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Straßenmagazin Nov.22
Seit 1993
2,20 Euro
Davon 1,10 Euro für
Tafeln
unsere Verkäufer:innen
vor dem
Kollaps
Schwerpunkt Ehrenamt
haben wir auch für Sie zusammengetragen. Und wir haben erfahren, dass
gut gemeintes privates Engagement manchmal auch schaden kann.
Da der Monat November tendenziell grau und trist ist, wollen wir
Ihnen aber auch Gutes tun fürs Gemüt: Lassen Sie sich von unserem
Autor Frank Keil mitnehmen in die Welt der Antiquariate. Oder nutzen
Sie eine Regenpause, um eine Wanderung entlang der historischen
Stadtgrenze zwischen Hamburg und Altona zu unternehmen. Am besten
TITELFOTO: MAURICIO BUSTAMANTE
mit der Hinz&Kunzt in der Hand. Darin steht nämlich, wie das geht.
Stadtgespräch
06 „Wir tun alles in unserer Macht Stehende“
Interview mit Hamburgs Sozialsenatorin Melanie Leonhard
10 Wer mobil ist, muss raus
Kranke Obdachlose im Winternotprogramm
12 Corona verschärft Bewegungsarmut
50 Zahl des Monats: Kinder bewegen sich viel zu wenig.
Mit 3-D-Brille
Kino gucken 14 „Wir brauchen eine Chance!“
Aus der Ukraine geflüchtete Drittstaatler:innen in Not
36 „Boah, geil, und wie das riecht!“
Unterwegs in Hamburger Antiquariaten
Schwerpunkt: Ehrenamt
24 „Dann machen wir das eben!“
Die Hamburger Tafel versorgt immer mehr Bedürftige.
28 Ehrenamt in Deutschland
Zahlen und Daten zum freiwilligen Engagement
30 „Helfen ist immer hierarchisch“
Soziologin Silke van Dyk übt Kritik am Ehrenamt.
32 Lückenfüller am Limit
Wo ehrenamtliche Arbeit an Grenzen stößt.
Freunde
42 „Jetzt geben wir etwas ab!“
Mareike Deggelmann spendet ein Preisgeld an Hinz&Kunzt.
Kunzt&Kult
46 Steinen auf der Spur
Entlang der historischen Grenze zwischen Hamburg und Altona
50 Abtauchen in Rockeys Zelt
„We live here“: 3-D-Film über eine Obdachlose
14 52 Tipps für den November
Vor dem Ukraine-
Krieg geflohen, 56 Literaturkolumne: Comic-Künstlerin Birgit Weyhe
hier unerwünscht 56 Momentaufnahme: Hinz&Künztler Lutz
36 Rubriken
Eintauchen in 04 Gut&Schön
die Welt der 11, 20 Meldungen
Antiquariate 44 Buh&Beifall
57 Rätsel, Impressum
Wir unterstützen Hinz&Kunzt. Aus alter Freundschaft und mit neuer Energie. Hanse Werk
Sozialsenatorin
Melanie Leonhard (SPD)
im Gespräch in der
Hinz&Kunzt-Redaktion
weil man ihnen eine falsche Hoffnung Lassen Sie uns über Visionen sprechen:
macht, hier schnell Fuß zu fassen, was Bundesregierung, Europäische Union Zur Person:
dann aber nicht gelingt – häufig deswe- und die Bundesländer wollen bis Melanie Leonhard (45) ist seit sieben
gen, weil es nun mal sehr schwierig ist, 2030 Obdach- und Wohnungslosigkeit Jahren Sozialsenatorin in Hamburg. Seit
hier ohne Deutschkenntnisse und ohne abschaffen. Wie wollen Sie dieses 2020 ist die Hamburger SPD-Vorsitzende
Schulabschluss Arbeit zu finden. Projekt in Hamburg umsetzen? auch für Gesundheit zuständig.
Hamburg hat sich bereits vor zwei Jah-
Ein Versprechen von Rot-Grün ist die ren eine Art Masterplan gegeben: das
„Pension für arbeitssuchende Zuge- Gesamtkonzept Wohnungslosenhilfe, in
wanderte“. Hier sollen Menschen aus dem wir uns Maßnahmen vornehmen, Auch vor dem Ukraine-Krieg waren
EU-Staaten Hilfe finden, die auf der die an unterschiedlichen Punkten anset- die Unterkünfte der Stadt rappelvoll.
Straße gelandet sind, etwa weil sie zen. Wir wollen, dass es gar nicht erst Immer mehr Menschen leben dort
Opfer von Arbeitsausbeutung wurden. dazu kommt, dass Menschen ihr Dach immer länger, weil es keinen Wohnraum
Wann kommt das dringend benötigte über dem Kopf verlieren, also Obdach- für sie gibt. Was muss geschehen?
Angebot? losigkeit gar nicht erst entstehen lassen. Wir brauchen bezahlbaren Wohnraum
Wir wollen Anfang kommenden Jahres Da, wo es dennoch Probleme gibt, wol- und können dabei auf Neubau nicht
an den Start gehen. Die große Heraus- len wir gute Hilfen anbieten. Das ist verzichten. Das bedeutet auch, dass es
forderung ist es, prekäre Arbeitsverhält- eine große Herausforderung. Aber man nicht so sein darf, dass Bauprojekte am
nisse nicht zu verfestigen, sondern darf dieses Ziel deswegen nicht nicht Ende immer kleiner werden als geplant,
gemeinsam mit Akteuren aus der Wirt- erreichen wollen. weil Initiativen das fordern. Hier fehlt
schaft ein Sprungbrett in den Arbeits- mir ein gemeinsamer Konsens in der
markt zu bieten – und bei Bedarf auch Die Arbeitsgemeinschaft der Freien Stadt.
Hilfe bei Klagen gegen Arbeitg eber, Wohlfahrtspflege fordert konkrete,
die sich nicht richtig verhalten. messbare Zwischenschritte. Nur fünf Prozent der 2021 neu gebau-
Die haben Sie noch nicht definiert. ten Wohnungen sind für Menschen mit
Den Wohlfahrtsverbänden schweben Wie sollen wir die definieren in einer Si- Dringlichkeitsschein vom Wohnungs-
mindestens 40 Plätze vor. tuation, in der wir jeden Tag 100 Men- amt vorgesehen. Werden in Hamburg
Wir sind gerade dabei, die Planungen schen aus der Ukraine unterbringen, die falschen Wohnungen gebaut?
auf die Zielgerade zu bringen. Wir fan- die neu nach Hamburg kommen, aber Es werden jedenfalls nicht genug von
gen zunächst mit einigen Plätzen an, zunächst wohnungslos sind? Welches denen gebaut, die wir brauchen. Gera-
und dann ist diese Größe sicher nicht Ziel, das wir uns Anfang des Jahres als de beim Neubau für vordringlich Woh-
unerreichbar. Zwischenschritt gesetzt hätten, würde nungssuchende macht die Stadt viel,
heute noch gelten können? Die Situa gemeinsam mit Saga und Fördern &
Zurück zum Winternotprogramm: tion ist differenzierter, als sich Zahlen Wohnen. Da freuen wir uns über weitere
Kritisiert wird auch die Größe der zu geben, die man einzuhalten wünscht. Akteure – zumal ich überzeugt bin,
Unterkünfte. In der Friesenstraße dass es ein großer Gewinn für alle
bringt die Stadt bis zu 400 Menschen Wir haben dennoch das Gefühl, Beteiligten ist, Wohnraum für diese
in einem Haus unter, in der Halske dass Sie beim Projekt 2030 sehr Menschen in größeren Bauprojekten
straße bis zu 300. Viele Obdachlose verhalten auftreten. mit unterzubringen.
schreckt das ab. Warum gibt es nicht Wir tun alles in unserer Macht Stehen-
viel mehr kleinere, über die Stadt de, um das Ziel zu erreichen, gemein- Bislang praktiziert Hamburg ein Stufen-
verteilte Unterkünfte? sam mit vielen Akteuren wie etwa Stif- modell: Obdach- und Wohnungslose
Wir müssen mit den Immobilien arbei- tungen oder Ehrenamtlichen-Projekten. müssen nachweisen, dass sie in der
ten, die wir haben. Aber: Wir sprechen Aber wir erleben im Moment Krisen Lage sind, in einer Wohnung zu leben,
hier von Zwei- oder Dreibettzimmern, und Kriege. Und ich bin realistisch ge- bevor sie eine Chance auf Vermittlung
in der Halskestraße sogar mit eigenem nug zu sagen: Was nützt ein Verspre- bekommen. Was spricht dagegen,
Bad auf jedem Zimmer. Zudem sind chen, insbesondere wenn man nicht nur den Menschen erst eine Wohnung zu
Essensangebote und medizinische Ver- auf Obdach- sondern auch auf Woh- geben, in der sie dann andere Probleme
sorgung sowie Beratung und Betreuung nungslosigkeit schaut, wenn man weiß, angehen können?
an zentralen Standorten viel besser zu dass in einer Großstadt wie Hamburg Wir vermitteln auch direkt in Wohn-
gewährleisten – schon allein deswegen, öffentliche Unterbringung mutmaßlich raum. Aber oft kumulieren sich Pro
weil wir das Personal und die häufig be- auch in sieben Jahren noch eine Rolle blemlagen und Menschen sind nicht
nötigten Sprachmittler überhaupt nur wird spielen müssen? Deshalb bin ich in der Lage, sich die Hilfe zu holen, die
so vorhalten können. verhaltener als andere. sie brauchen und die ihnen zusteht.
Deshalb ist es für manche richtig, dass Probleme zu lösen haben. Unterschied- Dass unser Angebot nicht immer ange-
es erst mal um einen Therapieplatz liche Unterstützungsbedarfe brauchen nommen wird, ist ein Problem, an dem
geht, dass Rechtsansprüche geklärt also auch unterschiedliche Angebote. wir alle gemeinsam arbeiten müssen,
werden. Und deshalb haben wir Wohn- indem wir Vorbehalte abbauen.
modelle, die berücksichtigen, dass es Eigentlich müsste es jetzt schnell ge-
mehr Begleitung braucht als einen
Mietvertrag und einen Schlüssel.
hen: Die Verelendung unter Obdachlo-
sen nimmt zu. Allein vergangenes Jahr
Vielen Dank für das Gespräch!
