Sie sind auf Seite 1von 14

Antje Kröbel-Seife rheldt

Rechtsanwältin

Feuerbachstr. 1 a
04105 Leipzig
Rechtsanwältin Antje KröbgLg*eiferheldt . Feuerbachstr. 1 a . 04105 Leipziq
Telefon: 03 411 91 04 69 69
Telefax: 03 41l 91 04 659
kanzlei@ra-aks.de
Herrn
Fawaz Alkhalaf Bürozeiten:
Mo:9-12l13-15 Uhr
Di: 9-121 13-1 6 Uhr
Mi:13-15 Uhr, Do:9-121 13-16 Uhr
Freitag: 9-12 Uhr
Per E-M ai I : fawazkal af@o m ai l.com Termine nach Vereinbarung

Bankverbindung:
Sparkasse Leipzlg
IBAN:
Leipzig, den 1 3.09.2023 DE98860555921 I 0041 97 95
Bei Rückfraqen immer anqeben: SWIFT.BIC: WELADESLXXX
A2.0884/23 KR/pe
Steuernummer:
231t274t04127
Finanzamt Leipzig

ln lhrer Angelegenheit wegen Asyl

Sehr geehrter Herr Alkhalaf,

in vorbezeichneter Angelegenheit übersende ich lhnen eine Kopie des Protokolls der mündlichen Ve-
rhandlung vor dem Verwaltungsgericht Leipzig vom 07.11.2023 sowie eine Kopie des Urteils ebenfalls vom
07.11.2023 mit der Bitte um Kenntnisnahme sowie um Rückmeldung.

Wie Sie dem Urteil entnehmen können, wurde die Klage aus den im Urteil genannten Gründen abgewiesen.
Sie haben die Möglichkeit, bis spätestens zum 18.12.20239e9en diese Entscheidung Antrag auf Zulassung
derBerufungzu stellen. lch bitte Sie um Mitteilung bis spätestens zum 12.12.2023, ob Sie die Einreichung
des Antrages auf Zulassung der Berufung durch mich wünschen. lch weise Sie gleichzeitig darauf hin, dass
die Einlegung des Rechtsmittels mit weiteren Kosten (ca. 650,00 EUR) verbunden ist, welche Sie zu tragen
hätten.

Sollten Sie also die Antragstellung durch mich wünschen, bitte ich um Einzahlung weiterer Kosten in Höhe
von mindestens 300,00 EUR ebenfal/s bis zum 12.12.2023.|n Erwartung lhrer Rückmeldung verbleibe ich

- mit freu Grü

Rechtsanwältin

Anlaqe:
Kopie Protokoll und.Urteil d. VG Leipzig v. 07.11.2023
ffi
VERWALTUNGSCERICHT

w 3Xöirsenr
LEIPZIG

I "' 7. Kammer
[,-
I'r,.,
VeMaltungsgericht Leipzig
Rathenaustraße 40 | 04179 Leipzig
t--
lrr
'l
7. iiu i
I

ii Durchwahl
I
Telefon +49 341 44601-296
I
i
Telefax +49 341 44601-100
Frau Rechtsanwältin I
lhr Zeichen
Antje Kröbel-Seiferheldt 0884123
Feuerbachstraße 1 a Aktenzeichen
04105 Leipzig (bitte bei Antwort angeben)
7 K 535/23.4

Leipzig,
17. November 2023

Ve rwa ltu ngsrechtssache


F awaz Al khalaf gegen Bu ndesrepu bl i k Deutsch land
wegen: AsylG

Sehr geehrte Frau Rechtsanwältin Kröbel-Seiferheldt,

anliegend werden lhnen Urteil und Protokoll übersandt

Mit freundlichen Grüßen

lm richterlichen Auftrag
Hausanschrift:
Verwaltungsgericht Leipzig
Rathenaustraße 40
Spindler 041 79 Leipzig

Telefon:
Ju stizsek retä r +49 341 44601-0
(Auskunfts- u. lnformationsstelle)

Telefax:
+49 341 44601-100

Außenstelle:
Dufourstraße 26
04107 Leipzig

Öfrnungszeiten:
Mo.-Fr.: 8.30 Uhr bis 1 '1.30 Uhr
It4o.-Do.: 13.00 Uhr bis 15.00 Uhr
Fr.: 13.00 Uhr bis 14.00 Uhr

Verkehrsverbind ung:
Hauptstelle - vom Hauptbahnhof
S-Bahn 1 oder Slraßenbahn 7.
Außenstelle - ab Hauptbahnhof
Straßenbahnlinie 10 oder 11.

