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Julia Labede

Sven Thiersch

Die Desintegration des Bildungsaufstiegs.

Zur Bedeutung familialer Dynamiken für die Bildungskarrie-


re

1. Einleitung
Dieser Beitrag thematisiert Bildungskarrieren unter der Perspektive der subjektiven
Aneignung des Bildungserfolgs. In Abgrenzung zu reproduktions- und kulturtheoreti-
schen Ansätzen fokussieren wir dabei auf die Eigenlogik familialer Dynamiken. Wir
vertreten die These, dass die Formierung eines Bildungsselbst im Sinne der subjektiven
Selbstpositionierung zur Bildungskarriere sich im Zusammenspiel von sozialen Lagen
und familialen Dynamiken vollzieht. Der theoretischen Begründung dieses Ansatzes
folgt eine objektiv-hermeneutische Fallrekonstruktion einer kurzen Interaktionssequenz
aus einem Familieninterview. In sehr verdichteter Form versuchen wir den Typus einer
Desintegration des Bildungsaufstiegs empirisch abzuleiten. Bei dieser Fallrekonstruk-
tion steht ein ambivalentes Mutter-Sohn-Verhältnis im Vordergrund, das die Grundlage
sowohl des Bildungsaufstiegs als auch der Mühen, die mit dem Aufstieg verbunden
sind, bildet.

2. Soziale Herkunft und Bildungserfolg


Dass die Chance auf Bildungserfolg wesentlich von der sozialen Herkunft beeinflusst
ist, gehört seit Jahrzehnten zu den Ergebnissen der Schul- und Bildungsforschung.
Zwar haben sich die Chancen der mittleren Milieus, höhere Bildungslaufbahnen einzu-
schlagen und diese erfolgreich abzuschließen, vergrößert (vgl. Müller/Haun 1994), der
Zusammenhang als solcher ist aber bestehen geblieben (vgl. z.B. Georg 2006; Ditton
2007; Baumert et al. 2010; Becker/Lauterbach 2010; Quenzel/Hurrelmann 2010; Krü-
ger et al. 2010). Die mit der Bildungsexpansion einhergehende stärkere Beteiligung
aller sozialen Schichten an höherer Bildung hat nicht dazu geführt, dass sich die enge
Kopplung von sozialer Herkunft und Bildungserfolg auflöst (vgl. z.B. Hadjar/Becker
2006; Becker 2006, 2009). Wie internationale Leistungsvergleichsstudien (z.B. PISA,
IGLU, TIMSS) zeigen, variieren Bildungsbeteiligung und Kompetenzerwerb nach wie
vor sozialschichtabhängig (vgl. Becker 2009: 89). Aus dieser Perspektive überrascht
kaum, dass sich in den letzten Jahren zunehmend auf reproduktionstheoretische Ansät-
ze bezogen und die Familie als soziales Milieu in den Mittelpunkt gerückt wird, um
den Mechanismus der milieubedingten sozialisatorischen „Einprägungsarbeit“ zu be-
schreiben, der dazu führt, dass es zu einer Passung von Familie und Schule kommt
(Bourdieu/Passeron 1973: 49).
Demgegenüber gerät die Familie als Interaktionsraum, in dem sich Subjektivität
konstituiert und die Weichen für familiale Ablösungsprozesse gestellt werden, bislang

sozialersinn, Heft 2/2014, 15. Jg.: X–XXX – Lucius & Lucius (Stuttgart) – ISSN 1439-9326 – www.sozialer-sinn.de
4 sozialersinn 15 (2014): X–XXX

nur selten in den Blick der Bildungs- und Ungleichheitsforschung (vgl. z.B. King et al.
2011). Dabei ist zu vermuten, dass eine Untersuchung des Beitrags familialer Bezie-
hungsdynamiken gerade dort ansetzen kann, wo das Erklärungspotential reproduktions-
theoretischer Ansätze an seine Grenzen stößt: Bei der Frage, wie sich eine, der sozialen
Lage der Familie nicht entsprechende, Positionierung zur Schule und zum Schulischen
ausbildet bzw. wie als „erwartungswidrig“ zu betrachtende Bildungskarrieren (z.B.
Auf- und Abstiege) ermöglicht werden (vgl. auch Scherr 2014). Was ist mit den un-
wahrscheinlichen Bildungskarrieren, die Parsons als „crosspressured“ charakterisiert
hat (Parsons 1959: 165)? Wie vollzieht sich hier die Weitergabe des „Bildungserbes“
und wie eignen sich die Subjekte den erwartungswidrigen Bildungsverlauf an?
Wir möchten diese Bildungsverläufe aus ihrem Schattendasein als System stabili-
sierende und nur die Regel bestätigende Ausnahme herausholen und in einer einzelfall-
spezifischen Rekonstruktion würdigen. Dabei stoßen wir auf Logiken der Weitergabe
von Bildungsaspirationen, die nicht unmittelbar auf das soziale Milieu zurückgeführt
werden können und die Annahme eines eigenständigen Beitrags familialer Interakti-
onsstrukturen für die Bildungskarrieren stärken. Der rekonstruierte Typus der Desin-
tegration des Bildungsaufstiegs verdeutlicht, wie Bildungsaufstiege durch Beziehungs-
dynamiken zwar ermöglicht, aber auch zu einem mühevollen Unterfangen werden
können.

3. „Erwartungswidrige“ Bildungskarrieren, Familie und Bildungs-


selbst
Bildungsentscheidungen an zentralen Schnittstellen des Bildungssystems wird eine
große Bedeutung für die Formierung von Schullaufbahnen zugesprochen. In der empi-
rischen Bildungsforschung wird dabei das Handeln – besonders das der Eltern – häufig
als einmalige und rationale Entscheidung modelliert (vgl. z.B. Ditton 2007; Schauen-
berg 2007; Stubbe 2009; Maaz/Nagy 2010; Wiedenhorn 2011). Im Zentrum steht die
Konstruktion eines autonom und kalkulierend handelnden Akteurs, der seine Optionen
nach Kosten-Nutzen-Überlegungen abwägt bzw. bewertet und den Bildungsweg mit
der höchsten subjektiven Nutzenerwartung wählt (vgl. Becker 2000: 452; Köller 2006:
295). Auch wenn einige Studien die Prozesse und Dynamiken des Handelns zu erfassen
versuchen, bleiben diese Rational-Choice-Ansätze „ahistorisch“ (Blossfeld/Müller
1996), orientieren sich an ökonomischen Handlungsprinzipien und aggregieren
menschliches Verhalten in eine Angebots- oder Nachfragefunktion (vgl. König 2003:
96). In diesem Modell wird die Bedeutung sozialisatorischer und biografischer Prozes-
se für die Schulwahl ausgeklammert.
Familienorientierte Untersuchungen fokussieren zwar auf den Prozess der Weiter-
gabe der Bildungshaltungen zwischen den Generationen (vgl. z.B. Brake/Kunze 2004;
Büchner/Brake 2006; King 2010; King et al. 2011) und arbeiten den Stellenwert inter-
generationaler Familiendynamiken und besonders das Spannungsverhältnis von Ju-
gendlichen, Familie und Schule für die Bildungskarrieren heraus (vgl. du Bois-
Reymond et al. 1998; Ecarius/Wahl 2009; Busse 2010; Ecarius et al. 2011). In der
Reinterpretation und Ausdifferenzierung der Bourdieu‘schen Habitustheorie und der
Theorie der „kulturellen Passung“ (Kramer/Helsper 2010: 103) werden in einigen Stu-
Labede, Thiersch: Die Desintegration des Bildungsaufstiegs 5

