Sie sind auf Seite 1von 9

Atelier Borgelt + Jost

Lektorierte Fassung
27. 4. 2005
Historische Gebäude in Werder / Brandenburg

Scharfrichterhaus

Das Scharfrichterhaus ist das älteste Gebäude der Vorstadt. Hier wohnte seit
Beginn des 17. Jahrhunderts der Scharfrichter. Seine Aufgabe war es nicht nur,
Verbrecher zu hängen, sondern auch, als Abdecker verendetes Vieh zu entsorgen.
Bis 1696 lag das kurfürstliche Privileg für Werder und 30 umliegende Dörfer in den
Händen einer hiesigen Abdeckerfamilie, danach kauften es auswärtige
Scharfrichter. Um 1710 war das Scharfrichterhaus ein stattliches Gehöft. Als die
üblen Gerüche der Abdeckerei für die inzwischen gewachsene Stadt zur Plage
wurden, verlegte die Polizei im Jahr 1889 den Betrieb auf ein Grundstück
außerhalb der Stadtgrenze. Das Scharfrichterhaus dient seitdem als Wohnhaus.
Mit der endgültigen Stilllegung der Abdeckerei im Jahr 1930 endete eine
jahrhundertelange Tradition in Werder.

Einzeldenkmal, Sanierung im Jahr 2000 abgeschlossen

Das Alte Rathaus

Das Alte Rathaus auf dem Mühlenberg entstand 1778 durch die Umgestaltung
seines Vorgängerbaus, einer alten Fachwerkschule. Es erhielt massive Wände, ein
neues Krüppelwalmdach und einen neobarocken, reich mit Stuck verzierten
Giebel, der den Wohlstand der Stadt repräsentieren sollte. Das untere Geschoss
diente den Amtsgeschäften; die oberen Räume vermietete die Stadt an ihre
Bediensteten: an den Polizisten, Totengräber oder Nachtwächter. Mitte des 19.
Jahrhunderts wurde aus einem Anbau das Amtsgericht errichtet, das 1894 durch
einen roten Ziegelbau ersetzt wurde. 1896 wandelte man das alte Leichenhaus
neben dem Friedhof in das Stadtgefängnis um. Seit 1994 befindet sich dort das
Obstbaumuseum.

Einzeldenkmal, umfassende Sanierung 1992 – 1995

Das Neue Rathaus


Atelier Borgelt + Jost
Lektorierte Fassung
27. 4. 2005

Das Neue Rathaus befindet sich in der 1926/27 errichteten Villa des
Druckereibesitzers Luck, die neben der Produktionsstätte lag. Für Entwurf und
Baudurchführung zeichnete Maurermeister Carl Buller verantwortlich. 1951 erwarb
die Stadt Werder das repräsentative Gebäude, um es als Rathaus zu nutzen. Die
Villa ist mit ihren barockisierenden Gestaltungselementen typisch für einen
anspruchsvollen, konservativen Baustil der 20er Jahre, der neben der klassischen
Moderne existierte. Die ursprüngliche, wertvolle Innenausstattung ist weitgehend
erhalten, wie Holzvertäfelungen der Wände und Türen und das verzierte
Treppengeländer.

Einzeldenkmal, umfassende Sanierung 1996 – 1998


Atelier Borgelt + Jost
Lektorierte Fassung
27. 4. 2005
Das Alte Brauhaus

Das 1887 errichtete „Alte Brauhaus“ mit seinen mehrschichtigen, bis zu 1,85
Meter dicken Wänden diente als Eiskeller. Im Winter wurden Stücke aus dem
Haveleis eingebracht, um im Sommer das in Flaschen und Fässern gelagerte Bier
kühlen zu können. Der fensterlose, monumentale Bau wurde hinter einer
„Schaufassade“ mit Rundbögen, Gesimsen, einem übergiebelten Risalit und einer
kräftigen Attikazone versteckt. Das Kühlhaus, ursprünglich Eigentum des
Werderaner Brauereibesitzers Bauer, ging 1912 in die Hände der Löwenbrauerei zu
Berlin über. Nach dem Zweiten Weltkrieg nutzte es der VEB Schultheiss, dann das
VE Braukombinat Potsdam. Eines der Nebengebäude diente als Seniorenclub und
wurde in den 90er Jahren abgebaut, als das Lagergebäude in ein lebendiges
Geschäftszentrum umgestaltet wurde.