•
sind mindestens 29 Menschen auf redaktion@hinzundkunzt.de
Finnland holt mit „Housing First“ seit Hamburgs Straßen gestorben. Was
Jahren erfolgreich Menschen von den muss geschehen? Die bisherigen
Straßen (siehe H&K, August 2022). Maßnahmen reichen offensichtlich
Warum brauchen wir in Hamburg nicht aus.
trotzdem erst ein Modellprojekt mit Ganz wichtig ist der Zugang zu medizi- Obdach- und
nur 30 Wohnungen? nischer Versorgung. Deshalb haben wir Wohnungslosigkeit beenden
Zuletzt gab es eine Untersuchung, die die Schwerpunktpraxen für Obdachlo- Bis 2030 soll niemand mehr auf der
zu dem Schluss kommt, dass Housing se und das medizinische Angebot im Straße schlafen. Darauf haben sich
First ein Baustein im Hilfesystem sein Winternotprogramm. Deshalb wollen Deutschland und die weiteren
kann, aber niemals der einzige. Es gibt wir die Krankenstube ausbauen. Mit 26 EU-Mitgliedsstaaten in der Erklärung
nach unserer Erfahrung viele Men- dem Winternotprogramm bieten wir von Lissabon festgelegt. Wir nehmen
schen, denen es nicht allein am Dach außerdem jedem Menschen einen die Politik beim Wort, beobachten sie auf
über dem Kopf fehlt, sondern mit de- Schlafplatz an. Es gab keine Nacht, in ihrem Weg zu diesem Ziel und blicken
nen wir gemeinsam auch viele andere der es nicht ein freies Bett gegeben hätte. auf erfolgversprechende Projekte.
FREIWILLIG
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Menschen
Suppe kochen, Brote schmieren, Essen ausgeben –
machen Sie mit! Der Förderverein Winternot
programm für Obdachlose e. V. sucht Freiwillige.
winternotprogramm.de
E
in kühler Morgen Anfang kunft mit 35 Einzelzimmern in der nicht ohne Weiteres zur Verfügung“, er
Oktober. Von einem ehe Eiffes traße eröffnet. Im Unterschied klärt Sozialbehördensprecher Martin
maligen Bürogebäude in der zum Winternotprogramm durften die Helfrich.
Friesenstraße in Hammer Betroffenen tagsüber in ihren Zimmern Gegenüber Hinz&Kunzt klagten
brook schleppen sich einige Männer bleiben. Im Mai dieses Jahres zog das einige der kranken Obdachlosen zuletzt
und Frauen langsam in Richtung der Angebot mit nunmehr 80 Plätzen in darüber, dass sie die Unterkunft mor
nahe gelegenen S-Bahn-Station. Man Einzel- und Doppelzimmern nach gens verlassen müssen. Eine Sprecherin
che sind zu Fuß unterwegs, manche auf Hammerbrook um – in die Unterkunft, des städtischen Betreibers Fördern &
Rollatoren gestützt, einige bewegen sich die seit Anfang November wieder als Wohnen (F&W) sagt dazu: „Wer wieder
im Rollstuhl fort. Gesund wirkt keine:r Winternotschlafstätte dient (siehe dazu mobil ist, soll tagsüber die regulären
von ihnen. Meldung rechts). Angebote für obdachlose Menschen
Sie alle kommen aus einer Unter Die Menschen, die hier bislang un aufsuchen.“ Wer in den frei gehaltenen
kunft für „besonders vulnerable“ Ob tergebracht waren, dürfen laut Sozial Zimmern für besonders vulnerable blei
dachlose: Menschen, denen die Stadt behörde weiterhin bleiben. Im anderen ben darf und wer nicht, darüber ent
ein Leben auf der Straße nicht zumu Standort des Winternotprogramms, ei scheidet laut F&W ein Team aus
ten möchte, weil sie „physisch und psy nem ehemaligen Hotel in der Halske Sozialarbeiter:innen, Pflegekräften und
chisch so erkrankt sind, dass Gefahr für straße, seien außerdem bis zu 60 Plätze Ärzt:innen.
Leib und Leben droht, wenn sie auf der für besonders kranke Obdachlose vor Nachvollziehbar wirken diese Ent
Straße leben müssten“, wie die Behörde gesehen. Dass das Angebot nicht mehr scheidungen für manche Betroffene
zuletzt im Sozialausschuss der Hambur in einem eigenen Gebäude, sondern im nicht. Einer von ihnen setzt an diesem
ger Bürgerschaft erklärte. Winternotprogramm untergebracht ist, Morgen seinen Weg Richtung S-Bahn
Ins Leben gerufen wurde das Ange hat auch damit zu tun, dass der Stadt langsam fort. Auf die Frage, warum
bot für besonders kranke Obdachlose keine räumlichen Alternativen zur Ver einige die Unterkunft verlassen müssen
im Februar 2021. Nachdem es zu einer fügung stehen – insbesondere, seitdem und andere bleiben dürfen, sagt er
dramatischen Häufung von Todesfällen
unter Obdachlosen gekommen war,
durch den Ukraine-Krieg wieder mehr
Geflüchtete nach Hamburg kommen.
schulterzuckend: „Keine Ahnung.“ •
hatte die Behörde zunächst eine Unter „Weitere Flächen stehen uns derzeit lukas.gilbert@hinzundkunzt.de
10
Meldungen
30 Jahre Winternotprogramm für Obdachlose
800 zusätzliche Betten für die kalten Monate
Mit rund 800 Plätzen hat Anfang dieses Monats das Winternotprogramm für Obdachlose begonnen. Sozialsenatorin Melanie
Leonhard (SPD) versicherte: „Wer Hilfe braucht, bekommt ein Angebot.“ Wie gehabt, können Betroffene vor allem in zwei
Großunterkünften nachts Schutz vor der Kälte finden: in der Friesenstraße (400 Plätze) und in einem ehemaligen Hotel in
der Halskestraße (300 Plätze). Hinzu kommen rund 100 Plätze in Wohncontainern bei Kirchen und Hochschulen. Die sind
besonders begehrt, weil ihre Bewohner:innen sie tagsüber nicht verlassen müssen; anders als die Großunterkünfte – eine seit
vielen Jahren von Hinz&Kunzt und anderen Organisationen kritisierte städtische Praxis (siehe dazu auch das Interview mit der
Sozialsenatorin ab S. 6). Besonders kranke Obdachlose werden in Einzelzimmern untergebracht, in denen sie durchgängig bleiben
dürfen, erklärte die Sozialbehörde (siehe dazu Beitrag links). Alle anderen würden in Zwei- oder Dreibettzimmern schlafen,
die sie zwischen 9.30 und 17 Uhr verlassen müssen. Für Frauen gebe es separate, geschützte Bereiche, für den Schutz vor
einer Corona-Infektion „umfangreiche Hygienekonzepte“. Wie vergangenes Jahr auch, werde es zudem „bei Bedarf vor Ort
Impf- und Testangebote geben“. Hinzu komme umfangreiche Sozialberatung. Viele der nach letzter offizieller Zählung min-
destens 1910 Menschen auf Hamburgs Straßen nutzen das Notprogramm nicht, etwa wegen der Größe der Unterkünfte. UJO •
Modellprojekt ausgebaut Vorbild für Hamburg? Obdachlose mit Hunden
Berlin stärkt Housing First Berlin bietet 24/7-Unterkünfte Mehr Plätze nicht nötig?
Während Hamburg mit einem Auch in diesem Winter bietet Berlin Aus Sicht von Rot-Grün braucht es
Modellprojekt für 30 Obdachlose rund 150 Plätze in zwei Unterkünf- nicht mehr Notunterkünfte mit spe-
gerade erst gestartet ist, baut Berlin ten, die rund um die Uhr für Ob- ziellen Plätzen für obdachlose Men-
sein Housing-First-Angebot aus: dachlose geöffnet sind. Wie die Se- schen mit Hunden. Einen Antrag der
Bis Ende kommenden Jahres sollen natsverwaltung für Soziales mitteilte, Linken, das städtische Angebot ent-
235 Obdachlose in eigenen Wohn- stehen 65 Plätze davon in einer Un- sprechend auszubauen, lehnte eine
raum vermittelt worden sein, darunter terkunft nur für Frauen bereit. „Wenn Bürgerschaftsmehrheit im Oktober
115 Frauen. Dafür werden die der Stress des Lebens auf der Straße ab. Derzeit stehen nur in der Notun-
Mittel verdoppelt. Housing First ist wegfällt, erhalten die Menschen die terkunft Pik As 17 Plätze für Obdach-
ein etwa in Finnland seit Jahren Chance, neue Kraft und Mut zu fas- lose mit Hund bereit – genug aus
erfolgreich praktizierter Ansatz, der sen“, so Christian Ceconi, Direktor Sicht der Stadt, zumal die Plätze
davon ausgeht, dass Obdachlose vor der Berliner Stadtmission, beim Start nicht immer alle belegt seien. Die
allem eigene vier Wände brauchen, des Angebots vor einem Jahr. Bis Linke verweist auf „die mangelnde
in denen sie dann weitere Probleme Ende 2023 ist die Finanzierung der Akzeptanz des Pik As“ und fordert
erfolgreich angehen können. UJO • 24/7-Unterkünfte gesichert. UJO • deshalb neue Angebote. UJO •
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Kinder
Corona verschärft
Bewegungsarmut
22
Prozent aller Kinder aus einkommensschwachen Haushalten bewegen sich
ausreichend. Das sind 5 Prozent weniger als vor der Coronapandemie, so
der „Präventionsradar“ der Krankenkasse DAK. Über alle Schichten
hinweg betrachtet ist jedes dritte Kind (32 Prozent) hinreichend aktiv, vor
Corona waren es 35 Prozent. „Die Pandemie hat die Bewegungsarmut
nochmals verschärft“, sagt Studienleiter Reiner Hanewinkel vom Institut
für Therapie- und Gesundheitsforschung (IFT) in Kiel. „Es haben sich
besonders diejenigen Schulkinder weniger bewegt, die ohnehin schon früher
nicht aktiv genug waren.“
13
„Wir brauchen
eine Chance, um
unser Leben
zurückzubekommen“
Nach Hamburg fliehen auch Studierende aus der Ukraine, die keinen
ukrainischen Pass haben. Ihren Schutz müssen sie sich erst erkämpfen,
ihnen drohen Obdachlosigkeit und Abschiebung. Autorin Anna-Elisa Jakob
und Fotograf Mauricio Bustamante haben fünf von ihnen getroffen.
I
brahim, Angella, Rachad und all die anderen hier
atten sich in der Ukraine ein Leben aufgebaut, und
h
eigentlich noch ein ganzes vor sich. Es ist Zufall, dass
die meisten von ihnen aus Charkiw sind, der Stadt, die
nur etwa 40 Kilometer von der russischen Grenze entfernt
liegt; ein Zufall wie der, dass sie auf unterschiedlichen Wegen
nach Hamburg fanden.
