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Schachweltmeisterschaft 1986/Partien

Die Liste der Partien der Schachweltmeisterschaft 1986 führt sämtliche Partien auf,
die beim Wettkampf um den Weltmeistertitel im Schach zwischen dem seit 1985
amtierenden Weltmeister Garri Kasparow und dem Herausforderer Anatoli Karpow (beide
Sowjetunion) gespielt wurden. Der Schiedsrichter des vom 28. Juli bis 8. Oktober
1986 ausgetragenen Zweikampfes war Lothar Schmid.

Die Weltmeisterschaft ging über 24 Partien, deren 1. bis 12. im Ballsaal des
Londoner Park-Lane Hotels ausgetragen wurden; die Partien 13 bis 24 fanden im
Konzertsaal des Hotels Leningrad in Leningrad statt. Die Bedingung für einen Gewinn
des Wettkampfes war das Erreichen von mindestens 12,5 Punkten; im Falle eines
unentschiedenen Wettkampfes durfte Kasparow laut Reglement seinen Titel behalten.
Kasparow gewann 12,5:11,5 und blieb Weltmeister. Als Bedenkzeit waren zweieinhalb
Stunden für 40 Züge angesetzt; wenn diese gespielt waren, konnte die Partie nach
Belieben fortgesetzt werden, oder aber jeder Spieler konnte, wenn er am Zug war, in
die Hängepartie übergehen, wonach die Partie am nächsten Tag fortgesetzt wurde.

Wiedergabe und Kommentierung der Partien erfolgen in algebraischer Notation, wobei


die tatsächlich geschehenen Züge in Fettdruck und Varianten in Normalschrift
dargestellt werden. In der Tabelle wird die normale Punktewertung angewendet, also
ein Punkt für einen Sieg und ein halber Punkt für ein Remis.

Partietabelle
In den Eröffnungen wurden einige Neuerungen gespielt, jedoch keine so spektakulären
Neuerungen wie Kasparows Wiedererweckung des Dely-Gambits[1] als Kasparow-Gambit im
Jahr zuvor. Kasparow überraschte durch die Verwendung der Grünfeldindischen
Verteidigung, welche er zuvor so gut wie nie gespielt hatte. Die weiße Partei
dominierte den Wettkampf mit 8:1 Siegen recht deutlich, auch der einzige schwarze
Sieg war vom Partieverlauf her ein vergebener Sieg von Weiß.

Partie Datum (1986) Weiß Schwarz Ergebnis Eröffnung ECO-


Schlüssel Züge Kasparow Karpow
1 28. Juli Karpow Kasparow ½ : ½ Grünfeld-Indische Verteidigung
D92 21 ½ ½
2 30. Juli Kasparow Karpow ½ : ½ Nimzowitsch-Indische Verteidigung
E21 52 1 1
3 1. August Karpow Kasparow ½ : ½ Grünfeld-Indische Verteidigung
D79 35 1½ 1½
4 4. August Kasparow Karpow 1 : 0 Nimzowitsch-Indische Verteidigung
E21 40 2½ 1½
5 6. August Karpow Kasparow 1 : 0 Grünfeld-Indische Verteidigung
D82 32 2½ 2½
6 11. August Kasparow Karpow ½ : ½ Russische Verteidigung C42 41
3 3
7 13. August Karpow Kasparow ½ : ½ Damengambit, Abtauschvariante D35
41 3½ 3½
8 15. August Kasparow Karpow 1 : 0 Damengambit, Abtauschvariante D35
31 4½ 3½
9 20. August Karpow Kasparow ½ : ½ Grünfeld-Indische Verteidigung
D82 20 5 4
10 22. August Kasparow Karpow ½ : ½ Abgelehntes Damengambit D55 43
5½ 4½
11 25. August Karpow Kasparow ½ : ½ Grünfeld-Indische Verteidigung
D82 41 6 5
12 27. August Kasparow Karpow ½ : ½ Abgelehntes Damengambit D55 34
6½ 5½
13 5. September Karpow Kasparow ½ : ½ Grünfeld-Indische
Verteidigung D79 40 7 6
14 8. September Kasparow Karpow 1 : 0 Saizew-Variante C92 41
8 6
15 12. September Karpow Kasparow ½ : ½ Grünfeld-Indische
Verteidigung D98 29 8½ 6½
16 15. September Kasparow Karpow 1 : 0 Saizew-Variante C92 41
9½ 6½
17 17. September Karpow Kasparow 1 : 0 Grünfeld-Indische
Verteidigung D98 31 9½ 7½
18 19. September Kasparow Karpow 0 : 1 Nimzowitsch-Indische
Verteidigung E21 58 9½ 8½
19 24. September Karpow Kasparow 1 : 0 Grünfeld-Indische
Verteidigung D97 40 9½ 9½
20 29. September Kasparow Karpow ½ : ½ Katalanische Eröffnung E06
21 10 10
21 1. Oktober Karpow Kasparow ½ : ½ Damenindische Verteidigung E15
45 10½ 10½
22 3. Oktober Kasparow Karpow 1 : 0 Abgelehntes Damengambit D55 46
11½ 10½
23 6. Oktober Karpow Kasparow ½ : ½ Englische Symmetrievariante A30
32 12 11
24 8. Oktober Kasparow Karpow ½ : ½ Damenindische Verteidigung E16
41 12½ 11½
1. Partie
Die erste Partie wurde am 28. Juli ab 17 Uhr ausgetragen. Etwa um 14:30 Uhr waren
die Sitzplätze ausverkauft. Kasparow ließ in der Zwischenzeit seinen Stuhl
auswechseln und nach der Partie zwei Zentimeter absägen – sehr wahrscheinlich ein
„Geschenk“ an die Reporter, die über Parallelen zur „Stuhlaffäre“ bei der
Weltmeisterschaft 1972 spekulieren konnten. Der britische Unterrichtsminister
George Walden führte stellvertretend für Karpow den ersten Zug aus, der am Vortag
für die erste Partie Weiß zugelost bekommen hatte.

Überraschenderweise antwortete Kasparow gegen Karpows Doppelschritt des Damenbauern


mit der Grünfeld-Indischen Verteidigung, die bis dahin in seiner Karriere selten zu
sehen war.[2] Im 6. Zug lenkte er mit dem Damenausfall auf a5 in eine als riskant
bekannte Variante ein. Karpow fürchtete offenbar eine Verbesserung von Kasparows
Analyseteam und wich allen zweischneidigen Fortsetzungen aus: Nach frühem
Damentausch mündete die Partie bei symmetrischer Bauernverteilung (beiderseits c-
und d-Bauer entfernt) dann auch schnell ins Remis.