dien aber lediglich die primär in der Familie erworbenen Bildungsdispositionen den
schulischen Anforderungsstrukturen gegenüber gestellt und unterschiedliche Varianten
harmonischer und antagonistischer Passungsverhältnisse sowie Typen des Bildungsha-
bitus rekonstruiert (vgl. Helsper et al. 2009: 276; Kramer et al. 2009, 2013). Obgleich
hier die Orientierungen der Schülerinnen und Schüler beschrieben werden, verweisen
die dichotomen Überlegungen zum Passungsverhältnis von Familie, Schule und Milieu
sowie die gebildeten Typen des Bildungshabitus ebenfalls auf eine reproduktive Logik
einer milieubedingten Verteilung der Bildungschancen. Unter einer Milieuperspektive
werden die Handlungsräume Familie und Schule gleichgeschaltet und ihre sozialisati-
onstheoretisch bedeutsame autonome Verfasstheit negiert (vgl. auch Radema-
cher/Wernet 2014: 169ff.).
Die Frage nach der Ermöglichung „erwartungswidriger“ Bildungskarrieren ver-
weist nun auf den Umstand, dass die soziale Lage der Familie allein nicht über deren
Verlauf entscheiden kann. Auf der Suche nach anderen familialen Mechanismen, die
einen Bildungsaufstieg forcieren, stoßen wir auf die Eigenlogik familialer Sozialisati-
on. Mit der Annahme eines eigenständigen Beitrags familialer Beziehungsdynamiken
schließen wir an Familientheorien an, die auf die autonome Konstitution familialer
Interaktion zielen und die Strukturen identifizieren, die analytisch unabhängig von
sozialen Lagen operieren (vgl. Allert 1998; Oevermann 1972, 1979, 2004; Hildenbrand
2007). In Anlehnung an diese strukturtheoretischen Bestimmungen ist die Familie nicht
nur als soziales Milieu, sondern auch als ein Raum zu verstehen, der einer eigenen
Handlungslogik folgt und dessen Handlungslogiken identitätsbildend sind. Mit der
Propagierung der Idee einer kulturellen und habitusformierenden „Einprägungsarbeit“,
die im Gehäuse der Familie zu leisten ist, wird dieser Umstand zumeist außer Acht
gelassen. Selbstverständlich stützt sich die diffuse Sozialbeziehung auf milieubedingte
Artikulationsformen. So sind die Erwartungen und Ansprüche, die Eltern an ihre Kin-
der herantragen, immer auch Ausdruck der sozialen Lage, in der sich die Familie be-
findet. Aber die Familie wird nicht dadurch zur Familie, dass sie milieubedingten Er-
wartungen folgt. Im Gegenteil bedingt die diffuse Sozialbeziehung eine Selbstkonstitu-
tion, die sich auf universalistische Muster nicht berufen kann. Weder die Paarbezie-
hung noch die Eltern-Kind-Beziehung können ihr Dasein auf die Realisierung allge-
meiner Prinzipien gründen (vgl. Parsons 1951: 62). Sie müssen ihre Beziehung als
besondere, unverwechselbare und nichtaustauschbare gerade gegen die sozialen Re-
gelmäßigkeiten, denen sie unterliegen, behaupten. Deshalb kann sich die kulturelle
Reproduktion nicht einfach als Tradierung vollziehen; sie muss durch das Nadelöhr der
Eigenlogik familialer Interaktion und ihrer beziehungsdynamischen Konstellationen
hindurch.
Um diesem Prozess der sozialen und familialen Formierung einer Bildungshaltung
im Sinne einer Situierung des Selbst im Bildungssystem analytisch gerecht werden zu
können, schlagen wir in Anlehnung an den Identitätsbegriff 1 den Begriff des Bildungs-

1
Uns ist bewusst, dass der Identitätsbegriff unterschiedlich konzipiert und auch kritisiert wird. Für den
Rahmen dieses Aufsatzes genügt es darauf hinzuweisen, dass wir in Anlehnung an George Herbert Mead
(1980: 241) unter Identität eine Struktur verstehen, die sozial erzeugt ist und die dem Individuum seine
6 sozialersinn 15 (2014): X–XXX

selbst vor (vgl. auch Wernet 2012: 198). Dieser Begriff zielt auf subjektive Formie-
rungsprozesse der Bildungskarriere. Wir gehen dabei davon aus, dass dieser subjektive
Formierungsprozess wesentlich familial vermittelt ist. Das Bildungsselbst ist nicht bloß
Ausdruck einer sozialen Lage, sondern es beschreibt eine spezifische Positionierung zu
sich selbst und zur Welt2, die im Zusammenspiel sozialer und familialer Gegebenheiten
generiert wird. Mit der Kategorie des Bildungsselbst soll die Frage der Selbstpositio-
nierung allerdings weder psychologisch noch kognitiv verkürzt werden. Unser For-
schungsansatz zielt weder darauf, das Ausmaß des Vorliegens motivational-aspirativer
noch das Ausmaß kognitiver „Ausstattungen“ festzustellen. Wir wollen vielmehr den
Beitrag familienimmanenter Beziehungsrelationen auf die Selbstverortung des Subjekts
im Bildungssystem, seine innere Haltung zu Schule und schulischem Erfolg und den
Modus der Aneignung der schulischen Praxis empirisch rekonstruieren. Mit dem Be-
griff Bildungsselbst bringen wir zum Ausdruck, dass wir im komplexen Prozess der
Identitätsbildung, der sich im Spannungsfeld sozialer und familialer Einflüsse vollzieht,
den Aspekt der schulischen Bildung in den Blick nehmen.

