplexe


Die Waldwiesen im Soonwald bestehen aus mageren Wiesen, hauptsächlich Nass- und
Feuchtwiesen mit kleinflächigen Anteilen von feuchten Borstgrasrasen, Kleinseggenriedern,
Waldbinsensumpf, Pfeifengraswiesen und Moorheideresten. Weidengebüsche und Bruchwald
bilden zusätzliche Strukturen und Lebensräume, z.B. für Vogelarten. Die Quellhorizonte an
den Hanglagen, Quellsümpfe und ihre Abflüsse, Gräben und Senken sowie die kühlfeuchten
Höhenlagen bedingen die wechselnd feuchtnasse Ausprägung der Wiesen und ihre hohe Be-
deutung für den Arten- und Biotopschutz. Auf den Nassstandorten an den Quellen und Hang-
wasseraustritten konnten sich die entsprechenden nässegeprägten Biotoptypen entwickeln.
Die seltenen feuchtnassen Borstgrasrasen105 des Landkreises liegen nahezu ausnahmslos in

105
Der Borstgrasrasen war Pflanzengesellschaft des Jahres 2020

LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ 105


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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den Soonwaldwiesen. Die Flächen sind dort eng vernetzt mit den anderen Mager- und Feucht-
grünlandtypen sowie mit Feucht-, Sumpf- und Bruchwaldbeständen und mit Mittelwaldresten.
In nassen Quellmulden findet man zudem kleinere Pfeifengraswiesen, oft im Komplex mit
Bruchwald, Niedermoorgesellschaften und auch mit den vorgenannten Borstgrasrasen
(BLAUFUSS & REICHERT 1992, MANZ 1989). Auch die Waldbinsenwiesen und die Kleinseg-
genriede bilden in den Quellmooren Biotopkomplexe mit Bruchwäldern und weiteren Pflanzen-
gesellschaften auf Niedermoorstandorten (REICHERT 1975, SCHWICKERATH 1975).

Artenreiche Borstgrasrasen und Weidengebüsche im Magergrünland, NSG Gräfenbrühl Foto: R. Twelbeck

Sibirische Schwertlilie (Iris sibirica) auf den Feucht- und Nasswiesen im NSG Waldwinkel. Foto R. Twelbeck

106 LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Jede Soonwaldwiese weist in ihrer Zusammensetzung und mit ihren Anteilen an den verschie-
denen Biotopen eine eigene charaktistische Ausprägung auf. Im Naturschutzgebiet "Im
Eschen" dominieren magere Wiesen und Pfeifengraswiesen, Großseggenried, Moorreste und
Alteichen aus der Hutewaldnutzung. In den Glashütter Wiesen liegen neben großflächigen
Feuchtwiesen auch zahlreiche Quellabflüsse mit beweidetem Nass- und Feuchtgrünland.
Großflächige orchideenreiche Magerwiesen und Borstgrasrasen gibt es in den Bruchwiesen,
im Gräfenbrühl und in den Landwiesen. Die Hirtenwiese im Lützelsoon und das NSG Wald-
winkel sind stellenweise stärker nässegeprägt mit kleinen offenen Tümpeln, Pfeifengrasbe-
ständen und Waldbinsensumpf. Von floristischer Bedeutung ist das Vorkommen der Sibiri-
schen Schwertlilie (Iris sibirica) in den Pfeifengraswiesen im NSG Waldwinkel.

Arnika – eine Leitart der Borstgrasrasen


Die landesweit seltene Arnika (Arnica montana) kam noch bis vor wenigen Jahrzehnten in den
meisten der genannten Soonwaldwiesen und in weiteren kleinen Waldwiesen vor. Sie war in
der historischen Kulturlandschaft im mageren extensiv genutzen Grünland damals weit ver-
breitet. Die Arnikapflanze gilt schon seit jeher als eine der wichtigsten Heilpflanzen. Sie wird
vor allem gegen Prellungen und Verletzungen als erstes Mittel gegen die akuten Beschwerden
eingesetzt.

Arnika (Arnica montana)

Auszüge aus der Echten Arnika


sind auch heute Bestandteil vieler
Heilsalben, pflanzenbasierter Me-
dikamente und Homöopathika.
Für diesen großen Bedarf werden
die Pflanzen jedoch angebaut, die
wenigen wildwachsenden Be-
stände stehen unter strengem
Schutz.

Foto R. Twelbeck

Arnika kommt natürlicherweise auf sauren nährstoffarmen Böden vor, hauptsächlich in den
niedrigwachsenden lückigen Borstgrasrasen. Sie ist besonders empfindlich gegen Düngung,
dichten Bewuchs und Verfilzung der Grasnarbe. Früher wurde die Art durch Nährstoffarmut
und übermäßige mechanische Beanspruchung des Grünlandes gefördert. Die Grasdecke war
lückig, Weidetritt und Sensenmahd schufen regelmäßig Offenbodenstellen, auf denen Ausläu-

LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ 107


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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fer wachsen und Samen keimen konnten (TWELBECK, KORTNER 2018). Offene Bodenstel-
len entstanden früher auch durch das Abbrennen der Streu, z.B. bei der Rott- und Schiffelwirt-
schaft.106 Diese Verhältnisse sind heute nicht mehr vorhanden. Daher ist auch eine reine Pfle-
gemahd nicht geeignet, um Arnika zu fördern (TWELBECK, KORTNER 2018). Eine Bewei-
dung z.B. mit Ziegen und Schafen auf Teilflächen wäre ideal, kann jedoch auf den isoliert
liegenden Waldwiesen organisatorisch nur teilweise umgesetzt werden.

Nährstoffeinträge aus der Luft, Standortveränderungen und suboptimale Bewirtschaftung ver-


ursachten daher einen bestandsgefährdenden Rückgang der Arnikabestände in den letzten
Jahrzehnten. Bei einer Bestandskontrolle der Art im Landkreis Bad Kreuznach im Jahr 2018 -
im Vergleich zu bekannten Altvorkommen unter Berücksichtigung der Biotopkartierung von
1995107 - wurden neben einigen kleineren Vorkommen nur noch in vier Soonwaldwiesen grö-
ßere stabile Bestände gefunden (TWELBECK, KORTNER 2018). Eine ähnliche Situation zeigt
sich im Jahr 2019 im benachbarten Rhein-Hunsrückkreis. Auf einigen Biotoppflegeflächen
wurden aufgrund der Trockenheit kaum oder gar keine Arnikapflanzen mehr gefunden108.

Zusätzlich bewirken klimatische Veränderungen eine Höhen- und Verbreitungsverschiebung


der kältetoleranten Arnika.109 In den Alpen "flieht" die ursprünglich subalpine Wiesenart mitt-
lerweile vor der Erwärmung in immer höhere, ehemals vegetationsfreie Lagen - sogar hinauf
bis auf die höheren Gipfel.110

106
Die Hochschule Geisenheim untersucht seit 2019, inwieweit sich kontrolliertes Abflämmen auf die Samenkei-
mung von Arnika auswirkt (Naturschutz und Landschaftsplanung).
https://www.nul-online.de/Magazin/Archiv/Arnika-Feuer-fuer-den-Arterhalt,QUlEPTYwODg2NTUmTUlEPT-
gyMDMw.html?UID=041E4DBE558821FBA49E316573283F228837B35ECC1A91 (Stand 2020)
107
Landesweite Biotopkartierung des damaligen "Landesamt für Umweltschutz und Gewerbeaufsicht",
jetzt Landesamt für Umwelt (LfU)
108
Begehung der Biotoppflegeflächen mit Arnikavorkommen 2019 (Information E. Holtzem, SGD Nord)
109 Buse J., Griebeler M.: Welche möglichen Effekte hat der Klimawandel für die Biodiversität?

Vortragsfolien unter: http://www.kwis-rlp.de/fileadmin/website/klimland/06_Modul_Biodiversitaet.pdf (2020)


110
https://www.forschung-und-lehre.de/forschung/die-alpen-als-thermometer-der-erde-1732/ (Stand 2020) und
https://www.science.lu/de/pflanzen-haben-keine-beine/wie-der-klimawandel-die-pflanzenpopulation-bedroht
(Stand 2020)

108 LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Typische und seltene Schmetterlingsarten in den Soonwaldwiesen


Die Soonwaldwiesen werden erst nach der Blüte gemäht oder beweidet. Zur Blütezeit ist das
floristisch artenreiche Extensiv-Grünland ein Eldorado für Schmetterlinge111.

Großer Perlmutterfalter Braunfleckiger Perlmutterfalter Lilagold-Feuerfalter


Argynnis aglaja Boloria selene Lycaena hippothoe
NSG Im Eschen, Foto R. Twelbek NSG Landwiesen, Foto R. Twelbeck NSG Im Eschen, Foto R. Twelbeck

Aurora-Falter, männl. und weiblich Großer Schillerfalter, männlich Kleiner Feuerfalter, männllich
Anthocharis cardamines Apatura iris Lycaena phlaeas
NSG Glashütter W., Foto P. Breuer NSG Glashütter W., Foto P. Breuer NSG Glashütter W., Foto P. Breuer

Sumpfhornklee-Widderchen Spanische Flagge Ampfer-Grünwidderchen


Zygaena trifolii Euplagia quadripunctaria Adscita statices
NSG Glashütter W., Foto P. Breuer NSG Hirtenwiese, Foto D. Kortner NSG Bruchwiesen, Foto D. Kortner

111
Diese Fotoauswahl stammt aus den NSG-Alben der Biotopbetreuung des Landes Rheinland-Pfalz.
https://lfu.rlp.de/de/naturschutz/pflege-und-nutzung/nsg-alben/.
Hinweis: die NSG-Alben wurden bis zum Jahr 2018 erstellt und enthalten daher z.T. synonyme Namen.

LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ 109


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Erhalt und Gefährdung der Soonwaldwiesen


Bis zur Unterschutzstellung der großen Soonwaldwiesen waren die Wiesen v.a. durch Auffors-
tung und Aufdüngung bedroht. Von den kleineren Wiesen sind daher viele bereits verschwun-
den. Heute sind zudem viele feuchte- und nässegeprägten Standorte durch Austrocknung
(Entwässerung, Trockenperioden) bedroht. Da diese Wiesen historisch gewachsen sind, d.h.
jahrhundertelang gemäht und beweidet wurden, können sie nicht erhalten werden, indem man
sie sich selbst überlässt. Die geeignete extensive Bewirtschaftung orientiert sich optimaler-
weise an den historischen Nutzungsweisen (vgl. Kap.4). Jedoch ist der Organisationsaufwand
sehr hoch, wenn kein Landwirt oder Schäfer im näheren Umkreis ist, der die Tiere auch be-
aufsichtigen kann.

Extensive Beweidung: mit Rindern in den Glashütter Wiesen (Foto links, P. Breuer)
und durch Rotwild - in den ansonsten gemähten Landwiesen (Foto rechts, D. Kortner)

Die Organisation dieser Maßnahmen in den Schutzgebieten wird wegen der erforderlichen
fachspezifischen Kenntnisse über das landesweite Naturschutzmanagement (Biotopbetreu-
ung und Vertragsnaturschutz) - zusammen mit der Forstwirtschaft und ansässigen Landwirten
umgesetzt.

3.7 Höhlen, Stollen und Burgruinen

Natürliche Höhlen sind im Landkreis Bad Kreuznach selten. Jedoch gibt es zahlreiche Berg-
werksstollen aus dem Schiefer- und Erzabbau (vgl. Kap.2.9 und 2.11), die ähnliche Lebens-
raumverhältnisse bieten, v.a. in den nicht touristisch genutzten Höhlenabschnitten. Leider sind
vielfach Höhlen und Stollen aus Sicherungsgründen zugeschüttet, vermauert oder gesprengt
worden. Auch unter manchen Burgruinen finden sich Reste unterirdischer Keller und teils ver-
schüttete Gänge. Hier stehen jedoch die steinigen Ruinen im Vordergrund, welche neben der
historischen Attraktion auch Sekundärlebensräume für Fels- und Trockenvegetation bieten.

110 LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Höhlen und Stollen - Lebensraum für Spezialisten


In den aufgegebenen Stollen leben häufig Fledermäuse. Sie nutzen Höhlen und Stollen sowohl
zur Überwinterung als auch im Sommer als "Rendezvousplatz". Als Wochenstube zur Aufzucht
der Jungen dienen zudem oft offene alte Dachstühle von Hofgebäuden, Scheunen und Kirch-
türmen. Detaillierte Untersuchungen zu Fledermausvorkommen aus den 1990-er Jahren gibt
es für das Stollensystem im unteren Hahnenbachtal mit seinen Seitentälern (Landkreise Bad
Kreuznach, Rhein-Hunsrück und Birkenfeld). In den über 100 bekannten Stollen konnten 1994
noch ca. 300 Fledermäuse mit 10 Arten nachgewiesen werden. Die landesweit vom Ausster-
ben bedrohte wärmeliebende Große Hufeisennase (Rhinolophus ferruquineum) hat noch bis
vor ca. 20 Jahren in den Höhlen und Stollen überwintert. Die Art wurde am unteren Hahnen-
bach zuletzt im Winter 1986/87 gefunden (AK FLEDERMAUSSCHUTZ IN RHEINLAND-
PFALZ 1994 a und b). Vor 1996 wurde sie noch beim Lemberg / Feilbingert / Schlossböckel-
heim nachgewiesen.112 Bei Sohrschied/Schwerbach nördlich von Bundenbach im Nachbar-
kreis Birkenfeld wurden bei Kartierungen im Jahr 2004 noch sieben Fledermausarten er-
fasst113.

Große Höhlen und Stollen haben ein ganz spezielles Kleinklima. Ab dem Eingangsbereich bis
ca. acht Meter nach innen sind sie frostfrei, bieten jedoch konstante kühle Temperaturen, eine
hohe Luftfeuchtigkeit und es ist immer dunkel. Auf den feuchten Steinen im Eingangsbereich
können noch vereinzelt Moose, Flechten und Farne wachsen. In den finsteren Höhlen gibt es
keine Pflanzen mehr, hier kommen neben den Fledermäusen jedoch zahlreiche an den Le-
bensraum angepasste Tierarten vor. Die hier lebenden Würmer, Schnecken, Spinnen, Krebse,
Tausendfüßler und Insekten sind an diesen Biotoptyp gebunden und können meistens außer-
halb der Höhlen gar nicht mehr überleben (BLAB 1986). Einige Insektenarten nutzen die Höh-
len, um zu überwintern (z.B. Nachtfalterarten wie Zackeneule (Scolipteryx libatrix) oder Höh-
lenspanner (Triphosa dubiata) vgl. BRONNER 1988, WEISHAAR 1985) oder um zu "übersom-
mern" (in Gewässernähe z.B. Köcherfliegen - Micropterna, Stenophylax).

Gefährdung und Beeinträchtigung der Arten in Höhlen und Stollen


Viele Stolleneingänge an den leicht zugänglichen Wanderwegen sind zum Schutz der Fleder-
mäuse vergittert worden - nicht zuletzt zum Schutz der Wandernden selber. Touristen und
Wanderer sollten es generell vermeiden, Stollen und Höhlen zu betreten oder ihren Abfall dort-
hin zu werfen. Die hier lebenden Tierarten, auch die Fledermäuse, sind extrem störanfällig und
auf das gleichbleibende Höhlenklima angewiesen. Es dauert ungefähr 100 - 200 Jahre, bis

112
https://map-final.rlp-umwelt.de/kartendienste/index.php?service=artdatenportal (Datenbestand bis 2015)
113
(s.o. 103 Artdatenportal)

LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ 111


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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sich "Höhlenspezialisten" in einem neuen Stollen eingestellt haben (BLAB 1986). Fledermäuse
benötigen "nur" 5 - 10 Jahre, bis neue Stollen oder gestörte Höhlen (wieder) angenommen
werden (KNOLLE 1988).

Burgruinen als Lebensraum - und Ausflugsziel


Ruinen und historische Bauten wie Burgen, Klöster und Türme sind beliebte touristische Aus-
flugsziele, aber zusätzlich - oft auch "trotz" der Frequentierung durch Besucher - hervorra-
gende Sekundärlebensräume für spezialisierte Tier- und Pflanzenarten. Grob gesagt, wirkt
eine Burg auf einem bewaldeten Hügel wie ein anstehender Fels, der aus dem Wald heraus-
ragt. Jedoch noch vielfältigere Lebensräume finden sich hier auf kleinstem Raum wieder:
hohe, sonnenbeschienene unverfugte Mauern und Türme einerseits oder verfallene Innen-
räume, welche je nach Ausdehnung dem Biotop der schattigen "Höhleneingänge" oder der
beschatteten Felswände entsprechen. Unter manchen Burgruinen verliefen zudem geheime
Gänge. Sie waren Verstecke und Lagerraum oder ermöglichten den ehemaligen Bewohnern
die Flucht aus der belagerten Festung. Heute sind die Gänge meist zerfallen oder zugeschüttet
worden.114
Der Biotopwert von Burgen und Ruinen verringert sich mit deren Restaurierungsumfang. Ge-
nauer gesagt: je intakter oder besser restauriert, umso interessanter für den Tourismus, je
"natur-/kulturbelassener", also etwas verfallener und ungestörter, umso wertvoller für die Tier-
und Pflanzenwelt. Verfällt die Burg hingegen weiter zu Geröll, wird überwachsen und völlig
beschattet, sinkt die Biotopvielfalt wieder ab. Eine wenig ausgebaute, freistehende hochgele-
gene und sonnenbeschienene Burgruine mit möglichst hohem Anteil an original-handbehaue-
nen örtlichen Mauersteinen, Mauern mit verschiedenen Neigungen und Schrägen, schattige
ungestörte Bereiche und möglichst noch mit einem offenen Turm für Brutvögel (z.B. Dohlen,
Greifvogelarten) wäre perfekt. Noch besser, wenn dazu noch ein reichstrukturiertes Umfeld
mit blütenreichen Wiesen, Obst, Wald, Hecken und Säumen vorhanden ist. Eine restaurierte
Burg in Ortsnähe mit ordentlich verfugtem Mauerwerk, umschlossenen historisch eingerichte-
ten Räumen, Blumengarten und Café erfreut hingegen die Touristen.

Steile hohe Burgmauern sind auf der Sonnenseite sehr trocken und warm und auf der Wetter-
seite Wind und heftigen Regenabflüssen ausgesetzt. Außerdem gibt es nur winzige Vor-
sprünge, auf denen sich Felsvegetation oder andere Pflanzen mit ihren Wurzeln halten kön-
nen. Wenn die Mauern geneigt sind, wie beispielsweise bei Simsen, Schrägen oder in Fen-

114
ein ausgedehntes Netz an Geheimwegen und unterirdischen Gängen existiert an der Burg Rheinfels (13. Jh.)
bei St. Goar zwischen Bingen und Koblenz (die Gänge sind teilweise auch zugänglich für Besucher).

112 LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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sterhöhlen etc., können sich neben den kleinen Mauerblümchen stellenweise sogar junge Bir-
ken und wärmeliebende Sträucher ansiedeln. Auf ebenen unbetonierten Mauerkronen wach-
sen kleine Magerrasenfragmente. Mauerfugen, Nischen und Hohlräume sind ebenfalls wichtig
für den Biotopwert der Ruinen. Sie können etwas Erdsubstrat anreichern und wirken tempera-
turausgleichend. Daher erleichtern sie die Ansiedlung anspruchsloser Pflanzenarten und bie-
ten kleinen Tieren Schutz und Versteckmöglichkeiten.

Mauervegetation
In den vermörtelten Mauerfugen haben es
Mauerpfeffer und Streifenfarn und selbst die
Moose schwer, weiter ins Mauerwerk hin-
aufzuwachsen.

Erst wenn der Mörtel über die Zeit zerfällt


und wenn sich ein wenig Erdreich in den Fu-
gen ablagert, hat die typische Mauervegeta-
tion eine Chance zu wachsen.

Foto R. Horn

Im Prinzip kommen an den Burgen ähnliche Arten vor wie auf den Weinbergsmauern (s. Kap.
3.1), jedoch sind sie hier Wind und Wetter noch mehr ausgesetzt und leiten dann zu den aus-
gesetzten Felsfluren oder unbewachsenen Felssteilwänden über (Kap. 3.2). Auch Flechten
sieht man häufig auf den Mauersteinen. Auf trockenen Steinen und anstehendem Fels domi-
nieren verschiedene Mauerpfefferarten und weitere Pflanzenarten der Sandrasen, Felsgrus-
fluren und trockener Blockschutthalden. Typische Pflanzenarten, die an den Mauern der Burg-
ruinen wachsen, sind auch das Bingelkraut (Mercurialis perennis) oder der ursprünglich aus
dem Mittelmeerraum stammende Goldlack (Erysium cheiri).
Am stickstoffreicheren Fuß der Burg ist es meist schattiger, hier wachsen häufig Saum- und
Pioniergesellschaften mit Brennessel, Beifuß oder Weidenröschen, die oft auch Nahrungs-

LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ 113


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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pflanzen für Schmetterlingsraupen sind. In den feuchteren Mauerfugen findet man das violett-
blühende Zimbelkraut und in schattigen verlassenen Räumen wachsen Magergräser und wei-
tere Farne und Moose. Je nach Standortausprägung und der daran angepassten Vegetation
finden hier auch die zugehörigen Tierarten ihren Lebensraum, z.B. Mauereidechsen, Dohlen
und Hausrotschwanz, diverse Schmetterlingsarten, Wanzenarten, Grabwespen, Ameisen,
Wildbienen und viele weitere Insektenarten.

Bei notwendigen Sanierungsarbeiten an Burgruinen sollten daher die Ansprüche und Belange
der Tier- und Pflanzenarten berücksichtigt werden. Dies insbesondere im Hinblick auf die ver-
wendeten Steine zur Ausbesserung, die Verfugung der Zwischenräume, das Betreten und auf
die Wegeführung.

Verschiedene Arten des Mauerpfeffers (Sedum sp.) und weitere Arten der Felsvegetation wachsen hier großflächig
auf den Felsen, die mit den Mauern der Schmidtburg ein Gesamtwerk bilden. Foto R. Horn

114 LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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4 ZIELE UND MAßNAHMEN IN DER


KULTURLANDSCHAFT

Der Erhalt der kulturhistorisch entstandenen Landschaften im Landkreis Bad Kreuznach ist mit
beträchtlichem Aufwand verbunden und die land-/forstwirtschaftlichen Erträge sind kaum von
Interesse. Warum sollten und wie können wir diese Landschaften also pflegen, schützen und
erhalten? Als Ausgleich zu Stadtlärm, Bebauung und Einheitsgrün sind diese naturnahen und
ruhigen Landschaften für die Menschen unersetzlich, zumal auch der Trend zum Urlaub in
Deutschland besteht.

Im Kern geht es beim Thema Kulturlandschaft und historische Bewirtschaftungsmethoden


darum:
 historisch gewachsene Kulturlandschaften zu schützen und zu erhalten,
biotopgerecht weiter zu bewirtschaften und wo möglich wieder zu erweitern - zum
Erhalt der vorhandenen Lebensräume, als Ausgangsflächen für die Einwanderung
der dort angepassten Arten in die Umgebung, Erhalt der Kulturlandschaft aus
kulturhistorischer Sicht und als Erlebnisraum für naturverträgliche
Erholungsnutzung
 in die heutige Land- und Forstwirtschaft wieder kulturhistorische
Nutzungselemente und Wirtschaftsweisen einzubinden - um die Biodiversität
und Strukturvielfalt zu erhalten und zu verbessern, Stressresistenz gegenüber
Umweltschäden und Anpassungsfähigkeit bezüglich des Klimawandels zu erhöhen
sowie die Lebensgrundlagen für Tier- und Pflanzenarten und den Menschen zu
sichern und zu verbessern.

Die zunehmenden Witterungsextreme im Rahmen klimatischer Veränderungen zeigen zudem


schon jetzt, dass wir nicht selbstverständlich auf die bisher gewohnten Erträge der land- und
forstwirtschaftlichen "Normal"nutzungsflächen zählen können. Zusätzlich zu den allgemein be-
kannten Maßnahmen zur Vermeidung weiterer Klimaänderungen muss bei den Bewirtschaf-
tungsmethoden angesetzt werden, um die Lebensgrundlagen zukünftiger Generationen zu si-
chern. Hierbei können auch die Nutzungsmethoden aus der Historie eine Hilfe sein.

LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ 115


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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4.1 Was wurde bisher getan? Kurzer Abriss der Naturschutztätigkeit

In Rheinland-Pfalz werden bereits seit Jahrzehnten über den Naturschutz viele Maßnahmen
für seltene natürliche und kulturhistorisch entstandene Biotope umgesetzt. Hierbei sind ehren-
amtliche Mitarbeiter, Naturschutzverbände, Naturschutzämter und weitere zuständige Behör-
den beteiligt.

Seit Mitte des vorigen Jahrhunderts wurden geeignete Flächen unter Schutz gestellt, hierunter
viele der kulturhistorisch entstandenen Biotope (vgl. Kap.3). Zunächst wurden Naturschutzge-
biete, Landschaftsschutzgebiete und Naturparke (hier NP Soonwald-Nahe) ausgewiesen.
Sehr kleine Flächen oder Einzelelemente stehen als Naturdenkmal oder Geschützter Land-
schaftsbestandteil (GLB) unter Schutz. Zwischen den Jahren 2000 und 2007 folgten auf EU-
Ebene die Natura-2000-Gebiete - also Flora-Fauna-Habitat- (FFH) und Vogelschutzgebiete
(VSG) und 2015 die Ausweisung des Nationalparks Hunsrück-Hochwald.
Über den ehrenamtlichen und den behördlichen Naturschutz wurden Arten und Biotope kartiert
und Planungen zu deren Erhalt und Entwicklung erstellt. Hierzu gehören als gebietsbezogene
Planungen die Pflege- und Entwicklungspläne für Naturschutzgebiete (LfUG 1981 - 2003)115
und seit 2011 die Managementplanungen für Natura 2000-Gebiete der SGDen116. Die gesetz-
lich geschützten Biotope wurden in den 1990er Jahren landesweit kartiert. Die Biotopkartie-
rung wurde ab 2000 bis ca. 2010 in wichtigen Teilbereichen aktualisiert. Im Frühjahr 2020
startete die landesweite Grünlandkartierung mit dem Landkreis Vulkaneifel, die Kartierungen
in den übrigen Landkreisen erfolgen in den Folgejahren.
Die Kartierungen und Zielaussagen sind eine wesentliche Grundlage der „Planung vernetzter
Biotopsysteme“ (VBS). Die VBS trifft nicht nur Aussagen zum Schutz der vorhandenen Be-
stände, sondern sie zeigt auch die Entstehungsgeschichte und weitergehende Ziele auf. Ins-
besondere werden für ausgewählte landschaftstypische Tierarten geeignete Vernetzungs- und
Verbindungsstrukturen aufgezeigt, um Zerschneidungs- und Verinselungseffekte zu vermei-
den und deren Vorkommen zu sichern und zu fördern.

Naturschutzmanagement des Landes RLP in Schutzgebieten inkl. naturschutzfachli-


cher Beratung in der Land- und Forstwirtschaft
Bereits wenige Jahre nachdem für einige Schutzgebiete die ersten Pflege- und Entwicklungs-
pläne vorlagen, wurden vom Land Rheinland-Pfalz geeignete Fachleute als Biotopbetreuer*in-

115
LfUG: Landesamt für Umweltschutz und Gewebeaufsicht, seit 2004 LUWG: Landesamt für Umwelt,
Wasserwirtschaft und Gewerbeaufsicht, heute LfU: Landesamt für Umwelt
116
SGDen: Struktur- und Genehmigungsdirektionen Nord und Süd

116 LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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nen und später auch als Berater*innen für Vertragsnaturschutzflächen beauftragt. Sie organi-
sieren seitdem die vorgeschlagenen Maßnahmen vor Ort und finden geeignete Maßnahmen-
träger (Landwirte, Forst, Schäfer, Feuerwehr, Schulen, Landschaftspflegebetriebe…). Somit
werden im gesamten Land Rheinland-Pfalz bereits seit den 1990er Jahren umfangreiche Maß-
nahmen zur Pflege und zum Erhalt von schützenswerten Biotopen, v.a. in Naturschutzgebie-
ten, später auch in Natura 2000-Gebieten und gleichwertigen Lebensräumen über das Instru-
ment der Biotopbetreuung und des Vertragsnaturschutzes geplant und umgesetzt. Seit 2019
wird die Biotopbetreuung zusammen mit der Vertragsnaturschutzberatung als Naturschutzma-
nagement bezeichnet.117

Um einen ersten Eindruck von den Betreuungsmaßnahmen in den Biotopen im Landkreis Bad
Kreuznach zu vermitteln, sind in der Tabelle im Anhang C118 beispielhaft schützenswerte Ge-
biete mit Maßnahmen der Biotopbetreuung aufgelistet.119 Vielfach handelt es sich hierbei um
Maßnahmen in Mager- und Halbtrockenrasen der Weinbergsbrachen und in den Soonwald-
wiesen (vgl. Kap. 3). Dazu kommen noch spezielle Maßnahmen z.B. zum Schutz der Würfel-
natter an der Nahe oder die Schilf-/Rohrkolbenmahd im Naturschutzgebiet Hellersberger Wei-
her.

Für die Umsetzung auf den Landwirtschaftsflächen wurden von den Naturschutz- und Land-
wirtschaftsbehörden die landesweiten EU-Vertragsnaturschutz (VN-) programme basierend
auf freiwilliger Teilnahme der Bewirtschafter konzipiert und kontinuierlich weiterentwickelt.
Spezielle Auflagen fördern hierbei biotopgerechte Nutzungsweisen, gefährdete Biotoptypen
und ausgewählte Arten (z.B. Feldlerche...). Zum Ausgleich für geringere Erträge erhalten die
Bewirtschafter eine festgelegte Förderprämie.120 Besonders für die extensive Bewirtschaftung
der rückläufigen mageren Wiesen und Weiden mittlerer Standorte, wie Berg- und Flachland-
mähwiesen121 und die Streuobstwiesen sind die Vertragsnaturschutz (VN)-programme bedeut-
sam (vgl. Kap. 3,4). Die Naturschutzmanager*innen beraten die Landwirte zu den verschiede-
nen VN-Programmen und begutachten die Arten- und Biotopausstattung der beantragten Flä-
chen hinsichtlich der Eignung für die Programme. Im landesweiten Projekt "Partnerbetrieb Na-

117
https://lfu.rlp.de/de/naturschutz/pflege-und-nutzung/ (Stand Juni 2020)
118
Maßnahmen der Biotopbetreuung im Landkreis Bad Kreuznach (R. Twelbeck 2018)
119
Informationen: Jahresberichte der Biotopbetreuung im Landkreis Bad Kreuznach, R. Twelbeck (2010-)2018
(intern für das LfU Mainz erstellt)
120
VN-Grundsätze s.: https://www.am.rlp.de/Internet/global/i-
netcntr.nsf/dlr_web_full.xsp?src=JJXSK917Y3&p1=I1030X1FQ8&p3=86W94RI038&p4=V3T2DV1CT7 (12/2020)
121
Als FFH-Lebensraumtypen geschützt

LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ 117


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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turschutz" arbeiten landwirtschaftliche Betriebe eng mit dem Naturschutzmanagement zusam-


men (Arten- und Biotopschutz sowie Umsetzungs- und Fördermöglichkeiten auf den Betriebs-
flächen).

In den Wäldern arbeiten Forst und Naturschutz insbesondere in den Schutzgebieten ebenfalls
seit Jahren zusammen. In den Pflege- und Entwicklungsplänen für Naturschutzgebiete und
den Natura-2000 Bewirtschaftungsplänen sind auch für die dortigen Wälder Zielvorgaben und
Vorschläge zur Maßnahmenumsetzung integriert, die in die forstliche Bewirtschaftung einbe-
zogen werden sollen.