Einzeldenkmal, Umbau und Ergänzung mit einem Neubau 1992 – 1995

Carl-von-Ossietzky-Schule, Unter den Linden 11

Das Gebäude der heutigen Carl-von-Ossietzky-Schule entstand 1879, nachdem die


alten Schulgebäude auf der Insel zu klein geworden waren. 1886 wurde der
Ostflügel, 1898 der Westflügel angebaut. Die repräsentative Turnhalle, Baujahr
1911, diente auch als Aula. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Schulhaus als
Lazarett genutzt. Das mächtige, symmetrische Gebäude ist ein wichtiger
Blickpunkt an der Ecke Potsdamer Straße / Unter den Linden. Es handelt sich um
einen klassischen Schulbau des ausgehenden 19. Jahrhunderts, dessen
ortstypische gelbe Klinker-Architektur sich noch stark am Kasernenbau
orientierte. Fenster, Türen, Terrazzo-Fußböden und die eisernen Treppengeländer
sind weitgehend im Original erhalten.

Einzeldenkmal, Sanierung der Gebäudehülle und der Freiflächen nach


historischem Vorbild 1995,
Neubau einer Sport- und Mehrzweckhalle 1998

Ehemaliges Wachlokal Torstraße 8/9


Atelier Borgelt + Jost
Lektorierte Fassung
27. 4. 2005

Das Eckhaus dieser Gebäudegruppe am Inseleingang diente im 18. Jahrhundert


als Wachlokal der Gardeinvaliden, die auf der Insel stationiert waren. Unmittelbar
daneben schließt sich ein Fischerwohnhaus aus dem 19. Jahrhundert an, dessen
Eigentümer kurioserweise auch der Dachstuhl des ehemaligen Wachhauses
gehörte. In Richtung Uferstraße setzt sich das dritte Gebäude dieses Ensembles
fort, ein zweigeschossiges Wohnhaus, das ebenfalls aus dem 19. Jahrhundert
stammt.

Denkmalbereich, Sanierung durch kleinere Maßnahmen seit 1994

Lendelhaus, Am Markt 21

Das Lendelhaus erhielt seinen Namen nach dem Eigentümer F.W. Lendel, der auf
dem Grundstück seit 1916 eine Fabrikation für Obstsäfte und -wein, Frucht-
Konserven und Marmeladen betrieb. Die Firma Lendel wurde 1889 gegründet. Ihre
erste Fabrik befand sich auf dem Grundstück Am Markt 11. Von 1971 bis 1990 lag
die Produktion in den Händen des VEB Havelland. Das Wohnhaus wurde 1789 als
Stadtpalais für die benachbarte Petzower Gutsherrschaft Kaehne im
klassizistischen Stil mit barocken Elementen errichtet. Es ist heute das
bedeutendste profane Baudenkmal der Insel. Bereits im 16. Jahrhundert wurden
auf dem Grundstück Schnäpse gebrannt und Biere gebraut. Die sorgfältig
gestalteten gelben Ziegelbauten der Fabrikanlage stammen aus dem 19.
Jahrhundert, als Werder Zentrum der Bierbrauerei war.

Einzeldenkmal, Hüllensanierung des Herrenhauses 1997 - 1999

Bürgerhaus Am Markt 9

Das zweigeschossige Wohnhaus Am Markt 9 gehört zu den ältesten Bürgerhäusern


der Inselstadt. Es entstand 1748 als Fachwerkbau mit mittlerer Durchfahrt,
Hofbrunnen und einem kleinen Gewölbekeller links des Mittelflurs. Im 19.
Jahrhundert wurde die Hofdurchfahrt höher gelegt und mit einer Doppeltür
versehen. Den Fachwerkgiebel und die Fassaden verblendete man mit Ziegeln. Zu
DDR-Zeiten nutzte ein Glasbläser Haus und Hof. Später stand das Gebäude
jahrelang leer und war vom Verfall bedroht, bis sich ein neuer, engagierter
Atelier Borgelt + Jost
Lektorierte Fassung
27. 4. 2005
Eigentümer fand, der das Anwesen mit Hilfe öffentlicher Mittel denkmalgerecht
wieder herrichtete und den Brunnen und teilweise auch das alte Fachwerk
freilegte.

