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Handbuch

Therapiekonzept für Patienten


mit Demenz

Zusatzmodul zum Basismodul Geriatrie


Version 1.0
Gemeinschaftskrankenhaus Havelhöhe

Zerm R., Ziehaus O., Magerstädt R., Trapp B., Rauschert D., Wiche Y.,
Pohl C., Kühne S., Hohner, H., Kristek K., Jung M., Didwiszus A., Bäcker
S., Kröz M., Girke M

Herausgeber:
Girke M., Zerm R., Magerstädt R., Bläsi P., Kröz M.

Redaktion:
Berger D.
Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung ........................................................................................................................7
1.1 Vorbemerkung .................................................................................................................7
1.2 Risikofaktoren der Demenz...............................................................................................7
1.3 Demenz und Ernährung ..................................................................................................7
1.4 Demenz und Schlaf .........................................................................................................8
1.5 Antidementiva .................................................................................................................8
1.6 Behandlungsansätze der Integrativen-Anthroposophischen Medizin ...............................8
Literatur ..................................................................................................................................9
2. Krankheitsbild ...................................................................................................................11
2.1 Lebensgeschichtlicher Zusammenhang und Risikofaktoren ...........................................11
2.2 Diagnose und klinisches Bild ..........................................................................................11
2.2.1 Alzheimer-Demenz ......................................................................................................12
2.2.2 Führende frontale oder fronto-temporale Atrophie .......................................................13
2.2.3 Lewy-Körperchen Demenz ..........................................................................................13
2.2.4 Idiopathischer Normaldruck-Hydrozephalus ................................................................14
2.2.5 Vaskuläre Demenz ......................................................................................................14
2.3 Pathophysiologische Wesensgliederwirksamkeit bei demenziellen Syndromen .............15
2.3.1 Polarität neurodegenerativer und vaskulärer demenzieller Syndrome .........................15
2.3.2 Skleroseprozess im dreigliedrigen Organismus ...........................................................16
2.3.3 Geistige Wirksamkeit und ihre demenzielle Behinderung ............................................17
Literatur ................................................................................................................................18
3. Heilbedarf .........................................................................................................................19
3.1 Therapieprinzipien ..........................................................................................................19
3.2 Multimodales Therapiekonzept .......................................................................................20
3.3 Ethische Grundsätze der therapeutischen Beziehung ....................................................21
Literatur ................................................................................................................................22
4. Die Erfassung der Demenz im Rahmen des geriatrischen Basis-Assessments ................23
4.1 Einführung ......................................................................................................................23
4.2 Die Auswahl geeigneter Testverfahren ...........................................................................24
4.3 Das Prinzip der Salutogenese ........................................................................................25
4.4 Typische kognitive Veränderungen im Alter ....................................................................26
4.4.1 Störungen des Gedächtnisses .....................................................................................26
4.4.2 Reduktion der Aufmerksamkeit ....................................................................................27
4.4.3 Veränderungen der sprachlichen Fähigkeiten ..............................................................27
4.4.4 Konzept der Intelligenz ................................................................................................27
4.5 Testverfahren zur Messung kognitiver Leistungsfähigkeit ...............................................28
4.5.1 Differenzierung zwischen Demenz und Pseudodemenz ..............................................29
4.5.2 Der Uhrentest ..............................................................................................................30

2
4.5.3 Kriterien für die Auswahl des Assessment-Instruments ...............................................30
Literatur ................................................................................................................................31
5. Pflege ...............................................................................................................................34
5.1 Stationsgestaltung aus Sicht der Pflege .........................................................................34
5.1.1 Tagesgestaltung und Rhythmus aus Sicht der Pflege ..................................................34
5.2 Äußere Anwendungen ....................................................................................................35
5.2.1 Therapieziel Wärmeförderung, Verbesserung der Inkarnation und Aktivierung ............36
5.2.2 Therapieziel Anregung des Wärmeorganismus und Harmonisierung der
Empfindungsorganisation .....................................................................................................36
5.2.3 Therapieziel Ich-Stärkung, Aufrichtung, Belebung: ......................................................37
5.2 4 Therapieziel Strukturierung mittels Kopfhaube mit Arnika- oder Formica-Essenz ........38
5.2.5 Therapieziel Behandlung von Unruhe und Angst .........................................................38
5.2.6 Therapieziel Behandlung von Erschöpfungszuständen und geschwächten
Lebensprozessen .................................................................................................................39
5.2.7 Therapieziel Entspannung, Krampflösen, Stärkung von Gedächtnis und
Konzentration .......................................................................................................................39
5.2.8 Therapieziel Schlafförderung .......................................................................................40
5.3 Waschungen ..................................................................................................................41
5.4 Duftkissen mit Ölen bei Bedarf .......................................................................................41
5.5 Tees und Elixiere ............................................................................................................42
5.5.1 Tee-Therapie Tabelle ..................................................................................................42
5.5.2 Elixiere ........................................................................................................................45
5.6 Der Umgang mit dementen Patienten .............................................................................46
Literatur ................................................................................................................................48
6. Medikamentöse Therapie .................................................................................................49
6.1 Anthroposophische Basistherapie .................................................................................51
6.1.1 Leitsymptomorientierte Therapie .................................................................................53
Literatur ................................................................................................................................57
7. Ernährungsmedizin...........................................................................................................58
Literatur ................................................................................................................................59
8. Physikalische Medizin ......................................................................................................60
Literatur ................................................................................................................................60
9. Rhythmische Massage .....................................................................................................61
9.1 Einführung ......................................................................................................................61
9.2 Behandlungsziele und -strategien...................................................................................61
9.2.1 Kognitionsstörung ........................................................................................................61
9.2.2 Affektstörung ...............................................................................................................62
9.2.3 Antriebsstörungen .......................................................................................................63
9.2.4. Bewegungsstörung .....................................................................................................64
Literatur ................................................................................................................................66
10. Physiotherapie................................................................................................................67
3
10.1 Einführung ....................................................................................................................67
10.1.1 Ziele der physiotherapeutischen Behandlung ............................................................67
10.1.2 Hauptsymptome ........................................................................................................67
10.1.3 Auswirkungen der Demenz auf die Bewegungsorganisation unter Berücksichtigung
der Hauptsymptome aus physiotherapeutischer Sicht ..........................................................67
10.1.4 Bewegung als zentrale Rolle der physiotherapeutischen Behandlungen ...................68
10.1.5 Methodik und therapeutische Rahmenbedingungen ..................................................68
10.2 Physiotherapeutische Behandlungen............................................................................69
10.2.1 Einzelbehandlung ......................................................................................................69
10.2.2 Bothmer-Gymnastik ...................................................................................................70
10.2.3 Motorische Aktivierung als Gruppenangebot angelehnt an MAKS .............................70
Literatur ................................................................................................................................73
11. Eurythmie-Therapie ........................................................................................................74
11.1 Einführung ....................................................................................................................74
11.2 Rhythmisierende Übungen ...........................................................................................74
11.3 Übungen zur Belebung des Stoffwechsels....................................................................75
11.4 Seelische Aktivierung ...................................................................................................75
11.5 Geistige Anbindung ......................................................................................................75
Literatur ................................................................................................................................77
12. Musiktherapie .................................................................................................................78
12.1 Einführung ....................................................................................................................78
12.2 Förderung von Kognition und Orientierung zur Unterstützung der Ich-Wirksamkeit im
Seelischen............................................................................................................................78
12.2.1 Musiktherapeutische Übungen ..................................................................................78
12.3 Therapeutische Ansätze bei affektiven Störungen ........................................................79
12.3.1 Musiktherapeutische Übungen ..................................................................................79
12.4 Therapeutische Ansätze bei Antriebsstörungen ............................................................80
12.4.1 Musiktherapeutische Übungen ..................................................................................80
12.5 Gesichtspunkte zur Tagesgestaltung ............................................................................81
Literatur ................................................................................................................................81
13. Maltherapie.....................................................................................................................82
13.2 Kognitionsstörung .........................................................................................................82
13.2.1 Formenzeichnen: .......................................................................................................82
13.2.2 Freudvolles, erwärmendes Eintauchen in die Welt der Farben, Naturdarstellungen und
Märchen ...............................................................................................................................83
13.3 Behandlung der Affektstörung ......................................................................................85
13.3.1 Farbübungen in der Aquarell Nass-in-Nasstechnik ....................................................85
13.3.2 Dynamisches Formenzeichnen ..................................................................................86
13.4 Behandlung der Antriebsstörung ..................................................................................87
13.4.1 Dynamisches Formenzeichnen ..................................................................................87
13.4.2 Malen in der freien Natur ...........................................................................................88
4
13.4.3 Märchen ....................................................................................................................88
13.4.4 Wachskugel ...............................................................................................................88
13.5 Ausblick ........................................................................................................................88
Literatur ................................................................................................................................89
14. Ergotherapie ...................................................................................................................91
14.1 Einführung ....................................................................................................................91
14.2 Methode und Therapie..................................................................................................91
14.3 Ziele der ergotherapeutischen Behandlung bei Demenzerkrankungen .........................92
14.4 Die ergotherapeutischen Behandlungsmöglichkeiten ...................................................92
14.5 Förderung der Aktivitäten des täglichen Lebens (ATL) .................................................93
14.5.1 Wasch- und Anziehtraining ........................................................................................93
14.5.2 Esstraining.................................................................................................................93
14.5.3 Frühstücksgruppe ......................................................................................................93
14.5.4 Küchentraining...........................................................................................................93
14.5.5 Kaffee kochen............................................................................................................94
14.5.6 Haushaltstätigkeiten ..................................................................................................94
14.5.7 Spaziergang ..............................................................................................................94
14.6 Gruppen zur allgemeinen Mobilisation ..........................................................................94
14.7 Handwerkliche Tätigkeiten............................................................................................96
14.8 Spiele ...........................................................................................................................96
14.9 Ergotherapie bei stark fortgeschrittener Demenz ..........................................................97
14.10 Zusammenfassung .....................................................................................................97
Literatur ................................................................................................................................97
15. Gedanken zu Psychotherapie........................................................................................98
16. Anhang ...........................................................................................................................99
16. 1 Weiterführende Informationen .....................................................................................99

5
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1 Symptome demenzieller Syndrome ......................................................................11
Tabelle 2 Symptome der Alzheimer-Demenz .......................................................................12
Tabelle 3 Symptome führende frontale oder fronto-temporale Atrophie ................................13
Tabelle 4 Kriterien der Lewy-Körperchen Demenz ...............................................................13
Tabelle 5 Anwendung von Ölen............................................................................................42
Tabelle 6 Anregende Tees für den Morgen ..........................................................................42
Tabelle 7 Tees am Mittag .....................................................................................................43
Tabelle 8 Beruhigende, schlaffördernde Tees für den Abend ...............................................44
Tabelle 9 Anwendung von Elixiere........................................................................................45
Tabelle 10 Faktoren, die herausforderndes Verhalten begünstigen ......................................46
Tabelle 11 Verhaltensweisen im Umgang mit dementen Patienten ......................................48
Tabelle 12 Bewegungslied (Kern 2013) ................................................................................72

6
1. Einleitung

Roland Zerm

1.1 Vorbemerkung

Die Prävalenz der Demenz-Erkrankungen in Deutschland und weltweit wird


erwartungsgemäß im Rahmen der Alterung der Bevölkerung in den nächsten Jahren deutlich
zunehmen. Der Anteil der über 80-jährigen wird sich bis zum Jahr 2060 annähernd
verdoppeln (Zahn, 2015). Da mit zunehmendem Alter das Demenzrisiko steigt, ist auch bei
der Demenzerkrankung mit einer Zunahme zu rechnen (AlzheimerEurope, 2013). Allerdings
liegen zum individuellen Risiko auch Ergebnisse vor, die ein stabiles bis abnehmendes
Demenzrisiko in den letzten Jahren zeigen, was u. a. mit einer besseren kardiovaskulären
Risikofaktorkontrolle und mit einem höheren Bildungsgrad begründet wird (Langa, 2015),
(Wu et al., 2016).

1.2 Risikofaktoren der Demenz

Eine große Bedeutung kommt der Prävention zu. Neben der Kontrolle kardiovaskulärer
Risikofaktoren wie arterielle Hypertonie, Hypercholesterinämie, Diabetes mellitus und
Rauchen (Mayeux & Stern, 2012) spielen Lebensstilfaktoren eine große Rolle in der
primären und sekundären Prävention.
Körperliche Fitness kann bei an Demenz erkrankten Menschen kognitive Funktionen
(motorisches Lernen, Aufmerksamkeit und Verarbeitungsgeschwindigkeit) verbessern
(Angevaren et al., 2008). Eine Metaanalyse, die prospektive Studien zum Einfluss
körperlicher Aktivität auf neurodegenerative Störungen auswertete, zeigte in Bezug auf das
Risiko der Entwicklung einer Demenz eine 28%ige Reduktion für die aktiveren Menschen; in
Bezug speziell auf die Alzheimerdemenz war das Risiko sogar um 45% geringer (Hamer &
Chida, 2009). Erst kürzlich konnte eine prospektive Interventionsstudie (bestehend aus
diätetischen und bewegungssteigernden Elementen, Gedächtnistraining und intensiver
Kontrolle kardiovaskulärer Risikofaktoren) zeigen, dass die Entwicklung einer Demenz bei
Risikopersonen durch Lebensstilveränderungen aufgehalten, bzw. verbessert werden kann
(Ngandu et al., 2015).

1.3 Demenz und Ernährung

Zur mediterranen Ernährung liegt eine randomisierte Studie mit älteren Gesunden vor, die
alle ein hohes kardiovaskuläres Risiko aufwiesen. Durch die mediterrane Diät, die mit
Olivenöl oder Nüssen angereichert war, konnte eine Verbesserung der Aufmerksamkeit,
sowie der Gedächtnis-, Exekutivfunktionen erreicht werden.

7
1.4 Demenz und Schlaf

In den letzten Jahren sind neue interessante Ergebnisse zum Zusammenhang der
Schlafdauer und -qualtität mit dem Demenzrisiko erschienen. So konnte gezeigt werden,
dass die Konzentration von ß-Amyloid im Liquor, einem wesentlichen pathogenetischen
Faktor bei der Entstehung der Alzheimerdemenz, im Tagesverlauf unter Wachheit ansteigt
und während des Nachtschlafs abfällt (Lucey & Bateman, 2014). Andererseits wird dieser
nächtliche Abfall der ß-Amyloid Konzentration im Liquor durch Schlafdeprivation oder
verlängerte Wachphasen gehemmt (Ooms, 2014). Vor diesem Hintergrund erscheinen
Zahlen besorgniserregend, die eine abnehmende durchschnittliche Schlafdauer unter US-
amerikanischen Erwachsenen zw. 1985 und 2012 von 7,4 auf 7,18 h (Ford et al., 2015)
zeigen. Allerdings liegen hierzu widersprüchliche Ergebnisse vor (Youngstedt et al., 2015).
Auch bei US-amerikanischen Jugendlichen stieg zwischen 1991 und 2012 der Anteil
derjenigen, die weniger als 7h/d schlafen signifikant an. Insbesondere in der Gruppe der 15-
jährigen Jugendlichen stieg dieser Anteil von 28,5% auf 37% (Keyes et al., 2015). Diese
Entwicklung ist sicherlich vor dem Hintergrund der „Non-Stop-Gesellschaft“ der letzten
Jahrzehnte zu sehen, die zu einer zunehmenden De-Rhythmisierung des Lebens
beigetragen hat. Einer schlafhygienischen Erziehung bei Kindern und Jugendlichen sowie
einer Aufklärung über den gesundheitsfördernden Effekt eines robusten Tag-/Nachtrhythmus
bei Erwachsenen könnten in Bezug auf die zukünftige Prävalenz von Demenzerkrankungen
präventive Effekte zukommen.

1.5 Antidementiva

Eine ursächliche Behandlung der Demenz-Erkrankung wird auf absehbare Zeit nicht zu
Verfügung stehen. Daher stehen die symptomatische Behandlung und die Versorgung der
chronisch kranken Menschen, die häufig eine ausgeprägte somatische und psychische
Multimorbidität aufweisen, im Vordergrund. Eine antidementive Medikation
(Cholinesterasehemmer, Glutamatmodulatoren) wird kritisch (Hogan, 2006), (von Herath et
al., 2007). Erst kürzlich zeigte ein Cochrane-Review zu Rivastigmin, dass erstens der Effekt
klein und von unsicherer klinischer Relevanz ist und zweitens die Evidenz nur moderat ist.
Außerdem waren alle eingeschlossenen Studien von Pharmaherstellern finanziert (Birks &
Grimley Evans, 2015). Die Therapie ist zudem mit teilweise erheblichen UAWs verbunden
(Hernandez et al., 2009), (van der Hooft et al., 2004) und in der S3-Leitlinie maximal mit
einem Evidenzgrad B empfohlen (Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, 2009).

1.6 Behandlungsansätze der Integrativen-Anthroposophischen Medizin

Aus diesen Gründen erscheinen integrative Therapieansätze, die neben den

8
leitliniengerechten Therapien saluto- und hygiogenetische Elemente zur Behandlung der
Demenz beinhalten, dringend erforderlich. Dies möchte ein Anthroposophisches
Therapiekonzept leisten, das in dem vorliegenden Manual beschrieben wird. In einem
Expertendialog wurden zunächst die Therapien identifiziert, die zur Behandlung der Demenz
am notwendigsten und vielversprechendsten angesehen wurden, bzw. für die bereits externe
Evidenzen vorliegen. In gemeinsamen Sitzungen wurde die Erkrankung pathophysiologisch
und menschenkundlich sowie der daraus abgeleitete Therapiebedarf erarbeitet. Auf dieser
abgestimmten Grundlage wurde von den einzelnen Therapeuten ein Konzept vorgelegt, in
der Gruppe diskutiert und aufeinander abgestimmt. Das so entwickelte Zusatzmodul Demenz
soll zukünftig Ergänzung des im nächsten Schritt zu entwickelnden Basismodul Geriatrie
sein. Zukünftig wird nach erfolgreicher Implementierung des Therapiekonzeptes eine
Evaluation der Therapieeffekte sowie der Patientenzufriedenheit notwendig sein.

Literatur

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9
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2015_2153_12421.html.

10
2. Krankheitsbild
Matthias Girke und Otto Ziehaus

2.1 Lebensgeschichtlicher Zusammenhang und Risikofaktoren

Demenzielle Erkrankungen stehen hinsichtlich ihrer Risikofaktoren in einem Zusammenhang


mit der Biographie des Menschen: Traumata, depressive Erkrankungen (Förstl, 2009), das
metabolische Syndrom und der Diabetes mellitus sind bekannte Risikofaktoren für diese
hirnorganischen Erkrankungen. Ihnen ist gemeinsam, dass sie mit einer eingeschränkten
Aktivität im Stoffwechsel-Gliedmaßensystem einhergehen und durch Bewegung eine
Besserung erfahren können.

2.2 Diagnose und klinisches Bild

Nach den Kriterienkataloge ICD-10 sind drei Symptomenkomplexe für die operationalisierte
Diagnose einer Demenz erforderlich:

Störungen des Gedächtnisses


Mindestens eine Störung in dem kognitiven Bereich wie z.B. Aphasie, Apraxie,
Agnosie, Beeinträchtigung des abstrakten und logischen Denkens, Erfassung von
Zusammenhängen
Einschränkung der Alltagskompetenz und Lebensgestaltung

Dabei müssen qualitative Bewusstseinsstörungen ausgeschlossen werden.


Demenzielle Syndrome führen je nach der dominanten Werkzeugstörung des
Nervensystems zu charakteristischen Symptomen:

Tabelle 1 Symptome demenzieller Syndrome


Cortikale Demenz Subcortikale Demenz Frontale Demenz
Symptom Aphasie Verlangsamung Wesensänderung
e Apraxie Konzentrations- Störung des Denkens
Orientierungs- schwäche (abstrakt, planend,
störungen Antriebsmangel urteilend, aktiv)
Gedächtnis- Diffuses kognitives Sprach- und Antriebs-
störungen Defizit veränderung (Verarmung,
Dysinhibition, Logorrhoe)

11
Das Stirnhirn steht mit der selbstbewussten Wesensäußerung des Menschen in Beziehung
und bringt seine Persönlichkeit zum Bewusstsein. Dieser Bereich des ZNS ist folglich mit der
Ich-Organisation verbunden. Corticale Strukturen stehen mit der Bewusstseinsentwicklung in
Zusammenhang und dadurch mit der astralischen Organisation. Während diese Strukturen
des ZNS mit den zum Bewusstsein orientierten Wesensgliedern verbunden sind, so die
subcortikalen Funktionen mit der Gestaltung und Führung der Willensaktivität: Subcortikale
Demenzen gehen mit Verlangsamung und Antriebsschwäche einher und weisen auf die
Einschränkung der Willensaktivität im Bewusstsein und körperlicher Aktivität.
Frontotemporale Demenzsyndrome können mit Veränderungen des Fühlens (Affektlabilität)
einhergehen. Jede Aktivität bzw. Prozess im Menschen braucht Gestaltung und Modulation,
die durch rhythmische Prozesse vermittelt werden. So handelt es sich bei den demenziellen
Syndromen um Einschränkungen der Gestaltung und Strukturierung des Denkens Fühlens
und Wollens, nicht um die Erkrankungen dieser Seelenkräfte selbst.

Es werden unterschiedliche Formen der Demenz differenziert:

2.2.1 Alzheimer-Demenz

Auftretensalter im Mittel bei 78 Jahren


Tabelle 2 Symptome der Alzheimer-Demenz
Frühsymptomatik Im Verlauf Spätsymptome

Hyposomie Zunahme der Abbau aller höheren


Störung anspruchsvoller Frühsymptomatik Hirnleistungen
Alltagsaktivitäten Ausgeprägte Sprachzerfall
Gedächtnisstörung Gedächtnisstörungen Verlust alten Wissens
Räumliche Orientierung Visuell-räumliche Körperlich-
Benennstörung Verarbeitungsstörungen neurologische
Depressive Inhaltsarme, phrasenhafte Symptome
Symptomatik, Sprache Kachexie, Inkontinenz
Antriebsminderung Unruhe, Agitiertheit, Angst Gangstörung, Rigor,
Öfters Verwirrtheits- Misstrauen bis wahnhafte Myoklonien
zustände, Symptomatik Epileptische Anfälle
Deliranfälligkeit Schlaf-Wach-Rhythmus- Progredient und letal
Störung nach ca. 5 bis 8 Jahren
Poriomanie

12
2.2.2 Führende frontale oder fronto-temporale Atrophie

Tabelle 3 Symptome führende frontale oder fronto-temporale Atrophie

Obligate Symptome Fakultative Symptome

• Wesens- und Verhaltensänderung • Hypokinetisch-rigide Symptomatik


• Antriebs- und Sprachantriebsstörung • Pyramidenbahnzeichen
• Diffuses kognitives Defizit • Paresen
• Inadäquater und indifferenter Affekt • Vollbild ALS
• Fehlende Krankheitseinsicht
• Frühe Urininkontinenz

2.2.3 Lewy-Körperchen Demenz

Die Lewy-Körperchen Demenz verläuft progredient.

Tabelle 4 Kriterien der Lewy-Körperchen Demenz

Wahrscheinliche Kriterien (2 von 3 Unterstützende Kriterien mit geringerer


Kriterien) versus mögliche (1 von 3) LBD Wertigkeit

• Fluktuation (Aufmerksamkeit und • Häufige Stürze


Wachheit) • Synkopen, Bewusstseinsstörungen
• Visuelle Halluzinationen (spontan oder • Autonome Störungen (orthostatische
nach L-Dopa) Hypotension, Urininkontinenz)
• Parkinson-Symptome • Wahnsymptomatik, Halluzinationen
• Unterstützende Zweitrang-Kriterien generell
• REM-Schlafverhaltensstörung
• Neuroleptika-Überempfindlichkeit
• Reduzierte dompaminerge Innervation im
Striatum (DaT-Scan)

Im klinischen Bild findet sich eine Kombination von kortikaler und subkortikaler Demenz.
Dabei ist die Parkinson-Symptomatik kaum L-Dopa-responsiv. Weiterhin kommt es zu
visuellen Halluzinationen mit fluktuierenden kognitiven und Vigilanzstörungen.

13
2.2.4 Idiopathischer Normaldruck-Hydrozephalus

• Symptom-Trias (Hakim-Trias)
• Gangstörung
• Demenz
• Blasenstörung
• Assoziation mit Hypertonus und Diabetes
• Chronisch progrediente Erkrankung

2.2.5 Vaskuläre Demenz

Bei der vaskulären Demenz gilt es verschiedene Manifestationsformen zu unterscheiden:


Die Makroangiopathie weist einen akuten Beginn auf und ist meist Folge von einem oder
mehreren Infarkten.
Die Mikroangiopathien dagegen ist durch eine subkortikale vaskuläre Demenz
gekennzeichnet. Im Vollbild ist das der Morbus Binswanger.
Weiterhin werden Grenzzoneninfarkte von Hirnblutungen und Amyloidangiopathien als
weitere pathogenetische Manifestationsformen unterschieden.