4.2 Erhalt und Förderung historisch entstandener Biotope

Mit Blick auf die Entstehungsgeschichte der historischen Biotope im Landkreis (s. Kap. 2 und
3) sind auch zu deren Erhalt und Entwicklung ähnliche Maßnahmen wie damals erforderlich.
Das bedeutet, dass:

 die Verbrachung und die Verbuschung der vorhandenen artenreichen Halbtrockenra-


sen und Magerwiesen durch eine extensive Nutzung verhindert wird
 artenreiche Wiesen auf mittleren Standorten durch maximal zweimalige Mahd pro
Jahr erhalten und neue Wiesen aus Intensivgrünland oder auf Ackerflächen entwi-
ckelt werden
 Wälder weiter zu stabilen standortgerechten Laubmischwäldern weiterenwickelt wer-
den und Niederwälder erhalten bleiben und gefördert werden
 die charakteristische Artenzusammensetzung durch eine geeignete Bewirtschaftung
gefördert wird oder erhalten bleibt
 die Veränderung des Bodens, v.a. durch Aufdüngung oder Pestizideinfluss vermie-
den wird und das Bodenleben durch schonende Bewirtschaftungsmethoden erhalten
und gefördert wird
 die Intensivierung der Nutzung oder Flächenverbrauch (z.B. Wiesenumbruch, Bebau-
ung …) vermieden oder so gering wie möglich ist.

Die historische Bewirtschaftung lässt sich nicht kopieren und genauso umsetzen, wie es zu
ihrer Zeit möglich war. Um Kosten und Aufwand zu sparen, um Eigentumsverhältnissen ge-
recht zu werden und damit nicht zuletzt auch Erträge aus den Flächen möglich sind, sind vor
Ort Fachkenntnis zusammen mit Einfallsreichtum und dem nötigen Pragmatismus gefragt und
nicht zuletzt viel Geduld.

118 LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Berücksichtigt werden muss beispielsweise:

 Sind die Flächen noch genutzt oder liegen sie brach? Wem gehören die Flächen oder
wer hat sie gepachtet (Nutzungsrecht)? Wo sollte beweidet werden, wo besser gemäht?
 Können Vertragsnaturschutzprogramme (VN) für Grünland befürwortet werden oder sind
spezifischere und weitergehende Maßnahmen nötig? Möchte der Bewirtschafter über-
haupt ins VN-Programm?
 Was wird mit dem Grasschnitt gemacht, was ist mit dem angefallenen Holzschnitt aus
Freistellungsflächen, verwerten oder entsorgen?
 Welches Gerät ist für die Steigung, den Boden, etc. geeignet? Wer hat so etwas und
kann es einsetzen? Wie teuer? Gibt es auch kostengünstigere Alternativen?
 Kann ein Bewirtschafter kostengünstig mehrere Flächen bewirtschaften?
 Welche Flächen kann man zu einem Beweidungssystem für eine Schaftrift zusammen-
fassen und bekommt man einen geeigneten Schäfer? Welcher Zaun ist für Rinder,
Pferde, Ziegen oder Schafe notwendig? Sind die Zäune vorhanden oder falls nicht, zu-
mindest förderfähig? Muss das mit dem Jagdpächter abgestimmt werden oder gibt es
sonstige Beteiligte?
 Welche Weinbergsbrachen werden freigestellt, welche können zuwachsen? Lohnt sich
der Sanierungsaufwand für Weinbergsmauern an einer bestimmten Stelle? Welche Ar-
ten werden dadurch gefördert und gibt es bereits Populationen im Umkreis?
 Was passiert mit zusammenbrechenden Niederwäldern?
 Und bei Flächen, die schon länger betreut werden: Entwickeln sich die Arten und Biotope
wie gewünscht? Sollen/können sie im bisherigen Maß und Umfang weiter bewirtschaftet
werden? Mit demselben Maßnahmenträger? Oder sind Anpassungen, Korrekturen not-
wendig?
 Und viele derartige Fragen mehr …

Magergrünland allgemein
In Anlehnung an die Wirkungen der historischen Nutzungsweisen empfiehlt sich durch die Er-
kenntnisse aus Forschung und praktischer Erfahrung bei Magergrünland auf Folgendes zu
achten:

Bewirtschaftung vorhandener Flächen


 biotopgerechte (Schaf-, Rinder-, Pferde-) Beweidung
 Ziegenbeweidung ist besonders bei dichter Verbuschung geeignet, Pferde und Rinder
können auch die Rinde und Äste größerer Bäume verbeißen

LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ 119


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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 Schaftriftsysteme und spezielle Beweidungs(groß)projekte, wo sinnvoll und möglich


 einschürige Mahd auf Halbtrockenrasen und Nasswiesen, alle paar Jahre bei Pfeifen-
gras- oder Streuwiesen, 1-2 schürige Mahd oder Mähweide auf feuchten bis mittleren
Standorten
 bei Zwergstrauchheiden Schafbeweidung und wenn nötig, überalterte Heiden ca. alle
10 Jahre plaggen oder flämmen
 auf Feucht-/Nasswiesen Beweidung mit Rindern, späte einschürige Mahd oder/und ggf.
mulchen
 räumlich und zeitlich wechselnde Mahd (rotierende Mahdsysteme) auf größeren Par-
zellen, d.h. nicht die gesamte Fläche auf einmal mähen, damit Tiere auf ungestörte Be-
reiche ausweichen können, Blütenpflanzen aussamen können und Saumstrukturen ge-
schaffen werden
 Balkenmäher statt Kreiselmäher, um die vorkommenden Tiere zu schonen
 Verzicht auf den Einsatz von Dünger und Pflanzenschutzmitteln
 biotopschonende Reduzierung von Giftpflanzen (Jakobskreuzkraut, Herbstzeitlose) und
expansiven invasiven Arten (Zackenschötchen, Riesenbärenklau) auf Grünland, recht-
zeitig gegensteuern und die Bewirtschaftung entsprechend anpassen

Flächenerweiterung und Flächenverbund


 Wiederaufnehmen einer extensiven Beweidung oder Mahd und Vorbereitung durch
Entbuschungsmaßnahmen von nicht mehr genutzten oder zu intensiv bewirtschafteten
Flächen. Alternativ Eigenentwicklung zu Wald prüfen
 Flächenerweiterung durch Ausweitung einer gleichartigen Extensiv-Nutzung auf den
vorgesehenen Entwicklungsflächen (ggf. sind Maßnahmen zur Aushagerung bei an-
grenzenden Intensivflächen notwendig)
 Pufferzonen schaffen zur Vermeidung des Nährstoffeintrags aus benachbarten Flä-
chen, besonders wichtig bei Beständen in Hang- und Muldenlage
 Vernetzungselemente und Strukturen zwischen benachbarten Offenlandflächen schaf-
fen
 In Bachtälern Fichtenriegel entfernen und Ackerland zu Grünland umwandeln
 Extensivgrünland und Streuobstbestände erhalten und erweitern
 Flächenverbund über die Wälder: vorhandene Waldwege mit Saumbiotopen erhalten,
kein Ausbau oder Befestigung. Nachschottern von Waldwegen selten oder gar nicht.
Rückbau von Wegen auf das notwendige Mindestmaß. Hierzu gehören auch Zufahrts-
wege, die für den Bau von Windkraftanlagen ausgebaut oder neu angelegt wurden

120 LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Weideflächen - auf die Intensität der Beweidung und die Pflege kommt es an
Durch eine extensive biotopangepasste Beweidung mit geeigneter Nachpflege können arten-
und strukturreiche Weideländer entstehen. Kurzrasige Bereiche mit kleinen offenen Boden-
stellen und stehenbleibende höhere blütenreiche Bestände sind für Vögel interessant, die hier
bessere Nahrungs- und Versteck- und Nistmöglichkeiten finden als in den einfach strukturier-
ten gleichhohen Mähwiesen. Käfer und andere Insekten, aber auch Amphibien, z.B. die Gelb-
bauchunke, leben an kleinen Schlammlöchern und in Trittsiegeln. Auch die Vegetation ändert
sich auf kleinem Raum ständig. Schmetterlinge und Wildbienen finden hier noch Nektar, wenn
die umliegenden Wiesen gemäht sind.

Wenn das Grünland jedoch zu intensiv beweidet wird oder die Weidepflege mittels Nachmahd,
Mulchen oder Walzen fehlt, nimmt die Artenvielfalt wieder ab. Durch übermäßigen Vertritt wird
der Boden verdichtet und große offene Bodenbereiche entstehen. Der undurchlässige Boden
fördert Weideunkräuter, vor allem mehrjährige Verdichtungszeiger wie z.B. Weißklee oder
Kriechender Hahnenfuß. Auf offenen Bodenstellen können sich ein- bis zweijährige "Unkräu-
ter" aussamen. Ein Beispiel ist das giftige Jakobskreuzkraut und seit einigen Jahren zuneh-
mend das orientalische Zackenschötchen (s.u.). Selektives Fressverhalten der Weidetiere
führt zudem dazu, dass die verschmähten Pflanzen übrigbleiben und sich dann in der Fläche
ausbreiten können (z.B. hochwüchsige Ampferarten, Ackerkratzdistel).

Weinbergsbrachen speziell
Einige der alten Weinbergsbrachen im Landkreis sind bereits im Zusammenhang mit (Halb)-
Trockenrasen als Naturschutzgebiet oder geschützter Landschaftsbestandteil ausgewiesen.
Im Nahetal liegen viele Flächen zudem in den FFH-Gebieten "Nahetal zwischen Simmertal
und Bad Kreuznach" und "Obere Nahe" bzw. im Vogelschutzgebiet "Nahetal". Hier und auch
in den vielen nicht unter Flächenschutz stehenden artenreichen Weinbergsbrachen südlich
der Nahe bei Jeckenbach-Meisenheim wirkt der Naturschutz der übermäßigen Verbuschung
mittels Pflegemaßnahmen entgegen.

Viele der - zeitweise auch als Streuobstwiesen genutzten – ehemaligen Weinberge sind heute
jedoch inzwischen so sehr verbuscht, dass der Ersteinsatz zur Initialpflege sehr aufwändig ist.
Wenn die Weinbergsnutzung zudem schon lange her ist, ist der dort entstandene Wald inzwi-
schen für andere Arten ein wichtiger Lebensraum geworden, hält die Böden und bietet Schat-
ten. Initiale Entbuschungsmaßnahmen werden daher in erster Linie auf den Flächen umge-
setzt, auf denen die Erfolgsaussichten für Xerothermbiotope sehr gut sind, z. B. weil sie noch
nicht zu verbuscht sind oder/und an artenreiche bereits bestehende Magerwiesen angrenzen

LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ 121


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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und der Aufwand sich in Grenzen hält. Je nach Stärke des Aufwuchses und Geländebeschaf-
fenheit können die aufwachsenden Gebüsche zunächst mittels Freischneider, Balkenmähern
oder Mähraupen entbuscht werden. Die zu entwickelnden und die vorhandenen Halbtrocken-
rasen werden einmal pro Jahr gemäht oder extensiv beweidet - in Trockenjahren ist dies u.U.
nicht nötig, da der Aufwuchs zu gering ist. Bei einer Standweide entstehen je nach Besatz-
dichte meist kurzrasige Bereiche mit hohem Beweidungsdruck neben verfilzenden Brachein-
seln. Die Kombination Schafe mit Ziegen kann hier Abhilfe schaffen, denn die Ziegen fressen
auch die verfiltzten und verholzten Pflanzenteile, wohingegen die Schafe lieber das weichere
Gras fressen. Durch eine Mahd oder die ähnlich wirkende kurzzeitige Beweidung mit hohem
Weidedruck (z.B. Trift = viele Schafe beweiden die Fläche intensiv, aber nur über kurze Zeit)
können sich reine Halbtrockenrasen entwickeln.

Ziegenbeweidung auf stark verbuschten Hanglagen im Rahmen der Biotopbetreuung Foto: R. Twelbeck

Isoliert liegende Flächen sollten, wo immer möglich, durch lineare Strukturelemente (Wegrän-
der, Bahndämme, Waldschneisen) miteinander verbunden sein. Mehrere Flächen mit Halbtro-
ckenrasen und Magergrünland auf einem Hang können in ein zusammenhängendes Bewei-
dungssystem (Schaftrift) eingebunden werden, sofern die Flächen für die Schäfer mit ihren
Tieren einigermaßen problemlos zu erreichen sind. Solche Triftsysteme sind in der Regel or-
ganisations- und kostenaufwändig. Jedoch sind die Ergebnisse der Biotopentwicklung sehr
gut, auch weil die Schafherden im Zuge der Trift als sogenannte "Samentaxis" für viele Pflan-

122 LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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zen der Halbtrockenrasen fungieren und somit deren Verbreitung in artenärmere Flächen ge-
fördert wird. Die erwirtschafteten Produkte sind zudem als regionale Bioprodukte sehr gefragt,
je nach Schafrasse beispielweise Lammfleisch, Schafkäse oder pflanzlich gegerbte Felle.

Heideland
Sekundär entstandene Zwergstrauchheiden (s. Kap.3.3) würden ohne eine biotopgerechte
Pflege – so wie die Halbtrockenrasen – trotz des mageren Bodens mit der Zeit verbuschen
und zuwachsen. Zudem überaltert die Besenheide bei mangelnder Pflege. Die Heidegehölze
werden zu groß, brechen auseinander und die Heidefläche vergrast zunehmend. Die Flächen
müssen also, am besten entsprechend ihrer früheren Entstehungsgeschichte, mit Schafen und
Ziegen beweidet werden. Große Flächen können zusätzlich auf Teilflächen alle paar Jahre
abgeplaggt oder geflämmt werden, damit sich die Heidevegetation wieder verjüngt und die
aufkommenden anderen Gehölze zurückgedrängt werden. Nur durch diese Offenhaltungs-
maßnahmen lässt sich das offene Heideland erhalten.

Trockenrasen, Felsgrusgesellschaften, Trockengebüsche und Trockenwälder


Auf natürlichen Trockenstandorten an anstehendem Fels sind außer dem Schutz der Biotope
und des Standorts vor direkten Zerstörungen keine weiteren Maßnahmen nötig. Wenn die um-
liegenden und angrenzenden Flächen entsprechend bewirtschaftet werden, so dass keine ne-
gativen Einflüsse (Beschattung, Stoffeinträge) stattfinden, sind die eigentlichen Trockenstand-
orte pflegearm. Dies gilt auch für die meist kleinflächigen stabilen Vorkommen der primär ent-
standenen Heiden.

Feucht- und Nassbiotope (Nasswiesen, Seggenrieder, Moorstandorte, Tümpel etc.)


Generell sind Feucht- und Nasswiesen durch eine extensive Nutzung am besten zu erhalten -
Beweidung mit hierfür geeigneten Haustierrassen, einschürige Mahd oder nur alle paar Jahre
mähen, möglichst gestaffelt (d.h. nicht die gesamte Fläche zur gleichen Zeit). In stabilen Be-
ständen (Moore, Großseggenrieder, Pfeifengraswiesen, v.a. in den Soonwaldwiesen) reicht
gelegentliches Entbuschen bzw. extensive Beweidung auch mit Nachmahd, wobei auch aus-
reichend Saum- und Brachstrukturen für Vögel und Insekten belassen bleiben sollen. Bei der
Beweidung werden die Anzahl der Tiere und der Beweidungszeitraum an die Erfordernisse
der Biotoperhaltung und –entwicklung angepasst. Wichtig ist, dass die Verbuschung nicht zu-
nimmt - v.a in den ungemähten nassen Bereichen oder vom Waldrand ausgehend. Hier wer-
den aufkommende Gehölze alle paar Jahre entfernt. Für die Borstgrasrasen wäre es günstiger,
mehr Flächen zu beweiden, anstatt zu mähen (s. Arnika, Kap. 3.6). Früher wurde das minder-
wertige Mahdgut v.a. von Pfeifengraswiesen als Einstreu genutzt (vgl. Kap.2.4).

LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ 123


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Der Hellersberger Weiher bei Odernheim, das größte Stillgewässer im Landkreis, drohte aufgund des niedrigen
Wasserstands und massivem Aufwuchs v.a. des Rohrkolbens zu verlanden. Mit einem speziellen Mähboot wurde
die Wasseroberfläche wieder freigestellt. Nachdem Entwässerungsstrukturen geschlossen wurden, stieg auch der
Wasserspiegel wieder an. Foto D. Kortner

Durch die vermehrte Austrocknung in niederschlagsarmen Sommern verändert sich jedoch


gerade auf den feucht-nassen Standorten nicht nur die Artenzusammensetzung der Vegeta-
tion und der daran angepassten Tierarten. Auch die im dauernassen Boden gebundenen Mi-
neralien und organischen Ablagerungen können nun leichter oxidiert, zersetzt und ausgewa-
schen werden, so dass sich die Böden grundlegend verändern. Um solche Standorte zu er-
halten, muss alles dafür getan werden, dass zusätzlich entwässernde Einflüsse - Drainagen,
Entwässerungsgräben, Gewässerverrohrungen und Verbau etc. - zurückgebaut werden bzw.
dass im Gegenteil geprüft wird, inwiefern Anstau und Wiedereinleitung von Wasser in die Flä-
chen die Situation bei Bedarf entspannen kann (vgl. auch Wässerwiesen, Kap. 4.3).

Niederwälder, Mittelwaldreste
Diese historischen Wälder werden derzeit kaum genutzt. Teilweise wird noch Brennholz ge-
sammelt und gejagt, ansonsten sind die langsam veraltenden Niederwälder weitgehend sich
selbst überlassen, sofern sie nicht durch die Forstwirtschaft in Hochwald überführt wur-
den/werden. Eine Überalterung ist zunächst nicht unbedingt nachteilig. Der Artenschutz profi-
tiert sehr vom Alt- und Totholz und der Wandertourismus vom Landschaftsbild mit hellem,
blickdurchlässigem Wald. Alte Wälder mit entsprechendem Alt-/Totholzanteil gibt es im Wirt-
schaftswald ansonsten nicht so häufig, es sei denn, Forst und Naturschutz veranlassen den
Schutz ausgewählter Altholzinseln oder Einzelbäume, z.B. auch der alten Mittelwaldbäume.

124 LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Jahrzehnte später könnten die Niederwälder jedoch anders aussehen: Die instabilen Bäume
sind umgestürzt, ohne forstliche Maßnahmen kommen auf den entstandenen Lichtungen
Brombeeren, Gebüsche und Pioniergehölze auf und es könnte ein neuer natürlicher Hochwald
aufwachsen. Durch Trockenheit und einen hohen Schwarzwildbestand ist die Wiederbewal-
dung jedoch schwierig, besonders an den steileren Hängen. Noch sind die alten Niederwälder
für den Artenschutz sehr bedeutsam. Eine Wiederaufnahme der großflächigen regelmäßigen
Niederwaldnutzung, v.a. auf den Trockenstandorten, ist aus Naturschutzsicht und im Hinblick
auf die Klimaerwärmung heute allerdings wenig sinnvoll. Aufgrund des hohen Biotopwertes
der alten Niederwälder muss man sehr differenziert an eine Wiederaufnahme der Nutzung
oder an Pflegemaßnahmen herangehen. Keinesfalls dürfen ganze Bestände zur selben Zeit
heruntergeschlagen werden, zeitversetztes und kleinflächiges „auf den Stock setzen“ kann
jedoch stellenweise dort sinnvoll sein, wo die Bäume noch nicht zu überaltert sind und auch
wieder frisch austreiben können. Der Wald würde stellenweise verjüngt und es würden kleine
Lichtungen und Aussichtspunkte entstehen.

4.3 Land- und Forstwirtschaft - Klimawandel und Bewirtschaftung

Neben den beschriebenen extensiven Biotopen aus der historischen Nutzung (s. Kap.3 und
4.2) wird ein Großteil der Land- und Forstwirtschaftsflächen im Landkreis Bad Kreuznach kon-
ventionell mehr oder weniger intensiv bewirtschaftet. Wegen des Klimawandels und besorg-
niserregender Artenverluste durch intensive Landnutzung werden diese Wirtschaftsweisen zu-
nehmend hinterfragt und auf den Prüfstand gestellt. Hier rücken neben neueren Forschungen
auch die alten Erfahrungen, die aus der historischen Nutzung entstanden sind, wieder in den
Vordergrund. Nach dem Motto: Aus allen Nutzungsweisen das Gute umsetzen und das Un-
günstige vermeiden.

Von Vorteil bei historischen Wirtschaftsweisen war der enorme Strukturreichtum, die verzahn-
ten Übergänge zwischen Wald und Offenland, organische Düngung, Fruchtwechselfolgen, ge-
sundes Fleisch, Sortenvielfalt, heimisches Saatgut, Naturverjüngung und ein natürlicher Ar-
tenreichtum. Bei der modernen Bewirtschaftung sind der Erhalt und Aufbau großflächiger
Hochwälder, höhere Erträge in der Landwirtschaft und arbeitserleichternde Maschinen vorteil-
haft.
Ungünstig war hingegen die historische Übernutzung der Wälder, Degradierung der Böden
und die harte körperliche Arbeit. In der heutigen Land- und Forstwirtschaft besonders ungüns-
tig für die biologische Vielfalt ist die einheitliche großflächige Bewirtschaftung: im Forst mit
Bodenverdichtung, wenigen Hauptbaumarten, auch standortfremden Arten (Fichte, Douglasie,

LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ 125


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Roteiche…), strukturarmem Aufbau, zu kurzen Umtriebszeiten mit einheitlichen Altersklassen,


tw. Kahlschlag, in der Landwirtschaft tierschutzwidrige Fleischwirtschaft, wenige Anbausorten,
industrielles Saatgut, Strukturarmut und große Wirtschaftsflächen, chemische Spritzmittel,
Düngung - und der dadurch verursachte Artenschwund in Wald und Flur.

Aus den Vorteilen der historischen Nutzung kombiniert mit natürlichen Entwicklungsprozessen
und technischem Fortschritt lassen sich jedoch auch für die heutige Landnutzung - ohne Rück-
schritt zu den früheren Zuständen - geeignete Empfehlungen ableiten. Die bereits jetzt statt-
findenen Klimawandelprozesse sind schwer für die Zukunft einschätzbar, jedoch ist es sicher,
dass die Chance der Anpassungsfähigkeit von biotischen Systemen umso besser ist, je viel-
fältiger und artenreicher die Ausgangssituation ist. Historische Wirtschaftsweisen sind in die-
sem Zusammenhang ein wichtiger Beitrag zur Förderung der Biodiversität in Wäldern und auf
landwirtschaftlich genutzten Flächen.

Die Prognosen, inwieweit sich der Klimawandel auf die Pflanzen und die Standortbedingungen
auswirken wird, ändern sich laufend. Durch das Abschmelzen der Polkappen und die Schwä-
chung des Golfstroms können sich die Wetterlagen zunehmend festsetzen, d.h. lange Tro-
ckenperioden sind genauso möglich wie langanhaltende Regenmonate, was generelle Bewirt-
schaftungsempfehlungen erschwert. Die Trends gehen derzeit in Richtung längere Trocken-
perioden und örtlich begrenzte Starkregen im Sommer bei milden regenreichen Wintern. Wenn
es noch wärmer und trockener wird, wie die letzten Jahre bereits andeuten122, müssten mög-
lichst geeignete widerstandsfähige Arten in die trockener werdende Umgebung einwandern
können. Mittlerweile finden sich zudem immer mehr Arten aus dem Mittelmeerraum auch in
Rheinland-Pfalz. Bei einer Klimaerwärmung wären artenreiche Heiden, Halbtrockenrasen und
Magerwiesen besonders geeignet als Ausgangsflächen für die Ausbreitung heimischer Arten.
Zudem sichern sie den Arterhalt und das Überleben ganzer Populationen.

4.3.1 Grünland, Ackerland und Rebbau


Im Hinblick auf den nutzungsbedingten Artenschwund und die Klimaveränderungen wird auch
politisch angestrebt, größere Veränderungen bei der heutigen Landwirtschaft zu initiieren. Vor-
schläge hierzu werden hinsichtlich der Anpassung der Vorgaben zur Förderung naturverträg-
licher Nutzungsweisen auf landwirtschaftlichen Flächen eingebracht z.B. bei der Weiterent-
wicklung der VN-EULLa-Programme, Ökolandbau und Partnerbetriebe Naturschutz (Opper-
man et.al. 2021).

122
s.a. UFZ-Dürremonitoring: https://www.ufz.de/index.php?de=47252 (Stand 2020)

126 LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Die intensive Nutzung im Landkreis Bad Kreuznach betrifft v.a die tiefen Lagen mit Rebanbau
östlich von Bad Kreuznach (Richtung Biebelsheim, Pfaffen-Schwabenheim, Wöllstein..) und
die ebenen Hochlagen mit Rebanbau, Äckern und Intensivwiesen westlich von Bad Kreuznach
(um Hüffelsheim, Roxheim, Guldental…), aber auch einige Bereiche im Soonwaldvorland.
Fehlen zudem die Strukturen wie Einzelbäume, Hecken und Gebüsche, verstärkt sich der Ein-
druck einer ausgeräumten Landschaft. Nutzungen, die an historische Nutzungsweisen an-
knüpfen, können hier sehr zur Verbesserung der Situation beitragen.

Wie in der Waldwirtschaft (s. Kap. 4.3.2) betrifft eine mögliche Klimaerwärmung die Landwirt-
schaft besonders auf den ohnehin schon wärmebegünstigten Klimastandorten im Landkreis.
Vor allem die Zeiten ohne Bodenbedeckung sind auf großen Äckern nach der Ernte oder auf
Rebland in Hanglangen für die Böden im Hinblick auf Erosion und Wasserspeicherfähigkeit
ungünstig (vgl. auch Kap. 2.7 und 3.1). Lehmböden speichern zwar das Wasser länger als
sandige Böden, trocknen aber steinhart und rissig. Auf den Äckern gingen die Ansaaten in den
letzten Jahren wegen der Frühjahrstrockenheit teilweise gar nicht erst auf oder die Pflanzen
wuchsen schlecht und verdorrten auf den Flächen. Den winters offenliegenden Äckern fehlt
zudem der Frost, welcher die Bodenstruktur durch Frostsprengung verbessert. Stattdessen
verschlämmt der Dauerregen die Bodenporen. Mit der Schädigung des Bodenlebens geht
auch die Wirkung des Bodens als CO2-Speicher zurück.
Sogar das Grünland trocknet in sehr regenarmen Sommern aus und bringt kaum Erträge. In
den trockenen Regionen wächst das Gras nach der Frühjahrsmahd kaum nach und vertrock-
net, so dass eine zweite Mahd zur Heuernte nicht lohnt oder gar nicht möglich ist. Auf den
vertrockneten Lücken in der Grasnarbe können zudem Ruderalpflanzen vordringen, die die
Wiesen für die Heugewinnung unbrauchbar machen können.

Derzeit laufen in der Landwirtschaft zahlreiche Forschungsprojekte zu wassersparenden Be-


wässerungssystemen (z.B. entsprechend historischer Wässerwiesen, welche über Graben-
systeme geflutet wurden oder Tröpfchenbewässerung im Ackerbau), zur Mulchansaat, effek-
tiveren Düngerausbringung oder zu alternativen trockenheitsresistenten Anbaufrüchten. Hier
gibt es gute Ansätze, um mit den Ressourcen sparsamer umzugehen. Auch Speichermöglich-
keiten der im Winter anfallendenden Regenmengen werden untersucht. Jedoch berücksichti-
gen viele Forschungen lediglich die Nutzfläche samt Anbaumethodik und Erntemenge - isoliert
von der Umgebung und weitgehend unabhängig von der Größe der Wirtschaftsfläche. Diese
Aspekte haben jedoch einen großen Einfluss auf das Kleinklima der Landschaftsräume, auf
die Artenvielfalt und somit die Belastbarkeit der biologischen Systeme. Selbst wenn auf großen
einheitlichen Flächen weniger Wasser und Dünger ausgebracht werden muss, ist erst ein Teil

LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ 127


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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der heute wichtigen Ziele erreicht. Dazu gehört auch der Erhalt der heute so aktuell gefährde-
ten Fauna und Flora, insbesondere der Insekten- und Vogelwelt - wie auch eine nachhaltige
Bewirtschaftung der landwirtschaftlichen Fläche im Gesamtzusammenhang.

Welche Aspekte aus der historischen Bewirtschaftung könnten somit bei der heutigen Bewirt-
schaftung eingebunden werden?

Wirtschaftsflächen mit untergliedernden Strukturelementen: Die Äcker und Wiesen waren ehe-
mals klein, da die Bewirtschaftung aufgrund fehlender Maschinen anders nicht möglich war.
Gehölze wurden gebraucht und daher nicht völlig entfernt. Hecken, Bäume und Gebüsche
lassen das Wasser nicht so schnell abfließen und halten somit die Böden in den Flächen,
geben Schatten und in der beschatteten gräserreichen Unterschicht können sie auch Wasser
speichern.

Leider sind diese alten Obstinseln auf der Ackerfläche das Überbleibsel einer umgebrochenen Streuobstwiese.
Jedoch zeigt dies Beispiel, dass selbst ein großer Acker durch Gehölze untergliedert und trotzdem befahrbar
sein kann. In ausgeräumten Landwirtschaftsflächen gäbe es durchaus viel Potential für mehr Struktur. Zudem
sieht es einfach auch noch schöner aus. (Beispiel aus dem Landkreis Bitburg-Prüm) Foto A. Weidner

Unbefestigte oder wenig geschotterte Wirtschaftswege mit ausreichend breiten Rainen und
Säumen trugen zur Strukturvielfalt bei, boten Insekten und anderen Tieren Lebensräume, nicht
zuletzt auch Deckung für die natürlichen Fressfeinde (Füchse, Marder...) von Mäuseplagen.
Dies wäre auch heute viel öfter wieder möglich. Auch könnten großflächige Äcker, Wiesen und
Weinbaulagen wieder mit Gehölzen strukturiert und trotzdem maschinell bewirtschaftet wer-
den. Man müsste die Gehölze so anlegen, dass die Flächen gut befahrbar bleiben. Gehölz-
schnitt könnte - entsprechend der kulturhistorischen Nutzung – auch in der Zukunft wieder eine

128 LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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höhere wirtschaftliche Bedeutung für die Landwirte bekommen, z.B. für die energetische Nut-
zung (vgl. 4.4) oder als Rohstoff für neue naturverträgliche Produkte.

Ackerland, Anbaufrüchte und Saumstrukturen


Zur Ansaat von Getreide und Feldfrüchten wurden bis ins letzte Jahrhundert vorwiegend regi-
onale Züchtungen verwendet, die optimal an die jeweiligen Standorte angepasst waren. Dem-
zufolge war die Sortenvielfalt hoch und in den verschiedenen Regionen waren unterschiedli-
che Sorten erhältlich. Durch moderne Zuchtverfahren beschränkt sich die Auswahl heute auf
wenige Hochertragssorten, die überall angebaut werden und von Agrarkonzernen vertrieben
werden. Für die hohen Erträge ist jedoch viel Dünge- und Spritzmitteleinsatz erforderlich.
Wenn solche Sorten zudem durch Klimaereignisse, Schädlingsbefall oder Krankheiten ausfal-
len, ist das Problem flächendeckend.
Vor allem in den ökologisch bewirtschafteten Betrieben werden heute wieder vermehrt alte
Getreidearten (Einkorn, Dinkel, Emmer, Urroggen, Hirse, Linsen ...) angebaut (u.a. MIEDA-
NER und LONGIN 2017). Viele dieser Arten wurden bereits von den Kelten und Römern kul-
tiviert123. Sie sind zwar weniger ertragreich und aufgrund der Spelzen schwerer zu verarbeiten,
jedoch anspruchsloser und widerstandsfähiger. Linsen können z.B. längere Trockenheiten
"aussitzen", d.h. sie sterben nicht ab, sondern sie machen lediglich eine Wachstumpause, bis
es wieder regnet. Als Naturkost sind die Körner vielfach gefragt, da sie nährstoffreicher und
wegen des geringeren Glutengehalts besser bekömmlich sind. Auch die aus Amerika stam-
menden trockenheits- und frostresistenten Pseudogetreide (Amaranth, Quinoa, …) werden
versuchsweise angebaut. Generell sollte das Arten- und Sortenspektrum wieder größer wer-
den, um auf Klimaveränderungen und Schadereignisse schnell reagieren zu können.