Anatoli Karpow – Garri Kasparow


London, 28. Juli 1986
Grünfeld-Indische Verteidigung, D92
1. d4 Sf6 2. c4 g6 3. Sc3 d5 4. Sf3 Lg7 5. Lf4 c5 6. dxc5 Da5?! 7. Tc1 dxc4 8. e3
Dxc5 9. Da4+ Sc6 10. Lxc4 0–0 11. 0–0 Ld7 12. Db5 Dxb5 13. Lxb5 Tac8 14. Tfd1 Tfd8
15. h3 h6 16. Kf1 a6 17. Le2 Le6 18. Txd8+ Txd8 19. Se5 Sxe5 20. Lxe5 Td2 21. b3
und remis. ½ : ½ (Stand: Kasparow ½ : ½ Karpow)
2. Partie
Kasparow – Karpow
2. Partie
a b c d e f g h
8 8
7 7
6 6
5 5
4 4
3 3
2 2
1 1
a b c d e f g h
Nach 38. Ke3–e2! Tf8–f3? hätte der Kampf bereits mit 39. Tc6–c7! beendet werden
können.
Für die 2. Partie zwei Tage später, in der Kasparow Weiß hatte, erwarteten die
Zuschauer einen energischen weißen Angriff. Karpow wandte die Nimzowitsch-Indische
Verteidigung an und brachte eine Neuerung im 6. Zug. Doch wie in der ersten Partie
lenkten beide wiederum in einen schnellen Damentausch ein.

Kasparow hatte zwar die etwas bessere Figurenstellung, doch derartige strategische
Endspiele waren immer Karpows Spezialität gewesen. In vielen Partien hatte er seine
Gegner durch filigrane Züge in harmlosen Stellungen überspielt, inklusive Kasparow
selbst, und schlechtere Positionen zumindest Remis gehalten. Doch
überraschenderweise spielte Kasparow wie Karpow in seiner besten Zeit und stellte
ihn mit geringen Mitteln vor positionelle Probleme. Nach beidseitigen
Ungenauigkeiten vor der Zeitkontrolle im 40. Zug wurde die Partie in Remisstellung
vertagt.

Garri Kasparow – Anatoli Karpow


London, 30.–31. Juli 1986
Nimzowitsch-Indische Verteidigung, Drei-Springer-System, E21
1. d4 Sf6 2. c4 e6 3. Sc3 Lb4 4. Sf3 c5 5. g3 Sc6 6. Lg2 d5 7. cxd5 Sxd5 8. Ld2
cxd4 9. Sxd4 Sxd4 10. Sxd5 Lxd2+ 11. Dxd2 Sc6 12. Sf4 Dxd2+ 13. Kxd2 Ld7 14. Thc1
Ke7 15. Sd3 Thc8 16. Sc5 Tab8 17. Tc3 Sd8 18. Tac1 Lc6 19. Sd3 Ld7 20. Se5 Txc3 21.
Txc3 Le8 22. b4 a6 23. Le4 h6 24. a3 f6 25. Sd3 Lc6 26. Lxc6 Sxc6 27. Sc5 Se5 28.
f4 Sd7 29. Sb3 Kd6 30. e4 g5 31. Ke3 e5 32. fxg5 fxg5 33. Sa5 g4 34. Tc2 h5 35. Tc1
b6 36. Tc6+ Ke7 37. Sc4 Tf8 38. Ke2! Tf3? (siehe Diagramm) Dieser Zug verliert
wegen 39. Tc6–c7!. Es droht 40. Tc7xd7+ Ke7xd7 41. Sc4xe5+ nebst Se5xf3 und
gewonnenem Endspiel oder der Bauer e5 fällt ersatzlos. Stattdessen folgte jedoch
39. Se3? Sf6 40. Txb6 Sxe4 41. Txa6 Tf2+ 42. Kd3 Sd6 43. Ta7+ Ke6 44. Th7 e4+ 45.
Kc3 Sb5+ 46. Kc4 Sxa3+ 47. Kd4 Txh2 48. Th6+ Kd7 49. Sd5 h4 50. Txh4 Txh4 51. gxh4
g3 52. Sf4 Sc2+ mit Remis. ½ : ½ (Stand: Kasparow 1 : 1 Karpow)
3. Partie
In der dritten Partie schwenkten beide in eine Variante des Gründfeld-Indisch mit
annähernd symmetrischer Stellungsstruktur. In der folgenden Lavierstellung, in der
die Königsspringer mehrmals Züge wiederholten, erzielte Karpow leichten Vorteil,
doch er versuchte nicht, sich mit einem ähnlichen Druckspiel wie Kasparow in der
vorherigen Partie zu revanchieren. Offenbar fand er bei allen denkbaren
Offensivplänen störende schwarze Konter. Ohne Spannungsmomente wurde im 35. Zug
Remis gegeben.