• Symptomatik
• Verlangsamung, Antriebs- und Sprachantriebsstörung bis zur Apathie
• Konzentrations- und Aufmerksamkeitsstörung (dysexekutives Syndrom),
Vergesslichkeit
• rasche geistige und körperliche Erschöpfbarkeit
• Gangstörung (z. T. einem NPH, z. T. einem Parkinson-Syndrom ähnelnd;
„frontale Gangapraxie“)
• Miktionsstörung in Form von imperativem Harndrang oder Inkontinenz
• Insult-Symptome meist geringeren Schweregrades, oft mit guter Rückbildung
(„minor strokes“)
• Pseudobulbärparese (vor allem Dysphagie, Dysarthrie) durch Läsion der
kortikonukleären Bahnen
• disinhibiertes Lachen und Weinen ohne entsprechende Emotion
• stufenweise Verschlechterung

14
2.3 Pathophysiologische Wesensgliederwirksamkeit bei demenziellen Syndromen

Kognition umfasst die aktiven Denkprozesse, die zu Gedanken- und Vorstellungen im


Bewusstsein führen und das Gedächtnis konstituieren. Kommt es zu einer unzureichenden
Wirksamkeit der aktiven, kreativen Denkkräfte in der Bewusstseinswelt, so kann sich die mit
Skleroseprozessen verbundene Wesensgliederwirksamkeit entwickeln. Sie führt zur
Ablagerung von extrazellulärem Betaamyloid und Bildung von intrazellulären Neurofibrillen.
Die Liquorkonzentration zeigt entsprechend einen zirkadianen Rhythmus mit hohen
Konzentrationen während des Wachens, niedrigen während des Schlafs. Das Betaamyloid
entsteht intrazellulär durch Spaltung des Vorläuferproteins APP durch die Sekretase beta
oder gamma (amyloidogener Pfad) im Golgi-Apparat (Förstl, 2009). Unter physiologischen
Bedingungen wird Betaamyloid von verschiedenen Enzymen abgebaut oder über den LDL-
Rezeptor aus dem Extrazellulärraum entfernt. Allerdings erlaubt die Menge an Amyloid-
Plaques im Gehirn wenige Rückschlüsse auf die kognitive Leistungsfähigkeit. In der US-
amerikanischen „Nonnen-Studie“ (678 Frauen im Alter von 75 bis 106 Jahren) wurde
gezeigt, dass ca. ein Drittel der Nonnen mit postmortal deutlich nachweisbarer Alzheimer-
Neuropathologie zu Lebzeiten keine Demenzsymptome aufwiesen (Snowdon, 2003).
Umgekehrt hatten manche Nonnen mit demenziellem Syndrom keine krankhaften
Ablagerungen im Gehirn.

Das Tau-Protein hat für die Entstehung neurofibrillärer Bündel bei der Alzheimer-Demenz
eine pathophysiologsiche Bedeutung. Eine Hyperphosphorylierung dieses Proteins, das
physiologischerweise dem Strukturaufbau für Mikrotubuli im Axon dient, bedingt eine
Aggregation zu Polyfilamenten (Neurofibrillenablagerung) (Mahlberg & Gutzmann). Es
handelt sich dabei um einen gestörten Phosphorprozess. Phosphor ist über den
Energiestoffwechsel mit der dynamischen, willensaktiven Wirksamkeit der oberen
Wesensglieder verbunden. In der Neuropathologie der Alzheimererkrankung wird er
demgegenüber in die Sklerose und „Ablagerung“ geführt (Girke, 2012).

2.3.1 Polarität neurodegenerativer und vaskulärer demenzieller Syndrome

Die „Ablagerungen“ bei den neurodegenerativen Demenzen vom Alzheimer-Typ sind


Ausdruck des Skleroseprozesses in der Nervenorganisation und damit der
Bewusstseinsorientierung der Wesensglieder. Der neurodegenerativen Pathophysiologie
stellt sich die vaskuläre Genese demenzieller Syndrome gegenüber. Der Skleroseprozess
kann also entweder durch die unphysiologische Dominanz des Nerven-Sinnes-Systems
(neurodegenerative demenzielle Syndrome) oder durch die eingeschränkte Wirksamkeit des
Stoffwechsel-Bewegungssystems (vaskuläre Demenz) entstehen. Für die vaskulären

15
Demenzformen (vascular cognitive impairment VCI, Multiinfarkt-Demenz, subkorticale
arteriosklerotische Enzephalopathie Binswanger und weitere Formen) ist ein treppenförmiger
und nicht schleichend progredienter Verlauf der demenziellen Symptomatik charakteristisch.
Viele demenzielle Syndrome sind Mischformen dieser polaren Krankheitsprozesse (Girke,
2012).

Polares Krankheitsspektrum demenzieller Syndrome: Den neurodegenerativen


Erkrankungen stehen die vaskulären demenziellen Syndrome gegenüber.

2.3.2 Skleroseprozess im dreigliedrigen Organismus

Der neurodegenerative Skleroseprozess kann den gesamten Organismus ergreifen: Die


Lebensorganisation ist reduziert und auch die Lebenserwartung ist wie bei einer
Tumorerkrankung eingeschränkt. Zahlreiche Lebensprozesse sind eingeschränkt
(Ernährung, Erhaltung, Regeneration) und können u.a. durch eingeschränkten Appetit zur
Gewichtsabnahme führen. Die astralische Organisation, die in Bewusstseinsfunktionen auf
der Grundlage des Nerven-Sinnes-Systems und Bewegung durch das Stoffwechsel-
Gliedmaßensystem wirksam ist, erstarrt und führt zu den typischen Störungen von
Bewusstsein und Bewegung. Zahlreiche demenzielle Syndrome gehen aus diesem Grunde
nicht nur mit kognitiven, sondern auch mit Bewegungsstörungen einher. So kann der M.
Parkinson von der erstarrenden und rigiden Bewegungsstörung zur demenziellen
Erkrankung führen, die Lewy-Körper-Demenz umgekehrt von der demenziellen Symptomatik
zur parkinsonoiden Bewegungsstörung. Die Ich-Organisation ist in den Denkprozessen, im
Fühlen und Empfinden sowie in den Bewegungsfunktionen bis zu den Störungen des
aufrechten Gehens eingeschränkt. Die Seelenkräfte des Patienten, also Denken (Kognition),
Fühlen (Affektivität) und Wollen („Antrieb“) werden nicht mehr durch die Individualität geführt:
Denkprozesse sind verändert, bei subcortikaler Demenz z.B. verlangsamt,
Gedächtnisstörungen können auftreten und v.a. die Alzheimer-Demenz begleiten. Im Fühlen
kann sich Unruhe und agitierte Affektlabilität oder auch Depressivität entwickeln. Im Willen
kommt es zu unterschiedlichen Störungen der Impulskontrolle, des Antriebs bis zu den
charakteristischen Bewegungsstörungen. Das Wesen des Patienten kann sich nicht mehr
ausreichend in den Seelenfähigkeiten offenbaren, ist wie „verhüllt“ und manchmal durch das
nun ungemindert hervortretende Schattenwesen, den Doppelgänger des Menschen
verzeichnet.

16
Die Wesensgliederwirksamkeit entspricht einem unphysiologischen Lösungsprozess der
ätherischen, astralischen und Ich-Organisation. Dieser ähnelt einem Sterbeprozess, der das
Nervensystem erfasst, aber auch den gesamten Menschen ergreifen kann und dann zur
eingeschränkten Lebenserwartung des Patienten führt.

Es entwickelt sich also eine, für das Nervensystem charakteristische


Wesensgliederwirksamkeit, die nicht ausgeglichen werden kann und zu Sklerose- und
Ablagerungsprozessen führt. Das seelisch geistige Wesen löst sich aus der aktiven
Verbindung mit dem Leib, wird allerdings noch nicht „leibfrei“, wie im Sterbeprozess, sondern
durch die leiblichen Veränderungen in seinen Erscheinungsformen verändert und gehalten.

2.3.3 Geistige Wirksamkeit und ihre demenzielle Behinderung

Patienten mit Demenz sind nicht als zunehmend „geistlose“ Menschen, sondern als
Patienten mit organischer Behinderung ihrer geistigen Wirksamkeit anzusehen. Geistige
Wirksamkeit kennt vier Stufen, die sich besonders deutlich an den bewussten Aktivitäten
erkennen lassen. Im Plastizieren eines Würfels unterscheiden wir das fertige Produkt von der
bildenden Tätigkeit. Diese zweite Ebene im Schaffensprozess wäre undenkbar ohne die
entsprechende Gestaltungsidee, also die Würfelform. Schließlich bedarf es der Individualität,
die diese Idee fasst, umsetzt und zur sichtbaren Wirklichkeit werden lässt. Entsprechendes
gilt für die Kognitionsprozesse: Der fertige Gedanke oder die Vorstellung sind das „Produkt“.
Ihm geht eine bildende schöpferische Denktätigkeit voraus, die Lebenskräfte des Denkens.
Von diesen ist der geistige Inhalt, also die begriffliche oder ideelle Ebene zu unterscheiden.
Diese ist rein inhaltlich, geistig, kennt keine räumliche oder zeitliche Dimension. Die Idee des
Dreiecks hat in diesem Sinne keine Größe oder zeitlichen Gültigkeitsbereich. Sie wird auch
nicht ungültig durch geistige Behinderung. Der Geist erkrankt demzufolge nicht. Schließlich
bedarf es der Aktivität des geistigen Selbst des Menschen, die als schaffendes Prinzip in den
Kognitionsprozessen wirkt. Das volle wache Bewusstsein entsteht erst auf der Ebene der
Gedanken und Vorstellungen. Vorher handelt es sich um vorbewusste Aktivitäten des
Menschen. Diese Ebene ist von der Nervenorganisation abhängig, kann beispielsweise
durch Narkotika ausgeschaltet werden, während durch diese die inhaltliche Bedeutung der
Begriffswelt keine Auslöschung oder Einschränkung ihrer Gültigkeit erfährt. Die geistige
Wirksamkeit des Menschen „erwacht“ am Nerven-Sinnes-System zum Bewusstsein. Sie wird
an diesem „reflektiert“. Organische Erkrankungen dieses „Spiegels“ können zu Verzerrungen
und Bewusstseinseinschränkungen führen. Dann schränkt sich die reflektierte und
eigenverantwortete Tätigkeit des Menschen ein, da Gedanken und damit die Möglichkeit zur
Reflexion eigenen Verhaltens und zur Leitung der Gefühlswelt dem Patienten entfallen. Es
17
kommt zur Enthemmung, fehlender Konzentration, ungesteuertem Verhalten, da die
gedankliche Struktur- und Formqualität eingeschränkt ist. Wie ein Zeichner im Dunkeln sich
nicht an seinen Ergebnissen und Taten orientieren kann, da diese nicht mehr sichtbar sind,
so der gedanklich eingeschränkte Mensch in seiner Alltagsgestaltung. Demenzielle
Syndrome sind vor diesem Hintergrund Behinderungssyndrome einer sonst gesunden
geistigen Wirksamkeit und Wesenhaftigkeit des Menschen.

Literatur
Förstl H. (2009). Demenzen in Theorie und Praxis. Springer, Heidelberg.

Girke M. (2012). Innere Medizin. Salumed-Verl., Berlin.

Mahlberg R & Gutzmann H. (2009). Demenzerkrankungen. Dt. Ärzte-Verl., Köln.

Snowdon DA. (2003). Healthy aging and dementia: findings from the Nun Study. Ann Intern
Med 139, 450-454.

18
3. Heilbedarf

Matthias Girke und Otto Ziehaus

Die Beschwerden und Symptome des demenziell erkrankten Patienten beziehen sich auf die
veränderte Wesensgliederwirksamkeit:
Ich-Organisation
• Einschränkungen der Kognition, Konzentration, Bewusstseinsveränderungen,
Gedächtnis
• Veränderungen des Fühlens, Affektivität, Depression, Sprache
• Veränderungen der Willensbildung, Impulskontrolle

Astralische Organisation
• Störungen der Vigilanz, Bewusstseinsveränderungen bis zur Somnolenz,
Müdigkeit, Störungen des Wachens und Schlafens
• Rhythmus- und Regulationsstörungen: Störungen des vegetativen
Nervensystems: Orthostase
• Bewegungsstörungen

Lebensorganisation
• Störungen des Appetits, der Nahrungsaufnahme, vegetative Symptome.

Physische Körper
• oftmals Gewichtsabnahme, Sarkopenie/Kachexie
• Sklerosemanifestation

Dieser vom Nervensystem dominierten Wesensgliederwirksamkeit stellt sich die Aktivierung


des Stoffwechsel-Gliedmaßensystems gegenüber. In diesem verbinden sich die
Wesensglieder mit dem Organismus in der willensaktiven Bewegung und regenerativ-
aufbauenden Stoffwechselprozessen.

3.1 Therapieprinzipien

Die einseitig zum Nervensystem orientierte Wesensgliederwirksamkeit geht mit


neurodegenerativen Skleroseprozessen einher. Therapeutisch bedarf es einer
Verstärkung der Wesensgliederwirksamkeit im Stoffwechsel-Gliedmaßensystem:
Verstärkung der Willensaktivität, Bewegung, Wärme. Entsprechend stellt sich den

19
Skleroseprozessen eine Entzündung als hygiogenetischer Prozess (Neuroinflammation mit
proinflammatorischen Zytokinen in Gehirn und Liquor (Salminen et al., 2009) entgegen, die
allerdings zur chronischen Entzündung „erlahmt“ und dann mit Skleroseprozessen
verbunden ist. Umgekehrt scheinen hohe Dosierungen der antientzündlich wirksamen NSAR
die Demenz-Inzidenz zu erhöhen, wenngleich hierzu auch anderslautende Hypothesen
vorliegen (Breitner et al., 2009).

Demzufolge ergeben sich die folgenden Therapieprinzipien:

• Abnehmen des neurodegenerativen Skleroseprozesses


• Verstärkung der Aktivität des Stoffwechsel-Gliedmaßensystems (Aktivierung der
Denk- und Gedächtnis/Erinnerungsfunktionen, der aktiven Sinnesfunktionen, der
Sprache und des seelischen Erlebens sowie des körperlichen Bewegens.
• Verstärkung der aufbauenden und organbildenden Wesensgliederwirksamkeit

Durch die Gruppentherapien und tageshygienischen Maßnahmen kann die Selbst- bzw. Ich-
Wirksamkeit in den Seelenkräften verstärkt werden. Die folgenden Zielsymptome stehen
dabei im Vordergrund:

• Kognitionseinschränkung: Förderung der Bewusstseinskräfte


(Sinnesbeobachtung, schöpferische Denkaktivität, Gedächtnisübungen über
Bewegung und „begreifen“)
• Depression, Affektstörung: Förderung von Fühlen und Erleben, Pflege des
Rhythmischen Systems (Tagesstruktur, Schlaf/Wach-Rhythmus)
• Antriebsstörungen: Förderung von Willensaktivität und Bewegung
• Rhythmusverlust in der Tagesgestaltung: Förderung rhythmischer
Tagesgestaltung, Ernährung

3.2 Multimodales Therapiekonzept

Die therapeutische Begleitung des demenzkranken Menschen stellt erhebliche


Herausforderungen. Die Einschätzung, doch nicht mehr helfen und dieses Krankheitsbild
„umkehren“ zu können, lässt einen therapeutischen Nihilismus entstehen, der den Willen
zum Heilen und damit auch den Willen des Erkrankten zum Gesunden lähmt. Durch ein
multimodales Therapiekonzept sollen mögliche klinische Verbesserungen hinsichtlich des
Krankheitsverlaufs, des Patientenbefindens und seiner Autonomiefähigkeit durch

20
unterschiedliche Heilmittel (Arzneitherapie, Physiotherapie, Rhythmische Massage,
Ergotherapie, Kunsttherapie (z.B. Musiktherapie), Eurythmietherapie, Äußere Anwendungen
und Öl-Dispersionsbäder) erreicht werden. Die nachfolgend vorgeschlagenen
Therapiemaßnahmen sind konzeptionell begründet, beruhen auf den bisherigen
therapeutischen Erfahrungen und orientieren sich an der Wesensgliederwirksamkeit bei
demenziellen Syndromen.

In der Beziehungsgestaltung sind insbesondere bei einem unruhigen, gegebenenfalls


aggressiven Verhalten, in dem das Schattenwesen des Menschen (Doppelgänger) wirksam
wird und von der Individualität nicht zu lenken ist, erhebliche Hürden zu überwinden.
Schließlich stellt sich die Frage nach dem Sinn einer solchen, den Menschen verstellenden
Erkrankung: Bei vielen anderen Erkrankungen ist die innere Frucht, die sich aus dem
Krankheitsverlauf entwickelt, ahnungsweise zu erfassen. Der demenzkranke Patient hat die
enormen Einbußen seiner bisherigen kognitiven Möglichkeiten zu ertragen und mit dem
Verlust der zeitlichen und räumlichen Orientierung zu kämpfen. Er selbst, aber auch sein
Angehörigenumfeld stehen oftmals einer abgrundartig erlebten Perspektivlosigkeit
gegenüber. Aus diesem Leid können sich innere Befähigungen entwickeln, indem die
begleitenden Menschen und Therapeuten inspirationsfähig werden müssen für die
Bedürfnisse und Notwendigkeiten des Patienten, der sie nicht mehr adäquat äußern kann. Er
lebt schließlich weniger in sich als in seinem Menschenumkreis. Auf den erkrankten
Menschen bezogen kann diese Erkrankung vor dem Hintergrund der Nachtodlichkeit und der
wiederholten Inkarnationen zur umfassenden Entwicklung des Menschen beitragen.

3.3 Ethische Grundsätze der therapeutischen Beziehung

Der Patient mit hirnorganischer Erkrankung leidet an einer Störung der Werkzeugfunktion
des Nervensystems. Seine Individualität als geistiges Wesen ist von der Erkrankung nicht
betroffen, Kognition, Bewusstseinsfunktionen und Gedächtnis sind demgegenüber in
unterschiedlichem Maß eingeschränkt. Dadurch ist er nicht dem unzutreffenden Wortsinn
von „Demenz“ ein Mensch „ohne Geist“, sondern kann diesen in den aktiven Äußerungen
seines alltäglichen Lebens und zwischenmenschlichen Beziehungen nicht mehr offenbaren.
Der durch die hirnorganische Erkrankung eingeschränkte Mensch erscheint vielmehr als
„verhülltes Wesen“, beansprucht unverändert unser Interesse, Anerkennung sowie unsere
Hilfeleistung. Ihm kommt uneingeschränkt die volle Menschenwürde zu.

21
Literatur

Breitner JC, Haneuse SJ, Walker R, Dublin S, Crane PK, Gray SL & Larson EB. (2009). Risk
of dementia and AD with prior exposure to NSAIDs in an elderly. Neurology 72, 1899-
1905.

Salminen A, Kauppinen A, Suuronen T, Kaarniranta K & Ojala J. (2009). ER stress in


Alzheimer's disease: a novel neuronal trigger for inflammation and. J
Neuroinflammation 6, 41.

22
4. Die Erfassung der Demenz im Rahmen des geriatrischen Basis-Assessments

Roland Magerstädt

„Es kommt nicht darauf an, wie alt man wird, sondern wie man alt wird.“ Ursula Lehr,
Gerontologin

4.1 Einführung
Das Alter ist ein eigenständiger Lebensabschnitt. An der Wertigkeit, die diesem
Lebensabschnitt zugesprochen wird, kann man den Humanitätsstand einer Gesellschaft
ablesen. Alter, so wie wir es heute kennen, ist ein Produkt der Neuzeit, insbesondere der
Industrialisierung, der Sozialpolitik sowie der Rentengesetzgebung. Im vergangenen
Jahrhundert ist die Lebenserwartung der Bevölkerung in Deutschland erheblich gestiegen.
Wandel der demographischen Situation ist durch tendenziell steigende Lebenserwartung und
fortschreitende Alterung der Bevölkerung gekennzeichnet. Seit über 130 Jahren ist
hierzulande ein ständiger Rückgang der Sterblichkeit und Anstieg der Lebenserwartung zu
beobachten. Diese Veränderung ist vor allem mit der, in der Nachkriegszeit
entwicklungspolitisch induzierten, allgemeinen Verbesserung der Lebensqualität, der
Arbeitsbedingungen, der Ernährung, der Hygiene und der medizinischen Versorgung zu
erklären (Schimany, 2008). Es ist davon auszugehen, dass im Hinblick auf die allgemeine
Tendenz zu Alterung der Gesamtbevölkerung die Anzahl kranker älterer Menschen in den
nächsten Jahrzehnten stark zunehmen wird. Dementsprechend wird sich auch die Anzahl
älterer Menschen mit chronischen altersassoziierten Erkrankungen, wie milde kognitive
Beeinträchtigung (MCI), dementielle Erkrankungen und/oder Altersdepression erhöhen. Eine
umfassende Verbesserung der medizinischen Versorgung älterer Bevölkerungsgruppen im
Allgemeinen, und speziell der Versorgung in Bezug auf Diagnostik von altersassoziierten
chronischen Erkrankungen, rückt somit immer mehr in den Vordergrund (Bogomolni, 2009).
Der Anstoß für diese Arbeit ist die Tatsache, dass es, wie auch die demographische
Entwicklung in Deutschland zeigt, immer mehr alte Menschen gibt, die unter multiplen
Erkrankungen leiden (Schimany, 2008). Das Ziel der TAM Arbeitsgruppe ist es, einen Beitrag
zu Verbesserung der Lebensqualität älterer Menschen mit mehrfacher Erkrankung zu leisten
und älteren Menschen, die unter multiplen Erkrankungen leiden, dabei zu helfen die
Ressourcen zu identifizieren und zu mobilisieren, um ihre Selbstständigkeit im Alter, auch
trotz dieser mehrfachen Erkrankungen, soweit wie möglich zu erhalten. Dieses Ziel soll durch
Optimierung diagnostischer Möglichkeiten sowie Verbesserung des therapeutischen
Angebotes für die Zielpopulation und den nachhaltigen Aufbau der dafür notwendigen und
Erweiterung der bereits bestehenden Strukturen erreicht werden.

23
4.2 Die Auswahl geeigneter Testverfahren

Basis und eine wesentliche Voraussetzung einer adäquaten und qualitativen geriatrischen
Behandlung ist die Erhebung von körperlichen, funktionellen, seelischen und geistigen
Fähigkeiten bzw. deren Einschränkungen, um ältere Patienten gezielt zu unterstützen. Die
Erhebung erfolgt mittels standardisierter Assessments, dem sog. geriatrischen Basis-
Assessment (GBA). Durch langjährige wissenschaftliche Forschung und Entwicklung auf
dem Gebiet der Neurowissenschaften und der Altersmedizin gibt es eine Vielzahl von
Assessment-Instrumenten, die den diagnostischen Anforderungen genügen. Dennoch sollte
dabei nicht außer Acht gelassen werden, dass der in der Klinik tätige Praktiker in der Regel
auf Assessments angewiesen ist, die nicht nur den wissenschaftlichen Gütekriterien
(Validität, Objektivität, Reliabilität, Sensibilität) entsprechen, sondern in der täglichen Praxis
zeitökonomisch eingesetzt werden können. Die „Arbeitsgruppe Geriatrisches Assessment“
hat diesbezüglich eine Empfehlung erarbeitet, die von vielen geriatrischen Einrichtungen in
Deutschland übernommen wurde (Assessment, 1997). In einer ersten Stufe erfolgt mit Hilfe
des LACHS-Index ein Screening im Sinne einer strukturierten (Lachs et al., 1990)
Anamnese. Die zweite Stufe umfasst das eigentliche GBA, die sich aus folgenden Tests und
Verfahren zusammensetzt:

• Barthel-Index: Aktivitäten des täglichen Lebens (ATL, englisch: ADL) (Mahoney &
Barthel, 1965)
• MMSE (Mini-Mental State Examination): Bewertung der Kognition (Folstein &
McHugh, 1975)
• CC: Screening auf kognitive Defizite
• GDS: Screening auf Depression (Yesavage et al., 1982)
• Uhrentest nach Shulman
• Uhrenergänzungstest (Clock Test) (Watson et al., 1993)
• SoS (Soziale Situation): Analyse der sozialen Situation (Wohnungssituation, soziale
Kontakte und Unterstützung, ökonomische Verhältnisse, soziale Aktivitäten)
(Nikolaus et al., 1995)
• Handkraft-Messung: Gesamtmuskelkraft zur Diagnostik von Sarkopenie und
Malnutrition, außerdem zur Prognose von Frakturen, Mortalität und anderen
Parametern
• Geldzähltest: Screening und Verlaufskontrolle kognitiver Defizite
• Timed-Up & Go-Test: Erfassung von Koordination und Mobilität (Podsiadlo &
Richardson, 1991)
• Tinetti-Test: Bewertung von Stand- und Gangsicherheit (Tinetti, 1986)

24
Ziele des Basis-Assessments (GBA) sind:
• Verbesserung der diagnostischen Genauigkeit
• Optimierung der medizinischen Behandlung
• Verbesserung der Funktionalität des Patienten
• Erreichen und Erhalt größtmöglicher Selbständigkeit
• Steigerung der Lebensqualität
• Verbesserung der stationären sowie der nachstationären Versorgung
• Prävention von Folgeerkrankungen
• Vermeidung oder zumindest die Senkung der Zahl von Heimeinweisungen
• Qualitätskontrolle der Behandlung

Erfolge:
• Senkung der Heim- und Klinikeinweisung
• Steigerung der Selbsthilfefähigkeit
• Verminderung von Pflegebedürftigkeit
• Reduktion der Mortalität
• Reduktion von Medikation.

4.3 Das Prinzip der Salutogenese

Das neuropsychologische Assessment für ältere und hochbetagte Patienten sollte in erster
Linie so konzipiert sein, dass eine möglichst umfassende Diagnostik aller Bereiche der
kognitiven Fähigkeiten erfolgt, ohne den Patienten dabei zu verunsichern und zu überfordern
und sich dabei möglichst nach dem Prinzip der Salutogenese auszurichten. Salutogenese ist
ein Konzept, das sich u. a. auf dynamische Wechselwirkungen bezieht, die zur Entstehung
und Erhaltung von Gesundheit führen. Nach dem Salutogenese-Modell ist Gesundheit nicht
als Zustand, sondern als Prozess zu verstehen. Gesundheit ist stark mit den sozialen
Kontexten verbunden. Davon ausgehend ist es besonders wichtig die sozialen Strukturen, in
die der Patient eingebunden ist, gut zu beleuchten und diese notfalls zu erweitern
(Antonovsky, 1997). Leider hat sich in der klinischen Praxis eine defizitorientierte Denkweise
(Pathogenese) etabliert. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse über Demenzen bieten immer
noch wenig Hoffnung auf Heilung der Krankheit. Angesichts der steigenden Anzahl an
Demenzkranken werden mehr Denkansätze nötig, die bei der Betrachtung der Krankheit in
eine andere, als die krankhafte (pathogenetische) Richtung führt. Die Wechselbeziehung
zwischen Salutogenese und Pathogenese wird durch Krankheiten bzw. deren Vermeidung
ergänzt bzw. ermöglicht. Salutogenese ist insofern eine "Schatzsuche" im Unterschied zur
"Fehlerfahndung" der herrschenden (pathogenetisch orientierten) Denkrichtung der Medizin

25
(Schiffer, 2001). Salutogenetische Orientierung bedeutet, dass die Behandler bzw.
Behandlungsmethoden sich mehr auf Gesundheit und auf Ressourcen ausrichten. Die Welt
rund um Demenz im Sinne der Salutogenese zu verstehen, heißt auch, Realität neu zu
überdenken. Wichtig ist es dabei nicht nur die aktuell bestehenden Defizite und
Einschränkungen, sondern auch die Ressourcen und Stärken des Patienten zu erfassen und
insbesondere die letzteren therapeutisch aufzugreifen und zu fördern und aktiv im Sinne des
Patienten in die Planung und Ausgestaltung der Therapien einzubeziehen.
Zum Zweiten sollte die neuropsychologische Untersuchung bei Verdacht auf Demenz
differentialdiagnostisch möglichst präzise sein und dem Patienten dabei ausreichend
Möglichkeiten zu Verfügung stellen, über die Bedürfnisse und Nöte in einem Gespräch zu
berichten. Dazu gehört eine gute Aufklärungsarbeit zu den durchgeführten Verfahren sowie
ein persönlicher Kontakt und Einfühlungsvermögen seitens des Untersuchers. Die bereits
breitflächig eingesetzten Verfahren, die diesen Mindestanforderungen genügen, entsprechen
den wissenschaftlichen Standards und bieten dem Patienten und dem Untersucher
ausreichend Raum, um ins persönliche Gespräch zu kommen.