4. Der Bildungsaufstieg im Zeichen einer Desintegration – Eine


exemplarische Fallrekonstruktion
Im Folgenden werden wir am Fall von Stefan Gerhardt einige Grundzüge eines spezi-
fisch konstellierten Bildungsselbst, das wir unter der Perspektive einer Desintegration
des Bildungsaufstiegs beschreiben, an einer kurzen Interaktionssequenz aus einem
Familieninterview rekonstruktiv erschließen. Dabei werden wir auf eine familienim-
manente Dynamik stoßen, die wir vor allem aus dem Blickwinkel des Mutter-Kind-
Verhältnisses thematisieren. Bevor wir aber zur Fallrekonstruktion kommen, wollen
wir kurz die soziale Lage der Familie charakterisieren.3

Handlungsautonomie im Sinne seiner auf Kontinuität basierten Individuierung verleiht (ausführlicher da-
zu: Silkenbeumer/Wernet 2010). Zur besonderen Virulenz der Identitätsbildung in der Phase der Adoles-
zenz: vgl. Erikson 1966, 1970 und King 2004.
2
Auch Ansätze zu einer Theorie transformatorischer Bildungsprozesse zeigen sich skeptisch, Veränderun-
gen der Selbst- und Weltsichten des Subjekts mit dem Habituskonzept zu beschreiben (vgl. Koller 2009;
Fuchs 2011).
3
Das hier vorgestellte Datenmaterial wurde im Rahmen eines von der DFG geförderten Forschungsprojekts
erhoben und ausgewertet: „Die Mühen des Aufstiegs: Fallrekonstruktionen zur familialen und bildungsbi-
ografischen Dynamik ‚erwartungswidriger‘ Schulkarrieren“. Wir danken der Interpretationsgruppe von
Andreas Wernet für die Interpretation des Familiengesprächs.
Labede, Thiersch: Die Desintegration des Bildungsaufstiegs 7

4.1. Fallskizze Familie Gerhardt 4


Bei der Familie Gerhardt handelt es sich um eine vierköpfige Familie (zwei Söhne im
Alter von 16 und 20 Jahren). Sie ist dem großstädtisch-kleingewerblichen Arbeitermi-
lieu zuzuordnen. Insgesamt kann von einer eher bildungsfernen Lage gesprochen wer-
den. Beide Elternteile verfügen über keinen mittleren Schulabschluss. Herr Gerhardt ist
in einer ländlichen Region Nordwestdeutschlands geboren, hat einen Hauptschulab-
schluss erworben und erfolgreich eine Lehre zum Konditor absolviert. Nach einer Zwi-
schenstation in Süddeutschland lebt und arbeitet er als ungelernter Bauarbeiter in einer
Großstadt in Ostdeutschland. Mit 31 Jahren heiratet er seine heutige Frau, die er wäh-
rend eines Urlaubs in Polen kennen lernt. Frau Gerhardt ist zwei Jahre älter als ihr
Mann und in Polen geboren und aufgewachsen. Dort besuchte sie im Anschluss an die
reguläre Schulzeit das Technikum, ohne den ursprünglich angestrebten Abschluss zu
machen. Sie arbeitete im Anschluss ca. 15 Jahre als Lageristin. Sie heiratet Herrn
Gerhardt ein Jahr nach ihrer Migration nach Deutschland. Zum Zeitpunkt des Inter-
views ist sie Hausfrau und hat Nebenverdienste als Reinigungskraft.
Mit Blick auf die soziale Lage und die Bildungsabschlüsse der Eltern erscheint das
Erlangen des Abiturs durch die Söhne nicht als Selbstverständlichkeit. Das Einschlagen
einer mittleren Schulkarriere wäre dagegen in keiner Weise begründungsbedürftig. Es
liegt also eine Situation vor, in welcher der Verweis auf gesellschaftliche Reprodukti-
onskräfte zur Erklärung eines gymnasialen Erfolgs nicht hinreichend wäre. Umgekehrt
müssten die gesellschaftlichen Reproduktionskräfte einem Abitur der Söhne entgegen
arbeiten.
Werfen wir einen kurzen Blick auf die Schullaufbahn der beiden Söhne, so sehen
wir, dass diese am Bildungserfolg orientiert ist. David, der älteste Sohn, besucht zu-
nächst die Realschule (er folgt damit der Schullaufbahnempfehlung nach der Grund-
schule), erwirbt dort den Mittleren Schulabschluss und wechselt in die gymnasiale
Oberstufe eines Oberstufenzentrums. Dort legt er erfolgreich das Abitur ab. Stefan, der
jüngere Bruder, der im Fokus der folgenden Fallrekonstruktion steht, bewirbt sich trotz
Realschulempfehlung nach der Grundschule erfolgreich an einem Gymnasium. Er
schließt zum Zeitpunkt des Familiengesprächs dort die 10. Klasse mit dem Mittleren
Schulabschluss ab und wird im nächsten Schuljahr die gymnasiale Oberstufe besuchen.
Wie wir sehen können, wird bei keinem der beiden Söhne die institutionell vorge-
sehene Schullaufbahn mit dem entsprechenden Bildungszertifikat beendet. Während
David das Abitur nachholt, geht Stefan entgegen der schulischen Empfehlung gleich
auf ein Gymnasium. Wir können also davon ausgehen, dass ein Konsens der Bildungs-
aspiration besteht. Das Abitur gilt sowohl den Eltern als auch den beiden Söhnen als

4
In unserer Forschungspraxis versuchen wir, durch ausführliche Bildungsgenogrammanalysen (vgl. Hil-
denbrand 1999) erste Fallstrukturhypothesen zum Zusammenspiel von sozialen Lagen und familialen
Konstellationen zu formulieren. Dieser Analyseschritt kann aus Platzgründen hier nicht vorgenommen
werden. Die Fallskizze selbst stellt demgegenüber lediglich eine sehr grobe, holzschnittartige „Veran-
schaulichung“ der sozialen Positionierung des Falles dar.
8 sozialersinn 15 (2014): X–XXX

erklärtes und auch gegenüber institutionellen Hürden durchzusetzendes Ziel. Vor dem
Hintergrund der Bildungsausstattung der Eltern und den Ergebnissen der Bildungsun-
gleichheitsforschung, nach denen gerade Eltern der unteren und mittleren Milieus den
sozialschichtabhängigen Laufbahnempfehlungen der Schule folgen (vgl. Bos et al.
2004), ist diese Entschiedenheit hervorzuheben. Sie verweist auf ein transformatori-
sches Motiv. Es liegt eine Delegations- bzw. Auftragslogik vor: Die Kinder sollen die
Chance zum Bildungsaufstieg ergreifen, die die Eltern vor dem Hintergrund ihrer bil-
dungsbiographischen Suchbewegungen nicht wahrnahmen. Die höheren Bildungsab-
schlüsse versprechen dabei Stabilität für das familiale System und Möglichkeiten zur
familialen Situierung durch die Söhne. Die Söhne nehmen diesen Bildungsauftrag an.