Seit der Energiewende werden zudem starkwüchsige Energiepflanzen angebaut (Mais, Mis-
canthus…), welche durch den hohen dichten Wuchs das Landschaftsbild und die biotische
Ausstattung verändern. Um zumindest die abrupten Übergänge zwischen Wald / Wegen und
den hochwüchsigen Flächen abzumildern, sollten gerade hier breite Säume und Ackerrand-
streifen (s.u.) als Leitlinien für den Artenschutz entwickelt werden. In Dürrejahren wird der an-
gestrebte Ertrag beim Maisanbau jedoch vielfach nicht mehr erreicht.

In Äckern und an Saum- und Ackerrrandbereichen war die Artenvielfalt früher sehr viel höher
als heute. Der Wuchs der alten Sorten und Arten war weniger dicht und Herbizide gab es noch
nicht, so dass neben dem Korn dort eine Vielzahl einjähriger Ackerwildkräuter (Kornblumen,

123
https://de-academic.com/dic.nsf/dewiki/826905#Getreide (12/2021, Römische Landwirtschaft)

LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ 129


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Mohn, Kornrade...) wachsen konnte. Diese Nahrungsgrundlage für die Insekten- und Vogel-
welt ist weitgehend verloren gegangen. Im Vertragsnaturschutz werden daher spezielle Acke-
randstreifenprogramme angeboten, die durch eine reduzierte Aussaatstärke am Ackerrand die
Blütenvielfalt für die Insekten erhöhen sollen. Auf einigen kleinen Äckern und Wildäckern dür-
fen neben den "Futterpflanzen" eingesäte Blütenpflanzen und natürlich aufkommende Wild-
kräuter wachsen.

Die früher häufigen Acker-


wildkräuter, hier Kamille
und Kornblumen, gibt es
heute meist nur noch auf
Äckern, die über entspre-
chende Förderprogramme
z.B. Ackerrandstreifenpro-
gramme – finanziert wer-
den.

Foto: S. Venz

Bodenbedeckung abgernteter Felder: Früher wurden die Felder nach der Ernte nicht sofort
umgepflügt. Außerdem wurde im Herbst Mist und Streu aus den Stallungen auf die Felder
verbracht. Wenn die Getreidestoppeln länger stehengelassen oder der Boden mit Mulchgut
abdeckt wird, versickert der Regen leichter und fließt nicht gleich ab. Durch die oberflächen-
nahe Beschattung wird zudem die Austrocknung verringert. Somit wird auch das Bodenleben
vor extremen Wechseln - nass und trocken – geschont und auch der Feldhamster findet hier
wieder Nahrungs- und Versteckmöglichkeiten und kann dort seine Wintervorräte sammeln und
lagern.

Belassen der Stoppelfelder ist z.B. Bestandteil von Vertragsnaturschutz-Ackerprogrammen.


Auch beim Anbau von Zwischenfrüchten, z.B. Leguminosen oder Blühflächen, können die
Stoppeln stehengelassen werden (s.u.). Im Rebland dürfen immer häufiger Grasstreifen oder
einjährige Blühstreifen bzw. Gründüngung zwischen den Rebzeilen wachsen.

130 LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Weniger Bodenbearbeitung und schonende Ernte, mit Fruchtfolgen und Zwischenfrüchten


Diese Wirtschaftsweise aus der historischen Nutzung verhindert einen übermäßigen Unkraut-
druck und ermöglicht die Stickstoffversorgung über Leguminosen und Mistdüngung, ohne dass
chemische Spritzmittel und Kunstdünger oder Gülle eingesetzt werden müssen. Die Böden
werden nur selten umgepflügt, die Zwischensaat wird nur oberflächlich in die Böden einge-
bracht. Somit sind die Böden fast ganzjährig bedeckt und die Humusbildung wird gefördert.
Die Methoden werden daher bereits heute wieder – mit arbeitstechnischer Optimierung - im
Ökolandbau angewandt124 und für die konventionelle Landwirtschaft empfohlen.

Nicht nur zum Holzrücken im Forst werden heute wieder Pferde eingesetzt. Wiederentdeckt
und voll im Trend ist auch die schonende Bewirtschaftung mit Zugpferden auf Wiesen und
Ackerland.125

Alle zwei Jahre werden auf der Messe "Pferdestark" am Schloss & Gut Wendlinghausen in Dörentrup (NRW) Ge-
spanne, Wirtschaftsmethoden und die neuesten Geräte in Vorführungen und Wettbewerben vorgestellt. Die 2017
vorgestellte Rundballenpresse wickelt hier lediglich zu Vorführzwecken Gras statt Heu. 126 Foto R. Horn

124
https://www.oekolandbau.de/landwirtschaft/pflanze/grundlagen-pflanzenbau/boden/reduzierte-bodenbearbei-
tung/
125
https://www.ig-zugpferde.de/landesverbaende/lv-rheinland-pfalzsaar/, (alle links Stand 2020)
126
Auf einer Wiesenfläche alle Schritte des Heumachens in voller Aktion: https://www.pferdestark.net/
hier etwas zum Reinschnuppern aus der "Pferdestark 2017": https://www.youtube.com/watch?v=Xcx8BJxzifA

LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ 131


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Selbst im nicht zu steilen Weinbau kann zwischen den Rebzeilen mithilfe von Pferden gegrub-
bert und gemulcht werden. Laufend werden neue und optimierte Pferdezuggeräte entwickelt:
handliche Eggen, Pfüge, Mulcher, Heumäher -wender und –pressen, ein- und mehrspännig,
teilweise auch ergänzend motorbetrieben. Für moderne Pferdezuggeräte werden teilweise
Kleingeräte umgebaut, die eigentlich von Treckern gezogen werden. Viele werden bereits von
Spezialfirmen komplett für Pferdezug produziert, beispielsweise in den USA oder Schweden.
Im Gegensatz zu den holperigen schwerfälligen Geräten von früher sind sie bequem und kom-
fortabel zu handhaben. Auch größere Flächen können effektiv bewirtschaftet werden. Der prä-
zise und professionelle Umgang mit den Pferden auf dem Land ist zudem eine anspruchsvolle
und zutiefst befriedigende Arbeit.

Ein weiterer Vorteil: Die gefährdeten alten Haustierrassen (Kaltblutpferde) werden nun nicht
mehr allein durch Erhaltungszuchten vermehrt. Der Bedarf wächst wieder und durch Zucht und
Spezialausbildung der Pferde entsteht im Landbau und in der Forstwirtschaft ein neuer Markt
mit hochqualifizierten Arbeitsplätzen. Die Unterstützung solcher boden-, arten-/biotop- und kli-
mafreundlichen Wirtschaftsweisen, z.B. durch EU-Förderung, wäre äußerst sinnvoll.

Zusammensetzung des Grünlands: Als es noch kein spezielles Saatgut für Futtergräser gab,
wurden Wiesensamen mittels Heudrusch auf die Flächen verbracht oder die Samen wurden
von benachbarten Flächen eingetragen. Diese einheimischen (autochthonen) Samen waren
optimal an den Standort angepasst und bildeten zusammen mit den darin enthaltenen Wild-
kräutern artenreiche Wiesen. Sie waren nicht nur gesünder für die Weidetiere, sondern auf-
grund der Artenvielfalt auch anpassungsfähiger gegenüber Witterungs- und anderen Einflüs-
sen.

Das heutige überdüngte drei- bis viermal oder noch öfter gemähte Ansaatgrünland zur Silage-
gewinnung ist ständig kurzrasig, vertrocknet leicht und liefert Silage, die sich zwar zum schnel-
len Aufmästen von kurzlebigem Schlachtvieh eignet - aber Tiere, die länger leben oder ein
besseres Fleisch liefern sollen, nicht gesund erhält. Zudem ist ein mehrfacher Schnitt nur bei
ausreichendem Regen möglich.

Für die Pferdefütterung beispielsweise ist Heu und Weidegrün aus Ansaatmischungen mit
Weidelgras (Loliumzüchtungen) sogar ungeeignet. Weidelgraszüchtungen enthalten Endop-
hytenpilze (Epichloë), die das Gras stressresistenter gegen Verbiss und Trockenheit machen.
Jedoch zeigen Studien, dass in den gängigen Weidelgras-Gräsermischungen Alkaloide in ho-
hen Konzentrationen enthalten sind. Die Alkaloide werden von den Pilzen produziert und sind
giftig für empfindliche Weidetiere - vor allem für Jungtiere und Pferde (z.B. KRAUS et.al. 2020,

132 LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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VANSELOW 2011, 2019 etc.). Diese Tiere sollten daher kein Futter von Ansaatgrünland, son-
dern ausschließlich von langjährigen Wiesen mit standortheimischen Gräsern und Blütenpflan-
zen bekommen.

Mittels Heudrusch aus umliegenden artenreichen Flächen wurden im Naturschutz mit gutem
Ergebnis bereits solche Wiesen angelegt oder verarmte Wiesen aufgewertet. Bis sich jedoch
die typische Artenzusammensetzung stabilisiert hat, dauert es ca. 20 Jahre (vgl. Kap. 3.4) -
ein Grund mehr, die bestehenden Wiesen zu erhalten.

Extensiv genutzte Wiesen: Mangels Mineraldünger wurden Wiesen früher nur ein- oder zwei-
mal pro Jahr gemäht. Die meiste Zeit im Jahr war die Grasnarbe eher hochwüchsig, gut ge-
schichtet und blütenreich. Erhalten werden können solche Wiesen durch die o.g.ein- bis zwei-
schürige Mahd pro Jahr. Auch Mähwiesennutzung ist geeignet, d.h. biotopangepasste Bewei-
dung und Nachmahd – ohne oder nur mit geringer Düngung nach Bodenanalyse, auch ohne
Aufbringung von Gülle oder Klärschlamm. Wenn nötig, können Wiesen auf mittleren Standorte
mit Festmist bzw. Mistkompost127 entsprechend der historischen Bewirtschaftung gedüngt wer-
den. Festmist wird langsamer umgesetzt als Gülle und gelangt somit eher an die Pflanzenwur-
zeln als ins Grundwasser. Magerwiesen und Grünland auf Extremstandorten (nass, trocken)
sollte garnicht aufgedüngt werden.
In Rheinland-Pfalz steht derzeit der Rückgang von artenreichem Grünland im Focus. Sollten
sich tier- und menschengerechtere Lösungen durchsetzen, käme man um eine Erhöhung des
Anteils artenreicher Wiesen nicht herum. Zur Förderung werden z.B. Vertragsnaturschutzpro-
gramme (vg. Kap. 4.2) angeboten. Diese Programme zur Extensivierung werden verstärkt im
"Partnerbetrieb Naturschutz" und im Ökolandbau angewandt, aber auch in vielen konventio-
nellen Betrieben.128,129

Wiesenbewässerrung: Seit dem Mittelalter und v.a. im 19. Jh. wurden sogenannte "Wässer-"
oder "Rieselwiesen" über Bewässerungsgräben, Schließen und Stauwehre und Weiher dosiert
geflutet, um mehr Erträge durch gleichmäßige Bodenfeuchte und mittels eingeschwemmter
Nährstoffe in den Schlämmen zu erzielen. Wässerwiesen waren früher in ganz Mitteleuropa,
so auch in Rheinland-Pfalz v.a. entlang von Gewässertälern verbreitet, jedoch findet man

127
Mistwürmer können große Mengen an Festmist schnell zu Kompost umsetzen. Hierdurch reduziert sich das
Volumen des anfallenden Mists enorm und Nährstoffe (Nitrat) werden bei der Kompostierung abgebaut .
128
VN-Grundsätze s.: https://www.am.rlp.de/Internet/global/i-
netcntr.nsf/dlr_web_full.xsp?src=JJXSK917Y3&p1=I1030X1FQ8&p3=86W94RI038&p4=V3T2DV1CT7
129
Grünland im Partnerbetrieb Naturschutz s.: https://www.partnerbetrieb-naturschutz.rlp.de

LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ 133


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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heute oft nur noch Reste der alten Stauanlagen, Veränderungen im Bodenrelief oder Gräben,
die auf diese Wirtschaftsweise rückschließen lassen.130
Dieses effektive, aber personalintensive Verfahren ist heute auf den gedüngten und maschinell
bewirtschafteten Wiesen aufgegeben worden und wird nur noch in wenigen Modellprojekten
weitergeführt bzw. reaktiviert. Ein schönes Beispiel in Rheinland-Pfalz sind die Queichwiesen
im Landkreis Südliche Weinstraße (KIEBEL, BAUER 2017), die als Immaterielles Kulturerbe
(UNESCO) gelistet sind. Hier gibt es ein gut erhaltenes, auch heute funktionierendes und stän-
dig betreutes großflächiges Wässerwiesensystem in ebener Lage. Regelmäßig finden dort Ex-
kusionen und Führungen zur Wiesenbewässerung statt.131

Heute könnte sich die Verrieselung von anfallendem und gespeichertem Regenwasser aus
den nassen Wintermonaten bei nachfolgender Trockenheit wieder lohnen, zumal sich der Wirt-
schaftsaufwand mittels digitaler intelligenter Steuerung der Stauanlagen und Wässerzeiten
wohl minimieren ließe.

4.3.2 Waldwirtschaft, Biotop- und Klimaschutz


Während in historischer Zeit, v.a. im Mittelalter bei Waldweide und Loh-/Niederwaldbewirt-
schaftung die Wälder zwar artenreich, aber stellenweise so übernutzt wurden, dass kein Baum
mehr auf den Böden wuchs, wurde danach mit Hochwald und Forst wiederbegründet. Jedoch
ging durch intensive Wirtschaftsmethoden der Biotopwert zugunsten des Holzertrags zurück.

Ein interessanter Mittelweg zwischen beiden Wirtschaftsweisen findet sich in einigen langjäh-
rig "herrschaftlich" genutzten Wäldern. Diese wurden schonend bewirtschaftet und dienten ne-
ben den Holzerträgen vor allem auch der Jagd. Hier gab es Hochwald mit jungem Dickicht,
Lichtungen und Wiesen für das Wild. Alte Charakterbäume, die aus der Mittelwaldnutzung
übriggeblieben waren, blieben als schattige Rastplätze bestehen und sind heute oft als Natur-
denkmal ausgewiesen. Solche Wälder leiten zu den naturnahen Wäldern und den unbewirt-
schafteten Naturwäldern mit hohem Biotopwert über. Die bisherigen Funktionen, auch in den
Wirtschaftswäldern, haben sich heute v.a. um Ökosystemleistungen erweitert – Biodiversität,
Artenreichtum, Erholung, Erosionsschutz, CO2-Speicher und Klimaschutz werden immer
wichtiger - auch um hohe Folgekosten durch den Klimawandel zu minimieren. Die ausschließ-
liche Holzproduktion tritt dabei zunehmend in den Hintergrund.

130
z.B. auch beschrieben in "Historische Landnutzung Vulkaneifelkreis" für Wässerwiesen in Hanglagen (HORN,
BAUER 2015), Überblick Mitteleuropa in https://dewiki.de/Lexikon/Wiesenbew%C3%A4sserung
131
weitere Informationen s. https://queichwiesen.de/ und https://www.unesco.de/kultur-und-natur/immaterielles-
kulturerbe/immaterielles-kulturerbe-deutschland/verzeichnis-ike#mensch

134 LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Waldentwicklung und Klimaveränderungen (klimatische Höhenstufen)


Die Laubmisch- und Buchenhochwälder des Soonwalds sind im Gegensatz zum angrenzen-
den Hunsrück, der zu großen Teilen aus Nadelforst besteht, etwas weniger empfindlich gegen
die zunehmend extremeren Witterungsbedingungen. Nach mehreren Dürrejahren sind in
Rheinland-Pfalz neben den Fichtenforsten jedoch bereits auch viele Laubbbäume geschädigt
und teilweise sogar abgestorben, v.a. auf den ohnehin trockenen Standorten.132 Auch nützen
den Bäumen die winters langanhaltenen Regenperioden außerhalb der Vegetationszeit nicht
viel. Dazu kommt die Gefahr von möglichen Spätfrostschäden in der vorverlagerten Vegetati-
onszeit im Frühjahr. Wegen der jahrzehnte- bis jahrhundertelangen Entwicklungszeit der
Bäume erscheint die Situation im Wald noch problematischer als im Offenland.

Datenquelle: Deutscher Wetterdienst, Darstellung: RLP Kompetenzzentrum für Klimawandelfolgen 133

Die beiden Abbildungen zeigen, dass der Klimawandel nicht erst in den letzten paar Jahren
Auswirkungen auf das Standortklima hat. Die gezeigten Klimatischen Höhenstufen bemessen
sich über die Höhenlagen und die klimatischen Verhältnisse, die infolge auch die Eigung für

132
s.a. Waldzustandsbericht für RLP (2019), bei Laubbäumen ist v.a. die Eiche auf trockenwarmen Standorten
betroffen. Auch das Jahr 2020 war in RLP ein extremes Dürrejahr (Frühling – Spätsommer)
133
Abb aus: https://www.wald.rlp.de/fileadmin/website/forstamtsseiten/trier/downloads/Matthes.pdf

LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ 135


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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die Vegetation bedingen. Insbesondere in den Rand-/Übergangsbereichen und auf den extre-
meren Standorten ist es zu starken Verschiebungen - zunehmend wärmer und trockener –
gekommen, was somit Auswirkungen auf die Entwicklungsmöglichkeiten der verschiedenen
Waldstandorte, Vegetation und die Konkurrenzfähigkeit der zugehörigen Baumarten hat.134

Weiterführende Entwicklungsszenarien135 zeigen selbst in den günstigsten Fällen eine Ver-


schiebung der Klimasituation, so dass einige Waldbaumarten je nach Szenario mehr oder we-
niger schnell an ihre Grenzen kommen können. Fichten vertragen Trockenheit am wenigsten
und sind zudem stark windwurfgefährdet, Buche und Traubeneiche sind widerstandsfähiger
(z.T. jedoch nicht die Traubeneiche an trockenen Südhängen), mediterrane Arten (Flaumei-
che, Esskastanie, Felsenahorn…) könnten als Ersatz einwandern bzw. gibt es bereits in ge-
ringen Beständen auf hiesigen Extremstandorten.136 Langfristige Strategien können jedoch
aufgrund der Dynamik und Unvorhersehbarkeit des Klimageschehens nur schwerlich getroffen
werden und müssen zudem kontinuierlich an die aktuelle Situation anpasst werden. Hierfür ist
im Wald eine intensive Zusammenarbeit von Forschung bzgl. Waldwirtschaft, Klima und Na-
turschutz gefragt.

Derzeitige Strategien und Forschungen empfehlen je nach Schwerpunkt der angestrebten


Waldfunktionen ein möglichst breites Waldspektrum zu entwickeln:

 Voraussetzung und prioritär für den weiteren Handlungsbedarf sind alle Maßnah-
men, die den Klimawandel verlangsamen und dabei naturnahe und natürliche
Lebensräume erhalten und entwickeln

 Eine hohe Artendiversität und lebensraumtypische natürliche Waldgesellschaften för-


dern generell die Widerstandsfähigkeit der Wälder gegen Klimaveränderungen.
 Wo immer möglich, sollen bewirtschaftete Wälder und Naturwald mit heimischen
Baumarten und ihre Lebensgemeinschaften (Buchenwälder, Eichen-Hainbuchen- und
andere Laubmischwälder) gefördert und erhalten werden.
 Dabei natürliche Prozesse, d.h. Sukzession, Eigenentwicklung, Naturverjüngung und
Pioniervegetation zulassen, auch großflächig.

134
Die Erwärmung wirkt sich auf die weitere Entwicklung und mögliche Artenzusammensetzung natürlicher, na-
turnaher und auch auf die möglichen Baumarten in den holzwirtschaftlich genutzten Wäldern aus und muss
daher bei der Interpretation und Anwendung der darauf basierenden Fachplanungen (Forsteinrichtung, VBS,
hpnV, …) berücksichtigt werden.
135
http://www.kwis-rlp.de/index.php?id=6859#c10812
136
http://www.kwis-rlp.de/de/klimawandelfolgen/wald/ und https://www.wald-rlp.de/de/klimawandelwald-rlpde/

136 LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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 Im Waldnaturschutz sollte der Schwerpunkt stärker als bisher (neben den bisherigen
Schwerpunkten der Xerothermbiotope) auch auf die schattigen und feuchten Bereiche
der Wälder und die zugehörigen Arten gelegt werden.
 Auf geeigneten Standorten stellenweise auch die historische Waldwirtschaft wiederauf-
nehmen. Mittelwaldnutzung fördert Wald-Offenland-Übergangsbereiche und artenrei-
che Säume, Niederwaldnutzung verjüngt die Bestände und es kann durch kurze Um-
triebszeiten schneller auf unsichere Entwicklungsprognosen reagiert werden.
 Naturferne Monokulturen, Windwurf- und Schadflächen (v.a. Fichte) durch "geleitete
Sukzession" umbauen zu stabilen artenreichen Wäldern, insb. zu Laubmischwäldern.
Dabei wird von der Forstwirtschaft empfohlen, versuchsweise neben den heimischen
Arten geeignete mediterrane Baumarten einzubinden, um extreme Veränderungen
besser auffangen zu können137, da die die Standortveränderungen voraussichtlich
schneller erfolgen könnten, als die Einwanderung hieran angepasster Arten aus dem
Mittelmeerraum möglich wäre.

 Risikostreuung und Risikobegrenzung bei den Methoden eines Waldumbaus: be-


gleitende Forschung, Monitoring und Anpassung der Methodik an ungünstige
Entwicklungen

Naturnahe und natürliche Wälder mit Eigendynamik: Laubwälder mit standortheimischen Ge-
hölzen, biotoptypischem Unterwuchs, alten Bäumen und einem intakten Bodenleben sind am
anpassungsfähigsten gegenüber Umweltveränderungen. Um solche Wälder zu erhalten und
zu fördern, muss einerseits bodenschonend bewirtschaftet werden und andererseits sollen
eigendynamische Prozesse im Wald zugelassen werden. Abgestorbene Altbäume können ste-
henbleiben, sich zersetzen, zum Lebensraum für Totholzbewohner werden und letztendlich zu
Humus zerfallen.

Alle Wälder – nicht ausschließlich in Schutzgebieten - sollen immer auch ungenutzte


Flächenanteile und größere Bereiche mit altem Waldbestand und Totholz beinhalten, in
denen natürliche Entwicklungsprozesse stattfinden dürfen.

137
in der Fachwelt umstritten: nicht in Schutzgebieten, ökologische Risikoabschätzung erforderlich,
neue (Laub-)baumarten aus anderen Ländern können auch Krankheiten und Schädlinge mit einschleppen
oder die heimischen Arten verdrängen (invasive Arten, Bsp. Robinie),
s.a. V. Holland, Ökophysiologie der Pflanzen, Untersuchungen bzgl. mediterraner Eichenarten,
Goethe Universität, FFM, Institut für Ökologie, Evolution und Diversität

LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ 137


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Außerdem ist selbst unter den abgestorbenen Bäumen noch etwas Schatten und Feuchtigkeit
für die nachwachsende Vegetation. Die zunächst aufwachsenden Pionierpflanzen (Fingerhut,
Brombeeren, Birken, Vogelbeeren etc.), können mit Licht und Trockenheit besser umgehen
und bereiten somit den Standort für die angestrebten Waldbaumarten vor. Auch vor Wildver-
biss sind die jungen Waldbäumchen in der Sukzessionsfläche gut geschützt. Versteckt und
beschattet arbeiten sie sich langsam in die Höhe und verdrängen mit zunehmendem Wuchs
wiederum die Pionierarten.

Holzernte und Neubegründung, Waldumbau: Die Holzentnahme sollte generell biotop- und
bodenschonend erfolgen. Auf einigen besonders empfindlichen Moorböden wurden Fichten
bereits schonend mit Rückepferden herausgezogen138 (vgl. Landwirtschaft). Großflächige Ein-
schläge, z.B. auf Schad- und Totholzflächen, oder Windwürfe sind besonders problematisch.
Um großflächige Nadelforste umzubauen bzw. Windwurf- und Schadflächen wiederzubewal-
den, wird Sukzession und Naturverjüngung favorisiert und wo immer möglich zugelassen. Hier
muss jedoch der ordnungsliebende Mensch auch einen vorübergehend "chaotisch unaufge-
räumten" Zustand tolerieren, was jedoch leichter fällt, wenn man um die Zusammenhänge
weiß. Eigenentwicklung ist meist unaufwändiger, kostengünstiger, effektiver und fördert zudem
stabile artenreiche Wälder. Falls mangelnder Saatgutvorrat im Boden die Wiederbewaldung
erschwert, können "Nesterwürfe" - Aussaaten mit standortheimischem Saatgut - notwendig
sein oder kleine Gruppen von Baumsetzlingen gepflanzt werden.139

In den Nadelholzaufforstungen stehen bereits flächig abgestorbene Fichten und Kiefern140. Da


mittlerweile nach mehreren Dürrejahren enorme Mengen an Tot- und Schadholz angefallen
sind, lässt es sich auch kaum mehr rentabel verkaufen. Auch im Wald sind großflächige offen-
liegende Böden wegen der Austrocknung ungünstig für das Bodenleben und den Neuauf-
wuchs. Anstatt die toten und kranken Bäume aufwendig aus dem Wald zu ziehen und teuer
zu lagern, können sie auch stehenbleiben. So wird der Boden geschont, die nachwachsende
Vegetation wird noch eine Zeitlang beschattet und erhält Nährstoffe durch das vermodernde
Holz. Zudem reduziert liegendes Totholz die Zugänglichkeit für das Schalenwild und damit den
Verbiss der aufwachsenden Junggehölze. In großflächig abgestorbenen Fichtenforsten wäre

138
z.B. im Rahmen der Biotopentwicklung im NSG Hangbrücher bei Morbach (Landkreis Bernkastel-Wittlich)
139 https://www.kwis-rlp.de/start/ (Suche nach: Grundsatzanweisung Waldverjuengung im Klimawan-
del_V_1.0_2020-02-17.pdf) und: https://waldbauernverband.de/2016/data/intern/pdf/handbuch_sturm/L12_Wie-
derbewaldungskonzept.pdf
140
Douglasie und Tanne sind weniger - jedoch zunehmend - empfindlicher als die Fichte und nicht standort-
heimisch.

138 LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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jedoch bei Dürre die Waldbrandgefahr erhöht und es muss abgewogen werden, welche Maß-
nahmen vor Ort am besten umgesetzt werden können.
CO2-Speicher: Naturwald, Wirtschaftswald: Wälder und Waldböden sind Kohlendioxid (CO2)-
speicher. Seitens der Holzwirtschaft wird der Standpunkt vermittelt, dass es zur CO2-Einspa-
rung gut wäre, das Holz frühzeitig - bevor die Bäume zu alt werden - zu ernten und zu verar-
beiten. Wieso das? Alte Wälder bzw. alte Bäume wachsen langsamer, binden somit weniger
CO2 und geben es beim Zersetzen wieder frei. Daher scheint Naturwald hinsichtlich der CO2-
Bindung ungünstiger zu sein als der Wirtschaftswald. Das wirkt plausibel, jedoch muss auch
der CO2-Ausstoß durch Anbau, Verwertung und Entsorgung des Holzes unter zusätzlichem
Energieverbrauch mit eingerechnet werden (Ibisch P.L. et.al. 2020). Vor allem die energeti-
sche Verwertung von Holz setzt das gebundene CO2 auf einen Schlag wieder frei. Früher
wurden aus Vollholz langlebige Möbel gebaut. Hierdurch wurde CO2 lange gebunden. Die
wechselnden Modetrends heute und Verbundholzmöbel verschlechtern diese Bilanz jedoch
sehr. Letztendlich landet aber alles geerntete und "veredelte" Holz im Schornstein oder auf
dem Müll – zersetzt sich oder wird verbrannt und produziert damit CO2.

Im Endeffekt schneidet Naturwald bei der CO2-Bilanz also mindestens genauso gut ab. Im
ungestörten Wald verläuft das langsame Wachsen, Werden und Vergehen effektiv, ressour-
censchonend, gleichmäßig und bestens aufeinander abgestimmt. Im Naturwald sind nicht alle
Bäume gleich alt und wenn nicht gerade heftige Stürme wehen, fallen auch nicht alle alten
Bäume auf einmal um. Wenn ein alter Baum fällt und das gespeicherte CO2 langsam wieder
freisetzt, wachsen dort viele andere nach, die es wieder verbrauchen. Da aber Holz selbstver-
ständlich gebraucht wird, sollte es nicht nur nachhaltig bewirtschaftet, sondern auch so nach-
haltig wie möglich verwertet werden.

LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ 139


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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4.4 Themenprojekte - Kulturlandschaft

In ganz Rheinland-Pfalz – so auch im Landkreis Bad Kreuznach – gibt es Themenprojekte für


die speziellen Aspekte und Produkte der historisch gewachsenen Kulturlandschaft. Diese wer-
den vom amtlichen Naturschutz, von Naturschutzverbänden, Gemeinden oder auch Privatper-
sonen umgesetzt. Dank dieses hohen Engagements können Besucher und Bewohner die ty-
pische Tier- und Pflanzenwelt, den Aufwand zum Erhalt und den historischen Wert dieser
Landschaft und deren Wirtschaftsweisen praktisch erleben und nachvollziehen. Einige dieser
Projekte werden hier näher vorgestellt.

EU-LIFE-Trockenrasenprojekt
Stiftung Natur und Umwelt Rheinland-Pfalz (SNU), 2002-2006
Vier Projektgebiete in RLP, davon im LK die Gebiete Nahetal und Rheinhessische Schweiz

"Für den Erhalt und zur Wiederherstellung von Trockenrasen in Rheinland-Pfalz erfolgten um-
fangreiche Erst- und Folgepflegemaßnahmen, Flächenankäufe und Öffentlichkeitsarbeit im
Rahmen des LIFE-Trockenrasenprojektes."141 Im Landkreis liegen die Projektflächen z.B. am
Gangelsberg im Nahetal und rund um Siefersheim und Neu Bamberg, (beinhaltet auch die
Neubamberger Heide) in der Rheinhessischen Schweiz. Den Artenreichtum der Trockenrasen
können Besucher auf eigens hierfür ausgewiesenen Wanderwegen erleben.

EU-LIFE-Soonwald, Feucht- und Nasswälder142


Stiftung Natur und Umwelt Rheinland-Pfalz (SNU), 2010- 2014, Landesforsten RLP, FA Soon-
wald

Ziel dieses Projektes im Soonwald sind die Feucht- und Nasswälder – Erlen-, Birkenbrücher
und feuchte Eichenmischwälder - entlang der zahlreichen Quell- und Bachläufe, dazu die För-
derung der Artenvielfalt an Kleingewässern (Tümpel, Teiche) und Extensivierung der angren-
zenden Wiesen, Weiden und Ackerflächen. Die gewässerbegleitenden Uferwälder wurden von
Fichten freigestellt, Verbauungen an den Gewässern wurden zurückgebaut, (Verrohrungen
wurden z.B. durch Furten und kleine Brücken wieder geöffnet), zusätzlich kleine Stillgewässer
angelegt, Wiesen extensiviert und mittels Heudrusch aufgewertet. Weiterhin wurden die Le-
bensraumstrukturen für die Wildkatze verbessert.143

141
https://snu.rlp.de/de/projekte/abgeschlossene-projekte/life-trockenrasen-2002-2006
142
https://snu.rlp.de/fileadmin/4_Mediathek/PDF/Flyer__usw/D.7_Flyer_Entdeckertouren_LIFE_Soonwald.pdf
und https://snu.rlp.de/fileadmin/4_Mediathek/PDF/Flyer__usw/D.7_Projektbroschuere_LIFE_Soonwald.pdf
143
https://snu.rlp.de/fileadmin/4_Mediathek/PDF/Flyer__usw/E.1_Laienbericht_LIFE_Soonwald.pdf

140 LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Zwei Entdeckertouren wurden im Zuge des Projektes eingerichtet, der "LIFE Pfad" zwischen
den Forsthäusern Thiergarten und Reichenbacherhof und der "Wildkatzenpfad" Neupfalz süd-
lich von Dörrebach.