Einzeldenkmal, Sanierung 1999 – 2000

Jugendstilhaus Baderstraße 14

Das im Jugendstil errichtete Wohnhaus stammt aus dem Jahr 1907. Bauherr war
Musikdirektor Franz Kühn, der sich an der Fassade verewigen ließ: Seine Initialen
finden sich eingebettet in Stuckornamente über dem Eingangstor. Den Giebel ziert
eine Lyra, die von zwei Engeln getragen wird. Auf der Giebelspitze steht eine
Himmelsharfe, gehalten von einer singenden und einer geigenden Putte, eine
Nachbildung, weil das Original zerstört wurde. 1996 erwarb ein privater Investor
das erheblich beschädigte Gebäude, um es denkmalgerecht zu sanieren. Viele
Elemente konnten im Original erhalten bleiben, wie die restaurierten Fenster und
das Eingangstor.

Einzeldenkmal, Sanierung 1996 – 1997


Atelier Borgelt + Jost
Lektorierte Fassung
27. 4. 2005
'Bergamotte'

Dieser über 200 Jahre alter Birnbaum der Sorte 'Bergamotte' ist ein Naturdenkmal,
das auf die Tradition des Obstanbaus in Werder hinweist, für den die ansässigen
Fischer und Obstbauern jeden nur möglichen Platz nutzten. Die 'Bergamotte'
gehört zu den zahlreichen historischen, heute seltenen Birnensorten. Hier handelt
es sich um die 'Rote Bergamotte', eine mittelgroße, runde Birne mit weißlichem,
saftigen Fruchtfleisch von ausgezeichnetem Geschmack. Der Baum wurde
vermutlich 1720 gepflanzt. Sein einzigartiger Wuchs mit einem schrägen
Hauptstamm ist eine Attraktion. Leider brach im Jahr 2000 einer der Hauptäste
ab, weil die reifen Früchte zu schwer wurden.

Naturdenkmal

Dümichenplatz

Der Dümichenplatz erinnert an Franz Dümichen, der von 1884 – 1917


Bürgermeister von Werder war und sich vor allem für den Ausbau des
Straßennetzes, die Errichtung des Wasserwerks und die Werdersche Pferdebahn
(1895 – 1926) einsetzte. Ihm zu Ehren widmeten die Werderaner Bürger einen
Gedenkstein, den sie 1927 in der eigens dafür geplanten Platzanlage aufstellten.
1992 wurde der Platz im Zuge der Rekonstruktion der Inselbrücke neu gestaltet.

Plantagenplatz

Der Plantagenplatz ist der historische Kern der Vorstadt; darauf verweist auch das
aus dem 17. Jahrhundert stammende Scharfrichterhaus. Seinen Namen trägt er
nach der Maulbeerplantage, die unter Friedrich II. in Werder angelegt wurde. 1789
wurden dort erstmals Kirschen aus Werder verkauft. Die Verstädterung Ende des
19. Jahrhunderts machte aus dem Platz ein städtisches Zentrum, das von Häusern
aus der Gründerzeit geprägt ist, wie dem gegenüberliegenden Kaiserlichen
Postamt. Der Plantagenplatz wurde zur Bundesgartenschau 2001 nach dem
Entwurf des Landschaftsarchitekten Johannes Grothaus neu gestaltet, wobei das
Naturdenkmal, ein über 200 Jahre alter Kastanienbaum, einbezogen wurde.
Atelier Borgelt + Jost
Lektorierte Fassung
27. 4. 2005
Atelier Borgelt + Jost
Lektorierte Fassung
27. 4. 2005
Heilig-Geist-Kirche