4.2. Fallrekonstruktion einer Sequenz aus dem Familiengespräch


mit den Gerhardts

Methodische Vorbemerkung
Grundlage der folgenden objektiv-hermeneutischen Analyse ist ein ausgewählter Aus-
schnitt aus einem Familiengespräch, an dem alle Familienmitglieder beteiligt waren.
Wir nehmen dabei die methodische Vorgehensweise der Objektiven Hermeneutik in
Anspruch, ohne diese hier weiter zu begründen. Von besonderer Bedeutung für die
folgende Fallrekonstruktion ist dabei der Zugriff auf latente Sinnstrukturen, die in den
analysierten Sequenzen zum Ausdruck kommen. Die Beziehungsdynamiken, die wir
sequenzanalytisch rekonstruieren, zeigen sich wesentlich auf dieser Sinnebene, die
jenseits der Sprecherintentionen angesiedelt ist. 5
Wir haben die folgende Sequenz deshalb ausgewählt, weil sich ein reger Austausch
der Familienmitglieder untereinander entspinnt und sich in diesem Austausch grundle-
gende Beziehungsrelationen zum Ausdruck bringen. In dieser Sequenz wird das Ge-
spräch mit der Familie zu einem Gespräch der Familie; die Familienmitglieder spre-
chen nicht mehr nur über sich, sie sprechen miteinander, d.h. sie handeln als Familie.6

5
Die im Folgenden vorgenommene Textanalyse kann die Erschließungsoperationen der Objektiven Her-
meneutik nur in sehr abgekürzter Form vor Augen führen. Sie bleiben notwendig lückenhaft. Um den po-
tenziellen Ertrag der objektiv-hermeneutischen Textrekonstruktion nicht zu verschenken, soll zugleich der
Versuch unternommen werden, möglichst prägnante und folgenreiche und insofern aussagekräftige und
streitbare Hypothesen zu formulieren. So entsteht eine Kluft zwischen der Darstellung der Ergebnisse und
einer nicht vollständig durchgeführten Begründung. Zum methodischen Vorgehen der Objektiven Herme-
neutik und zum Thema der Rekonstruktion latenter Sinnstrukturen vgl. Wernet 2009.
6
In der Sozialforschung werden selten Paar- oder Familieninterviews durchgeführt (vgl. zur Ausnahme
Maiwald 2009), sodass man hier auf keine spezifischen methodologischen und methodischen Begründun-
gen zurückgreifen kann (vgl. Przyborski/Wohlrab-Sahr 2009: 122). Wir orientieren uns in den Familien-
gesprächen, wie die meisten Untersuchungen in diesem Bereich, an einer offenen Gesprächsführung, um
eine „natürliche“ Aushandlung der Familie zu ermöglichen. Anders als z. B. bei Büchner und Brake
(2006) nimmt die Datenerhebung als methodisches Instrument aber bei der Auswertung mit der Objekti-
ven Hermeneutik eine untergeordnete Rolle ein. Vielmehr ist im Rückgriff auf die Textförmigkeitsannah-
me das vorliegende Protokoll der Gegenstand.
Labede, Thiersch: Die Desintegration des Bildungsaufstiegs 9

Sequenz aus dem Familiengespräch


I: ja also Sie haben man kann sagen Sie haben äh könnt man sagen Stefan in der
Situation ermutigt sich gegen diese
Mutter: ich hab versucht (betont) ((immer)) zu ermutigen
Vater: ja genau kann man so sagen
Stefan: hat auch geklappt (lacht)
I: ja
Vater: mhm und natürlich mit- [Mutter unterbricht]
Mutter: aber letztendlich die Entscheidung ist seine ob er möchte wo er möchte gehen
Vater: ja genau das sowieso
Mutter: Real oder oder Gymnasium so wie genauso bei Dav- bei David ham wa Fehler
gemacht wir haben gesagt okay du hast Empfehlung von Realschule zur Real-
schule und dann is-
David: n andrer Weg ist nicht
Mutter: ja
David: zwangsweise mein Fehler
Vater: ja
David: ist ne andre Erfahrung eben

Den thematischen Hintergrund der ausgewählten Interaktionssequenz bildet die Frage


des elterlichen Einflusses bei der Entscheidung von Stefan, sich trotz einer Realschul-
empfehlung an einem Gymnasium zu bewerben. War es der Elternwille oder war es der
Schülerwille, der diese Entscheidung hervorgebracht hat? Dahinter steht aus der Per-
spektive der Eltern das Problem einer Selbstpositionierung zwischen den Polen einer
die Entscheidungsautonomie des Kindes respektierenden Haltung der Nichteinmi-
schung, die zugleich als Ausdruck der Indifferenz und des Desinteresses gedeutet wer-
den könnte, und einer über das Bildungsschicksal des Kindes bestimmenden Haltung,
die sich gegen dessen Wünsche und Befindlichkeiten richten kann.
Der Interviewer eröffnet die Sequenz mit einem Deutungsvorschlag:
I: ja also Sie haben man kann sagen Sie haben äh könnt man sagen Stefan in der Situation
ermutigt sich gegen diese
Während die Haltung der Eltern vom Interviewer als stabil vorausgesetzt wird, ist Ste-
fan in dieser Wahrnehmung der Binnenlogik der Familie als zu ermutigende Person zu
adressieren. Ähnlich wie die Unterstützung verweist die Ermutigung im Kontext der
elterlichen Verantwortlichkeit dabei auf ein Motiv der Bekräftigung; eine Einmischung,
die nicht gegen die Dispositionen des Kindes gerichtet ist, sondern an diese anknüpft
und sie bestärkt. Während aber die Unterstützung eine helfende und absichernde Be-
gleitung einer bestehenden Disposition darstellt und sich damit in den Dienst einer
getroffenen Entscheidung stellt, antwortet die Ermutigung auf eine unbestimmte Ent-
scheidungssituation, in der eine Option als die eigentlich angemessene oder wün-
schenswerte erscheint, deren Realisierung aber ängstliche Bedenken im Wege stehen.
Die Ermutigung unterstellt also eine Situation der Mutlosigkeit.
10 sozialersinn 15 (2014): X–XXX

