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net/publication/312191489
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Christopher Mihajlovic
Philipps University of Marburg
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All content following this page was uploaded by Christopher Mihajlovic on 10 January 2017.
Christopher Mihajlovic
Die Nutzung von Computer und Internet
an Förderschulen
Obwohl gerade der Einsatz des Computers und des Internets im schulischen Kontext
zunehmend an Bedeutung gewinnt, gibt es kaum empirische Untersuchungen über
das Nutzungsverhalten von digitalen Medien durch Lehrkräfte im Förderschulbereich.
In der vorliegenden Online-Befragung wurden insgesamt 654 Lehrkräfte an Förder-
schulen befragt, welchen Stellenwert der Computer und das Internet in ihrer Arbeit
hat. Ziel der Erhebung ist es, neue E rkenntnisse hinsichtlich der Nutzungshäufigkeit
und Nutzungsart dieser Medien in der Unterrichtspraxis zu gewinnen.
Mehrere empirische Studien belegen, dass der Computer und das Internet zumindest
im außerschulischen Alltag von Jugendlichen eine sehr wichtige Rolle spielen. Die Er-
gebnisse der JIM-Studien der letzten Jahre zeigen, dass gerade das Internet unter den
befragten Jugendlichen einen hohen Stellenwert besitzt: Insgesamt 28 Prozent der
Mädchen und 30 Prozent der Jungen gaben in der JIM-Studie 2008 an, auf das Medi-
um Internet am wenigsten verzichten zu können (MPFS 2008, S. 16 ff.). Auch im Jahr
2011 hat sich daran nicht viel geändert. 88 Prozent der befragten Jugendlichen geben
an, dass ihnen das Internet wichtig oder sehr wichtig ist (MPFS 2011, S. 15). Der Com-
puter und der Fernseher folgen in der Befragung zur Medienbindung auf den Plätzen
zwei und drei. Die ‹klassischen› Medien wie beispielsweise Bücher, Zeitschriften und
das Radio erhielten in dieser Befragung die wenigsten Stimmen. Während in der
JIM-Studie von 1998 noch das Fernsehen als das am häufigsten genutzte Medium an
erster Stelle stand, wird es in der Studie aus dem Jahr 2008 von Handy und Computer
abgelöst. Das Fernsehen als Informationsmedium hat unter den Jugendlichen jedoch
noch immer eine hohe Bedeutung. Laut der neuesten JIM-Studie aus dem Jahr 2011
werden sowohl das Fernsehen, als auch das Internet in nahezu gleichem Umfang von
den befragten Jugendlichen genutzt (MPFS 2011, S. 13). Unterschiede gibt es dagegen
in der Art der Nutzung: Während das Fernsehen hauptsächlich als Informationsmedi-
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um genutzt wird, dient das Internet den Jugendlichen in erster Linie zur Kommunika-
tion. Über die spezifische Nutzung des Computers und des Internets im schulischen
Kontext ist jedoch kaum etwas bekannt. Dabei erscheint der Einsatz des Computers
als Unterrichtsmedium, als spezielles prothetisches Hilfsmittel sowie zur Diagnostik
gerade in der Förderpädagogik als besonders geeignet. Die Verwendungsformen des
Computers und des Internets sowie der didaktische Nutzen sollten bekannt sein und
in diesem Beitrag nicht weiter vertieft werden. Mit Hilfe der folgenden Befragung
von Lehre- [25] rinnen und Lehrern an Förderschulen sollten Erkenntnisse darüber
gewonnen werden, welchen Stellenwert der Computer und das Internet im Förder-
schulbereich derzeit haben. Außerdem sollte herausgefunden werden, ob gerade die
typischen Web 2.0-Anwendungen, die dem aktuellen Stand der Medienpädagogik
entsprechen, auch in der Unterrichtspraxis an Förderschulen eine Rolle spielen.
Befragungsinstrument
Die Erhebung baut auf Vorarbeiten von Bertow (2008) auf, der im Rahmen seiner
quantitativen Studie zur Bedeutung Neuer Medien an Grundschulen bereits einen
Schüler- sowie einen Lehrerfragebogen entwickelte. Die vorliegende Studie wendet
sich dagegen ausschließlich an Lehrerinnen und Lehrer im Förderschulbereich. Durch
den Einsatz einer Online-Umfrage wurden Schulleitungen an Förderschulen aus ganz
Deutschland erreicht. Die unterschiedlichen Förderschulen und deren Adressen
wurden mit Hilfe der bundesweiten Schuldatenbank www.schulweb.de ausfindig
gemacht. Insgesamt nahmen an der Befragung 654 Förderschullehrerinnen und
-lehrer aus unterschiedlichen Fachrichtungen teil. Um die Teilnahme an der Befragung
ausschließlich der angestrebten Zielgruppe zu ermöglichen und somit eine Verfäl-
schung der Ergebnisse zu vermeiden, wurde die Online-Umfrage durch ein Passwort
geschützt. Die Umfrage wurde Anfang März 2010 im Internet freigeschaltet und Ende
April 2010 ausgewertet. Die Lehrerbefragung beinhaltet neben standardisierten Items
auch offene Fragenkomplexe. Zunächst wurden im Fragebogen die demografischen
Angaben (Geschlecht, Alter, Herkunft) erfasst und anschließend wurde auf das Nut-
zungsverhalten der Lehrpersonen im schulischen Kontext eingegangen.
