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Editorial

Opioid-Hoch im Norden Frau braucht


Offenbar werden zu häufig und zu unkri- Tagesdosen (DDD) starker Opioide ver- weniger Analgesie
tisch Fentanylpflaster eingesetzt (40,8% ordnet, durchschnittlich 208,6 DDD pro
aller Tagesdosen), so eine Studie zur Ver- 100 Versicherten und einem auff älligen Der kleine Unterschied zeigt sich auch in
sorgung mit starken Opioiden der Nord-Süd-Gefälle (s. Abb.) mit Werten puncto Schmerz: So ist Frau zwar häufi-
WHO-Stufe III für das Jahr 2011. Die zwischen 259,5 in Niedersachsen und ger von chronischen Schmerzerkran-
transdermale Anwendung ist ausschließ- 145,9 DDD in Baden-Württemberg. Bei kungen geplagt, reagiert jedoch besser
lich bei stabilem Schmerzmittelbedarf mehr als der Hälfte der Neuverordnun- auf die Behandlung als das starke Ge-
und opioidtoleranten Patienten indi- gen wurden höhere Dosierungen als die schlecht. Warum dies so ist und wie Sie
ziert. Sie erfolgt in der Praxis allerdings niedrigste verfügbare zu 12,5 μg/h ein- bei der Schmerz-
in mehr als der Hälfte der Fälle (52,9%), gesetzt. Verwendet wurden Routineda- therapie den Ma-
ohne dass vorher ein anderes Opioid ein- ten der 9,1 Mio. Versicherten der BAR- gen schonen, lesen
gesetzt wurde. Der überwiegende Teil MER GEK. Sie in unserem
der Opioid- und auch Fentanylverschrei- Schwerpunkt.
bungen erfolgte 2011 durch Hausärzte. Hoffmann F et al, Verordnung von starken Opioiden
Insgesamt wurden 18,9 Mio. defi nierte im Jahr 2011. Schmerz 2012, 26:707-714 Claudia Daniels
Redakteurin

Lässt chronischer Schmerz


das Hirn schwinden? Beethoven gegen
Bei chronischen Schmerzen verändert sich erkrankt sind, umso ausgeprägter sei die Intensiv-Schmerz
auch das Gehirn: Manche Hirnarale wer- Verminderung der grauen Substanz. Lan-
den dünner, sodass man hier bleibende ge Zeit habe man befürchtet, dass es sich Zwei Stunden Klassik auf die Ohren re-
Schäden befürchtet. Allerdings sind diese dabei um eine irreversible Atrophie oder duziert den Stress auf der Intensivstation:
Veränderungen reversibel: Nach einer er- einen dauerhaften Schaden handelt, der Beatmete Patienten brauchen weniger Se-
folgreichen Schmerztherapie normalisiert möglicherweise auch kognitive Funktionen dativa und Schmerzmittel, so das Ergeb-
sich das Volumen. Die Verminderung der beeinträchtigt und eine Demenz begüns- nis einer kanadischen placebokontrol-
grauen Substanz lässt sich bei fast allen Pa- tigt. Hier könne man nun Entwarnung ge- lierten Studie mit 55 Patienten. Neben
tienten mit chronischen Schmerzen beob- ben. Die hirnstrukturellen Veränderungen den Vitalzeichen wurde der Bedarf an
achten, egal ob es sich um Kopf-, Rücken- sind bei einer erfolgreichen Schmerzthera- Sedativa und Schmerzmitteln, Entzün-
oder Phantomschmerzen handelt, berich- pie offenbar vollkommen reversibel. (mut) dungsparameter sowie Prolaktin, Korti-
tete Prof. Dr. Arne May, Schmerzexperte sol und ACTH festgehalten. Während es
vom Uniklinikum Hamburg-Eppendorf, Neuro Update, Mainz 2013, Vortrag „Schmerz/Kopf- bei den Vitalzeichen keine nennenswer-
beim Fortbildungsveranstaltung „Neuro schmerz“ von Prof. Dr. Arne May, Uniklinikum Ham- ten Unterschiede zwischen den Gruppen
Update“ in Mainz. Je länger die Patienten burg-Eppendorf mit und ohne Musik gab, deutete sich
beim Fentanylbedarf ein Trend zur Sig-
nifi kanz an. Dieser ging nach dem Mu-
sikhören zurück (von 1600 auf 1350 µg).
Mit Schmerzmittel zum Nierenkrebs Gab es dagegen nur Kopfhörer ohne Mu-
sik auf die Ohren, stieg der Bedarf (von
Immer mehr Studien attestieren insbeson- mern. Danach ist die gelegentliche oder re- 1600 auf 1750 µg). Ähnliches war auch
dere ASS, aber auch (anderen) NSAR eine gelmäßige Anwendung von Paracetamol, beim Sedativa- und Hypnotikakonsum
krebsvorbeugende Wirkung, unter ande- die in 14 Studien ausgewertet wurde, mit zu beobachten, allerdings waren hierbei
rem gegenüber Karzinomen des Kolorek- einem Anstieg des Nierenkrebsrisikos um die Unterschiede noch geringer. Kortisol
tums, der Brust und der Prostata. Ein 28% verbunden. Höhere Dosierungen gin- ging von 815 nmol/l vor dem Musikhö-
Schutz vor Nierenkrebs lässt sich jedoch gen mit einem höheren Risiko einher (plus ren auf 741 nmol/l danach zurück, ohne
nicht feststellen. Die meisten Analgetika 68%). Anwender von NSAR ohne ASS, sie Musik blieben die Werte konstant, aller-
scheinen das Erkrankungsrisiko sogar zu wurden in fünf Studien untersucht, hatten dings waren die Unterschiede auch hier
fördern, wie eine Metaanalyse jetzt erge- insgesamt eine um 25% erhöhte Nieren- nicht signifi kant. Bei zwei Drittel der
ben hat. Die Analyse fußt auf Daten von krebsrate. Auch hier zeigte sich eine Dosis- Patienten sackten die Kortisolwerte
20 Studien aus Nordamerika, Europa und Wirkungs-Beziehung mit einer Steigerung nach dem Musikhören aber deut-
Australien, davon zwölf Fall-Kontroll-Stu- der Krebsrate um 56% bei Einnahme ho- lich ab (< 600 nmol/l).
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(mut)
dien mit 7075 Erkrankten und 579.285 her Dosen. (bs)
Kontrollen und acht Kohortenstudien mit Beaulieu-Boire G et al, J Crit Care 2013
1165 Erkrankten unter 579.285 Teilneh- Choueiri TK et al, Int J Cancer 2013 (online first) (online first)

04 • 2013 CME 1

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