Behinderlenparkplätze am Haus

Hinweise zum Datenschutz erhal-


ten Sie auf unserer lnternetseite.
Auf Wunsch senden wir lhnen
diese Hinweise auch zu.

Per E-Mail kein Zugang für elekt-


ronisch signiefte sowie für ver-
sch/üsse/f e e/ektro n i s ch e N ac h'
ichten; nähere lnformationen zur
en Komm u nika tion mit
el ektronisch
sächsischen Geichten und Justiz-
behörden u nter https: //ww, iu s-
ti z. sac hse n. d e/E -Kommu n i ka lion.
Seite 1 von 1
Az:7 K 535/23.A

VERWALTU NGSGERICHT LEIPZIG

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

I n der Venrua ltu ngsrechtssache

des Herrn Fawaz Alkhalaf


Breisgaustraße 45, 04209 Leipzig

- Kläger -

prozessbevollmächtigt:
Rechtsanwältin Antje Kröbel-Seiferheldt
Feuerbachstraße 1 a, 04105 Leipzig

gegen

die Bundesrepublik Deutschland


vertreten durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge
-Au ßenstelle Chemnitz-
Otto-Schmerbach-Straße 20, 091 17 Chemnitz

- Beklagte -

wegen

AsylG
2

hat die 7. Kammer des Venrualtungsgerichts Leipzig durch die Richterin am Veruvaltungsgericht
Brudnicki als Einzelrichterin aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 7. November 2023

für Recht erkannt:

1, Die Klage wird abgewiesen

2. Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft

Der Kläger ist syrischer Staatsangehöriger, arabischer Volks- und sunnitischer Religionszuge-
hörigkeit. Am27 . Juli2022 verließ er Syrien und reiste am 6. November 2022 auf dem Luftweg
in die Bundesrepublik Deutschland ein. Er stellte am 22. Dezember 2022 einen Asylantrag.
Der Ehefrau des Klägers, Wadaa Alali, ist mit Bescheid des Bundesamtes für Migration und
Flüchtlinge (Bundesamt) vom 6. April 2022 unanfechtbar der subsidiäre Schutzstatus zuer-
kannt worden.

ln der Anhörung vor dem Bundesamt am 30. Januar 2023 gab der Kläger an, dass er von
1999-2000 im Gefängnis gewesen sei, weil er sich kritisch gegenüber der Regierung in Syrien
geäußert habe. Er sei deswegen ständig zu den Behörden bestellt und kontrolliert worden. Ab
2011 sei ihm vorgeworfen worden, dass er an mehreren Demonstrationen teilgenommen habe
und man habe ihn für die Ausreise aus Syrien gesperrt. ln den Folgejahren sei sein Wohnort
zwischen den Konfliktparteien umkämpft gewesen, weshalb die Familie umgezogen sei. Dort
habe er für eine internationale Menschenrechtsorganisation namens SAM gearbeitet. Bei die-
ser Organisation sei es darum gegangen, die Landwirtschaft zu unterstützen. Deshalb er von
Seiten des Geheimdienstes bedroht worden. Man habe ihn zur Zusammenarbeit mit dem sy-
rischen Regime bewegen wollen, um über die Organisation zu berichten, Aus Furcht vor Re-
pressalien habe er aber abgelehnt. Die Situation in Syrien sei sehr unsicher. Ständig gebe es
von allen Seiten Festnahmen und Durchsuchungen. Er selbst werde von verschiedenen Mili-
tär- und Geheimdienstorganisationen gesucht. Auch die Regierung versuche ihn unter Druck
zu setzen und sein Name sei im syrischen Außenministerium vermerkt.
3

