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Die Nutzung von Computer und Internet an Förderschulen

Data · January 2012

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Christopher Mihajlovic
Philipps University of Marburg
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Autor/en: Mihajlovic, Christopher.


Titel: Die Nutzung von Computer und Internet an Förderschulen.
Quelle: merz. medien + erziehung. 56. Jahrgang, Heft 01/12. München 2012,
S. 25 – 31.
Verlag: kopaed verlagsgmbh.
Die Veröffentlichung erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Verlags.
Die Zahlen in eckigen Klammern kennzeichnen das Seitenende der Originalausgabe.

Christopher Mihajlovic
Die Nutzung von Computer und Internet
an Förderschulen
Obwohl gerade der Einsatz des Computers und des Internets im schulischen Kontext
zunehmend an Bedeutung gewinnt, gibt es kaum empirische Untersuchungen über
das Nutzungsverhalten von digitalen Medien durch Lehrkräfte im Förderschulbereich.
In der vorliegenden Online-Befragung wurden insgesamt 654 Lehrkräfte an Förder-
schulen befragt, welchen Stellenwert der Computer und das Internet in ihrer Arbeit
hat. Ziel der Erhebung ist es, neue E­ rkenntnisse hinsichtlich der Nutzungshäufigkeit
und Nutzungsart dieser Medien in der ­Unterrichtspraxis zu gewinnen.
Mehrere empirische Studien belegen, dass der Computer und das Internet zumindest
im außerschulischen Alltag von Jugendlichen eine sehr wichtige Rolle spielen. Die Er-
gebnisse der JIM-Studien der letzten Jahre zeigen, dass gerade das Internet unter den
befragten Jugendlichen einen hohen Stellenwert besitzt: Insgesamt 28 Prozent der
Mädchen und 30 Prozent der Jungen gaben in der JIM-Studie 2008 an, auf das Medi-
um Internet am wenigsten verzichten zu können (MPFS 2008, S. 16 ff.). Auch im Jahr
2011 hat sich daran nicht viel geändert. 88 Prozent der befragten Jugendlichen geben
an, dass ihnen das Internet wichtig oder sehr wichtig ist (MPFS 2011, S. 15). Der Com-
puter und der Fernseher folgen in der Befragung zur Medienbindung auf den Plätzen
zwei und drei. Die ‹klassischen› Medien wie beispielsweise Bücher, Zeitschriften und
das Radio ­erhielten in dieser Befragung die wenigsten Stimmen. Während in der
JIM-­Studie von 1998 noch das Fernsehen als das am häufigsten genutzte Medium an
erster Stelle stand, wird es in der Studie aus dem Jahr 2008 von Handy und Computer
abgelöst. Das Fernsehen als Informationsmedium hat unter den Jugendlichen jedoch
noch immer eine hohe Bedeutung. Laut der neuesten JIM-Studie aus dem Jahr 2011
werden sowohl das Fernsehen, als auch das Internet in nahezu gleichem Umfang von
den befragten Jugendlichen genutzt (MPFS 2011, S. 13). Unterschiede gibt es dagegen
in der Art der Nutzung: Während das Fernsehen hauptsächlich als Informationsmedi-

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um genutzt wird, dient das Internet den Jugendlichen in erster Linie zur Kommunika-
tion. Über die spezifische Nutzung des Computers und des Internets im schulischen
Kontext ist jedoch kaum etwas bekannt. Dabei erscheint der Einsatz des Computers
als Unterrichtsmedium, als spezielles prothetisches Hilfsmittel sowie zur Diagnostik
gerade in der Förderpädagogik als besonders geeignet. Die Verwendungsformen des
Computers und des Internets sowie der didaktische Nutzen sollten bekannt sein und
in diesem Beitrag nicht weiter vertieft werden. Mit Hilfe der folgenden Befragung
von Lehre- [25] rinnen und Lehrern an Förderschulen sollten Erkenntnisse darüber
gewonnen werden, welchen Stellenwert der Computer und das Internet im Förder-
schulbereich derzeit haben. Außerdem sollte herausgefunden werden, ob gerade die
typischen Web 2.0-Anwendungen, die dem aktuellen Stand der Medienpädagogik
entsprechen, auch in der Unterrichtspraxis an Förderschulen eine Rolle spielen.