Wer aus der Ukraine geflohen ist, bekommt eigentlich
ein vorläufiges Aufenthaltsrecht, mit dem man arbeiten und
studieren kann. Wer keinen ukrainischen Pass hat, für
den gilt das nicht. Laut Schätzungen des Bundesinnen-
ministeriums betrifft das rund drei Prozent der
Ukraineflüchtlinge; die meisten von ihnen sind
Studierende, geboren in nichteuropäischen Staaten
wie Nigeria, Marokko oder dem Sudan. Sie flohen
vor dem russischen Angriff, gelten in Deutschland
aber nicht als Kriegsflüchtlinge.
Einige von ihnen treffen sich regelmäßig, wie an
diesem Oktoberabend in der Uni Hamburg. Sie diskutie-
ren über die Zukunft; aus verschiedenen Gründen wollen
sie nicht in ihr Herkunftsland zurück. Aus Angst vor Gewalt,
aufgrund fehlender Perspektiven oder der Hoffnung auf eine
Rückkehr in die Ukraine. Man merkt, sie kennen das Campus-
leben. Tragen Hoodies und Jeans, debattieren stundenlang.
Rachad ist mit 29 Jahren einer der ältesten. Er zog vor
mehr als vier Jahren aus Marokko in die Ukraine, studierte
internationale Wirtschaftswissenschaften und arbeitete als
Banker. Er spricht Arabisch, Englisch, Französisch und
Russisch. Deutschland kannte er nur aus den Nachrichten, Rachad musste eine
sagt er. Aber dass er hier als Flüchtling auf der Straße Nacht am Haupt-
schlafen müsse, das habe er nicht erwartet. bahnhof schlafen.
15
„Wir sind nicht kriminell, über mehrere Länder hinweg. Alle Geschichten erzählen aber
wir sind einem Krieg von monatelanger Unsicherheit nach der Flucht, so wie bei
Malika. Sie ist 21 Jahre alt und studiert Medizin.
entkommen.“ „Als ich mich im Mai registrieren wollte, hatten alle meine Freunde
schon eine Fiktionsbescheinigung bekommen. Nur ich nicht. Man sagte
ANGELLA
mir, ich müsse in eine andere Stadt, Nustrow, 200 Kilometer von
Hamburg entfernt. Dort sollte ich leben, obwohl ich in Hamburg
schon ein Zimmer g efunden hatte, an einem Deutschkurs und einem
dann 10.000 Euro? Als Student? Es interessiert niemanden, wie viel ich Vorbereitungskurs der Uni teilnahm. Sie nahmen meinen Pass und
mich anstrenge, wie viel ich mich bemühe, um in diese Gesellschaft zu sagten, in Nustrow könne ich ihn abholen.
finden. Man setzt mich nur immer weiter unter Druck.“ Zwei Monate lang versuchte ich, meine Dokumente wiederzube-
Die Berichte der Studierenden lassen sich für Hinz&Kunzt kommen, im Juni bekam ich einen Termin in der Ausländerbehörde.
nur teilweise überprüfen, ihre Fluchtwege ziehen sich meist Diesmal sprach ich mit einer Frau, die offenbar die Leiterin war und
sagte, dass ich Asyl beantragt hatte, obwohl ich das gar nicht müsse. Sie
ging zu dem Kollegen, bei dem ich mich registriert hatte und
fragte, warum er das gemacht habe. Ich glaube, viele in den
Behörden kennen unsere Situation nicht. Das Schlimme
ist, dass wir es sind, die darunter leiden. Bei diesem
Termin habe ich eine Fiktion bekommen, sie gilt
noch ein paar Monate. Meine Dokumente habe
ich erst einen Monat später zurückbekommen.“
Meine Schwester weigerte sich, ihren Pass abzugeben und musste die Es ist schon dunkel draußen, doch einige sind noch in der Uni
Unterkunft verlassen. Sie war obdachlos und fuhr erst mal zurück nach und reden. Immer wieder kommen neue Leute hinzu, gerade
Berlin. Deshalb sind wir jetzt getrennt. erst ein junger Typ mit Rollkoffer. Es geht in diesem Raum
Ich habe mit 18 Jahren Nigeria verlassen, um zu studieren. um Politik, sagen sie, es geht um Rassismus. Sie erzählen von
Ich wurde in der Ukraine erwachsen, ich bin zur Ukrainerin geworden. ihren Erfahrungen und erinnern sich an ihre Rechte.
Wir brauchen eine Chance, um unser Leben zurückzubekommen, so
wie alle anderen Ukrainer:innen sie hier auch bekommen. Wir sind
Sie wollen sie gemeinsam nicht vergessen. •
nicht kriminell, wir sind gemeinsam einem Krieg entkommen. Anna-Elisa Jakob unterhielt sich mit den
Wir sollten genauso als Kriegsflüchtlinge gelten.“ Studierenden auf Englisch. Bürokratische
Begriffe wie „Fiktionsbescheinigung“ kannten
Angella spricht schnell und bestimmt. Eine andere junge die meisten nur auf Deutsch.
Frau stellt sich daneben, nickt vehement, sagt: „Ja, erzähl annaelisa.jakob@hinzundkunzt.de
ihnen deine Geschichte!“ Andere sind stiller. So wie Achraf,
dessen Antrag auf Fiktion vor ein paar Stunden abgelehnt
wurde. Er ist 23 Jahre alt, geboren in Marokko, seit vier
Jahren studiert er Veterinärmedizin.
„Andere aus Marokko oder Algerien haben eine Fiktions
bescheinigung bekommen, weil sie in der Ukraine studiert h aben.
Sie können arbeiten und bekommen etwas Sozialhilfe. Ich kann
gar nichts machen. Ich verstehe nicht, wie diese Entscheidun
gen getroffen werden. Wer bekommt welche Rechte?
War um behandeln sie mich so? Ich möchte mich wieder
lebendig fühlen. Es ist, als hätte man mich schon umge
bracht, nicht physisch, aber mental. Ich habe keine
Freude mehr daran, irgendetwas zu tun.“
Meldungen
Nationale Armutskonferenz
in der Schnackenburgallee, die Platz Grundversorgung stehen vor Ort mehrere Todesfälle auf Hamburgs
für Spenden schafft. BELA/UJO • auch Duschen, eine Kleiderkammer Straßen. Das Team besteht heute aus
Mehr Infos: www.hanseatic-help.org
und www.der-hafen-hilft.de
und ein Imbiss zur Verfügung. SIM •
Infos: www.gesundheitsmobil-hamburg.de
rund 60 Freiwilligen. UJO
Infos: www.cafeemitherz.de
•
20
Überall.
„Dann machen
wir das eben!“
Mit Teamgeist und Tatkraft kämpfen Ehrenamtliche der
Hamburger Tafel gegen die wachsende Armut an. Doch die
Krise trifft den Verein ins Mark. Die Mittel werden knapp.
TEXT: ANNABEL TRAUTWEIN
FOTOS: IMKE LASS
24
W
ja die Montagstour, da kriegen wir
enn ihr irgendwelche 101 Europaletten: Um diese Menge den Wagen immer voll“, sagt er. Andere
Götter habt, dann be schrumpften die Vorräte an nur einem kämen oft mit nur einem Drittel La
tet.“ Einen besseren Tag im September. dung zurück.
Rat kann Jan Henrik Dass die Hamburger Tafel über 140 Ehrenamtliche arbeiten regel
Hellwege seinen Mitarbeitenden zur haupt so viel lagern kann, ist einerseits mäßig bei der Hamburger Tafel mit, im
zeit nicht geben. Das Team der ein Vorteil. Für Hellwege ist es auch Fahrdienst und im Lager etwa. Die
Hamburger Tafel arbeitet mit voller eine Bürde. Die Stromkosten für das Hamburger Tafel ist ein Logistikverein,
Kraft, 24 Supermärkte klappern die Lager und die vier Kühlhäuser: derzeit der andere Tafeln beliefert, aber keine
Kolleg:innen im Fahrdienst täglich ab. unberechenbar. Der Sprit für die eigenen Ausgabestellen betreibt. In der
„Mehr geht wirklich nicht an einem 15 Fahrzeuge: teuer wie nie zuvor. Geschäftsstelle arbeiten fünf Festan
Vormittag“, sagt der Geschäftsführer. Gleichzeitig sind da immer mehr Kin gestellte, darunter der Geschäftsführer.
Doch es reicht nicht. der, Frauen und Männer, die hungern Seit zwei Jahren macht Hellwege
Inzwischen geht es auch an die müssen, wenn die Tafel ihnen nicht hilft. den Job, seit zweieinhalb Jahren ist
Reserven. Nur so ist an den insgesamt Wolfgang Hennig hat einige von Krise. Fast hätte Corona das Versor
31 Ausgabestellen genug Essen da. ihnen getroffen, als er bei der Hilfs gungssystem kollabieren lassen. Hell
25
wege und seine Kolleg:innen sahen eine Hellwege will aber nicht klagen. Den
Ausgabestelle nach der anderen die Fehler im System zu ergründen, dafür Mithelfen:
weiße Fahne hissen. Unter Hochdruck habe er keine Zeit. „Jeder hat seine Am Donnerstag, 24. November, neh-
organisierte das Team Aushilfen, packte Aufgabe.“ Seine bestehe unter anderem men Ehrenamtliche der Hamburger
Kisten vor, um Handgriffe und Infekti- darin, die Ehrenamtlichen in dieser Tafel wieder Lebensmittelspenden
onswege zu reduzieren, und stampfte Lage nicht zu überlasten. Not, das ist von Bürger:innen an. Die Aktion läuft
ein Schutzkonzept aus dem Boden. kein Begriff, den Hellwege auf sich in der Europa Passage, im Alstertal-
„Wir dachten gerade: Jetzt kommen selbst anwenden würde. Die echte Not Einkaufszentrum und im Elbe-Ein-
wir endlich wieder in ruhigere Gewäs- ist da draußen. kaufszentrum.
ser“, sagt Hellwege. „Und genau in Vor Corona half die Hamburger Private Lebensmittelspenden für die
dem Moment fängt – Entschuldigung – Tafel wöchentlich etwa 30.000 Men- Hamburger Tafel können außerdem
dieser Scheiß-Krieg an.“ schen, heute sind es mehr als 40.000. beim Verein Hanseatic Help abge
Hinzugekommen sind nicht nur die Ge- geben werden. Die Spendenannahme
flüchteten, die ein Anrecht auf Sozial- in der Großen Elbstraße 264 ist
„Wenn ihr Götter habt, dann betet.“: leistungen haben. Vor allem Inflation dienstags bis samstags jeweils von
Geschäftsführer Jan Henrik Hellwege
und Energiepreise treiben viele in 10 bis 18 Uhr geöffnet.
die Armut. Fast ein Drittel der Tafel-
Nutzer:innen sind Alleinerziehende,
fast jede:r Zwanzigste von ihnen ist auf
die Lebensmittelspenden angewiesen, sen auch viele beim Einkauf sparen.
ergab eine Studie des Wirtschafts Das zeigt sich bei verbilligter Ware.
forschungsinstituts DIW Ende Sep „Diese Angebote werden komplett aus-
tember. Ein weiteres knappes Drittel genutzt“, erklärt Hellwege. Vieles da-
ist schwerbehindert. Ein Viertel der Be- von wäre früher womöglich der Tafel
dürftigen an den Lebensmittelausgaben gespendet worden. Mit einer Aktion
sind Kinder und Jugendliche. Ende September machte der Verein
Während ihre Zahl steigt, sinkt die darauf aufmerksam: In drei Einkaufs-
Menge der Lebensmittelspenden. „Das zentren sammelten Tafel-Teams Le-
ist unser größtes Problem“, sagt Hell- bensmittelspenden von Hamburger
wege. Die Gründe seien teils erfreulich. Bürger:innen und riefen Firmen zur
Die Läden planten nachhaltiger, so Hilfe auf. Schon beim ersten Termin
bleibe weniger übrig. Aber zurzeit müs- wurden an jedem Standort zwei Trans-
26
27
Ehrenamt
Engagement
in Zahlen
Wer hilft wem? So sieht Ehrenamt in Deutschland aus.