Anatoli Karpow – Garri Kasparow


London, 1. August 1986
Grünfeld-Indische Verteidigung, D79
1. d4 Sf6 2. c4 g6 3. Sf3 Lg7 4. g3 c6 5. Lg2 d5 6. cxd5 cxd5 7. Sc3 0–0 8. Se5 e6
9. 0–0 Sfd7 10. Sf3 Sc6 11. Lf4 Sf6 12. Se5 Ld7 13. Dd2 Sxe5 14. Lxe5 Lc6 15. Tfd1
Sd7 16. Lxg7 Kxg7 17. Tac1 Sf6 18. Df4 Db8 19. Dxb8 Taxb8 20. f3 Tfd8 21. Kf2 Tbc8
22. e3 Se8 23. Td2 Sd6 24. Tdc2 Kf8 25. Lf1 Ke7 26. Ld3 f5 27. h4 h6 28. b3 g5 29.
Se2 Ld7 30. Tc5 b6 31. Tc7 Txc7 32. Txc7 Ta8 33. Sg1 Se8 34. Tc1 Tc8 35. Txc8 und
Remis. ½ : ½ (Stand: Kasparow 1½ : 1½ Karpow)
4. Partie
In der 4. Partie versuchte Karpow wiederum eine Neuerung in Nimzowitsch-Indisch: Er
spiele im 10. Zug seinen Damenspringer nach a5. Dies sollte sich jedoch strategisch
als falsch erweisen, da Karpow im Anschluss den Fehler machte, seinen zweiten
Springer auf e7 zu verstecken, anstatt jenen auf a5 zu unterstützen. Prompt
richtete Kasparow sein Spiel gegen ebendiesen aus und brachte ihn mit einem
Dreiecksmanöver mit der Dame, wie man es sonst von Königen zur Ausnutzung von
Zugzwangstellungen in Endspielen kennt, unter Kontrolle. Den Damentausch (bei
wiederum symmetrischen Bauern) sah nun niemand mehr als Remiszeichen: Zu groß war
der Vorteil von Kasparows Figurenstellung, Weiß gewann den a-Bauern bei anhaltendem
Stellungsvorteil.
Garri Kasparow – Anatoli Karpow
London, 4. August 1986
Nimzowitsch-Indische Verteidigung, Drei-Springer-System, E21
1. d4 Sf6 2. c4 e6 3. Sc3 Lb4 4. Sf3 c5 5. g3 cxd4 6. Sxd4 0–0 7. Lg2 d5 8. Db3
Lxc3+ 9. bxc3 Sc6 10. cxd5 Sa5 11. Dc2 Sxd5 12. Dd3 Ld7 13. c4 Se7? Besser ist 13.
… Sb6 mit doppeltem Angriff gegen c4. 14. 0–0 Tc8 15. Sb3 Sxc4 16. Lxb7 Tc7 17. La6
Se5 18. De3 Sc4 19. De4! Sd6 20. Dd3! Tc6 21. La3 Lc8 22. Lxc8 Sdxc8 23. Tfd1 Dxd3
24. Txd3 Te8 25. Tad1 f6 26. Sd4 Tb6 27. Lc5 Ta6 28. Sb5 Tc6 29. Lxe7 Sxe7 30. Td7
Sg6 31. Txa7 Sf8 32. a4 Tb8 33. e3 h5 34. Kg2 e5 35. Td3 Kh7 36. Tc3 Tbc8 37. Txc6
Txc6 38. Sc7 Se6 39. Sd5 Kh6 40. a5 e4 Karpow gab während des Abbruchs die
hoffnungslose Partie auf. 1 : 0 (Stand: Kasparow 2½ : 1½ Karpow)
5. Partie
Karpow – Kasparow
5. Partie
a b c d e f g h
8 8
7 7
6 6
5 5
4 4
3 3
2 2
1 1
a b c d e f g h
Vor 18. … c6–c5?
Die meisten Beobachter rechneten nach seiner Niederlage in der 4. Partie mit einer
Auszeit Karpows, doch er trat pünktlich zur 5. Partie an. Die beiden Kontrahenten
spielten dieselbe Variante von Grünfeld-Indisch wie in der ersten Partie, doch
Kasparow wich im siebten Zug ab und lenkte gemäß seiner Eröffnungsvorbereitung in
einen als zweifelhaft geltenden Damentausch ein. Trotz einer späteren Neuerung
Kasparows spielte Karpow zügig – offenbar war er mit der Stellung gut vertraut. Im
18. Zug entstand die kritische Stellung der Partie. Beide schwarzen Läufer sind von
dauerhafter Einsperrung durch die Bauernstruktur bedroht. Kasparow und sein
Analyseteam meinten, dass mit 18. … c6–c5 beide Probleme zu lösen seien. Nach 19.
h2–h4 h7–h6 erwartete er 20. Sg1–f3 Ld7–c6 mit der Drohung, nach Tausch auf f3 g6–
g5 zu spielen und den Königsläufer zu befreien. Doch mit seinem 20. Zug widerlegte
Karpow die gegnerischen Pläne und stand auf Gewinn.

Anatoli Karpow – Garri Kasparow


London, 6. August 1986
Grünfeld-Indische Verteidigung, D82
1. d4 Sf6 2. c4 g6 3. Sc3 d5 4. Lf4 Lg7 5. e3 c5 6. dxc5 Da5 7. Tc1 Se4 8. cxd5
Sxc3 9. Dd2 Dxa2 10. bxc3 Dxd2+ 11. Kxd2 Sd7 12. Lb5 0–0 13. Lxd7 Lxd7 14. e4 f5
15. e5 e6 16. c4 Tfc8 17. c6 bxc6 18. d6 (siehe Diagramm) 18. … c5? Kasparow hätte
hier 18. … g6–g5 versuchen müssen. 19. h4 h6 20. Sh3! Nun kann sich Schwarz nicht
mehr befreien und steht auf Verlust. Weiß kann nach Verstärkung seiner Blockade mit
Th1–e1 und f2–f3 den Springer auf d3 überführen und dann mit Lf4–e3 den Bauern c5
aufs Korn nehmen. Spielt Schwarz seinen a-Bauern auf a4 und deckt c5 mittels Ta5,
so dringen die weißen Türme bald entscheidend über die b-Linie ein; läuft der Bauer
bis a2 vor, so ist er selbst auf Dauer nicht zu halten. 20. … a5 21. f3 a4 22. The1
a3 23. Sf2 a2 24. Sd3 Ta3 25. Ta1 g5 26. hxg5 hxg5 27. Lxg5 Kf7 28. Lf4 Tb8 29.
Tec1 Lc6 30. Tc3 Ta5 31. Tc2 Tba8 32. Sc1 Kasparow gab auf. 1 : 0 (Stand: Kasparow
2½ : 2½ Karpow)
6. Partie
Kasparow eröffnete die sechste Partie erstmals im Wettkampf mit 1. e2–e4, was
üblicherweise zu einem offeneren, aktiveren Kampf als 1. d2–d4 führt und in diesem
Fall auch einen Überraschungseffekt bedeuten konnte. Karpow wählte die für ihn gut
bewährte Russische Verteidigung. Kasparow brachte ein Bauernopfer, das er selbst in
einer früheren Analyse als gut für Schwarz beschrieben hatte, doch wartete er mit
einer Verstärkung auf. Aber Karpow reagierte gut und erwiderte dem weißen
Angriffsaufmarsch die richtigen Konter. Er erzwang ein für ihn leicht vorteilhaftes
Endspiel, das im 42. Zug nach Abbruch remis gegeben wurde.