Befragungsinstrument
Die Erhebung baut auf Vorarbeiten von Bertow (2008) auf, der im Rahmen seiner
quantitativen Studie zur Bedeutung Neuer Medien an Grundschulen bereits einen
Schüler- sowie einen Lehrerfragebogen entwickelte. Die vorliegende Studie wendet
sich dagegen ausschließlich an Lehrerinnen und Lehrer im Förderschulbereich. Durch
den Einsatz einer Online-Umfrage wurden Schulleitungen an Förderschulen aus ganz
Deutschland erreicht. Die unterschiedlichen Förderschulen und deren ­Adressen
wurden mit Hilfe der bundesweiten Schuldatenbank www.schulweb.de ausfindig
gemacht. Insgesamt nahmen an der Befragung 654 Förderschullehrerinnen und
-­lehrer aus unterschiedlichen Fachrichtungen teil. Um die Teilnahme an der Befragung
ausschließlich der angestrebten Zielgruppe zu ermöglichen und somit eine Verfäl-
schung der Ergebnisse zu vermeiden, wurde die Online-Umfrage durch ein Passwort
geschützt. Die Umfrage wurde Anfang März 2010 im Internet freigeschaltet und Ende
April 2010 ausgewertet. Die Lehrerbefragung beinhaltet neben ­standardisierten Items
auch offene Fragenkomplexe. Zunächst wurden im Fragebogen die demo­grafischen
Angaben (Geschlecht, Alter, Herkunft) erfasst und anschließend wurde auf das Nut-
zungsverhalten der Lehrpersonen im schulischen Kontext eingegangen.

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Beschreibung der Stichprobe

Geschlecht und Alter der Teilnehmerinnen und Teilnehmer

Insgesamt nahmen mehr weibliche (69 %) als männliche Lehrkräfte (31 %) an der
­Befragung teil. Wenn man das Alter der Teilnehmerinnen und Teilnehmer berück-
sichtigt, so stellt die Gruppe der 30- bis 40-Jährigen mit 34 % den größten Anteil der
­Befragten dar, gefolgt von den Altersgruppen der 50 bis 60-Jährigen (24 %) und der
40- bis 50-Jährigen (23 %). Die Altersgruppe der 20- bis 30-Jährigen wird immer-
hin noch von 14 Prozent der Gesamtstichprobe vertreten, der Anteil der ‹älter als
60-­Jährigen› ist mit vier Prozent deutlich geringer.
Die meisten Lehrpersonen, die an der Befragung teilnahmen, unterrichten an Schulen
für Lernbehinderte (35 %). Einen ebenfalls großen Anteil nimmt die Schule mit dem
Förderschwerpunkt «Geistige Entwicklung» ein (28 %). Insgesamt [26] acht Prozent der
Lehrpersonen unterrichten an einer Schule für Erziehungshilfe, gefolgt von den Schulen
für Sprachbehinderte (6 %) und den Schulen für Hörgeschädigte und Körperbehinderte
(­jeweils 4 %). Einen sehr kleinen Anteil stellen die Schulen für Sehbehinderte (2 %) und
Blinde (1 %) dar. Immerhin zwölf Prozent aller Befragten gaben eine andere Förderein-
richtung an als die in der Fragestellung bereits vorgegebenen Schulformen. Besonders
häufig wurden hier die Schule für Kranke, sowie spezielle Einrichtungen für Blinde und
Sehbehinderte und für Praktisch Bildbare und Körperbehinderte genannt.