4.4 Typische kognitive Veränderungen im Alter

Kognitive Leistungen im höheren Alter scheinen einer hohen interindividuellen Variabilität zu


unterliegen, die mit Merkmalen wie Bildung, Beruf, Gesundheit, Lebensstil (Schaie, 1988);
(Shimamura, 1995); (Reuter-Lorenz & Lustig, 2005) und nicht zuletzt, mit Lebenserfahrung
und Weisheit zusammenhängen, jedoch können sie auch bis ins hohe Alter erhalten bleiben
(Baltes et al., 1995).

4.4.1 Störungen des Gedächtnisses

Störungen des Gedächtnisses treten im Alter oft, und bei Demenzen obligat, auf. Die
Beeinträchtigungen verschiedener Gedächtniskomponenten des Kurzzeitgedächtnisses und
des Langzeitgedächtnisses können empirisch nachgewiesen werden (Poon, 1985), wobei
das verbale Gedächtnis stärker beeinträchtigt zu sein scheint als das nonverbale (Janowsky,
1996). Bei einem als normal zu bewertenden Alterungsprozess verändert sich die Leistung
des Langzeitgedächtnisses geringfügig, aber die des Enkodierens. Gesunde ältere
Menschen benötigen längere Lernperioden, um Informationen adäquat aufzunehmen und
abzurufen (Dunlosky & Salthouse, 1996); (Salthouse, 1994); (Salthouse & Coon, 1993). Das
Kurzzeitgedächtnis scheint bei einem normalen Alterungsprozess von den Veränderungen
wenig betroffen zu sein, obwohl leichte Beeinträchtigungen in allen Komponenten des
Kurzzeitgedächtnisses nachgewiesen werden konnten (Salthouse, 1994); (Hedden &
Gabrieli, 2004). Beim Lernen und freien Abrufen von Wörterlisten, Geschichten, Figuren oder

26
Bildern fallen bei älteren Probanden deutliche Defizite in der Leistungsfähigkeit des
episodischen Gedächtnisses gegenüber jüngeren Probanden auf (Craik, 1992). Dieser
Leistungsabfall zählt zu den typischen kognitiven Veränderungen im Alter. Aus diesen
Ergebnissen lässt sich schlussfolgern, dass gesunde ältere Menschen im Vergleich zu
jüngeren neue Informationen weniger effizient enkodieren und Abrufschwierigkeiten haben
können (Craik, 1992).

4.4.2 Reduktion der Aufmerksamkeit

Wie das Gedächtnis, lässt im Alter auch die Aufmerksamkeit nach. Die Aufmerksamkeit wird
in selektive, geteilte und Daueraufmerksamkeit unterteilt. Die selektive Aufmerksamkeit ist
die Fähigkeit des Menschen auf bestimmte momentan relevante Reize zu reagieren und sich
nicht durch Störreize ablenken zu lassen (Perry & Hodges, 1999). Die Testleistungen älterer
Personen im Bereich der selektiven Aufmerksamkeit unterscheiden sich kaum von denen
jüngerer Personen, wenn der Ort des Zielreizes bekannt ist und er von den Störreizen gut
unterscheidbar ist (Rogers, 1999).

4.4.3 Veränderungen der sprachlichen Fähigkeiten

Die sprachlichen Fähigkeiten eines Menschen sind in Sprachverstehen und


Sprachproduktion unterteilt. Beides bleibt bei gesundem Altern relativ unverändert (Kempler,
1994); (Light, 1993). Allerdings gibt es einige altersbedingte Veränderungen, wie z. B.
Verständnisschwierigkeiten bei längeren komplexen Sätzen. Der Kurzzeitspeicher älterer
Personen ist etwas beeinträchtigt und kann daher nicht mehr so viele Informationen, wie der
Kurzzeitspeicher jüngerer Personen aufnehmen (Kemper, 1992). Außerdem wird mehr Zeit
benötigt, um die in einem komplexen Satz enthaltenen Informationen abzuspeichern. Mit
steigendem Alter treten auch die Beeinträchtigungen des Sprechvermögens auf. Ebenfalls
können Beeinträchtigungen des Hör- und Sehvermögens zu Schwierigkeiten in der verbalen
Kommunikation führen, was allerdings mit Einsatz von Hör- und Sehhilfen ausgeglichen
werden kann.

4.4.4 Konzept der Intelligenz

In dem von Cattell und Horn (Horn & Cattell, 1967) entwickelten Konzept der Intelligenz wird
zwischen fluider und kristalliner Intelligenz unterschieden. Die fluide Intelligenz beinhaltet
grundlegende Prozesse der Informationsverarbeitung, Geschwindigkeit und Genauigkeit, mit
der diese Prozesse ausgeführt werden. Dagegen ist die kristalline Intelligenz der Ausdruck
der Bestände an Handlungs- und Faktenwissen, die sich eine Person im Laufe des Lebens
angeeignet hat. Die Leistungen der kristallinen Intelligenz bleiben bis ins hohe Lebensalter

27
erhalten und können sogar noch gesteigert werden. Dagegen fängt die Leistung der fluiden
Intelligenz bereits ab dem mittleren Erwachsenenalter abzunehmen (La Rue, 1992).
4.5 Testverfahren zur Messung kognitiver Leistungsfähigkeit

Die die in der Empfehlung der „Arbeitsgruppe Geriatrisches Assessement“ beinhalteten


Testverfahren sind sehr gut dazu geeignet, um zwischen den o. b. kognitiven Veränderungen
beim gesunden Alterungsprozess und Abbauprozessen bei demenziellen Entwicklungen zu
unterscheiden und den o. b. angestrebten Zielen im Sinne der Salutogenese gerecht zu
werden. Im Folgenden werden diese kurz erläutert:

Um den Stand der kognitiven Leistungsfähigkeit der Patienten einzuschätzen, wird der Mini-
Mental-State-Examination (MMSE) (Folstein & McHugh, 1975) eingesetzt. Der MMST ist das
international am häufigsten verwendete Screening-Instrument für kognitive Defizite. Er liefert
erste Hinweise über das Vorliegen einer kognitiven Beeinträchtigung im Sinne einer
dementiellen Entwicklung. Mit der Anwendung soll ein orientierender Eindruck gewonnen
werden. Die Durchführungszeit beträgt ca. 10 Minuten. Der MMSE ist zusammengesetzt aus
30 Fragen zur zeitlichen und örtlichen Orientierung, exekutiven Fähigkeiten,
Kurzzeitgedächtnis, Benennen, Lesen, Schreiben sowie zu visuell-kognitiven Fähigkeiten.
Jeder erfüllten Aufgabe wird ein Punkt zugeordnet. Kognitiv unbeeinträchtigte Menschen
erreichen auch im höheren Lebensalter zwischen 28 und 30 Punkten. Die maximal
erreichbare Punktezahl liegt bei 30 Punkten. Bei Presbyakusis (Altersschwerhörigkeit) und
visuellen Defiziten (Sehstörungen) muss das Frageverständnis des Patienten überprüft
werden. Die Testauswertung orientiert sich an der Ergebnisinterpretation der Arbeitsgruppe
geriatrisches Assessment der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie (DGG) und der
Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie (DGHO):

Der Minimental-State-Examination-Test ist der am häufigsten gebrauchte Test zur Erfassung


von Demenz und weist folgende Einteilung auf:

30 - 24 Punkte: keine kognitive Einschränkung


23 - 18 Punkte: leichte kognitive Einschränkung
17 - 0 Punkte: schwere kognitive Einschränkung

Von mehreren Autoren wird jedoch darauf hingewiesen, dass die Sensitivität der MMSE bei
leichten Demenzformen eingeschränkt ist. So gibt es Hinweise, dass ein Wert von 24
Punkten in leichten Stadien einer dementiellen Erkrankung nicht ausreichend sensitiv ist
(Bleecker et al., 1988); (Kukull et al., 1994); (Monsch et al., 1995). In diesen Studien wird zur
Abgrenzung zwischen einem altersgemäßen kognitiven Status und einer leichten
28
dementiellen Entwicklung ein Grenzwert von 26/27 Punkten vorgeschlagen. Werden weniger
als 26 Punkte erreicht, sollten weitere neuropsychologische Tests durchgeführt werden.
Weniger als 23 Punkte legen einen starken Demenzverdacht nahe, weniger als 10 Punkte
sprechen für eine schwere Demenz.

4.5.1 Differenzierung zwischen Demenz und Pseudodemenz

Depression kann sich bei älteren Personen anders äußern, als bei den jungen Patienten.
Ältere Depressive haben z. B. mehr somatische Beschwerden und sind auch kognitiv stärker
beeinträchtigt, als jüngere. Bei etwa einem Fünftel schwer depressiver Patienten sind starke
kognitive Beeinträchtigungen zu beobachten, die denen bei einer Demenzerkrankung sehr
ähnlich sind (La Rue, 1992). Im Zusammenhang mit kognitiven Beeinträchtigungen älterer
Depressiver spricht man dann auch vom dementiellen Syndrom bei Depression oder von
einer sogenannten Pseudodemenz (Caine, 1986); (Marcopulos, 1989). Kiloh (Kiloh, 1961)
hatte das Konzept der Pseudodemenz untersucht und seine Beobachtungen beschrieben.
Etwas genauere Angaben zu Unterscheidung von Pseudodemenz und Demenz findet man
bei Wells (Wells, 1979). Die Leistungen des Gedächtnisses sind bei Patienten mit
Pseudodemenz vor allem im freien Abrufen schlechter, als bei Patienten mit Demenz. Im
Gegensatz zu Demenz-Patienten zeigen diese Patienten jedoch keine Beeinträchtigungen
im Lernen, Wiedererkennen und Behalten von Informationen (La Rue, 1992).
Ein Problem in Bezug auf die Depression im Alter ist die schwierige diagnostische
Abgrenzbarkeit von anderen psychiatrischen Störungsbildern. Der Überschneidungsbereich
von Demenz und Depression stellt eine besondere Herausforderung dar. Dabei ist die
Differenzierung zwischen Demenz und dementiellem Syndrom bei einer Depression sehr
wichtig, da eine Depression in den meisten Fällen erfolgreich behandelt werden kann, und
dadurch auch eine Verbesserung kognitiver Leistungen erreicht wird (Woodruff-Pak, 1997).
Sollten sich die Leistungen wider Erwarten nach der Behandlung depressiver Symptome bei
einer erneuten neuropsychologischen Untersuchung nicht verbessern, kann man davon
ausgehen, dass die Depression eine beginnende Demenz verdeckt hat. Die zu Diagnostik
der Depressionen im Alter in der Praxis häufig eingesetzte Geriatric Depression Scale nach
Sheikh und Yesavage (Sheikh & Yesavage, 1986) umfasst in der Kurzform 15 Fragen und
erlaubt eine Früherkennung einer möglichen Depression bei älteren Patienten. Sie ist in
Form eines Fragebogens zur Selbstbeurteilung konzipiert und kann zudem zu
Verlaufsbeobachtungen und Vergleichsuntersuchungen eingesetzt werden. Die Fragen sind
mit ja/nein zu beantworten und können vom Probanden selbst oder in Form eines Interviews
beantwortet werden. Alle Antworten, die auf das Vorhandensein einer Depression hindeuten,
werden mit jeweils einem Punkt gewichtet. Die Antworten, die gegen eine Depression
sprechen, werden mit 0 Punkten gewertet. Anschließend werden die Punkte zu einem
29
Gesamtscore, der bei der Kurzversion zwischen 0 und 15 Punkten liegen kann,
zusammengezählt. Die Auswertung erfolgt über eine Auszählung der Antworten. Die
maximale Punktzahl ist 15. Werte von 0 - 4 Punkten gelten als unauffällig, Werte zwischen 5
- 8 Punkten geben Hinweise auf eine leichte depressive Ausprägung, Werte zwischen 9 - 11
Punkten geben Hinweise auf eine mittelgradige depressive Ausprägung, Werte von 10 - 15
legen den Verdacht einer schweren Depression nahe. Nach Brink et al. (Brink et al., 1982);
Yesavage et al. (Yesavage, 1983); Sheik et al. (Sheikh & Yesavage, 1986) sollte der Cut-off
für nicht depressiv/depressiv bei 4/5 Punkten gewählt werden.

4.5.2 Der Uhrentest

Beim Uhrentest nach Shulmann (Shulman, 1993) handelt es sich um ein einfaches
Screeningverfahren bei Verdacht auf eine räumlich-konstruktive sowie visuell-räumliche
Wahrnehmungsstörungen bei beginnender Demenz. Der Proband hat die Aufgabe in einen
leeren Kreis die Ziffern einer Uhr sowie eine vorgegebene Uhrzeit (11:10) einzuzeichnen. Bei
Vorliegen einer Demenz lassen sich bestimmte Fehlermuster erkennen, denen ein
Punktescore von 1 bis 6 zugeordnet ist. Scores 1 (perfekte Uhr) und 2 (leichte visuell-
räumliche Fehler) gelten als unauffällig. Score 3 wird bei einer noch gut erhaltenen visuell-
räumlichen Darstellung der Uhr, jedoch fehlerhaft eingezeichneter Uhrzeit vergeben. Score 4
lässt Schlüsse auf eine mittelgradig ausgeprägte visuell-räumliche Desorganisation zu.
Scores 5 (schwergradige visuell-räumliche Desorganisation) und 6 (keinerlei Darstellung
einer Uhr möglich) lassen auf schwergradige Beeinträchtigung der visuell-räumlichen
Fähigkeit schließen. Der validierte cut-off zur Unterscheidung zwischen Normalbefund und
kognitiver Beeinträchtigung im Bereich visuell-räumlicher Fähigkeiten im Sinne einer
Demenz liegt zwischen 2 und 3 Punkten. Somit ist ein Score von > 3 Punkten als krankhaft
anzusehen (20).

4.5.3 Kriterien für die Auswahl des Assessment-Instruments

Darüber hinaus stehen für spezielle Fragestellungen oder zur genaueren Analyse
aufgedeckter Defizite weitere standardisierte Testverfahren zur Verfügung (z.B. SF-36, SF-
12 oder WHOQOL für den Parameter Lebensqualität, SIDAM, CERAD zur differenzierten
Abklärung von dementiellen Prozessen, MNA zum Screening auf Malnutrition). Aktuell
besteht international kein Konsens hinsichtlich der standardisiert oder fakultativ
einzusetzenden Bausteine eines geriatrischen Assessments und ihrer Durchführung, so dass
vergleichende Untersuchungen erschwert sind.
Bei der Auswahl von Assessment-Instrumenten müssen Testgütekriterien wie Reliabilität
(Test misst zuverlässig und ist reproduzierbar), Validität (Test misst inhaltlich das, wofür er
gedacht ist), Sensibilität (Zuverlässigkeit der Identifikation des gesuchten Merkmals) und
30
Spezifität (Ergebnis ist eindeutig, möglichst wenige falsche positive Resultate) beachtet
werden. Ferner ist bei der Auswahl zu berücksichtigen, an welchen Personengruppen das
Assessmentverfahren ursprünglich evaluiert wurde (z.B. bei ambulanten Patienten, im
Krankenhaus auf einer internistischen, geriatrischen oder chirurgischen Station, in
Langzeitpflegeeinrichtungen etc.). Nach der ursprünglichen Evaluation sollte das Verfahren
in mindestens einer weiteren prospektiven Studie untersucht worden sein, denn im
praktischen Einsatz können sich im Vergleich zum Ausgangsversuch erhebliche
Abweichungen ergeben.

Nur die Kombination von Assessment-Verfahren und entsprechenden Interventionen ist in


der Lage, die Behandlungsqualität langfristig zu verbessern. In einer Metaanalyse konnte
gezeigt werden, dass sich mit dieser Kombination neben der Senkung der Mortalität vor
allem die funktionelle Kapazität der Patienten im ADL-Bereich steigern ließ. In der
Konsequenz konnte der Verbleib in der häuslichen Umgebung signifikant besser gesichert
werden.

Abschließend sollte noch mal betont werden, wie wichtig es bei der Erhebung mithilfe von o.
g. Screening- und Testverfahren ist, nicht nur einzelne Testergebnisse im Blick zu haben,
sondern den Patienten in seiner Gesamtheit, insbesondere im Hinblick auf die prämorbide
Persönlichkeitsstruktur, die Fähigkeiten und nicht zuletzt Ressourcen sowie jeweils erhaltene
Funktionsbereiche wahrzunehmen.

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33
5. Pflege

Maria Jung, Yasmin Wiche, Cathleen Pohl

5.1 Stationsgestaltung aus Sicht der Pflege

Patienten, die mit einer Demenzerkrankung zu uns ins Krankenhaus kommen, erleben
zusätzlich zu ihrer Erkrankung ein Herausreißen aus ihrer gewohnten, im guten Fall
stabilisierenden Umgebung. Sie leiden besonders an Denk- und Konzentrationsstörungen,
an Affektstörungen und Depression, sie sind häufig antriebsgestört aber unruhig. Außerdem
haben sie oft einen gestörten Tag-Nachtrhythmus und sind in ihren Lebensprozessen
geschwächt. Die neue, fremde Umgebung kann diese Symptome verschlimmern. Deshalb
sollen die Patienten in unseren Pflegeteams so schnell wie möglich einen gut strukturierten,
verlässlichen Tagesablauf erleben. Im Sinne „Rhythmus trägt Leben“ (nach einem Gespräch
zwischen Steiner und Hauschka) kann der verbindlich eingehaltene Tagesablauf und die
Äußeren Anwendungen stabilisieren und die Symptome lindern.
Über biographische Anknüpfungspunkte kann es gelingen, in Situationen, in denen der
Patient unruhig, ängstlich oder desorientiert ist, die Situation zu deeskalieren. Kleine Hilfen,
wie ein passendes Symbol am Patientenzimmer, bekannte Düfte im Raum mit ätherischen
Ölen oder gezielte Beschäftigungsangebote (z.B. Strickkorb im Aufenthaltsraum) helfen
hierbei. Nach Möglichkeit können wir Rituale oder Gewohnheiten des Patienten im
Krankenhaus übernehmen.
Alles was die Bewegung und Aktivität der Patienten fördert, wird von den Pflegenden
unterstützt. Mit den Äußeren Anwendungen können wir gezielte Hilfestellungen und
Linderung bei den einzelnen Symptomen anbieten. Es gibt Anwendungen, die inkarnierend
in den Tag hereinführen und solche, die lösend in die Nacht wirken. In der Pflege wird auch
besonders auf die Wärme geachtet. Die Patienten haben gestörte Wärmeprozesse im
körperlichen, seelischen und geistigen Bereich. Wir können in allen drei Bereichen
pflegerisch tätig werden. Im Körperlichen können wir schon mit dem Achten auf stimmige
Kleidung einiges erreichen. Im Seelischen ist eine zugewandte warme Atmosphäre wichtig
und im Geistigen ist ein Anerkennen des Lebenslaufes und der Einstellung, dass das
geistige Wesen des Demenzkranken nur verhüllt jedoch gesund ist, unerlässlich. Mit Hilfe
äußerer Anwendungen (s. weiter unten) gibt es solche, die die Wärmeprozesse anregen und
damit helfen, die Ich-Präsenz des Patienten mehr im Leib zu verorten.

5.1.1 Tagesgestaltung und Rhythmus aus Sicht der Pflege

Wie oben beschrieben, sollen Patienten mit Demenzerkrankungen eine Stabilisierung über
einen verlässlichen Tagesablauf erhalten. Der Tag-Nachtrhythmus ist bei diesen Patienten
oft gestört. Individuelle Anpassungen sind erwünscht, wenn sich z. B. durch die pflegerische
34
Anamnese etwas anbietet, was im gewohnten Umfeld hilfreich war und ist.
Die morgendliche Grundpflege findet unter weckenden Gesichtspunkten statt, z. B.
Rosmarin im Waschwasser und eine anschließende in die Pflege integrierte
einhändige Rückeneinreibung, möglichst im Sitzen mit Rosmarinöl mit großer
Lemniskate (s. u. Äußere Anwendungen)
Die Patienten werden mobilisiert, warm gekleidet und nehmen möglichst im
Aufenthaltsraum ihr Frühstück ein
Es gibt ein Angebot an weckenden Teesorten (s. u. Teetabelle)
Nach einem, möglichst wieder im Aufenthaltsraum eingenommen Mittagessen,
könnten wieder bestimmte Teesorten (s. Teetabelle) angeboten werden; eine kurze
Mittagsruhe im Bett ist nur sinnvoll, wenn sie mit der Nach-Ruhe nach einer Äußeren
Anwendung verbunden ist, dann auch nicht zu lange, da der Nachtschlaf gefördert
werden soll
Sinnvolle Beschäftigungen am Nachmittag: es findet an Therapien: Malen,
Heileurythmie und Musiktherapie statt; häufig ist Besuch da; Spiele-Gruppe von
Ergotherapie?
Abendessen im Aufenthaltsraum: nicht zu viel vor der Nacht essen
Wünschenswert ist eine Musiktherapeutische Gruppe, die für alle Patienten der
Geriatrie offen ist und gut den Tag ausklingen lassen könnte (gegen 19.00 Uhr)
Danach gibt es ein Angebot von schlaffördernden Tees (s. Teetabelle) oder Golden
Milk
Die Patienten werden in ihre Zimmer begleitet: Es erfolgen Hilfestellungen bei der
abendlichen Versorgung, evtl. Prophylaxen, Einreibungen, es gibt ein Fußbad mit
Lavendel oder eine Fußeinreibung mit Lavendel und evtl. eine Herzsalbenauflage (s.
u. Äußere Anwendungen). Es ist wichtig, dass die Patienten warm sind, wenn sie zur
Nacht ins Bett gehen.

5.2 Äußere Anwendungen

Die Pflege kann durch Äußere Anwendungen von Wickel und Auflagen, therapeutische
Waschungen und Rhythmischen Einreibungen nach Wegman/Hauschka (Weber, 2015)
mithelfen, den bei dementen Patienten vorherrschenden Skleroseprozessen entgegen zu
wirken. Sie durchwärmen und aktivieren, sind aber auch beruhigend und fördern den Schlaf
zur Nacht und unterstützen damit einen gesundenden Tagesrhythmus. Es sind Angebote an
den Patienten, mit denen er in der Nachruhe und Nachwirkung umgehen kann. Sie
unterstützen die Selbstheilungskräfte und können aber auch vielfältige Symptome lindern.

35
5.2.1 Therapieziel Wärmeförderung, Verbesserung der Inkarnation und Aktivierung

Ingwer Nierenwickel

Mit diesem Wickel möchten wir über die Anregung der Wärmeorganisation die Ich-Präsenz
im Leiblichen stärken. Dadurch kann der Patient wacher und konzentrierter in den Tag
gehen. Auch die Willenskräfte werden aktiviert.
„Die Äußere Anwendung des Ingwers regt eine starke innere Wärmebildung im Menschen
an, die sich bis in die Peripherie des Körpers ausbreiten kann. Das Seelische des Menschen
wird eingeladen, sich intensiver mit dem Körper zu verbinden, was sich u. a. an einer
vertieften Einatmung zeigt. Der Behandelte kann innerlich zur Ruhe kommen“ (Vademecum,
2016). Danach wird aber oft eine starke Aktivierung und Tatkraft beschrieben. Der Wickel
wird am Vormittag, spätestens mittags gemacht. Wir machen ihn wie den Senfwickel, in dem
wir das Ingwerpulver in ein Tuch geben und mit heißem Wasser übergießen. Er ist dann
intensiver, als wenn das Pulver mit dem Wasser verrührt wird. „Der Ingwer in der Äußeren
Anwendung kann manchen Patienten mit Depressionen zu einem positiven Körperempfinden
und einem kraftvollen Grundgefühl verhelfen, wenn sich Patienten wie eingefroren und
gelähmt vorkommen“ (Sommer, 2013).