TEXT: LUKAS GILBERT
ILLUSTRATIONEN: GRAFIKDEERNS.DE
39,7
39,7
der Menschen in
Deutschland ab 14 Jahren
haben sich 2019
freiwillig engagiert.
Der Trend geht nach oben: 1999 waren es noch
30,9 Prozent. Hamburg liegt im Ländervergleich
auf dem vorletzten Platz: 36 Prozent der
Hamburger:innen waren 2019 freiwillig tätig.
Engagement kennt
kein Geschlecht (mehr)
39,2 Prozent der Frauen und 40 Prozent
der Männer in Deutschland waren
2019 ehrenamtlich im Einsatz. Damit
gibt es keinen signifikanten Unterschied
mehr zwischen den Geschlechtern.
Zuvor waren Männer deutlich häufiger
freiwillig tätig. Allerdings bevorzugen Männer und Frauen unterschiedliche Bereiche:
Während Männer häufiger im Sport, im Rettungsdienst, bei der freiwilligen Feuer-
wehr oder in der Politik aktiv sind, sind es Frauen häufiger im sozialen Umfeld.
Quellen: Die Daten beruhen auf dem deutschen Freiwilligensurvey bzw. dem Länderbericht zum deutschen
Freiwilligensurvey, die jeweils 2022 vorgestellt wurden. Die Untersuchung wird alle fünf Jahre vom Bundesfamilien
ministerium in Auftrag geben. Die aktuellen Daten wurden im Jahr 2019 erhoben.
29
Hinz&Kunzt: Ehrenamtliches Enga darauf hinzuweisen, dass Menschen, Das ist eine öffentliche Aufgabe, aber
gement hat einen sehr guten Ruf. die arbeiten, sozialen Schutz brauchen. die wird in vielen Kommunen ehren
Sie sagen, Freiwillige würden fast Tatsächlich arbeiten viele Engagierte amtlich vom Kinderschutzbund organi
religiös überhöht. Was ist schlecht unbezahlt in Bereichen, für die es Fach siert. Ohne Freiwillige läuft es in vielen
daran, Gutes zu tun? kräfte bräuchte. Bereichen nicht mehr, gravierend ist es
Silke van Dyk: Wir kritisieren ja nicht in der Geflüchtetenhilfe und der Pflege.
die Engagierten. Keine Gesellschaft Ihre Kritik: Der Staat nutzt Ehrenamt Aber es ist natürlich unproblematisch,
kann ohne sie leben. Problematisch ist liche aus. Aber die Menschen helfen wenn Nachbar:innen für Geflüchtete
aber, dass medial oft von Engeln oder doch freiwillig? ein Straßenfest organisieren. Oder eine
Helden die Rede ist, wenn es um Ehren Es lohnt sich, genau hinzugucken: Wo Klavierspielerin ein Mal pro Woche
amtliche geht. Das klingt erst einmal erfüllen Freiwillige Aufgaben, die der einen Musiknachmittag im Pflegeheim
toll, legt aber nahe, dass sie nicht auf Staat qua Rechtsauftrag zu erfüllen anbietet.
solche „profanen Dinge“ wie soziale hätte? Wo es etwa das Recht auf einen
Rechte und Bezahlung angewiesen sind Kindergartenplatz gibt, dann aber die Kann es sich der Staat leisten,
(siehe Meldung S. 29). Verdi hatte mal Ressourcen fehlen, diesen Rechtsan auf Freiwillige zu verzichten?
eine tolle Kampagne namens „Tarif spruch umzusetzen. Oder bei begleite Lebensnotwendige und teilhabesichern
verträge fallen nicht vom Himmel“, um tem Umgang in Trennungsfamilien: de soziale Aufgaben sollten öffentlich
30
ptatiunt at harupi
brauche nur ein „großes Herz“ und
Zur Person: dann klappe das schon. Niemand
Silke van Dyk (geb. 1972) ist Professorin würde hingegen eine nichtqualifizierte
für Politische Soziologie und Direktorin Person an einen OP-Tisch stellen. RATGEBER
des Instituts für Soziologie der Friedrich-
Schiller-Universität Jena. Sie forscht u. a. Auch pensionierte Ärzt:innen engagieren
Optatiunt at harupi
zur Sozialpolitik des Wohlfahrtsstaats. sich im medizinischen Bereich …
Ja, die Hilfe ist dann zwar nicht un
ficie nduntia inus veles intistiscia quos ditate cus eniet aber
professionell, volupta tiatur rectatur,
sie funktioniert nicht et et pelitior mi, secea cum escimuscium ea
di untibust, venihit que earcia ento volorro beat. als Event
soziales Recht, cus as sondernet quam als eine ium dolo core conseque INNERE KRAFTisFÜR diDICHtem fuga. Occabo.
& ANDERE
finanziert und transparent organisiert Gabe, für die ich dann auch dankbar
borent libusda dellibero experor emporis aliquatio ex- Tuscit aciae adignis et elicil ist as estisBARMBEK pe prature QIGONG volore
RATGEBER ex eum au-
werden, etwa zentrale Bereiche wie sein muss. BAHRENFELD TAIJIQUAN
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minte praes re nihit modit optate lab il ipid ut dolor ex ea
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volor arciandae velecesti
minte praes re nihit modit optate lab il ipid ut dolor andamenimet cum as maximus
mentierte Grenzüberschreitungen: Der asperiatur sunt. Xerchit, aut mintotasin rem andae ad experfe ruptate
maio. Adigeni
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haruptaÜbergangsunt. Xerchit,
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simone.deckner@hinzundkunzt.de
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Lückenfüller am Limit
Mehr als 1200 Menschen kümmern sich ehrenamtlich um
Hamburgs Obdachlose. Manche Initiativen arbeiten inzwischen fast professionell.
Aber oft kommt das Ehrenamt auch an seine Grenzen.
D
ie Schlange auf der Ree Ärzt:innen und Pflegefachkräfte, die 2014 hat Bassenberg die Gruppe
perbahn ist lang: Junge und eigentlich heute ihren freien Tag hät „Bergedorfer Engel“ gegründet. Er
Alte, Menschen mit Krü ten, leisten medizinische Hilfe. All das wollte etwas tun, weil er den Anblick
cken, auch einige mit Hun wurde aus Spenden finanziert. von Obdachlosen nicht mehr ertrug,
den, warten darauf, dass ihnen die Rund 200 Menschen ohne Woh die offenbar sich selbst überlassen wa
Frauen und Männer in den neongelben nung sind an diesem Sonntag Anfang ren. „Ich bin immer an derselben Stelle
Warnwesten Essen auffüllen. Es gibt Oktober hergekommen. In der Regel sei vorbeigefahren und habe die Leute da
Pasta Bolognese und vegetarisches en es mehr, sagt Organisator Thorsten in ihrem Elend liegen sehen“, erinnert
Chop Suey, 400 Portionen, alles frisch Bassenberg. Jedes zweite Wochenende er sich. „Ich habe mir gedacht: Es kann
gekocht und kostenlos. Daneben verteilt versorgen er und seine etwa 30 Mitstrei doch nicht sein, dass da jahrelang nichts
jemand aus einem Koffer heraus war ter:innen die Menschen auf der Straße passiert.“ Also fing er an, in seinem Kel
me Socken, binnen Sekunden sind sie mit dem Nötigsten. Sie füllen eine Lücke: ler Sachspenden zu sammeln und sie
vergeben. Vor dem Discounter steht Die meisten Anlaufstellen für Obdach aus seinem Auto heraus auf der Straße
außerdem das „Gesundheitsmobil“. lose haben sonntags geschlossen. zu verteilen.
32
Inzwischen fährt er in einem weißen dizinisch, schneiden Haare oder sorgen Hinzu kommt das finanzielle Engage-
Transporter mit dem Schriftzug „Ber- dafür, dass sich auch Menschen ohne ment: Rund eine Million Euro sind in
gedorfer Engel“ durch Hamburg, finan- eigenes Bad in Würde waschen können. den vergangenen zehn Jahren allein
ziert aus Spenden und Geld von einer Hunderte helfen bei etablierten Einrich- über das „Spendenparlament“ an Ini
Stiftung. Seine Initiative verteilt mittler- tungen wie der Bahnhofsmission oder tiativen aus der Obdachlosenhilfe ver-
weile nicht mehr nur Sachspenden: dem städtischen Winternotprogramm – geben worden. Neben dem städtischen
Als 2019 die Pandemie kam, sammelten und bei Hinz&Kunzt. Die Liste der Hilfesystem hat sich also längst ein
er und seine „Engel“ Geld, um 19 Ob- Initiativen ist viel zu lang, um sie hier zweites etabliert, getragen von der Soli-
dachlose in Hotelzimmern unterzu- alle zu nennen. darität der Hamburger:innen.
bringen. Im vergangenen Winter waren
es immerhin noch zehn. Für all das
könnte der Staat sich durchaus mal er-
kenntlich zeigen, meint Bassenberg. So Schlange
stehen für
ein Nachmittag auf der Reeperbahn
ein warmes
koste schließlich rund 1000 Euro: „Das Essen auf
müssen wir ja jeden Monat irgendwie der Reeper-
aufbringen.“ bahn
Wo der Staat Lücken lässt, springen
seine Bürger:innen ein: In Hamburg ist
eine bemerkenswert große Szene von
Ehrenamtlichen entstanden, die sich
für Obdachlose engagiert. Mehr als
1200 Menschen gehören dazu, ergab
eine Hinz&Kunzt-Abfrage unter Orga-
nisationen und Einrichtungen der
Wohnungslosenhilfe.