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Ergebnisse
Die befragten Förderschullehrerinnen und Förderschullehrer setzen den PC im Unter-
richt im Durchschnitt regelmäßig ein. Nahezu ein Viertel aller Befragten gab an, den
Computer täglich (14 %) oder sogar mehrmals täglich (11 %) im Unterricht zu nutzen.
Die absolute Mehrheit der Teilnehmerinnen und Teilnehmer nutzt den Computer
mehrmals wöchentlich (35 %) oder zumindest einmal wöchentlich (22 %) im Unter-
richt. Lediglich 17 Prozent der Befragten nutzen den Computer seltener als einmal
wöchentlich und ein Prozent nutzt den Computer überhaupt nicht im Unterricht.
Somit gab durchschnittlich nur jede fünfte Lehrperson an, den PC seltener als einmal
pro Woche im Unterricht zu nutzen. In den Kernfächern Deutsch (30 %), Mathematik
(23 %) und Sachunterricht (20 %) wird der Computer am häufigsten genutzt. In den
Fächern Kunst (5 %), Musik (4 %), Religion (2 %) und Sport (1 %) wird der Computer
dagegen weniger bzw. kaum eingesetzt. Immerhin 264 Antworten (16 %) bezogen sich
in der Befragung auf zusätzliche Fächer: Die Fächer Englisch, Informatik und Arbeits-
lehre wurden hierbei besonders häufig genannt. Zudem wird der Computer in der
Freiarbeit eingesetzt.

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Es fällt auf, dass der Computer für den Einsatz von Lernsoftware (24 %) bzw. Lernspie-
len (18 %) besonders häufig genutzt wird. Außerdem gaben die Teilnehmerinnen und

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Teilnehmer an, den Computer im Unterricht vorrangig zur Textverarbeitung (22 %)


und für Internetanwendungen (21 %) zu nutzen. Weitere Verwendungsmöglichkeiten
des Computers sind die Förderdiagnostik (5 %), der Umgang mit Hardware (3 %) und
die Möglichkeit, den Computer als prothetisches Hilfsmittel zu benutzen (2 %). Zusätz-
lich gaben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Befragung an, den Computer für
Präsentationen, zur unterstützten Kommunikation und zur Video- und Bildbearbei-
tung zu nutzen.
In der Unterrichtsvorbereitung wird der Computer hauptsächlich für die Erstellung
von Unterrichtsmaterial (36 %), zur Informationsrecherche (35 %) und zur Kommuni-
kation (27 %) genutzt. Zusätzlich gaben die Befragten an, den Computer zur Noten­
eingabe, für die Erstellung von Zeugnissen und für die Diagnostik zu nutzen. Ein
­Großteil der Teilnehmerinnen und Teilnehmer nutzt das Internet mehrmals wöchent-
lich (23 %) oder zumindest einmal wöchentlich (20 %) im Unterricht. Viele Lehrkräfte
gaben jedoch auch an, das Internet seltener als einmal wöchentlich zu nutzen (32 %).
Nur ein kleiner Teil der Befragten nutzt das Internet mehrmals täglich (7 %) bzw. täg-
lich (6 %) im Unterricht. Für 13 Prozent der Befragten spielt das Internet im Unterricht
gar keine Rolle.

Im Unterricht wird das Internet vorrangig zur Informationsrecherche genutzt (54 %).
Immerhin 18 Prozent der Befragten gaben an, das Internet für die Arbeit auf Lern-
plattformen zu nutzen. Der Umgang mit E-Mails folgt auf dem dritten Platz (10 %).
Soziale Netzwerke (4 %), Chats (3 %) und Podcasts (1 %) scheinen im Unterricht [28]
eine untergeordnete Rolle zu spielen. Abgesehen davon wird das Internet zur Home-
pagepflege mit Schülerinnen und Schülern sowie zur Leseförderung genutzt. Zudem
nutzen die Lehrpersonen das Internet für das Abspielen von Musik und Videos, aber
auch zum Aufrufen bestimmter Online-Spiele mit Lerncharakter. Die typischen Web
2.0-Dienste wie zum Beispiel soziale Netz-werke und Podcasts werden kaum ins
Unterrichtsgeschehen integriert. Die Anwendung von (Internet-) Blogs im Unterricht
wurde von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern an der Befragung überhaupt nicht
genannt.

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Interpretation der Ergebnisse

Häufigkeit der Computernutzung im Unterricht


Es ist erstaunlich, dass der Computer an Förderschulen zu einem unverzichtbaren
Medium in der Unterrichtspraxis zählt und im Vergleich zu den empirischen Studien
an anderen Schulformen (vgl. Bertow 2008) überdurchschnittlich häufig von den Lehr-
kräften im Unterricht eingesetzt wird. Die absolute Mehrheit der Teilnehmerinnen
und Teilnehmer an der Befragung verwendet den Computer durchschnittlich mehr-
mals wöchentlich (35 %) oder zumindest einmal wöchentlich (22 %) im Unterricht.