Rücken wir diese Interpretation in den Kontext der hier thematischen Entschei-
dungssituation, gegen die Realschulempfehlung das Gymnasium zu besuchen, so deutet
die Interviewerfrage Stefan tendenziell als durch die Institution verzagte Person, die der
elterlichen Ermutigung bedarf.
Mutter: ich hab versucht (betont) ((immer)) zu ermutigen
Vater: ja genau kann man so sagen
Stefan: hat auch geklappt (lacht)
Die Antwort der Mutter kann auf der manifesten Sinnebene als Bestätigung des Inter-
viewers gelesen werden: „Ja, ich habe meinen Sohn ermutigt“. Insofern könnte man
versucht sein, darin eine bloß konformistische Wiederholung der Äußerung des Inter-
viewers und keine eigene Situationsdeutung der Mutter zu sehen. Indem sie allerdings
„versucht (betont) ((immer))“ hinzufügt (statt einfach nur „ja“ zu sagen), greift sie die
Deutung des Interviewers aktiv auf und ergänzt sie. Die Wiederholung verweist dabei
auf eine Beharrlichkeit, die zugleich auch eine Aussichtslosigkeit anzeigt. So wie die
Aussage, „wir haben immer versucht, ihm zu helfen“ markiert, dass eigentlich von
einem aussichtslosen Bemühen die Rede ist („aber er hat sich nie helfen lassen“), gibt
die Mutter zu erkennen, dass sie ihren Sohn Stefan zwar als ermutigungsbedürftig an-
sieht und dass sie „versucht“ hat, eine ermutigende Rolle zu spielen, dass aber diese
Versuche der Ermutigung fruchtlos geblieben sind. Dieses Motiv wird durch die Stel-
lung des „immer“ gesteigert: Die Mutter hat nämlich nicht immer versucht, zu ermuti-
gen, sondern sie hat versucht, immer zu ermutigen. Damit wird die grundlegende Hal-
tung der Ermutigung („immer versucht“) zu einer Daueranstrengung („versucht (be-
tont) ((immer)) zu ermutigen“).
Bezogen auf die Frage der Schulwahl und des Bildungsaufstiegs zeigt sich die Lo-
gik einer Beziehungsfalle. Stefan erscheint nicht als eine Person, die aufgrund der Real-
schulempfehlung situativ der Ermutigung bedarf. Auf der latenten Sinnebene wird er
zum Adressaten eines permanenten Versuchs der Ermutigung. Beziehungsdynamisch
kommt dabei eine mütterliche Fürsorglichkeit zum Ausdruck, die den Sohn zu einem
„Dauerpatienten“ macht. Seine Position als Hilfsbedürftiger kann er durch seine Bereit-
schaft, durch schulische Anstrengung und schulischen Erfolg dem mütterlichen Bil-
dungsauftrag nachzukommen, nicht beheben. Obwohl er an das Gymnasium gewech-
selt ist und obwohl er dort nicht gescheitert ist, bleibt ihm die Anerkennung der Mutter
auf der Beziehungsebene versagt.
Unter familiendynamischer Perspektive können wir damit von einem paradoxen
Bildungsauftrag sprechen. Das mütterliche Motiv des Bildungsaufstiegs, das für Stefan
einen eindeutigen Orientierungs- und Erwartungsrahmen für seine Schullaufbahn dar-
stellt, ist nicht integriert in eine dieses Motiv stützende Mutter-Sohn-Beziehung. Die
Ressourcen für den Bildungsaufstieg, die die mütterliche Haltung auf der Ebene der
Aspiration zur Verfügung stellt, finden keine Entsprechung auf der Beziehungsebene.
So bleibt Stefans Bildungsanstrengung getragen von einer mütterlichen Erwartungshal-
tung, der er bereitwilligt folgt, die ihm aber in den Augen der Mutter nicht jene persön-
liche Achtung verschafft, die sein Erfolg gerade vor dem Hintergrund des von ihr re-
präsentierten Bildungsauftrags verdient hätte.
Daraufhin meldet sich der Vater zu Wort und bestätigt die Aussage seiner Frau („ja
genau kann man so sagen“). Er zeigt sich mit seiner Frau solidarisch, relativiert aber
Labede, Thiersch: Die Desintegration des Bildungsaufstiegs 11

zugleich ihre Aussage, indem er auf andere mögliche Formulierungen hinweist. Er


verbleibt gleichsam in einer beobachtenden und moderierenden Rolle. 7
Durch Stefan erfolgt ein weiterer Sprechakt der Zustimmung („hat auch geklappt
(lacht)“), der sich auf die Richtigkeit der Aussage der Mutter unter der Perspektive der
pragmatischen Bewährung bezieht. Auf den ersten Blick gibt er der Mutter Recht: „Du
hast mich ermutigt und das hat zum Erfolg geführt“. Er bringt damit ein bildungsbio-
grafisch scheinbar geschmeidiges Arbeitsbündnis zwischen Mutter und Sohn zum Aus-
druck. In gewisser Weise entweicht er damit der Beziehungsfalle, die ihm die Mutter
stellt. Denn er überhört einfach ihren Zutrauensmangel und konstruiert eine Mutter-
Sohn-Beziehung, die sich durch ein harmonisches Zusammenspiel in dem gemeinsa-
men Projekt des Bildungsaufstiegs auszeichnet.
Diese den Zutrauensmangel der Mutter zurückweisende, sich gegen ihn wappnende
Strategie von Stefan hat aber einen Preis. Das sehen wir, wenn wir uns den Sprechakt
genauer anschauen. Die Formulierung „hat auch geklappt“ stellt einen Kommentar zu
einer unkonventionellen, riskanten Handlungsstrategie dar, die zum Erfolg geführt hat.
Dieser beruht auf einer situativen Raffinesse. Hier drückt sich also keine verzagte,
sondern eine einfallsreiche, listige Haltung aus. Das gleichzeitige Lachen bringt sein
Triumphgefühl ob der gelungenen List zum Ausdruck. Durch das Lachen wird die
Schläue zu einem „Trick“.
Mit Blick auf den thematischen Kontext interpretiert Stefan die Situation, in der er
sich gegen die Realschulempfehlung für die Bewerbung an einem Gymnasium ent-
scheidet als eine, in der die Mutter ihn zu einem erfolgreichen „Trick“ „ermutigt“ hat.
Was dabei tatsächlich „geklappt“ hat, ist seine Aufnahme ins Gymnasium. Dass Stefan
dazu berechtigt ist, einen Erfolg zu reklamieren, steht außer Frage. Er hat sich im
Gymnasium bewährt. Diese bildungsbiografisch bedeutsame Entscheidung aber als
erfolgreiche List zu interpretieren, stellt die Aufnahme in das Gymnasium gleichsam
als ergaunerten und erschlichenen Zutritt dar. Der Eintritt ins Gymnasium und das
erfolgreiche Durchlaufen wird nicht als selbstverständlicher Bildungsanspruch gedeu-
tet. Was auf den ersten Blick als gleichsam symbiotisches Arbeitsbündnis zwischen
einer bildungsaspirierten Mutter und einem diese mütterlichen Aspirationen aufneh-
menden Sohn gegenüber institutionellen Hürden erscheint, erweist sich bei näherem
Hinsehen als Delegitimierung des Bildungsaufstiegs.
Stefans Bezugnahme auf den Bildungsaufstieg folgt also einer ambivalenten Lo-
gik: Offensichtlich ist dieser Erfolg mit einem gewissen Stolz verbunden. In Stefans
Äußerung ist unzweifelhaft ein Moment der Positivität im Sinne eines lebensprakti-
schen Gelingens enthalten. Kehrseitig dazu zeigt sich aber auch eine prekäre Positio-
nierung gegenüber der eigenen Bildungskarriere. Auch nach einer vierjährigen Bewäh-
rungszeit am Gymnasium kann er sich nicht als Gymnasiast situieren. Seine Schulkar-
riere bleibt ihm äußerlich. Es scheint dabei verkürzt, die vier Jahre zurückliegende
Realschulempfehlung als Erklärung für dieses andauernde Situierungsproblem heran-