Garri Kasparow – Anatoli Karpow


London, 11. August 1986
Russische Verteidigung, Klassisches System, C42
1. e4 e5 2. Sf3 Sf6 3. Sxe5 d6 4. Sf3 Sxe4 5. d4 d5 6. Ld3 Sc6 7. 0–0 Lg4 8. c4 Sf6
9. Sc3 Lxf3 10. Dxf3 Sxd4 11. De3+ Se6 12. cxd5 Sxd5 13. Sxd5 Dxd5 14. Le4 Db5 15.
a4 Da6 16. Td1 Le7 17. b4 0–0 18. Dh3 g6 19. Lb2 Dc4 20. Td7 Tae8 21. Ld5 Dxb4 22.
Lc3 Sf4 23. Lxb4 Sxh3+ 24. gxh3 Lxb4 25. Txc7 b6 26. Txa7 Kg7 27. Td7 Td8 28. Txd8
Txd8 29. Td1 Td6 30. Td3 h5 31. Kf1 Td7 32. Kg2 Lc5 33. Kf1 h4 34. Lc4 Te7 35. Tf3
Ld6 36. Kg2 Tc7 37. Lb3 f5 38. Td3 Lc5 39. Tc3 Kf6 40. Tc4 g5 41. Tc2 Ke5 42. Lc4
Remis. ½ : ½ (Stand: Kasparow 3 : 3 Karpow)
7. Partie
Karpow – Kasparow
7. Partie
a b c d e f g h
8 8
7 7
6 6
5 5
4 4
3 3
2 2
1 1
a b c d e f g h
Kasparows unerwarteter Gegenschlag 35. … Tc8–c5! durchkreuzte Karpows Pläne.
In der 7. Partie wechselte Kasparow wegen der Niederlage in der 5. Partie vorerst
die Eröffnung. Das von beiden Spielern originell behandelte Damengambit führte zu
verwickelten Stellungen, die beide Spieler viel Zeit kosteten. Nach dem 25. Zug von
Weiß entstand die kritische Stellung. Kasparow hatte hier nur noch 16 Minuten Zeit,
Karpow noch rund das Doppelte. Das mag ihn veranlasst haben, Verwicklungen
anzustreben, die nach beidseitiger Zeitnot ins Remis mündete.

Anatoli Karpow – Garri Kasparow


London, 13. August 1986
Damengambit, Abtauschvariante, D35
1. d4 d5 2. c4 e6 3. Sc3 Le7 4. cxd5 exd5 5. Lf4 c6 6. Dc2 g6 7. e3 Lf5 8. Dd2 Sd7
9. f3 Sb6 10. e4 Le6 11. e5 h5 12. Ld3 Dd7 13. b3 Lh4+ 14. g3 Le7 15. Kf2 Lf5 16.
Lf1 Kf8 17. Kg2 a5 18. a3 Dd8 19. Sh3 Lxh3+ 20. Kxh3 Kg7 21. Kg2 Sd7 22. Ld3 Sf8
23. Le3 Se6 24. Se2 Sh6 25. b4!? Db6 26. b5 c5 27. Sc3 cxd4 28. Lxh6+ Txh6 29. Sxd5
Dd8 30. Le4 h4 31. Thf1 hxg3 32. hxg3 Tc8 33. Th1 Txh1 34. Txh1 Lg5 35. f4 Tc5!
(siehe Diagramm) Bereitet ein starkes Qualitätsopfer vor. Schlechter wäre 35. …
Lg5–h6 oder Lg5–e7, wonach Weiß siegreichen Angriff erhält. 36. fxg5 Txd5 37. Lxd5
Dxd5+ 38. Kh2 Dxe5 39. Tf1 Dxb5 40. Df2 Sxg5? Nach 40. … Db5–d7! hätte Schwarz auf
Sieg spielen können. 41. Dxd4+ und Remis nach Abbruch. ½ : ½ (Stand: Kasparow 3½ :
3½ Karpow)
8. Partie
Kasparow – Karpow
8. Partie
a b c d e f g h
8 8
7 7
6 6
5 5
4 4
3 3
2 2
1 1
a b c d e f g h
Nach 29. Kg1–h1! Kg8–h8? war die Partie entschieden.
In der 8. Partie lenkten die Kontrahenten in eine seit langem bekannte Variante des
Damengambits ein, in der Schwarz mit dem frühen Vorstoß c7–c5 kurzzeitig einen
isolierten Bauern auf d5 erhält, und durch dessen Vorstoß ausgleichen kann.
Kasparow baute jedoch ohne ersichtlichen Fehler Karpows nach diesem Bauernvorstoß
einen starken Königsangriff auf, durch den Karpow in Zeitnot geriet und verlor.