5.2.2 Therapieziel Anregung des Wärmeorganismus und Harmonisierung der


Empfindungsorganisation

Teileinreibungen mit Solum Öl


zum Beispiel: Rücken, Waden, Füße; gerne, wenn gelernt auch als Ganzkörpereinreibung;
alle Einreibungen nach: Eva Marie Batschko (Batschko, 2003)

Für Patienten, die nicht warm werden und einen frösteligen Eindruck machen, sowie eine
gewisse Hüllenlosigkeit zeigen, kann das Solum Öl sehr geeignet sein. Die vier Inhaltsstoffe:
Lavendel, Schachtelhalm, Kastanie und Moorextrakt bilden eine Komposition, die auf alle
vier Wesensglieder eine Auswirkung hat:
über den Lavendel: Wärme
über den Schachtelhalm: Licht und Formkräfte
über die Kastanie: Lösung von Stauungen, bewegen im Flüssigen
über den Moorextrakt: Grenze bildend, Schutz gebend, abschirmend (Batschko,
2004)

36
5.2.3 Therapieziel Ich-Stärkung, Aufrichtung, Belebung:

Einhändige Rückeneinreibung im Sitzen mit großer Lemniskate mit Rosmarinöl


Die folgende Einreibung soll die Wirkung der aktivierenden Waschung ergänzen und
verstärken. Die Art der Einreibung und das Rosmarinöl stärken die Ich-Organisation. Die
Patienten werden in ihren Aufrichtekräften unterstützt.
„Die Rückeneinreibung soll meinen Patienten aufrichten und ihm sein Selbstbewusstsein
zurückgeben, damit er wieder an sich glaubt und sich nicht mit Selbstvorwürfen (Dummheit
und Vergesslichkeit) belädt. Ich beginne die Rückeneinreibung mit drei versetzten Abstrichen
am Rücken: einmal direkt rechts und links neben der Wirbelsäule, einmal versetzt nach
außen und einen Flankenabstrich, dies wird einmal wiederholt. Diese Geraden bewirken ein
inneres wie auch äußeres Aufrichten, mit einer Strömungskraft vom Kopf bis in die Füße
hinein und darüber hinaus. Sie sind inkarnierend und zielgerichtet. Durch die
Flankenabstriche werden die Grenzen des Körpers bewusst gemacht und gleichzeitig erfährt
der Behandelte eine weitende Wirkung. Die Kreise werden rhythmisch zur Wirbelsäule hin
betont. Durch diese Betonung und eine an- und abschwellende Berührungsintensität entsteht
eine tiefere Durchwärmung und Entspannung. Die Atmung wird tiefer, die Lunge stärker
durchlüftet und Ruhe im gesamten Körper entsteht. Außerdem soll diese Einreibung Struktur
schaffen und einen guten Start in den Tag bringen. Die Mittellinie (Wirbelsäule) erfährt durch
das “Nicht-berührt-werden“ Bewusstsein und wird in sich gestärkt. Die Berührung mit der
gesamten Hand am Rücken, in deren Mitte sich ein Wärmefeld bildet, vermittelt
Geborgenheit und einen Schutz an einer Stelle, wo wir selbst wenig Kontrolle haben. Der
schutzlose Rücken erfährt eine umhüllende und schützende Geste. Das verminderte
Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl konnte ich während meiner Arbeit immer wieder
beobachten und von den Patienten selbst geäußert erfahren. Als professionell Pflegende ist
es immer wieder meine Aufgabe, die erkrankten Menschen in ihrem psychischen Dasein
aufzubauen und zu stärken und teilweise die ihnen verloren geglaubte Würde wieder zu
geben. Manchmal kam ich an meine Grenzen und es fiel mir schwer, dem Menschen nur
verbal dessen Selbstwertgefühl aufzubauen - da kann eine Geste wie die Rückeneinreibung
durch die Berührung und Zuwendung oft mehr bewirken“ (Edling, 2015).

Rosmarin
„Unter der kraftvollen Sonneneinstrahlung der Mittelmeerregion bildet der Rosmarinstrauch
ein feurig belebendes ätherisches Öl mit würzigem, anregendem und weckendem Duft,
welches die nadelartigen Blätter wie auch die unscheinbaren Blüten durchdringt.
Im Rosmarin Öl sind nebst feinem ätherischem Öl auch Harze, Bitterstoffe und Gerbstoffe
enthalten. Diese Inhaltstoffe im Rosmarin machen die Seele geneigt, sich mit dem Körper zu
verbinden. Rosmarin hat deshalb eine starke, insgesamt inkarnierende Wirkung“
37
(Vademecum, 2016), es stärkt die Ich-Organisation.

5.2 4 Therapieziel Strukturierung mittels Kopfhaube mit Arnika- oder Formica-Essenz

Arnika
Die Arnika ist eine alte, sehr bekannte und weit genutzte Heilpflanze. Sie wächst im Gebirge
auch noch dort, wo ansonsten sehr wenig Vegetation ist. Sie wirkt fröhlich und kraftvoll mit
ihrer orange-gelben, etwas struppigen Blüte und hat eine sehr große Vitalität. Sie kann
abgestorbenes und nicht an die Stelle gehörendes Gewebe abbauen und durch sich
regenerierendes eignes Gewebe ersetzten (Sommer, 2013).
„Die Arnika stellt ein Urgestaltungsprinzip dar, das verlorengegangene Formkräfte anregen
und die richtige Gestalt wiederherstellen kann. Sie wirkt durch ihre starke Vitalität bis in das
Nervensystem hinein aufbauend, regulierend bei Durchblutungsstörungen des Herzens und
Gehirns und harmonisierend auf den Herzrhythmus“ (Fingado, 2001).

Für diese Anwendung benutzen wir Arnika Essenz. Sie kann mit warmem Wasser wie ein
Teewickel genutzt werden, oder in Wollflies gesprüht werden und anschließend als
Kopfhaube angelegt und warm abgedeckt werden.

Formica
„Formica kann zu Staub zerfallene Naturstoffe wieder in den Kreislauf integrieren….; bei
Schlaganfall, Demenz, Kopfschmerzen, Verwirrtheitszuständen - bei allen Menschen, die
keinen guten Zugriff auf ihre Gedankenwelt haben“ (Sterner, 2015); Formica kann
Stoffwechselprozesse bei Verhärtungs- und gesteigerter Ablagerungstendenz anregen und
strukturieren (Weleda, 2013). Die Anwendungsmöglichkeiten sind wie bei der Arnika Essenz.
Arnika und Formica werden beide genutzt und evaluiert.

5.2.5 Therapieziel Behandlung von Unruhe und Angst

Herz Salbenauflage mit Aurum/Lavandula comp. Salbe


Bei Unruhe, Herzklopfen, Angst, und bedrückenden Gedanken kann diese Salbenauflage zur
Nacht, aber auch am Tage beruhigend wirken und zur inneren Harmonisierung beitragen.
Die Anwendungsmethode kann bei Fingado (Fingado, 2001) nachgeschaut werden.
Arzneimittelkomposition:
„Das Gold lässt sich einerseits fast unendlich weit dehnen und zu einer hauchdünnen
Schicht (Blattgold) auswalzen und weist andererseits ein doppelt so hohes Gewicht auf wie
das Blei. Das Gold hat dadurch wie das Herz die Fähigkeit, einen Ausgleich zwischen
Konzentration und Ausdehnung zu schaffen. Erweitert wird die Substanz um das ätherische
Rosenblüten- und das Lavendelöl.
38
Stellt man sich neben eine blühende Rose, so bezaubern die samtig anmutenden stark
gefärbten Blüten durch ihre Lieblichkeit und den unverwechselbaren Duft. Das üppige
Blätterkleid, unter dem sich die spitzen Dornen diskret verstecken, weist auf die starke
Lebenskraft dieser Pflanze hin, was sich nochmals bestätigt in dem kräftigen Wurzelstock,
der fest in der Erde verankert ist.
Um den Reigen zu runden, umweht der Lavendelduft das Ganze. Das wunderbare Blau des
Lavendels mag an die Provence erinnern, aber auch an den sommerlichen Himmel, die
unendliche Weite, die sich in der Seele widerspiegelt, sich in einer tiefen Entspannung
zeigen kann. Die Pflanze schiebt ihre Blüten weit aus dem Blattbereich (vegetativer Bereich)
heraus und konzentriert in ihnen ätherische Öle; entsprechend hat sie die Fähigkeit beim
Menschen im Vegetativen Nervensystem Verkrampfungen zu lösen.
Diese Qualitäten sind auch unmittelbar wahrnehmbar, wenn die Salbenauflage aufs Herz
gelegt wird. Die Wirkung dieser Creme wird von der Haut und der Nase als Sinnesorgane
des Nervensystems aufgenommen. In kurzer Zeit ist eine beruhigende und entspannende
Wirkung, sowie eine hellere Stimmung am Patienten zu erleben“ (Vademecum, 2016).

5.2.6 Therapieziel Behandlung von Erschöpfungszuständen und geschwächten


Lebensprozessen

Teileinreibungen mit Schlehenöl


Beispielsweise: Rücken, Waden, Füße; ggf., falls gelernt auch als Ganzkörpereinreibung;
alle Einreibungen nach Eva Marie Batschko (Batschko, 2003)

Patienten, bei denen eine Erschöpfung im Vordergrund steht, bekommen eine Einreibungen
mit Prunus spinosa-Öl. Die Schlehe hat die gesamten Sommerkräfte in einer langen bis zum
ersten Frost reichenden Reifung aufgenommen. Sie stärkt die Aufbaukräfte, besonders bei
nervöser Erschöpfung (Wala, 2014).

5.2.7 Therapieziel Entspannung, Krampflösen, Stärkung von Gedächtnis und


Konzentration

Die Melisse ist lange bekannt als Mittel gegen nervöse Beschwerden, Unruhe, Erkältung,
Magen-Darmbeschwerden und Schlafstörungen. Sie wirkt seelisch ausgleichend,
entspannend und aufheiternd (Sommer, 2013). Es gibt interessante Studien, die eine
relevante Verbesserung bei Demenzkranken nachweisen (Akhondzadeh, 2003).
Melissenextrakt hat demnach einen nachweisbaren positiven Einfluss auf die Gedächtnis-
und Konzentrationsleistung und kann den Erkrankungsverlauf verzögern. In der Aroma-
Therapie gibt es ähnliche Angaben. Auch ist bekannt, dass durch Behandlungen mit Melisse
Neuroleptika und Psychopharmaka reduziert werden können (Sommer, 2013). Wir möchten
39
einerseits die Melisse als Tee und mit den Duftkissen benutzen, (s. u.) und andererseits sie
auch bei Öleinreibungen als Variante nehmen. Außerdem können wir Wickel mit Melissenöl
anwenden.

Ölwickel mit Melisse auf den Bauch


Wenn die Magen-Darm Tätigkeit gut reguliert abläuft, bis hin zu einer regelmäßigen
morgendliche Stuhlentleerung, kann dieser möglicherweise positive Rückwirkungen auf die
Konzentrations- und Gedächtnisleistung haben.

5.2.8 Therapieziel Schlafförderung

Rhythmische Einreibung der Waden und Füße mit Lavendelöl


„Die Fußeinreibung am Abend soll dem Patienten Ruhe und Entspannung bringen. Die Füße
sind ein Teil des Körpers, dessen Berührung zwar ein Gefühl von Nähe, aber kein Gefühl
von Bedrängung hervorruft. Durch die Einreibung der Füße erwärmen sich diese. Die
erwärmten Füße geben ein wohliges Gefühl. Die Unruhe und manchmal auch die Angst vor
der Nacht kann vermindert werden. Die Berührung und die Aufmerksamkeit, welche den
Füßen und dem Menschen entgegengebracht wird, schaffen eine Basis des Vertrauens,
aber auch Dankbarkeit des Behandelten dafür, dass seine Füße ihm am Tag Halt und
Standfestigkeit gaben. Die Körperhaltung des Behandelnden ist leicht gebeugt und wirkt wie
eine Verbeugung vor dem Behandelten. Es ist eine Geste der pflegerischen Unterstützung
gegenüber dem Menschen. Dies ist eine sehr christliche Handlung, wie die Fußwaschung
am Gründonnerstag, es wird Hilfe gegeben und Hilfe angenommen. Ich möchte durch die
Fußeinreibung bei meinen behandelten Patienten die Aufmerksamkeit aus dem Kopf
(Nerven-Sinnes-System) in den unteren Leib (Stoffwechsel-Gliedmaßen-System) lenken und
damit das Einschlafen und die innere Ruhe fördern“ (Edling, 2015). Alternativ kann ein
Lavendelfußbad gemacht werden.

Lavendel:
„Das wunderbare Blau des Lavendel mag an die Provence erinnern, aber auch an den
sommerlichen Himmel, die unendliche Weite, die sich in der Seele widerspiegeln, sich in
einer tiefen Entspannung zeigen kann. Die Pflanze schiebt ihre Blüten weit aus dem
Blattbereich (vegetativer Bereich) heraus und konzentriert in ihnen ätherische Öle (im
Gegensatz zu dem wachmachenden Rosmarin, der seine ätherischen Öle in den Blättern
konzentriert). Entsprechend bewirkt sie beim Menschen im vegetativen Nervensystem eine
Lösung der Verkrampfung. Die Kräfte des aufgenommenen Lichtes wirken beruhigend,
entkrampfend und entspannend“ (Vademecum, 2016).

40
5.3 Waschungen

Die Waschung am Morgen


Die Waschung soll beleben, erfrischen und wecken. Es wird deshalb Rosmarin
Aktivierungsbad oder Citrus Erfrischungsbad ins Wasser hinzugegeben. Das Wasser ist
nicht zu warm. Die Richtung der Bewegungen mit dem Waschlappen gehen bei Armen und
Beinen in Richtung des Herzens. Durch Gerüche und Wassergeräusche werden die Sinne
bewusst angeregt (Heine, 2015). Die Waschung aktiviert den Patienten und stabilisiert ihn.
Die Pflegerische Geste kann zum Beispiel: „Aufrichten“ sein.

Die Waschung am Abend


Die Waschung soll beruhigen, entspannen und Angst und Unruhe lindern. Deshalb wird
Lavendel Entspannungsbad oder Edeltannen Erholungsbad ins Wasser hinzugefügt. Das
Wasser ist gut warm. Die Richtung der Bewegungen geht bei Armen und Beinen in Richtung
Peripherie (Heine, 2015). Die pflegerische Geste kann zum Beispiel: „Hüllen“ sein.

Die klingende Waschung


Diese Waschung soll eine umfassende Belebung erreichen, obwohl nur Gesicht, Hände und
Füße behandelt werden; Hände und Füße als Hand- bzw. Fußbad. Sie ist geeignet bei sehr
erschöpften Patienten und oder solche mit stark reduziertem Allgemeinzustand. Das
Plätschern des Wassers gibt den Namen der Waschung und kann beruhigen und anregen
(Heine, 2015). Die Badesubstanz kann individuell ausgesucht werden, die Waschung kann
auch ohne Zusatz erfolgen.

5.4 Duftkissen mit Ölen bei Bedarf

Aroma-Pflege (Chuks, 2005)


Die Duftkissen werden schon länger von der Psychosomatischen Abteilung des
Gemeinschaftskrankenhauses Havelhöhe genutzt. Sie stützen sich in der Wahl der Öle auf
die Ausarbeitungen des „ Aromakunde“ Netzwerkes. Dieses arbeitet Ölmittelbilder aus, so
ähnlich wie in der Homöopathie die Arzneimittelbilder ausgearbeitet worden sind. Die
Pflegenden der Psychosomatik verbinden die Erfahrungen der Aromatherapie mit einer
zugewandten pflegerischen Geste, die in besonderen Situationen hilfreich sein kann: z. B.
bei Angst, Unruhe, Schlaflosigkeit, Verwirrtheit. Auf ein Wattepolster (wird ein Öl gegeben
und in einen Schlauchverband gesteckt. Für die Anwendung in der Geriatrie greifen wir
Erfahrungen der Psychosomatischen Abteilung auf.

41
Tabelle 5 Anwendung von Ölen

Öle Indikationsgesichtspunkte aus der


Erfahrung der Psychosomatik/Station 15
und aus dem „Kräuter-Verzeichnis“
Lavendel Gleicht bei zu viel Aktivität und Nervosität aus; führt in
harmonische Mitte, befriedet bei Aggressivität
Melisse Schützt bei Reizüberflutung; gegen Albträume, beruhigt das
Herz
Orange Die in der saftigen, vitalen Frucht gesammelte Sonnenwärme
wirkt stimmungsaufhellend, frisch und wärmend
Engelwurz Schenkt Mut und Ruhe, hilft gegen Angst,
Zaghaftigkeit und Kraftlosigkeit; in Rekonvaleszenz-Zeiten
Kamille Angstlösend und beruhigend/entspannend z. B. bei Ärger, von
dem nicht losgelassen werden kann, Wut oder anderen
schwierigen Situationen
Anis Die im körperlichen bekannte entkrampfende Wirkung im
Verdauungssystem, scheint auch im Seelischen bei
Stressgefühlen, Hektik und Unruhe entspannend zu wirken.
Auf nächtliche Unruhe und Albträume kann lindernd und
lösend eingewirkt werden.

5.5 Tees und Elixiere

5.5.1 Tee-Therapie Tabelle

Tabelle 6 Anregende Tees für den Morgen

Weckende, anregende Wirkung Zubereitung


Tees für den Morgen:

Schwarzer Tee anregend, wachmachend


Grüner Tee zart-anregend, wachmachend
Rosmarin Kreislauftonisierend, ½ Teelöffel auf eine Tasse
durchblutungsfördernd, wirkt der =150 ml mit kochendem
Entwicklung „freier Radikale“ ent- Wasser übergießen und 2-4
gegen, fördert das Erinnerungs- Min. ziehen lassen
vermögen und die Gedächtnis- (Sitzmann, 1995)

42
leistung, anregend, belebend und
durchwärmend, weckend
(Sommer, 2013)
Frischen Ingwer durchwärmend und damit ange- fünf dünne Scheiben, evtl. +
nehm anregend, trotzdem ent- Zitronenscheiben und Honig
spannend; fördert Schleimlösung auf 1 Tasse = 150 ml, fünf
und -verflüssigung Min. ziehen lassen

Tabelle 7 Tees am Mittag

Tees am Mittag: Wirkung Zubereitung

Frischen Ingwer durchwärmend und damit fünf dünne Scheiben, evtl. +


angenehm anregend, trotzdem Zitronenscheiben und Honig
entspannend; fördert Schleimlö- auf 1 Tasse = 150 ml, fünf
sung und -verflüssigung Min. ziehen lassen
Brennnessel Stoffwechsel anregend, ½ Teelöffel auf eine Tasse
kräftigend, ausscheidungs- =150 ml mit kochendem
fördernd, unterstützt den Eisen- Wasser übergießen und 2
stoffwechsel, antirheumatisch Min. ziehen lassen
(Sommer, 2013) (Sitzmann, 1995)
Melisse Spendet Wärme und Licht, ½ Teelöffel auf eine Tasse
seelisch ausgleichend, entspan- =150 ml mit kochendem
nend, beruhigend, aufheiternd, Wasser übergießen und 1-2
Erregung und Getriebenheit Min. ziehen lassen
mildernd; Stärkung des Gedächt- (Sitzmann, 1995)
nisses und der Konzentration
(Sommer, 2013). Lindert nervöse
Einschlafstörungen,
Appetitlosigkeit und
Unterleibsbe-schwerden
(Sitzmann, 1995)
Fenchel entblähend, entkrampfend im gequetschte Früchte: ¼
Magen-Darm Bereich, Teelöffel auf eine Tasse =
regulierend, Verdauung 150 ml mit kochendem
anregend Wasser übergießen und 5
Min. ziehen lassen

43
(Sitzmann, 1995)
Anis entblähend, entkrampfend im gequetschte Früchte: ¼
Magen-Darm Bereich, Teelöffel auf eine Tasse =
regulierend, Verdauung 150 ml mit kochendem
anregend Wasser übergießen und 5
Min. ziehen lassen
(Sitzmann, 1995)
Kümmel gegen Völlegefühl, Blähungen, gequetschte Früchte: ¼
entkrampfend im Magen- Teelöffel auf eine Tasse =
Darmbereich, gegen nervöse 150 ml mit kochendem
Herz- und Magenbeschwerden Wasser übergießen und 5
Min. ziehen lassen
(Sitzmann, 1995)
Birkenblätter Vitalisierend, harntreibend, wirkt ¼ Teelöffel auf eine Tasse
Ablagerungstendenzen entgegen =150 ml mit kochendem
(Girke, 2014) Wasser übergießen und 1
Min. ziehen lassen
(Sitzmann, 1995)

Tabelle 8 Beruhigende, schlaffördernde Tees für den Abend

Beruhigende, Wirkung Zubereitung


schlaffördernde Tees
für den Abend:

Melisse siehe mittags siehe mittags


Johanniskraut Mild entspannend und leicht ¼ Teelöffel auf eine Tasse
stimmungsaufhellend: bei =150 ml mit kochendem
Schlaflosigkeit und Unruhe Wasser übergießen und 2
(Sommer, 2013) Min. ziehen lassen
(Sitzmann, 1995)
Lavendel Unruhezustände, ¼ Teelöffel auf eine Tasse
Einschlafstörungen, =150 ml mit kochendem
Appetitlosigkeit, funktionelle Wasser übergießen und 2
Bauchbeschwerden (Sitzmann, Min. ziehen lassen
1995) (Sitzmann, 1995)
Lindenblüten Durchwärmend, leicht zum ¼ Teelöffel auf eine Tasse

44
Schwitzen anregend, bringt =150 ml mit kochendem
Sommerkräfte in den Winter: Wasser übergießen und 2
(Sommer, 2013) Erkältungstee, Min. ziehen lassen
schleimlösend (Sitzmann, 1995)
Verbene (Eisenkraut) Stärkt das Nervensystem, löst ¼ Teelöffel auf eine Tasse
Stress- und Verspannungs- =150 ml mit kochendem
zustände; durchwärmend und Wasser übergießen und 2
leicht schweißtreibend; lindert Min. ziehen lassen
leicht depressive Verstimmungen

Mit der Menge an Droge/Tasse =150 ml werden wir weitere Erfahrungen sammeln. Es gibt
sehr unterschiedliche Angaben von ¼ Teelöffel bis gehäufter Esslöffel/Tasse. Wir richten uns
jetzt nach den Angaben, die im Gemeinschaftskrankenhaus Herdecke mit den dort tätigen
Apothekern (früher Frau Wagner, jetzt Herr Andreas Portsteffen) abgesprochen sind.

5.5.2 Elixiere

Tabelle 9 Anwendung von Elixiere

Elixiere Wirkung Zubereitung


Schlehenelixier Stärkt die Lebenskräfte, wenn kann in Wasser, Tee oder
die Aufbaukräfte nachlassen, Milch gegeben werden, oder
wirkt ausgleichend (Weleda, auch in Joghurt
2016) gut zur Nacht (heiß)
Birkenelixier Belebt und aktiviert kann in Wasser, Tee oder
(Weleda, 2016) Milch gegeben werden, oder
auch in Joghurt
Sanddornelixier Unterstützt die Immunkräfte, hilft kann in Wasser, Tee oder
Müdigkeit und Erschöpfung zu Milch gegeben werden, oder
verringern auch in Joghurt
(Weleda, 2016)

45
5.6 Der Umgang mit dementen Patienten

Herausforderndes Verhalten und präventive Ansätze:


Den Mitarbeitern des Pflegeteams ist bewusst, dass die geistige Individualität nicht krank
sein kann und sie beschäftigen sich jeden Tag durch den Alltag auf Station mit diesem
Thema. Es folgt eine kleine Übersicht aus dem Artikel von Claudia Heim aus der Zeitschrift
Altenpflege:
Als häufigste Beispiele für herausforderndes Verhalten werden Abwehrverhalten, wie das
konkret geäußerte Ablehnen der Unterstützung in der Versorgung, bis hin zu tätlichen und
verbalen Übergriffen von Angehörigen und Pflegekräften genannt; auch das Infrage stellen
der Kompetenz der Pflegekräfte oder auch das konkrete „um-sich-schlagen“ werden
genannt.
Die räumlichen und zeitlichen Orientierungsprobleme der Patienten stellen für die
Pflegekräfte auf der Station eine große Herausforderung dar, auch wenn sie verstehen
können, dass die ungewohnte Umgebung die Demenzkranken aus ihrem gewohnten
Tagesablauf wirft. Die Patienten haben zunächst auf der Station keinerlei vertraute Punkte.
Die Orientierungslosigkeit stellt sich auch oft über die „Hinlauftendenz“ dar. Die Patienten
verspüren einen hohen Drang, entweder nach Hause zu wollen, oder den jetzigen
Aufenthaltsort zu verlassen.

Gründe für herausforderndes Verhalten:


Der Patient wählt herausforderndes Verhalten als Bewältigungsstrategie
Manchmal fehlen ihm Möglichkeiten eine Mitteilung zu machen, der Patient kann
gefragt werden, ob er seine Mitteilung aufschreiben möchte

Tabelle 10 Faktoren, die herausforderndes Verhalten begünstigen

Faktoren Verhalten
körperliche Faktoren Unwohlsein kann ausschlaggebend für
herausforderndes Verhalten im Handeln und
Fühlen sein
Die Nebenwirkungen von Medikamenten können
zu abweichendem Verhalten führen
psychische Faktoren Angst
Wortfindungsstörungen und ein „nicht-
Ausdrücken-können“ rufen Frustration und
Unzufriedenheit hervor, das kann mit Wut, Trauer,
Angst und Verzweiflung einhergehen

46
Verlust der Selbstständigkeit und „abhängig sein“
von anderen
soziale Faktoren es kann zu Konflikten mit anderen kommen, die
kein Verständnis für bestimmte Situationen haben,
welche verletzend und kränkend für beide Seiten
sein können
Umgebungsfaktoren Umgebung kann zur Reizüberflutung führen
(hektisch, laut, hell)
unpersönliche Atmosphäre kann zum Unwohlsein
beitragen
keine Rückzugsmöglichkeiten
herausforderndes Verhalten ist meist ein
verzweifelter Versuch, Einfluss auf die Umwelt zu
nehmen

Präventive Ansätze zur Verhinderung von herausforderndem Verhalten


Bei Entscheidungen den Patienten einbeziehen (z. B. fragen, ob Patient mitgehen
möchte und nicht die Hand nehmen und mitziehen)
Selbstbestimmung ist Patientenrecht (kann im Vorfeld schon unangenehme
Reaktionen verhindern bzw. unterbrechen)
Durch situatives Verhalten und individuell angepasste Vorgehensweisen Halt und
Sicherheit geben. An erster Stelle steht, dass der Patient sich ernst genommen fühlt,
er darf nicht das Gefühl bekommen, dass er anders wirkt, oder sich anders verhält als
die Menschen in seiner Umgebung.
Der Patient braucht eine Bezugspflegekraft, an die er sich immer wenden kann. Der
Tagesablauf ist dieser Pflegekraft bekannt und sie kann sich genau den
Gewohnheiten des Patienten anpassen. Die Patienten kommen durcheinander, wenn
jeden Tag eine neue Pflegekraft einen neuen Tagesablauf vorgibt.