7
Wir müssen es hier bei diesen kursorischen Bemerkungen belassen. Für eine vollständige Rekonstruktion
der familiendynamischen Motive wäre eine genaue Bestimmung der väterlichen Rolle unverzichtbar.
12 sozialersinn 15 (2014): X–XXX

zuziehen. Steht die sich hier ausdrückende Äußerlichkeit und Fragilität des Bildungs-
selbst doch in einem sinnstrukturellen Entsprechungsverhältnis zu dem desintegrierten
Bildungsauftrag, den es bearbeiten muss. Denn gerade in dem Maße, in dem der müt-
terliche Auftrag nicht mit beziehungsdynamischen Ressourcen ausgestattet ist, kann
dem Bildungsselbst lediglich eine äußere Erfüllung des Auftrags gelingen. Der Zutrau-
ensmangel der Mutter findet so im Bildungsselbst als Illegitimitätsmotiv seinen Nie-
derschlag.
Vater: mhm und natürlich mit- [Mutter unterbricht]
Mutter: aber letztendlich die Entscheidung ist seine ob er möchte wo er möchte gehen
Vater: ja genau das sowieso
Herr Gerhardt leitet mit seiner bestätigenden Bemerkung ein zustimmungsreklamieren-
des Zusatzargument ein („mhm und natürlich mit-“). Vorstellbar wäre im Folgenden,
dass er auf das Abitur und die damit steigenden Berufs- und Einkommenschancen
aufmerksam machen will. Doch seine Frau übernimmt die Deutungshoheit. Durch diese
Unterbrechung ist die Zuständigkeit für die Frage der Bildungskarriere des jüngsten
Sohnes beantwortet. Sie obliegt der Mutter, nicht dem Vater. Sie ist diejenige, die das
Bildungsfortkommen der Söhne antreibt.
Der Sprechakt der Mutter führt die Entscheidungsautonomie des Sohnes ins Feld:
„Es ist seine Entscheidung, nicht die unsrige.“ Betrachten wir den Sprechakt wörtlich,
zeigt sich ein weitergehendes Motiv. „Aber letztendlich die Entscheidung ist seine ob
er möchte wo er möchte gehen“ bringt nämlich eigentlich ein Bedauern zum Ausdruck.
„Wir haben alles versucht, aber letztendlich ist es seine Entscheidung“. Die Entschei-
dungsautonomie von Stefan wird also eher als unumgänglicher, bedauerlicher Sachver-
halt in Rechnung gestellt, denn als begrüßenswerter Modus einer individuellen Selbst-
verwirklichung. So wird aus dem Thema der zurückliegenden Schulwahl („es war
letztendlich seine Entscheidung, auf das Gymnasium zu gehen“) unter der Hand das
Thema des Verlassens der Familie. Das Bedauern der Mutter („letztendlich“) richtet
sich damit sinnstrukturell auch auf das antizipierte Gehen des Sohnes.
Diese Interpretation ist insofern irritierend, als es ja um die Entscheidung von Ste-
fan geht, sich trotz einer Realschulempfehlung an einem Gymnasium zu bewerben und
dieser Schritt als ein von den Eltern gewünschter und geförderter erscheint. Aus dieser
Perspektive besteht gar kein Grund, etwas zu bedauern. Rein äußerlich tut Stefan ja
genau das, was die Mutter von ihm erwartet. Auf der Ebene der latenten Sinnstruktur
allerdings bringt die Mutter mit ihrer Äußerung genau das Gegenteil zum Ausdruck.
Die Entscheidung erscheint als eine Autonomiebewegung entgegen elterlicher Vorstel-
lungen. Dieser Widerspruch in der Äußerung der Mutter – ein Widerspruch, der sich
zwischen der manifesten Aussageintention und der latenten Sinnstruktur der Äußerung
ergibt – lässt sich vor dem Hintergrund des fehlenden Zutrauens in Stefan auflösen.
Stefan hat zwar den von der Mutter gewünschten Schritt gewagt. Damit kann er dem
mütterlichen Stigma der Verzagtheit aber nicht entgehen.
So reproduziert sich die Beziehungsfalle, in der Stefan steckt: Die Mutter erwartet
von ihm, dass er auf das Gymnasium wechselt. Diese Erwartung enttäuscht er nicht. Sie
traut ihm eine erfolgreiche Bewältigung dieses Weges aber nicht zu. Eigentlich kann es
für Stefan also gar nicht klappen. Begnügt er sich mit der Realschule, bestätigt er das
fehlende Zutrauen, kränkt aber die schulischen Ambitionen der Mutter. Wechselt er auf
Labede, Thiersch: Die Desintegration des Bildungsaufstiegs 13

das Gymnasium, dann folgt er zwar der schulischen Aufstiegserwartung. Er ruft damit
zugleich aber den Zutrauensmangel der Mutter wach. Stefan folgt den Bildungsaspira-
tionen der Mutter. Stolz, Achtung und Anerkennung wird ihm durch seine Mutter aber
nicht zuteil.
Wieder schließt der Vater affirmativ an die Äußerung seiner Frau an
(„ja genau das sowieso“). Das ist an dieser Sequenzposition umso bemerkenswerter,
als er ja gerade erst von seiner Frau unterbrochen wurde. Abermals bringt sich darin
der Versuch zum Ausdruck, die elterliche Perspektive nach außen hin als einheitlich
und harmonisch erscheinen zu lassen. Doch die familiale Deutungshoheit lässt sich
Frau Gerhardt nicht nehmen:
Mutter: Real oder oder Gymnasium so wie genauso bei Dav- bei David ham wa Fehler
gemacht wir haben gesagt okay du hast Empfehlung von Realschule zur Real-
schule und dann is-
In gewisser Weise liefert Frau Gerhardt nun die rational-themenbezogene Erläuterung
nach. Offensichtlich will sie sagen, dass die Eltern bei David den Fehler gemacht ha-
ben, im Sinne der Realschulempfehlung zu entscheiden. Aber die Differenzmarkierung
des Vergleichs gelingt ihr nicht. Es war ja nicht „so wie […] bei David“. Auf der mani-
festen Ebene ist die Äußerung der Mutter schlichtweg falsch. Bei David wurde anders
entschieden als bei Stefan. Deshalb müssen wir schließen, dass sich das Motiv der
Gleichheit der Söhne auf der Ebene der latenten Sinnstruktur herstellt. Damit überträgt
sich die Negativaura auf David.
Diese Negativität reproduziert sich auch auf inhaltlicher Ebene. David hat nach
dem Realschulabschluss sein Abitur auf einem Oberstufenzentrum abgelegt. Eine Bil-
dungskarriere, die den Eltern Anlass zu Stolz geben könnte, kommentiert die Mutter
unter der Perspektive einer fehlerhaften Entscheidung. Dabei bezieht sie sich nicht auf
die subjektive Befindlichkeit von David. Für ihn wäre die elterliche Entscheidung ja
nur dann ein Fehler gewesen, wenn seine intellektuellen Neigungen und Fähigkeiten
auf der Realschule nicht zum Zuge gekommen wären, oder wenn die Realschulent-
scheidung eine Zugangsbarriere für weitere Bildungsabschlüsse dargestellt hätte. Die
Bildungsambitionen bestehen gleichsam unabhängig von den Kindern und sie artikulie-
ren sich in einer gleichsam trotzigen Selbstbehauptung gegen die institutionellen Hür-
den (Realschulempfehlung). Mit diesem „Trotz“ korrespondiert aber kein Stolz; kein
Stolz auf die mutige Entscheidung, kein Stolz auf die tüchtigen Söhne, die den mütter-
lichen Bildungsauftrag durchfechten.
Zum Schluss der ausgewählten Sequenz meldet sich nun David zu Wort:
David: n andrer Weg ist nicht
Mutter: ja
David: zwangsweise mein Fehler
Vater: ja
David: ist ne andre Erfahrung eben
Auf den ersten Blick scheint es, als weise er die Unterstellung der Mutter zurück, die
Orientierung an der Realschulempfehlung sei ein Fehler gewesen: „Ein anderer Weg ist
nicht zwangsweise ein Fehler“. Angesichts des Schulerfolgs von David läge eine solche
14 sozialersinn 15 (2014): X–XXX