Mit Bescheid vom 13. April 2023 wurde dem Kläger unter Ziff. 1 der subsidiäre Schutzstatus
zuerkannt, unter Ziff. 2 der Asylantrag im Übrigen aber abgelehnt. Dem Kläger wurde entspre-
chend g 26 Abs. 1 AsylG abgeleitet von seiner Ehefrau der subsidiäre Schutzstatus zugespro-
chen. Die Voraussetzungen für eine Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und die Aner-
kennung als Asylberechtigter aus eigenem Recht lägen aber nicht vor. Der Kläger beschreibe
nur allgemeine Befürchtungen jedoch keine gezielten Verfolgungshandlungen. Sofern der Klä-
ger vorgetragen habe, vor vielen Jahren einmal verhaftet worden zu sein, könne nicht mit be-
achtlicher Wahrscheinlichkeit von einer Verfolgung anlässlich einer hypothetischen Rückkehr
ausgegangen werden. Auslöser sei die vor mehr als 10 Jahren erfolgte Teilnahme an De-
monstrationen gewesen. Da man den Kläger wieder freigelassen habe, sei nicht davon aus-
zugehen, dass man ein relevantes lnteresse an ihm habe. Seine Angabe, dass sein Name bei
dem Regime bekannt sei, stelle ebenfalls nur eine Vermutung dar und könne nicht sicher be-
legt werden.

Gegen den Bescheid hat der Kläger am 2. Mai 2023 Klage erhoben

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung von Ziff. 2 des Bescheides des Bundesamtes für Migra-
tion und Flüchtlinge vom 13. April 2023, zugestellt am 18. April 2023, zu verpflichten,
dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zu zuerkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen

Zur Begründung bezieht sie sich auf die angefochtene Entscheidung

Mit Beschluss vom 18, August 2023 wurde das Verfahren auf die Berichterstatterin als Einzel-
richterin überlragen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die bei-
gezogenen Venvaltungsakte veruviesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der angegriffene Bescheid des Bundesamtes erweist
sich zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung entsprechend $ 77 Abs. 1
AsylG als rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, $ 113 Abs, 5 VwGO.
4

Dem Kläger steht ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nicht zu. Dies
setzt nach $ 3 Abs. 1 AsylG voraus, dass ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Abkommens
über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 (Genfer Flüchflings-Konvention -
GFK -) ist. Dies ist dann der Fall, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen
seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer be-
stimmten sozialen Gruppe, außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsan-
gehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser
Furcht nicht in Anspruch nehmen will und er keine Ausschlusstatbestände erfüllt. Eine solche
Verfolgung kann nicht nur vom Staat ausgehen ($ 3c Nr. 1 AsylG), sondern auch von parteien
oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherr-
schen ($ 3c Nr. 2 AsylG) oder nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in Nummern 1 und 2 ge-
nannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen enruiesenermaßen nicht in der
Lage oder nicht willens sind, im Sinne des $ 3d AsylG Schutz vor Verfolgung zu bieten, und
dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder
nicht ($ 3c Nr. 3 AsylG). Allerdings wird dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft nicht zuer-
kannt, wenn er in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung
oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach $ 3d AsylG hat und sicher und legal in diesen
Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigenrueise enruartet werden kann,
dass er sich dort niederlässt (g 3e Abs. 1 AsylG).

Ob eine "begründete Furcht" vor Verfolgung besteht, ist anhand einer Verfolgungsprognose
zu beurteilen, die auf der Grundlage einer zusammenfassenden Bewertung des zur prüfung
gestellten Lebenssachverhalts die Wahrscheinlichkeit künftiger Geschehensabläufe bei einer
hypothetisch zu unterstellenden Rückkehr des Schutzsuchenden in seinen Heimatstaat zum
Gegenstand hat (vgl. BVenvG, Urteil vom 6. März 1990 - I C 14,89 -, juris; OVG Rheinland-
Pfalz, Urteil vom 16, Dezember 2016 - 1 A 10922116 -, juris Rn. 3O).