Projekt Förderung und Wiedereinführung der Zeidlerei (Schwarze Honigbiene)


Landkreis bei Bad Kreuznach und bei Idar-Oberstein im Nachbarkreis Birkenfeld
"Aktion Grün", Landeszentrale für Umweltaufklärung (LZU), 2017 bis 2020

"Ziel des Projektes „Förderung und Wiedereinführung der Zeidlerei“ ist die Wiederansiedelung
der Schwarzen Honigbiene. Diese Form der Bienenhaltung ist nicht nur für die Biodiversität
von Nutzen, sondern auch ein Beitrag zur kulturellen Diversität und zur Umweltbildung. Dazu
gehört die Schaffung geeigneter Bienenwohnungen bei extensiver Betreuung und die Beibe-
haltung vorhandener Lokalrassen der Schwarzen Honigbiene".144, 145

In historischer Zeit - und heute z.B. noch in Russland - ernteten die sogenannten "Zeidler" den
Honig direkt von den Wildbienenstöcken im Wald. Heute versuchen die modernen Zeidler, den
Honigbienen nach dem Schwärmen mangels natürlicher Baumhöhlen Alternativen anzubieten,
z.B. hoch im Baum aufgehängte "Klotzbeuten" (Nistkästen für Bienen) oder ausgehöhlte
Baumstämme.146 Im Vergleich dazu werden bei der Imkerei die Bienen in Bienenkästen über-
wintert, sommers zu den gewünschten Trachtpflanzen transportiert und vom Imker vermehrt,
damit die Imker*innen eine bessere Kontrolle über ihre Bienenschwärme und die gewünschte
Honigsorte haben.

Die Schwarze oder Dunkle Honigbiene (Apis mellifera mellifera) als Unterart der "Westlichen
Honigbiene" (Apis mellifera) ist die einzige ursprünglich heimische Honigbienenart, die sich
nach der letzten Eiszeit nördlich der Alpen etabliert hat. Heute kommt die Schwarze Honig-
biene natürlicherweise noch in den skandinavischen Ländern vor. Die kältetoleranten Bienen
bauen ihre Waben in die Baumhöhlen der Wälder und vermehren sich über Bienenschwärme.
Für das Projekt wurde die Art hier wieder eingeführt. Die Bienen werden zunächst vermehrt,
bis sich ein natürlicher Bestand etabliert hat.115,147 Obwohl dies ein kulturhistorisch sehr inte-
ressantes Projekt ist, muss eine mögliche Konkurrenz zu heimischen gefährdeten Wildbienen-
arten kritisch beobachtet werden. Es ist jedoch abzuwarten, ob sich die eher kältegewohnte
schwarze Honigbiene in der Region überhaupt dauerhaft ansiedeln lässt.

144
Zitat aus:https://aktion-gruen.de/projekte/uebersicht/foerderung-und-wiedereinfuehrung-der-zeidlerei/
145
https://umdenken.rlp.de/de/themen/lernen-mit-bienen/zeidlerei-die-rueckkehr-der-waldbiene/
146
https://www.mellifera.de/blog/freibeuter/moderne-zeidler.html (114-117 Stand Juli 2020)
147
https://de.wikipedia.org/wiki/Dunkle_Europ%C3%A4ische_Biene

LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ 141


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Projekt Blühendes Rheinhessen „Wein-Weizen-Wildbienen“


Region Rheinhessen inkl. Nachbarkreis Alzey-Worms
I.R. der "Aktion Grün", Bund für Umwelt und Naturschutz RLP (BUND), 2018 bis 2021

"Das Projekt „Wein-Weizen-Wildbienen“ zielt auf den Schutz der Wildbienen durch Einbindung
und Beratung von Landwirten und Winzern sowie die Ausbildung von Wildbienenbotschaftern.
Zugunsten der Zielarten „Wildbienen“ werden Maßnahmen zur Verbesserung der Lebens-
räume und Vernetzung, insbesondere im Grünlandbereich, umgesetzt und die Wirkung dieser
Maßnahmen hinsichtlich der Verbesserung der Biodiversität überprüft. Die Maßnahmen wer-
den gemeinsam mit ausgebildeten Wildbienenbotschaftern auf Flächen von ausgewählten
landwirtschaftlichen Pilotbetrieben durchgeführt. Das Projekt wurde 2019 als Vorbildprojekt im
Rahmen der UN-Dekade Biologische Vielfalt ausgezeichnet."148

Projekt Biotopentwicklung am Nordhang des Ursberges bei Staudernheim


Museum "Nahe der Natur"

Das Museumsgelände liegt teils in einem alten Sandsteinbruch, der schon seit 1968 nicht
mehr zum Abbau genutzt wird. Früher wurde hier graugelber Sandstein geschlagen, der aus
den ca. 300 Mio. Jahre alten Ablagerungen des Perm entstanden ist (vgl. Kap. 1.1). Das ehe-
malige Betriebswirtschaftsgebäude des Steinbruchs und die zugehörigen kleinen Bauten und
Mauern wurden aus diesen Steinen gebaut - aber auch viele Gebäude der umliegenden Orte.
Sogar kleine Teile des Kölner Doms, des Reichstages und des Nürnberger NS-Parteitagsge-
ländes wurden in der Hochzeit des Steinbruches von dort mit einzelnen Margen beliefert.
Heute befindet sich das Museum "Nahe der Natur" in den liebevoll restaurierten ehemaligen
Betriebsgebäuden des Steinbruchs.

Die umliegenden Flächen - das Steinbruchgelände samt ehemaliger Abraumhalden, Teile des
umliegenden Geländes und angrenzende Wiesen – gehören zum Museumsgelände. Sie sind
mittlerweile zu schützenswerten Biotopen geworden. Der Steinbruch, der sich hier zu einem
artenreichen Laubwald (u.a. Schlucht- und Blockschuttwald) entwickeln darf, kann auf ver-
steckten Pfaden erwandert werden. Die Museumsbesucher können Waldwildnis, natürliche
Entwicklungsprozesse, Artefakte aus der Steinbruchbewirtschaftung, überraschende Durch-
blicke und auch einen ruhigen Moosgarten hautnah erleben149.

148
Zitat aus: https://aktion-gruen.de/projekte/uebersicht/bluehendes-rheinhessen-wein-weizen-wildbienen/ (Stand
2020)
149
http://www.nahe-natur.com/ und https://www.ardmediathek.de/swr/video/natuerlich/naturschutz-museum-im-
alten-steinbruch/swr-fernsehen/Y3JpZDovL3N3ci5kZS9hZXgvbzEyNDY2MzU/ (Stand Juni 2020)

142 LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Der heutige durchgewachsene Niederwald am Steinbruchhang, der direkt in die Abbauwände


übergeht, ist aus der ehemaligen Kulturlandschaftsnutzung - kleine Äcker, Obstgehölze, Ei-
chenniederwald und Haselstöcke - hervorgegangen. Einzelne imposante Alteichen lassen
auch teils eine waldweideartige Nutzung (Mastbäume, vgl. Kap. 3.5) vermuten.

Der Moosgarten leitet die Besucher


vom Museum hinüber in die Stein-
bruchwälder. Hier kann man einfach
einen Moment verweilen oder aber
die Moose bestimmen.

Foto M. Altmoos

Auf den standortheimischen Blütenpflanzen im Schmetterlingsgarten und auf der Museums-


wiese kann man mehr Schmetterlinge beobachten als heute in den meisten Wiesen. Am Wald-
rand auf der "Höhenwiese" fliegen sogar Schwalbenschwänze und Segelfalter.

Projekt Rekonstruktion eines historischen Weinbergspfades mit Orchideenwiese


Staudernheimer Hang, Landkreis Bad Kreuznach
Kreisverwaltung Bad Kreuznach (Naturschutzabteilung, Th. Bender), zusammen mit LBM
(Landesbetrieb Mobilität), Naturpark Soonwald Nahe und der VG Sobernheim

Auf einem völlig verbuschten steilen Weinberg am Staudernheimer Hang wurde von der Kreis-
verwaltung eine historische Weinbergslage mit Trockenmauern und Steintreppchen aufwändig
rekonstruiert.150 Auf der unteren Hanglage wird Wein angebaut. Bergwärts wurden die Flächen
zwischen den Weinbergsmauern entbuscht, wobei strukturierende Einzelbäume, kleinere Ge-
büsche und Saumstrukturen belassen wurden. Auf der entbuschten Fläche sind bereits gute
Ansätze von Mager- und Halbtrockenrasen entstanden. Sogar Orchideenarten wie die Bocks-
riemenzunge, Purpurknabenkraut und Bienenragwurz haben sich dort eingestellt.

Steigt man über die Treppchen und steilen Pfade durch die Wiesen den Hang hinauf, breitet
sich unterhalb das grüne Nahetal aus - mit einem malerischen Blick auf Staudernheim, den

150
https://www.outdooractive.com/de/route/themenweg/nahe/weinbergsterrassen-und-orchideenpfad-am-stau-
dernheimer-hang/11113167/#dm=1 (Stand Juli 2020)

LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ 143


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Disibodenberg und auf das dahinter ansteigende Hügelland in Richtung Meisenheim. Am Aus-
stieg erklimmt man einen Aussichtsturm und wirft noch kurz einen Blick in die entgegenge-
setzte Richtung. Hier auf dem oben angrenzenden Plateau geht die steile Weinbergsland-
schaft abrupt in eine Ebene mit weitläufigen Äckern und Wiesen über.

Weinbergspfad und Orchideenwiesen am Staudernheimer


Hang
Schautafeln erläutern die Geologie des Staudernheimer Hangs
(Ablagerungen im Saar-Nahe Becken, Perm, Unter- und Oberrot-
liegendes vgl. Kap 1.1), den aufwändigen Bau der Weinbergs-
mauern sowie die Tier- und Pflanzenarten, die an den Mauern
und in den Magerwiesen heimisch sind (vgl. auch Kap. 3.1).
Fotos R. Horn

Streuobstwiesenprojekte – Beispiele aus Guldental und Schweinschied


Guldentaler Streuobstland151 BUND-Ortsgruppe Guldental (H. Faus u.a.)
Ortsgemeinde Guldental, gefördert über LEADER (LAG Soonwald-Nahe), 2019152

Seit 2019 wird in der Ortsgemeinde Guldental das von der LAG Soonwald Nahe geförderte

151
Neue Binger Zeitung, 25.7.2020 (Saatgut und alte Obstsorten)
152
https://www.lag-soonwald-nahe.de/aktuelles-termine/12.-und-13.-eg-sitzung-fast-eine-halbe-million-euro-fuer-
projekte-in-der-leader-region-soonwald-nahe.html (Stand 2020)

144 LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Projekt "Guldentaler Streuobstland" mit der neuen "Knorzetour" umgesetzt. Betreut und kon-
zipiert wird dieses Projekt von der BUND-Ortsgruppe Guldental. Das Guldentaler Streuobst-
land umfasst die Streuobstbestände auf den Guldentaler Wiesen, die zwischen den Reb- und
Ackerflächen rund um die Ortschaft verteilt sind. Auch neue Streuobstwiesen wurden im Rah-
men des Projektes angelegt. Insgesamt werden im Streuobstland ca. 650 alte Obstsorten vor-
gestellt. Neben Kirschen, Äpfeln, Birnen und Zwetschgen sind darunter auch Obstbäume, die
auf Streuobstwiesen eher seltener angepflanzt wurden, z.B. Mirabellenbäume, Walnusssor-
ten, Mandelbäumchen, Esskastanien und Wildobstarten (Speierling, Eberesche, Maul-
beere...).153

Häufig wurden diese früher als Einzelbäume an Feldwege und auf kleine Kreuzungsinseln
zwischen die Weinberge und Äcker gepflanzt bzw. standen im Niederwald oder am Waldrand
und in Pionierfluren (Wildobst). Hier im "Streuobstland" kann man sie alle zusammen entde-
cken, den Saft aus den Streuobstwiesen probieren und Weintrauben vom angeschlossenen
"Mundraub-Wingert" mit Trauben aus aller Welt naschen. Dazu sollte man gleich noch die
nahegelegene Felseneremitage bei Bretzenheim besuchen (vgl. Kap. 1.1).

Streuobst und Naturlehrpfad Schweinschied154 Gemeinde Schweinschied


Kirner Privatbrauerei, Kreisverwaltung Bad Kreuznach Eröffnung Mai 1999

Vor ca. 20 Jahren wurde ein Streuobst- und Naturlehrpfad am Südrand Schweinschieds von
den Bürgern der Gemeinde angelegt. Im Umkreis der Ortschaft stehen Streuobstbäume mit
verschiedenen Apfel-, Birnen-, Kirsch- und Zwetschgensorten. Anfallendes Obst wird zudem
in der Obstbrennerei vor Ort verwertet, die sich für den Erhalt der Streuobstwiesen einsetzt.
Der Weg führt durch die Streuobstwiesen und ein Wäldchen mit einem römischen Felsengrab-
mal (1. od. 2. Jh. n. Chr.). In der Nähe soll eine römische Siedlung gelegen haben, auch eine
römische Wasserleitung wurde hier ausgegraben.155 Im Wald nördlich von Schweinschied liegt
zudem das Naturschutzgebiet "Ringberg", wo es neben dem nordwestlichen Steilhang mit
Felsvegetation und Trockenrasen auch weitere Streuobstwiesen in Ortsnähe gibt.156

153 https://www.allgemeine-zeitung.de/lokales/bad-kreuznach/vg-langenlonsheim-stromberg/guldental/malu-
dreyer-besucht-guldental-bei-ihrer-im-land-daheim-tour_20537022 (Stand 2020)
154
http://www.mein-schweinschied.de/naturlehrpfad.14.html#Naturlehrpfad (Stand 2020)
155
http://www.mein-schweinschied.de/naturlehrpfad.14.html#Kulturdenkmal (2018, website existiert nicht mehr).
Aktuelle website (2021): https://schweinschied.de/ (s. Film Hierzuland, zu den Obstwiesen ca. ab der 5. Minute
und Beitrag "Das römische Felsengrabmal von Schweinschied")
156
mehr Infos zur Betreuung des NSG unter:
https://lfu.rlp.de/fileadmin/lfu/Naturschutz/Dokumente/NSG-Album/Bad_Kreuznach/NSG-Album_Ringberg.pdf

LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ 145


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Beispielprojekte im Naturpark Soonwald-Nahe157


Naturpark Soonwald-Nahe zusammen mit:
Untere Naturschutzbehörde Bad Kreuznach (Beweidung)
bzw. Freilichtmuseum Bad Sobernheim (Glanrind)

Beweidung von ehemaligen Weinbergsflächen: "Ehemalige Weinbergsflächen an der Nahe


werden einmal jährlich in den Sommermonaten durch eine gemischte Herde aus Schafen und
Ziegen beweidet. Die Tiere halten die südexponierten Flächen offen und schaffen so einen
Lebensraum für seltene Tier- und Pflanzenarten."

Schafbeweidung am Domberg bei Bad Sobernheim Foto: D. Kortner

Historische Tierrassen - das Glanrind: Das rheinland-pfälzische Freilichtmuseum Bad Sobern-


heim setzt sich generell für den Erhalt alter Haustierrassen, Obstsorten, Wirtschaftsweisen
und das alte Handwerk ein. Mit historischen Gebäuden aus der Region ist ein kleines Muse-
umsdorf entstanden - mit allem, was dazugehört: Fachwerkhäuschen, Bauernhof mit Rinder-
stall, Gänsen und Hühnern, Mühle, Bäckerei, Schule, Imkerei, Schmiede, Obstwiesen und Ke-
gelbahn. Regelmäßig gibt es Aktionstage, Veranstaltungen und Projekte.

157
https://www.soonwald-nahe.de/naturpark/projekte

146 LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Ein Beispiel ist das Projekt über das Glanrind. "Im Museum wurde das Thema „Historische
Tierrassen“ am Beispiel des Glanrinds vorgestellt. Auf dem Museumsgelände vermitteln ver-
schiedene interaktive Stationen die Nutzung des Glanrinds" (vgl. Kap. 2.7). Erläuterungstafeln
im historischen kleinen Rinderstall erzählen, wie die Glanrinder früher gehalten wurden. Die
Tiere selber kann man dann life an manchen Aktionstagen auf den Wiesen sehen, z.B. auf
dem "Bauernmarkt".158

Aktionstag im Freilichtmuseum Bad Sobernheim Foto: R. Horn

SooNahe – Regionale Produkte aus Soonwald/Hunsrück und der Naheregion159


Regionalbündnis Soonwald Nahe e.V. und Hunsrück-Marketing e. V. unterstützt von:
Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau Rheinland-Pfalz
Landkreise Bad Kreuznach und Rhein-Hunsrück über das ILE-Regionalmanagement
Landkreis Birkenfeld

"Das Regionalbündnis gestaltet als gemeinnütziger, ehrenamtlicher Verein die Entwicklung


der Soonwald-Nahe-Region in vielen Feldern mit. Über 450 Mitglieder bilden ein Netzwerk aus
Landwirtschaft und Weinbau, Handwerk, Tourismus, Gesundheitswesen, Kultur und Bildung,

158
https://www.freilichtmuseum-rlp.de
159
https://www.soonahe.de/

LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ 147


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Politik und anderen Bereichen." 160 Über das Label SooNahe werden regionale land- und forst-
wirtschaftliche Produkte vermarktet. Die vielseitige Produktpalette reicht von Honig, Wein,
Fleisch, Eiern, Gemüse, Brot, bis zu Wild und Holz aus der "SooNahe-Region" Bad Kreuznach,
Nahe, Hunsrück und Birkenfeld. Verkauft werden SooNahe-Produkte im Lebensmitteleinzel-
handel, in Bäckereien und Metzgereien, in Hof- und Regionalläden, in Supermärkten sowie
auf Wochen- und Weihnachtsmärkten und in der regionalen Gastronomie.

Energetische Nutzung von Schnittgut aus Biotoppflegemaßnahmen


Schnittgut aus Biotoppflegemaßnahmen, insbesondere Grünschnitt, wird soweit möglich zur
Heugewinnung genutzt. Wo dies nicht möglich ist, wenn beispielsweise Giftpflanzen enthalten
sind, muss der Grünschnitt oft teuer entsorgt werden. Kostenaufwändig ist meist auch die Ent-
sorgung von Gehölzschnitt aus entbuschten Flächen, welcher oftmals stattdessen am Rand
der Fläche abgelegt oder verbrannt wird. Zunehmend kann jedoch die holzartige Biomasse in
Form von Hackschnitzeln bzw. der Grünschnitt in Biogasanlagen energetisch verwendet wer-
den.
Stellvertretend für das gesamte Land RLP wurden im Rahmen eines Pilotprojekts im Landkreis
Vulkaneifel die Möglichkeiten hierzu erforscht (P.HECK, F. WAGENER, R. KÖHLER, G. OST-
ERMANN, 2008). Hieraus werden für das landesweite Naturschutzmanagement Anregungen
gegeben, wie je nach Vorhandensein erreichbarer Abnahmestellen verfahren werden könnte.
So könnten durch die energetische Nutzung Biotoppflegemaßnahmen deutlich günstiger bzw.
teilweise auch selbstfinanzierend werden.

160
https://www.soonahe.de/

148 LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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5 AUSBLICK

Wirtschaftswachstum

Die vergrößerten Ansprüche durch die Wirtschafts-, Siedlungs- und Energiepolitik veränderten
seit dem letzten Jahrhundert die Nutzungssituation im Landkreis Bad Kreuznach und führten
zu einem tiefgreifenden Landschaftswandel. Neue Wirtschafts- und Verdienstmöglichkeiten
ergaben sich seit dem Beschluss zur Energiewende in Deutschland (2011) z.B. durch den
Energiepflanzenanbau und die Errichtung von Windkraftanlagen. Der zunehmende Wasser-
mangel im Frühjahr, Hitzewellen im Sommer und verminderte Frost- und Schneetage im Win-
ter haben bereits heute einen großen Einfluss auf Ernte und Bewirtschaftung in der Land- und
Forstwirtschaft. Zudem verändert der Verlust von Biotopen, Arten und Lebensräumen - durch
Nutzungsaufgabe und Verbrachung der Steillagenweinberge, Intensivierung oder Umbruch
von Wiesen und weitere Bebauung - das ursprünglich arten- und strukturreiche Landschafts-
bild.

Erholung und Fremdenverkehr

Demgegenüber stehen die Ansprüche vieler Menschen, Bewohner wie Urlauber und Touris-
ten, welche eine vielfältige Landschaft erleben und bewahren möchten. Zahlreiche touristische
Höhepunkte beruhen auf deren Schönheit und Eigenheit, insbesondere die historischen Wein-
bergssteillagen, Felsen, Flüsse, Wiesen und Wälder, eingebettete Burgen, Schlösser und
Klöster und nicht zuletzt die Kuranwendungen mit Lehm, Sole und Heilwasser. Der naturver-
trägliche Fremdenverkehr und der Kurbetrieb spielen im Landkreis Bad Kreuznach schon seit
langem eine wichtige Rolle und tragen zum Wirtschaftswachstum bei. Neben Unterkunft, Er-
schließung und touristischen Einrichtungen sind auch regionaltypische und ökologisch verträg-
liche Produkte zunehmend gefragt.

Gemeinschaftliche Ziele: Natur- und Klimaschutz, Wirtschaft und Tourismus

In vielen Bereichen gehen die Ziele hinsichtlich der Landschaftsentwicklung beim Naturschutz,
der Landbewirtschaftung und die Ziele eines landschaftsverträglichen Tourismus konform und
können gemeinsam umgesetzt werden. Eine Chance für Naturschutz und Landschaftsentwick-
lung bieten auch Projekte, bei denen historische Nutzungsweisen und Biotoppflegemaßnah-
men mit den Anforderungen zur Energiewende im Rahmen der Biotop- und Landschaftsent-

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HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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wicklung wirtschaftlich kombiniert bzw. ergänzt werden können. Auch trägt die naturverträgli-
che Bewirtschaftung der Wald- und Offenlandschaft dazu bei, dem Klimawandel entgegenzu-
steuern bzw. dessen Folgen abzumildern und die Lebensgrundlagen für die Artenvielfalt und
somit den Menschen zu sichern. Hier können Erfahrungen und Wirtschaftsweisen aus der his-
torischen Landnutzung einen wichtigen Beitrag leisten. Biotopentwicklung in der Region, För-
derung einer intensiven Zusammenarbeit und gemeinsame Projekte mit Naturschutz, Land-
und Forstwirtschaft und den Kommunen müssen hierbei Hand in Hand gehen.

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A N H A N G

A Vorkommen und Entwicklungsmöglichkeiten


kulturhistorischer Biotope
(VBS Bad Kreuznach 1998)

B Ausgewählte Tierarten und ihre Lebensraumansprüche


(VBS Bad Kreuznach 1998)

C Biotopbetreuung 2018 und geologische Zeittafel

D Literatur und Quellenangaben

E Museen im Landkreis Bad Kreuznach

F Abbildungen und Fotos

G Karten

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A Vorkommen und Entw icklungsmöglichkeiten kulturhistori-


scher Biotope (VBS Bad Kreuznach 1998 )

Dieser Teil beinhaltet zusammengefasste Angaben zu den Vorkommen der Restbestände von
kulturhistorisch bedeutsamen Biotoptypen und zu den Gebieten, in denen weitere Entwick-
lungsmöglichkeiten bestehen. Die textlichen Angaben stammen im Wesentlichen aus der „Pla-
nung vernetzter Biotopsysteme“ (VBS Bad Kreuznach 1998) für die unten genannten sechs
naturräumlichen Einheiten (s. Abb. unten, aus VBS Bad Kreuznach 1998). Sie zeigen die
Situation zur Zeit der Erstellung bis 1998.

LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ ANH 152


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Die Änderungen durch weitere Landschaftsentwicklungen in den letzten 20 Jahren und die
zwischenzeitlich durchgeführten Biotoppflegemaßnahmen sind im Anhang A nicht berücksich-
tigt - vgl. hierzu die Kapitel 3-4. Bedacht werden muss in diesem Zusammenhang, dass sich
seitdem v.a. auf vielen Landwirtschaftsflächen die Artenausstattung und Biotopstrukturen oft
ungünstig entwickelt haben - wenn sie nicht durch den Naturschutz betreut und gepflegt wur-
den. Dies betrifft v.a. magere Wiesenkomplexe, Weinbergsbrachen mit Halbtrockenrasen und
Streuobst. Auch hat die Bebauung v.a.mit Neubau- und Gewerbegebieten und der B41 weiter
zugenommen. Zur Orientierung können die Karten aus dem Anhang G herangezogen werden.

Die VBS-Kartensätze (Zielekarten) für den Landkreis Bad Kreuznach liegen bereits in der ak-
tuellen Version vor, so dass Planungen für konkrete räumliche Schwerpunkte im Kartendienst
des Landesamtes für Umwelt eingesehen werden können.161

A.1 Soonwald (vgl. Anh. G, Karten 1 und 2)

Die Region Soonwald im Landkreis beinhaltet die südlichen Höhenzüge des Großen Soons,
des Lützelsoons und eines kleinen Anteils des im Osten angrenzenden Binger Waldes. Die
höchste Erhebung des über 600 m hohen von Südwest nach Nordost streichenden Bergzuges
ist der Ellerspring mit 675 m ü.NN. Der Soonwald ist das kühlste, regenreichste und wald-
reichste Gebiet des Landkreises.

Vorkommen kulturhistorisch bedeutsamer Biotoptypen


Der nahezu geschlossene Wald des Soonwaldes geht nach Osten in Siedlungsnähe in Offen-
land über, vereinzelt auch mit Magergrünland und einigen Streuobstwiesen. Größere Grün-
landbereiche gibt es in Richtung Seibersbach, Dörrebach, Schwarzerden, Spabrücken im
Raum Königsau/Kellenbach und bei Schneppenbach. Ackerbau überwiegt lediglich im Raum
Schneppenbach/Bruschied, bei Seibersbach und in der Umgebung von Stromberg.

Die Wälder im Soonwald und im Lützelsoon bestehen aus Laubmischwald, teilweise aus Na-
delhölzern (Fichte), wobei die meisten Windwurfflächen z.B. nach den Stürmen von 1990 mit
Laubgehölzen wieder aufgeforstet wurden. Komplexere Laubwälder - unterbrochen durch

161
aktualisierte Karten der VBS: https://map-final.rlp-umwelt.de/Kartendienste/index.php?service=vbs (Nov. 2020)

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Fichtenbestände - liegen in der Umgebung der Kesselsberge, am Osthang des Opel, im Be-
reich des Holzerkopfs, am Karchrech und im östlichen Lützelsoon. Viele dieser buchendomi-
nierten Wälder sind über 150 Jahre alt. Im Forstamt Entenpfuhl sind noch ältere Buchenbe-
stände (über 180 Jahre) erhalten. Relativ alte Eichenbestände gibt es noch um die Kessel-
berge und im östlichen Lützelsoon.
Die Nieder- und Mittelwaldbewirtschaftung hat den Trockenwaldcharakter vieler Bestände -
auch auf mittleren Standorten – begünstigt (vgl. Kap. 2 und 3). Die ehemals im Soonwald
aufgrund der vielfältigen Waldnutzungen (Waldweide) häufigen lichten Laubwälder gibt es
heute nur noch kleinflächig. Ein typischer Bestand ist im NSG "Im Eschen" erhalten geblieben.
Innerhalb des Soonwalds gibt es zudem noch zahlreiche kleinflächigere Waldwiesen, hervor-
gegangen aus Blössen mit Acker und Grünland im Umfeld der oft schon im Mittelalter ange-
legten Siedlungskerne (Köhlerei, Erzhütten s. Kap. 2.10, 2.11).

Magerwiesen im Alteichenbestand auf ehemaligen Waldweiden (NSG „Im Eschen“) Foto: R. Horn

Viele der größeren Waldwiesen sind als Naturschutzgebiet ausgewiesen (s. Kap. 3.6). Weitere
große Grünlandflächen liegen nördlich der Gräfenbacherhütte, beim Gut Marienborn (Grün-
landinsel mit Milchhof westlich von Seibersbach) und auf den Rodungsinseln am Birkenhof
westlich von Pferdsfeld.162

162
Auf den Flächen des ehemaligen Fliegerhorst Pferdsfeld befindest sich heute der größte Solarpark von
Rheinland-Pfalz. Auf 60 Hektar Fläche stehen ca. 135.000 Solarmodule.

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Charakteristisch für den Soonwald sind die Felsbiotope, Block- und Schieferschutthalden in
den Kammlagen des Soonwalds und an den Hängen der Durchbruchstäler von Hahnenbach,
Simmerbach und Guldenbach mit Trockenwald und vereinzeltem Blockschuttwald. Gipfelfel-
sen am Soonwaldkamm gibt es z.B. im Lützelsoon vom Wehlenstein bis zur Womrather Höhe,
im Großen Soon von der Alteburg bis zum Wolfsfels und am Hochfels im Utschenwald. Die
Quellen und Bachufer der Durchbruchstäler werden von Quell- / Sumpfwald, Bachuferwäldern
und frischen bis nassen, oft extensiv genutzten oder brachgefallenen Wiesen und Weiden be-
gleitet.

Die Höhlen und Stollen aus dem ehemaligen Schieferabbau liegen v.a. im Hahnenbachtal (z.B.
bei Bundenbach, vgl. Kap. 3.7). Sie gehören zu einem landkreisübergreifenden System ehe-
maliger Bergbaustollen mit hoher Bedeutung für den Fledermausschutz (AK FLEDERMAUS-
SCHUTZ 1994a). Bedeutsam für wärmeliebende Arten sind die kleinräumigen offenen Schie-
ferschutthalden in der Nachbarschaft der Stollensysteme. Stütz- und Trockenmauern an Rui-
nen stehen z.B. im Guldenbachtal an der Burgruine Karlsburg und im Bereich verfallener Häu-
ser östlich der Neumühle nördlich von Seibersbach.

Entwicklungsmöglichkeiten
Mittel-bis längerfristig könnten im Soonwald auf großräumigen Korridoren mit Sonderstandor-
ten sehr lichte Laubwaldbiotope mit hutewaldartigen Beständen und Magergrünlandbiotopen
verzahnt mit den vorhandenen Felsbiotopen, Trocken- und Gesteinshaldenwäldern und
Sumpfwäldern entwickelt werden. Die wenigen hutewaldähnlichen Waldbestände und die ex-
tensiv genutzten Waldwiesen müssen erhalten bleiben. Solche Biotopstrukturen könnten auch
im Umfeld entwickelt werden. Besonders geeignet hierfür wären die Waldbestände in einem
Korridor entlang der Kreisgrenze bis zum Forsthaus Leidenshaus einschließlich des NSG "Im
Eschen" sowie im Umfeld der Waldwiesen. Kleinere Magerwiesen könnten sich auch auf
Wildäsungsflächen im gesamten Soonwald entwickeln163. Waldweideprojekte können hierzu
einen guten Beitrag leisten.
Zusammen mit den feuchten Standorten entlang der quelligen Hanglagen am Südabfall des
Soonwaldes und entlang der Bachtäler stellen trockene und lichte Wälder die "Kernbiotope"
dar, die zu einem Netz naturschutzbedeutsamer Waldbiotope verknüpft werden können.

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Fliegerhorst_Pferdsfeld (Stand 2020)

163
Heute werden viele der kleineren Wiesen im Soonwald über den Vertragsnaturschutz (Kap. 4.1, 4.3) bewirt-
schaftet. Dies trifft auch auf zahlreiche Grünlandflächen im Übergang zwischen Soonwald und Lützelsoon zu.

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Der Erhalt der Burgruinen, Stütz- und Trockenmauern sowie Höhlen und Stollen ist kulturhis-
torisch und aus naturschutzfachlicher Sicht besonders wichtig. Wenn Sanierungen erforderlich
sein sollten, müssen Denkmalpflege und Tourismus mit dem Naturschutz zusammenarbeiten,
um die Ansprüche der speziell hieran angepassten Tier- und Pflanzenwelt zu berücksichtigen.