Zurückweisung auf der Hand. Inhaltlich wäre damit auf den Pluralismus der Bildungs-
wege rekurriert: Viele Wege führen zum Ziel und es ist falsch, nur einen Weg als den
richtigen anzusehen. Deshalb ist „n anderer Weg kein Fehler“. Allerdings springt ins
Auge, dass David hier von „mein Fehler“ spricht. Statt das Vorliegen einer Fehlerhaf-
tigkeit zurückzuweisen, weist er die Schuld für einen bestehenden Fehler von sich.
Einerseits antwortet er so, als hätte die Mutter ihn eines Fehlers bezichtigt, andererseits
impliziert seine Antwort aber auch einen Vorwurf an die Eltern: „Es ist nicht mein
Fehler, sondern der eure“. Wir können darin den Versuch einer Autonomiebehauptung
sehen. David versucht, die Bildungskarriere als die seine zu interpretieren. In gewisser
Weise emanzipiert er sich dadurch von der mütterlichen Regie. Gleichzeitig sieht sich
diese Emanzipationsbewegung der Unterstellung der Fehlerhaftigkeit ausgesetzt und
versucht diese abzuwehren. Ähnlich wie bei Stefan finden wir bei David also eine
problematische Lagerung der Mutter-Sohn-Beziehung. Komplementär zu Stefans Mo-
tiv der Beschwörung von Gleichklängigkeit weist dieses Motiv bei David eher in die
Richtung einer Abgrenzung und Autonomisierung.8

5. Familie und Bildungsaufstieg: Zum Typus der Desintegration


des Bildungsaufstiegs
Die Analyse der Sequenz des Familiengesprächs hat uns trotz des äußerst begrenzten
Umfangs des Datenmaterials ein prägnantes Bild der Strukturlogik der familialen Inter-
aktion und der ihr korrespondierenden Beziehungsdynamik ermöglicht. Stefans Positi-
onierung im Familiengefüge ist durch eine spezifische Konstellation gestiftet, die nicht
nur den Verlauf seiner Schulkarriere, sondern auch die Art und Weise der Bewältigung
seiner Schulkarriere wesentlich mitbestimmen. Das aus der Perspektive der sozialen
Lage der Familie nicht selbstverständliche Ziel des Abiturs gewinnt mit dem Fokus auf
familiale Beziehungskonstellationen und die Konstituierung des Bildungsselbst von
Stefan eine interessante, fallspezifische Eigendynamik.
Das familiale Zentrum der Bildungsaspiration stellt die Mutter dar. Sie ist es, von
der die Erwartungen an die Bildungserfolge der Kinder ausgehen. Sie sieht sich in der
Verantwortung, die Söhne zum Abitur zu führen. Ihre Ansprüche bezüglich des Bil-
dungserfolgs sind zwar durchaus moderat und nüchtern, gegenüber institutionellen
Hürden werden sie aber auch trotzig behauptet. Der Vater dagegen spielt eine eher
ausgleichende Rolle. Seine Zurückhaltung und seine auf Harmonie zielenden Modera-
tionen dürfen als entlastendes Moment für die Söhne verstanden werden. Stefans
Selbstpositionierung vollzieht sich wesentlich in dem Beziehungsgeflecht zwischen
Mutter und älterem Bruder. Im Gravitationsfeld dieser Triade baut sich jene Dynamik
auf, die zur Ambitioniertheit von Stefan führt.
Die dyadische Beziehung zwischen Stefan und seiner Mutter ist durch eine innere
Widersprüchlichkeit gekennzeichnet: So erfährt er als Sohn zwar äußere Unterstützung
von seiner Mutter und wird entgegen der Realschulempfehlung am Gymnasium ange-

8
Auch hier möchten wir darauf hinweisen, dass eine umfassende Würdigung der familialen Beziehungen
eine ausführlichere Interpretation erfordern würde.
Labede, Thiersch: Die Desintegration des Bildungsaufstiegs 15

meldet, gleichzeitig geht mit dieser Unterstützung aber ein Zutrauensmangel und eine
Adressierung als hoffnungslos ermutigungsbedürftige Person einher. Der mütterliche
Zutrauensmangel führt bei Stefan aber nicht zu einem Rückzug im Sinne einer defensi-
ven Bildungskarrierestrategie. Er orientiert sich an der manifesten Botschaft der Mutter
(„mach das Abitur“) und nicht an dem latenten Zutrauensmangel. Damit versucht er,
durch sein schulisches Fortkommen den mütterlichen Erwartungen zu entsprechen. In
paradoxaler Weise bildet er ein offensives Bildungsmotiv aus. Der Zutrauensmangel
der Mutter hemmt ihn nicht, sondern spornt ihn an. Gerade weil es an Zutrauen fehlt,
traut Stefan sich, das Gymnasium zu besuchen. So verhilft ihm ein genuin familiales
Motiv zum Bildungserfolg. Dieses Motiv verhilft ihm aber anderseits nicht dazu, den
Bildungsaufstieg im Bildungsselbst integrieren zu können.
Eine ähnliche Dynamik zeigt sich in der Geschwisterkonstellation. Beide Brüder
erhalten nach der Grundschule eine Realschulempfehlung. Während David dieser Emp-
fehlung folgt, vermeidet Stefan diesen „Fehler“. Er erweist sich als der Klügere („hat
auch geklappt“). Aber auch diese Cleverness verschafft ihm kein innerfamiliales Pres-
tige, weder gegenüber der Mutter noch gegenüber dem Bruder. Statt die Unterschiede
zwischen den brüderlichen Bildungsbiografien anzuerkennen, bedauert sie deren man-
gelnde Gleichklängigkeit unter der Perspektive der Verletzung des Prinzips der Gleich-
behandlung. Der Bildungserfolg bzw. -aufstieg der Söhne löst so keine Transformation
familialer Beziehungsstrukturen aus. Vielmehr offenbart die familiale Auseinanderset-
zung das beziehungsdynamische Problem, den „mutigen Söhnen“ weiterhin Mutlosig-
keit zuzuschreiben. Der mütterlichen Dauersorge um die Bildungskarriere ihrer Kinder
steht die Anerkennung von deren Leistungen entgehen. Das Bemühen der Söhne um
die Anerkennung der Mutter bleibt ohne Widerhall.
Insofern Stefans Bildungsselbst als trotziger Reflex auf einen Zutrauensmangel der
Mutter und auf den Versuch der Überbietung seines Bruders rekonstruiert werden kann,
erschließt sich das Verständnis für diesen sozialstrukturell unwahrscheinlichen Bil-
dungsaufstieg. Unsere Fallrekonstruktion zeigt aber nicht nur auf, wie sich die Motive
des Bildungsaufstiegs in diesem konkreten Fall konstellieren, sie wirft auch Licht auf
die Art und Weise, in der sich diese Konstellierung vollzieht. Das Bildungsprogramm,
das Stefan verfolgt, ist mit erheblichen Spannungen verbunden. Die Motive, die den
Bildungsaufstieg ermöglichen und tragen, sind so verfasst, dass der Bildungsaufstieg
sein familial-diffuses Motiv nicht einlösen kann. Die Kopplung von innerfamilialen
Beziehungsdynamiken und Bildungsentscheidungen erzeugt für Stefan eine Situation,
in der der Bildungsweg keine Problemerleichterung verschafft, sondern eine Reproduk-
tion des familialen Beziehungsproblems mit sich bringt. So stoßen wir im konkreten
Fall auf die Strukturlogik der Desintegration des Bildungssaufstiegs. Dieser bleibt
Stefan insofern äußerlich, als er eine verzagte Antwort auf die Schwäche seiner fami-
lialen Position darstellt. Gegenüber der Mutter und dem Bruder verschafft ihm sein
Bildungsweg vordergründig weder Stolz noch Autonomie. Er geht vielmehr mit mühe-
16 sozialersinn 15 (2014): X–XXX