Die danach anzustellende Prognose über die im Heimatstaat drohende Verfolgung erfolgt am
Maßstab der "beachtlichen Wahrscheinlichkeit" (vgl. BVeruvG, Urteil vom 20. Februar 2013 -
10 C 23.12 -, juris Rn. 19; BVenryG, Urteil vom 1 . Juni 2011 - 10 C 25110 -, juris; BVerwG, Urteil
vom 1 . März 2012 - 10 C 7111 -, juris). Entscheidend ist, ob in Anbetracht der festgestellten
tatsächlichen Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage
des Klägers Furcht vor Verfolgung festgestellt werden kann (vgl. BVenvG, Beschluss vom
7. Februar 2008 - 10 C 33/07 -, juris Rn. 37). Dabei kommt es nicht auf eine rein quantitative
oder mathematische Betrachtungsweise an, sondern darauf, ob bei der zusammenfassenden
Bewertung des ermittelten Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung sprechenden Um-
stände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb die dagegen sprechenden Tatsachen über-
5

wiegen. Entscheidend ist, ob aus der Sicht eines besonnenen und vernünftig denkenden Men-
schen in der Lage des Klägers nach Abwägung aller bekannten Umstände eine Rückkehr in
den Heimatstaat als unzumutbar erscheint (vgl. BVen,rG a. a. O.). Ergeben die Gesamtum-
stände des Falles die reale Möglichkeit einer Verfolgung, wird auch ein verständiger Mensch
das Risiko einer Rückkehr in den Heimatstaat nicht auf sich nehmen (vgl. BVenivG, EuGH-
Vorlage vom 7. Februar 2008 - 10 C 33.07 -, juris Rn. 37; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom
16, Dezember2016 - 1 A 10922116 -, juris Rn. 34), Von dem der Prognose zugrunde liegenden
Lebenssachverhalt muss das Gericht nach $ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO die volle richterliche
I
Überzeugung gewonnen haben (vgl. BVenvG, Urteil vom 16. April 1985 - C 109/84 -, juris
Rn. 16; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 16. Dezember 2016 - 1 A 10922116 -, juris Rn. 34).

Es ist Sache des Schutzsuchenden, die Umstände, aus denen sich eine politische Verfolgung
ergibt, in schlüssiger Form vorzutragen ($ 25 Abs. 1 Satz 1 AsylG), wobei von ihm grundsätz-
lich zu erwarten ist, dass er die persönlichen Umstände seiner Verfolgung und der Furcht vor
einer Rückkehr ausreichend substantiiert, detailreich sowie widerspruchsfrei vorträgt, Er muss
unter Angabe von Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt schildern, aus welchem
sich - als wahr unterstellt - ergibt, dass ihm bei verständiger Würdigung politische Verfolgung
mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Mäz 1987 - 9 C 321 .85
-, juris Rn. 9; BVeruvG, Beschluss vom 26. Oktober 19Bg - I B 405.89 -, juris Rn. B). Hierzu
gehört eine Schilderung der in seine Sphäre fallenden Ereignisse, die geeignet ist, den be-
haupteten Anspruch lückenlos zu tragen (vgl. BVenvG, Beschluss vom 26. Oktober 1989, ln-
fAuslR 1990, 38). Das Gericht muss die volle Überzeugung von derWahrheit des behaupteten
individuellen Schicksals und von der Richtigkeit der Prognose drohender Verfolgung gewinnen
(vgl. BVeruyG, Beschluss vom 21. Juli 1989 - I B 239.89 -, juris Rn. 3). Aufgrund der Beweis-
schwierigkeiten, in denen sich der Schutzsuchende hinsichtlich der asylbegründenden Vor-
gänge in seinem Heimatland regelmäßig befindet, muss sich das Gericht jedoch mit einem für
das praktische Leben brauchbaren Grad an Gewissheit begnügen, auch wenn Zweifel nicht
völlig ausgeschlossen werden können. Bei erheblichen Widersprüchen oder Steigerungen im
Sachvortrag kann dem Kläger nur bei einer überzeugenden Auflösung der Unstimmigkeiten
geglaubt werden. An der Glaubhaftmachung von Verfolgungsgründen fehlt es regelmäßig,
wenn er im Laufe des Verfahrens unterschiedliche Angaben macht und sein Vorbringen nicht
auflösbare Widersprüche enthält, wenn seine Darstellungen nach der Lebenserfahrung oder
auf Grund der Kenntnis entsprechender vergleichbarer Geschehensabläufe unglaubhaft er-
scheinen oder er sein Vorbringen im Laufe des Asylverfahrens steigert, insbesondere, wenn
er Tatsachen, die er für sein Begehren als maßgebend bezeichnet, ohne vernünftige Erklärung
erst spät in dasAsylverfahren einführt (vgl. zu alledem OVG NRW, Urteil vom 2. Juli 2013 -
B A2632106.4 -, juris, mit weiteren Nachweisen).
6