Sie fahren mit dem Kältebus durch
die Stadt, verteilen Lebensmittel und
Schlafsäcke, versorgen Obdachlose me-
33
Ehrenamt
Thorsten Bassenberg
hat am Anfang Sach-
spenden aus seinem
Privatauto verteilt.
34
DEIN TAG
haupt davon. Regelmäßige Treffen zwischen Profis
und Laien bei der AGFW gab es zuletzt vor zwei
Jahren. Immerhin findet Vernetzung inzwischen
WAR HART?
verstärkt auf anderen Wegen statt: über WhatsApp-
Gruppen und Zoom-Meetings zum Beispiel.
Thorsten Bassenberg ist sich dieser Problematik
bewusst. Die „Bergedorfer Engel“ würden sich auf
die Versorgung mit Essen und Sachspenden be DER BETON
IST HÄRTER.
schränken, sagt er: „Wir versuchen auch immer, eine
Grenze zu ziehen, wir sind ja keine Sozialarbeiter.“
Dafür, wie das Zusammenspiel von Ehrenamtlichen
und Hauptamtlichen klappen kann, liefert er aber
ein gutes Beispiel: Als seine Initiative Hotelzimmer
für Obdachlose angemietet hatte, übernahmen
Diakonie und Caritas die Sozialarbeit. In Hamburg frieren jeden Tag
Noch besser wäre es freilich, wenn all das Enga obdachlose Menschen. Du kannst
gement gar nicht nötig wäre. „In den letzten drei, vier helfen. Mit einer Spende oder
Jahren sind so viele Suppenküchen neu entstanden, deinem Schlafsack.
so viele Vereine gegründet worden …“, sagt Bassen
berg. „Aber das eigentliche Ziel, dass die Leute in die
hanseatic-help.org/waermegeben
Wohnungen kommen, das wird vernachlässigt.“ •
Benjamin Buchholz kann mit seinem
Ehrenamt im Kleingartenverein nicht viel
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falsch machen. Vor Menschen, die für andere
Opfer bringen, hat er großen Respekt.
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benjamin.buchholz@hinzundkunzt.de
35
Hanseatic Help_Poster A1_2022_fuer_Karte.indd 1 11.10.22 10:35
B
ücher. Bücher und noch mehr Buchhändlerlehre. Führt das Haus seit regennass und erwartungsvoll: „Wir
Bücher. In Regalen, auf Ti- 1991: das Hauptgeschäft gegenüber haben eine alte Bibel!“, sagt einer der
schen, in Schränken, manche vom Michel, ideal für Laufkundschaft, beiden stolz. Sie zücken ein Handy,
hinter Glas. Gelesen, nicht die runter zum Hafen unterwegs ist. Pankow wischt von Bild zu Bild: „Aha
mehr neu, stehen sie hier im „Antiqua- Dazu eine Filiale in den ehemaligen … ah ja … schön, schön“, murmelt er
riat Reinhold Pabel“ und warten auf Krameramtsstuben, fast nebenan. Mit dazu. Dann holt er tief Luft: „Jahrhun-
ein nächstes Leben. Dass sie jemand seiner Frau, dazu zwei Mitarbeiter. dertwende. Vielleicht klingt es wunder-
mitnimmt, nach Hause. Sie liest oder Gerade absolviert eine Schülerin ein lich, aber diese Bibel ist nicht so wert-
sie einfach nur haben will. Praktikum. voll, wie man denkt.“ Die Bibel sei
„Mein Großvater hatte viele Bü- Wie ist es überhaupt mit den jun- damals das Buch der Bücher gewesen
cher. Wenn wir Kinder ihn besuchten, gen Leuten? Pankow lächelt: „Manch- und in jedem Haushalt hätte es zwei
durften wir die Prachtbände aufblät- mal kommen junge Leute rein, unvor- gegeben: eine kleine für den Alltag, eine
tern“, erzählt Gottwalt Pankow, Jahr- bereitet, sie wollen vielleicht nicht große für den Sonntag. „Wenn die hier
gang 1947, der Inhaber des Antiquari- drüben in die Kirche gehen, haben sich farbig illustriert wäre, es gibt welche mit
ats. „Es gab etwa ein Zoo-Buch mit abgesetzt. Dann rufen sie: ‚Boah, geil, Stahlstichen, dann wäre das eine ande-
Schwarz-Weiß-Bildern über Tiere: über und wie das riecht!‘“ Die kauften jetzt re Sache“, setzt er hinzu. Also kein Inte-
den Molukkenkakadu oder den Scha nicht gleich ein altes Buch mit Holzde- resse? Pankow schüttelt den Kopf. Also
brackentapir – das müssen Sie als Kind ckel und Metallbeschlägen, sie kauften Ebay? Das könnten sie probieren. „Das
erst mal lesen können!“ Auch Pankows manchmal gar nichts. „Aber sie haben Leder vom Umschlag ist ein wenig an-
Vater besaß viele Bücher, und über- eine Urerfahrung gemacht, darauf gekratzt, cremen Sie es mit Vaseline
haupt hätten die Großeltern, die Onkel kommt es an: diese Begegnung zu schaf- ein, dann kann man optisch noch was
und Tanten und auch seine Eltern ihm fen.“ Der Antiquar schaut zufrieden. rausholen. Nicht mit Schuhcreme,
immer wenigstens ein Buch geschenkt, Seine Kund:innen suchen Erstaus- dann wird es brüchig“, rät er. Er blickt
wenn es etwas zu schenken gab. gaben oder vergriffene Bücher. Sie inte die beiden lange an: „Wissen Sie, als
Aber erst mal: Studium der Theo- ressieren sich für spezielle Editionen, diese Bibel gedruckt wurde, konnte
logie. „Abgebrochen, rausgewunden in für Sonderdrucke. Stehen vor dem Re- man ganz leicht und schnell viele
die Literaturwissenschaft, und als ich gal, das ausschließlich mit signierten Bibeln drucken – sie ist nicht so selten.“
Nägel mit Köpfen machen wollte, was Büchern bestückt ist. „Eine schöne Die beiden bedanken sich, packen ihr
denkt man da?“, fragt er. Man denkt: Ausgabe von Goethes ,Werther‘ wird Handy wieder weg.
Lehramt! „Denkt: Da kannst du was immer Liebhaber finden, aber eine
machen mit deinem Deutsch und dei- Werkausgabe von Goethe kauft kaum
nen künstlerischen Interessen.“ Aber
damals will in Hamburg niemand
noch jemand“, sagt Pankow. Enttäu-
schung gibt es daher für den, der hofft, „Eine Werkaus-
Deutschlehrer einstellen. Auf abseh Pankow könnte ein ererbtes Buch ver-
bare Zeit nicht und danach auch nicht.
Also steigt er ins Antiquariat seines
golden: „Früher standen die Bücher bei
den Leuten, heute sind sie auf dem
gabe von Goethe
Schwiegervaters Reinhold Pabel ein, in
dem er während seines Studiums zu-
Markt.“ Der Markt ist entsprechend
gesättigt, die Preise also niedrig. kauft kaum noch
sammen mit seiner Frau immer mal Und als sei es abgesprochen, betre-
wieder gejobbt hat. Macht noch eine ten zwei junge Männer den Laden, jemand.“ GOTTWALT PANKOW
39
Pankow gibt sich einen Ruck: „Ich die Superhelden, Fix & Foxi, aber auch geschäfte für Bücher und Hefte gege-
zeige mal einen Schatz.“ Er nimmt Werbecomics wie „Lurchis Abenteuer“ ben habe. „Ich hatte mit 50 Pfennig
einen Tritt, stellt sich drauf, reckt sich, über einen Salamander der gleichna- pro Woche nicht so viel Taschengeld,
holt aus dem obersten Regalfach ein migen Schuhfirma. Oder ganz Spezi- dass ich neu kaufen konnte“, erzählt er.
kleines, aber kompaktes Buch: Die elles wie „Familie Redlich in der neuen Etwa die Hefte der Comicreihe „Illus
„Metamorphosen“. Von Ovid. 600 Euro Heimat“, ein Comic-Heft, gedruckt trierte Klassiker – Die spannendsten
soll es kosten. „Es ist nicht das schönste 1956 in Argentinien, damals gedacht Geschichten der Weltliteratur“, die er
Exemplar, aber es hat einen Origi- als Integrationshilfe für deutsche Ein- sehr schätzte und die pro Heft eine
naleinband“, sagt er. Er zeigt einen wanderer. Dazu noch Romanhefte, Mark kosteten: Die Ilias, Die Nibelun-
eingefügten Stich, zeigt die Metalldru- rund 20.000 bis 30.000 Filmprogram- gen, Macbeth oder Die Schatzinsel. Er-
cke. Eine Ausgabe aus dem Jahr 1610. me wie den „Film-Kurier“ und Musik- schienen von 1956 bis 1972, am Ende
Und Pankow schaut nach draußen in zeitschriften: „Wir haben etwa die 204 Bände – von denen es nun viele bei
Richtung des mächtigen Michel, neben ,Bravo‘ von 1956 bis hoch in die ihm zu erwerben gibt.
dem ein Reisebus parkt: „Ich versuche 1980er-Jahre.“ Wir – das sind er, sein
den Menschen klarzumachen: Dieses Bruder Joachim und Tochter Laila. Das Antiquariat
Buch ist das Dokument einer vergange- Wie Gottwalt Pankow hat er manch- als Treffpunkt
nen Zeit und es ist noch da. Als es ent- mal seine Mühe mit denen, die ihm Natalie Banakh kocht erst mal einen
stand, waren da drüben noch Wiesen.“ etwas verkaufen wollen: „Ich sag Kaffee. Stellt ein Tablett mit Kuchen-
am Telefon ‚Nur Comics 1960er- bis stücken dazu. Die „Buchhandlung Lutz
Comics als 1970er-Jahre‘, dann kommen die, ich Heimhalt“ in Fuhlsbüttel, gegründet
antiquarisches Kulturgut sehe gleich: 90er. Und die wieder: 1975, ist ein Buchladen, wie es ihn nur
Zeitlich nicht ganz so weit zurück geht ‚Aber das sind doch so schöne Hefte!‘“ noch selten gibt: Die vordere Hälfte
es bei Werner Knüppel, der sein Anti- Er verdreht die Augen. bietet Neuerscheinungen, die hintere
quariat „Comicladen-Kollektiv“ an der Eigentlich ist er Speditionskauf- Hälfte ist Antiquariat. Was so anfangs
vierspurigen Fruchtallee in Eimsbüttel mann, Jahrgang 1957. Aufgewachsen in nicht geplant war: „Doch irgendwann
führt. Sein Spezialgebiet: Comics von der Neustadt, Hafenarbeiterviertel. Wo fingen die Kunden an, uns ihrerseits
ungefähr 1860 bis 1975. Mickey Mouse, es allein vier bis fünf An- und Verkaufs- Bücher anzubieten, ich habe erst mal
40
Der
Kunzt-
Hinz& nder
Kale
2023 Wasser.
Wolken.
uro
6,80 E0 Euro für
3,4
Davon rkäufer:innen
Ve
Wünsche.
unsere
www.comicladen-kollektiv.de
Buchhandlung Lutz Heimhalt: Erdkampsweg 18,
Dürfen wir Sie begleiten?
www.buchhandlung-lutz-heimhalt.de Fünf Hinz&Künztler:innen waren mit Fotografin
Lena Maja Wöhler in Hamburg auf Safari.