A.2 Soonwald-Vorstufe (vgl. Anh. G, Karte 2 und 3)

Der Soonwald geht über die Soonwald-Vorstufe ins Nahetal über. Sie besteht aus einer durch-
schnittlich 400 m hohen, allmählich nach Norden zum Soonwald hin ansteigenden Hochfläche
und dem steil zum Nahetal abfallenden Gauchsbergrücken (Konglomerate Waderner Schich-
ten, Oberrotliegendes). Nach Westen wird die Hochfläche vom Hahnenbach und nach Osten
vom Guldenbach begrenzt.

Artenreiche Wiese mit Teufelsabbiss (Succisa pratensis) auf der Hochfläche bei Winterbach164
Foto: Petra Berger-Twelbeck

Die tief eingeschnittenen Soonwaldbäche mit ihren zahlreichen Zuflüssen (Simmer-, Gauls-,
Steyer,- Eller-, Gräfenbach etc.) prägen die Landschaft. Zudem wird die Hochfläche durch die

164
Vertragsnaturschutzfläche GMW (Grünland-Mähwiesen und Weiden), Stand 2017

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parallel zum Soonwald verlaufende Gesteinsabfolge (Hunsrückschiefer, Phylliten und Grün-


schiefern, rotliegenden Sandsteinen und Tonschiefern) in zahlreiche Rücken, Mulden und Täl-
chen untergliedert (vgl. Kap. 1.1, Karte 1).
Der Gauchsbergrücken ist nahezu vollständig bewaldet. Auch die Bachtäler und Hanglagen
sind bewaldet, an den Steilhängen wachsen Niederwald, Gesteinshaldenwälder, Trockenwäl-
der und -gebüsche. Die meisten dieser Wälder sind durch die ehemalige Niederwaldwirtschaft
geprägt. Auf den Hochflächen wächst hingegen nur wenig Wald, auf diesen besseren Böden
wird teils großflächiger Ackerbau und viel Grünlandnutzung betrieben.
Vorkommen kulturhistorisch bedeutsamer Biotoptypen
Am Gauchsbergzug, im Hochstettener Wald (Hochstetten Dhaun) und im Waldgebiet "Hag"
gibt es noch einige Alteichenbestände. Kleinere Buchenwaldinseln (>150 J.) stehen zwischen
Bockenau und Daubach. Entlang der Steilhänge an Hahnenbach, Simmerbach und Gaulsbach
haben sich niederwaldartige Komplexe aus Wäldern mittlerer Standorte und Trocken- und Ge-
steinshaldenwäldern sowie eingestreuten Fels- und Schutthaldenbiotopen entwickelt. Tro-
ckenrasen, (trocken-warme) Felsen, Gesteinshalden und Trockengebüsche sind hier kleinflä-
chig in eng verzahnte Biotopmosaike eingebunden.

Das Offenland zwischen Gauchsberg und Soonwald besteht zu ungefähr einem Drittel aus
Grünland. Auch in den feuchteren Tal- und Quellmulden am Soonwaldrand gibt es größere
zusammenhängende Grünlandkomplexe. Im Westen gruppieren sich Ackerflächen, Grünland
und kleinere Waldflächen um die Ortschaften (bspw. in den Räumen Hennweiler / Oberhausen
und Weitersborn / Seesbach). Magergrünland auf wärmebegünstigten Standorten liegen zwi-
schen Langenthal und Rehbach sowie im Raum Eckenroth.165 Die Ackerflächen um Hennwei-
ler, im Raum Seesbach und zwischen Gauchsbergzug und Soonwald wechseln kleinräumig
mit Wiesen, Weiden und Gehölzen ab. Halbtrockenrasen wachsen fragmentarisch zusammen
mit anderen Grünlandbiotopen, z.B. am (ehmaligen) Flugplatz Pferdsfeld, am Südhang des
Käsbergs bei Daubach und am Halgersberg bei Heinzenberg.166

Die großen Streuobstbestände in den Ortsrandbereichen (z.B. bei Oberhausen, Brauweiler,


Seesbach, Spabrücken, Ippenschied, Horbach, Allenfeld und Eckenroth) sind in den letzten
Jahrzehnten zurückgegangen. Halboffenlandbiotopkomplexe aus Streuobst, Halbtrockenra-
sen, Magerwiesen, intensiver genutztem Grünland und Strauchbeständen gibt es am Brau-
nenberg bei Simmertal, am Käsberg nördlich von Daubach, südlich von Winterburg, südlich

165
Auch hier werden heute viele Flächen über den Vertragsnaturschutz bewirtschaftet.
166
Seit Erstellung der VBS 1998 sind jedoch zahlreiche landwirtschaftliche Flächen weiter intensiviert und
vergrößert worden, der Fliegerhorst Pferdsfeld wurde inzwischen mit Solarpaneelen bestückt (s. Kap. A1).

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von Dalberg und im Guldenbachtal zwischen Eckenroth und Schweppenhausen. Strukturrei-


chere größere Rebflächen mit mageren Säumen und Ruderalfluren liegen an den Südhängen
des Steyerbachtals südöstlich von Schöneberg.

Entwicklungsmöglichkeiten
Auf dem bewaldeten Gauchsbergzug sollen die vorhandenen Alt- und Totholzbestände erhal-
ten bleiben. Auch Gehölzsäume, Bachuferwälder und die naturnahen Wälder an den Hangla-
gen der Bachtäler sollen erhalten und entwickelt werden (z.T. als Komplexe mit Trocken- und
Gesteinshaldenwäldern). Dies z.B. am Weißberg südlich von Heinzenberg und im Bereich der
Göttelsteiner Felsen südlich von Bockenau und entlang des Hahnen-, Simmer-, Gauls-, Eller-
und Gräfenbachs. Die Steilhänge dienen auch als „Trittsteine“ für die Ausbreitungen / Wande-
rungen wärmeliebender Arten.

Die Landschaftsräume mit vielfältig wechselnden Ackerflächen, Grünland, Streuobst und Ge-
hölzbeständen (z.B. in den Gebieten um Hennweiler, Oberhausen und südlich von Seesbach)
sollen erhalten, entwickelt und biotopschonend bewitschaftet werden. Entwicklungsmöglich-
keiten für Halbtrockenrasen- (Magerwiesen-) Biotopkomplexe gibt es auf den mageren, wär-
mebegünstigten oberen Hanglagen des Talzuges östlich von Horbach.

Streuobstwiesen sollen erhalten und wo immer möglich wieder ausgeweitet werden. Entwick-
lungsschwerpunkte liegen z.B. südöstlich von Horbach, bei Auen, Rehbach sowie im Raum
Schöneberg/Eckenroth. Die Restbestände u.a. um Oberhausen, Brauweiler, Seesbach, Spa-
brücken, Ippenschied und Allenfeld können Ansatzpunkte zur Vergrößerung ortsnaher Streu-
obstwiesen sein. Im Ortsumfeld z.B. von Weitersborn, Gebroth, Spall oder Argenschwang, wo
Streuobstbestände fehlen, sollten diese wieder angelegt werden.167

167
südlich von Spall wurde wieder eine große Fläche mit Streuobst gepflanzt, die über den Vertragsnaturschutz
gefördert wird.

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A.3 Unteres Nahehügelland (vgl. Anh. G, Karte 1 und 3)

Die Region besteht aus dem eigentlichen Unteren Nahehügelland, der Unteren Naheebene
und dem Nordwestteil des Rheinischen Tafel- und Hügellandes. Westlich der Unteren Nahe-
ebene folgt das Kreuznacher Hügelland, das aus zahlreichen Riedeln mit asymetrischen Tä-
lern besteht, welche gegen die Soonwaldvorstufe bis auf ca. 300 Meter ansteigen. Die Region
gehört zu den wärmsten und regenärmsten Bereichen des Landkreises. Sie zählt mit durch-
schnittlichen Jahresniederschlägen tw. unter 500 mm sogar zu den trockensten Gebieten der
Bundesrepublik.
Während an den steilen südwestexponierten Hängen roter Sandstein mit flachgründigen Bö-
den ansteht, sind die flachen nordöstlich geneigten Hänge mit einer mächtigen Lösslehmdecke
überzogen. Das Wöllsteiner Hügelland ist hingegen aus tertiären Kalken und Mergeln aufge-
baut und großteils mit quartärem Löß und Lösslehm bedeckt. Diluviale Schotter der Nahe be-
decken in 200 m Höhe die Kuppen der Hügel.

Weinanbau und Grünlandnutzung beim Langenslonsheimer Wald (Saukopf, Fichtekopf) Foto R. Twelbeck

Vorkommen kulturhistorisch bedeutsamer Biotoptypen


Aufgrund der guten Böden werden ca. 90% der Flächen landwirtschaftlich genutzt, wobei
Äcker und Weinbau überwiegen. Innerhalb der vielen intensiv genutzten Flächen fehlen die
Strukturelemente (Hecken, Einzelbäume, Raine etc.) weitgehend. Rechts der Nahe in östlicher
Richtung (Nachbarkreise Mainz-Bingen und Alzey-Worms) setzt sich diese Landschaft in den
ebenso intensiv genutzten Weinbau- und Ackerflächen der "Rheinhessischen Schweiz" fort.

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HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Die ehemals typischen Obstbaumbestände entlang von Wegen und in Ackerflächen sowie
Stütz- und Trockenmauern in den weniger steilen Weinbaugebieten sind fast völlig verschwun-
den.

Strukturreichere Weinbauflächen liegen nördlich von Laubenheim, nordwestlich von Langen-


lonsheim, zwischen Waldhilbersheim und Windesheim, zwischen Gutenberg und Wallhausen,
bei Roxheim, bei Mandel, zwischen Bockenau und Burgsponheim, östlich von Hargesheim,
am Bosenberg östlich von Planig und nördlich von Frei-Laubersheim. Im reliefreicheren west-
lichen Nahehügelland bei Waldböckelheim - Bockenau - Sponheim handelt es sich vielfach
um Weinbergsbrachen zusammen mit Trocken- oder Halbtrockenrasen. Westlich von Spon-
heim liegen Streuobstwiesen zwischen den Halbtrockenrasen, weitere Streuobstwiesen gibt
es z.B. bei Braunweiler, Weinsheim und Bockenau. In den Streuobstbeständen bei Sommer-
loch - Hüffelsheim - Burgsponheim und östlich der Nahe brütet der Steinkauz.

Das einzige größere zusammenhängende Waldgebiet ist der Langenlonsheimer Wald, sogar
mit größeren Eichen- und Buchenwäldern und älterem Baumbestand bei Hergenfeld. Ansons-
ten existieren noch kleinflächigere Wälder mit wenig Altholz, z.B. der Waldhilbersheimer Wald,
Welschberg bei Burgsponheim und der Weinsheimer Wald. Die Hanglagen von Bachtälern, so
am Ellerbach bei Bockenau, Burgsponheim sowie bei Rüdesheim und am Guldenbach ober-
halb der Eremitage sind ebenfalls zum Teil bewaldet.
Trockenwälder sind trotz vorhandenem Standortpotential nur in Restbeständen vorhanden, da
auf ihren Lagen meist Wein angebaut wird. Biotopmosaike aus Trockenwäldern und Trocken-
rasen liegen an den Hängen des Ellerbachtals im Bereich Bockenau / Burgsponheim und in
den Naturschutzgebieten "Saukopf" und "Fichtekopf" am Langenlonsheimer Wald. Weitere
Trockenbiotope liegen am Kronenberg bei Hargesheim, am Butterberg bei Gutenberg und am
Dämmerberg bei Hackenheim. Nordöstlich von Heddesheim und im Weinsheimer Wald süd-
westlich von Mandel kommen die Trockenwälder zusammen mit Wäldern mittlerer Standorte
vor. Gesteinshaldenwälder gibt es am Welschberg bei Burgsponheim, im Mosaik mit Felsve-
getation und offenen Schutthalden am Göttelsteiner Felsen bei Bockenau und in Verbindung
mit Wäldern mittlerer Standorte im Guldenbachtal im Waldgebiet "Lindel" bei der Eremitage.

Magergrünland liegt in den wechselfeuchten Naheauen zwischen dem Landeplatz Langen-


lonsheim und Deichhof sowie oberhalb von Bretzenheim. Größere Flächen mit Wiesen und
Weiden gibt es zudem im Randbereich zur Soonwald-Vorstufe. Einige Feucht- und Nasswie-

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sen oder Feuchtbrachen liegen z. B. im Jungfernfloßtal nordöstlich von Hergenfeld, am unte-


ren Guldenbach, in der feuchten Bachursprungsmulde südwestlich von Hergenfeld sowie ver-
einzelt im Ellerbachtal zwischen Bockenau und Burgsponheim.

Entwicklungsmöglichkeiten
Da der Anteil intensiv genutzter Agrarflächen in der Region sehr hoch ist, ist es besonders
wichtig, dass hier der Strukturreichtum verbessert wird. Also innerhalb jeglicher großer Acker-
und Weinanbauflächen soll es wieder mehr Bäume, Hecken, Feldgehölze, genügend breite
Säume, Ruderalflächen, mehr Mager- und Streuobstwiesen etc. geben - zur Vernetzung mit
vorhandenen Extensivbiotopen und zur biologischen Aufwertung der Agrarlandschaft. Die Ag-
rarflächen sollen nachhaltiger bewirtschaftet werden (weniger Spritzmittel, bodenschonende
Bearbeitung, Rebzeilenbegrünung etc ...)

(Halb)-trockenrasen können an warmen Hanglagen (s.o.) überall auf den Weinbergsbrachen


entstehen. Zwischen den flacheren Rebflächen in der Umgebung können zudem magere Wie-
sen und Weiden als Pufferflächen und "Trittsteinbiotope" entwickelt werden. Auch Streuobst-
wiesen sollen erhalten, erweitert und miteinander vernetzt werden. Hierfür bieten sich Streu-
obstwiesenbänder und Säume entlang vorhandener Strukturen um die Ortschaften an, z.B.
entlang von Hangkanten, Feldwegen oder im Bereich bestehender Streuobstwiesen. Entwick-
lungsmöglichkeiten gibt es z. B. westlich von Waldböckelheim, südlich von Weinsheim, in der
Umgebung von Sponheim, zwischen Bockenau, Hüffelsheim und Windesheim sowie um Ha-
ckenheim und Bosenheim.

In den Naheauen sollen die Magerwiesen, Feuchtwiesen und Flussauenwälder im Bereich


zwischen Deichhof und dem Landeplatz von Langenlonsheim erhalten bleiben, weitere können
dort entwickelt werden. Auf den mittleren Standorten außerhalb der Dämme kann mehr Ma-
gergrünland entstehen, so zwischen Deichhof und Laubenheim und zwischen Ippesheim und
dem Bad Kreuznacher Stadtrand. Gehölzsäume und Bachuferwälder können sich entlang der
Bachufer entwickeln, wobei frisch-feuchte Wiesen und Weiden wichtige Puffer- und Vernet-
zungsflächen entlang der Talauen sind - z.B. entlang von Appel- und Karlebach, Guldenbach,
Gräfenbach, Katzenbach und Ellerbach. Auch in den feuchten Senken südöstlich von Wald-
laubersheim und zwischen Hüffelsheim und Schloßböckelheim gibt es Potential für weiteres
Feuchtgrünland.

Die Altholzbestände in den wenigen Wäldern sollen erhalten und durch längere Umtriebszeiten
bzw. Herausnahme aus der Nutzung erweitert werden. Neben dem Langenlonsheimer Wald

ANH 161 LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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betrifft dies die lichten Trockenwaldkomplexe an den Hanglagen. Entwicklungspotential be-


steht in vielen Bereichen, vor allem an den steileren Südhängen der Naheseitentäler und auf
weiteren Kuppen- und Hanglagen.

A.4 Sobernheimer Talweitung (vgl. Anh. G, Karte 1 und 3)

Die Sobernheimer Talweitung liegt im Nahetal zwischen Martinstein, Bad Sobernheim und
Schloßböckelheim. In den weichen Konglomeraten und Sandsteinen der Waderner Schichten
(Oberrotliegendes) hat die Nahe eine weite Talweitung ausgeräumt – wobei ein Großteil des
erweiterten Talraumes entlang des Naheufers bebaut ist (Martinstein – Merxheim, Monzingen,
Bad Sobernheim – Staudernheim). Die ringsum bis auf 340 m Höhe ansteigenden Hügel bil-
den Riegel mit steilen Süd- und Westhängen und nach Osten hin flachgeneigten lössbedeckte
Lagen.
Das Klima an der Nahe ist fast ebenso trocken und warm wie im Unteren Nahehügelland,
wobei es jedoch zu den äußeren Hügeln hin feuchter und kühler wird. Dort fallen bereits 600
bis 650 mm Niederschlag im Jahr.

Soberheimer Talweitung, Blick auf Staudernheim Foto: R. Horn

LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ ANH 162


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Wie das untere Nahehügelland werden die ertragreichen Böden der Sobernheimer Talweitung
weitgehend ackerbaulich genutzt. Grünland gibt es auf den Auenböden an der Nahe, auf eini-
gen Hügelkuppen und Hängen und entlang der Nahezuflüsse v.a. im Westen der Talweitung.
Viele der südexponierten Hanglagen tragen Weinberge bzw. Brachen.

Vorkommen kulturhistorisch bedeutsamer Biotoptypen


Die Region wird auf ungefähr 80 % der unbebauten Fläche landwirtschaftlich genutzt (inkl.
Weinbau), wobei die Weinhänge sich hauptsächlich auf die linksseitigen Nahehänge zwischen
Martinstein - Sobernheim z.B. bei Martinstein, Monzingen, Nussbaum erstrecken. Rechtsseits
gibt es z.B. Weinbergslagen bei Meddersheim. Zwischen Bad Sobernheim und Boos sowie in
den oberen Bereichen der Seitentäler wurden jedoch viele Weinberge bereits wieder aufgege-
ben. In den ebeneren Lagen der Sobenheimer Talaue überwiegt die Ackernutzung, selbst in
der Naheaue reicht der Ackerbau neben dem verbliebenen Grünland stellenweise direkt bis
an die Flussufer. Die Weinberge am Disibodenberg sind noch von Stütz- und Trockenmauern
durchzogen. Auf der Kuppe liegt auch die Ruine der ehemaligen Klosteranlage.168 In den üb-
rigen Gebieten sind noch einige Weinbergsmauern in den Brachen erhalten, in den intensiv
bewirtschafteten Weinbergen wurden sie dagegen weitgehend beseitigt.

Das meiste Grünland in der Sobernheimer Talweitung besteht aus Magerwiesen, die häufig
aus den sonnenexponierten Weinbergsbrachen hervorgegangen sind. Besonders an den Hän-
gen bei Merxheim, Weiler, Monzingen, Nußbaum und unterhalb von Bad Sobernheim wech-
seln magere Wiesen und Weiden vielfach mosaikartig mit Halbtrocken- und Trockenrasen
bzw. trockenwarmen Felsen. Größere Biotopkomplexe aus Halbtrockenrasen und Weinbergs-
brachen, Mager- und Streuobstwiesen und Strauchbeständen gibt es auf dem Heimberg bei
Merxheim169 und am Distelberg bei Boos. Dort sind jedoch bereits viele Flächen verbuscht.
Artenreiches extensiv genutztes Grünland gibt es z.B. am Domberg und auf dem Heimberg
bei Schlossböckelheim, zwischen Monzingen und Steinhardt (z.B. Maasberg bei Nussbaum),
und an den Hanglagen der Nahezuflüsse südlich von Meddersheim.
Streuobstwiesen findet man v.a. in Richtung der Glan-Alsenz-Höhen, besonders um Staudern-
heim und um Merxheim. Es sind die nördlichen Ausläufer der Streuobstbestände des Nord-
pfälzer Berglands. Nördlich der Nahe gibt es Streuobst bei Nußbaum, nordöstlich von Sobern-
heim und zwischen Staudernheim und Oberstreit.

168
vgl. Exkurs historische Zeitgenossen – Hildegard von Bingen
169
Heimberg direkt SO angrenzend an die Ortschaft Merxheim (nicht der Heimberg bei Schlossböckelheim)

ANH 163 LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ


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Aufgrund der Geländemorphologie sind xerotherme Biotopkomplexe in der Region weniger


häufig als in anderen Bereichen des Nahetals. Es gibt sie v. a. am Distelberg bei Boos, am
Maasberg nördlich von Sobernheim, nördlich von Monzingen in Verbindung mit den Wäldern
mittlerer Standorte und auf dem Flachsberg bei Martinstein, teilweise auch mit Felsenahorn-
Trockenwald. Auch Feucht- und Nasswiesen gibt es in der Talweitung neben denen in der
Naheaue nur wenig, so die flächenhaften Röhricht- und Großseggenriedbestände mit Feucht-
und Nassgrünland am oberen Seibersbach nördlich von Oberstreit.

In den Randbereichen der Talweitung leiten Wälder mittlerer Standorte und ehemalige Nieder-
wälder nach Norden direkt in die Wälder der Soonwald-Vorstufe (im Randbereich des Sobern-
heimer Stadtwalds) und nach Süden in diejenigen der Glan-Alsenz-Höhen über. Ansonsten
sind an den Hangbereichen einige Waldinseln in die Acker- und Weinbauflächen eingestreut.
Eichen-Altbestände gibt es im Kißwald nordöstlich von Steinhardt (über 100 Jahre) und am
Klaffsteinchen nördlich von Weiler (über 150 Jahre). Ein weiterer, über 100-jähriger Eichenbe-
stand liegt im Waldgebiet "Ritsch" südlich von Bad Sobernheim. Am Ufer der Nahe auf den
Aueflächen wachsen vereinzelt schmale Flussauenwälder und ein kleiner Schwarzerlen-
Bruchwald unterhalb des Westhangs am Distelberg.

Entwicklungsmöglichkeiten
Wie schon für das vorwiegend landwirtschaftlich genutzte Untere Nahehügelland beschrieben,
ist es auch in der Sobernheimer Talweitung wichtig, dass der Strukturreichtum im intensiv ge-
nutzten Acker- und Rebland verbessert wird und Stoffeinträge verringert werden. An der Nahe
und ihren Zuflüssen können weitere bachbegleitende Wälder und extensiv genutztes Grünland
entstehen. Stoffeinträge aus angrenzenden Ackerflächen ins Gewässer und die Feuchtgebiete
können so vermieden werden. Hecken, Säume, Gebüsche und Einzelbäume sollen die Agrar-
landschaft mit den extensiven Magerwiesen, Weiden und Streuobstbeständen verbinden und
zu den strukturreichen Wäldern im Umland überleiten. Die verbliebenen Streuobstwiesen sol-
len als historisches Kulturgut erhalten und gepflegt werden. Weitere Streuobstwiesen können
im Umkreis der Ortschaften oder auf ehemaligen Weinbauflächen erweitert bzw. wiederange-
legt werden. Die intensiver genutzten Rebflächen können zwischen den Zeilen begrünt und
durch Strukturen (Einzelbäume inkl. Obstbäume, Gebüsche und Wiesensäume) aufgewertet
werden.

In den Hangbereichen, wo der Grünlandanteil noch vergleichsweise hoch ist, gibt es gute Ent-
wicklungsmöglichkeiten für weiteres Magergrünland, z.B. nordwestlich von Weiler bei Monzin-
gen im Anschluß an das Grünland bei Simmerthal (Glan-Alsenz-Höhen, s. A5), entlang der

LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ ANH 164


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Täler von Gaulsbach, Kerrbach und Dornbach und in den Bereichen um Merxheim, Medders-
heim und Staudernheim. Auf den Weinbergsbrachen gibt es zudem noch viel Potential zur
Entwicklung xerothermer Magerrasen oder anderer Xerothermvegetation. Auch die Wein-
bergsmauern würden somit wieder freigestellt und gesichert. Aus stark verbuschten Bestän-
den können sich alternativ Komplexe aus wärmeliebenden Gebüschen mit lichten Wäldern
entwickeln. In allen Wäldern sollen zudem die Altholzbestände erhalten bleiben und durch
längere Umtriebszeiten weiter erhöht werden, z.B. im Sobernheimer Stadtwald.

A.5 Glan-Alsenz-Höhen (vgl. Anh. G, Karte 3 und 4)

Die Hochfläche der Glan-Alsenz-Höhen (um 350 m) wird vom Sien-Lauschieder-Höhenrücken


(ca. 400 m, Sedimente Rotliegendes) und dem tief eingeschnittenem Glantal unterteilt in die
Meisenheimer Höhen, die Alsenzer Höhen (Tonschiefer, Sandstein) und die Riedel der Be-
cherbach-Reidenbacher-Gründe (flache Osthänge mit Lösslehm, steile Westhänge aus Kon-
glomerat und Sandstein). Der Höhenrücken bildet die Wasserscheide zwischen dem Glan und
der Nahe.

Blick auf die südexponierten Callbacher Hänge nördlich von Meisenheim. Im Aufnahmejahr (2018) sind die Dürre-
schäden des niederschlagsarmen Sommers deutlich erkennbar. Foto: R. Twelbeck

ANH 165 LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Der Naheabschnitt zwischen Martinstein und Kirn ist im Gegensatz zur Sobernheimer Talwei-
tung wieder tief eingeschnitten. Dicht am Ufer stehen mit ihren teils steilen Felsen und Geröll-
halden aus Lavagestein Hellberg, Gausberg und Bremerberg. Während das Glantal und seine
Seitentäler klimatisch wärmer sind, ist es auf dem Sien-Lauschieder-Höhenrücken regenrei-
cher und bereits fast so kühl wie im Soonwald.

Insgesamt knapp die Hälfte der Glan-Alsenz-Höhen sind bewaldet. Vor allem die Sien-Lau-
schieder-Höhe ist wegen ihrer flachgründigen und steinigen Böden stärker bewaldet. Insge-
samt ist auch der Grünlandanteil in der Region hoch. Äcker und Wiesen breiten sich auf den
Hochflächen und den Talhängen aus, Wald und Grünland wechseln sich an den Hanglagen
ab. Die Ortschaften sind häufig mit Äckern und einigen Wiesen umgeben, z.B. bei Hundsbach,
Limbach und Lauschied. Die guten Lössböden der Hochflächen östlich des Glantals und offe-
nere Talbereiche von Nahe und Glan werden vorwiegend als Ackerland genutzt. Weinbau gibt
es auf einigen Südhängen an Glan und Nahe. Wiesen und Weiden liegen in den Quellmulden
und Talgründen der zahlreichen Bachtäler und Zuflüsse.
Vorkommen kulturhistorisch bedeutsamer Biotoptypen
Streuobstwiesen mit Magergrünland sind an den Hanglagen des Glantals und an den Nahe-
hängen zwischen Simmertal und Kirnsulzbach weit verbreitet. In den Streuobstwiesen bei
Raumbach - Breitenheim wurden sogar Raubwürger, Wiedehopf und Steinkauz kartiert. Die
Streuobstwiesen bilden zusammen mit weiteren Magerwiesen, Halbtrockenrasen, Weinbergs-
brachen, Gehölzen und Trockenbiotopen eine reich strukturierte Landschaft. Viele der ehe-
mals großflächigen Reblagen sind dort inzwischen aufgegeben, ebenso an den nördlichen
Randbereichen der Glan-Alsenz-Höhen. Lediglich bei Kirschroth gibt es noch größere Wein-
bergslagen. Aus den brachgefallenen Weinbergslagen an Glan und Nahe haben sich die meis-
ten Xerothermbiotope der Glan-Alsenz-Höhen entwickelt. Am Hellberg, Gauskopf und Bremer-
berg und in den Steinbrüchen bei Kirn gibt es sie zudem auf anstehendem Fels und den Block-
schutthalden. Auch auf dem Ringberg bei Schweinschied im Süden der Region liegt ein grö-
ßeres Xerothermbiotop. Die Weinbergsmauern in den Brachen sind häufig zerfallen und zu-
gewachsen, werden jedoch insbesondere von den restlichen Smaragdeidechsen im Glantal
als Ersatzlebensraum genutzt.

Neben "Normalgrünland" gibt es auch größere Magerwiesenbestände, beispielsweise im Ge-


biet zwischen Kirschroth, Heimweiler und Hochstetten-Dhaun, im Gebiet nördlich von
Schweinschied und bei Kirnsulzbach. Nass- und Feuchtwiesen sind hingegen vergleichsweise
selten und sie sind oft verbracht. Isoliert liegen sie in Quellmulden oder quelligen Bachtälern

LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ ANH 166


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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z.B. im Grundbachtal südwestlich von Staudernheim, in einem kleinen Seitental des Hunds-
bachs nördlich von Schweinschied und in der Limbachaue westlich von Limbach. Einige grö-
ßere Feuchtwiesenkomplexe gibt es nordwestlich von Hochstetten-Dhaun.

Die ausgedehnten Wälder liegen nordwestlich in Richtung des Nahetals – v.a. an den Hängen
und Kuppen zwischen Heimweiler, Bärbach, Meckenbach –und weiter südlich über Becher-
bach und Otzweiler bis hinunter nach Schweinschied. Viele schmale Waldbänder säumen zu-
dem die Bachtäler im Offenland. Die großen Eichenwälder am nördlichen Rand der Region
gehen in die Sobernheimer Talweitung über (s. A.4), z.B. im Gebiet "Ritsch" bei Bad Sobern-
heim, im Meddersheimer Wald, am Stabelberg südöstlich von Kirn und im Hochstettener Wald
bei St. Johannisberg. In den Waldgebieten des Glantals und östlich davon fehlen jedoch Alt-
holzbestände weitgehend und sehr alte Bestände (bei der Buche > 180 Jahre, bei der Eiche
> 200 Jahre) fehlen in der ganzen Region.

In die Wälder sind zahlreiche Biotopmosaike mit Trockenwald und kleinen Felsbiotopen ein-
gestreut – z.B. an den Nahehängen zwischen Kirn und Kirnsulzbach, zwischen Kirschroth und
Merxheim, im Pfarrwald im Sobernheimer Stadtwald, am Ringberg bei Schweinschied und am
Hohnköpfchen östlich von Hundsbach. Gesteinshalden mit Gesteinshaldenwäldern und Tro-
ckengebüschen findet man am Hellberg und am Gauskopf bei Kirn. Kleinere Gesteinshalden-
wälder liegen im Hottenbachtal, am Hahnenbach, am Trübenbach bei Kirn und am Mühlenberg
bei Hochstetten-Dhaun. Trockenwälder aus ehemaliger Niederwaldnutzung kommen an den
Hängen von Glan- und Jeckenbachtal, entlang der Naheseitentäler am Nordrand der Glan-
Alsenz-Höhenund vereinzelt bei Hundsbach und Limbach vor.

Entwicklungsmöglichkeiten
In den Wäldern mittlerer Standorte können Altholzbestände durch Erhöhung der Umtriebszei-
ten und durch den Schutz vorhandener Albäume erweitert und gesichert werden. Einige Alt-
bestände in den Wäldern westlich des Glantals wachsen derzeit in die "biotopfähigen" Alters-
klassen hinein170: so z.B. zwischen Hundsbach, Otzweiler und Becherbach, bei Heimweiler
und östlich von Kirschroth (Buche > 80 J. und > 120 J., Eiche > 100 und > 150 J.) sowie
nordwestlich von Hundsbach (Buche > 150 J., Eiche > 100 und > 150 J.).
Die Trocken- und Gesteinshaldenwälder sowie die eingestreuten Fels- und Trockenstandorte
sollen erhalten bleiben. Weitere Trockenwälder können z.B. an den Hängen des Glantals nord-
westlich von Rehborn und im Gebiet "Schachert" zwischen Heimberg und Limbach entwickelt

170
Dies mit Stand 1998 (derzeit 2020: Die Altbäume sind nun 20 Jahre älter bzw. bereits entnommen)

ANH 167 LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ


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werden. An den Hängen des Glantals oberhalb von Odernheim gibt es z.B. Potential für wei-
tere Gesteinshaldenwälder. Auch Felswände, Höhlen und Stollen der Steinbrüche bei Kirn sind
erhaltenswert - für Felsenbrüter (z.B. Uhu) und als Winterquartier für Fledermäuse.