Toleranz leben
Wertschätzende Kommunikation
Respekt vor dem anderen, egal welche Erkrankung vorliegt
Förderung der Selbstbestimmung
Gewisser Grad der Toleranz gegenüber Verhalten, was nicht der Norm entspricht
Umfeld zum Wohlfühlen schaffen (Erinnerungsstücke und vertraute Gegenstände
aufstellen)
47
Tabelle 11 Verhaltensweisen im Umgang mit dementen Patienten

Verhaltensweisen, die herausforderndes Verhaltensweisen, die herausforderndes


Verhalten fördern Verhalten verhindern können
Beim Reden unterbrechen Anerkennung für bestimmtes
bestimmtes Tempo abverlangen Verhalten
herabwürdigen (z.B. bei Gesagtes bestätigen und für gültig
Fehlverhalten) erklären
schimpfen tolerant und zulassend sein
zwingen, nötigen (z.B. zum Trinken) ausreichend lange auf günstige
wie ein Kind behandeln Gelegenheiten warten (z.B. bei der
Körperpflege)

Literatur

Akhondzadeh S. (2003). Melissa officinalis extract in the treatment of Alzheimer`s desease.


Neurol Neurosurg Psychiatry 863-866.

Batschko E. (2003). Einführung in die Rhythmischen Einreibungen. Mayer Verlag, Stuttgart.

Batschko E. (2004). Aufsätze und Vorträge zu den Rhythmischen Einreibungen. Carus


Akademie, Hamburg.

Chuks A. (2005). Düfte zum Wohlfühlen. . Die Schwester/Der Pfleger.

Edling C. (2015). Die Wirkung Rhythmischer Einreibungen auf Menschen, die an Demenz
erkrankt sind.

Fingado M. (2001). Therapeutische Wickel und Kompressen, Handbuch aus der Ita Wegman
Klinik. . Natura Verlag im Verlag am Goetheanum, Dornach.

Girke M. (2014). Geriatrie. Salumed-Verl., Berlin.

Heine R. (2015). Anthroposophische Pflegepraxis. Salumed-Verl., Berlin.

Sitzmann F. (1995). Pflegehandbuch Herdecke. Springer, Berlin [u.a.].

Sommer M. (2013). Heilpflanzen. Ihr Wesen – ihre Wirkung – ihre Anwendung.


Aethera/Verlag Urachhaus, Stuttgart.

Sterner A. (2015). Die Äussere Anwendung. Gesundheit Aktiv, Das Magazin.

Vademecum. (2016). Vademecum Äußere Anwendungen in der Anthroposophischen Pflege.

Wala. (2014). Wala Arzneimittelverzeichnis. Wala Heilmittel.

Weber G. (2015). Wickel und Auflagen in der anthroposophisch erweiterten Praxis.


48
.Salumed, Berlin.

Weleda. (2013). Weleda Arzneimittelverzeichnis. Weleda.

Weleda. (2016). Weleda Arzneimittelverzeichnis. Weleda.

49
6. Medikamentöse Therapie

Matthias Girke und Otto Ziehaus

Die medikamentöse Therapie orientiert sich an den drei Therapiezielen (Girke, 2012)
Antidementiva vom Typ der Acetylcholin-Esterase-Hemmer wie das Galantamin (aus dem
Schneeglöckchen, Osterglocke u.a.) führen zu einer Verstärkung der
parasympathomimetischen Wesensgliederwirksamkeit. Während die sympathikotone
Wirksamkeit die astralische Organisation zum Nerven-Sinnes-System orientiert, so die
parasympathikotone zum Stoffwechsel-Gliedmaßensystem. Durch letztere wird versucht,
den degenerativen Skleroseprozess in eine organerhaltende Wirksamkeit umzulenken und
diese zu verstärken. Durch Antidementiva vom Glutamatantagonistentyp wird die zum
Bewusstsein orientierte astralische Wirksamkeit blockiert.

Die Bewusstseinsorientierung der Wesensglieder zum Nerven-Sinnes-System ist mit dem


Glutamat verbunden. Der astralische Leib löst sich aus seiner Verbindung mit dem
Stoffwechsel-Gliedmaßensystem und wird vom Nerven-Sinnes-System aus wirksam.
Glutamat entsteht aus dem mit dem astralischen Leib verbundenen Zitronensäurezyklus.
Aus alpha-Ketoglutarat und der Stickstoffqualität Ammoniak entsteht durch die
Glutamatdehydrogenase Glutamat. NMDA-Rezeptoren (N-methyl-D-aspartat (NMDA)-
Rezeptoren) vermitteln die Glutamat- als auch die Aspartat-Wirksamkeit und sind
entsprechend mit der Aktivierung und Orientierung der astralischen Organisation zum
Nerven-Sinnes-System verbunden. Umgekehrt können Ketamin, Lachgas oder Xenon diese
blockieren und zu Analgesie und - wie Ketamin - auch zu einem hypnotischen oder
dissoziativen Zustand führen, der über den GABA-Rezeptor erreicht wird.

Die Glutaminsäure ist auf der anderen Seite Precursor für die Synthese der gamma-Amino-
Buttersäure (GABA), des wichtigsten hemmenden und schlaffördernden Neurotransmitters
im ZNS. Sie ist mit der Nachtwirksamkeit der Wesensglieder und ihrem verstärkten
Eingreifen in die aufbauenden Stoffwechselprozesse des SGS verbunden.

50
Nerven-Sinnes-System

Bewusstsein
NMDA-
Rezeptor

Glutamat GABA
NACHT
TAG

GABA-A
Rezeptor
Schlaf-
bewusstsein

Stoffwechsel-Gliedmaßensystem

Abbildung 1: Polare Wirksamkeit der astralischen Organisation im dreigliedrigen Organismus

6.1 Anthroposophische Basistherapie

Arnica/Betula comp (Weleda) 20-20-20


oder 1 Ampulle 1-0-0

Scleron (Weleda) Tabl. 2-0-0

Plumbum aceticum comp./Mel 20-0-0 gtt


Rezepturpräparat (z. B. Apotheke an der Weleda)

Diese Anthroposophische Basistherapeutika beziehen sich auf das Abnehmen des


sklerosierenden, neurodegenerativen Prozesses. Sie können in abwechselnden
Behandlungsphasen (z. B. 4 Wochen Therapie, 4 Wochen Pause), zur Basisbehandlung
51
werden. Leitsymptome können die Zurücknahme der Ich-geführten Aktivität mit
zunehmender Apathie bis zum Stupor oder auch Hyperaktivität bis zur Aggressivität sein.
Diese Patienten sind oft im Kontakt misstrauisch.

Differenzierte Misteltherapie bei Demenz


Die Anwendung der Mistel im Rahmen der Demenzbehandlung ist eine bewährte Indikation.
Die Mistel unterstützt durch die Wärmebildung das Stoffwechsel-Gliedmassensystem und die
Willensbildung. Sie nimmt damit Einfluss auf die Ich-Organisation, die bei
Demenzerkrankungen in ihrer Wirksamkeit eingeschränkt ist. Bei demenziellen
Erkrankungen finden sich sklerosierende Prozesse im Gefäßsystem und in den Neuronen.
Im Verlauf der Erkrankung können sich die degenerativen Prozesse zunehmend überlappen.
Die Mistel zeigt auf molekularer Ebene eine Assoziation zum zentralen Nervensystem, da
das Mistel-Lektin I sowohl an Mikrogliazellen als auch an Amyloid-Plaques (Schumacher et
al., 1994) bindet. Unter der Misteltherapie können demenzerkrankte Patienten bewusster
und autonomer werden (Wilkens, 2014). Aus der Tumortherapie ist des Weiteren bekannt,
dass die Mistel die Lebensqualität erhöht, Fatigue reduziert und zu einer Gewichtszunahme
führt (Kienle & Kiene, 2010) (Tröger et al., 2014) und damit Zielsymptome der
Alzheimerdemenz positiv beeinflussen kann.

Daraus leitet sich der allgemeine Einsatz der Mistel bei einer Demenz-Erkrankung ab, die
den degenerativen Prozessen durch die Wärmebildung entgegenwirkt. Die Misteltherapie
stellt somit eine Möglichkeit dar, den Menschen sowohl nach messbaren Parametern als
auch hinsichtlich geistig-seelischer Prozesse eine Unterstützung zukommen zu lassen.
Die Demenzerkrankungen können grundsätzlich in zwei Hauptkategorien eingeteilt werden.
Primäre Degeneration von Neuronen
Demenzen mit primär vorwiegend vaskulärem Hintergrund. Diese werden auch als
kortikale- bzw. subkortikale Demenzen bezeichnet.

Anhand dieser Einteilung kann bereits eine erste Spezifizierung der Therapie vorgenommen
werden, da sich die Phänotypen erheblich unterscheiden. Die subkortikalen Demenzen sind
gekennzeichnet durch eine allgemeine Verlangsamung, Konzentrationsschwäche,
Antriebsmangel und diffuses kognitives Defizit. Kortikale Demenzen zeichnen sich durch den
Verlust von spezifischen kortikalen Funktionen aus. Bei der Alzheimer-Demenz ist dies
insbesondere die Gedächtnisfunktion.

Die Apfelmistel spricht besonders das Stoffwechselsystem an und kann bei


Willensschwäche und Trägheit im Rahmen der vaskulär bedingten Demenzen eingesetzt

52
werden. Die Patienten haben häufig eine stoffwechselbezogene, pyknische Konstitution,
leiden oftmals an einem metabolischen Syndrom als Grundlage für die vaskuläre
Erkrankung.

Die Kiefermistel steht mit den gestaltenden Funktionen des Nerven-Sinnes-Systems in


Beziehung. Sie kann bei neurodegenerativen Erkrankungen wie der Alzheimer-Demenz mit
kognitiven Einschränkungen, „unzuverlässige“ Gedanken strukturierend wirksam werden.
Die Patienten sind durch einen asthenischen Typus und mit Betonung des Nerven-Sinnes-
Systems gekennzeichnet. Seelisch sind sie oftmals zurückhaltend in ihrem Verhalten.

Die beiden Mistel-Arten können also den polaren Demenzformen entsprechend eingesetzt
werden.

Neurodegenerative Demenz:
Iscador P bis 10 mg 3 x wöchentlich 1-0-0
Abnoba viscum Pini bis 2 mg 3 x wöchentlich 1-0-0

Vaskulär bedingte demenzielle Erkrankungen:


Abnoba viscum Mali bis 2 mg 3 x wöchentlich 1-0-0
Helixor M bis 50mg 3 x wöchentlich 1-0-0
Iscador M bis 10mg 3 x wöchentlich 1-0-0

Grundsätzlich ist auch die orale Anwendung möglich. Während der Therapie ist auf die
Rhythmisierung der circadianen, sublingual oder rektal gemessenen Temperatur (die
Messung erfolgt sublingual nach dem Aufwachen und gegen 18 Uhr) und auf die
roborierende (Appetit, Gewichtszunahme) sowie seelisch stabilisierende Wirkung
(Depressivität) und die geistige Präsenz des Patienten unter der Therapie zu achten.

Nicotiana e foliis D6, D2 (Wala) Amp. bis 1-0-0 oder


Tabacum Rh D3, D6 (Weleda) Dil. 20-20-20 gtt

Bei vaskulär bedingter Demenz soll durch die sklerosierend-verhärtende Wirksamkeit der
astralischen Organisation abgenommen werden.
6.1.1 Leitsymptomorientierte Therapie

Bei kognitiven Einschränkungen („als ob das Geistige im Menschen zum Erlöschen


gekommen wäre“, Vergesslichkeit):

53
Helleborus niger D3–D12 Amp. s.c. 1-0-0
(z. B. Apotheke an Weleda, der Helixor, Wala Apotheke)

Helleborus ist vermutlich besonders wirksam bei Patienten mit einer adipösen, im unteren
Menschen ungeformten Konstitution. Während die Mistel die Wärmeprozesse im
Stoffwechselsystem anspricht, hat Helleborus eine strukturierende Wirksamkeit über das
Nerven-Sinnes-System. Damit wird der Patient mit metabolisch-adipöser Konstitution oftmals
von Helleborus, mit neurasthenischer Konstitution von der Misteltherapie profitieren.

Zur Förderung der Konzentration und Aufmerksamkeitsspanne bestehen positive


Erfahrungen mit:

Juglans regia comp. (WALA). Amp 1-0-0 (bis 3/Woche)

Es enthält Juglans regia e foliis et fructibus D6, Kalium phosphoricum D5, Stannum
metallicum D11. Über die gerbstoffreichen Walnussblätter und -früchte wird die leiborientierte
Wirksamkeit der astralischen Organisation unterstützt und der bei vielen demenzerkrankten
Patienten reduzierte aufbauende Stoffwechsel gefördert. Zinn unterstützt die Wirksamkeit
der Ich-Organisation in der Bewusstseinswelt durch seine Beziehung zum Frontalhirn (GAÄD
et al., 2008).
Einschränkungen des Bewusstseins, seiner Formkräfte und Gedächtnisfunktionen:

Stibium metallicum praeparatum D6 (Weleda) Trit. 1-1-1 MSP

Bei Erschöpfung, Antriebsarmut und Affektstörungen, Müdigkeit, nächtlicher


Ängstlichkeit und schwachem Eingreifen der Wesensglieder:

Levico D1-6 (Weleda) 20-20-20


Levico comp. (Wala) Globuli 10-10-10
Levico comp. (Wala) Ampullen 1-0-0

und andere Arsenverbindungen (insbesondere bei Angst und Unruhe mit nächtlicher
Akzentuierung).
Bei depressiver Symptomatik:

Hypericum Auro cultum D2 (Weleda) 20-20-20 gtt

Bei Antriebsstörungen, Müdigkeit, insbesondere bei Metabolischem Syndrom und

54
Diabetes mellitus Typ 2 zur Aktivierung der Willenskraft in der Bewusstseinswelt:

Rosmarinus D1–D3 Rezepturpräparat Dil. 20-(20)-0 gtt


(z. B. Apotheke an der Weleda)

Bei eingeschränkter Vitalität:

Prunus spinosa, Summitates Urtinktur (Weleda) 20-20-20 gtt


Prunus spinosa, Summitates Rh D3 (Weleda) 20-20-20 gtt

Grundsätzlich ist auf einen Mangel an Vit. B12, Folsäure und Vitamin D zu achten.

Bei Inappetenz, Gewichtsabnahme muss die ätherische Organisation unterstützt und das
Eingreifen der Ich- und der astralischen Organisation verstärkt werden. Es ist die Indikation
für bitterstoffhaltige Arzneimittel:

Gentiana lutea Rh 5% (Weleda) 20-20-20 gtt


Enzian Magentonikum (Wala) 1-3mal ½ - 1 TL

Zur Verstärkung der ätherischen Organisation kann Aurum/Prunus angewandt werden:

Aurum/Prunus Amp. (Wala) sc. bis 1-0-0

bei depressiver Grundstimmung ggf. zusätzlich:

Hepatodoron Tabletten (Weleda) abends und zur Nacht je 2 Tabl.

Verwirrtheitszustände

Olibanum comp. (Weleda) Dil. 20-20-20 gtt


Aurum comp. (Wala) Glb. 10-10-10

wobei sich Olibanum comp. eher auf die neurasthenische, Aurum comp. auf die
stoffwechselbetonte Konstitution bezieht.

55
Unruhezuständen, Angst, auch mit aggressivem Verhalten, Einschlafstörungen:

Aurum/Stibium/Hyoscyamus (Wala) Amp. s.c. 2–3 x täglich


Aurum/Hyoscyamus comp. (Weleda) 20-20-20
Aurum/Belladonna comp. (Weleda) 3x20gtt bzw. 2–3 x täglich
(insbesondere bei plethorischer Konstitution)

Bryophyllum 50% (Weleda) Trit. 1-1-1-2

Hyoscyamus-Valeriana Dil (Weleda) 20-20-20


Hyoscyamus-Valeriana Amp. (Weleda) bei Bedarf sc.

Bei Einschlafstörungen, Unruhe, Tremor, aber auch bei Aggressivität, paranoiden


Gedanken bestehen positive Erfahrungen mit:

Argentum D8/Hyoscyamus D3 Amp. (Weleda) 0-0-0-1 bzw. bei Bedarf

Schlaf-Wach-Rhythmus, Schlafstörungen, Tag-Nacht-Umkehr


Bei Patienten mit demenziellen Syndromen ist auf einen physiologischen Schlaf-Wach-
Rhythmus zu achten. Mit dem Wachen und der Bewusstseinsentwicklung entwickeln sich
Skleroseprozesse. Dazu passend nimmt das Beta-Amyloid mit der Wachperiode zu, um im
Schlaf wiederum abzufallen. Insofern braucht der demenzgefährdete und -erkrankte Mensch
eine Schlafhygiene, die tagsüber in eine ausreichende Aktivität, nachts in regenerative und
gedächtniskonsolidierende Tiefschlafphasen führt.

Gedächtniseinschränkung, Unruhe und Aggressivität können durch:

Gingko biloba (120mg) 1-0-0, im Verlauf bis 240mg

reduziert werden. Auch können sich die Kognition und der klinische Krankheitsverlauf
verbessern.

Bei Bewegungsstörungen im Rahmen der Lewy-Körperchen Demenz und Demenzieller


Syndrome bei M. Parkinson kann eine Therapie mit

Mandragora D12 Gl. 0-0-0-5

begonnen und im Verlauf auf ihre Wirksamkeit überprüft werden.

56
Literatur

GAÄD (Gesellschaft Anthroposophischer Ärzte in Deutschland e.V. und


Medizinische Sektion der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft)
(2008). Vademecum Anthroposophische Arzneimittel. Der Merkurstab.

Girke M. (2012). Innere Medizin. Krankheitsverständnis und Therapiekonzepte der


Anthroposophischen Medizin. Salumed-Verl., Berlin.

Kienle GS & Kiene H. (2010). Review article: Influence of Viscum album L (European
mistletoe) extracts on. Integr Cancer Ther 9, 142-157 LID -
110.1177/1534735410369673 [doi].

Schumacher U, Adam E, Kretzschmar H & Pfuller U. (1994). Binding patterns of mistletoe


lectins I, II and III to microglia and Alzheimer. Acta Histochem 96, 399-403.

Tröger W, Galun D, Reif M, Schumann A, Stankovic N & Milicevic M. (2014). Quality of life of
patients with advanced pancreatic cancer during treatment with. Dtsch Arztebl Int
111, 493-502, 433 p following 502 LID - 410.3238/arztebl.2014.0493 [doi] LID -
arztebl.2014.0493 [pii].

Wilkens J, Kerckhoff, A. (2014). Was tun bei Demenz: Vorbeugung und Selbsthilfe. KVC
Verlag, Essen.

57
7. Ernährungsmedizin

Matthias Girke

Der Ernährung (z. B. mediterrane Diät mit einem hohen Anteil an mehrfach ungesättigten,
damit wärmenahen Fettsäuren) kommt eine wesentliche Bedeutung zu (Wolff, 1998);
(Solfrizzi et al., 2006). Rote Fruchtsäfte (mehr als dreimal pro Woche ein Glas) gehen
offenbar mit einer hochsignifikanten Verminderung des Auftretens einer Demenz einher (Dai
et al., 2006), (Schikarski, 2009), (Hartman et al., 2006). Sie enthalten die hierfür
wesentlichen, antioxidativ wirksamen Polyphenole. Der Hinweis Steiners zur Verwendung
von Früchten bei Erkrankungen des Stoffwechselsystems (auch desjenigen der
Nervenorganisation) bekommt auch in diesem Zusammenhang eine wesentliche Bedeutung
(Steiner, 1952). Ähnliche Gesichtspunkte gelten für Curcuma, dessen „blütenverwandte“
Qualitäten bis in das Rhizom reichen und sulfurische Prozesse in diesen dem Nerven-
Sinnes-System entsprechenden Bereich der Pflanze tragen.

Curcuma 3 x wöchentlich: 1 MSP in 50 ml Wasser lösen, 5–7 min. köcheln


lassen, dann 200 ml Milch mit 1 TL Mandelöl und einer kleinen Menge
Honig hinzufügen. (Schikarski, 2009)

auch

Schlehen-Ursaft (Weleda)

oder

Granatapfelsaft 3 x wöchentlich

können in dieser Indikation gegeben werden.


Für die Stärkung der ätherischen Organisation ist der

Birkenblättertee morgens und abends 1 Tasse Tee


(1 Teelöffel auf 1 Tasse)

geeignet, der über eine milde ausscheidende Wirksamkeit verfügt und „Ablagerungen“
entgegenwirkt.
Die Adipositas steht mit der Entwicklung demenzieller Erkrankungen in Zusammenhang
(Förstl, 2009). Auch scheinen sich die Gedächtnisleistung nach Kalorienrestriktion (verbale
Gedächtnis-Scores) und kognitive Funktionen durch eine erfolgreiche Therapie der
Insulinresistenz zu verbessern (Girke, 2012) (Witte et al., 2009).

58
Literatur

Dai Q, A. B, Wu Y, Jackson JC & Larson EB. (2006). Fruit and vegetable juices and
Alzheimer's disease: the Kame Project. Am J Med 119, 751-759.

Förstl H. (2009). Demenzen in Theorie und Praxis. Springer, Heidelberg.

Girke M. (2012). Innere Medizin. Krankheitsverständnis und Therapiekonzepte der


Anthroposophischen Medizin. Salumed-Verl., Berlin.

Hartman RE, Shah A, Fagan AM, Schwetye KE, Parsadanian M, Schulman RN, Finn MB &
Holtzman DM. (2006). Pomegranate juice decreases amyloid load and improves
behavior in a mouse model. Neurobiol Dis 24, 506-515.

Schikarski C. (2009). Morbus Alzheimer Krankheitsverständnis und Therapie. Der


Merkurstab, Gesellschaft Anthroposophischer Ärzte in Deutschland eV 5, 470-475.

Solfrizzi V, M. CA, D'Introno A, Capurso C, Del Parigi A, Capurso SA, Argentieri G, Capurso
A & Panza F. (2006). Dietary fatty acids intakes and rate of mild cognitive impairment.
The Italian. Exp Gerontol 41, 619-627.

Steiner R. (1952). Die Schöpfung der Welt und des Menschen. Erdenleben und
Sternenwirken. Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz.

Witte AV, Fobker M, Gellner R, Knecht S & Flöel A. (2009). Caloric restriction improves
memory in elderly humans. Proc Natl Acad Sci U S A 106, 1255-1260.

Wolff O. (1998). Grundlage einer geisteswissenschaftlich erweiterten Biochemie. Verlag


Freies Geistesleben, Stuttgart.

59
8. Physikalische Medizin

Matthias Girke

Wesentliche Allgemeinmaßnahmen bestehen in einer ausreichenden Bewegung. So weisen


epidemiologische Studien darauf hin, dass durch regelmäßige körperliche Aktivität das
Demenzrisiko abnimmt (Neumann & Frasch, 2008).

Öl-Dispersionsbäder mit

Rosmarinus Oleum aethereum 10 % (Wala) Verstärkung der Ich-Organisation im


Stoffwechselsystem

Lavandula Oleum aethereum 10 % (Wala) Beruhigend, Verstärkung der


aufbauenden Nachtwirksamkeit der
astralischen Organisation

Arnica e floribus W 10% Oleum (Wala) Verstärkung der integrierenden und


restrukturierende Wirksamkeit der
astralischen Organisation

Prunus spinosa e floribus W 5 % (Wala) Verstärkung der ätherischen


Organisation

Solum Öl (Wala) Anregung der Wärmeorganisation

Öldispersionsbäder regen den Wärmeorganismus an. Hiermit kann die Wirksamkeit der Ich-
Organisation verstärkt werden.

Literatur

Neumann NU & Frasch KS. (2008). Neue Aspekte zur Lauftherapie bei Demenz und
Depression- klinische und neurowissenschaftliche Grundlagen. Deutsche Zeitschrift
für Sportmedizin 2/2008, 28-33.

60
9. Rhythmische Massage

Doris Rauschert-Reupke

9.1 Einführung

Der demenziell erkrankte Mensch ist in seiner kognitiven Funktion und seinem affektiven
Erleben eingeschränkt. Er verliert zunehmend die Führung über seine kognitiven Funktionen,
der Tag- Nachtrhythmus geht verloren und eine Orientierung im Tagesgeschehen wird
immer schwieriger. Dies macht den Betroffenen verletzlich, so dass Angst, Misstrauen und
Aggression intensiv und unkontrolliert zu Tage treten können.

Hier kann die Rhythmische Massage dem Betroffenen helfen, die dislozierten oberen
Wesensglieder wieder mit dem Leib zu verbinden und den Körper dadurch wahrnehmbarer
zu machen.

Dabei ist das Stadium der Demenz zu berücksichtigen, da bei fortgeschrittener Erkrankung
Berührungen von manchen Patienten nicht mehr toleriert werden. In diesem Fall ist oftmals
zu Beginn eine Handeinreibung hilfreich, um Ängste und seelische Anspannungen zu lösen.

Die Behandlungen sind einfach zu gestalten und auf 15 Minuten zu begrenzen, da bei
längeren Behandlungszeiten die Patienten unruhig werden können. Bei der Nachruhe ist
darauf zu achten, dass der Patient nicht einschläft, sondern sich in einer
Entspannungsphase befindet. Die Nachruhe kann daher ggf. im Sitzen erfolgen. Liegt der
Patient im Bett, sollte er nach der kurzen Nachruhe geweckt und aus dem Bett geholt bzw.
aufgesetzt werden.

Bei der Behandlung mit der Rhythmischen Massage werden alle Wesensglieder
angesprochen. Die therapeutische Zielrichtung richtet sich nach dem aktuellen Zustand des
Patienten.

9.2 Behandlungsziele und -strategien

Die Behandlungsziele und -strategien werden nach den folgenden aufgeführten


Hauptsymptomen erläutert und dargestellt:

9.2.1 Kognitionsstörung

Nachlassen der Kognition geht einher mit Orientierungslosigkeit und


Konzentrationsstörungen.