Eine Beweiserleichterung gilt nach Art. 4 Abs. 4 Qualifikationsrichtlinie für bereits verfolgt aus-
gereiste Antragsteller. Die Vorverfolgung ist danach "ein ernsthafter Hinweis darauf, dass die
Furcht des Antragstellers vor Verfolgung begründet ist bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft,
ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass
der Antragsteller erneut von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht wird".
Nach dieser Vorschrift besteht die widerlegliche Vermutung, dass im Fall der Vorverfolgung
auch die in die Zukunft gerichtete Verfolgungsfurcht begründet ist (hierzu BVenruG, Urteil vom
27. Oktober 2010 - 10 C 5/09 -, juris). Dies setä allerdings einen Zusammenhang zwischen
der Verfolgung, der dadurch ausgelösten Flucht und dem nachfolgenden Asylantrag voraus,
Typischeruueise besteht diese Kausalbeziehung, wenn der Antragsteller bereits im Herkunfts-
staat verfolgt wurde und deswegen ohne erhebliche Verzögerung in den Aufnahmestaat reist
und dort Schutz vor Verfolgung begehrt.

Den umgekehrten Fall regelt $ 28 AsylG. Danach ist die Verfolgungsfurcht wegen Schaffung
sog. Nachfluchttatbestände unbeachtlich, wenn die Gefahr politischer Verfolgung auf Umstän-
den beruht, die der Kläger nach Verlassen seines Herkunftslandes aus eigenem Entschluss
geschaffen hat, es sei denn, dieser Entschluss entspricht einer festen, bereits im Herkunfts-
land erkennbar betätigten Überzeugung (S 28 Abs. 1 Satz 1 AsylG). Für. die Flüchtlingsaner-
kennung sieht $ 28 Abs. 1a AsylG vor, dass die begründete Furcht vor Verfolgung auf Ereig-
nissen beruhen kann, die eingetreten sind, nachdem der Ausländer das Herkunftsland verlas-
sen hat. Besonders hervorgehoben ist das für das Verhalten des Ausländers, das Ausdruck
und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsland bestehenden Überzeugung oder Ausrichtung
ist,

lm vorliegenden Fall sind vor diesem Hintergrund die Voraussetzungen für eine Flüchtlingsa-
nerkennung nach $ 3 Abs. 1 AsylG nicht gegeben, da keine beachtliche Wahrscheinlichkeit
dafür besteht, dass der Kläger in Syrien einer Verfolgung wegen eines flüchtlingsrechtlich re-
levanten Merkmals ausgesetzt wäre.

Der inzwischen 51 Jahre alte Kläger ist nicht vorverfolgt aus Syrien ausgereist

Eine Vorverfolgung ergibt sich nicht schon aus seiner lnhaftierung vom22. Dezember 1999
bis zum 16. November 2000, weil er sich kritisch gegenüber der Regierung geäußert hatte.
Ein enger zeitlicher Zusammenhang und damit eine Kausalbeziehung zwischen dieser lnhaf-
tierung und der Flucht des Klägers aus Syrien im Juli 2022, mithin 22 Jahre später, besteht
nicht mehr. Die lnhaftierung im Jahr 2000 kann nicht mehr als fluchtauslösend angesehen
werden. Gleiches gilt für die Demonstrationsteilnahmen in den Jahren 2011 und 2012. Auch
diese Ereignisse liegen inzwischen mehr als 10 Jahre zurück. Dass das syrische Regime dem
Kläger aufgrund dieser lang vergangenen Ereignisse nach wie vor eine regierungsfeindliche
7