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Insgesamt nahmen mehr weibliche (69 %) als männliche Lehrkräfte (31 %) an der
Befragung teil. Wenn man das Alter der Teilnehmerinnen und Teilnehmer berück-
sichtigt, so stellt die Gruppe der 30- bis 40-Jährigen mit 34 % den größten Anteil der
Befragten dar, gefolgt von den Altersgruppen der 50 bis 60-Jährigen (24 %) und der
40- bis 50-Jährigen (23 %). Die Altersgruppe der 20- bis 30-Jährigen wird immer-
hin noch von 14 Prozent der Gesamtstichprobe vertreten, der Anteil der ‹älter als
60-Jährigen› ist mit vier Prozent deutlich geringer.
Die meisten Lehrpersonen, die an der Befragung teilnahmen, unterrichten an Schulen
für Lernbehinderte (35 %). Einen ebenfalls großen Anteil nimmt die Schule mit dem
Förderschwerpunkt «Geistige Entwicklung» ein (28 %). Insgesamt [26] acht Prozent der
Lehrpersonen unterrichten an einer Schule für Erziehungshilfe, gefolgt von den Schulen
für Sprachbehinderte (6 %) und den Schulen für Hörgeschädigte und Körperbehinderte
(jeweils 4 %). Einen sehr kleinen Anteil stellen die Schulen für Sehbehinderte (2 %) und
Blinde (1 %) dar. Immerhin zwölf Prozent aller Befragten gaben eine andere Förderein-
richtung an als die in der Fragestellung bereits vorgegebenen Schulformen. Besonders
häufig wurden hier die Schule für Kranke, sowie spezielle Einrichtungen für Blinde und
Sehbehinderte und für Praktisch Bildbare und Körperbehinderte genannt.
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Ergebnisse
Die befragten Förderschullehrerinnen und Förderschullehrer setzen den PC im Unter-
richt im Durchschnitt regelmäßig ein. Nahezu ein Viertel aller Befragten gab an, den
Computer täglich (14 %) oder sogar mehrmals täglich (11 %) im Unterricht zu nutzen.
Die absolute Mehrheit der Teilnehmerinnen und Teilnehmer nutzt den Computer
mehrmals wöchentlich (35 %) oder zumindest einmal wöchentlich (22 %) im Unter-
richt. Lediglich 17 Prozent der Befragten nutzen den Computer seltener als einmal
wöchentlich und ein Prozent nutzt den Computer überhaupt nicht im Unterricht.
Somit gab durchschnittlich nur jede fünfte Lehrperson an, den PC seltener als einmal
pro Woche im Unterricht zu nutzen. In den Kernfächern Deutsch (30 %), Mathematik
(23 %) und Sachunterricht (20 %) wird der Computer am häufigsten genutzt. In den
Fächern Kunst (5 %), Musik (4 %), Religion (2 %) und Sport (1 %) wird der Computer
dagegen weniger bzw. kaum eingesetzt. Immerhin 264 Antworten (16 %) bezogen sich
in der Befragung auf zusätzliche Fächer: Die Fächer Englisch, Informatik und Arbeits-
lehre wurden hierbei besonders häufig genannt. Zudem wird der Computer in der
Freiarbeit eingesetzt.
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Es fällt auf, dass der Computer für den Einsatz von Lernsoftware (24 %) bzw. Lernspie-
len (18 %) besonders häufig genutzt wird. Außerdem gaben die Teilnehmerinnen und
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Im Unterricht wird das Internet vorrangig zur Informationsrecherche genutzt (54 %).
Immerhin 18 Prozent der Befragten gaben an, das Internet für die Arbeit auf Lern-
plattformen zu nutzen. Der Umgang mit E-Mails folgt auf dem dritten Platz (10 %).
Soziale Netzwerke (4 %), Chats (3 %) und Podcasts (1 %) scheinen im Unterricht [28]
eine untergeordnete Rolle zu spielen. Abgesehen davon wird das Internet zur Home-
pagepflege mit Schülerinnen und Schülern sowie zur Leseförderung genutzt. Zudem
nutzen die Lehrpersonen das Internet für das Abspielen von Musik und Videos, aber
auch zum Aufrufen bestimmter Online-Spiele mit Lerncharakter. Die typischen Web
2.0-Dienste wie zum Beispiel soziale Netz-werke und Podcasts werden kaum ins
Unterrichtsgeschehen integriert. Die Anwendung von (Internet-) Blogs im Unterricht
wurde von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern an der Befragung überhaupt nicht
genannt.