Zu Fuß und per Boot, bei Sonnenschein und in
der Nacht haben sie die Schönheit und Flüchtigkeit
für mich gekauft“, erzählt ihr Mann Lutz Heimhalt. von Wasser eingefangen. Ihre schönsten Bilder
Bis er so viel aufgekauft hatte, dass er nicht mehr zeigen wir in unserem Jahreskalender 2023.
Erhältlich auf Hamburgs Straßen oder in unserem
wusste, wohin damit. Also verkaufte er sie wieder.
Shop unter www.hinzundkunzt.de.
Heute landet so manche Bibliothek bei ihnen, wenn
ein Haushalt aufgelöst werden muss. „Erst gestern
kam ein älteres Paar, das schon lange bei uns Kunde Für 6,80 Euro
ist. Es muss sich räumlich verkleinern, und sie haben Davon 3,40 Euro für
uns mindestens 30 Bildbände einfach so geschenkt“, unsere Verkäufer:innen
erzählt seine Frau und muss erst mal den nächsten
Kunden bedienen.
Denn es herrscht reger Betrieb: Eine Frau holt
ihren bestellten Reiseführer ab, ein Mann sucht nach
einem Buchtitel und erzählt von den Nachwirkungen
seiner OP, eine andere Frau kommt rein und fragt,
ob sie sich einen der Äpfel nehmen kann, die in einer
Wanne unter der Kasse liegen: alte Sorten, unge-
spritzt, aus dem Garten der beiden. Darf sie, na klar.
So geht Nachbarschaft.
„Unsere Tür steht offen“, sagt Natalie Banakh,
„es kommt auch mal einer und fragt: ‚Können Sie
das Buch gebrauchen? Kann ich dafür ein bisschen
Geld bekommen? Vielleicht für einen Kaffee?‘“ Ihr
Mann ergänzt: „Manche verkaufen schon aus einer
gewissen Not heraus.“ Und seien dabei erfinderisch:
„Sie kaufen gut erhaltene Bücher bei irgendwelchen
Kirchenbasaren für fast nichts und bieten sie dann
uns an.“
„Man darf es gar nicht sagen“, fügt er noch an,
„aber wir entsorgen heute tatsächlich Bücher im
Altpapier.“ Sie stünden dann neben dem Container,
nehmen jedes noch mal in die Hand, fragten sich:
Kann man es nicht doch behalten? Und er greift sich
eines vom Stapel neben sich und sagt: „Es ist schon
schön, ein Buch zu besitzen.“ •
Frank Keil lebte als Student zeitweise
im Hamburger Antiquariat „Café Libresso“. SCHÖNER SCHWITZEN
600944
W
ie schnell es gehen kann, nung über ihr raus. Ihre Kleidung und der ehemaligen Nachbarin geworden
dass ein Mensch auf der persönlichen Gegenstände lagen unter ist, weiß sie nicht, doch das Gefühl der
Straße landet, hat Mareike der Haustreppe, bis Anwohner:innen Hilflosigkeit hat sie nicht vergessen.
Deggelmann vor Jahren hautnah miter- die Polizei riefen. Eine Weile hielt Diese Erfahrung war einer der
lebt. „Damals habe ich zur Untermiete Mareike Deggelmann noch Kontakt zu Gründe, warum sie an Hinz&Kunzt
in einer Wohnung auf St. Pauli ge- der Frau, ließ sie Bad und Toilette be- g edacht hat, als sie für ihre Master
wohnt“, erzählt die 30-Jährige. Der nutzen und suchte ihr Anlaufstellen für arbeit ein Preisgeld erhielt. „Natürlich
Vermieter setzte die Frau in der Woh- wohnungslose Menschen raus. Was aus hätte ich mir davon was Schönes kaufen
42
selbst gut geht, das hat sie bei ihrer Tante schneller und einfacher falsch deklarier
Telefon
gelernt. „Nach dem Abitur habe ich sie in te Ware erkennen, Lebensmittelbetrug
Honduras besucht, wo sie für die Gesell verhindern und Verbraucher:innen E-Mail
schaft für technische Zusammenarbeit schützen“, erklärt die Preisträgerin und
gearbeitet hat“, erinnert sie sich. „Wir
hatten eine tolle Zeit, haben viel gesehen
wirkt zu Recht ein bisschen stolz. • Einzugsermächtigung:
und meine Tante hat gesagt: ,Nun haben redaktion@hinzundkunzt.de Ich erteile eine Ermächtigung zum
Bankeinzug meiner Jahresspende.
Ich zahle: halbjährlich jährlich
IBAN
Dankeschön BIC
Wir danken allen, die uns im Oktober 2022 • die Hamburger Tafel • Obstmonster GmbH Bankinstitut
unterstützt haben, sowie allen Mitgliedern im • Hanseatic Help • Der Hafen hilft
Ich bin damit einverstanden, dass mein Name in
Freundeskreis von Hinz&Kunzt! Ausdrücklich • die Hildegard und Horst Röder-Stiftung der Rubrik „Dankeschön“ in einer Ausgabe des
danken wir allen Spender:innen – wir freuen • Axel Ruepp Rätselservice Hamburger Straßenmagazins veröffentlicht wird:
uns über kleine und große Beträge! • die Hamburger Kunsthalle Ja Nein
Wir unterstützen Hinz&Kunzt. Aus alter Freundschaft und mit neuer Energie. Hanse Werk
HK 357
43
Kritik zu delegitimieren und andere Ihren wirklich sehr netten Verkäufer zu-
Meinungen zu unterdrücken. Schade, gegangen und habe Ihr Magazin gekauft Leser:innenbriefe geben die Meinung der
dass ihr darauf nicht hingewiesen habt. – und das war gut so! Inhaltlich ist Verfasser:innen wieder, nicht die der Redaktion.
GÜNTER BUSSE Hinz&Kunzt sehr ansprechend. Ich Wir behalten uns vor, Briefe zu kürzen. Über Post
wünsche Ihnen viel Verkaufserfolg, aber an briefe@hinzundkunzt.de freuen wir uns.
Welch unfassbare Überheblich- auch, dass Ihr Einsatz und der Ihrer Ma-
keit, wie hier Menschen, die eine ande- gazin-Verkäufer:innen eines Tages nicht
re Meinung vertreten, als unmündige mehr notwendig sein wird. CHRISTEL RICKEN
Wir trauern um
Kinder dargestellt werden, die behutsam
von der „Wahrheit“ überzeugt werden Gutes Gartengefühl Rychard Redes
15. Mai 1961 – 29. September 2022
müssen. Dabei besteht natürlich in H&K 356: Gartenkolumne
keinster Weise die Möglichkeit, dass es Selbst wenn ich (Nicht-Bio-) Gemüse Nach einem langen Kampf hat Rychard gegen
eine andere Wahrheit gibt, als die, die weiterhin für übersichtliches Geld den Krebs verloren. Er war seit 1999 bei uns.
Sie, die Autorin des Artikels, vertreten. kaufen kann, kann doch kein Geld Die Verkäufer:innen und das Hinz&Kunzt-Team
BRITTA KRUSE der Welt mir das Gefühl nehmen,
HAMBURGER NEBENSCHAUPLÄTZE
Wollen Sie
Hamburgs City
einmal mit
anderen Augen
sehen? Abseits
der glänzenden
Fassaden zeigen wir
Orte, die in keinem
Reiseführer stehen:
Bahnhofsmission
statt Rathaus und
Tagesaufenthalts-
stätte statt Alster.
Sie können mit
unserem Stadtführer
Chris zu Fuß auf
Tour gehen, einzeln
oder als Gruppe mit
bis zu 25 Personen.
Auch ein digitaler
Rundgang ist
möglich. Das ist fast
genauso spannend.
Offener Rundgang am Sonntag, 13.11. und 20.11.22, jeweils 15 Uhr.
Reguläre Rundgänge bequem selbst buchen unter:
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Telefon: 040/32 10 84 04
Kostenbeitrag: 5 Euro/10 Euro
pro Person
Steinen auf
der Spur
Von Blicken auf den Boden, einem
wieder aufgetauchten Sockel und
König Christian dem Siebten: ein Spaziergang
entlang der Hamburger Grenzsteine
und Fragen an Herrn Wendt.
TEXT: FRANK KEIL
FOTOS: ANDREAS HORNOFF
I
rgendwo hier muss er doch sein! gelaunt in seinem Haus in Poppenbüttel:
Vielleicht sollten wir der Trom- „Was wollen Sie wissen?“ Wie alles an-
melstraße folgen, rauf bis zum fing, vielleicht? „Ich habe mich schon
Hein-Köllisch-Platz? Mitten in immer für Geschichte interessiert und
St. Pauli-Süd werden wir fündig: An der immer ein offenes Auge gehabt.“ Dann
Trommelstraße, Ecke Finkenstraße, liegt half sein Beruf: „Ich war bei der Ham-
die gesuchte Gehwegplatte. Sie ist klei- burger Stadtentwässerung als Vermes-
ner als die anderen, hat die Buchstaben sungsingenieur tätig, war im Außen-
„A“ und „H“ eingeritzt, dazwischen ein dienst in der ganzen Stadt unterwegs
Strich. „A“ steht für Altona und „H“ für und hatte immer meine Kamera dabei,
Hamburg. Wir stehen vor einem histori- um meine Arbeit zu dokumentieren“,
schen Grenzstein und damit auf der erzählt er.
einstigen Grenze zwischen Altona und Als ihm die ersten Grenzsteine auf-
Hamburg. Von 1640 an markierte sie die fallen, ist sein Interesse geweckt: Akten-
Gebiete zweier Städte, die lange heftig ordner füllen sich mit Fotos und Unter
miteinander konkurrierten. Etwa 270 lagen, er erstellt ein Kataster. Aber
Grenzsteine und Grenzmarkierungen soll er das nur für sich selbst machen?
sind erhalten, um die 1000 soll es auf „Ich bin beim Denkmalschutzamt vor-
dem heutigen Hamburger Stadtgebiet stellig geworden, und man hat mich mit
gegeben haben: zwischen Hamburg und
Altona, zwischen Hamburg und Preu-
ßen, zwischen Hamburg und Holstein.