Gesinnung unterstellen würde, ist nicht beachtlich wahrscheinlich. Etwas anderes ergibt sich
auch nicht aus der Tätigkeit des Klägers für die ,,Sam Organization". Nach eigenen Angaben
war der Kläger für diese im Ost-Euphrat-Gebiet ansässige Organisation als Projektleiter, Fi-
nanzabteilungsleiter und im Rahmen der Auswertung tätig. Die Organisation unterstützt Bau-
ern bei der Tierhaltung und bietet Hilfe im Agrarsektor an. Es erschließt sich nicht, dass dem
Kläger aufgrund seines Engagements im Agrarbereich eine regierungskritische Haltung unter-
stellt werden könnte. Dass das Angebot von Hilfe und Unterstützung in diesem Bereich eine
Bedrohung für das Assad Regime darstellen könnte, ist nicht ersichtlich. Gegen die Annahme,
dass dem Kläger von Regierungsseite nach wie vor eine oppositionelle Gesinnung unterstellt
wird und ihm deshalb Verfolgung drohen könnte, spricht auch, dass er von einem Offizier des
Assad Regimes kontaktiert wurde, welcher versuchte, den Kläger zur Zusammenarbeit zu be-
wegen. Denn es erscheint unwahrscheinlich, dass das syrische Regime versuchen würde,
einen bekannten Regimegegner als lnformanten zu gewinnen. Schließlich reicht auch der von
dem Kläger in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Screenshot nicht aus, um eine Verfol-
gungsgefahr zu belegen. Daraus ist nicht sicher zu ersehen, durch wen der Kläger gesucht
wird und warum. Es handelt sich lediglich um die Tabelle einer Suchmaske, nicht um offizielle
Dokumente. Eine offizielle Fahndung nach dem Kläger durch die syrischen Behörden ist damit
nicht sicher belegbar. Es erschließt sich zudem nicht, warum der Kläger, der im Bezirk von
Deir ez Zor wohnte und von 1997-1999 Wehrdienst leistete, durch die Kriminalpolizei in Homs
bzw. den Militärgeheimdienst gesucht werden sollte. Die Suchvermerke datieren darüber hin-
aus aus dem Jahr 2018. Der Kläger hat jedoch noch bis Mitte 2022, also rund weitere 4 Jahre,
in Syrien gelebt, ohne dass es zu konkreten Maßnahmen gegen ihn gekommen wäre. lnsge-
samt ist damit also festzustellen, dass nicht sicher festzustellen ist dass dem Kläger aufgrund
einer unterstellten oppositionellen Haltung durch das Assad Regime Verfolgung droht. Viel-
mehr ist davon auszugehen, dass der Kläger sich wegen zunehmend instabiler und unsicherer
werdenden Lage in seiner Heimatregion zur Flucht aus Syrien entschlossen hat.

Andenveitige Anhaltspunkte, die eine Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft rechtfertigen


könnten, sind nicht erkennbar. lm Übrigen wird auf die zutreffenden Gründe des angefochte-
nen Bescheides venrviesen, denen das Gericht folgt, $ 77 Abs. 3 AsylG. Die Beklagte hat dem
Kläger damit zu Recht nur den subsidiären Schutzstatus zugebilligt.

Die Kostenentscheidung beruht auf $ 154 Abs. 1 VwGO. Die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich
aus $ B3b AsylG.
8

Rechtsm ittelbelehrung

Gegen dieses Urteil kann Antrag auf Zulassung der Berufung durch das Sächsische Oberver-
wattunsssericht sesteiltwerden.
F_lfe . 4Z &Z ,rr{ e
Der Antrag ist beim Venrualtungsgericht Leipzig innerhalb von einem Monat nach-Zuliätiung'
des Urteils schriftlich zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. ln dem Antrag
sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen.

Die Schriftform ist auch bei Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe des
$ 55a der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) sowie der Verordnung über die technischen
Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektroni-
sche Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung ERW)
vom 24. November 2017 (BGBI. I 3803), die durch Artikel 6 des Gesetzes
vom 5, Oktober 2021 (BGBI. I S. 4607, 4611) zuletzl geändert worden ist, in der jeweils gel-
tenden Fassung gewahrt. Verpflichtet zur Übermittlung als elektronisches Dokument in diesem
Sinne sind ab 1. Januar 2022 nach Maßgabe des $ 55d der Venrualtungsgerichtsordnung
Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der
von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse; ebenso
die nach der Veruualtungsgerichtsordnung vertretungsberechtigten Personen, für die ein siche-
rer Übermittlungsweg nach $ 55a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 VwGÖ zur Verfügung steht. lst eine
Übermittlung aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich, OteiOt Oie übermittlung
nach den allgemeinen Vorschriften zulässig. Die vorübergehende Unmöglichkeit ist bei der
Ersatzeinreichung oder unveaüglich danach glaubhaft zu machen; auf Anforderung ist ein
elektronisches Dokument nachzureichen.