Von besonderer Bedeutung für Wiedehopf, Wendehals, Grünspecht, Raubwürger, etc. sind
Erhalt, Pflege und Entwicklung von großflächigen Streuobstbeständen. Dies betrifft die Biotop-
komplexe aus Streuobstwiesen, magerem Grünland, Halbtrockenrasen und Weinbergsbra-
chen mit Trockenmauern und Strauchbeständen an den Hängen des Glantals mit den Seiten-
tälern (z. B. Raumbachtal, Jeckenbachtal, Reiffelbachtal, Callbachtal). Die Streuobstflächen
südlich von Kirschroth und die Streuobstwiesen an den Nahehängen zwischen Simmertal und
Kirnsulzbach sind Bestandteil eines trockenwarmen Biotopnetzes entlang des gesamten Mitt-
leren und Unteren Nahetals. Magere Wiesen und Weiden innerhalb der Biotopmosaike bilden
Vernetzungsstrukturen innerhalb der Xerothermbiotope. An den genannten Standorten sollen
vorhandene Xerothermbiotope und extensive Nutzungen als vielfältiges Mosaik erhalten und
entwickelt werden. Dies gilt auch für die verbliebenen biotopverträglich bewirtschafteten Wein-
berge als Bestandteil der historischen Kulturlandschaft.
Die Streuobstgürtel, Magerwiesen und Wiesen mittlerer Standorte um die Ortschaften herum
(z. B. um Hundsbach, Limbach, Bärweiler) sollen ebenfalls als kulturhistorisches Element er-
halten und erweitert werden. Weitere extensive Grünlandbiotopkomplexe können in den Auen
von Nahe und Glan (bspw. bei Meisenheim / Raumbach), der zulaufenden Bachtäler und in
vergleichsweise strukturarmen Acker-Grünlandgebiete entstehen (z. B. Bärweiler-Lauschied,
Meckenbach, Limbach). Auch die Entwicklung von mehr Magergrünland als Pufferflächen für
Xerothermbiotope, Bäche und Quellmulden im Offenland mit Nass- und Feuchtwiesen, Röh-
richte und Großseggenbestände in den Bachauen (z.B. Nahe- und Glanauen südlich Odern-
heim, Nahe bei Kirnsulzbach, Hochstetten-Dhaun, im oberen Großbachtal, Limbachtal und
Grundbachtal) sowie für den Hellersberger Weiher ist anzustreben.

A.6 Porphyrbergland von Bad Münster am Stein (vgl. Anh. G, Karte 3)

Das Porphyrbergland von Bad Münster am Stein beinhaltet mit der 200 Meter hohen Steilwand
des Rotenfels und der Gans bei Bad Münster am Stein sowie dem Lemberg bei Feilbingert die
eindrucksvollsten Landschaftsbestandteile des Landkreises. Beim Austritt der Nahe in die
Kreuznacher Talweitung dringen zudem die solehaltigen Thermalquellen an die Oberfläche.

LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ ANH 168


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Rotenfelsmassiv mit Trockenstandorten und Weinanbau, Bad Münster am Stein Foto: R. Horn

Neben den Porphyrbergen besteht die Region aus dem Nahe-Alsenz-Felsental, den Neubam-
berger Riegeln und den Appelhöhen, einem Bestandteil der angrenzenden Glan-Alsenz-Hö-
hen. Die überwiegend durch sauren Porphyr, teilweise durch basische Magmatite, aufgebaute
Hochfläche wird durch die Nahe und die Alsenz in die imposanten Steilhänge zergliedert. So-
weit möglich, wird an den südexponierten Hängen Wein angebaut. In den Mulden der Hoch-
flächen liegen Lösslehmdecken mit Ackerland. Flachgründige Kuppen und schattige Hangla-
gen sind bewaldet.

Das Klima wird sehr vom trocken-warmen Unteren Nahehügelland beeinflusst. Die Vegetation
wechselt daher zwischen trockengeprägten (Nieder-)wäldern, z.T mit Felsenahorn, Ge-
steinshaldenwäldern, Felsstandorten, extensiv bewirtschafteten Weinbergen, Magerwiesen
und ungenutzten trockenwarmen Offenlandbereichen. Die reichhaltige Ausstattung und das
enge Nebeneinander solcher Biotope auf recht kleinem Raum machen das Porphyrbergland
von Münster am Stein zu einem Gebiet mit bundesweit herausragender Bedeutung für wär-
meliebende Pflanzen- und Tierarten. Die Streuobstwiesen, Magerwiesen und der Weinbau an

ANH 169 LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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weniger steilen Hängen und um die Ortschaften herum sind von kulturhistorischem und land-
schaftsprägendem Wert.

Vorkommen kulturhistorisch bedeutsamer Biotoptypen


An den trockenheißen Felshängen im Nahetal zwischen Schloßböckelheim und dem Rotenfels
liegen die Vorkommensschwerpunkte fast aller xerothermophilen Arten im Landkreis Bad
Kreuznach. Zusammen mit den großen zusammenhängenden Flächen unterschiedlicher Of-
fenland- und Wald-Xerothermbiotope am Gangelsberg bei Duchroth gehört dieses Gebiet zu
den aus Sicht des Arten- und Biotopschutzes außerordentlich bedeutsamen Räumen - weit
über den Landkreis Bad Kreuznach hinaus. Auf den trockenwarmen Felsstandorten entlang
der Nahehänge, seltener auch in den Seitentälern (z. B. Alsenztal) wachsen Trockengebü-
sche, die auch Larvenlebensraum des dort vorkommenden Segelfalters sind. Das Rotenfels-
massiv ist zudem traditioneller Brutplatz des Wanderfalken.

Gut ein Viertel des Porphyrberglandes ist bewaldet, so z.B. Waldgebiete zwischen Altenbam-
berg, Bad Münster am Stein und Frei-Laubersheim, das Gebiet "Hardt", der Bereich zwischen
Lemberg und Rehkopf und der "Bauwald" im Südwesten. In den Wäldern mittlerer Standorte
gibt es Eichenaltholz z.B. an der Burg Rheingrafenstein, nahe der Ruine Altenbaumburg und
im Waldgebiet "Lohr" bei Rüdesheim. Ältere Buchenbestände existieren bei Altenbamberg und
inmitten eines Golfplatzes im "Bauwald" nördlich von Feilbingert. Auch gibt es teils sehr alte
Trockenwaldbestände am Lemberg. Im Waldgebiet "Spreitel" siedelt die derzeit einzige Popu-
lation des Ziegenmelkers im Landkreis Bad Kreuznach.
Bedingt durch die Landschaftsmorphologie gibt es viele Trocken- und Gesteinshaldenwälder
auf den waldbaulich kaum genutzten Steillagen. Blütenreiche Waldsäume (z.B. am Lemberg)
stellen für viele charakteristische und schutzwürdige Tierarten notwendige Ergänzungslebens-
räume dar. Stellenweise existieren ausgedehnte trockene bodensaure Eichenwälder, an flach-
gründigen Standorten mit Felsenahorn (bei Altenbamberg, an den Steilhängen im Bereich Bad
Münster am Stein - Ebernburg, am Rehkopf, am Lemberg und an der Nordseite des Gangels-
bergs). Oft handelt es sich um Biotopkomplexe mit Gesteinshaldenwäldern, Wäldern mittlerer
Standorte und offenen Trockenrasen sowie trockenwarmen Felsen und Gesteinshalden.

Die Hangbereiche an der Nahe zwischen Schloßböckelheim und Norheim sind großflächig
durch den Weinbau geprägt. Dagegen liegen in den klimatisch weniger günstigen Bereichen
bei Waldböckelheim, Odernheim, Duchroth oder Altenbamberg derzeit viele ehemalige Wein-
berge brach, ein Teil der Flächen wird nun als Grünland genutzt. An den Steilhängen des
Nahetals von Schloßböckelheim bis zum Rotenfels gibt es neben dem Weinbau zahlreiche

LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ ANH 170


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Trockenrasen, Felsbiotope, Trockengebüsche und -wälder. Zusammen mit den umliegenden


kleineren Weinbergen, Trocken- und Halbtrockenrasen, mageren Wiesen und Weiden, Streu-
obstwiesen bietet die Landschaft den hier angepassten Pflanzen- und Tierarten günstige Be-
dingungen.

Größere Offenlandbereiche liegen auf den eher waldfreien Hochflächen um Duchroth, Feilbin-
gert und in der Umgebung von Fürfeld. In diesen Gebieten überwiegt die Ackernutzung. Grün-
land bleibt mehr auf die Hanglagen und auf ortsnahe Bereiche beschränkt. Weitere Wiesen
und Weiden mit Magergrünland liegen an den Hängen der Naheseitentäler, so im Alsenztal im
Bereich Hochstätten, im oberen Trombachtal, im oberen Hagenbachtal und im Häuserbachtal
bei Odernheim. Vereinzelt sind in den ortsnahen Bereichen Streuobstwiesen vorhanden.

An der Nahe mit ihrer schmalen Aue gibt es - wie in den unteren Naheseitentälern – neben
Ackerland einige Wiesen und Auenwaldreste, die in die Xerothermbiotope der angrenzenden
Hänge überleiten. Obschon die Bebauung der Ortschaften teils bis dicht an die Ufer heran-
reicht, sind störungsarme Abschnitte mit kleinen Schotterbänken und Pionierfluren der Le-
bensraum der seltenen Würfelnatter. Ein größerer Grünlandbereich liegt unterhalb von
Norheim bis nach Bad Münster am Stein. Mageres Grünland kommt westlich der Drahtwerke
bei Schloßböckelheim vor.
Beim alten Quecksilberbergwerk nordöstlich des Lembergs gibt es noch alte Höhlen und Stol-
len (Quartier für Fledermäuse), weitere liegen im Alsenztal bei Altenbamberg und Hochstätten
sowie im Gebiet "Lohr" bei Rüdesheim.

Entwicklungsmöglichkeiten
Aufgrund ihrer hohen Bedeutung für den Biotop- und Artenschutz mit landes- und bundeswei-
ter Bedeutung sollen die beschriebenen Xerothermbiotopkomplexe mitsamt ihren Felsstand-
orten, Trocken- und Halbtrockenrasen, Trockengebüschen und –wäldern erhalten und weiter-
entwickelt werden. Dies betrifft die Sicherung der Biotopkomplexe an den Nahehängen im
Bereich von Rotenfels und Gans, bei Schloßböckelheim, am Schmalberg bei Norheim, Göt-
zenfels und bei Altenbamberg, am Gangelsberg, am Harsten, südwestlich von Niederhausen
sowie im Alsenztal zwischen Altenbamberg und Hochstätten.

Da in den meisten Wäldern mittlerer Standorte keine ausreichenden Altholzbestände vorhan-


den sind (z.B. für Arten wie den Schwarzspecht), müssen die vorhandenen erhalten und durch
verlängerte Umtriebszeiten in weiteren Beständen erweitert werden. Wichtig sind auch erwei-
terte Flächen im Waldgebiet "Spreitel" für den Ziegenmelker. Er benötigt ein Biotopmosaik aus

ANH 171 LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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lichten Wäldern mittlerer Standorte (v. a. Eichen-Kiefern-Altbestände) im Wechsel mit trocken-


warmen Offenlandbiotopen. Ziel ist ein vielgestaltiger Komplex aus aus Trockenwäldern, Ge-
steinshaldenwäldern, Wäldern mittlerer Standorte und xerothermen Offenlandbiotopen.
Am Westhang des Kahlenbergs nördlich von Feilbingert liegt das Entwicklungspotential für
den landesweit sehr seltenen Seggen-Buchenwald (Carici-Fagetum) trockener Kalkstandorte.
Zusätzliche Gesteinshaldenwälder können z. B. im Gebiet "Moorplacken" südöstlich von
Odernheim, im Hangwald am Ellerbach zwischen Rüdesheim und Bad Kreuznach oder am
Ackerberg südlich von Altenbamberg entstehen, sowie auf Gehölzsukzessionsflächen z. B. bei
Oberhausen und nördlich von Niederhausen.

Die vorhandenen Streuobstbestände sollen als kulturhistorisches Element erweitert und mit
den Beständen im Unteren Nahehügelland und im südlich angrenzenden Donnersbergkreis
besser vernetzt werden. Hierzu können kleine Restbestände vergrößert werden, z.B. als Bio-
topkomplexe aus Streuobstwiesen, magerem Grünland mittlerer Standorte und trockenwar-
men Offenlandbiotopen an den Hängen der rechtsseitigen Naheseitentäler. Auch in den Ag-
rarlandschaften der Ortsrandlagen (z. B. bei Feilbingert, Hallgarten) können zusätzliche Streu-
obstwiesen angelegt werden.

Magere Wiesen und Weiden mittlerer Standorte zusammen mit xerothermen Offenlandbioto-
pen und Streuobstwiesen können im Umfeld der vorhandenen Grünlandbereiche an den Hän-
gen von Hagenbach-, Trombach-, Alsenz- und Appelbachtal einschließlich der Seitentäler, am
Gangelsberg bei Odernheim und westlich von Schloßböckelheim weiterentwickelt werden.

Im Komplex mit Feucht- und Nasswiesen fungiert Magergrünland als Pufferfläche an Bächen
und Bachuferwäldern und als Vernetzungskorridore entlang der Talauen. Dieses könnten in
den Auen der Naheseitentäler von Hagenbach, Alsenz und Appelbach ausgeweitet werden.
Regelmäßig überflutete Talwiesen mit Übergängen zu Feucht- und Nasswiesen können zu-
sammen mit Röhrichten und Flussauenwäldern in der Naheaue zwischen Norheim und Bad
Münster am Stein erweitert werden. Auch z.B. in Kombination mit Pionier- und Ruderalfluren
entlang der ehemaligen Bahntrasse gegenüber von Boos unter Berücksichtigung der Würfel-
natter.

LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ ANH 172


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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B AUSGEWÄHLTE TIERARTEN UND


IHRE LEBENSRAUMANSPRÜCHE

(VBS BAD KREUZNACH 1998)

Weinbergsbrachen mit Halbtrockenrasen und Trockenmauern


Die Komplexe aus Weinbergsbrachen und Halbtrockenrasen sollten mindestens 5 ha groß
sein, um den Flächenansprüchen der für sie charakteristischen Arten zu genügen. Erstrebens-
wert sind in den Trockengebieten großflächige, linear miteinander vernetzte Biotopkomplexe
mit Borstgrasrasen, Magerwiesen, Therophytenfluren, Trockengebüschen und weiteren Tro-
ckenrasen. Zwei Biotope des gleichen Typs sollten maximal 100 bis 500 m auseinander liegen.

Trockenmauern in den Weinbergsbrachen können für Insekten auch in kleinflächigen Ausprä-


gungen eine hohe Bedeutung erlangen. Im Biotopkomplex kommt den Mauern, v.a. im Bereich
der Trocken- und Magerbiotope, eine hohe lineare Vernetzungsfunktion zu. Es bestehen Ähn-
lichkeiten mit Trockenrasen, Felsen, Gesteinshalden und Trockengebüschen.

Weinbergsbrachen und Halbtrockenrasen


Höherwüchsige Halbtro- „Rasen“-Schmetterlinge: Nahrungsbiotop für viele Arten
ckenrasen (gras- und stau- Mattscheckiger Braun-Dickkopffalter (Thymelicus acteon): in
denreich, „vergraste“ Wein- „vergrasten“ Biotopen; Eiablage in der Blattscheide dürrer Gras-
bergsbrachen mit Magerra- halme
sen-Fragmentgesellschaften)
Alexis-Bläuling (Gaucopsyche alexis): Raupen an Schmetterlings-
blütlern in trockenwarmen Säumen oder Versaumungsstadien von
Halbtrockenrasen
Hainveilchen-Perlmutterfalter (Clossiana dia): Raupe an Veil-
chenarten in „versaumten“ Magerrasen
Blutaderzikade (Tibicina haematodes): Larve bevorzugt an den
Wurzeln der Weinrebe in aufgelassenen oder extensiv bewirtschaf-
teten Weinbergen
Halbtrockenrasen mit Bläulinge und Widderchen, die als Larven und z.T. als Schmetter-
„Störstellen“ (kurzrasig, ge- lingslebensraum offene Rasen mit Schmetterlingsblütlern oder Thy-
büschfrei, Viehtritt, Hangab- mian benötigen, u.a. Silbergrüner Bläuling (Lysandra coridon), Him-
bruchkanten, Übungsschä- melblauer Bläuling (Lysandra bellargus), Quendel-Ameisenbläuling
den aus dem Militärbetrieb, (Maculinea arion), Thymian-Widderchen (Zygaena purpuralis) und
v.a. mit Hufeisenklee, Thy- Esparsetten-Widderchen (Zygaena carniolica).
mian) Ehrenpreis-Scheckenfalter (Mellitaea aurelia): Raupe an Spitzwe-
gerich

ANH 173 LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Kleiner Sonnenröschen-Bläuling (Aricia agestis): Raupen am Ge-


meinen Sonnenröschen
Dickfühler-Grünwidderchen (Jordanita subsolana): Raupe an der
Golddistel
Verbuschte Halbtrockenra- Brauner Würfelfalter (Hamearis lucina): Eiablage an der Echten
sen (Halboffenland zwischen Schlüsselblume
Magerrasen und Wald)
Halbtrockenrasen mit ein- Bergsingzikade (Cicadetta montana)
zelnen Sträuchern (an lichte
Wälder angrenzend)
Weinbergsbrachen mäßig Weinhähnchen (Oecanthus pellucens)
warmer Lagen (höherwüch- Sichelschrecke (Phaneroptera falcata): bevorzugt Brachestadien
sig, gras- und staudenreich) mit einer mittelhohen Krautschicht von ca. 30-50 cm.
Schmetterlings- und Vogelarten, z.B. Zippammer: ergänzender
Nahrungsraum
Segelfalter: Wichtiger sekundärer Eiablage- und Larvalbiotop.
Trockenmauern
lückig bewachsen, besonnt Zippammer: potentieller Nestanlageort
Von besonnten Weinbergs- Braunauge (Lasiommata maera): Verpuppungsbiotop sind vegeta-
mauern durchsetzte tro- tionsfreie Mauer- und Felspartien; Imago bevorzugt unbewachsene
cken-warme Standorte Weinbergsmauern im Anschluss an blütenreiche Magerrasen,
Weinbergsbrachen und trocken-warme Säume (Nahrungshabitat).
Mauerfugen und Felsritzen Furchenbienen, Gemeine Pelzbiene (Anthophora plumipes), Mas-
kenbiene Hylaeus hydralinatus und parasitische Bienenarten:
Nestort sind mit Erde gefüllte Fugen alter Weinbergsmauern.
Steinschmätzer, wärmeliebende Insektenarten wie Mauer- und
Pelzbienen, Wegwespen: Felsritzen und Fugen in Trockenmauern
sind Nistplätze.
Hohlraumsystem in Wein- Laufkäfer wie Dunkelblauer Laufkäfer (Carabus intricatus), Echter
bergstrockenmauern (im Schulterläufer (Pterostichus oblongopunctatus),
hinteren Teil, teilweise ver- Blatt- und Kurzflügelkäfer sowie die
füllt)
Schnirkelschnecke Steinpicker (Helicigona lapicida): Lebens-
raum von Arten, die Schatten und hohe Luftfeuchtigkeit bevorzugen
Brombeerhecken im Mau- Grabwespen (Trypoxylon attenuatum, Pemphredon letifer),
erfußbereich Mauer- und Maskenbienen sowie
parasitische Bienen
Beschattete Partien von Bevorzugter Lebensraum der
Weinbergsmauern trocken- Untergrund-Ameise (Aphaenogaster subterranea): Nester unter
warmer Standorte Steinen
Fels- oder Mauerpartien Mauereidechse: südexponierte, besonnte, offene und bewachsene
(fast vegetationsfreie) Gesteinsoberflächen mit Fugen, Spalten und
Löchern
Hellgrüne Flechteneule (Nyctobrya muralis) und
Mottenähnlicher Sackträger (Eumasia parietariella): entwickeln
sich an wärmebegünstigten Standorten mit Flechtenbewuchs.

LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ ANH 174


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Trocken- und Felsstandorte, Steinbrüche


Aus vegetationskundlicher Sicht sind bereits Flächen von wenigen Quadratmetern von hoher
Naturschutzbedeutung. Gehölzarme Trockenbiotope sollten an ihren natürlichen Standorten
unabhängig von ihrer Flächenausdehnung erhalten bleiben. Freigestellte, besonnte Steinbrü-
che als Sekundärbiotope sind ähnlich wie Felsstandorte zu sehen. Um sie zu erhalten, muss
der Aufwuchs des Wandfußes je nach Wandhöhe regelmäßig freigestellt werden. Aus faunis-
tischer Sicht sollten Flächen der Trocken- und Felsstandorte minimal 1 ha groß sein. Zum
Erhalt des Arteninventars dieses Biotopkomplexes sind Flächenmosaike an Hanglagen aus
den folgenden Biotoptypen von 50 bis 60 ha Größe notwendig:

Südexponierte Hänge Segelfalter (Iphiclides podalirius): sonnenexponierte, trockene Bio-


Gesamtlebensraumkomplex tope mit 60 – 100 cm hohen Weichselkirschen und Schlehen (Eiab-
mit einem Mosaik aus nieder- lagepflanzen)
wüchsiger Vegetation, Gebü-
Zippammer: steile, terrassierte Hänge mit einem kleinflächigen Mo-
schen und Felsfluren
saik von bewirtschafteten Weinbergen, Felsen, Geröllhängen, Ge-
büschen, Mauern, Niederwald und staudenreichen Weinbergsbra-
chen
Westliche Steppen-Sattelschrecke (Ephippiger ephippiger): struk-
turreiche Trockenbiotope mit Felspartien und lückigen (Halb-)Tro-
ckenrasen (Eiablageplätze, Larvenlebensräume) im Kontakt zu
dichteren Saum- und Mantelbiotopen (Weinbergsbrachen, ver-
saumte Magerrasen mit einer höherwüchsigen Strauchschicht >
150 cm) als Imaginalhabitate
Sandbiene (Andrena nuptialis): nistet in Steilwänden und Wein-
bergsmauern, fliegt auf Magerrasen, Weinbergsbrachen und an
Waldrändern, wo ihre Nahrungspflanzen, Doldenblütler zu finden
sind
Ökotone in stark besonn- Smaragdeidechse: locker verbuschte Weinbergsbrachen bzw.
ten Hanglagen (Halb-)Trockenrasen mit bodendichter Vegetationsstruktur, bevor-
zwischen Rasen- und Ge- zugt im Übergangsbereich zum Trockenhangwald
hölzbiotopen Roter Scheckenfalter (Melitaea didyma): Säume mit lückiger Ve-
getation, von Felspartien durchsetzt; Raupe an Lippenblütlern und
Braunwurzgewächsen, z.B. an Gamander-Ehrenpreis und Gemei-
nem Leinkraut; Nektaraufnahme v.a. an Oregano, Karthäusernelke
und Kugelköpfigem Lauch
Rüsselkäfer (Apion origani): ist typisch für Oregano-Bestände
Trocken-warme Säume mit Tagfalter: Nektarhabitat fast aller biotoptypischen Arten
Echtem Haarstrang
Weichwanze (Strongylocoris atrocoeruleus) ist für ihre Entwicklung
höherwüchsig, blütenreich
an Haarstrang (Peucedanum spec.) auf trocken-warmen Standor-
ten gebunden.
Haarstrangwurzeleule (Gortyna borelii): Raupe lebt im Wurzel-
stock von Echtem Haarstrang.
Trockengebüsche Kleiner Schlehen-Zipfelfalter (Satyrium acaciae): die Raupe lebt
auf extrem trocken-heißen, an sehr niedrigwüchsigen Schlehen trocken-heißer Biotope; die
sonnenexponierten Fels- Nektaraufnahme erfolgt u.a. an weißblühenden Korbblütlern und
standorten Weißem Mauerpfeffer (Sedum album).

ANH 175 LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Punktschild-Prachtkäfer (Ptosima flavoguttata) oder der


Rüsselkäfer (Anthonomus humeralis) entwickeln sich v.a. in Fel-
senkirschen- und Schlehenbeständen.
Trauerwidderchen (Aglaope infausta): Raupe v.a. an Schlehen-
und Zergmispel-Büschen
Lockere Trockengebüsche Kreuzdorn-Zipfelfalter (Satyrium spini) und
auf Trockenrasen und am Eichen-Zipfelfalter (Satyrium ilicis): larval an niedrigwüchsige
Rand lichter Trockenwälder Kreuzdorngebüsche bzw. Eichenbuschbestände gebunden
Weißfleck-Widderchen (Amata phegea): Raupe an verschiedenen
Kräutern im Bereich trocken-warmer Gebüschsäume und lichter
Trockenwälder
Eulenfalter (Valeria oleagina, V. jaspidea): an älteren flechtenbe-
wachsenen Schlehenbüschen
Lückige Sandtrockenrasen, Kreiselwespe (Bembix rostrata): gräbt Brutröhren an vegetations-
offene Sandfluren freien Stellen
Verkannter Grashüpfer (Chorthippus mollis)
Felsbiotope Wanderfalke, Uhu: Felswände in Flusstälern und Steinbrüchen
Steilwände von Steinbrü- Mauereidechse: Südexponierte Gesteinsoberflächen mit Spalten
chen und Löchern
Fetthennen-Felsflur-Zwergspanner (Idaea contiguaria) und Hell-
gebänderter Steinspanner (Gnophos pullata): Nachtfalterarten
flachgründiger Felskopf-, Felsgrus- und Felsbandstandorte mit Wei-
ßem Mauerpfeffer und anderen Sedum-Arten
Heuschrecken: Blauflügelige Ödlandschrecke (Oedipoda caerule-
scens), Rotflügelige Ödlandschrecke (Oedipoda germanica), Italie-
nische Schönschrecke (Calliptamus italicus), Steppen-Grashüpfer
(Chorthippus vagans): steinige, felsige, sandig-grusige, horizontal
geprägte, vegetationsarme Standorte
Rote Röhrenspinne (Eresus kollari): lebt in selbst angelegten Röh-
ren an lückig bewachsenen steinig-felsigen, sandig-grusigen Stand-
orten.
Berghexe (Chazara briseis): Raupen z.B. an Blaugras oder Schaf-
Schwingel trocken-heißer Steinschutthalden und Felsbänder
Violetter Feuerfalter (Lycaena alciphron): Raupe an Ampherarten
trocken-heißer Steinschutthalden und Felsbänder
Blütenspanner, Mauer-, Woll-. Masken- und Furchenbienen,
Fledermäuse (z.B. Braunes Langohr) und
Ameisenlöwe: Felsspalten und Schuttfächer aus sandig-grusigem
Material
Wanzen, z.B. Lederwanze und Nachtfalterarten: locker bewach-
sene, trocken-heiße Steinschutthalden und Felsbänder

LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ ANH 176


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Heideland
Die früher in Teilbereichen ausgedehnten Zwergstrauchheiden und trockenen Borstgrasrasen
sind heute meist in isolierten Restflächen erhalten. Für Zwergstrauchheiden sind zur Festle-
gung der Minimalfläche zu berücksichtigen: Flächengröße des Einzelbiotopes mind. 4 ha - mit
Bildung von Komplexen aus Zwergstrauchheiden mit Borstgrasrasen und anderen trocken-
warmen Biotopen (Felsen, Trockenrasen, Halbtrockenrasen, Magerwiesen, Waldsäumen, He-
cken). Insgesamt sollten die Komplexe minimal eine Gesamtgröße von 25 ha aufweisen, damit
alle regionaltypischen Tierarten vorkommen können. Die Flächen sollten durch lineare Struk-
turelemente (Wegränder, Bahndämme, Waldschneisen) miteinander verbunden werden.

Borstgrasrasen Skabiosen-Scheckenfalter (Euphydryas aurinia): Die Raupe lebt


Biotopmosaike mit feuchten an Teufelsabbiss (Succisa pratensis), der aus einer heterogen und
Magerwiesen und –weiden lückig aufgebauten Vegetationsstruktur herausragen muss.
wie Rasenschmielen-Knöte-
richwiesen oder Rotschwin-
gelweiden
Lückige Borstgrasrasen Sonnenröschen-Grünwidderchen (Procris geryon): Die Larven
warm-trockener Standorte sind an Vorkommen des Gemeinen Sonnenröschens (Helian-
mit Sonnenröschen- und themum nummularium) gebunden.
Kreuzblumenbeständen Kreuzblumen-Bunteulchen (Phytometra viridaria): Raupen an
Kreuzblumenarten
Wacholderheiden Spannerarten (Thera juniperata, Eupithecia intricata, E. pusillata):
beweidete Zwergstrauchhei- Raupen leben an Wacholder.
den mit Wacholder
Ginsterheiden-Komplexe Heidelerche: Sie braucht vegetationsarme bis -freie sandige Berei-
größerflächige Komplexe lü- che (Nist- und Nahrungshabitat) und wenige einzeln stehende,
ckiger Sandginster- und lo- niedrigere Bäume und Sträucher (Singwarte).
ckerer Besenginsterheide mit
Borstgras- oder Trockenra-
sen
Besenginsterheiden Orpheusspötter, Goldammer, Fitislaubsänger, Heckenbrau-
stärker verbuschte Flächen nelle, Dorngrasmücke, Gartengrasmücke, Amsel, Grünfink und
auf warm-trockenen Standor- Zilpzalp sind typische Vogelarten.
ten Prachtkäferarten (Agrilus cinctus, Anthaxia mendizabali): Die Lar-
ven leben in Besenginster.
Spanner und Spinner: Besenginsterspanner (Isturgia limbaria),
Wellenstriemenspanner (Scotopteryx moeniata) und die Spinnerart
(Gynaephora fascelina) fressen an Besenginster.
Felsheiden Zauneidechse und Schlingnatter besiedeln selbst kleine trocken-
mosaikartig verzahnte san- warme Flächen.
dige und felsige Bereiche mit Geißklee-Bläuling (Plebejus argus) und zahlreiche Heuschre-
lückiger Vegetation ckenarten: u.a. Gefleckte Keulenschrecke (Myrmelotettix macula-
tus), Heidegrashüpfer (Stenobothrus lineatus), Schwarzfleckiger
Grashüpfer (Stenobothrus nigromaculatus), Rotleibiger Grashüpfer
(Omocestus haemorrhoidalis)

ANH 177 LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Grünland und Streuobstwiesen, extensiv genutzt


Für den Erhalt von Populationen typischer Arten sind großflächige magere Wiesen und Wei-
den (oft FFH-LRT) möglichst nicht unter 10 - 20 ha Fläche umfassend anzustreben. Die Ent-
fernung zwischen zwei Biotopen der mageren Wiesen und Weiden sollte 500 - 1000 m nicht
überschreiten.
Aufgrund der Habitatansprüche typischer Arten können Wiesen und Weiden mittlerer Stand-
orte in Biotopkomplexen mit anderen Grünlandbiotoptypen feuchter und magerer Standorte
(Nass- und Feuchtwiesen, magere Wiesen mittlerer Standorte) wichtige Ergänzungsbiotope
darstellen und sollten in Grünlandbiotopkomplexe von mehr als 20-30 ha eingebunden sein.

Unabhängig von der Flächengröße sollten magere Wiesen und Weiden mittlerer Standorte als
Ergänzungsbiotope in der Nähe von anderen Sonderstandorten wie Borstgrasrasen, Halbtro-
ckenrasen und Zwergstrauchheiden gesichert werden.
Für den Erhalt von Populationen charakteristischer Arten sind allerdings großflächige Ausprä-
gungen der mageren Wiesen und Weiden mittlerer Standorte notwendig. Hier sollte eine Flä-
che von 10-20 ha im Komplex mit anderen mageren Extensivgrünlandtypen wie z.B. Borst-
grasrasen und Nass- und Feuchtwiesen nicht unterschritten werden.
Flächen mit mageren Wiesen und Weiden sollten nicht mehr als 500 m entfernt voneinander
liegen.