61
Behandlungsziel: Grenzbildung und Körperbewusstsein fördern, Konzentration stärken,
innere Anspannung und Unruhe lösen und damit Sicherheit schaffen. Wärmebildung
unterstützen

Behandlung und Griffqualität:


Sichere Handführung, Detailbewusstsein, lokales Arbeiten, kleine Amplituden,
gewebenaher und langsamer Behandlungsablauf.
Von den Extremitäten ggf. mit Blickkontakt zur Körpermitte arbeiten,
Rückenbehandlung von außen zur Mitte, enganliegende Lemniskaten an der
Wirbelsäule.
Die Nachruhe (10-20 Minuten) sollte vor allem am Nachmittag im Sitzen am Tisch
erfolgen! Liegt der Patient im Bett, sollte er nach Ablauf der Ruhezeit aus dem Bett
mobilisiert werden.

Organeinreibungen
Lebereinreibung: Mit Ferrum-Salbe bei schläfrigen und antriebsarmen Patienten.
Griffe spiralig und lebendig massieren.
Kopf: Stirneinreibung mit Plumbum-Salbe zur Abschirmung gegen zu starke äußere
Einflüsse (Batschko, 2011).

Substanzen und deren pharmakologische Wirkung:


Pfefferminze: belebend, anregend, konzentrationsfördernd (Zimmermann, 2001)
Bergamotte: konzentrationsfördernd, stimmungsaufhellend (Zimmermann, 2001)
Arnika: Reorganisierende Wirkung auf das Nervensystem. Wärmebildend (Pelikan, 1999)
Fichtennadel: Stresslösend, bringt den Menschen in die Aufrechte! (Zimmermann, 2001)
Rosmarin: durchblutungsfördernd, belebend, kreislaustabilisierend,
konzentrationsfördernd (Zimmermann, 2001)
Gold: stärkt das rhythmische System und die Ich-Organisation

9.2.2 Affektstörung

Infolge der eingeschränkten Ich-Regulation im Seelischen kann es zu Unruhe, Angst und


Aggressionen kommen. Andererseits kann es zu Antriebslosigkeit oder verlangsamten und
unsicher ausgeführten Bewegungsabläufen kommen.
Behandlungsziel: Vertrauen schaffen, innere Unruhe und Ängste lösen, Freude an
Aktivitäten fördern.

62
Behandlung und Griffqualität
Sichere Handführung, Detailbewusstsein, lokales Arbeiten, kleine Amplituden,
gewebenaher und langsamer Behandlungsablauf.
Die ersten Behandlungen finden an Hand und Unterarm mit Blickkontakt statt. Spätere
Behandlungen können sich dann Füße und Beine sowie den Rücken einbeziehen.
Die Nachruhe beträgt 10 - 20 Minuten. Liegt der Patient im Bett, sollte er nach Ablauf der
Zeit aus dem Bett mobilisiert werden.

Organeinreibung
Lebereinreibung: Mit Ferrum-Salbe zur Willensaktivierung.
Cuprum-Salbe
Niereneinreibung: Mit Cuprum-Salbe zur Förderung der Wärmebildung.

Substanzen und deren Wirkung


Pfefferminze: belebend, anregend, konzentrationsfördernd (Zimmermann, 2001)
Bergamotte: konzentrationsfördernd, stimmungsaufhellend (Zimmermann, 2001)
Arnika: wirkt auf das Nervensystem und hält Zerfallstendenzen auf wärmebildend
(Pelikan, 1999)
Fichtennadel: nervenstärkend, stresslösend, bringt den Menschen in die Aufrechte sowie
alle weiteren Nadelhölzer (Saturnpflanzen) (Zimmermann, 2001)
Rosmarin: durchblutungsfördernd, belebend, kreislaustabilisieren, konzentrations-
fördernd (Zimmermann, 2001)
Lavendel: beruhigend, angstlösend, entspannend (Zimmermann, 2001)
Vetiver: seelisch und nervlich stabilisierenden, beruhigend, regenerierend (Werner & von
Braunschweig, 2006)
Lindenblüte-Orange: kreislaufbelebend, entspannend, aufhellend, entkrampfend (Werner
& von Braunschweig, 2006)

9.2.3 Antriebsstörungen

Behandlungsziel: Steigerung des Antriebs durch Verbesserung der Konzentration und der
Ich-Präsenz.

Behandlung und Griffqualität


Sichere Handführung, Detailbewusstsein, lokales und kräftiges Arbeiten, kleine
Amplituden, gewebenaher und langsamer Behandlungsablauf.

63
Mit kräftige Waden und Fußbehandlungen beginnen, anschließend den gesamten
Rücken, betont an der Wirbelsäule nach unten Richtung Steißbein massieren
(Hauschka-Stavenhagen, 1972)
Die Nachruhe beträgt 10 - 15 Minuten und sollte im Sitzen am Tisch erfolgen.

Organeinreibung
Lebereinreibung: Mit Ferrum-Salbe zur Willensaktivierung. Griffe spiralig und lebendig
massieren.
Substanzen und deren pharmakologische Wirkung:
Speik-Pfefferminze: belebend, anregend, konzentrationsfördernd (Zimmermann, 2001)
Bergamotte: konzentrationsfördernd, stimmungsaufhellend (Zimmermann, 2001)
Arnika: wirkt auf das Nervensystem und hält Zerfallstendenzen auf wärmebildend
(Pelikan, 1999)
Fichtennadel: nervenstärkend, stresslösend, bringt den Menschen in die Aufrechte; sowie
alle weiteren Nadelhölzer (Saturnpflanzen) (Zimmermann, 2001)
Rosmarin: durchblutungsfördernd, belebend, kreislaustabilisieren, konzentrations-
fördernd (Zimmermann, 2001)
Zitrone: belebend, erfrischend, konzentrationsfördernd; siehe auch andere Zitrusöle
(Zimmermann, 2001)

9.2.4. Bewegungsstörung

Bewegungsstörungen sind bei demenziellen Patienten häufig anzutreffen.

Behandlungsziel: Verbesserung der Körperwahrnehmung und Mobilität, Gelenkversteifungen


und Kontrakturen entgegenwirken, muskuläre Verspannungen lösen, Schmerzen lindern
sowie den Wärmehaushalt regulieren.

Behandlung und Griffqualität


Bei spastischen Lähmungen: Sichere Handführung, lösende, wärmende Griffe,
lokales Arbeiten, atmender und langsamer Behandlungsablauf.
Bei schlaffen Lähmungen: lokale kräftig saugende Griffe, impulsierend wärmende
Griffe.
Zur Kontrakturvermeidung: wärmende, lösende Griffe in Lemniskaten
Bei Schmerzen im Bewegungsapparat vom maximalen Schmerzpunkt ableitend
arbeiten, mit wärmenden, anregenden Griffen

64
Bei Wärmeregulationsstörung mit kalten Hautarealen, wärmende, saugende Griffe,
Wärmekreise.
Die Nachruhe beträgt 10-20 Minuten. Liegt der Patient im Bett, sollte er nach Ablauf
der Ruhezeit aus dem Bett mobilisiert werden.

Organeinreibung
Niereneinreibung mit Cuprum-Salbe: zur Anregung des Wärmehaushaltes, Lockerung von
Kontraktionen und Verbesserung der Beweglichkeit.
Thoraxeinreibung mit Cuprum-Salbe zur Förderung einer tieferen Atmung, um muskulären
Anspannungen entgegen zu wirken.

Substanzen und deren pharmakologische Wirkung:


Solumöl: als Ganzkörpereinreibung zur Steigerung der Wärme- und Hüllebildung bei
zu starken äußeren EIndrücken sowie zur Schmerzlinderung (Wala, 2015/2016)
Lorbeer: durchblutungsfördernd, antirheumatische, schmerzlindernd, entstauend.
(Werner & von Braunschweig, 2006)
Wacholderöl: wärmend, schmerzlindernd (Zimmermann, 2001)
Arnika-Hypericum-Öl: schmerzlindernd, entspannend, entkrampfend,
durchblutungsfördernd, stoffwechselaktivierend, erwärmend und belebend (Werner &
von Braunschweig, 2006)
Arnika: entzündungshemmend, schmerzlindernd, entspannend,
durchblutungsfördernd, belebend (Werner & von Braunschweig, 2006)
Kampfer-Rosmarin: durchblutungsfördernd, stoffwechselaktivierend,
schmerzlindernd, erwärmend, zirkulationsfördernd, belebend (Werner & von
Braunschweig, 2006)
Aconit-Schmerzöl: schmerzlindernd, wärmend, muskulär entspannend (Wala,
2015/2016)
Wintergrün: muskelentspannend, schmerzstillend, entzündungshemmend, (Werner &
von Braunschweig, 2006)
Lindenblüte-Orange: kreislaufbelebend, entspannend, aufhellend, entkrampfend
(Werner & von Braunschweig, 2006)
Kupfer: Anregung der Wärmebildung, entspannend (Wala, 2015/2016)
Bienenwachsauflagen: durchwärmend, löst muskuläre Verspannungen.

65
Literatur

Batschko EMD, S. (2011). Praxisbuch der Rhythmischen Massage nach Ita Wegman. Info 3.

Hauschka-Stavenhagen M. (1972). Rhythmische Massage nach Dr. Ita Wegman:


Menschenkundliche Grundlagen. Verein zur Förderung der künstlerischen Therapie
und Massage e. V.

Pelikan W. (1999). Heilpflanzenkunde I u. II. Verlag am Goethanum, Dornach, Schweiz.

Wala. (2015/2016). Wala Arzneimittelverzeichnis Wala Heilmittel.

Werner M & von Braunschweig R. (2006). Praxis-Aromatherapie. Verlag Haug, Stuttgart.

Zimmermann E. (2001). Aromatherapie für Pflege- und Heilberufe. Verlag Sonntag, Stuttgart.

66
10. Physiotherapie

Heidi Hohner, Kristina Kristek

10.1 Einführung

Die Physiotherapie findet in Kleingruppen oder in Einzeltherapie statt.

10.1.1 Ziele der physiotherapeutischen Behandlung

Die physiotherapeutischen Behandlungen bei Patienten, die an Demenz erkrankt sind, zielen
auf die Stärkung der ICH-Wirksamkeit, die Förderung der Willensaktivität und des
Gefühlslebens. Dadurch soll ein möglichst langer Erhalt alltagsrelevanter Fähigkeiten
erreicht werden.

10.1.2 Hauptsymptome

Die Hauptsymptome sind die kognitiven Einschränkungen hinsichtlich der Orientierung im


Raum und Zeit und die verminderte Urteilsfähigkeit. Hinzu kommt eine depressive
Stimmung, z. T. Unruhe und Aggressivität. Weiterhin bestehen Antriebsstörung und
zirkadiane Rhythmusstörung. Es liegt eine Abhängigkeit zwischen der Bewegung und der
Wahrnehmung vor.

„Bewegen ermöglicht das Wahrnehmen, Wahrnehmen ist die Voraussetzung für die
Bewegung. (...) Jeder Bewegungsvorgang wird durch die Wahrnehmung gesteuert, (...)“
(Girke, 2014).

10.1.3 Auswirkungen der Demenz auf die Bewegungsorganisation unter


Berücksichtigung der Hauptsymptome aus physiotherapeutischer Sicht

Im Vordergrund stehen die Einschränkungen der Bewegungsorganisation mit Verlust


motorischer und funktioneller Bewegungsmuster sowie mangelnder körperlicher Aktivität.
Darüber hinaus sind die reduzierten koordinativen Fähigkeiten mit Gleichgewichtsstörung,
Gang- und Transferunsicherheit und erhöhte Sturzgefahr zu beachten (Stranziger et al.,
2011).
Kognitiver Leistungsverlust führt ebenfalls zu einer Einschränkung in der
Bewegungsorganisation, z. B. in Form von zunehmend erschwerter gleichzeitiger
motorischer und kognitiver Anforderung z. B. Zählen beim Gehen.

67
10.1.4 Bewegung als zentrale Rolle der physiotherapeutischen Behandlungen

Zusammenfassend können wir festhalten, dass Bewegung eine zentrale Rolle in der
physiotherapeutischen Behandlung von Demenz-Erkrankten spielt.
Die Bewegung nimmt Einfluss auf:

Das Bewusstsein durch Förderung der Koordination und Geschicklichkeit


Das Fühlen durch Einsatz einfacher Rhythmen (z. B. Jambus als aktivierender
Rhythmus)
Die Willensbildung durch Training der Muskulatur
Die Raumorientierung
Die Wärmebildung und die damit einhergehender geistig-seelische Präsenz durch
Aktivität

10.1.5 Methodik und therapeutische Rahmenbedingungen

Aus diesen Erkenntnissen entsteht ein physiotherapeutisches Konzept mit einem


methodischen Vorgehen, das einfache Übungen mit klarer Struktur, behutsamer
Intensitätssteigerung und häufigem Wiederholen beinhaltet.
Des Weiteren sind die Tageszeiten zu beachten. Um eine zeitliche Orientierung zu geben, ist
es wichtig Termine für die Behandlung an einem festen Zeitpunkt im Tagesablauf zu
verankern, wobei die Therapien am besten am Vormittag durchzuführen sind.
Zum Beispiel: “Ich hole sie nach dem Frühstück zur Einzelbehandlung ab.“
Eine weitere Orientierung erhalten die Patienten durch einen festen Therapeuten, der sich
jeweils vor Behandlungsbeginn vorstellt.
Die Physiotherapeuten sollten während der Behandlung im Sinne der Orientierung darauf
achten, die Bewegungen vorzumachen und wenn nötig taktil oder rhythmisch zu unterstützen
(Hauer et. al. 2016). Eine verbale Anleitung sollte kurz, direkt und positiv formuliert sein. Mit
einer wertschätzenden Rückmeldung kann die Motivation des Patienten gesteigert werden.

„Die Validation ist eine wertschätzende Kommunikationshaltung gegenüber Menschen, die


an Demenz erkrankt sind. Kennzeichnend sind Einfühlungsvermögen und Akzeptanz der
Demenz sowie der daraus resultierenden Lebensweise“ (Eichenseer, 2015)

Eine aktivierende Behandlung sollte unbedingt in Räumen mit hellem Licht


(Tageslichtlampen in unserem Tagesraum) oder im Freien stattfinden. Das fördert einen
verbesserten Tag-Nacht- Rhythmus und einen besseren Nachtschlaf.

68
10.2 Physiotherapeutische Behandlungen

10.2.1 Einzelbehandlung

In der Einzelbehandlung orientieren wir uns in erster Linie an dem bestehenden


Aktivitätsniveau und an den Aktivitäten, die dem Patienten Freude machen (z. B. frühere
Hobbies). Somit gelingt es uns deutlich besser den gestörten Antrieb zu überwinden.
Im zweiten Schritt versuchen wir die prioritären Muskelgruppen in die Therapien
einzubeziehen. Die erste Priorität liegt auf der Beinmuskulatur, um die Gangsicherung und
das Gleichgewicht zu verbessern und damit die Sturzgefahr zu verringern. Danach wird die
Rumpfmuskulatur (Zusammenspiel von Bauch- und Rückenmuskulatur) beübt, um deren
Stabilisierung zu fördern. Ein stabiler Rumpf wird bei allen Bewegungen über die
Armmuskulatur benötigt, also beim Heben und Greifen und somit bei allen Aktivitäten des
täglichen Lebens.

Um die Bewegungsfähigkeit zu unterstützen, wenden wir folgende Maßnahmen an:

a) Krafttraining an Geräten oder mit eigenem Körpergewicht, um Alltagsfertigkeiten, wie


Treppe hinauf und hinabsteigen oder ein- und aussteigen in/aus dem Bus oder Auto
zu üben.

b) Balance- und Funktionstraining durch Einbein-/Zweibeinstandübungen auf


Schaukelbrett oder Balancekissen. Wichtige Übungen zur Fortbewegung sind Gehen
im Parcour mit und ohne optische Kontrolle um Hindernisse herum (z. B. auf dem
Therapieflur) oder Gehen auf Waldboden und Kopfsteinpflaster (beides in
unmittelbarer Nähe auf dem Gelände des GKH). Diese Bewegungsübungen führen zu
einer verbesserte Gangsicherung und stellen somit eine Sturzprophylaxe dar.
Ein zweiter Aspekt des Balance- und Funktionstrainings ist der verbesserte Transfer
vom Sitz z. B. in den Stuhl oder auf die Toilette sowie in den Stand und umgekehrt.

c) Training von aufmerksamkeitsabhängigen Leistungen (Dual-Task-Training) bedeutet


eine gleichzeitige Ausübung einer Bewegung (z. B. gehen) und einer kognitiven
Aufgabe (z. B. zählen oder rechnen). Dadurch wird die Aufmerksamkeit geschult und
verbessert.
(Hauser et al., 2016)

69
10.2.2 Bothmer-Gymnastik

Eine Erweiterung der physiotherapeutischen Behandlung stellt die Bothmer Gymnastik dar.
Sie ist eine Bewegungsschulung, die auf dem Zusammenspiel zwischen der menschlichen
Gestalt, ihren elementaren funktionellen Gegebenheiten und der Raumdimensionalität
basiert.
Die Bothmer-Gymnastik ermöglicht körpergerechte Bewegungen im Alltag und darüber
hinaus ein ganzheitliches Verständnis vom Zusammenwirken zwischen Körper, Raum und
Geist (v. Bothmer et al., 2012). „Immer handelt es sich darum, loszukommen von den
Beschränkungen auf das Gewordene, den physisch erstarrten Körper, und vorzustoßen in
das Reich des Werdenden, der Wirksamkeiten, zu den Gesetzmäßigkeiten, der schaffenden
Kräfte.
Von der Körpergebundenheit zur Körperbildung, zur Freiheit, zur Menschenbildung in des
Wortes lebendigstem Sinn“ (v. Bothmer et al., 2012).

10.2.3 Motorische Aktivierung als Gruppenangebot angelehnt an MAKS

Die Abkürzung „MAKS“ steht für motorische, alltagspraktische, kognitive und spirituelle
Aktivierungstherapie für Menschen, die von Gedächtnisstörungen betroffen sind. Das Ziel
der motorischen Aktivierung ist die Vermittlung von Erfolgserlebnissen und die Entfaltung
von mehr Lebensqualität durch eine gezielte Förderung spielerischer Bewegungsabläufe.
Die körperliche Aktivität in einer Klein-Gruppe fördert die Teilhabe an der Gemeinschaft,
vermittelt ein Sicherheitsgefühl und kann eine positive Gruppendynamik entstehen lassen.
Das motorische Gruppenangebot wird unterteilt in eine Aufwärmphase und einen Hauptteil.
Die Aufwärmübungen dienen einer schonenden Aktivierung mit einer Lockerung der
Muskulatur und Förderung der Beweglichkeit, um das Training körperlich und mental gut
bewältigen zu können. In dieser Phase kann der Therapeut schon erste Rückschlüsse auf
das Leistungsniveau der einzelnen Gruppenmitglieder ziehen.

Übungsbeispiele ohne Einsatz von Geräten sind:

Für die Hände:


„Pumpen mit den Händen“, rhythmisches Öffnen und Schließen der Hände
Rhythmisches Klatschen und wenn möglich Schnipsen, Klatschen in die Hände und
auf die Oberschenkel; Die Bewegungsabfolge kann beliebig variiert werden

70
Für die Arme:
Vor und zurück schwingen, seitwärts und zurück schwingen, auch „Hand-in-Hand mit
dem direkten Nachbarn oder „Schunkeln“
Schwimmübungen
Klavier spielen nach einem Rhythmus, gerne auch von einem Gruppenmitglied
vorzugeben

Für Oberkörper und Schulter:


Schulterkreisen vor- und rückwärts und als koordinative Herausforderung
alternierend und gegenläufig
Rumpf drehen, kreisen und beugen

Für Beine und Füße:


Füße von Zehenstand auf Fersenstand „wippen“ und als koordinative
Herausforderung alternierend und gegenläufig
Rhythmisches Füße kreisen in beide Richtungen und entgegengesetzt
Radfahr-Bewegungen der Beine mit Oberkörper in Rücklage oder als muskuläre
Herausforderung mit aufrechter Körperhaltung

Die Aufwärmübungen können auch leichte Bewegungsabfolgen beinhalten. Zum Beispiel 3-


mal Klatschen und Füße tippen 2-mal abwechselnd auf den Boden. Diese Abfolge einige
Male wiederholen und kann dann in verschiedener Weise variiert werden.
Das Repertoire ist mit dem Einsatz von Geräten (z.B. Igelbälle, Gymnastikbälle,
Gymnastikstab etc.) nahezu grenzenlos (Eichenseer, 2015).

Die Aufwärmphase kann auch mit Bewegungsliedern oder Sitztänze gestaltet werden.
Zum Beispiel „Froh zu sein bedarf es wenig“:

71
Tabelle 12 Bewegungslied (Kern 2013)

Liedstrophe Bewegung

„ Froh zu sein bedarf es Abwechselnd mit den Händen auf die Oberschenkel
klatschen (Hände bewegen sich auf und ab)
wenig Geöffnete Hände so vor den Körper halten, als
(Scherzfrage: Wieviel ist wenig? würde man ein Lineal (kann unterschiedlich lang
Antwort: Soviel ist wenig!) sein)
dazwischen klemmen.
Und wer froh ist Arme verschränkt zum Körper führen (sich selbst
umarmen)
ist ein König.“ Arme gleichzeitig nach oben strecken (Freude)

Die Übungen im Hauptteil sind ebenfalls sehr vielseitig durch das Verwenden von
verschiedenen Materialien, wie zum Beispiel bunte Tücher oder Fitnessbänder, zu zweit
gehaltene Frotteehandtücher als Rollfläche für Tennisbälle oder Gymnastikbälle als
Partnerübungen etc.
Eines der beliebtesten Gruppenangebote sind die motorischen Aktivitäten mit dem
Schwungtuch, wobei der gesamte Körper zum Einsatz kommt und das Gemeinschaftsgefühl
gestärkt wird. Die sogenannten Kooperationsspiele dienen dazu alle Gruppenmitglieder ein
gemeinsames Ziel erreichen zu lassen. Durch den zusätzlichen Einsatz eines oder mehrerer
Bälle auf dem Schwungtuch fördert es die Koordinations- und Reaktionsfähigkeit.
Die Teilnehmer können in die Lage des Wiederbelebens der Gefühlswelt kommen, indem die
verschiedenen Farben als Erinnerungsbrücken verwendet werden. Zum Beispiel erinnerte
sich ein Gruppenmitglied bei dem Betrachten der Farbe Grün, an die Wiesen hinter seinem
Haus.
Dabei ist es wichtig alle Teilnehmenden mit einzubeziehen.

Der aktive Einsatz des Schwungtuches kann in verschiedenen Durchführungen stattfinden.


Zum Beispiel durch gemeinsames Straffziehen und Lockern des Tuches, gemeinsames
Drehen des Schwungtuches mit Richtungswechsel auf ein Kommando eines der
Gruppenmitglieder oder Wellenbewegungen gleichmäßig oder gegenläufig. Bei einem
Einsatz eines Gymnastikballes kann das Ziel sein, gemeinsam den Ball nach oben „hüpfen“
zu lassen oder ihn kreisend am äußersten Rand zu bewegen, ohne ihn fallen zu lassen.

Bei warmer und trockener Wetterlage ist das Angebot einer motorischen Gruppenaktivität im
Freien denkbar. Zum Beispiel Bocchia oder Krocket im Sitzkreis (Eichenseer, 2015).

72
Literatur

Eichenseer B. (2015). Aktivierungstherapie f̈r Menschen mit Demenz. Elsevier, Urban


& Fischer, München.

Girke M. (2014). Geriatrie. Salumed-Verl., Berlin.

Hauser K, Schwenk M, Dutzi I, Czempik A, Zieschang T & Prof. Oster P. (2016). Richtlinien
zum Gruppentraining. Arbeitsgruppe aus Agaplesion Bethanien Krankenhaus
Heidelberg.

Stranziger K, Küpper M & Stöver K. (2011). Mobil bleiben - Körperliches Training mit
Demenzkranken für zu Hause,. Robert- Bosch- Krankenhaus,.

v. Bothmer A, Rohen JW & Thilo S. (2012). Die Bothmer®-Gymnastik: Pädagogische und


therapeutische Anwendungsmöglichkeiten. Schattauer Verlag, Stuttgart.

73
11. Eurythmie-Therapie

Barbara Trapp

11.1 Einführung

Die Eurythmie-Therapie wird in Gruppen und Einzeltherapien durchgeführt. Hier werden


einzelne Laute oder Gedichte in Bewegungen umgesetzt, wodurch eine Stärkung sowohl der
Beweglichkeit als auch der Funktion einzelner Organe erreicht werden kann. Darüber hinaus
haben die Übungen seelische und geistige Aspekte. So kann der Patient in den Dimensionen
von Oben und Unten, Weite und Tiefe eine innere Orientierung finden, welche eine ordnende
Kraft bis in seine Leiblichkeit aufbauen kann.
Das Altern bringt oftmals eine Vielzahl von Bewegungseinschränkungen mit sich.
Standsicherheit, Gleichgewicht, Aufrichtekraft, muskuläre Kraft werden durch die veränderte
Wesensgliederkonfiguration (Girke, 2014), aber auch bedingt durch Erkrankungen
geschwächt und eingeschränkt. Die körperliche Peripherie versteift oft:
Sensibilisierungsstörungen und ein Versteifen der Finger, Hände, Zehen und Füße ist oft die
Folge. Dieser Skleroseprozess ergreift im Verlauf den ganzen Bewegungsapparat, aber auch
die inneren Organe. Diese physische Organisation kann durch eine Aktivierung der
Lebenskräfte gestärkt und belebt werden (Girke, 2012):

11.2 Rhythmisierende Übungen

Zur Belebung aller Rhythmischen Prozesse und zur Belebung der Peripherie/der
Sinnesorganisation/NSS können folgende Übungen durchgeführt werden:

Ballen und Lösen: Grundgebärde des Lebendigen: Ballen- und Lösen-Geste mit Armen,
Füßen, Händen in verschiedenen Koordinationsübungen.