Garri Kasparow – Anatoli Karpow


London, 15. August 1986
Damengambit, Abtauschvariante, D35
1. d4 d5 2. c4 e6 3. Sc3 Le7 4. cxd5 exd5 5. Lf4 Sf6 6. e3 0–0 7. Ld3 c5 8. Sf3 Sc6
9. 0–0 Lg4 10. dxc5 Lxc5 11. h3 Lxf3 12. Dxf3 d4 13. Se4 Le7 14. Tad1 Da5 15. Sg3
dxe3 16. fxe3 Dxa2 Das Qualitätsopfer im Folgenden ist die einzige Möglichkeit, den
weißen Angriff abzuwehren. 17. Sf5 De6 18. Lh6 Se8 19. Dh5 g6 20. Dg4 Kasparow
nimmt das Qualitätsopfer nicht an, sondern versucht die Zeitnot von Schwarz – nur
noch 14 Minuten für 19 Züge – auszunutzen und Verwicklungen anzustreben. Se5 21.
Dg3 Lf6 22. Lb5!? Weiß nimmt das Feld e8 unter Kontrolle und zwingt die schwarze
Dame zur Flucht auf den Damenflügel. Sg7 23. Lxg7 Lxg7 24. Td6 Db3 25. Sxg7 Dxb5
26. Sf5 Tad8 27. Tf6 Td2 28. Dg5 Dxb2 Gut sieht jetzt 29. Sf5–h6+ Kg8–g7 30. Tf6–f4
aus, wonach Weiß 31. Dg5–f6# droht. Doch im Moment geht das nicht, denn Schwarz
würde durch 31. … f7–f6! 32. Tf4xf6? Td2xg2+! Material gewinnen. Daher spielt
Kasparow einen prophylaktischen Königszug: 29. Kh1! (siehe Diagramm) Dieser Zug
nimmt Schwarz die Parade, mit Schach auf g2 einzuschlagen. Nun scheint die Drohung
real zu sein: 30. Sf5–h6+ Kg8–g7 31. Tf6–f4 f7–f6 32. Tf4xf6 Td2xg2 33. Sh6–f5+
Kg7–g8 34. Tf6xf8+ Kg8xf8 35. Dg5–e7+ nebst Matt. Aber tatsächlich konnte sich
Schwarz einfach mit 32. … Tf8xf6! 33. Dg5xf6+ Kg7xh6 wehren, und nach 34. Df6–f8+
Kh6–g5 (oder Kh6–h5) hat Weiß nur ein Dauerschach. Doch dies vermochte Karpow mit
nur noch Sekunden auf der Uhr nicht zu erfassen und fürchtete das Springerschach:
29. … Kh8? – eine interessante Symmetrie der Königszüge bei umgekehrter Bewertung.
Nun dringt der Angriff auf der langen Diagonale durch: 30. Sd4! Nach einem Abzug
des Se5 gewinnt nun leicht Tf6xf7. 30. … Txd4 31. Dxe5 und Schwarz überschritt die
Zeit. 1 : 0 (Stand: Kasparow 4½ : 3½ Karpow)
Hätte Karpow weiterspielen können, wäre bei beiderseits bestem Spiel 31. … Td4–d2
32. De5–e7 Td2–d8 33. Tf6xf7 Tf8xf7 34. Tf1xf7 Kh8–g8(!) die Folge gewesen. Dann
hat Weiß einen weiteren prophylaktischen Königszug zur Verfügung: 35. Kh1–h2! –
danach ist Schwarz gegen die Drohung e3–e4–e5 mit Abschirmung der schwarzen Dame
und Mattangriff wehrlos, während er nach 35. e4 ohne den vorherigen Königszug noch
Db2–c1+ nebst Dc1–h6 gehabt hätte.

9. Partie
Nach der sehr taktischen 8. Partie war der Besucherandrang bei dieser Partie
besonders groß. Doch die 9. Partie schloss zur Enttäuschung der Zuschauer eher an
die langweiligen Partien eins und drei an. Kasparow spielte wiederum sein
„repariertes“ Grünfeld-Indisch. Karpow brachte eine Neuerung: Mit 13. Sd4 befragte
er zwei gegnerische Figuren, Sc6 und Lf5. Hätte Schwarz mit 13. … Sc6xd4 14. e3xd4
getauscht, so hätte Karpow zwar wie in der Vorpartie einen Isolani im Zentrum
gehabt, diesmal aber unter günstigen, Vorteil versprechenden Bedingungen mit
Angriff auf der offenen e-Linie. Kasparow wählte aber den soliden Rückzug 13. …
Ld7, worauf die Partie schnell Remis endete.

Anatoli Karpow – Garri Kasparow


London, 20. August 1986
Grünfeld-Indische Verteidigung, D82
1. d4 Sf6 2. c4 g6 3. Sc3 d5 4. Lf4 Lg7 5. e3 c5 6. dxc5 Da5 7. Tc1 dxc4 8. Lxc4 0–
0 9. Sf3 Dxc5 10. Lb3 Sc6 11. 0–0 Da5 12. h3 Lf5 13. Sd4 Ld7 14. De2 Sxd4 15. exd4
e6 16. Ld2 Db6 17. Tfd1 Lc6 18. Le3 Da5 19. Ld2 Db6 20. Le3 Da5 Remis durch
Stellungswiederholung ½ : ½ (Stand: Kasparow 5 : 4 Karpow)
10. Partie
In der 10. Partie eröffnete Karpow wieder mit dem Damengambit, aber Kasparow lenkte
in eine andere Variante als in der 8. Partie ein, um einer möglichen Verbesserung
Karpows zuvorzukommen. Auch diese Partie verlief wenig aufsehenerregend. Das größte
Spannungsmoment kam im 13. Zug auf, als Karpow das Zentrum sprengte und die
Stellung öffnete, obwohl er klaren Entwicklungsrückstand hatte. Dies ist zwar
üblicherweise ein strategischer Fehler, wie auch in einem Schachbuch Karpows zu
lesen ist;[3] obwohl Kasparow infolgedessen sehr viel Druck auf Karpows Stellung
aufbauen konnte, schaffte es dieser, sich präzise zu verteidigen. Es entstand ein
Endspiel mit Läufer gegen Springer, das nach Abbruch Remis endete.

Garri Kasparow – Anatoli Karpow


London, 22. August 1986
Abgelehntes Damengambit, D55
1. d4 d5 2. c4 e6 3. Sc3 Le7 4. Sf3 Sf6 5. Lg5 h6 6. Lxf6 Lxf6 7. e3 0–0 8. Tc1 c6
9. Ld3 Sd7 10. 0–0 dxc4 11. Lxc4 e5 12. h3 exd4 13. exd4 c5?! Sicherer war es wohl,
… Sb6 Lb3 Te8 mit baldigem … Lf5 zu spielen. 14. Lb3 cxd4 15. Sd5 b6 16. Sxd4 Lxd4
17. Dxd4 Sc5 18. Lc4 Lb7 19. Tfd1 Tc8 20. Dg4 Lxd5 21. Txd5 De7 22. Tcd1 De4 23.
Dxe4 Sxe4 24. La6 Sf6 25. Lxc8 Sxd5 26. La6 Sf6 27. f4 Te8 28. Kf2 Kf8 29. Kf3 Te7
30. Td8+ Te8 31. Txe8+ Sxe8 32. Ke4 Ke7 33. Lc4 Sc7 34. Ke5 f6+ 35. Kf5 Se8 36. Ke4
Sc7 37. h4 Kd6 38. Kf5 Ke7 39. Kg6 Kf8 40. Kf5 Ke7 41. Ke4 Kd6 42. g4 Ke7 43. b4
Kd6 Remis ½ : ½ (Stand: Kasparow 5½ : 4½ Karpow)
11. Partie
Karpow – Kasparow
11. Partie
a b c d e f g h
8 8
7 7
6 6
5 5
4 4
3 3
2 2
1 1
a b c d e f g h
Statt 23. Sexg6+ wäre besser 23. Sh4xg6+! gefolgt.
Die 11. Partie war die spannendste und schachlich interessanteste Remispartie des
Wettkampfes. Beide spielten dieselbe Variante wie in der 9. Partie, wobei Karpow im
13. Zug abwich. Im 15. Zug – sein Läufer auf f4 stand angegriffen – opferte er
statt eines Rückzuges unerwartet die Qualität. Kasparow nahm es jedoch nicht an und
führte Verwicklungen herbei, in denen Karpow seine Gewinnmöglichkeiten nicht
nutzte.