Häufigkeit der Internetnutzung im Unterricht


Das Internet wird durch die Lehrerinnen und Lehrer in der Unterrichtspraxis deutlich
seltener genutzt als der Computer im Allgemeinen. Als Grund für diese Tatsache kann
man die Angst der Lehrpersonen vor einer möglichen Überforderung der Schülerin-
nen und Schüler durch die Komplexität und Informationsfülle des Internets anführen
(vgl. Werning/Daum/Urban 2006, S. 14). Insgesamt nutzen mehr als die Hälfte aller
Befragten das Internet einmal wöchentlich oder häufiger im Unterricht. Dagegen
­nutzen 32 Prozent der Teilnehmerinnen und Teilnehmer das Internet seltener als
einmal pro Woche und lediglich 13 Prozent nutzen das Internet gar nicht. Obwohl das
Internet in der Unterrichtspraxis nur einen Nutzungsaspekt des PCs unter vielen dar-
stellt, nimmt es insgesamt einen nicht unerheblichen Stellenwert in der Unterrichts­
praxis ein.

Verteilung der Computernutzung nach Lehrfächern


In den Kernfächern Deutsch, Mathematik und Sachunterricht wird der PC besonders
häufig eingesetzt. Dieses Ergebnis deckt sich mit der Studie von Bertow (2008). Die
häufige Nutzung des Computers in diesen Fächern lässt sich möglicherweise auch
darauf zurückführen, dass die Fächer Deutsch und Mathematik in der Regel mit ei-
ner höheren wöchentlichen Stundenzahl vertreten sind als beispielsweise die Fächer
­Musik oder Kunst. Zudem sind Lernprogramme und Lernspiele besonders häufig für
die Fächer Mathematik und Deutsch konzipiert und werden somit in diesen Fächern
auch häufiger eingesetzt.

Schulform
An Schulen für Sprachbehinderte, Hörgeschädigte und Körperbehinderte wird der
Computer durchschnittlich besonders häufig eingesetzt. An diesen Schulformen wird
der PC vermehrt zur Kommunikation und als prothetisches Hilfsmittel eingesetzt, an
Schulen für Lernbehinderte fast ausschließlich als Unterrichtsmedium. Schulen für
Lernbehinderte und Schulen mit dem Förderschwerpunkt «Geistige Entwicklung» sind
in der Befragung besonders häufig vertreten. Hier sind auch deutliche Unterschiede