Dass die meisten Standorte verzeich-
net, dokumentiert und kartografiert
sind, liegt entscheidend an Wolf-Rüdiger
Wendt. Mit ihm wollten wir eigentlich
vom Fischmarkt aus von Grenzstein zu
Grenzstein durch die Stadt wandern.
Denn wen man auch fragt, das Denk-
malschutzamt der Kulturbehörde oder
den Denkmalschutzverein, stets heißt es:
„Am besten, Sie fragen Herrn Wendt.“
Herr Wendt, mittlerweile 80 Jahre alt,
lässt sich in Sachen Grenzsteine einfach
durch niemanden ersetzen.
Aber Herrn Wendts Knie mag grad
nicht. Neulich erst operiert, will es lieber Historischer Grenzstein, neu gerahmt: Das
Ruhe. Stattdessen empfängt er uns gut „A“ steht für Altona, das „H“ für Hamburg.
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Am besten startet man am Fischmarkt: Dort liegt mit Blick auf die Elbe der SOFIA PORTANET
erste Grenzstein. Den Pepermölenbek hochgehen: An der Brücke prangen 22.11.22 – Knust
die Wappen von Hamburg und Altona. Über die Trommelstraße sowie GILLA BAND
Lange Straße geht es weiter bis zur Reeperbahn, Hausnummer 170. 23.11.22 – Fabrik
Hier steht ein schön restaurierter Grenzpfeiler. Nun die Talstraße entlang bis MAGGIE ROGERS
Ecke Paul-Roosen-Straße. Vor der Hausnummer 5 liegt ein Stein. 26.11.22 – KENT Club
In der nahen Brigittenstraße finden sich drei weitere, auf der Grenzlinie SUKI WATERHOUSE
befindet sich heute das Kommunale Kino „B-Movie“. Hier verläuft übrigens 01.12.22 – Barclays Arena
Doormannsweg, wo sich gegenüber der Hausnummer 43 ein Stein auf KAY ONE
dem Grünstreifen versteckt. Von hier aus folgt man den Grenzsteinen: 08.12.22 – Fabrik
über den Eimsbütteler Marktplatz durch Eimsbüttel, Langenfelde und WLADIMIR KAMINER
Lokstedt und dann im Bogen nach Eppendorf. Auch auf dem 11.12.22 – Hebebühne
Grenzsteine und -markierungen finden sich auch in Wandsbek, Berne, STATUS QUO / MANFRED
Bergstedt und in Volksdorf. Hamburgs nördlichste Grenzsteine liegen im MANN'S EARTHBAND
Duvenstedter Brook; die südlichsten in Harburg am Ende der Schwarzen 16.12.22 – Sporthalle
Berge. Hilfreich ist die Webseite www.geoportal-hamburg.de. Einfach in TORFROCK
die Suchmaske „Grenzsteine“ eingeben. Grüne Punkte markieren die Orte. 18.12.22 – Sporthalle
Zu jedem Punkt werden der Straßenname, die Hausnummer sowie das DEINE FREUNDE
Baujahr des Grenzsteins angezeigt. 19.12.22 – Fabrik
POPPY
Abtauchen in
Rockeys Zelt
Die Kino-Reihe „Flexibles Flimmern“ kommt
zu Hinz&Kunzt und zeigt den 3-D-Film „We Live Here“ –
eine berührende virtuelle Erfahrung.
TEXT: JAN PAERSCH; FOTO: DMITRIJ LELTSCHUK
50
M
ein letztes Erlebnis mit Virtual Reality (VR)
war ein grässliches. Für ein paar Minuten
war es amüsant, mit einem virtuellen Rover
über den Mond zu rasen. Doch schon
Sekunden nach der Fahrt plagte mich eine intensive Übelkeit,
die Stunden anhalten sollte. Die Lust auf computergenerierte
Parallelwelten war mir für lange Zeit vergangen.
Doch nun, Jahre später, ist alles anders. Ich setze die 3-D-
Brille ab und fühle mich gut, von leichter Desorientierung
abgesehen. Holger Kraus lacht mich an. Ich lächele zurück,
obwohl mir nicht danach zumute ist. Ich bin tief berührt und
sprachlos. Soeben habe ich buchstäblich am eigenen Leib
gespürt, was es heißt, seine Lebensgrundlage zu verlieren.
Obdachlos zu werden.
Holger Kraus ist schon immer Kinofreak gewesen; Filme
sammelt er, seitdem er 14 Jahre alt ist. Der Bergedorfer arbei-
tete als Eventkaufmann, doch zunehmend kam in ihm der
Wunsch auf, sich selbst zu verwirklichen: seine Filmleiden-
schaft, sein technisches Wissen und sein, wie er selbst sagt,
„didaktisches Sendungsbewusstsein“ zu verbinden. 2006 gab
es die erste Veranstaltung seiner Reihe „Flexibles Flimmern“:
Kino an ungewöhnlichen Orten, immer passend zur Thema-
tik des jeweiligen Films. Es gab schon Screenings auf dem
Ohlsdorfer Friedhof und im Spielcasino. Doch ein exotisches Kleiner Vorgeschmack: Filmemacherin Rose Troche
Setting allein hat Kraus nie gereicht. Sein Lieblings-Hashtag mit Rockey (oben), das Zelt von innen.
auf Instagram ist #kinomitdrumrum, oft gibt es eine stimmige
kulinarische Begleitung, fast immer wird diskutiert.
Wer den Film „We Live Here“ gesehen hat, wird Rede- eine Box, in der sich alte Fotos befinden. Sobald ich eines be-
bedarf haben – es ist ein vielschichtiges, bewegendes, auf rühre, beginnt Rockey Geschichten zu erzählen: von ihrer
rüttelndes Kunstwerk, das mit einem galoppierenden Pferd Schulzeit, ihrer Heirat auf einem Motorrad, ihren Jahren als
beginnt. Eine englische Stimme kommt aus dem Off: Stell dir Cowgirl. Ihre Erinnerung an die Ranch mit den Hengsten
vor, du hast deinen Traumjob und kümmerst dich um wilde wird brutal von einer Sirene unterbrochen – und einem
Hengste. Doch dann stirbt dein Chef, du verlierst deinen Job, Polizisten, der Rockeys Habseligkeiten durchwühlt.
du hast keine soziale Absicherung und du wirst obdachlos. Das Filmerlebnis „We Live Here“ dauert zwischen 15
Dieses Schicksal hat Rockey getroffen. Die Filmemacherin und 18 Minuten, eine nur scheinbar kurze Zeitspanne, in der
Rose Troche hat die Frau im Alter von 59 Jahren in einem man in abwechselnd quietschbunte, minimalistische und
Park in Los Angeles kennengelernt und zu ihrer Protagonistin fotorealistische Bilderwelten eintaucht – in das Leben einer
gemacht. „We Live Here“ ist frei auf Youtube verfügbar, doch ganz normalen Frau, die einfach Pech hatte. Um alle
wer den Film wirklich erleben will, braucht dazu technisches Nuancen des Films zu erfassen, braucht es gute Englisch-
Equipment: eine Oculus Quest 2 Brille mit Headset. Längst kenntnisse; den Kern des Werks versteht man auch ohne.
sind als Inhalte für die VR-Sets nicht nur Sportspiele oder Der Film wird nie sentimental und berührt doch. Holger
Pornos verfügbar, auch anspruchsvolle Unterhaltung ist Kraus, der eher zufällig darauf stieß, hat nach dem ersten
möglich. So lässt sich mit „Anne Frank House“ per VR
das Hinterhaus-Versteck der berühmten Autorin in 3-D
Ansehen Tränen vergossen. •
erkunden. Und nun: das Leben von Rockey. redaktion@hinzundkunzt.de
Ich sitze auf einem Hocker in einem Büro in den
Hinz&Kunzt-Redaktionsräumen, die Brille am Kopf fest
geschnallt, in den Händen zwei Controller, die meine 3-D-Film „We Live Here“:
Bewegungen direkt in die virtuelle Realität übertragen. Der Film von Rose Troche läuft exklusiv
Der Film beginnt mit realen 360-Grad-Filmaufnahmen: für unsere Leser:innen am Di, 15.11.,
Rockey packt ihren Rucksack und verlässt ihr Zelt im Park. Minenstr. 9, halbstündlich von 11 bis
Dann ist es an mir, mich in einer animierten 3-D-Umgebung 20 Uhr, Eintritt frei, Spende erbeten.
zurechtzufinden. Ich drehe mich um die eigene Achse: In Organisation: flexiblesflimmern.de,
dem gepflegten Igluzelt gibt es eine Schlafpritsche, einen Anmeldung erforderlich unter
Stuhl, Tische und ein Radio, das ich später anstellen darf. www.huklink.de/we-live-here oder
In der Luft vor mir schweben zwei transparente Hände, über den QR-Code.
per Controller kann ich damit Gegenstände greifen. Ich öffne
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52
Ausstellung
Haltung zeigen: Die
Nachwuchstalente
Kunst aus der Dose
wollen hoch hinaus. Sachbeschädigung? Nein, Kunst!
Anfang der 1980er-Jahre hielt die
Hip-Hop-Kultur Einzug in Hamburg
und hinterließ ihre Spuren an Häuser-
fassaden, Mauern und Zügen. Das
Museum für Hamburgische Geschichte
würdigt die Pionier:innen der Graffiti-
kunst mit der Ausstellung „Eine Stadt
wird bunt“. •
Museum für Hamburgische Geschichte,
Holstenwall 24, ab 2.11., Mo, Mi+Fr,
10 –17 Uhr, Do, 10–21 Uhr, Sa+So, 10 –18
Uhr, Eintritt 9,50/6 Euro, www.shmh.de
Bühne
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Vortrag
Fotografische Weltreise
Es gibt keinen Planeten B – aber warum Publikum mit auf die Reise: von den Martin, wie die Erde zu dem einzig-
eigentlich nicht? Von der Einzigartig- Vulkanen des pazifischen Feuerrings artigen Lebensraum wurde, der sie heute
keit und Schönheit der Erde erzählt der und den Korallenriffs Polynesiens durch ist, und wie die Entwicklung unseres
MEGAN COURTIS (OBEN), PRIVAT
Geologe und Naturfotograf Michael die Wüsten der Arabischen Halbinsel, Heimatplaneten weitergehen könnte.