Die evangelische Heilig-Geist-Kirche ist eines der Wahrzeichen Werders und


bestimmendes Element der Stadtsilhouette. Sie ist ein neugotischer Backsteinbau
mit der Grundrissform eines lateinischen Kreuzes. Bereits im 12. Jahrhundert
hatte es hier eine Kirche gegeben, auf deren Grundmauern 1734 erneut ein
Gotteshaus errichtet wurde. Im Zuge der Ausdehnung der Stadt beauftragte König
Friedrich Wilhelm IV. den Baumeister August Stüler mit dem Bau einer neuen,
größeren Kirche. Stüler bezog den Turmstumpf der Barockkirche mit ein und
entwarf auch die Innenausstattung. Bemerkenswert ist außerdem ein
frühbarockes Ölgemälde, das Christus als Apotheker darstellt. In den 1980er
Jahren wurden der Innenraum und die Schieferdeckung restauriert. 1996/97
erfolgte die Restaurierung des Turms.

Einzeldenkmal, Sanierung Dach und Fassade 2005

Kirche St. Maria Meeresstern

Die katholische Kirche Maria Meeresstern prägt die nördliche Inselsilhouette. Sie
wurde 1905/06 an der Uferstraße für die Mitglieder der katholischen Gemeinde
errichtet, die bis dahin ihre Messe in der „Bauernschänke“ neben dem
Schützenhaus auf der Insel abhielt. Für Entwurf und Baudurchführung war der
Maurermeister Franz Dressler aus Werder zuständig. Die Kirche ist 12,50 Meter
breit und 31,10 Meter lang; der Turm ist 34,45 Meter hoch.
Werder gehörte im Mittelalter zum Kloster Lehnin und war deshalb überwiegend
katholisch. Als Kurfürst Joachim II. 1538 zur evangelischen
Glaubensgemeinschaft übertrat und mit ihm die meisten Untertanen, verblieben
nur noch wenige Katholiken in Werder.

Sanierung von Dach und Fassade 2003/04, Außenanlagen 2005

Kirche „Maria Meeresstern“

Ende des 19. Jahrhunderts waren in den Obstbauplantagen sowie in benachbarten


Ziegeleien auch zahlreiche Katholiken beschäftigt. Am 9. 5. 1897 fand die erste
heilige Messe auf der Insel im Gartensaal des Schützenhauses statt. Franz
Atelier Borgelt + Jost
Lektorierte Fassung
27. 4. 2005
Dreßler, Architekt aus Werder, entwarf den neoromanischen Kirchbau mit seinem
35 Meter hohen Turm. Die katholische Kirche „Maria Meeresstern“ wurde am 19.
8. 1906 geweiht. Reich verzierte Bögen tragen das Tonnengewölbe der Kirche. Der
Triumphbogen über der Apsis ist wie in der Potsdamer Mutterkirche mit den
Anfangsworten des Gloria beschriftet. Ein Teil des Gewölbes im Altarraum ist blau
ausgemalt und in Anlehnung an das Patronat mit Sternen geschmückt.

Sanierung von Dach und Fassade 2003/04, Außenanlagen 2005

Marktplatz

Der Marktplatz ist das älteste städtische Zentrum Werders. Das Marktrecht
besteht seit 1459. Zierde des Platzes sind die denkmalgeschützte Friedenseiche
von 1871, die 1910 gepflanzte Luisenlinde und ein Springbrunnen aus dem Jahr
2000, der sich auf dem Standort des 1940 abgetragenen und 1947 endgültig
entfernten Kriegerdenkmals von 1880 befindet. Die am Platz stehenden Gebäude
stammen teilweise aus dem 18. und dem frühen 19. Jahrhundert. Die Baulücke auf
der Nordseite des Platzes soll mit Wohn- und Geschäftshäusern geschlossen
werden, die sich im Maßstab an der historischen Bebauung orientieren.

Platzgestaltung 1999 – 2001, Erneuerung der Versorgungsleitungen, des


Straßenpflasters und der Bürgersteige

Das könnte Ihnen auch gefallen