Nass-, Feuchtwiesen und Kleinseggenriede sollten, um den Flächenansprüchen der charak-


teristischen Arten zu genügen, eine Fläche von 5 ha nicht unterschreiten. Die Entfernung zwi-
schen zwei Biotopen dieses Typs sollte 500 m nicht überschreiten. Die Offenland-Biotopkom-
plexe mit anderen Grünlandbiotoptypen feuchter und magerer Standorte (Borstgrasrasen,
Großseggenriede, magere Wiesen und Weiden mittlerer Standorte) sollten eine Größe von
mehr als 20-30 ha aufweisen.
Aufgrund der hohen Bedeutung selbst kleiner Schilfbestände sind Flächen von wenigen Quad-
ratmetern Größe im Rahmen des Biotopsystems zu erhalten. Von hoher funktionaler Bedeu-
tung sind alle Röhricht- und Großseggenbestände ab einer Flächengröße von ca. 0,5 ha,
selbst linear ausgebildete Schilfsäume.

Streuobstwiesen sollten Flächengrößen von 50 ha möglichst nicht unterschreiten bzw. auf


diese Flächengröße durch Nachpflanzungen ergänzt werden. Kleinere Bestände sind zu
erhalten und in extensiv genutzte Grünlandflächen einzubinden.

LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ ANH 178


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Wiesen und Weiden mittle- Wiesenpieper: bevorzugt baum- und straucharmes Grünland
rer Standorte feucht-kühler Standorte
Neuntöter: niedrigwüchsiges Grünland mit Gehölzen als Nahrungs-
habitat
Wildbienen und Bockkäfer: Grünland mit hochwüchsigem, vor al-
lem von Doldenblütlern bestimmtem Blühhorizont
Magergrünland Schmetterlinge und Bockkäfer: wichtiger Lebensraum und Nah-
lockere, blütenreiche Vegeta- rungshabitat
tionsstruktur Wildbienen (wie Chelostoma campanularum, Melitta haemorrhoi-
dalis und Andrena hattorfiana) sind auf die Rundblättrige Glocken-
blume und Wiesenknautie als Pollen- und Nektarquellen angewie-
sen.
Braunkehlchen: benötigt eine vertikal differenzierte Vegetation als
Orientierungs-, Sing- und Jagdwarte sowie zur Abschirmung des
Neststandortes. Dies garantieren herausragende Stauden (v.a. Dol-
denblütler).
Magergrünland der höhe- Wegerich-Scheckenfalter (Melitaea cinxia): feuchtere Glatthafer-
ren Lagen wiesen mit Anklängen an Borstgrasrasen.
relativ locker- und niedrig- Brauner Feuerfalter (Lycaena tityrus): v.a. an Störstellen inmitten
wüchsig der Wiesen mit Raupenfutterpflanzen Kleiner und Wiesen-Sauer-
ampfer (Rumex acetosella und Rumex acetosa)
Feldgrille (Gryllus campestris): trockene Magerwiesen mit Anklän-
gen an Halbtrockenrasen, trockene Borstgrasrasen und Ruderalflu-
ren
Magergrünland mit einge- Raubwürger und Wiesenpieper: Nahrungshabitat (in den höheren
streuten Hecken und Hute- Lagen)
baumbeständen
extensiv, großflächig-offene
Struktur
Magergrünland der mittle- Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling (Phengaris nausithous)
ren und tieferen Lagen und Heller Wiesenknopf-Ameisenbläuling (Phengaris teleius):
vom Großen Wiesenknopf zusätzlich zur Nahrungspflanze Großer Wiesenknopf müssen Nes-
Sanguisorba officinalis domi- ter der Wirtsameisen (Myrmica rubra, M. scabrinodis) in ausrei-
niert chender Dichte vorhanden sein.

Feuchtwiesen Kiebitz: wählt seinen Brutplatz in Bereichen mit hoher Bodenfeuch-


niedrigwüchsig, weitgehend tigkeit und kurzer, schütterer bis fehlender Vegetationsdecke.
baumfrei, möglichst eben
Brachestadien und Hoch- Tagfalter, Schwebfliegen und Hautflügler: Nahrungshabitat, ins-
staudensäume der Feucht- besondere für Wildbienen, Brutbiotop für Maskenbienen (Hylaeus
wiesen spec.)
mit Mädesüß oder in Vernet- Mädesüß-Perlmutterfalter (Brenthis ino): Raupenfutterpflanze Mä-
zung mit feuchtem und tro- desüß
ckenem Extensivgrünland mit Baldrian-Scheckenfalter (Melitaea diamina): Gesamtlebensraum
warm-feuchtem Klima in von Wald umgebenen, feuchten Grünlandbiotopen
Rohrammer: Lebensräume in 1-2 m hohen Staudenfluren, vielfach
linear in Röhrichtbeständen entlang von Gräben, Bächen und in der
Uferzone von Flüssen
Sumpfdotterblumenwiesen Randring-Perlmutterfalter (Boloria eunomia): Wiesenknöterich als
mit Wiesenknöterich einzige Raupenfutterpflanze

ANH 179 LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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höherwüchsig, kühl-feuchte Lilagold-Feuerfalter (Lycaena hippothoe): lichte Strukturen mit


Standorte in Kontakt zu Ge- reichlichem Vorkommen von Großem Sauerampfer bzw. Wiesen-
büschen oder lichten Wald- knöterich
beständen
Röhrichte und Großseg- Wasserralle, Teichrohrsänger, Zwergrohrdommel: Lebensraum
genriede und Nistplatz. Rastplatz zahlreicher weiterer Vogelarten
Heuschrecken wie Langflüglige Schwertschrecke (Conocephalus
fuscus) und Kurzflüglige Schwertschrecke (Conocephalus dorsalis)
Schmetterlinge, Wildbienen und Grabwespen, die auf diesen Le-
bensraum spezialisiert sind
Libellen wie Schwarze Heidelibelle (Sympetrum danae) und Vier-
fleck (Libellula quadrimaculata)
Streuobstwiesen Steinkauz, Wiedehopf, Wendehals, Grünspecht: Lebensraum
von Vogelarten mit großen Revieransprüchen
Meisen und Finken
Neuntöter, Raubwürger
Siebenschläfer
Brauner Feuerfalter (Lycaena tityrus) und
Ampfer-Grünwidderchen (Adscita statices) mit lokalen Schwer-
punktvorkommen im Landkreis; Lebensraum zahlreicher Schmetter-
lingsarten
Apfelbaum-Glasflügler (Synanthedon myopaeformis): Raupe un-
ter der Rinde von Apfel- (und Birn)bäumen sowie Weißdorn
Birnbaum-Eule (Atethmia ambusta)
Pracht- und Bockkäfer: darunter eine hohe Anzahl Obstbaumspe-
zialisten
Wanzenarten, (z. B. Loricula elegantula, Phytocoris dimidiatus oder
Isometopus intrusus), die an Obstbäume gebunden sind
Ameisen: finden günstige Voraussetzungen für die Anlage von
Bauten und dienen als Nahrungsgrundlage für spechtartige Vögel.

Waldwiesen mit Nasswiesen, Borstgrasrasen und Hochmoorrelikten


Die wenigen nassfeuchten Borstgrasrasen im Landkreis sind nahezu ausnahmslos auf den
Soonwald beschränkt. Meist kleinflächig und isoliert gelegen, sollten sie im Umfeld bestehen-
der Ausprägungen weitestmöglich erweitert werden. In den kühl-feuchten Hochlagen des
Soonwalds sind die engen Vernetzungsbeziehungen mit anderen Mager- und Feuchtgrünland-
typen, Nasswiesen, Moorheiden, auch mit Feucht-, Sumpf- und Bruchwaldbeständen und Mit-
telwäldern zur Ausbildung eines kleinteiligen Gesamtlebensraummosaiks von besonderer Be-
deutung. Minimal 25 ha Gesamtgröße sind erforderlich, damit alle regionaltypischen Tierarten
vorkommen können. Die Flächen sollten durch lineare Strukturelemente (Wegränder, Bahn-
dämme, Waldschneisen) miteinander verbunden werden.

LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ ANH 180


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Nass-, Feuchtwiesen und Kleinseggenriede sollten, um den Flächenansprüchen der charak-


teristischen Arten zu genügen, eine Fläche von 5 ha nicht unterschreiten. Die Entfernung zwi-
schen zwei Biotopen dieses Typs sollte 500 m nicht überschreiten. Die Offenland-Biotopkom-
plexe mit anderen Grünlandbiotoptypen feuchter und magerer Standorte (Borstgrasrasen,
Großseggenriede, magere Wiesen und Weiden mittlerer Standorte) sollten eine Größe von
mehr als 20-30 ha aufweisen. Von hoher funktionaler Bedeutung sind alle Großseggenbe-
stände ab einer Flächengröße von ca. 0,5 ha. Die Tierarten der Moorheiden sind i.d.R. hoch
spezialisiert und können auch auf kleineren, isoliert liegenden Flächen stabile Populationen
entwickeln. Regenerierte Restbestände sollen in Komplexen mit sehr mageren Offenlandbio-
topen (Borstgrasrasen) liegen. Die Biotopkomplexe sollten mindestens 3 ha umfassen.

Borstgrasrasen: Biotopmosa- Skabiosen-Scheckenfalter (Euphydryas aurinia): Die Raupe lebt


ike mit feuchten Magerwie- an Teufelsabbiss (Succisa pratensis), der aus einer heterogen
sen/–weiden wie Rasen- und lückig aufgebauten Vegetationsstruktur herausragen muss.
schmielen-Knöterichwiesen
oder Rotschwingelweiden
Kleinseggenriede und Wald- Braunfleckiger Perlmutterfalter (Boloria selene): Teillebens-
binsen-Wiesen mooriger, raum
dauerhaft nasser Standorte Großes Wiesenvögelchen (Coenonympha tullia): Raupe an
locker, niedrigwüchsig, blüten- Schmalblättrigem Wollgras (Eriophorum angustifolium)
arm, in enger Beziehung zu Bekassine: Bruthabitat in seggen-/binsenreichen, offenen Nass-
Gebüschen oder Waldrändern wiesen, Nahrungs- und Rasthabitat in lückigen, nicht zu hoch-
wüchsigen Vegetationsbeständen am Rand von Gewässern oder
in Geländemulden
Sumpfschrecke (Stetophyma grossum): niedrigwüchsige Kleins-
eggen-Sümpfe sowie durch Bewirtschaftung zeitweise kurzrasige
Nasswiesen
Brachestadien und Hoch- Tagfalter, Schwebfliegen und Hautflügler: Nahrungshabitat,
staudensäume der Feucht- insbesondere für Wildbienen, Brutbiotop für Maskenbienen
wiesen (Hylaeus spec.)
mit Mädesüß oder in Vernet- Mädesüß-Perlmutterfalter (Brenthis ino): Raupenfutterpflanze
zung mit feuchtem und trocke- Mädesüß
nem Extensivgrünland mit Baldrian-Scheckenfalter (Melitaea diamina): Gesamtlebensraum
warm-feuchtem Klima in von Wald umgebenen, feuchten Grünlandbiotopen
von Gräben, Bächen und in der Uferzone von Flüssen
Magergrünland der höheren Wegerich-Scheckenfalter (Melitaea cinxia): feuchtere Glatthafer-
Lagen wiesen mit Anklängen an Borstgrasrasen.
relativ locker- und niedrig- Brauner Feuerfalter (Lycaena tityrus): v.a. an Störstellen inmitten
wüchsig der Wiesen mit Raupenfutterpflanzen Kleiner und Wiesen-Sauer-
ampfer (Rumex acetosella und Rumex acetosa)
Magergrünland mit einge- Raubwürger und Wiesenpieper: Nahrungshabitat (in den höhe-
streuten Hecken und Hute- ren Lagen)
baumbeständen
extensiv, großflächig-offene
Struktur

ANH 181 LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Wälder aus historischer Waldnutzung - Hoch-, Mittel- Niederwald


Mindestens 100 ha große Laubwälder mittlerer Standorte mit Vorrang Naturschutz sollten mit
möglichst großflächigen naturnah bewirtschafteten Waldbeständen verzahnt sein. Im Zuge ei-
ner anzustrebenden ökologischen Waldentwicklung sollten Altholzanteile erhöht und modifi-
ziert werden. Ein Schwarzspechtrevier mittlerer Größe von ca. 400 ha benötigt ca. 6 Altholzin-
seln mit einer Größe von mindestens 2 bis 3 ha, um den Ansprüchen dieser Art gerecht zu
werden. Für die nur wenig mobilen Wirbellosen sollten die Entfernungen zwischen lichten
Waldbeständen oder Waldmänteln und angrenzendem Magergrünland (Waldwiesen, etc.) 500
m nicht überschreiten.

Der Abstand zwischen Buschwaldgesellschaften von mindestens ca. 1 ha Flächengröße sollte


weniger als 500 m betragen. Kleinere Trockenwaldbestände sollten in Komplexe von 60 ha
Größe mit Halbtrockenrasen, Magerrasen und Trockengebüschen eingebunden werden. (Tro-
ckene) Eichenwälder und Eichen-Hainbuchenwälder (Galio-Carpinetum) sollten ca. 50 ha groß
sein und in einem Abstand von möglichst weniger als 5 km voneinander entfernt liegen. Wald-
flächen für das Haselhuhn sollten eine Größe von 100 ha nicht unterschreiten und maximal 1
km auseinanderliegen.

Wälder mittlerer Standorte

Laubwälder aus Rotbuche Schwarzspecht: Bruthabitat in mindestens 120 Jahre alten Altholz-
reife, hallenartig locker auf- beständen, die in locker aufgebaute Wälder eingelagert sind
gebaute Reinbestände Hohltaube: auf ausreichende Dichte von Schwarzspechthöhlen in
der Randzone ausgedehnter Buchenalthölzer angewiesen
Laub- und Mischwälder Schwarzstorch: großflächige, ungestörte Altholzbereiche mit nah-
struktur- und grenzlinienreich rungsreichen Fließ- und Stillgewässern sowie angrenzenden exten-
siv genutzten Nass- und Feuchtwiesen
Schlangenadler: ruhige Waldgebiete oder einzeln stehende Ge-
hölze mit lichtem bis lückigem, höherem Baumbestand und umlie-
gendem warmem, nicht oder extensiv bewirtschaftetem Offenland
mit niedrigwüchsiger, lückiger Vegetationsstruktur
Grauspecht: lichte, laubholzreiche Bestände mit Altholz und viel
bodennahem Totholz
Fledermäuse: für viele Arten sind reich strukturierte Wälder lebens-
notwendig.
Haselmaus (Muscardinus avellanarius): in älteren, mit vielfältig
strukturierten Gehölzen (Brombeeren, Hasel etc.) durchsetzten, z.T.
niederwaldartig bewirtschafteten Wäldern
Laufkäfer: Bodenbewohner mit strenger Bindung an feucht-dunkles
Waldinnenklima, z.B. Breitkäfer (Abax ovalis, A. parallelepipedus)
Lichte Laubwälder frischer Prachtkäfer (Agrilus olivicolor): an Hasel und Hainbuche in feuch-
Standorte ten, haselreichen Eichen-Hainbuchenwäldern

LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ ANH 182


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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in Kontakt mit feuchten


Standorten
Sehr lichte Hude- und Mit- Mauersegler: brütet in Wäldern mit einer lichten (parkartigen)
telwälder Struktur v.a. aus über 180jährigen Eichen.
mit weitständigen, höhlenrei- Käfer: Holzbewohner besonders artenreich vertreten, darunter
chen Altbäumen und hohem zahlreiche Baumkronenspezialisten; der
Totholzanteil Heldbock (Cerambyx cerdo): benötigt gerade, gut besonnte Ei-
chenstämme.
Kleine, strukturreiche Wendehals, Grünspecht, Buntspecht, Kleinspecht,
Wäldchen mit älterem Orpheusspötter, Nachtigall, Pirol, Grauschnäpper, Waldlaub-
Baumbestand sänger sind charakteristische Vogelarten.
in vorwiegend landwirtschaft-
lich geprägten Räumen
Waldränder und Säume Waldbrettspiel (Pararge aegeria): Raupen an Waldgräsern mäßig
einschl. Waldwege, kleine besonnter Bereiche
Lichtungen, lichte Waldberei- Wildbienen und Hummeln: für zahlreiche Arten sind Waldpflanzen
che Nahrungsquelle; Nisthabitat z.T. in anbrüchigen Bäumen.
Tot- und Althölzer Schnellkäfer: zahlreiche Arten, (v. a. die Gattung Ampedus), sind
anbrüchige Bäume, natur- auf Tot- und Altholz angewiesen.
faule Stöcke / Baumstämme Hirschkäfer (Lucanus cervus): naturfaule Stöcke bzw. Bäume mit
Stockdurchmessern von über 40 cm sind zur Eiablage für mehrere
Generationen in einem Bestand erforderlich.
Randzonen lichter Wälder Wachtelweizen-Scheckenfalter (Melitaea athalia)
in Verbindung mit mage- Mohrenfalter (Erebia medusa, E. ligea): Larven in krautig-grasigen
rem Extensivgrünland Vegetationsstrukturen unter halbschattigen, warmen Standortbedin-
Wiesen und Weiden, Borst- gungen in der Übergangszone Wald / Offenland bzw. im sehr lich-
grasrasen, Halbtrockenrasen ten Waldbereich v.a. von Eichen-Mischwäldern; Imago in voll be-
sonnten, offenen, windgeschützten Standorten im Magergrünland
Veilchen-Perlmuttfalter (Boloria euphrosyne): warme Saumbio-
tope, wo Veilchenarten als Raupenfutterpflanzen vorkommen
Großer Perlmuttfalter (Argynnis aglaja): Larvallebensraum sind
Veilchenarten an Störstellen im Grünland; die Falter an blütenrei-
chen, besonders warmen Bereichen des Waldrandes; im Landkreis
vielfach an Disteln, Flockenblume und Brombeere
Dukatenfalter (Lycaena virgaureae): magere Saumbiotope, wo
Ampferarten als Raupen-Futterpflanzen in enger Nachbarschaft zu
Nektarpflanzen, v.a. Thymian, Dost, Gewöhnliche Goldrute, Rain-
farn vorkommen
Lichte Kiefernwälder in Ziegenmelker: typische Art lichter Wälder mit Strukturen, die si-
Vernetzung mit offenen cherstellen, dass die tagsüber eingestrahlte Wärme mit Einbruch
Zwergstrauchheiden u.ä. der Nacht an darüber liegende Luftschichten, in denen der Ziegen-
mit Kahlschlägen, breiten ve- melker jagt, abgegeben wird. In Mitteleuropa erfüllt Sandboden
getationsarmen Wegen und diese Bedingungen am besten.
Schneisen, basenarme Bö-
den

ANH 183 LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Trockenwälder
Niederwald Haselhuhn: braucht unterholzreiche, vertikal gegliederte Wälder
mit Wechsel von Lichtungen zu deckungsreichen Gehölzen und von
einer reichen Kraut- und Zwergstrauchschicht zu bodenkahlen Flä-
chen; Strukturreichtum durch Steine, Wurzelteller, besonnte Wald-
randzonen mit niedriger rasenartiger Vegetation und offenen Bo-
denstellen sowie feuchte, weichholzreiche Standorte (Nahrungsha-
bitat)
Lockerwüchsige Laubwäl- Mittelspecht: 100 - 130jährige Eichen; oft inmitten der Wälder mitt-
der mit hochstämmigen Ei- lerer Standorte
chen
Lichte Felsenahorn-Tro- Gürtelpuppenspanner (Cyclophora lennigiaria): Raupe aus-
ckenwälder schließlich an Felsenahorn
ausgesprochen trocken-
warme Standorte
Übergangsbereich zwi- Blauer Eichen-Zipfelfalter (Favonius quercus): Larve nur an Ei-
schen Offenland und Tro- chenblütenknospen; Imagines nutzen die Baumkronen (Honigtau)
ckenwald und waldrandnahe offene Magerrasen und Weinbergsbrachen als
besonnte, windgeschützte Nahrungshabitat.
Standorte mit blühfähigen Ei-
chen
Lichte Trockenwälder Kleiner Waldportier (Hipparchia alcyone) und Rostbinde (Hippar-
im Komplex mit offenen, fel- chia semele): die Falter benötigen vegetationsarme Bodenflächen
sigen Rasen trocken-warmer in Nachbarschaft zu zeitweise besonnten Baumstämmen am Tro-
Standorte ckenwaldrand (Wärmespeicherplätze). Nektaraufnahme in Trocken-
säumen, Magerwiesen etc., v.a. an Oregano und Wiesen-Flocken-
blume
Mantelgebüsche Kreuzdorn-Zipfelfalter (Satyrium spini) und Brauner Eichen-Zip-
an inneren / äußeren Rand- felfalter (Satyrium ilicis): Larven an niedrigwüchsige Kreuzdornbü-
zonen lichter Trockenwälder sche (S. spini) bzw. Eichenbüsche (S. ilicis) gebunden

Waldsäume Waldgrille (Nemobius sylvestris): in trocken-warmen, sonnigen


Waldsaumbereichen
Weißer Waldportier (Aulocera circe): trocken-warme Waldsäume
und lichte, eichenreiche Mischwälder mit sonnigen, grasreichen
Blößen
Wald-Mohrenfalter (Erebia aethiops)
Großschildriger Klein-Prachtkäfer (Habroloma geranii): an Blut-
Storchschnabel gebunden
Alt- und Totholzbereiche Bockkäfer, Prachtkäfer, Laufkäfer: Zahlreiche Käferarten, von de-
nen viele blütenreiche (Halb-) Offenlandbiotope in der Nähe benöti-
gen (Pollen- und Nektaraufnahme, Rendezvous-Plätze)

LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ ANH 184


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Gesteinshaldenwälder
sind in ihrer standortbedingten Ausdehnung zu erhalten. Sie sollten in Biotopkomplexen mit
Trockenwäldern und Wäldern mittlerer Standorte eingebunden und möglichst über Bachtäler
miteinander vernetzt werden.

Gesteinshaldenwälder
Gesteinshaldenwälder mit Ulmenzipfelfalter (Satyrium w-album): als Larve an Ulmen locker-
alten blühfähigen Ulmen wüchsiger Wälder; außerhalb der Hartholz-Flussauenwälder v.a. in
in luftfeuchter Umgebung Gesteinshaldenwäldern (sowie benachbarten edellaubholzreichen
Buchenwäldern). Die Falter fliegen im Kronenbereich der Ulmen
und benötigen zur Nahrungssuche blütenreiche Waldsäume und
Lichtungen.
Gesteinshaldenwälder Ahorn-Lappenspanner (Nothocasis sertata): Raupe monophag an
feucht-kühler Lagen mit Bergahorn
Beständen von Bergahorn
Sonnige Waldränder warm- Blauschwarzer Eisvogel (Limenitis reducta): als Larve bevorzugt
trockener Hänge in Ahorn-Linden-Blockschuttwäldern sowie in trockenen Hainbu-
chenwäldern mit vorgelagerten Gehölzsäumen
Felsen Bärenspinner (Nudaria mundana)
feucht-kühl, mit Flechten- Kurzflügelkäfer (Leptusa simoni): lebt in moosbewachsenen
und Lebermoosbewuchs Blockhalden sehr kalter Standorte.
Felsmaterial und vermo- Wirbellose, v.a. Schnecken, z. B. Große Glasschnecke (Phenacoli-
derte Pflanzen max major), Riemenschnecke (Helicodonta obvoluta), Daudebar-
mit lockerem Boden dien (Daudebardia rufa und D. brevipes), Baumschnegel (Lehman-
nia marginata) und der Bartlaufkäfer (Leistus piceus) sind an das
luftfeuchte Bestandsklima gebunden.

ANH 185 LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Höhlen, Stollen, Burgruinen


Natürliche Höhlen sind im Landkreis selten, aber Bergwerksstollen, ehemalige Schutzbunker,
tiefe Keller und Brunnenschächte zeichnen sich durch ein vergleichbares Mikroklima aus und
sind aus ökologischer Sicht mit diesen vielfach gleichzusetzen. Alle vorhandenen Höhlen und
Stollen sind ein unverzichtbares Element des Biotopsystems Nordpfalz. Die Mauern an den
Burgruinen können für Insekten auch in kleinflächigen Ausprägungen eine hohe Bedeutung
erlangen. Besonnte Mauerruinen weisen ein ähnliches Artenspektrum auf wie Trockenmauern
und Felsstandorte (s.a. dort).

Höhlen, Stollen
Gesamtlebensraum Zahlreiche Gruppen von Lebewesen, v.a.
Einzeller, Würmer, Schnecken, Spinnen, Krebse, Tausendfüß-
ler und Insekten sind überwiegend oder ausschließlich an diesen
Lebensraum gebunden.
Teillebensraum Fledermäuse: Winterquartier sowie sommerlicher Balz- und Paa-
rungsplatz
Zackeneule (Scoliopteryx libatrix) und Olivbrauner Höhlenspan-
ner (Triphosa dubiata): Überwinterungsplatz
Köcherfliegen der Gattungen Stenophylax und Micropterna über-
dauern hier den Sommer.
Burgruinen
Blütenreiche Ruderalstan- Schmetterlinge und Hautflügler, die auf Mager- und Trockenbi-
dorte am Fuße von Ruinen otope spezialisiert sind
und Mauern
Nischenreiche Türme in Dohle: Nistmöglichkeiten
Kloster-, Burg- und Indust-
rieruinen

LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ ANH 186


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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C BIOTOPBETREUUNG 2018 UND


GEOLOGISCHE ZEITTAFEL

Maßnahmen und Gebiete der Biotopbetreuung im Landkreis Bad Kreuznach (2018)

Die Tabelle gibt beispielhaft eine kurzgefasste Übersicht über Gebiete im Landkreis, in de-
nen im Jahr 2018 Maßnahmen der Biotopbetreuung umgesetzt wurden. Außerhalb der Ge-
biete wurden Maßnahmen auf weiteren Einzelflächen im Landkreis umgesetzt.

Gebiet Maßnahmen im Vertragsjahr 2018, Anmerkungen

Mahd der Grünlandflächen und des Halbtrockenrasens, Berei-


NSG Rotenfels
che in den Felshängen und am Felsfuß
Inzwischen in Privatfinanzierung in Abstimmung mit Biotopbe-
Bremroth
treuung.
Kafels und Umgebung Beweidung
Harsten Beweidung und Mahd von ausgedehnten Flächen
Heimberg - Mühlenberg Beweidung
Mahd, bisheriger Beweider hat aufgrund verkleinerter Herde
Langerberg
die Beweidung aufgegeben
Mahd im Südlichen Bereich des Hasenkopfes, im nördlichen
Hasenkopf Bereich Pflege aufgegeben wegen fehlender Mittel und zwi-
schenzeitlicher starker Sukzession
Beweidung
Maienberg Inzwischen Teilflächen über Privatfinanzierung, aber noch in
Abstimmung mit Biotopbetreuung.
Raumberg Beweidung
Allenberg (Raumbach) Beweidung
Allenberg (Breitenheim) - Freckelsberg Beweidung und Nachpflege Beweidung
NSG Nahegau und Umgebung Beweidung und Mahd
Gangelsberg Beweidung und Mahd
Im Ruheschied Beweidung
Bruch und Herzerech Beweidung
Bromerech und Schmetzel Beweidung
Kaiserberg Beweidung
Beweidung, Sekundärentbuschung; Pflege auf Teilflächen in-
Callbacher Hänge
zwischen über Privatfinanzierung, noch in Abstimmung
Beweidung, Nachpflege Beweidungsflächen und Mahd von be-
Domberg
sonders orchideenreichen Flächen
Rosenberg Mahd
Eckeskehl Beweidung
Maasberg Mahd großer Teilflächen über Landwirt im Vertragsnaturschutz
Kalkeler Rech Beweidung
NSG Flachsberg Mahd
Sponsheimer Berg Mahd
GLB Scheerwald Mahd
NSG Neu-Bamberger Heide - Mühlberg Beweidung und Mahd
NSG Neu-Bamberger Heide - Galgenberg Beweidung
Vogelgesang Beweidung
NSG Im Eschen Mahd und Freistellung (teilweise durch Ziegenbeweidung)
NSG Im Waldwinkel Mahd; Freischneidermahd; Mulchen
NSG Hellersberger Weiher und Umgebung Mahd der Terrassen

ANH 187 LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Geologische Zeittafel171 / Erläuterungen zum zeitlichen Bezug in Kapitel 1.1

heute / Technik
"Anthropozän"

ca. 2-20 Mio. J.


Rhein-Nahe
Flusslandschaft
ca. 30 Mio. J.
Mainzer Becken,
Küstenweg
Eckelsheim

ca. 250 Mio. J.


Vulkane, Rhyo-
lith-Dome Roten-
fels, Lemberg (si-
birischer Trapp)

ca. 300 Mio.J.


Saar-Nahe-Be-
cken
Hunsrückschiefer
und Taunusquar-
zit entstehen
ca.400 Mio. J.
Devonisches
Flachmeer

älteste Gesteine
des Hunsrücks
ca. 630 Mio. J.
"Schneeball-
Erde"

171
Quelle wikimedia: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Evolutionsgeschichte.png, Montage by Geo-Sci-
ence-International based on works by Richie Diesterheft, JJ Harrison (jjharrison89@facebook.com), Ghedoghedo,
Fritz Geller-Grimm and others. (free share and remix)

LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ ANH 188


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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auch durch Abbildungen … aufs klarste vor Augen gestellt werden. Sowie sein Buch von den Lebewesen
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ANH 189 LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ


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HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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ANH 191 LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ


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NBB Kompakt – Westarp Wissenschaften / sowie zahlreiche Artikel in Pferdezeitschriften zum Thema Grä-
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LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ ANH 192


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
___________________________________________________

Links (weitere Internetlinks s.a. im Text)


Hinweis: Dass sich im Internet die Websites und deren Inhalte und Strukturen laufend wan-
deln und angepasst werden, liegt in der Natur der Sache und ist einer der Vorteile des Inter-
nets. Im Gegensatz zu den vorgenannten Veröffentlichungen sind die im Text aufgeführten
Links der Websites und deren Inhalte deshalb manchmal nicht mehr aufrufbar. Kurz vor der
Fertigstellung dieses Bandes im Mai 2021 wurden die angegebenen Internetlinks noch ein-
mal überprüft und ggf. aktualisiert. Sollten einzelne Links später nicht mehr funktionieren,
kann der Inhalt oder die neue Website meist über eine Stichwortsuche über eine Internet-
suchmaschine (Startpage...) gefunden werden. Eine weiterführende ständige Aktualisierung
der Internetlinks findet seitens des LfU bzw. der Autorinnen nicht statt.