Rhythmus-Übungen: Es werden mit den Füßen, dann Händen, dann Füße und Hände
gleichzeitig der aktivierende Rhythmus: kurz-kurz-lang (VV--) geübt (Ferse (V), Spitze (V),
Anstellen (--)). Die Teilnehmer müssen also gezielt in ihre Füße, den Ferse, den Fußspitzen,
die ganze Fußsohle hineinfühlen und von innen führen. Dies ebenso mit den Händen
(Handballe (V), Fingerspitzen (V), beide Hände nach unten führen (--)). Die Bewegung mit
Händen und Füßen gleichzeitig auszuführen ist eine nicht leichte Koordinations- und
Geschicklichkeitsaufgabe. Die Rhythmusübungen kann man in ihren Schwierigkeitsgraden
bezüglich Koordination, Konzentration und Geschicklichkeit erweitern und steigern. Diese
Übungen werden durch rhythmisch gesprochene Gedichte angeleitet. Dadurch wird das
beim alten Menschen oft reiche seelische Erleben als belebende Kraft mit einbezogen, so

74
dass Menschen mit starken Einschränkungen oft zu sehr erstaunlichen Leistungen und
Bewegungsqualitäten fähig werden.

11.3 Übungen zur Belebung des Stoffwechsels

Konsonanten-Bewegungen beleben den Stoffwechsel, welches hier exemplarisch mit „R“


und „M“ aufgezeigt wird: Die „R“- Bewegung aktiviert und rhythmisiert den Stoffwechsel.
Durch die „R“- Bewegung speziell mit den Füßen/Fußspitzen und den Fingern (jeder Finger
einzeln!) wird die periphere Durchblutung angeregt und damit das Herz-Kreislaufsystem
entlastet. Es wirkt Blutdruck-ausgleichend. Wird die „R“- Bewegung um den Rücken-,
Bauchbereich herum geführt, regt es die inneren Organe, speziell die Nieren und den
Verdauungsrhythmus an (Steiner, 1922). Mit der anschließend folgenden „M“ – Bewegung
wird eine Harmonisierung im Stoffwechsel eingeleitet; Entspannung und eine vertiefte
Ausatmung wird gefördert. Oft kann eine „Tiefenentspannung“ erzielt werden: die
Teilnehmenden beginnen zu gähnen, lehnen sich zurück, die Gesichtsfarbe belebt sich. Die
Patienten berichten oft, dass es ihnen warm wird.

11.4 Seelische Aktivierung

Der alternde Mensch trägt einen großen Reichtum aus der Fülle der Erfahrungen in sich, die
er durch sein Leben hindurch gemacht hat. Es bedarf oft nur einiger weniger Bilder (z.B.
„Herbstlandschaft“, „Meer“ u.a.), um eine lebensvolle Seelenstimmung zu aktivieren. Bei
allen Rhythmus- und Lautbewegungen (vgl.1.) wird diese innere Kraft gefordert, um den
Bewegungen Qualität und Belebung zu geben. Tendenziell zieht sich die Seele im Alter in
sich zurück, findet nicht mehr die lebensvolle Verbindung zur Umgebung. Die Menschen
können eigensinnig, grüblerisch, aber auch ängstlich werden oder ins Verstummen gehen.
Durch die Vokale wird das Seelisch im Gegenwärtigen in seiner Lebendigkeit gefordert, z.B.
im staunenden sich Öffnen für die Welt („A“); im kämpferischen sich abgrenzen („E“); im
lichtvollen Leuchten lassen des eigenen Wesens („I“) oder auch im in die Ruhe
hineininkarnierenden „U“ (Steiner, 1922).

11.5 Geistige Anbindung

Anders als beim Kind, dessen Seele sich zum Irdischen hin orientiert, wendet sich der
alternde Mensch langsam ab vom Irdischen. Der Seele, die sich oft in innerer Vereinsamung
(bei reicher Seelenfülle) zurückzieht, kann durch die Eurythmie eine Verbindung zum
geistigen Raum ermöglicht werden. Die eurythmischen „Seelischen Übungen“ können dem
reichen Innenleben nochmals Richtung und Orientierung geben. In der „Seelischen Übung:
Hoffnung-U“ z.B. öffne ich mich den Kräften der Natur oder des Sternenhimmels und lasse

75
diese Sphäre in der „U“ -Bewegungen in mich hinein und durch mich hindurch strömen. Der
Weite des Umraums wird in einer gerichteten Bewegung zur Verinnerlichung geführt. Ein
inneres Kongruenzgefühl stellt sich ein. Sich verbunden zu fühlen in und mit einem größeren
Zusammenhang kann innere Ruhe, Gelassenheit und Zuversicht erzeugen. Das folgende
Gedicht von Rudolf Steiner mag diesen Prozess lyrisch anschaulich machen:

„In meinem Herzen


Strahlt die Kraft der Sonne
In meiner Seele
Wirkt die Wärme der Welt.

Ich will atmen


Die Kraft der Sonne

Ich will fühlen


Die Wärme der Welt

Sonnenlicht erfüllt mich


Wärme der Welt durchdringt mich“.
Rudolf Steiner
(Steiner, 1925)

So soll durch die Therapeutische Eurythmie der Körper belebt werden, damit er
„geschmeidig“ bleibt für alles Lebensvolle. Weniger Erkrankung, Stürze,
Sinneseinschränkungen sollten erzielt werden. Der Reichtum der Seele soll „aufleuchten“
können und helfen, den Leib zu beleben. Ferner soll mit der An- und Verbindung zur Natur,
zum schöpferischen Umraum oder zur geistigen Welt ein sinnstiftender Zusammenhang
erlebbar gemacht werden.
Auch in der Eurythmiestunde soll ein innerer Zusammenhang erlebbar werden. Insofern
werden alle Teilnehmer mit Namen angesprochen und auch mit Namen verabschiedet. Die
Therapie beginnt mit einem Gedicht, welches zum Abschluss wiederholt wird. Jede
Teilnehmer wird gebeten, auf die eigenen Grenzen und Möglichkeiten zu achten. Zwischen
den Übungen werden Pausen zum „Ankommen“ gemacht in denen teils Gespräche zu den
Übungen oder den Lautstimmungen beginnen. Die Gedichte werden zu den Jahreszeiten/
bzw. der Lebensphase der Teilnehmenden entsprechend gewählt.

76
Literatur

Girke M. (2012). Innere Medizin. Krankheitsverständnis und Therapiekonzepte der


Anthroposophischen Medizin. Salumed-Verl., Berlin.

Girke M. (2014). Geriatrie. Salumed-Verl., Berlin.

Steiner R. (1922). Heileurythmie. Rudolf Steiner Verlag, Dornach.

Steiner R. (1925). Mantrische Sprüche. Seelenübungen II 1903-1925. Rudolf Steiner Verlag,


Dornach, Schweiz.

77
12. Musiktherapie

Stephan Kühne

12.1 Einführung

Die Musiktherapie kann für den an Demenz erkrankten Menschen eine hilfreiche Brücke zu
der sich immer weiter von ihm entfernende Außenwelt bedeuten.
Erinnerung, Gedächtnis, Gefühle, Erlebtes und biografische Zusammenhänge können durch
Klänge, bekannte Lieder, Musikstücke, und durch Handhabung vertrauter Musikinstrumente
unterstützt und geweckt werden, was zu einem positiven Selbsterleben im Rahmen der
Musiktherapie führen kann (Fischer & G., 2016).
Rhythmische Übungen gestützt durch taktgetragene Elemente der Musik erlebt der Patient
als stärkend, als sicheres Terrain. Der Umgang mit Moll und Dur besonders im Gesang, führt
zur Stärkung und Stabilisierung im Bereich der Gefühle und Emotionen. Die
musiktherapeutische Gruppentherapie kann als therapeutische Maßnahme wesentlich zu
einer positiven Verstärkung im Bereich Kommunikation, Interaktion und Selbstwahrnehmung
beitragen.

12.2 Förderung von Kognition und Orientierung zur Unterstützung der Ich-Wirksamkeit
im Seelischen

Im Rahmen der Demenz können die Ich-Kräfte immer weniger im Alltag wirksam werden.
Das stete Nachlassen von Gedächtnis und kognitivem Verarbeiten führt mehr und mehr zu
Ängsten, Unruhe, Ratlosigkeit und Orientierungslosigkeit.

12.2.1 Musiktherapeutische Übungen

Wesentlich ist der Aufbau von Sicherheit und Vertrauen des Patienten durch
Regelmäßigkeit in der Durchführung der Therapie (mindestens drei bis fünfmal pro
Woche, à 45 Minuten)

Für jede neue Therapiegruppe vertraute musikalische Formen für Beginn und Ende
der Therapie als schützenden Rahmen einführen. (Rituale) (Jacobsen et al., 2015)
Eine möglichst konstante Gruppenzusammensetzung, über den gesamten
Krankenhausaufenthalt ermöglichen.

Stärkung der Formkräfte durch klare, überschaubare Liedformen, wie das heilsame,
Schutzbietende der A,B,A Liedform (haltgebende Struktur) (Menke, 2016).

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Hörtherapie, um gezielt die Atmung über das Zuhören zu vertiefen unter Verwendung
von Leier, Chrotta und Gesang (in der Auswahl der Stücke das Getragene, gut
Geformte hervorheben).

Kleinere musikalische Funktionen (Aufgaben) im gruppentherapeutischen Prozess


(Takt und Rhythmus), an den Patienten seinen aktuellen Fähigkeiten entsprechend
übertragen und ihm diese dabei humorvoll bewusst machen. Dabei ist das Ziel, den
Patienten den musikalischen Prozess aktiv mitgestalten zu lassen.

12.3 Therapeutische Ansätze bei affektiven Störungen

Ein sich immer weiter herauslösender Astralleib, der durch die Ich-Kräfte nur wenig getragen
wird, führt zu verstärkten Gefühlsäußerungen und Schwankungen. Das kann starke Unruhe,
Rastlosigkeit, Orientierungslosigkeit beim Patienten hervorrufen. Oft zeigt sich dies durch
verstärkte Aggressionen, Unsicherheit und Ruppigkeiten, oder kann sich als fast apathische
Bewegungslosigkeit, Ratlosigkeit, bis hin zu depressiven Symptomen äußern.

12.3.1 Musiktherapeutische Übungen

Es sollte angestrebt werden, einen erkennbar vertrauten Rahmen für die


Musiktherapie herzustellen. Dazu trägt ein gutes, der Therapieform entsprechendes
Raumangebot wesentlich bei. Der Raum soll allein schon durch die Gestaltung,
Vorbereitung der Umgebung als „klingend“ erlebt werden können. Der Therapeut
sollte versuchen, an die musikalischen Voraussetzungen die jeder Patient mitbringt
anzuknüpfen (Pontes, 2014).

Der Patient erhält vom Musiktherapeuten eine Einführung der Musikinstrument


hinsichtlich ihrer Form, ihrer optischen Erscheinung, ihre Handhabung (Zupfen,
Blasen, Streichen, Schlagen,) und ihrer Haptik (Reinhold, 1996).

Dabei sollen alle Sinne der Patienten aktiviert und mit einbezogen werden.

Es sollte angestrebt werden ein Gespräch, das vom Erleben der Wahrnehmungen
getragen ist zu führen.

Das Ziel ist das „Erfühlte“, endlich auch hören und wenn möglich auch selbst zum
Klingen zu bringen. Hilfestellung des Therapeuten sind hierzu erwünscht (oder wenn
vorhanden auch durch Assistenten).

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Den Patienten freudig in der Handhabung neu kennen gelernter Musikinstrumenten
unterweisen und ihn beim Spielen der Instrumente positiv bestärken. Methodisch
kann dies durch Wiederholen, humorvolles Reflektieren, Unterstützen und Bestätigen
erreicht werden. Ein weiterer Gesichtspunkt stellt die Frage dar: Wann und zu
welchem Zeitpunkt kommt welches Instrument musikalisch zum Zuge? Es ist
anzustreben, dem Patienten vertraute Instrumente mit einzubeziehen (Schaefer,
2014).

Singen bekannter Volkslieder, Melodien, Jahreszeitenlieder sollten mit einbezogen


werden. Einen Bezug zur Jahreszeit und zur Umgebung sollte hergestellt und ein
freudiges Singen angestrebt werden.

Es ist wünschenswert, klare, einfache, die Atmung und die Stimme unterstützende
Gesangsübungen einzuführen (Rituale). Die Stimme als Ausdrucksmöglichkeit für
den Patienten erlebbar machen.

12.4 Therapeutische Ansätze bei Antriebsstörungen

Der Willensbereich ist wie entkoppelt vom Rest des Menschen. Er kann nicht mehr aus dem
Ich heraus ergriffen werden.
Ängstlichkeit, Antriebslosigkeit, Stillstand, Bewegungslosigkeit, Mutlosigkeit, Depression sind
die Folge.

12.4.1 Musiktherapeutische Übungen

Einen wesentlichen Teil des Therapieverlaufes ganz dem „tätigen Menschen“


widmen. Durch rhythmische Fingertänze auf der Trommel, Klatschen, Singen und
vielfältig, variiertes Einsetzen der Füße (Stampfen, Tippen, Stellen, etc.).

Das weckende Element der Pause, das Innehalten und das Unterbrechen humorvoll
bewusst machen.

Möglichst schnelle Wechsel im aktiv musikalischen Prozess erzeugen und erlebbar


machen. Musikalische Elemente ganz in Polaritäten bringen (Allegro, Moderato,
Presto, Largo, Dur und Moll, Laut, Leise...).

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Sprach- und Singelemente im Wechsel einsetzen, um damit den musikalischen
Strom, der sich durch das Singen sehr schön entwickeln kann, auf den sprachlichen
Bereich zu übertragen und animierend bewusst zu machen.

Die musikalischen Charaktereigenschaften und Merkmale der Instrumente


gemeinsam mit den Patienten einsetzen und freudig zur Geltung kommen lassen
(Sanfte Klänge: Leier. Laute Klänge: Trommeln. Signale: Hörner. Stille: Auris Harfe,
etc.)

12.5 Gesichtspunkte zur Tagesgestaltung

Ein nicht unwesentlicher Anteil der oben beschriebenen musiktherapeutischen Ansätze wird
sich durch die jeweilige Tageszeit zu der die Therapie stattfinden wird, verändern (am
Morgen aktivierende Therapie oder abends ausklingende Therapie......) Ein wesentlicher
Aspekt ist die Therapiefolge. Was war vorher, was folgt als nächstes....

Literatur

Fischer C & G. GP. (2016). Psychologisch fundierte Musiktherapie bei Menschen mit
Demenz. . Springer, Berlin Heidelberg

Jacobsen JH, Stelzer J, Fritz TH, Chetelat G, La Joie R & Turner R. (2015). Why musical
memory can be preserved in advanced Alzheimer's disease. Brain 138, 2438-2450
LID - 2410.1093/brain/awv2135 [doi].

Menke N. (2016). Musikgedächtnis - Warum hält die Musik Alzheimer stand?

Pontes U. (2014). Die Sprache geht – die Musik bleibt.

Reinhold S. (1996). Anthroposophische Musiktherapie. Eine Hinführung Gesundheit aktiv.


Anthroposophische Heilkunst, Berlin.

Schaefer M. (2014). Musiktherapie. Ein Zugang zu Menschen mit Demenz.

81
13. Maltherapie

Astrid Didwiszus

13.1 Einführung
Über die Maltherapie kann der an Demenz erkrankte Mensch eine gefühlsmäßige
Berührung, Erwärmung, Stabilisierung sowie Ressourcenaktivierung erfahren. Seine Sinne
werden aktiviert, Erinnerungen können über Farbe und Motive hervorgerufen werden und
eine Stärkung des Selbst-Bewusstseins, der seelischen Kräfte und der Lebensimpulse
erfolgen. Über das Formenzeichnen können kognitive Fähigkeiten, Orientierung, Rhythmus
und die innere Beweglichkeit unterstützt und verbessert werden (Ganß, 2013). Durch die
Aktivität im Hier und Jetzt kann die Isolation des an Demenz erkrankten Menschen, mittels
gegenseitiger Wahrnehmung, Achtsamkeit und Wertschätzung durchbrochen werden
(Wohler, 2010).

13.2 Kognitionsstörung

Aufgrund der folgenden Hauptsymptome des an Demenz erkrankten Menschen werden


schwerpunktmäßig folgende Therapieziele in der Maltherapie angestrebt:

Nachlassen von Gedächtnis- und Denkfähigkeit, damit einhergehende Orientierungslosigkeit


und Konzentrationsschwäche.
Die Wesensgliederwirksamkeit entspricht einem zu schwachen Eingreifen und Lenken der
Ich-Organisation.
Ziel: Stärkung der Ich-Organisation über die Wärmebildung, Unterstützung der
Konzentration, Orientierung und Halt sowie des Tagesrhythmus.

13.2.1 Formenzeichnen:

Es wird eine Formenzeichenreihe angewandt, die je nach Schweregrad der Demenz und
Hauptsymptomatik des Patienten komplett oder nur teilweise durchgeführt wird. Die
Übungen werden als Freihandzeichnungen durchgeführt.
Kreis. Durch die Wiederholende Bewegung eines Kreises wird die Konzentration,
Grenzbildung und Ausgeglichenheit gestärkt. (Büchi, 2001)
“Der Kreis hängt im Menschen mit dem Ich zusammen.“ (Frieling, 2008)
Senkrechte im Kreis von oben nach unten, zu sich hin (inkarnierend). „In der Geraden ist
ein Abbild der Nervensinnesprozesse (…) zu erleben“ (Frieling, 2008).
„Die Gerade zielgerichtet und frei geführt, fordert die gleiche Qualität, die dem menschlichen

82
Denken entspricht.“ (Frieling, 2008).

Senkrechte Lemniskate im Kreis von unten nach oben (Stärkung der Aufrichte, des Ichs,
der Symmetrie, des Gleichgewichts sowie rhythmisch ordnend) (Frieling, 2008).
In „der Kreuzung begegnet der Zeichnende sich selbst bzw. seiner eigenen Spur.“ (Frieling,
2008)
Lemniskate im Kreis, waagerecht, hierbei „wirkt die Lemniskate eher inkarnierend“
(Frieling, 2008).
Methodisches Vorgehen: Wiederholen eine der Formenzeichenübungen zu Beginn jeder
Stunde, was zu einer Vertiefung und Sicherheit führt. Bei denjenigen, welche die Form nicht
mehr selbst ergreifen können, wird die Form ggf. vom Therapeuten vorgezeichnet, diese
kann dann vom Patienten direkt darüber nachgezeichnet werden oder der Patient schaut zu
und kann darüber die Bewegung innerlich nachvollziehen. Dies darf jedoch nur mit äußerster
Vorsicht und muss von einem Therapeuten durchgeführt werden, der die Form absolut
beherrscht (Frieling, 2008). Die Form kann ggf. über eine Farbe in ihrer Wirkung verstärkt
werden, hier z.B. über das Gelb (Lichtkraft, Denkkraft).

13.2.2 Freudvolles, erwärmendes Eintauchen in die Welt der Farben,


Naturdarstellungen und Märchen

Märchen sind Ich-stärkend (Entwicklungsgedanke). Märchenbilder können Wärmeprozesse


im Menschen anregen, geben Halt und Orientierung auch über den Materialkontakt:
Pastellkreide. Vertraute Verse können innere Vorstellungsbilder aktivieren und schaffen
einen Zugang zum Langzeitgedächtnis (Kulbe, 2015)

Methode: Atmosphärische Einstimmung, z.B. über farbige Seidentücher, ausgewählte


Gegenstände zum Tasten, Riechen…
Über die Farbe/Farbstimmung in eine Verdichtung kommen ggf. bis hin zur figürlichen
Darstellung (je nach Schweregrad der Demenz).

Gegenständliches Zeichnen von Naturdarstellungen, wie z.B. Pflanze, Baum, Blüte,


Blatt:
Über das Gestalten von Bildern nach Vorlagen können eine Stärkung der Aufrichte,
Symmetrie und der Ordnungskräfte erfolgen sowie eine Orientierung an den Gesetzen der
Natur, der Außenwelt (Pitzke, 2004). Die Vorlagen sollten so gewählt werden, dass der an
Demenz erkrankte Mensch sich mit ihnen identifizieren kann, so dass darüber eine
Auseinandersetzung mit den eigenen Lebensinhalten ermöglicht werden kann.
Material: Pastellkreide, Bleistift, Buntstifte.
83
Struktur/Rituale:
Eine wichtige Rolle für die Orientierung des an Demenz erkrankten Menschen spielt ein
fester Platz im Atelier.

Rituale zu Beginn der Therapiestunde, wie z.B. Formenzeichnen oder einen die
Wahrnehmung stimulierenden Einstieg (jahreszeitliche Orientierung: Blumen, Zweige,
Früchte, Objekte aus der Natur betrachten und ertasten) können eine zeitliche Einordnung
und Anknüpfung an die Außenwelt fördern. Eine gemeinsame Bildbetrachtung in der Gruppe
am Ende der Stunde stärkt besonders die gegenseitige Wahrnehmung und die soziale
Einbindung (Ganß, 2010).

Ich-stützendes Malen/dialogisches Malen:


Durch die Ich-stützende Haltung des Therapeuten, d.h. in dem er das Malen verbal, wach
begleitet bzw. gemeinsam mit dem Patienten malt (Marr, 1995), kann das oft weit entfernte
Ich des an Demenz erkrankten Menschen wieder an seinen Leib heran geführt werden
(Haller, 2004).

Maltherapie in gemischter Kleingruppe (max. 7 Personen):


Durch die Maltherapie in der Gruppe wird der an Demenz erkrankte Mensch aus seiner
Isolation geholt und in eine Sozialgemeinschaft integriert. Die gemischte Gruppe (Menschen
mit und ohne Demenz) kann individuelle Handlungsdefizite ausgleichen, so dass der
demenzkranke Mensch sich an anderen orientieren kann.
Menschen mit Demenz sind ihre kognitiven Ausfälle zu Beginn der Erkrankung oft bewusst,
sie sind dadurch zutiefst verunsichert, deshalb sind Lob und Anerkennung, Ermunterung und
Unterstützung ihrer gestalterischen Ausdrucksmöglichkeiten von großer Wichtigkeit (Pitzke,
2004).

Stärkung der Persönlichkeit, des Selbstbewusstseins und Selbstvertrauens durch


Förderung des individuellen Ausdrucks.
Über die gestaltende Bewegung kommt etwas in Fluss, was sich dem Zugriff der Erinnerung
entzog, eine Brücke wird geschlagen zwischen Gegenwart und verlorener Vergangenheit,
was zur Selbstidentifikation beiträgt. Wenn dabei einzelne Patienten bei ihrer Darstellung
vom Motiv abweichen, was bei desorientierten Patienten oftmals vorkommt, sollte man, wenn
überhaupt, nur sanft korrigierend eingreifen, da die Themenstellungen anregen, den
Eigenausdruck fördern und nicht einengen sollen (Ganß, 2013)

84
13.3 Behandlung der Affektstörung

Unruhe, Über- Erregbarkeit, Angst, Hilflosigkeit, Leere, Depression, Selbstunsicherheit,


Aggression, Rhythmusverlust, Sprachstörungen.

Die Wesensgliederwirksamkeit entspricht einem zu schwachen Eingreifen der Ich-


Organisation in das Stoffwechsel-Gliedmaßensystem, der Astralleib lockert sich.

Ziel: Stärkung und Harmonisierung der seelischen Kräfte bzw. der Ich-Kraft sowie des
Rhythmischen Systems.

13.3.1 Farbübungen in der Aquarell Nass-in-Nasstechnik

Durch das Eintauchen in ein Farberleben wird das seelische Befinden des an Demenz
erkrankten Menschen beeinflusst, seelische Kräfte können darüber aktiviert und gestärkt
werden. Über die Nass-in-Nasstechnik wird ein lösender Prozess angeregt, welcher dem
zunehmenden Skleroseprozess der Demenzerkrankung entgegenwirken soll. „Das
Wasserelement ist ständig in Bewegung, trägt, hüllt und entspannt.“ Dies sind Eigenschaften
die dem an Demenz erkrankten Menschen nach und nach verlorengehen
(Haller, 2004). Der Verstand kann darüber zur Ruhe kommen, Vorstellungskräfte werden
entlastet und die Seele kann sich freier bewegen (Truzenberger, 2004).

Die praktischen Übungen richten sich immer nach dem Erkrankungsstadium des Patienten
und dessen Hauptsymptomatik. Hier werden mögliche Übungen vorgestellt aus denen der
erfahrene Kunsttherapeut die entsprechende Übung für seinen Patienten aus der Situation
heraus auswählen und entwickeln kann.

Farbübung mit nur 1 Farbe: flächig aufgetragen.


Da im fortgeschrittenen Stadium der Demenz Motivdarstellungen oftmals eine Überforderung
für den Patienten darstellen, wird empfohlen, in diesem Fall nur mit einer Farbe zu malen.
Goldgelb: führt zur Entspannung und Heiterkeit, strahlt Wärme aus.
Grün: genau gemischt, in einem ausgeglichenen Verhältnis von Zitronengelb und
Preußischblau, kann bei großer Unruhe und starker Lockerung helfen.
Gelbstichiges Grün: aufgehellt durch das Gelb, kann bei Ängsten und Zwängen helfen; es
ist ein freundlicher Farbklang, der aktivierender wirkt als das genau gemischte Grün und den
Menschen stärker an die Empfindung heranholt (Pütz, 1981).
Farbaufhellung: Im weiteren Verlauf kann die Farbe von unten nach oben aufgehellt
werden, was zu einer Entspannung führen sowie zu einer Besserung der depressiven
85
Symptomatik beitragen kann. Hierbei wird der jeweilige Farbton von unten nach oben immer
mehr aufgehellt, so dass eine starke Farbdichte unten und eine Transparenz oben im Bild
entstehen (Pütz, 1981).

Licht- und Finsternisübung, Grünübung bis hin zum Regenbogen


Durch diese Übung kann versucht werden dem unruhigen Seelenleben des an Demenz
erkrankten Menschen zu begegnen und dies durch die harmonische Anordnung der Farben
zu harmonisieren; die Abfolge der Farben des Regenbogens ist ein Korrelat rhythmischer
Seelenstimmungen (Warning, 2004).