Vor dem Sächsischen Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten - außer im Pro-
zesskostenhilfeverfahren - durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen (g 67 Abs. 4 und 5
VwGO, $ 5 Einführungsgesetz zum Rechtsdienstleistungsgesetz). Dies gilt bereits für die Stel-
lung des Antrags auf Zulassung der Berufung beim Verwaltungsgericht Leipzig.

Ansch rift des Verwaltun gsgerichts Leipzig:


Venrualtungsgericht Leipzig, Rathenaustraße 40, 04179 Leipzig

Brudnicki

Die Ubereinstimmung der elektronischen

Abschrift mit der Urschrift wird durch


qualifizierte elektronische Signatur beglaubigt
Leipzig, den 17.11,23

Spindler
Urku ndsbeamter der Geschäftsstelle
F-,
| 7. Itii y lry ri
Az.: 7 K535123.A )r' r)"1
'-1
t
I
;

Protokoll r
1
I

über die mündliche Verhandlung der 7. Kammer


des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 7. November 2023

I n der Veruualtungsrechtssache

des Herrn Fawaz Alkhalaf


Breisgaustraße 45, 04209 Leipzig

- Kläger -

prozessbevol mächtigt:
I

Rechtsanwältin Antje Kröbel-Seiferheldt


Feuerbachstraße 1 a,04105 Leipzig

gegen

die Bundesrepublik Deutschland


vertreten durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge
-Au ßenstelle Chemnitz-
Otto-Schmerbach-Straße 20, 091 17 Chemnitz

- Beklagte -

wegen

AsylG

Beginn:12.25Uhr

Besetzunq des Gerichts:

Richterin am Venryaltu ngsgericht Brud nicki als Einzelrichterin


2

Bei Aufruf der Sache erscheinen:

der Kläger persönlich.

Der Kläger ist ausgewiesen durch eine Aufenthaltserlaubnis der Stadt Leipzig, gültig bis
1 5.8.2024, welche zurückgereicht wird.

Für die Beklagte ist Herr Heilmann erschienen unter Berufung auf eine bei Gericht hinterlegte
Generalterminsvoll macht.

Als Dometscher für die arabische Sprache ist Herr Nabil El Makhloufi anwesend. Der Dolmet-
scher beruft sich auf seinen allgemein geleisteten Dolmetschereid.

Das Protokoll fühft die Einzelrichterin. Sie führt in den Sach- und Streitstand ein

Der Kläger erklärt zu seinen Fluchtgründen:


lch kann nicht nach Syrien zurückkehren, weil ich dort mit dem Tod bedroht bin. lch werde von
der Regierung gesucht. Das kann ich auch nachweisen. Mein Cousin hat in Deir ezZor für die
Regierung gearbeitet und in dem Zusammenhang hat er mir Aufnahmen von einem Compu-
terbildschirm zukommen lassen, aus denen ersichtlich ist, dass ich vom Militärgeheimdienst
und auch von der Kriminalpolizei in Homs seit 2018 gesucht werde. Die Aufnahmen sind im
April2023 gefertigt worden. Wenn ich danach gefragt werde, warum ich durch das syrische
Regime gesucht werde, so gibt es dafür drei Gründe. Zunächst war ich bereits im Jahr 1999
im Gefängnis. Seitdem werde ich durch das syrische Regime verfolgt, weil man mir unterstellt,
ein Oppositioneller zu sein. ln den Jahren 2011 und 2012habe ich auch an Demonstrationen
gegen das syrische Regime teilgenommen. Der dritte Grund ist, dass ich Ostsyrien bzw. im
Osteuphratgebiet für eine Hilfsorganisation tätig gewesen bin. Diese Organisation heißt SAM
und ist eine Unterorganisation der Organisation Creative. Diese wird auch von der deutschen
Entwicklungshilfe unterstützt. Bei dieser Organisation war ich als Projektleiter, Finanzabtei-
lungsleiter und im Rahmen der Auswertung tätig. Die Organisation unterstützt Bauern bei der
Tierhaltung und hilft ganz allgemein im Agrarbereich. Das syrische Regime sieht mich auf-
grund dieser Tätigkeit deshalb als Feind an, weil ich für die Gegenseite tätig gewesen bin. lch
war wie gesagt im Osteuphratgebiet, in dem die Kurden zusammen mit den USA das Sagen
haben.