Planung vernetzter Biotopsysteme (VBS): Band Landkreis Bad Kreuznach


Landesamt für Umwelt Rheinland-Pfalz (LfU)
https://lfu.rlp.de/de/naturschutz/planungsgrundlagen/planung-vernetzter-biotopsys-
teme/bad-kreuznach/

Planung vernetzter Biotopsysteme (VBS) - Kartendienste


Landesamt für Umwelt Rheinland-Pfalz (LfU)
https://map-final.rlp-umwelt.de/Kartendienste/index.php?service=vbs

Biotopbetreuung, NSG-Alben, Pflege- und Entwicklungsplanung, Historische Landnutzung


Landesamt für Umwelt Rheinland-Pfalz (LfU)
https://lfu.rlp.de/de/naturschutz/pflege-und-nutzung/

Vertragsnaturschutzprogramme
Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum (DLR) Bad Kreuznach
https://www.am.rlp.de/Internet/global/i-
netcntr.nsf/dlr_web_full.xsp?src=JJXSK917Y3&p1=I1030X1FQ8&p3=86W94RI038&p
4=V3T2DV1CT7

Naturschutz – Karten- und Informationsdienste (FINAL)


Landesamt für Umwelt Rheinland-Pfalz (LfU)
https://lfu.rlp.de/de/naturschutz/karten-und-informationsdienste/

Naturschutz - Kartendienst Landschaftsinformationssystem (LANIS)


Ministerium für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten Rheinland-Pfalz
https://geodaten.naturschutz.rlp.de/kartendienste_naturschutz/

Steckbriefe VSG-Vogelarten, Landschaftsinformationssystem (LANIS)


Landesamt für Umwelt Rheinland-Pfalz (LfU)
http://www.naturschutz.rlp.de/?q=node/71

Steckbriefe FFH-Lebensraumtypen Landschaftsinformationssystem (LANIS)


Landesamt für Umwelt Rheinland-Pfalz (LfU)
http://www.naturschutz.rlp.de/?q=node/401

Steckbriefe FFH-Arten Landschaftsinformationssystem (LANIS)


Landesamt für Umwelt Rheinland-Pfalz (LfU)
http://www.naturschutz.rlp.de/?q=node/400

Steckbriefe FFH-Gebiete, Landschaftsinformationssystem (LANIS)


Landesamt für Umwelt Rheinland-Pfalz (LfU)
http://www.naturschutz.rlp.de/?q=node/399

ANH 193 LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Bewirtschaftungspläne für die Natura 2000 Gebiete


Ministerium für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten Rheinland-Pfalz
https://naturschutz.rlp.de/?q=Bewirtschaftungsplaene

Museumsportal Rheinland-Pfalz, Museumsverzeichnis: https://www.museumsportal-rlp.de/

Naturpark Soonwald-Nahe: https://www.soonwald-nahe.de/

LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ ANH 194


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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E MUSEEN

Diese Auflistung enthält eine thematisch relevante Auswahl der Museen aus dem Landkreis
Bad Kreuznach und teilweise aus den Nachbarkreisen. Informationen zu den Museen stam-
men aus dem Portal https://www.museumsportal-rlp.de/ des Museumsverbandes Rheinland-
Pfalz und aus den u.g. Websites der Museen (entspr. weblinks mit Stand 2021). Die Öffnungs-
zeiten sind nicht mit aufgenommen, dafür bitte in den entsprechenden Websites nachsehen.

Rheinland-Pfälzisches Freilichtmuseum
Rheinland-Pfälzisches Freilichtmuseum
Nachtigallental 1
55566 Bad Sobernheim
Kontakt: 06751-855 880, info@freilichtmuseum-rlp.de

https://www.freilichtmuseum-rlp.de/
Im Nachtigallental bei Bad Sobernheim zeigt das Rheinland-Pfälzische Freilichtmuseum, wie
die Menschen in Rheinland-Pfalz in den vergangenen Jahrhunderten gelebt haben. Ca. 40
historische Gebäude wurden im Freilichtmuseum aufgebaut. Der Rundweg führt vorbei an his-
torischen Gehöften mit Schauäckern, Wiesen, Weiden und Gärten. Auch Glanrinder und an-
dere Bauernhoftiere sowie ein Lehrbienenstand gibt es dort. An mehreren Aktionstagen im
Jahr finden Veranstaltungen und Thementage statt.

Heimatmuseum "Priorhof" Bad Sobernheim


Heimatmuseum "Priorhof" der Stadt Bad Sobernheim
Priorhofstraße 18
55566 Bad Sobernheim
Kontakt: 0160/2725180, heimatmuseum@bad-sobernheim.de

https://stadt-bad-sobernheim.de/tourismus--freizeit/sehenswuerdigkeiten/heimatmuseum/
Schwerpunkt des Museums im Priorhof aus dem 16. Jahrhundert ist das Leben des „Lehm-
pastors“ Emanuel Felke (1856-1926). Weiterhin gibt es eine Ausstellung zur Erdgeschichte
(z.B. „Steinhardter Erbsen“, aus dem Tertiär), archäologische Funde, Grafiken, Gemälde, Fo-
tografien regionaler Künstler und Dokumente zur Geschichte der Stadt Bad Sobernheim.

Museen im Rittergut Bangert, Bad Kreuznach


Das Schloßparkmuseum bildet zusammen mit der Römerhalle (und dem Museum für Pup-
pentheaterKultur) das Ensemble der Museen im Rittergut Bangert.

Kontakt: 0671-92077 82, info@museen-bad-kreuznach.de

Museen im Rittergut Bangert - Schloßparkmuseum


Marco van Bel, Dessauer Straße 49
https://www.bad-kreuznach-tourist.de/sehenswuerdigkeiten/museen-ausstellungen/museum-
schlosspark/
Das Schloßparkmuseum (Villa Henriette Amalie von Dessau-Anhalt,1720-1793) liegt in einer
historischen Parkanlage auf dem Gelände des ehemaligen Rittergutes Bangert. Thema ist die
Stadt- und Kunstgeschichte von Bad Kreuznach, u.a. des Rittergutes Bangert, der Badestadt

ANH 195 LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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sowie die Bildhauerfamilie Cauer. Eine Sammlung zeigt die Vergangenheit von Stadt und Re-
gion beginnend mit den Jägern und Sammlern der Altsteinzeit über die Bronze- und Eisenzeit
bis in das Frühmittelalter.

Museen im Rittergut Bangert - Römermuseum und Römervilla


Marco van Bel, Hüffelsheimer Straße 11
https://www.bad-kreuznach-tourist.de/sehenswuerdigkeiten/museen-ausstellungen/museum-
roemerhalle/
Das Museum Römerhalle Bad Kreuznach zeigt die Funde der Römerzeit an der Nahe. Zur
Ausstellung gehören Kunstwerke, Grabdenkmäler, Götterbilder, Glaskunst und Alltagsgegen-
stände, die Rekonstruktion einer Fußbodenheizung und zwei große Mosaikböden aus der un-
mittelbar angrenzenden römischen Peristylvilla (3. Jh.n. Chr.). Heute sind hiervon nur noch
Reste der Grundmauern erhalten.

Naturkundliches Museum Simmertal


Naturkundliches Museum Simmertal
Rathausstraße
55618 Simmertal
Kontakt: 06754-1416

https://www.hunsrueck-nahereise.de/sehenswuerdigkeiten/museen/72-hunsrueck-nahe-
reise/museen/872-naturkundliches-museum-simmertal
Im ehemaligen Rathaus Simmertal aus dem Jahre 1499 befindet sich das Naturkundliche Mu-
seum. Hier gibt es eine paläontologische Sammlung des Hunsrücks, Naheraumes und des
Saarlandes, eine Mineraliensammlung, eine vogel- und naturkundliche Ausstellung sowie eine
archäologische Sammlung. Auch Sonderausstellungen mit Pflanzen, Heilkräutern usw. wer-
den angeboten.

Heimat- und Weinbaumuseum Guldental


Heimat- und Weinbaumuseum Guldental
Hauptstraße 14
55452 Guldental
Kontakt: 06707–1014 oder -211, buergermeister@guldental.de

www.guldental.de
https://www.langenlonsheim.de/vg_langenlonsheim/Tourismus%20&%20G%C3%A4ste/Se-
henswertes/Heimat-%20und%20Weinbaumuseum%20Guldental/:
Im Heimat- und Weinbaumuseum des traditionellen Winzerortes Guldental erfährt der Besu-
cher alles Wissenswerte rund um den Weinbau: Von der Lese bis zur Kelterarbeit, von der
Reblausbekämpfung bis zur Kork- und Etikettiermaschine. Daneben präsentiert das Museum
Dokumente aus der Regionalgeschichte sowie traditionelle Arbeitsgeräte aus der Landwirt-
schaft.

Museum für Ur- und Frühgeschichte Bretzenheim


Altes Amtshaus, Museum
Große Straße 12
55559 Bretzenheim
Kontakt: Tel.: 0671-33347, info@bretzenheim.de

www.bretzenheim.de

LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ ANH 196


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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https://www.langenlonsheim.de/vg_langenlonsheim/Tourismus%20&%20G%C3%A4ste/Se-
henswertes/Museum%20der%20Vor-%20und%20Fr%C3%BChgeschichte%20Bretzenheim/
In dem kleinen Museum für Ur- und Frühgeschichte befindet sich eine Sammlung von Ausgra-
bungsfunden Bretzenheims. Die Ausstellung wurde finanziert von der Kultur- und Heimatiniti-
ative Bretzenheim unter wissenschaftlicher Begleitung der Generaldirektion Kulturelles Erbe
Rheinland-Pfalz.

Felseneremitage Bretzenheim
Felseneremitage
Eremitagerweg 211
55559 Bretzenheim
Außengelände frei zugänglich
Kontakt: K. Egger, Tel.: 0671–31723

https://www.bretzenheim.de/project/eremitage Beschreibung (inkl. Fotos, Filme der Innen-


räume, pdf mit Bildern zur Entwicklungsgeschichte)
Die “Felseneremitage” ist eine in den Felsen gebaute heidnische Kultstätte, die bis ins 4. Jh.
auch von den Römern genutzt und später christianisiert wurde. Die Wohnung im Fels war
zeitweise Konvent eines Felsenklosters. Letzte Bewohner zwischen 1716 – 1827 waren Ere-
miten, die hier einen weit über die Grenzen hinaus bekannten Wallfahrtsort geschaffen hatten.
Die Felseneremitage ist zudem Bestandteil der 2020 eröffneten Vitaltour "Eremitenpfad:
https://www.bretzenheim.de/project/vitaltour-eremitenpfad/

Klosterruine Disibodenberg
Klosterruine Disibodenberg, Informationszentrum der Disibodenberger SCIVIAS-Stiftung
55571 Odernheim (Glan)
Kontakt: 0171 - 944 92 55, anfrage@disibodenberg.de

http://www.disibodenberg.de/
Die Ruine des ehemaligen Klosters der Hl. Hildegard liegt im Wald auf dem Disibodenberg bei
Staudernheim. Mitte des 19. Jh. legte der Heidelberger Gartenkünstler Johann Metzger hier
einen romantischen Park an. Beim Rundgang durch die Klosteranlage erkennt man Grundrisse
und Mauerreste der klösterlichen Gebäude, Kirche, Kreuzgang und Kapitelsaal und die weite-
ren Bereiche des ehemaligen Klosters. In den Außenmauern, die den Hang zum Nahetal
abschließen, sind die Ruinen der späteren zisterziensischen Großgebäude erhalten.

Museum Nahe der Natur – Staudernheim


Nahe der Natur – Mitmach-Museum für Naturschutz
Schulstrasse 47
55568 Staudernheim
Kontakt: 06751 8576370, info@nahe-natur.com

http://www.nahe-natur.com/
Im Museum „Nahe der Natur“ erfährt man alles rund um die Themen Naturschutz, Mensch und
Natur. Globale Zusammenhänge werden durch Mitmachstationen, im Mini-Kino und in dem
zugehörigen Steinbruch-Wald, Moosgarten und Schmetterlingsgarten erlebbar. Das Hofcafe
bewirtet die Gäste mit regionalen Produkten. Einen Besuch beim Museum Nahe der Natur
kann man gut mit dem Barfußpfad Bad Sobernheim verbinden, der unterhalb des Museums
vorbeiführt: https://www.barfusspfad-bad-sobernheim.de/

ANH 197 LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Burgmuseum der Burgruine Montfort


Burgmuseum der Burgruine Montfort, Hallgarten
55585 Oberhausen (Nahe)
Kontakt: Tel.: 06362-3951

http://www.vg-badkreuznach.de/vg_bad_kreuznach/Tourismus/Burgen/Burg%20Montfort/
Die Burg Montfort wurde um 1200 mitten im Wald zur Überwachung einer nahen Heerstraße
von den Grafen von Veldenz erbaut, 1456 wieder zerstört, und blieb dann jahrhundertelang
als Ruine bestehen. Die mittelalterliche Burgruine wurde in späteren Zeiten nicht durch Mo-
dernisierungen verändert. Im Burgmuseum werden ein Rekonstruktionsmodell sowie archäo-
logische Funde aus den Burgruinen, wie Keramik, Glas und Eisen gezeigt.

Museumslandschaft Bundenbach (tw. im angrenzenden Nachbarkreis Birkenfeld)


Die Museumslandschaft bei Bundenbach umfasst die Keltensiedlung Altburg, das Besucher-
bergwerk Herrenberg, das Fossilienmuseum und im näheren Umkreis die Schmidtburg. Mu-
seen, Grube und Burg sind über den Rundwanderweg "Hahnenbachtour" östlich der Ortschaft
Schneppenbach erschlossen.

Kontakt: Ortsgemeinde Bundenbach, 06544/9272 und 06544 286


http://www.bundenbach.de/

Museumslandschaft Bundenbach - Keltensiedlung Altburg, Freilichtmuseum


https://www.verein-keltenwelten.de/keltische-staetten/bundenbach-keltensiedlung-altburg/
In der Senke zwischen Idar- und Soonwald stand vor ca. 170 bis um 50 v. Chr. eine spätei-
senzeitliche keltische Höhenburg. Bei Ausgrabungen des Rheinischen Landesmuseums Trier
von 1971 bis 1974 wurde die "Altburg" im Bauzustand des 1. Jahrhunderts v. Chr. wieder
teilerrichtet und zu einem Freilichtmuseum ausgebaut. Der Zugang erfolgt von der 400 m ent-
fernten Schiefergrube Herrenberg. Die Altburg liegt zudem am „Sironaweg“, der keltische Sied-
lungen und Ringwallanlagen, römische Landgüter, mittelalterliche Bergwerke und weitere his-
torische Stätten des Hunsrücks und Nahetals verbindet.

Museumslandschaft Bundenbach – Besucherbergwerk Herrenberg


https://www.museumsportal-rlp.de/museen/besucherbergwerk-grube-herrenberg
Die seit 1975 zum Schaubergwerk ausgebaute Grube Herrenberg gibt einen Einblick in den
historischen Schieferbergbau im Hunsrück. Auf eindrucksvolle Weise wird die Arbeit des Lay-
enbrechers (Bergmann) dargestellt. In dem kleinen angeschlossenen Bergbaumuseum wer-
den alte und neue Techniken sowie Werkzeuge des Gesteinsabbaus gezeigt.

Museumslandschaft Bundenbach – Fossilienmuseum


https://www.museumsportal-rlp.de/museen/fossilienmuseum-bundenbach
Direkt neben dem Eingang zum Besucherbergwerk Grube Herrenberg steht das Fossilienmu-
seum. Hier sind Fossilien von Tieren und Pflanzen aus dem „Bundenbacher Schiefer“ ausge-
stellt (ca. 400 Mio. Jahre alt). Der Hunsrückschiefer entstand aus feinen Tonen mit Feinsand,
die sich auf dem Meeresboden ablagerten. Die Überreste der Lebewesen sind darin konser-
viert und werden im Schiefer als Fossilien gefunden.

Museumslandschaft Bundenbach – Schmidtburg


Hahnenbachtal, Schneppenbach, Außenanlage ganzjährig frei zugänglich
https://www.kirn-land.de/vg_kirn_land/Ortsgemeinden/Schneppenbach/ (s.a. Impressionen
von der Schmidtburg)
Die Schmidtburg ist zwar nicht direkter Bestandteil der "Museumslandschaft", liegt jedoch als
eine der Stationen der "Hahnenbachtour" nur 20 Minuten entfernt. Sie ist die älteste Burg im
Nahe- und Hunsrückraum (Bj. 926 n.Chr.). Der Name "Smedeburg" im 11. Jh. lässt auf ihre

LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ ANH 198


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Bedeutung bei der Verhüttung und Metallverarbeitung schließen. In den folgenden Jahrhun-
derten als Wohnsitz und Residenz von Wildgrafen und Kurfürsten und schließlich als Verwal-
tungssitz der umliegenden Gemeinden genutzt, verfiel die Burg gegen Ende des 18. Jahrhun-
derts. Sie wurde in den 1970/80er Jahren wieder freigelegt und ist nun als große Höhenburg
weithin sichtbar.

Schloss Wartenstein bei Kirn


Bahnhofstr. 31 (Hahnenbachtal bei Kirn-Kallenfels)
55606 Kirn
Kontakt: 0 6752 - 138-0 oder 0 6752 – 8000, info@schlosswartenstein.de
http://www.schlosswartenstein.de/ (in Überarbeitung 2021)

https://www.kirn-land.de/vg_kirn_land/Ortsgemeinden/Oberhausen/Impressionen/
(s. Schloss Wartenstein)
Um 1350 wurde die Burg - genannt Wartel - erbaut. Seit 2006 ist Schloss Wartenstein mit der
Ausstellung "Erlebniswelt Wald und Natur" Informationsstelle des Naturparks Soonwald-Nahe.
Hier steht die Niederwaldnutzung im Vordergrund. Jährlich im Mai findet das Lohmacher Fest
mit der Vorführung zur Gewinnung der Gerberlohe statt. Im Gewölbekeller ist zudem eine ge-
ologische Zeitreihe mit Gesteinen und Fossilien aus der Region installiert.

Besucherbergwerk Schmittenstollen auf dem Lemberg


L 235, 55583 Niederhausen
Ab Besucher- und Wanderparkplatz im Wald von Feilbingert (ausgeschildert) noch ca. 700m
zu Fuß zum Bergwerk, Führungen nach Vereinbarung
Kontakt: 06758/8404

https://www.vg-ruedesheim.de/tourismus-freizeit/schmittenstollen/
Am Schmittenstollen auf dem Lemberg befand sich früher ein Quecksilberbergwerk. Hier wur-
den seit dem 15. Jh. bis zum Jahr 1942 die Zinnobererze abgebaut. In dem Besucherstollen
kann man Stollen aus dem Mittelalter sowie die modernen Stollen aus dem letzten Jahrhundert
begehen. Die Führung läßt erahnen, unter welchen Bedingungen Generationen von Bergleu-
ten am Lemberg Erz abgebaut haben.

Auswahl thematisch relevanter Museen in benachbarten Landkreisen

Hunsrück-Museum Simmern mit Sammlung Ströher und Schinderhannesturm


Rhein-Hunsrück-Kreis (SIM)

Hunsrück-Museum und Schinderhannesturm


Schlossplatz 4 (Schinderhannesturm in der Turmgasse)
55469 Simmern
Kontakt: 06761-7009, info@hunsrueck-museum.de

https://www.hunsrueck-museum.de/
Im Neuen Schloss (1708 erbaut) befindet sich heute das Hunsrück-Museum mit einer Ausstel-
lung über Geschichte und Kultur des Hunsrücker Raumes. Keltische, römische und fränkische
Funde leiten über neuere Dokumente zur Industrialisierung im 19. Jahrhundert. Im Museum
befindet sich zudem die Sammlung des Irmenacher (Hunsrück) Malers Friedrich Karl Ströher

ANH 199 LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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(1876-1925). Im Schinderhannesturm in der Innenstadt Simmerns, dem ehemaligen Pulver-


magazin und Turmgefängnis der mittelalterlichen Stadt, informiert eine Ausstellung über den
"Schinderhannes".

Historisches Kupferbergwerk Fischbach


Landkreis Birkenfeld (zwischen Kirn und Idar-Oberstein)

Historisches Kupferbergwerk Fischbach


Hosenbachstraße
55743 Fischbach (Nahe)
Kontakt: 06784/2304, info@rbesucherbergwerk-fischbach.de

http://www.besucherbergwerk-fischbach.de/
Im Historischen Kupferbergwerk Fischbach können weitläufige mittelalterliche Kupferstollen
mit bis zu 30 m großen Hohlräumen besichtigt werden. Viele Felswände sind mit Kristallen und
den grünen Kupferabscheidungen überzogen. Erstmals erwähnt 1472, kannten jedoch schon
Kelten und Römer die Lagerstätten. Bis zum Jahr 1792 wurde Kupfer von sehr guter Qualität
abgebaut. Die gefährliche Arbeit der Bergleute an den hohen Wänden wird in den Stollen ein-
drucksvoll nachgestellt. Westlich des Bergwerks führt der Bergbaurundweg zu weiteren alten
Stollen, Tagebauen, einem Trockenbiotop und Panoramablicken, s. http://www.besucherberg-
werk-fischbach.de/bergbaurundweg.

Agrarhistorisches Museum Emmelshausen


Rhein-Hunsrück-Kreis (SIM)

Agrarhistorisches Museum
Rhein-Mosel-Straße 9-11
56281 Emmelshausen
Kontakt: über die Tourist-Info 06747-951630, kontakt@agrar-museum.de

https://www.rhein-mosel-dreieck.de/agrarmuseum.aspx
Das Museum befindet sich in einem wiederaufgebauten Hunsrücker Bauernhaus von 1660 mit
der neuen Museumsscheune, Schmiede, Backhaus und Lehrbienenstand. Schwerpunkt ist die
Entwicklung der Arbeitsmethoden in der Landwirtschaft mit historischen Arbeitsgeräten (ca.
3000 Exponate) und Filmen über das alte Handwerk. Jeweils Anfang Oktober findet dort ein
Bauernmarkt mit regionalen Produkten statt, auf dem auch die alten Handwerkskünste vorge-
führt werden.

Archäologiepark Belginum – Morbach


Kreis Birkenfeld (BIR)

Archäologiepark Belginum
Keltenstraße 2
54497 Morbach
Kontakt: 06533-957630, belginum@morbach.de

https://belginum.de/
Die keltisch-römische Kleinstadt Belginum mit dem zugehörigen Gräberfeld ist eine der be-
deutendsten archäologischen Fundstätten Mitteleuropas. Im modernen Museum des Archäo-

LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ ANH 200


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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logieparks wird die römisch-keltische Lebensweise, Wasserversorgung, Werkzeuge, Grabin-


ventaren sowie die Methodik der Archäologie vorgestellt. Der zugehörige Wanderweg erläutert
das Gräberfeld, die Siedlung mit den Tempelbezirken und das römische Militärlager. In Son-
derausstellungen werden spezielle Themen detaillierter vorgestellt.

Hunsrücker Holzmuseum - Morbach


Kreis Birkenfeld (BIR)

Hunsrücker Holzmuseum
Weiperath 79
54497 Morbach
Kontakt: 06533-959750, holzmuseum@web.de

https://www.hunsruecker-holzmuseum.de/
Im Museum wird das Thema Holz, seine traditionelle Verarbeitung und Verwendung gezeigt.
Bereits der Eingang zur Ausstellung führt durch den Längsschnitt einer 137 Jahre alten Fichte.
Holz ist seit Jahrhunderten im Hunsrück eine der wichtigsten Lebensgrundlagen. In einem ca.
100-jährigen Sägegatter wird demonstriert, wie Baumstämme zu Bohlen, Brettern und Balken
zerlegt werden.

Historisches Museum am Strom - Bingen


(Landkreis Mainz-Bingen)

Historisches Museum am Strom – Hildegard von Bingen, mit Heilpflanzengärten


Museumstraße 3
55411 Bingen am Rhein
Kontakt: 06721-184353, Museum-am-strom@bingen.de

https://www.bingen.de/kultur/museum-am-strom
Das "Historische Museum am Strom" (ehemaliges Elektrizitätswerk 1898) zeigt das Leben und
Werk Hildegards von Bingen (1098-1179). Zum Museum gehört auch ein Heilkräutergarten mit
Heilpflanzen aus Hildegards "Naturkunde". Einen weiteren "Hildegardgarten" kann man beim
Hildegardforum auf dem nahegelegenen Rochusberg besuchen: https://www.hildegard-fo-
rum.de/kraeutergarten.html. Im Museum gibt es zudem zahlreiche römische Funde aus Bingen
und Umgebung, darunter das weltweit berühmte „Binger Ärztebesteck“.

ANH 201 LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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und nicht zuletzt:

 Gestatten, mein Name ist Kelti

genauer: Kelti von Wallertheim -


einzigartig aus buntem Glas und stattliche
zwei Zentimeter groß! Naja, ursprünglich
wurde ich auch "Wallertheimer Hündchen" ge-
nannt, finde ich ja nicht so prickelnd, - als stol-
zer Torfspitz aus der Keltenzeit.

Vor mehr als 2100 Jahren wurde ich aus


Sand, Asche und Feuer geboren und be-
schützte danach ein Kind aus der Latènezeit
neben dem Grab eines Keltenkriegers.

1951 grub man mich bei Wallertheim wieder


aus und seit einiger Zeit lebe ich in einer weit-
läufigen gläsernen Hundehütte und bewache
die Eingangshalle vom Landesmuseum Mainz.
Wer mich besuchen möchte – und noch mehr
Funde aus der Frühzeit sehen will – achja,
und natürlich alte Knochen - kommt gerne vor-
bei ins Landesmuseum. Ein paar alte Bilder
und so gibt's da auch noch, soweit ich weiß.
Das alles könnt ihr auf der "Kelti-Tour" durchs
Museum erkunden …

… und tschüss, bis denn!

Landesmuseum Mainz
Große Bleiche 49 - 51
55116 Mainz
Tel.: 06131 / 28 57-0
http://www.landesmuseum-mainz.de

GDKE RLP Landesmuseum Mainz


Fotos: C. Koch

LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ ANH 202


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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F ABBILDUNGEN UND FOTOS

Der Band Historische Landnutzung Bad Kreuznach unterliegt als Gesamtwerk und in Teilen
dem Urheberrecht des Herausgebers. Zusätzlich bleiben die Bildrechte der Urheber*innen der
verwendeten Fotos und Abbildungen bestehen. Die Abbildungen dürfen daher ohne deren Er-
laubnis nicht herauskopiert oder anderweitig verwendet werden.

Wir bedanken uns zuerst ganz besonders bei der Erbengemeinschaft Erich Heckel für die
Freigabe des Aquarells "Landschaft im Nahetal, 1938" von Erich Heckel als unser Titelbild.
Das Aquarell befindet sich seit dem Jahr 2020 im Besitz der Museen im Bangert (Schloss- und
Römermuseum in Bad Kreuznach) und kann im Schlossmuseum besichtigt werden. Dem Mu-
seumsdirektor Herrn Marco van Bel danken wir für das speziell angefertigte Foto des Aquarells
für unsere Titelseite und für die beiden Fotos vom Gladiatorenmosaik und Hypokaust aus dem
Römermuseum.
Ganz herzlich möchten wir unseren Biotopbetreuern und Vertragsnaturschutzberater*innen –
im Landkreis Bad Kreuznach: Rudolf Twelbeck, Dorothea Kortner, Petra Berger-Twelbeck,
Petra Holzwarth - aus den anderen Landkreisen: Fotos von Peter Breuer, Andreas Weidner
und Susanne Venz - dafür danken, dass sie uns im Rahmen ihrer Werkverträge und Tätigkeit
vor Ort mit vielen aktuellen Informationen und hochwertigen Fotos versorgt haben, die in die-
sem Band im hohen Maße dazu beitragen, die heutigen Biotope, Arten und Maßnahmen zu
veranschaulichen. Hier auch einen lieben Dank an Evi Holtzem für ihre Informationen zum
Thema aus ihrer langjährigen Tätigkeit als Gebiets-Referentin bei der SGD-Nord im Landkreis
Bad Kreuznach.

Unser Dank geht auch an:


Herrn Dr. Matthes vom Kompetenzzentrum für Klimawandelfolgen Rheinland-Pfalz für die Frei-
gabe der Abbildungen "Klimatische Höhenstufen in Rheinland Pfalz". Frau Melchersmann vom
Landesmuseum Mainz (GDKE RLP) dafür, dass wir unsere Fotos von "Kelti" abbilden dürfen
und an Conni Koch, die im Museum die Fotos für den Band geschossen hat. Vom Landesmu-
seum stammt auch das freigegebene Foto vom versteinerten Schinderhannes bartelsi. Frau
Wiechert vom Heimatmuseum in Bad Soberheim für die Erlaubnis zur Veröffentlichung des
historischen Fotos vom Felke-Lehmbad. Herrn Dr.Schellack vom Hunsrück-Museum Simmern
für die Erlaubnis, das Foto der Reproduktion von der Hinrichtung des Schinderhannes zu ver-
öffentlichen sowie die Recherche zum Gemälde des Schinderhannesturms von Josef Hosp.

ANH 203 LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Herr R. Hosp erteilte uns freundlicherweise die Erlaubnis, das Gemälde seines Vaters vom
Schinderhannesturm abzubilden. Herrn Dr. Michael Altmoos vom Museum Nahe der Natur für
das Foto des dortigen Moosgartens und für eine informative Führung durch den Steinbruch-
wald und die Naturgärten. Frau Kött und Herrn Dr. Kuhn, die uns das Originalfoto von ihrer
Abbildung der Infotafel "Küstenweg" zur Verfügung gestellt haben. Frau Egger von der Stiftung
Naturschutzfonds Baden-Württemberg und Herr Bücheler vom Büro Garten- und Landschafts-
bau in Stuttgart - Hedelfingen ermöglichten uns freundlicherweise, die beiden Abbildungen
zum Trockenmauerbau aus dem "Handlungsfaden für die Sanierung von Trockenmauern" zu
verwenden. Herr Bücheler schickte mir zudem noch ergänzte Skizzen der beiden Zeichnun-
gen, deren Inhalt in den Text eingegangen ist. Frau Heine vom Weingut Herrmansberg für das
Foto vom Schlossböckelheimer Felsenberg. Herrn Schwade dafür, dass wir die Abbildung Rö-
merwege/Keltenwege von seiner website einbinden dürfen.

Wir danken ebenfalls allen im Band genannten Autoren von Wikipedia, dass die dort einge-
stellten Abbildungen verwendet werden dürfen. Und nicht zuletzt einen allerherzlichen Dank
an die lieben Mitwander*innen, ohne sie wären viele Fotos (R. Horn) nicht entstanden.

LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ ANH 204


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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G KARTEN

Die vier Kartenausschnitte beinhalten die Lage der Schutzgebiete und die Maßnahmenflächen
der Biotopbetreuung (Stand 2020). Besondere Schwerpunkte der kulturhistorisch ent-
standenen Biotopvorkommen sind in den Karten 1-4 grün hervorgehoben. Viele dieser
Flächen enthalten Extensivgrünland, Magerrasen, Weinbergsbrachen und Heideland. Zudem
lässt sich die Lage vieler der im Anhang A und der im Haupttext genannten Lokalitäten in den
Karten finden, bzw. sie sind teilweise zusätzlich hervorgehoben worden. Auch die wichtigsten
der im Textband genannten kulturhistorischen Besonderheiten und Projekte sind gekennzeich-
net.

Anm.: Das Kartenformat ist für die Druckversion optimiert. Zur Ansicht auf dem Bild-
schirm bitte das pdf drehen. Weiterhin können die Karten über eine separate Datei "KH
Kulturl - Karten 1-5.pdf" im Originalmaßstab aufgerufen und vergrößert angesehen werden. In
der dortigen zusätzlichen Übersichtskarte "Historische Landnutzung, LK Bad Kreuznach" sind
zudem die Naturdenkmale (ND), geschützten Landschaftsbestandteile (GLB) und die Ver-
tragsnaturschutzflächen (VN, Stand 2020) enthalten.

Lageübersicht der Karten im Landkreis Bad Kreuznach:

Blattschnitte Karte 1 Karte 2


LK Bad Kreuznach Soonwald, Soonwaldvor- Nahetal West
land (Kirn bis Bad Sobernheim)

Karte 3 Karte 4
1 Nahetal Ost Südlich der Nahe
(Bad Sobernheim bis Bad
2 3 Kreuznach)

Quellenangaben der Karten:


4 Grundlagen, Topografie: © GeoBasis-DE / LVermGeoRP 2020 (auch
Kreisgrenze links)
Schutzgebiete: © LANIS RLP 2020
BB-Maßnahmenflächen und VN-Flächen (Übersichtskarte): © LfU RLP
2020
Kulturhistorische Besonderheiten und Projekte: © LfU RLP 2020

ANH 205 LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Karte 1: Soonwald / Soonwaldvorland

LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ ANH 206


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Karte 2: Nahetal West

ANH 207 LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Karte 3: Nahetal Ost

LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ ANH 208


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Karte 4: Südlich der Nahe

ANH 209 LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ


HISTORISCHE LANDNUTZUNG – Landkreis Bad Kreuznach
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Kartenlegende (vergrößert)

Abkürzungen:

KH = Landkreis Bad Kreuznach


BB = Biotopbetreuung
DTK 100 = digitale topografische Karte 1:100 000

Schutzgebietsnetz (Natura 2000):


FFH = Schutzgebiete Fauna-Flora-Habitatrichtlinie
VSG = Schutzgebiete EG-Vogelschutzrichtlinie.

LANDESAMT FÜR UMWELT RHEINLAND-PFALZ ANH 210

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