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im Bezug auf die Nutzungshäufigkeit und Verwendung des Computers und des Inter-
nets im Unterricht zu erkennen: Die Ergebnisse der Befragung weisen darauf hin, dass
Lernspiele an Schulen mit dem Förderschwerpunkt «Geistige Entwicklung» durch-
schnittlich besonders häufig eingesetzt werden. Dies könnte damit zusammenhängen,
dass der Unterricht mit Kindern und Jugendlichen mit geistiger Behinderung häufiger
spie- [29] lerische Elemente enthält als an anderen Schulformen.
Das Internet wird im Unterricht an Schulen mit dem Förderschwerpunkt «Geistige
Entwicklung» im Vergleich zu den anderen Schulformen deutlich seltener eingesetzt.
Dies könnte einerseits daran liegen, dass das Internet ein unstrukturiertes und text-
basiertes Medium ist, und somit eine gewisse Lesekompetenz bei den Nutzerinnen
und Nutzern voraussetzt. Ein hohes Maß an Orientierungsfähigkeit ist zudem wichtig,
um sich mit der komplexen Struktur des Internets zurechtzufinden. Bei der Vielzahl
und Unübersichtlichkeit vieler Internetseiten ist es speziell für Menschen mit geistiger
Behinderung schwierig, zwischen relevanten Informationen und unwichtigen Informa-
tionen wie zum Beispiel Werbebannern zu unterscheiden. Zwar gibt es mittlerweile
einige Internetseiten, die speziell für die Bedürfnisse von Menschen mit geistiger und/
oder körperlicher Behinderung entwickelt worden sind, das Internet bleibt jedoch
ein Medium, das für Menschen mit geistiger Behinderung nur eingeschränkt nutzbar
ist. Laut den Ergebnissen der Lehrerbefragung werden an Schulen für Lernbehinderte
Internetanwendungen vergleichsweise häufig im Unterricht verwendet. Von besonde-
rer Relevanz für den Unterricht an Schulen für Lernhilfe ist die Nutzung des Internets
zur Informationsrecherche. Außerdem spielt das Lesen und Versenden von E-Mails im
Unterricht an Schulen für Lernhilfe eine wichtige Rolle.
Es bleibt festzuhalten, dass die befragten Lehrerinnen und Lehrer an Schulen für Lern-
behinderte den Computer und das Internet in erster Linie als Unterrichtsmedium ein-
setzen. Die Nutzung des Computers zur Textverarbeitung, zur Internetrecherche und
zur Kommunikation via E-Mail sollte es den Lernenden ermöglichen, sich Kompeten-
zen anzueignen, die für ihr berufliches Leben und für die Bewältigung ihres Alltages
relevant sind. Das Internet wird dagegen auch im Unterricht an Schulen für Lernhilfe
kaum zur zeitgemäßen Kommunikation über Chats und Soziale Netzwerke genutzt,
obwohl diese Anwendungen für die gesellschaftliche Teilhabe der Jugendlichen immer
bedeutender werden.

Verwendungsformen des Computers im Unterricht


Obwohl das Internet in der Lebenswelt vieler Menschen eine sehr wichtige Rolle
spielt und auch in der Unterrichtspraxis vielseitig einsetzbar ist, sind es noch immer
Lernprogramme und Lernspiele, die bei den Lehrerinnen und Lehrern am beliebte­
sten sind. Lernprogramme kommen meistens zusammen mit den Lehrbüchern auf
den Markt und bieten gegenüber den Quellen aus dem Internet den Vorteil, dass
die Inhalte durch den Lehrbuchverlag qualitativ geprüft sind. Beim Internet kann es
schnell passieren, dass die Schülerinnen und Schüler auf unseriöse Quellen stoßen.

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Dies könnte ein Argument vieler Lehrpersonen sein, vermehrt auf Lernsoftware und
Lernspiele zurückzugreifen. Internetanwendungen nehmen in der Unterrichtspraxis
dennoch einen hohen Stellenwert ein: Insgesamt 21 Prozent der Teilnehmerinnen und
Teilnehmer an der Befragung nutzen den Computer im Unterricht vorrangig für die
­Arbeit mit dem Internet. Abgesehen davon wird der Computer im Unterricht häufig
zur Textverarbeitung genutzt. Die Möglichkeit, den Computer für die Förderdiagnostik
(5 %), für der Umgang mit Hardware (3 %) und als prothetisches Hilfsmittel zu nutzen
(2 %), spielt im Vergleich zu den anderen Verwendungsformen eine eher untergeord-
nete Rolle.