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Schulform
An Schulen für Sprachbehinderte, Hörgeschädigte und Körperbehinderte wird der
Computer durchschnittlich besonders häufig eingesetzt. An diesen Schulformen wird
der PC vermehrt zur Kommunikation und als prothetisches Hilfsmittel eingesetzt, an
Schulen für Lernbehinderte fast ausschließlich als Unterrichtsmedium. Schulen für
Lernbehinderte und Schulen mit dem Förderschwerpunkt «Geistige Entwicklung» sind
in der Befragung besonders häufig vertreten. Hier sind auch deutliche Unterschiede
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im Bezug auf die Nutzungshäufigkeit und Verwendung des Computers und des Inter-
nets im Unterricht zu erkennen: Die Ergebnisse der Befragung weisen darauf hin, dass
Lernspiele an Schulen mit dem Förderschwerpunkt «Geistige Entwicklung» durch-
schnittlich besonders häufig eingesetzt werden. Dies könnte damit zusammenhängen,
dass der Unterricht mit Kindern und Jugendlichen mit geistiger Behinderung häufiger
spie- [29] lerische Elemente enthält als an anderen Schulformen.
Das Internet wird im Unterricht an Schulen mit dem Förderschwerpunkt «Geistige
Entwicklung» im Vergleich zu den anderen Schulformen deutlich seltener eingesetzt.
Dies könnte einerseits daran liegen, dass das Internet ein unstrukturiertes und text-
basiertes Medium ist, und somit eine gewisse Lesekompetenz bei den Nutzerinnen
und Nutzern voraussetzt. Ein hohes Maß an Orientierungsfähigkeit ist zudem wichtig,
um sich mit der komplexen Struktur des Internets zurechtzufinden. Bei der Vielzahl
und Unübersichtlichkeit vieler Internetseiten ist es speziell für Menschen mit geistiger
Behinderung schwierig, zwischen relevanten Informationen und unwichtigen Informa-
tionen wie zum Beispiel Werbebannern zu unterscheiden. Zwar gibt es mittlerweile
einige Internetseiten, die speziell für die Bedürfnisse von Menschen mit geistiger und/
oder körperlicher Behinderung entwickelt worden sind, das Internet bleibt jedoch
ein Medium, das für Menschen mit geistiger Behinderung nur eingeschränkt nutzbar
ist. Laut den Ergebnissen der Lehrerbefragung werden an Schulen für Lernbehinderte
Internetanwendungen vergleichsweise häufig im Unterricht verwendet. Von besonde-
rer Relevanz für den Unterricht an Schulen für Lernhilfe ist die Nutzung des Internets
zur Informationsrecherche. Außerdem spielt das Lesen und Versenden von E-Mails im
Unterricht an Schulen für Lernhilfe eine wichtige Rolle.
Es bleibt festzuhalten, dass die befragten Lehrerinnen und Lehrer an Schulen für Lern-
behinderte den Computer und das Internet in erster Linie als Unterrichtsmedium ein-
setzen. Die Nutzung des Computers zur Textverarbeitung, zur Internetrecherche und
zur Kommunikation via E-Mail sollte es den Lernenden ermöglichen, sich Kompeten-
zen anzueignen, die für ihr berufliches Leben und für die Bewältigung ihres Alltages
relevant sind. Das Internet wird dagegen auch im Unterricht an Schulen für Lernhilfe
kaum zur zeitgemäßen Kommunikation über Chats und Soziale Netzwerke genutzt,
obwohl diese Anwendungen für die gesellschaftliche Teilhabe der Jugendlichen immer
bedeutender werden.
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Dies könnte ein Argument vieler Lehrpersonen sein, vermehrt auf Lernsoftware und
Lernspiele zurückzugreifen. Internetanwendungen nehmen in der Unterrichtspraxis
dennoch einen hohen Stellenwert ein: Insgesamt 21 Prozent der Teilnehmerinnen und
Teilnehmer an der Befragung nutzen den Computer im Unterricht vorrangig für die
Arbeit mit dem Internet. Abgesehen davon wird der Computer im Unterricht häufig
zur Textverarbeitung genutzt. Die Möglichkeit, den Computer für die Förderdiagnostik
(5 %), für der Umgang mit Hardware (3 %) und als prothetisches Hilfsmittel zu nutzen
(2 %), spielt im Vergleich zu den anderen Verwendungsformen eine eher untergeord-
nete Rolle.
Literatur
Bertow, Andreas (2008). Schüler, Lehrer und Neue Medien in der Grundschule.
Mediennutzung im Kontext von Entwicklungstendenzen sowie technischen Voraus
setzungen. Hamburg: Dr. Kovač Verlag.
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