Anatoli Karpow – Garri Kasparow


London, 25. August 1986
Grünfeld-Indische Verteidigung, D82
1. d4 Sf6 2. c4 g6 3. Sc3 d5 4. Lf4 Lg7 5. e3 c5 6. dxc5 Da5 7. Tc1 dxc4 8. Lxc4 0–
0 9. Sf3 Dxc5 10. Lb3 Sc6 11. 0–0 Da5 12. h3 Lf5 13. De2 Se4 14. Sd5 e5 15. Txc6!?
Die Pointe lag in der Springer-Rundwanderung 15. … b7xc6 16. Sd5–e7+ Kg8–h8 17.
Se7xc6 Da5–b6 18. Sc6xe5, wonach Weiß in ruhiger Stellung zwei Bauern für die
Qualität hat, aber keinen nennenswerten Vorteil. Kasparow wählte jedoch eine
Fortsetzung mit Verwicklungen: exf4 16. Tc7 Le6 17. De1 Db5 18. Se7+ Kh8 19. Lxe6
fxe6 20. Db1 Sg5 21. Sh4 Sxh3+ 22. Kh2 Dh5? (siehe Diagramm) Besser war 22. … fxe3,
da Weiß nun nichts besseres als 23. Sexg6+ hxg6 24 Sxg6+ Kg8 25. Se7+ Kh8 mit
Dauerschach hat. 23. Sexg6+ Das sieht selbstverständlich aus, da die Angriffslinie
des Turmes c7 freigelegt wird, und der Springer h4 als Sperrstein gegen ein
schwarzes Abzugsschach stehen bleibt. Doch ausschlaggebend wäre gewesen, dass der
Se7 den schwarzen König einklemmt und die offene h-Linie für Weiß zur Angriffslinie
wird: Mit 23. Sh4xg6+! h7xg6 24. Db1xg6 hätte Karpow entscheidenden Vorteil
erreicht, etwa nach 24. … Dh5–e5 25. Kh2xh3 Tf8–f6 26. Kh3–g4! mit einem
Wanderkönig und siegreichem Angriff auf der h-Linie. Stattdessen folgte 23. … hxg6
24. Dxg6 De5! 25. Tf7 Txf7 26. Dxf7 Sg5 27. Sg6+ Kh7 28. Sxe5 Sxf7 29. Sxf7 Kg6 30.
Sd6 fxe3 31. Sc4 exf2 32. Txf2 b5 33. Se3 a5 34. Kg3 a4 35. Tc2 Tf8 36. Kg4 Ld4 37.
Te2 Lxe3 38. Txe3 Tf2 39. b3 Txg2+ 40. Kf3 Txa2 41. bxa4 mit Remis. ½ : ½ (Stand:
Kasparow 6 : 5 Karpow)
12. Partie
Die 12. Partie, welche die Londoner Hälfte des Wettkampfes abschloss, fiel wieder
etwas unspektakulärer aus. Erstmals schien es so, als ob Kasparow mit Weiß nicht
mit ganzer Kraft auf Sieg spiele. Entsprechend ereignislos verlief die Partie.

Garri Kasparow – Anatoli Karpow


London, 27. August 1986
Abgelehntes Damengambit, D55
1. d4 d5 2. c4 e6 3. Sc3 Le7 4. Sf3 Sf6 5. Lg5 h6 6. Lxf6 Lxf6 7. e3 0–0 8. Tc1 c6
9. Ld3 Sd7 10. 0–0 dxc4 11. Lxc4 c5 12. De2 a6 13. Tfd1 cxd4 14. Sxd4 De7 15. Se4
Le5 16. Sf3 Lb8 17. Dd2 b5 18. Le2 Sf6 19. Sxf6+ Dxf6 20. Dd4 Lb7 21. Dxf6 gxf6 22.
b3 f5 23. g3 Lxf3 24. Lxf3 Ta7 25. Tc6 Kg7 26. Le2 Le5 27. h3 Lf6 28. Tdd6 Tfa8 29.
Kg2 Le7 30. Td2 b4 31. g4 fxg4 32. hxg4 a5 33. f4 Td8 34. Txd8 und remis ½ : ½
(Stand: Kasparow 6½ : 5½ Karpow)
13. Partie
Karpow – Kasparow
13. Partie
a b c d e f g h
8 8
7 7
6 6
5 5
4 4
3 3
2 2
1 1
a b c d e f g h
Stellung nach 33. Lg2xe4?!
In der 13. Partie wurde dieselbe Eröffnung wie in der 3. Partie gespielt. Diesmal
entstand eine ausgeglichene, aber verschachtelte Stellung mit vielen symmetrischen
Elementen, insbesondere je einem starken Springer im Zentrum. Wieder wurde die
Zeitnot zum entscheidenden Faktor, da beide Spieler nach 27 Zügen nur noch etwa 15
Minuten auf der Uhr hatten. Karpow gewann einen Bauern, doch Kasparow konnte durch
aktives Spiel das Gleichgewicht aufrechterhalten.