Verwendungsformen des Internets im Unterricht


Im Zeitalter von StudiVZ, Facebook und Co. wäre anzunehmen, dass die Lehrkräfte
bei der Nutzung des Internets zunehmend soziale Netzwerke, Chats und Weblogs in
den Unterrichtsalltag integrieren. Tatsächlich wird das Internet in der Unterrichts­
praxis hauptsächlich für die Beschaf- [30] fung von Informationen benutzt. Immerhin
18 ­Prozent der Befragten gaben an, das Internet für die Arbeit auf Lernplattformen
zu nutzen. Andere Web 2.0-Komponenten wie soziale Netzwerke (4 %), Chats (3 %)
und Podcasts (1 %) scheinen dagegen im Unterricht eine geringe Rolle zu spielen.
Der Umgang mit E-Mails wird im Unterricht dagegen weitaus häufiger thematisiert
(10 %). Dabei sind es laut der JIM-Studie von 2008 speziell Dienste wie das «Instant
Messaging» und soziale Netzwerke (StudiVZ, SchülerVZ), die von den Jugendlichen
ausgiebig in der Freizeit genutzt werden (MPFS 2008, S. 50 ff.). Insbesondere die
Nutzung sozialer Netzwerke stieg in den letzten Jahren deutlich an, wie die Ergebnisse
der JIM-­Studie 2011 zeigen (MPFS 2011, S. 47). Viele Schülerinnen und Schüler haben
das Bedürfnis, sich aktiv an den Inhalten des Webs zu beteiligen und sich selbst zu
präsentieren. Die Motivation der Schülerinnen und Schüler, das Internet als Kommu-
nikations- und Präsentationsmedium in der Freizeit zu nutzen, birgt auch Potenzial
für den Einsatz dieser Dienste im schulischen Kontext. Der geringe Stellenwert von
Web 2.0-Komponenten im Unterricht könnte einerseits darin begründet werden, dass
die Lehrkräfte die vielfältigen Möglichkeiten, die das Internet in der Unterrichtspraxis
tatsächlich bietet, nicht erkannt haben. Andererseits könnte auch die Angst vor einer
möglichen Überforderung der Schülerinnen und Schüler durch die komplexen Inhalte
des Internets dazu beitragen, dass das Potenzial des Internets im Unterrichtsalltag
noch kaum ausgeschöpft wird.

Literatur
Bertow, Andreas (2008). Schüler, Lehrer und Neue Medien in der Grundschule.
Medien­nutzung im Kontext von Entwicklungstendenzen sowie technischen Voraus­
setzungen. Hamburg: Dr. Kovač Verlag.

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Brönner, Michael (2006). Arbeiten, Lernen, Spielen. Der Einsatz des Computers bei
Schülern mit geistiger Behinderung. Dortmund: Verlag Modernes Lernen.
mpfs – Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (Hrsg.) (1998). JIM-Studie
1998. www.mpfs.de/fileadmin/Studien/JIM1998.pdf [Zugriff: 06.04.2010]
mpfs – Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (Hrsg.) (2005). JIM-Studie
2005. www.mpfs.de/fileadmin/Studien/JIM2005.pdf [Zugriff: 06.04.2010]
mpfs – Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (Hrsg.) (2006). JIM-Studie
2006. www.mpfs.de/fileadmin/JIM-pdf06/JIM-Studie_2006.pdf [Zugriff: 06.04.2010]
mpfs – Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (Hrsg.) (2007). JIM-Studie
2007. www.mpfs.de/fileadmin/JIM-pdf07/JIM-Studie2007.pdf [Zugriff: 06.04.2010]
mpfs – Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (Hrsg.) (2008). JIM-Studie
2008. www.mpfs.de/fileadmin/JIM-pdf08/JIM-Studie_2008.pdf [Zugriff: 06.04.2010]
mpfs – Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (Hrsg.) (2011). JIM-Studie
2011. www.mpfs.de/fileadmin/JIM-pdf11/JIM2011.pdf [Zugriff: 09.12.2011]
Werning, Rolf / Daum, Olaf / Urban, Michael (2006). Nutzung des Internets in der
Schule für Lernhilfe. Strategien für den Umgang mit Komplexität. In. Werning, Rolf /
Urban, Michael (Hrsg.), Das Internet im Unterricht für Schüler mit Lernbeeinträchti-
gungen. Grundlagen – Praxis – Forschung. Stuttgart: Kohlhammer. S. 14-26.
Werning, Rolf / Löser, Jessica / Uhde, Sönke (2008). Internetnutzung durch Schüle-
rinnen und Schüler mit Lernbeeinträchtigungen. In: Werning, Rolf / Urban, Michael
(Hrsg.), Das Internet im Unterricht für Schüler mit Lernbeeinträchtigungen. Grund­
lagen – Praxis – Forschung. Stuttgart: Kohlhammer. S. 133-155.

Christopher Mihajlovic arbeitet an Studienprojekten des Instituts für Sonderpädagogik


der Universität Frankfurt am Main mit und ist seit 2008 pädagogischer Mitarbeiter in
der Ambulanten Familienhilfe der Lebenshilfe e. V.

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