Der Kläger überreicht zwei Kopien mit Übersetzung von dem Bildschirmfoto der Kriminalpolizei
in Homs und der Militärpolizei sowie einen lnternetauszug über die Organisation SAM und
erklärt, dass die dortigen Artikel von ihm verfasst worden sind. Außerdem ist dort auch ein
Hinweis auf ein Radiointerview enthalten, welches er gegeben hat. ln dem lnterview ging es
um die Auswirkungen des Krieges auf die Tieruyelt in der Gegend vom Osteuphrat. lch war von
2019 bis 2022für diese Organisation tätig.

Auf Nachfragen des Gerichtes, ob der Kläger sich auch nach den Demonstrationsteilnahmen
politisch betätigt habe, erklärt der Kläger:
lch habe in den Folgejahren immerwieder regimekritische Posts im lnternet veröffentlicht, au-
ßerdem wurde ich während meiner Tätigkeit für die Organisation SAM von einem syrischen
Offizier der westlichen Euphratseite kontaktiert und bedroht, der mir vorgeworfen hat, dass ich
gegen die Regierung arbeiten würde.

Auf Nachfragen des Gerichtes, erklärt der Kläger:


3

Dieser Offizier hat mir vorgeworfen, dass ich gegen das Regime arbeite. Er hat zu mir gesagt,
dass alle Kurden Terroristen sind und wollte von mir, dass ich lnformationen über die kurdische
Seite an ihn weitergeben soll. Das habe ich aber abgelehnt, weil mir klar war, wenn das raus
kommt, bin ich auch von kurdischer Seite mit dem Tod bedroht. Die Lage hat sich dann noch
mehr verschlechtert, Es wurde immer gefährlicher. Es gab Unruhen und Tötungen und auch
auf der kurdischen Seite war es dann letztendlich nicht mehr sicher, so dass ich mich zur
Flucht entschlossen habe. lnzwischen gibt es auch wieder Kämpfe in der Gegend zwischen
den Kurden und der Regierung. lch konnte beobachten, dass die Milizen auf meiner Seite
immer aggressiver wurden und auf Seiten des Regimes bin ich schon seit längerem als Op-
positioneller bekannt.

Die Rechtslage wird erörtert.

Auf Befragen des Gerichtes, erklärt der Kläger:


lch komme ursprünglich von der westlichen Euphratseite Al Mayadin. Als die Lage dort schlim-
mer wurde und zum Schluss das syrische Regime dort wieder an die Macht kam, sind wir auf
die andere Seite des Euphrats gezogen. Wir sind dann in ein kleines Dorf in der Nähe von Al
Seher umgezogen.

Der Kläger erklärt:


lch möchte noch darauf hinweisen, dass sich in meinem Pass ein Stempel der libanesischen
Behörden befindet, aus dem hervorgeht, dass ich illegal in den Libanon eingereist bin.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung von Nummer 2 des Bescheides des Bundesamtes für
Migration und Flüchtlinge vom 13. April 2023,zugestellt am 18. April 2023,2u verpflich-
ten, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen.

-Laut diktiert, übersetzt und genehmigt-

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen

-Laut diktiert und genehmigt-

Der Kläger erhält Gelegenheit zu seinen Schlussausführungen

Es ergeht der folgende

Beschluss:

Eine Entscheidung wird den Beteiligten zugestellt.


4

Die Sitzung wird um 13.05 Uhr geschlossen

Brudnicki
Einzelrichterin Für die Richtigkeit der Übertra-
gung vom Tonträger:

Sankowsky
Urkundsbeamtin der Geschäfts-
stelle

Das könnte Ihnen auch gefallen