Anatoli Karpow – Garri Kasparow


Leningrad, 5. September 1986
Grünfeld-Indische Verteidigung, D79
1. d4 Sf6 2. c4 g6 3. Sf3 Lg7 4. g3 c6 5. Lg2 d5 6. cxd5 cxd5 7. Sc3 0–0 8. Se5 e6
9. 0–0 Sfd7 10. f4 f6 11. Sf3 Sc6 12. Le3 Sb6 13. Lf2 f5 14. Se5 Ld7 15. Dd2 Sc8
16. De3 Kh8 17. Tfd1 Sd6 18. b3 Tc8 19. Tac1 Le8 20. Le1 Lf6 21. Sa4 b6 22. Sb2 Se4
23. Sbd3 g5 24. Sxc6 Lxc6 25. Se5 gxf4 26. gxf4 Le8 27. Dh3 Tg8 28. Kf1 Txc1 29.
Txc1 h5 30. Lb4?! Karpow will den Läufer aktivieren, vernachlässigt aber die
schwarzen Felder in seinem Lager. 30. … a5! 31. La3? Lxe5! Dies geht nun, da Weiß
nicht mehr das für Schwarz gefährliche Le1–h4! spielen kann. 32. dxe5 Tg4! 33.
Lxe4? (siehe Diagramm) dxe4? Es war verlockend, die d-Linie für die Dame zu öffnen,
doch nach 33. … f5xe4! wäre das zentrale Bauernpaar zum unlösbaren Problem für Weiß
geworden. Nun hält Weiß durch aktives Spiel die Balance. 34. Ld6 Txf4+ 35. Ke1 Tg4
36. De3 Dg5 37. Dxg5 Txg5 38. Tc8 Tg8 39. e3 h4 40. h3 a4 und Remis wegen der
ungleichfarbigen Läufer und des aktiven weißen Turmes. ½ : ½ (Stand: Kasparow 7 : 6
Karpow)
14. Partie
Kasparow – Karpow
14. Partie
a b c d e f g h
8 8
7 7
6 6
5 5
4 4
3 3
2 2
1 1
a b c d e f g h
Mit 24. Lb2xe5 brach Kasparow etliche strategische Prinzipien.
In der 14. Partie bekamen die Zuschauer erstmals die Spanische Eröffnung zu sehen.
Die beiden Kontrahenten schwenkten in eine zu jener Zeit aktuelle Variante ein, in
der Schwarz dem Gegner die Vorherrschaft im Zentrum überlässt, um mit einer
Bauernwalze am Damenflügel anzugreifen. Um einem möglichen weißen Überfall am
Königsflügel vorzubeugen, tauschte Karpow einige Figuren ab und ließ dabei eine
Zerrüttung seiner Bauernstellung zu. Trotzdem bewerteten die Meister im Analyseraum
die Stellung nicht als schlecht für ihn. Erst im 22. Zug wurden die Pfade der
Hausanalyse verlassen, und beide Spieler mussten viel Zeit investieren. Kasparows
Abtausch im 24. Zug widersprach etlichen strategischen Prinzipien: Er tauschte
seinen Angriffsläufer, der obendrein a3 deckte, verbesserte die schwarze
Bauernstellung und gab Karpows Läufer auf f8 die Bahn frei. Allerdings war dies
wegen der unangenehmen schwarzen Drohung Se5–c4 mehr oder weniger erzwungen und die
Stellung im Anschluss trotzdem nicht schlecht. In den weiteren Verwicklungen hatte
Kasparow wiederum die besseren Chancen, und nachdem Karpow im weiteren Verlauf den
falschen Weg zur Deckung seines angegriffenen Bauern e5 wählte, lenkte Kasparow in
ein gewonnenes Endspiel ein. Entscheidend war sein gedeckter Freibauer auf d5,
während Karpows einzelner d-Bauer nicht mehr zu halten war.

Garri Kasparow – Anatoli Karpow


Leningrad, 8. September 1986
Spanische Partie, Geschlossene Verteidigung, Saizew-Variante, C92
1. e4 e5 2. Sf3 Sc6 3. Lb5 a6 4. La4 Sf6 5. 0–0 Le7 6. Te1 b5 7. Lb3 d6 8. c3 0–0
9. h3 Lb7 10. d4 Te8 11. Sbd2 Lf8 12. a4 h6 13. Lc2 exd4 14. cxd4 Sb4 15. Lb1 c5
16. d5 Sd7 17. Ta3 c4 18. axb5 axb5 19. Sd4 Txa3 20. bxa3 Sd3 21. Lxd3 cxd3 22. Lb2
Da5 23. Sf5 Se5 (siehe Diagramm) 24. Lxe5 dxe5 25. Sb3 Db6 26. Dxd3 Ta8 27. Tc1 g6
28. Se3 Lxa3 29. Ta1 Ta4 30. Sg4 Lf8?! 31. Tc1 Dd6?! Nach 2 ungenauen Zügen in
Folge ist es nun nur mehr eine Frage der Technik. 32. Sc5 Tc4 33. Txc4 bxc4 34.
Sxb7 cxd3 35. Sxd6 Lxd6 36. Kf1! Kg7 37. f3 f5 38. Sf2 d2 39. Ke2 Lb4 40. Sd3 Lc3
41. Sc5 Nach Abbruch gab Karpow die Partie auf. 1 : 0 (Stand: Kasparow 8 : 6
Karpow)
15. Partie
Überraschend nahm Kasparow nach seinem Sieg, der ihm zwei Punkte Vorsprung
bescherte, seine zweite Auszeit. In der folgenden 15. Partie vermochte Karpow die
schwarze Stellung nicht zu knacken. Kasparow brachte einen Springer in eine
zeitweilig sehr passive Position auf c8, von wo er nicht ohne weiteres wieder
abziehen konnte und obendrein die Verbindung der schwarzen Türme unterbrach –
beides schwerwiegende strategische Nachteile. Doch obwohl Karpow zwischenzeitlich
einen Bauern gewann, gelang es ihm weder, nachhaltigen Vorteil zu erzielen, noch,
den Bauern zu behalten.