vollen Anstrengungen der Aufrechterhaltung des Erfolgs einher (vgl. auch Silkenbeu-
mer/Wernet 2012).9

6. Fazit
Unser zentrales Anliegen war es, auf den Beitrag der familialen Binnendynamik bei der
Konstituierung eines Bildungsselbst hinzuweisen. Bei aller Vorläufigkeit dieser Analy-
se sollte deutlich geworden sein, in welch komplexer Art und Weise das Zusammen-
spiel von milieubedingten Ressourcen und familienimmanenter Beziehungsrelationen
auf die Bearbeitung des Problems der schulischen Selbstsituierung Einfluss nimmt.
Sowohl in seiner Bildungskarriere als auch in deren subjektiver Aneignung reprodu-
ziert das Ich nicht einfach die sozialstrukturell diagnostizierten Häufigkeiten und
Wahrscheinlichkeiten des Schulerfolgs, die das Bild des Ordnungsprinzips der sozialen
Herkunft als mehr oder weniger durchgreifend zeichnen. Unsere Fallrekonstruktion legt
eine Dynamik frei, in der sich zwar die sozialstrukturell bedingten Motive verorten
lassen – hier das Delegations- bzw. Auftragsmotiv des Bildungsaufstiegs –, in der aber
familiale Beziehungsmotive eingelagert sind.
Umgekehrt stellen subjekt- und familientheoretische Rekonstruktionen des Bil-
dungsselbst die Sozialisations- und Bildungsforschung vor neue Herausforderungen.
Abschließend wollen wir auf eine theoretische Perspektive hinweisen, die sich aus den
hier vorgestellten Überlegungen und empirischen Befunden ableitet. Sie betrifft ein aus
der Reproduktionstheorie sich ergebendes Deutungsmuster der durch den Bildungsauf-
stieg evozierten psychosozialen Spannungen. Danach sind Anstrengungen, die mit
einem Bildungsaufstieg einhergehen, unmittelbarer Ausdruck der sozialen Distanz, die
dieser Aufstieg zurücklegt. Je größer die Differenz zwischen dem Ausgangspunkt der
sozialen Herkunft und dem erreichten sozialen Status ist, umso größer sind die Span-
nungen, die auf dem Subjekt lasten.
Der Fall Stefan Gerhardt zeigt, dass diese Spannungen weniger dem Ausmaß des
Aufstiegs entspringen, weniger der „Spanne des Weges im sozialen Raum“ (Bourdieu
2002: 9), als der Art und Weise seiner subjektiven Konstellierung. Die bei Bourdieu im
Vatermord angedeuteten Widersprüche des Erbes (zwischen Übertreffen und Bewah-
ren) und ihre psychosozialen Auswirkungen sowie die damit verbundene Möglichkeit
der Transformation von Habitusstrukturen sind damit genauer in den Blick zu bekom-
men (vgl. Bourdieu 1997: 655). Obwohl die Bildungsabschlüsse der Eltern auf dem
Hauptschulniveau angesiedelt sind, scheint das Ziel Abitur für Stefan keine sonderliche
Belastung darzustellen. Die Spannungen, die er bearbeitet, resultieren nicht aus dem
Aufstieg als Aufstieg. Sie resultieren vielmehr aus jener eigentümlichen Situation, in
der Stefan die elterliche, vornehmlich mütterliche Delegation ohne Widerstände kon-

9
Daneben wurde in den bisherigen Auswertungen der Typus einer Integration des Bildungsaufstiegs in der
Logik familialer Ablösung herausgearbeitet. Im Kontrast zur Bindung an elterliche Motive des Aufstiegs
deuten diese Schülerinnen und Schüler die Bildungsaspirationen ihrer Familie im Zuge adoleszenter Indi-
viduierung für sich um. In der Auseinandersetzung mit den bildungsbiografischen Möglichkeitsräumen
der Familie wird hierbei eine eigenaktive und Autonomie freisetzende Aneignung des schulischen Auf-
stiegs deutlich, die eine Integration des Bildungsaufstiegs ermöglicht (vgl. Labede/Thiersch 2013).
Labede, Thiersch: Die Desintegration des Bildungsaufstiegs 17

fliktfrei übernimmt und sich zu eigen macht. Darin ist aber ein Beziehungsmotiv einge-
schrieben, das den schulischen Erfolg zu einem vergeblichen Bemühen werden lässt,
Ansehen und Anerkennung durch die Mutter zu gewinnen. Diese Vergeblichkeit ist es,
die den Aufstieg von Stefan motivational erst ermöglicht, die ihn aber auch belastet.
Diese hier empirisch rekonstruierte Fallstruktur der Desintegration eines erfolgrei-
chen Bildungsaufstiegs eröffnet damit die Perspektive auf die Frage der Integration und
Desintegration von Bildungsverläufen. Sie ist nicht schon durch den Hinweis auf die
Bildungsnähe oder Bildungsferne, auf günstige oder ungünstige Faktoren des Her-
kunftsmilieus, beantwortet. Erst eine Bildungsforschung, die die Eigenlogik familialer
Beziehungsstrukturen als konstitutives Moment der Formierung eines Bildungsselbst
theoretisch und empirisch in Rechnung stellt, ist dazu in der Lage, die subjektiven
Prozesse, die mit den schulischen Selektionsverläufen einhergehen, angemessen in den
Blick zu nehmen.

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