Martin bei seiner Multivisions-Show in die Anden, den Regenwald am Ama Denn der Wendepunkt ist jetzt: Welche
„Terra“. Fünf Jahre lang bereiste er zonas, die Taiga und Tundra Sibiriens Zukunft das Leben auf der Erde hat,
mit der Kamera die Welt und studierte
die Erdgeschichte, um ein umfassendes
und die mongolische Steppe. Er erläu-
tert, wie der Himalaya entstand und
liegt heute in unserer Hand. •
Laeiszhalle, Johannes-Brahms-Platz,
Porträt des Planeten zu schaffen. wie die Kontinente ihre heutige Form Fr, 11.11. + Sa, 26.11., jeweils 19 Uhr,
In Worten und Bildern nimmt er sein fanden. Vor allem aber zeigt Michael Eintritt 29/14 Euro, www.michael-martin.de
54
Augen auf
für Afrika
Ach ja, Afrika ... Die Kli
schees über diesen Kontinent
sind so vielfältig wie seine
Diversität: Nirgendwo gibt es
derart viele Kulturen, soziale
Gefüge, Konflikte, Religio
nen und Mentalitäten wie in
Afrika. So tut es gut, dass
auch 2022 wieder – im mitt
lerweile zehnten Jahr – die
Macher:innen des Filmfes
tivals „Augen Blicke Afrika“
authentische Bilder zeigen.
Zu sehen sind aktuelle
Spielfilme, Dokumentatio
nen oder Kurzfilme aus mehr
Von der Außenseiterin zum als 20 afrikanischen Län
Konzert Superstar: Zoe Wees dern. Viele drehen sich um
Starke Stimme die schwierigen Lebensbe
dingungen der Menschen,
Ein Superstar vom Dulsberg gibt sich die Ehre: Zoe Wees, 20, begann ihre Karriere ihren Kampf gegen Armut,
im Musikraum der Stadtteilschule Alter Teichweg, heute zählt sie zu den erfolg gesellschaftliche Konven
reichsten deutschen Musiker:innen weltweit. In mehr als elf Ländern erlangte tionen, Unterdrückung und
ihre Debütsingle „Control“ Gold- oder gar Platinstatus. Die Sängerin dankt darin Willkür. Dabei stehen oft
einer Lehrerin, die ihr beistand, als sie wegen ihrer Epilepsie zur Außenseiterin Frauen im Mittelpunkt – et
wurde. Auf ihrer Europatournee gibt sie auch ein Konzert in ihrer Heimatstadt.
Fabrik, Barnerstraße 36, Mi, 30.11., 19 Uhr, Eintritt 40,55 Euro (VVK), www.fabrik.de
• wa als Mütter von unehe
lichen Kindern oder als Op
fer von Zwangsprostitution.
Gleichzeitig wird die schwie
Film Theater rige Rolle der Männer in ei
Die AfD entlarvt sich selbst Tragisch aktuell ner patriarchalisch organi
Geschrei im Bundestag, gezielte 1933, Hitler lässt sich zum Reichs sierten Gesellschaft gezeigt –
Provokation in Talkshows – so tritt kanzler machen, die Nazis terrorisie mal humorvoll und ironisch,
die AfD üblicherweise in Erscheinung, ren Jüdinnen und Juden – aber Pro mal schonungslos brutal oder
wenn Kameras auf sie gerichtet sind. fessor Mamlock, jüdischer Arzt und nüchtern dokumentiert.
Der Film „Eine deutsche Partei“ zeigt Koryphäe seines Fachs, glaubt stur an Wer tiefer eintauchen
leisere Momente aus Hinterzimmern die Vernunft und das Gute im Men möchte, kann die Virtual-
und geschlossenen Runden, die umso schen. Gustav Peter Wöhler spielt die Reality-Brille aufsetzen und
gewaltiger wirken, je mehr sich die Hauptfigur in dem Stück, das nach eine 360-Grad-Dokumenta
Parteigänger:innen unter sich wähnen. dem gleichnamigen Exilroman von tion über die Arbeitsbedin
In der Tradition des Direct Cinema Friedrich Wolf entstand. Die Bühnen gungen in einer Coltan-Mine
FOTOS: MICHAEL MARTIN/KNESEBECK VERLAG (S. 54),
enthält sich die Dokumentation jeden fassung im Hamburger Sprechwerk im Kongo erleben. Das Festi
Kommentars, die Kamera läuft rückt den Stoff bedrückend nah an val läuft vom 3. bis 13.11. im
einfach mit. Mehr braucht es nicht:
Das Publikum sieht eine AfD, die
unsere heutige Gesellschaft. •
Sprechwerk, Klaus-Groth-Straße 23,
Studio-Kino, die VR-Filme
am 1. und 2.11. im Ham
sich selbst demaskiert und entlarvt. Mit Mi, 23.11., 20 Uhr, Eintritt 23,80/13,90 burg-Haus und 8. und 9.11.
maximaler Zurückhaltung und doch Euro, www.hamburgersprechwerk.de in der Zentralbibliothek. •
MEGAN COURTIS (OBEN), PRIVAT
55
#9
Kolumnistin
Nefeli Kavouras
(rechts) und
Comic-Künstlerin
Birgit Weyhe
56
Impressum
Regen- Symbol Musik: knusp- Redaktion und Verlag
Kün- bogen- eines der Groß- für Para- Stock- rig, Hinz&Kunzt
haut des Gefährtin mit scharf
digung Edelgase familie psycho- werk
Auges logisches (ital.) gebacken gemeinnützige Verlags- und Vertriebs GmbH
grie- Minenstraße 9, 20099 Hamburg
chische Fleischer- Tel. 040 32 10 83 11, Fax 040 32 10 83 50
Sieges- produkt Anzeigenleitung Tel. 040 32 10 84 01
göttin 3
E-Mail info@hinzundkunzt.de, www.hinzundkunzt.de
elektro- Herausgeber
nisches
Landespastor Dirk Ahrens, Diakonisches Werk Hamburg
Bauteil 6 Externer Beirat
Erfri- Prof. Dr. Harald Ansen (Armutsexperte HAW Hamburg),
schungs- Klavier
getränk (Kurzwort) Mathias Bach (Kaufmann), Dr. Marius Hossbach (Rose & Partner PartGmbB),
(Kurzwort) 2 Olaf Köhnke (Ringdrei Media Network),
franzö- Abk.: au- Karin Schmalriede (ehemals Lawaetz-Stiftung, i.R.),
Nacht- ßerparla-
sisch: Dr. Bernd-Georg Spies (Spies PPP),
mahr ment. Op-
8 nein position Alexander Unverzagt (Medienanwalt), Oliver Wurm (Medienberater)
sehr Zeitver- grie- Geschäftsführung Jörn Sturm
schnell schwen- chisch- Redaktion Annette Woywode (abi, CvD, V.i.S.d.P. für den Umschlag,
fahren dung römischer
Sagenheld Gut&Schön, Freunde, Kunzt&Kult), Benjamin Buchholz (bbu, V.i.S.d.P. für
Maß des Honorar den Schwerpunkt), Jonas Füllner (jof), Lukas Gilbert (lg, V.i.S.d.P. für die
Vieh-
elektr. eines Meer- Momentaufnahme), Anna-Elisa Jakob (aej), Ulrich Jonas (ujo, V.i.S.d.P.
unter- Schau-
Wider- enge für das Stadtgespräch, die Zahlen des Monats), Simone Deckner (sim),
kunft standes spielers
Norne
Kirsten Haake (haa), Frank Keil (fk), Misha Leuschen (leu), Jan Paersch (jp),
der Ver- kleine Annabel Trautwein (atw)
gangen- Trommeln Online-Redaktion Benjamin Buchholz (CvD), Jonas Füllner,
heit 7 4 Lukas Gilbert, Anna-Elisa Jakob
Schwarz voll- Stadt bei
als Farbe endete Korrektorat Christine Mildner, Kerstin Weber
beim Ent- Füllung München Redaktionsassistenz Sonja Conrad, Cedric Horbach,
Roulette wicklung (Flughafen)
Inken Kahlstorff, Anja Steinfurth
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erlauben,
gestatten Öffentlichkeitsarbeit Sybille Arendt, Friederike Steiffert
5 Anzeigenleitung Sybille Arendt
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grie- Vertrieb Christian Hagen (Leitung), Gabor Domokos, Meike Lehmann,
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7 6 9 5 3 von 1 bis 9 nur je einmal vom 15.3.2021 für das Jahr 2019 nach § 5 Abs.1 Nr. 9 des Körperschafts-
steuergesetzes von der Körperschaftssteuer und nach § 3 Nr. 6
in jeder Reihe, in jeder
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Geldspenden sind steuerlich nach §10 EStG abzugsfähig.
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9 5 ehemals Wohnungslose verkaufen es auf der Straße. Sozialarbeiter:innen
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Einsendeschluss: 29. November 2022. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.
Wer die korrekte Lösung für eines der beiden – dieses Mal wirklich
neuen – Rätsel einsendet, kann zwei Karten für die Hamburger Kunsthalle
gewinnen oder einen von zwei Ratgebern „Energiesparen leicht gemacht“
von Maximilian Gege (Oekom Verlag). Danke an alle aufmerksamen Tüftler!
Durchschnittliche monatliche
Das Lösungswort des Oktober-Kreuzworträtsels war: Jahreszeit. Druckauflage 3. Quartal 2022:
Die Sudoku-Zahlenreihe lautete: 871 539 642. 48.333 Exemplare
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1751
seines Lebens, die fehlt doch noch. „Länger als fünf Jahre konnte ich meine
Also beginnen wir mit der Suche, Sucht in der Arbeit nicht geheim hal-
einmal zurück in die Schulzeit von ten“, sagt er. Lutz wurde gekündigt, er
Lutz, geboren 1972, aufgewachsen in verschuldete sich, zog bei seinen Eltern
Hamburg-Bramfeld. Irgendwo hat er aus. Danach war er obdachlos, schlief
immer gearbeitet, viel Geld hätten sie teilweise auf der Straße, teilweise in
nicht gehabt, doch seine Eltern hätten Notunterkünften. Im Jahr 1999 begann 02/2026
58
Kunzt-
H i n z& K
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