Anatoli Karpow – Garri Kasparow


Leningrad, 12. September 1986
Grünfeld-Indische Verteidigung, Russisches System, Smyslow-Variante, D98
1. d4 Sf6 2. c4 g6 3. Sc3 d5 4. Sf3 Lg7 5. Db3 dxc4 6. Dxc4 0–0 7. e4 Lg4?! … a6 8.
Le3 Sfd7 9. Td1 Sc6 10. Le2 Sb6 11. Dc5 Dd6 12. e5 Dxc5 13. dxc5 Sc8 14. Sb5 Tb8
15. Sxc7 e6 16. Sb5 S8e7 17. Td2 b6 18. cxb6 axb6 19. Lg5 Sf5 20. b3 h6 21. Lf6
Lxf3 22. Lxf3 Sxe5 23. Lxe5 Lxe5 24. 0–0 Tfd8 25. Tfd1 Txd2 26. Txd2 Tc8 27. g3
Tc1+ 28. Kg2 Kf8 29. Le4 Ke7 und remis. ½ : ½ (Stand: Kasparow 8½ : 6½ Karpow)
16. Partie
Kasparow – Karpow
16. Partie
a b c d e f g h
8 8
7 7
6 6
5 5
4 4
3 3
2 2
1 1
a b c d e f g h
Nach 35. … De7–e5: Der Moment der Entscheidung.
In der 16. Partie, die laut Hans-Joachim Hecht die „phantastischste“ des
Wettkampfes war, wiederholten beide schnell dieselbe Variante wie in der 14.
Partie, sichtlich jeweils im Vertrauen darauf, die besseren Karten zu haben.
Kasparow wich im 18. Zug ab, Karpow wartete jedoch sofort mit einer Neuerung auf.
Durch ein Bauernopfer im 19. Zug stellte er Weiß vor Probleme, was sich auch in der
verbrauchten Bedenkzeit äußerte: Im 22. Zug hatte Kasparow bereits eine Stunde
Bedenkzeit verbraucht, aber fast zur Gänze für die letzten vier Züge, während
Karpow nur 14 Minuten benötigt hatte. Beide steuerten auf eine maximale
Verschärfung zu: Anstatt Karpows Druckspiel am Damenflügel Konter zu geben,
entschied sich Kasparow für einen Durchbruch im Zentrum, gefolgt von einem
kompromisslosen Gegenangriff am Königsflügel, welcher nach einem turbulenten
Partieverlauf schließlich zum Sieg führte.

Garri Kasparow – Anatoli Karpow


Leningrad, 15. September 1986
Spanische Partie, Geschlossene Verteidigung, Saizew-Variante, C92
1. e4 e5 2. Sf3 Sc6 3. Lb5 a6 4. La4 Sf6 5. 0–0 Le7 6. Te1 b5 7. Lb3 d6 8. c3 0–0
9. h3 Lb7 10. d4 Te8 11. Sbd2 Lf8 12. a4 h6 13. Lc2 exd4 14. cxd4 Sb4 15. Lb1 c5
16. d5 Sd7 17. Ta3 c4 18. Sd4 Df6 19.S2f3 Sc5 20. axb5 axb5 21. Sxb5 Txa3 22. Sxa3
La6 23. Te3 Tb8 24. e5 dxe5 25. Sxe5 Sbd3? Jetzt verschärft sich der Kampf: Die
Bauern b2 und f2 sind angegriffen. Kasparow hatte hier den vielseitigen Zug 26.
Dd1–c2! zur Verfügung, was b2 und f2 deckt, c4 angreift und eine starke Batterie
mit Dame und Läufer b1 aufbaut: Der Springer d3 kann nicht abziehen, weil sonst
Dc2–h7 matt erfolgt. Danach hätte Karpow um das Remis kämpfen müssen (daher wäre
25. … Sc5–d3 besser gewesen, wonach der Sb4 weiterhin c2 deckt). Stattdessen
spielte Kasparow 26. Sg4?!, was ebenfalls f2 deckt, die Dame angreift und h6 aufs
Korn nimmt. Konsequent folgte weiter 26. … Db6 27. Tg3 g6 28. Lxh6 Dxb2 29. Df3
Karpow hatte noch 49 Minuten auf der Uhr, Kasparow nur noch 18 – doch nun gab es
keine andere Wahl mehr, als auf Königsangriff zu spielen. 29. … Sd7 Nach 29. …
Db2xa3 30. Sg4–f6+ Kg8–h8 31. Df3–h5! erreicht Weiß Dauerschach (31. … g6xh5? 32.
Tg3–g8 matt), und Karpow spielt ja auf Gewinn. 30. Lxf8 Kxf8. Nun liegt der
Angriffszug Sg4–h6 in der Luft, aber im Moment würde dies durch Db2–c1+! nebst
Dc1xh6 widerlegt werden. Daher spielte Kasparow hier genau jenes präventive
Königmanöver, das in Partie 8 nicht mehr ausgeführt wurde: 31. Kh2! Karpow setzte
konsequent seinen Sturm am Damenflügel fort: 31. … Tb3, aber verbrauchte nach 32.
Lxd3 29 seiner 32 verbliebenen Minuten auf der Suche nach einem Gewinnweg –
vergeblich. Er entschloss sich zu 32. … cxd3?! – sicherer war, mit dem Turm zu
nehmen, wie noch zu sehen sein wird. Wie schon in der 14. Partie brachte der Bauer
auf d3 Karpow kein Glück. Im nun folgenden „Blitzschach“ entschied Kasparow die
Partie. 33. Df4! Ein vielseitiger Angriffszug, der unter anderem eine Flucht des
schwarzen Königs auf den Damenflügel verhindern sollte. Karpows letzte Chance auf
ein Remis war nun das Bauernopfer 33. … d2! mit Ablenkung der weißen Dame. Er
wähnte sich jedoch im Vorteil und zog 33. … Dxa3?? 34. Sh6 De7. Nach Kf8–e7 gewinnt
Weiß mit der Folge 35. Tg3–e3+ Ke7–d8 36. Sh6–f7+ Kd6–c8 37. Sf7–d6+, und auf Kc8–
c7(b8) gewinnt das Abzugsschach 38. Sd6–c4+ die Dame. 35. Txg6 De5 (siehe Diagramm)
Nun würde Kasparow nicht gewinnen, wenn er die gefesselte Dame tauschen müsste –
wenngleich er den Läufer a6 gewinnt, sichert der Bauer d3 das Remis. Kasparow
spielte jedoch 36. Tg8+ Ke7 37. d6+! Das hatte Karpow übersehen: Die Dame fällt
entweder durch eine Springergabel auf f7 oder f5, oder wie in der Partie. Hätte
Karpow im 32. Zug mit dem Turm geschlagen, wäre das Feld d6 durch diesen geschützt
gewesen. 37. … Ke6 38. Te8+ Kd5 39. Txe5+ Sxe5 40. d7 Tb8 41. Sxf7 und Karpow gab
auf. 1 : 0 (Stand: Kasparow 9½ : 6½ Karpow)
Das Publikum brach in Jubel aus wie selten zuvor in der Schachgeschichte.
Schiedsrichter Lothar Schmid versuchte die Ordnung wiederherzustellen, und Kasparow
verließ kurz die

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