Methode:
1. Bild: Preußischblau
2. Bild: Zitronengelb
3. Bild: Blau von unten kommend und Gelb von oben kommend in der Mitte zu Grün führend.
Leichte und schwere, Oben und Unten wird geordnet (Orientierung und Halt gebend).
Eine neue Farbe entsteht während des Malprozesses in der Mitte: Grün. Grün bewirkt eine
Belebung des Nerven Sinnessystems und führt zur Beruhigung und Erwärmung von Körper
und Seele. Durch fließende Farbübergänge wird der Zusammenhalt als Ganzes gestärkt
(Ich-Kraft).
4. Bild: Wiederholung der ersten Schritte. Karminrot ganz oben und unten hinzufügen- Blau
wird zu Violett unten, Gelb, Orange oben zum Rot. Das freie Erscheinen des ganzen
Regenbogens in der Begegnung mit Rot ist wiederum ein gesundes Phänomen der Mitte
(Hauschka-Stavenhagen, 1978).

Diese Übung kann auch als Vorstudie für Märchenbilder angewendet werden oder als
Grundlage für Naturstimmungen, Pflanzen/Bäume in den Jahreszeitenstimmungen.
Naturzyklen haben eine sehr heilende und rhythmisch ordnende Wirkung auf den Menschen.
Märchen unterstützen das Rhythmische System, ihre Wirkung entfaltet sich über die
imaginative, emotionale Ebene. Ferner vermitteln Märchen Hoffnung und eine spirituelle
Dimension (Kulbe, 2015).
Das Malen hat einen stark narrativen Charakter, Farben, Formen, Stimmungen können
Erinnerungen wecken und auch eine positive Auswirkung auf die verbale Sprachfähigkeit
haben (Ganß, 2013).

13.3.2 Dynamisches Formenzeichnen

Gestalten einer Lemniskate im Kreis (aufrecht und waagerecht), Anregung eines gesunden
Gleichgewichts zwischen aufbauenden und abbauenden Kräften, Ballen und Lösen. Das
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Rhythmische System wird gestärkt und es erfolgt ein sanftes Eingreifen des Astralleibes in
die Bewegung. Das Ich übernimmt dabei die Führung (Frieling, 2008).

13.4 Behandlung der Antriebsstörung

Antriebsstörung, Rückzug, Bewegungseinschränkung, Störungen der Impulskontrolle,


autonome Funktionsstörung.
Die Wesensgliederwirksamkeit entspricht einer Beeinträchtigung der Willensorganisation und
der Bewegungsaktivität
Ziel: Stärkung der Willenstätigkeit über die Lebenskräfte durch Schaffen einer freudvollen,
begeisterten Arbeitsatmosphäre und warmen Zugewandtheit

13.4.1 Dynamisches Formenzeichnen

Material und Technik: Ölpastell oder Wachskreide auf mind. DIN A3 Format, wenn möglich
stehend zeichnen.
Die Form wird dabei aus der Bewegung heraus erfahren und der Mensch kann so innerlich in
Schwung kommen. Über das Formenzeichnen werden auch die unteren Sinne
angesprochen: Tastsinn, Lebenssinn, Bewegungssinn und Gleichgewichtssinn (Büchi,
2001).
Spiralform:
Einwickeln und Auswickeln, Binden und Lösen. Die wärmende Bewegung sollte auf der
Grundlage eines ruhigen, lebendigen Strömens geschehen. Wichtig dabei ist, dass die
Spiralen einen wirklichen Mittelpunkt haben und nicht zu viele Windungen gezeichnet
werden. Runde, spiralige, wirbelnde Formen regen den Willen an (Frieling, 2008).

Weiche, sich gleichmäßig fortsetzende Formen, Wellenlinien:


Auf und nieder, „ewig-strömend“, entsprechend dem Lebensrhythmus, dem Ätherischen. Sie
wirken Verhärtungstendenzen entgegen (Pütz, 1981).

Dabei kann man die Form farbig begleiten, in diesem Fall mit Rot oder zartem Rotviolett, um
den Willen auch auf farblicher Ebene zu unterstützen. Dabei sollte jedoch nicht die Form in
Farbe aufgelöst werden (Büchi, 2001).
Das Wiederholen zu Beginn jeder Therapiestunde fördert die Willenstätigkeit.
Das Formenzeichnen ist auch im Sand möglich.

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13.4.2 Malen in der freien Natur

Darüber kann eine Aktivierung der Sinneswahrnehmung und Stärkung der Eigenmotivation
erfolgen.

13.4.3 Märchen

Märchen regen auch die Aktivität, den Wille an. Das Ich erkennt und erlebt sich im Tun.

13.4.4 Wachskugel

Durch das aktive Tun und Verbinden werden im Menschen Wärmeprozesse in Körper, Geist
und Seele angeregt.

13.5 Ausblick

Die Maltherapie, als nonverbales und emotionales Ausdrucksmedium, stellt einen


Entfaltungsraum dar, in welchem der demenzkranke Mensch sich selbstbestimmt
ausdrücken kann. Sie schafft Zugangswege und Begegnungsräume außerhalb der verbalen
Ebene, für Menschen mit und ohne Demenz. Durch eine gemischte Therapiegruppe ist es
dem Patienten möglich, sich als gleichberechtigter Teil einer sozialen Gemeinschaft zu
erleben, sein Handeln als sinnerfüllt und sich in der künstlerischen Begegnung anerkannt zu
fühlen. Im Idealfall werden die Gestaltungsprozesse dabei vom Ich ergriffen; ist dies nicht
(mehr) der Fall, so unterstützt die therapeutische Intervention diesen Prozess in einer Art
Stellvertreterrolle (Ganß, 2013). Dabei spielt, wie in jeder therapeutischen Arbeit, die
therapeutische Beziehung eine wesentliche Rolle. Oftmals ist es dem Menschen mit Demenz
erst nach dem Aufbau einer vertrauensvollen und empathischen Beziehung möglich in die
künstlerische Gestaltung einzusteigen. Die Beziehung bietet ihm die dafür notwendige
Sicherheit. Es wird beschrieben, dass die anthroposophische Maltherapie insbesondere im
frühen Stadium bis zu einem mittleren Stadium der Demenz positive therapeutische Effekte
erzeugen kann, wie eine Verbesserung der Orientierungsfähigkeit und Konzentration sowie
der Befindlichkeit und Sprachfähigkeit. Aber auch das Zuschauen und einfach Dabeisein
kann erfolgreich zur Befindlichkeit des Patienten beisteuern (Füsgen, 2005); (Ganß, 2013).
Im fortgeschrittenen Stadium der Demenz bietet sich ein sehr offener, aus der freien
künstlerischen Arbeit kommender Ansatz an, da in der Regel ein klassisch verstandener
kunsttherapeutischer Ansatz hierbei schnell an seine Grenzen stößt (Ganß, 2013). Ganß
(Ganß, 2013), der einen aus der freien Kunst kommenden Ansatz entwickelt hat, beschreibt
eine emotional ausgleichende Wirkung der künstlerischen Arbeit im Prozess mit fast allen an
Demenz erkrankten Menschen und Büeler (Büeler, 2002) eine beruhigende Wirkung auf
Menschen mit Demenz, die unter einer starken motorischen Unruhe leiden, jedenfalls für den
88
Gegenwartsmoment. Es gibt verschiedene kunsttherapeutische Ansätze für die Arbeit mit
Menschen mit einer Demenzerkrankung. Bisher konnte sich jedoch noch kein Ansatz
etablieren. Es liegen auch keine grundlegenden Evaluationen zu den einzelnen Ansätzen
vor. In England gab es 2006 eine Studie zum Thema Kunsttherapie bei Demenzkranken, die
von Rusted und Kollegen als kontrollierte Multicenter Studie publiziert wurde. Ihr Ziel war: „in
order to isolate the impact of art therapy groups with activity groups that do not have
emotional expression as a central purpose.“ Leider war die Gesamtgruppe zu klein, was die
Untersuchung nicht wirklich aussagekräftig macht. Gute Ergebnisse konnten für die Bereiche
der „Geistigen Wachsamkeit, der körperlichen Beteiligung, die Ruhe und die Sozialfähigkeit“
festgestellt werden. „In der Kunsttherapiegruppe konnte diese Verbesserung 5 Wochen
länger auf einem höheren Niveau gehalten werden als die Vergleichsgruppe.“ Erstaunlich
waren allerdings die ansteigenden Depressionswerte bei den Gruppenmitgliedern der
Kunsttherapiegruppe im Anschluss (Gruber, 2010).
Das hier vorliegende anthroposophische Maltherapiekonzept befindet sich noch in der
Erprobungsphase und kann daher noch keine Rückschlüsse ziehen.
Angestrebt wird zudem ein offenes Atelier für Menschen mit Demenz und deren Angehörige
einmal im Monat als Begegnungs- und Erfahrungsraum.

Literatur

Büchi P. (2001). Sinnesentwicklung und Sinnespflege durch Formenzeichnen.


Ein Arbeitsbuch mit Anregungen für Unterricht und Erziehung. Freier Pädagogischer
Arbeitskreis, Dürnau.

Büeler C. (2002). Bewusstsein und Gewohnheiten im Alter. Das Projekt mit den Portraits.
Kunst&Kunsttherapie- Zeitschrift für bildnerische Therapien, Claus Richter Verlag, 65-
74.

Frieling E. (2008). Therapiewege im Formenzeichnen. VAS, Bad Homburg v.d. Höhe.

Füsgen I. (2005). Musik- und Kunsttherapie bei Demenz. Medical-Tribune-Verl.-Ges.,


Wiesbaden.

Ganß M. (2010). Ansätze der Kunsttherapie bei Demenz. In Dimensionen des Vergessens
und Erinnerns Kunsttherapie bei dementiell erkrankten Menschen. EB-Verlag Berlin.

Ganß M. (2013). Demenz-Kunst und Kunsttherapie. Mabuse, Frankfurt am Main.

Gruber H. (2010). Künstlerische Therapieverfahren im Gesundheitswesen -


wissenschaftliche Fragen und Herausforderungen. In Kunsttherapie bei dementiell
erkrankten Menschen Dimensionen des Vergessens und Erinnerns, pp. 115-127. EB-
Verlag, Berlin.

Haller A. (2004). Praxisbesonderheiten der Kunsttherapie : Malen für Diagnostik und


Therapie. In Musik- und Kunsttherapie bei Demenz, 2005 edn, ed. Demenz Z.
89
Medical Tribune, Wiesbaden.

Hauschka-Stavenhagen M. (1978). Zur künstlerischen Therapie. Karl Ulrich.

Kulbe BB. (2015). Märchenbasierte Kunsttherapie bei Menschen mit Demenz pp.
http://www.icaat-
medsektion.net/fileadmin/user_upload/Download/Vertiefende_Literatur/Tagungsbeitra
ege/Kunsttherapeutentagung/KT_2015/Zusatzvortrag_Thesenpapier_Maerchenbasie
rte_Kunsttherapie_bei_Menschen_mit_Demenz_B.B._Kulbe_2015.pdf.

Marr D. (1995). Kunsttherapie mit altersverwirrten Menschen. Beltz, Psychologie-Verl.-Union,


Weinheim.

Pitzke R. (2004). Maltherapie im Pflegeheim. Dem Prozess von Desorientierung und


Depression entgegenwirken. In Ein Tabuthema in der Demenztherapie? : Musik- und
Kunsttherapie. Medical Tribune, Wiesbaden.

Pütz R-M. (1981). Kunsttherapie : Eine Alternative zur Regeneration des Menschen.
Bertelsmann, Bielefeld.

Truzenberger KA. (2004). So bunt wie das Leben. Frankfurt a. Main.

Warning A. (2004). Nonverbale kommunikative Therapie bei dementiellen Prozessen. In Ein


Tabuthema in der Demenztherapie? : Musik- und Kunsttherapie. Medical Tribune,
Wiesbaden.

Wohler D. (2010). Kunsttherapeutische Aspekte der dementiellen Erkrankung. EB-Verlag,


Berlin.

90
14. Ergotherapie
Susanne Bäcker

14.1 Einführung
Ergotherapie unterstützt und begleitet Menschen jeden Alters, die in ihrer Handlungsfähigkeit
eingeschränkt oder von Einschränkung bedroht sind. Ziel ist, sie bei der Durchführung der für
sie bedeutungsvollen Betätigungen in den Bereichen Selbstversorgung, Produktivität und
Freizeit in ihrer persönlichen Umwelt zu stärken.
Hierbei dienen spezifische Aktivitäten, Umweltanpassung und Beratung dazu, dem
Menschen Handlungsfähigkeit im Alltag, gesellschaftliche Teilhabe und eine Verbesserung
seiner Lebensqualität zu ermöglichen (DVE, 2007).

14.2 Methode und Therapie


Mit Hilfe eines geriatrischen Assessments wird der
Sozialstatus (Wohnsituation, Angehörige, soziales Umfeld) und der
ergotherapeutische Befund erstellt, aus dem die Behandlung entwickelt wird.
Der ergotherapeutische Befund erfasst folgende Punkte:
Kurzzeitgedächtnis - Ist der Patient in der Lage, neue Informationen abzurufen?
Zeitliche Orientierung - Kann Datum, Tageszeit, Jahreszeit benannt werden?
Räumliche Orientierung - Weiß der Patient, wo er sich befindet, findet er sein
Zimmer, weiß er, wo er wohnt?
Orientiertheit zur Person - Kennt er seinen Namen, die Namen seiner Angehörigen,
sein Alter, seine Biographie?
Langzeitgedächtnis - Kann der Patient über wichtige Stationen seines Lebens
erzählen?
ADL-Fähigkeit - Kann er sich selbstständig anziehen, waschen, zur Toilette gehen,
Nahrung zubereiten, einkaufen, seine Geschäfte regeln? Welche Hilfsmittel hat oder
benötigt er?
Handlungsplanung und -durchführung - Kennt der Patient alle Schritte, die für eine
Handlung notwendig sind? Kann er sie in der richtigen Reihenfolge aufsagen,
aufschreiben, durchführen?
Sprachvermögen - Gibt es Wortfindungsstörungen, Praphasien?
Krankheitsanamnese - Welche Grunderkrankungen liegen vor?
Beweglichkeit - Wie ist das Bewegungsausmaß und die Geschwindigkeit? Gibt es
Sturzneigung, Schmerzen oder Kontrakturen?
Basissinne - Wie ist der Hör-, Seh-, Geschmacks-, Tast- und Tiefensensibilitätssinn?
Allgemeinzustand - Art der Fortbewegung, bettlägerig? Wie ist der
Ernährungszustand?
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Psychische Verfassung - Wirkt der Patient niedergeschlagen, angespannt,
ängstlich, aggressiv?

Viele Informationen zu Ressourcen und Defiziten bekommt man in den Therapiesituationen.


Damit wird der Befund ständig aktualisiert (Jäger, 2014).

14.3 Ziele der ergotherapeutischen Behandlung bei Demenzerkrankungen

Die Ziele der ergotherapeutische Behandlung ergeben sich aus dem Krankheitsstadium, in
dem sich der betroffene Mensch befindet, und richten sich nach dessen Fähigkeiten und
Ressourcen, die im Befund ermittelt wurden.
Die vorhandenen kognitiven, physischen und sozialen Fähigkeiten sollen so lange wie
möglich erhalten bleiben und dem Patienten soll ein Wohlgefühl und Zufriedenheit vermittelt
werden.

14.4 Die ergotherapeutischen Behandlungsmöglichkeiten

Der ergotherapeutische Ansatz bei der Behandlung von Demenzerkrankten ist


handlungsorientiert. Um Handlungen zu planen und auszuführen sind Fähigkeiten im
sensorischen, motorischen und kognitiven Bereich erforderlich, die als Kind erlernt wurden.
In alltagsrelevanten Handlungen werden Wahrnehmung, Motorik und Kognition mit allen
Sinnen stimuliert und mit viel Einfühlungsvermögen und Kreativität behandelt, es wird also
gehandelt.
Die Gedächtnisleistung, gerade das Kurzzeitgedächtnis, lässt stark nach, es kann aber an
das Langzeitgedächtnis angeknüpft werden. Der Weg dahin führt über das Brainstorming
oder Assoziieren (Schaade, 2006).
Die Behandlung erfolgt in Einzeltherapie oder Gruppenaktivitäten.
Die Grenzen des Betroffenen müssen erspürt und beachtet werden und die
Behandlungstechniken sollen flexibel erweitert oder abgewandelt werden.
Es ist wichtig, den Tagesablauf sinnvoll zu strukturieren. Immer wiederkehrende
Verrichtungen zur gleichen Tageszeit ausgeführt, rhythmisieren und beruhigen.
Die Ergotherapeutin moderiert die Aktivitäten des täglichen Lebens freundlich und
angemessen. Sie gibt Hilfestellung so viel wie nötig und so wenig wie möglich.
Die Hauptsymptome der Demenz: Kognitionsstörungen, Affektstörungen, Antriebsstörungen
und Störungen des Tag-Nacht Rhythmus, werden in der Ergotherapie aufgrund des
vielfältigen Angebots meist komplex behandelt. Auf die Behandlungsschwerpunkte der
einzelnen Symptome wird im Text hingewiesen (Kognition, Affekte, Antrieb, Rhythmus).

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14.5 Förderung der Aktivitäten des täglichen Lebens (ATL)

14.5.1 Wasch- und Anziehtraining


Wasch- und Anziehtraining zur Erhaltung und Förderung der ganzheitlichen
Körperwahrnehmung und Beweglichkeit. Warmes Wasser entspannt. Kühlt es auf der Haut
ab, regt es zum Abtrocknen an. Das logische Denken wird beim Anziehen der
Kleidungsstücke in der richtigen Reihenfolge stimuliert. Erhalt der Feinmotorik bei
Verschlüssen wie Reisverschluss und Schuhbändern. Erhalt der Selbstständigkeit und der
Selbstbestimmung. Es trägt damit auch zur Entlastung von z.B. pflegenden Angehörigen bei
(Kognition, Antrieb, Rhythmus).

14.5.2 Esstraining

Das Essen dient der Lebenserhaltung, es wird oft mit Genuss verbunden, es strukturiert den
Tag, und in einer Gemeinschaft lädt es zur Kommunikation ein. Das Essen sollte so lange
wie möglich selbstständig eingenommen werden.
Bei Körperwahrnehmungsstörungen können die Hände des Patienten beim Essen nach dem
Affolter Konzept geführt werden. Damit kann an die basalen Fähigkeiten, wie die Hand-Mund
Koordination erinnert werden. Oft bedarf es nur dem Hineinführen in eine gewohnte, oft
rhythmische Bewegung, um diese dann wieder selbstständig ausführen zu können (Antrieb,
Rhythmus).

14.5.3 Frühstücksgruppe
In einer Frühstücksgruppe erhalten die Patienten die Gelegenheit, sich das Essen selbst
zuzubereiten, was sonst oft von Pflegenden aus Zeitgründen schnell erledigt wird. Es fördert
die Entscheidungsfindung, die motorischen Fähigkeiten und die sozialen Kontakte- und
Kompetenzen.

14.5.4 Küchentraining

Kochen und backen bietet viele Aktivitäten und kann mehrere Therapieeinheiten umfassen.
Als Gruppenaktivität bietet es sich an, z. B. einen Obstsalat zu schnippeln, einen
Apfelkuchen zu backen, oder gemeinsam Plätzchen auszustechen. Rezepte werden
besprochen, Küchengeräte werden zusammengesucht, die Zutaten werden untersucht und
die Aufgaben werden verteilt.
Dabei werden Erinnerungen und Gefühle geweckt, die das Langzeitgedächtnis ansprechen:
Was habe ich gerne gekocht - Assoziationen zu den Jahreszeiten - Was gab es zu welchen
Anlässen. Es werden gespeicherte Bewegungsmuster stimuliert: in der Schüssel rühren, mit
dem Messer schneiden, Hände waschen.

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Auch die sensorische Wahrnehmung wird gefördert. Taktile Reize, das Begreifen von Mehl,
Obst oder Hülsenfrüchte, der Geruch von Gewürzen; der Geschmack, ist es Salz oder
Zucker, oder einmal naschen, das Gehör: kocht es schon? Geschirr klappern, die Eieruhr.
Bei einer Gruppenarbeit werden die Kommunikation und das soziale Verhalten über das
gemeinsame Kochen oder Backen gefördert (Kognition, Affekte, Antrieb, Rhythmus).

14.5.5 Kaffee kochen

Suchen und Benennen der benötigten Gegenstände: Kaffeemaschine, Kaffeepulver,


Filtertüten, Wasser. Tätigkeiten in der richtigen Reihenfolge durchführen, ggf. Hilfen und
Strategien erarbeiten oder vorgeben. Der Kaffee kann zum Beispiel neben die
Kaffeemaschine gestellt und die Dose mit einem Symbol versehen werden. Fotokärtchen mit
Teilschritten der Arbeitsgänge können geübt und der bebilderte Ablauf neben der
Kaffeemaschine angebracht werden. Es gilt immer: Die Hilfestellungen sollten so konkret
und einfach wie möglich sein (Kognition, Antrieb, Rhythmus).

14.5.6 Haushaltstätigkeiten

Das Gedächtnis, logisches Denken und die Orientierung wird bei Haushaltstätigkeiten wie
Spülen und Abtrocknen, Boden kehren, Bügeln, Wäsche zusammenlegen, erhalten und/oder
gefördert. Das Abarbeiten einer „to do“-Liste stärkt das Selbstbewusstsein (Antrieb,
Rhythmus).

14.5.7 Spaziergang

Er fördert die Beweglichkeit, Ausdauer, Kraft, Gleichgewicht und Rhythmus und die örtliche
und zeitliche Orientierung durch die Natur und Jahreszeiten; gibt taktilen Input durch Licht,
Temperatur, Geruch und Geräusche (Kognition, Affekte, Antrieb, Rhythmus).

14.6 Gruppen zur allgemeinen Mobilisation

Der Mensch ist ein Gemeinschaftswesen und sucht nach Kontakten zu anderen Menschen.
Eine Gruppe sollte sich regelmäßig zu gleicher Zeit, am gleichen Ort treffen. Die
Gruppengröße sollte 6-8 Patienten nicht überschreiten, abhängig vom Schweregrad der
Erkrankung. Die Aktivitäten finden an einem Tisch statt, der Rauminformation und Sicherheit
gibt. Patienten, bei denen ein großer Hilfebedarf zu erwarten ist, sollten direkt neben der
Therapeutin sitzen.
Es erfordert viel Aufmerksamkeit und Feingefühl der Therapeutin, Patienten mit verschieden
schweren Krankheitssymptomen an dem Gruppenprozess teilhaben zu lassen (Kognition,
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Affekte, Antrieb, Rhythmus).
Die Struktur der Gruppenaktivitäten ist gleichbleibend:
1. Vorstellungsrunde
2. Frage nach Monat und Jahreszeit Assoziationen zum Monat und zur Jahreszeit
3. Aufgaben verschiedener Art zur Stimulation von Wahrnehmung, Motorik und
Kognition
4. Schlusslied

1. In der Vorstellungsrunde nennt jeder seinen Namen und etwas, was er gerne mag,
das mit dem gleichen Buchstaben beginnt, z.B. ich bin die Frau Müller und mag
Milch, oder ich bin Herr Schmitz und ganz verschmitzt. Oft sind Vornamen jedoch
leichter einprägsam.

2. Die Vorstellungsrunde kann mit einem Ball oder einem Maskottchen begleitet
werden. Das Weitergeben des Balls spricht die motorischen Fähigkeiten an, gibt eine
Orientierung im Raum und regt den Kontakt an.

3. Zu Monat und Jahreszeit assoziiert man Wetter, Blumen und Früchte, Feiertage und
Gebräuche, Reime, Lieder und begleitet mit passenden Materialien, die viele Sinne
ansprechen. Im Wintermonat Dezember erinnern sich die Meisten an Weihnachten,
den Tannenbaum, den Kerzenduft, die Weihnachtsbäckerei, an viele
Weihnachtslieder und Gedichte, und familiäre Bräuche.

4. Aufgaben verschiedener Art entwickeln sich oft aus der Jahreszeit. In eine Orange
werden Gewürznelken gesteckt, was Kraft, Feinmotorik, Ausdauer und Koordination
anspricht. Die Orange weckt mit ihrem Duft Erinnerungen, die zum Austausch
anregen. Sie kann als Adventsschmuck mit ins Zimmer genommen werden. Weiterhin
bieten sich natürlich ‚Plätzchen ausstechen‘ oder ‚Weihnachtsbaumschmuck basteln‘
an.

Weitere Themen wie Berufe, Freizeitvergnügen Spielen, Schwimmen, Tanzen, auf


dem Bauernhof, die Mode oder der Haushalt früher und heute bieten mit vielfältigen
Materialien eine gezielte Förderung von Wahrnehmung, Motorik und Kognition.

5. Schlusslied. Das Singen verbessert die Atmung und kann mit passenden
Bewegungen oder Klatschen oder Schunkeln unterstützt werden. Man kann einen
Rhythmus finden und im Rhythmus bleiben, was einerseits aktiviert und andererseits
beruhigt und Angst löst.
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14.7 Handwerkliche Tätigkeiten

Eine handwerkliche Betätigung fördert die Feinmotorik, die Konzentration und


Aufmerksamkeit, das Rhythmusgefühl und verschafft ein Erfolgserlebnis.
Das Handwerk und die therapeutische Intervention sind den Fähigkeiten des Patienten in der
Einzeltherapie angepasst (Kognition, Affekte, Antrieb, Rhythmus).
Flechtarbeiten wie Korbflechten oder Makramee wirken strukturierend und beruhigend.
Das einfache Gestalten eines Seidentuchs mit Farben und Effektsalz wirkt
stimmungsaufhellend und anregend. Das Seidentuch kann getragen werden und fällt auch
anderen Menschen auf, so dass darüber Kommunikation entsteht.
In der Gruppentherapie bieten sich kleine Werktätigkeiten an:
Papier: Malen, Ausmalen, Schreiben, Schneiden, Reißen, Kleben
Bast wickeln oder weben
Ton oder Salzteig kneten und formen
Zöpfe Flechten oder Pompons wickeln.

14.8 Spiele

Vor den Zeiten des Fernsehens wurde in Familien häufiger gespielt, so dass vielen Senioren
Brettspiele wie „Mensch ärgere dich nicht“, Würfelspiele wie „Kniffel“ oder Kartenspiele wie
„Mau Mau“, „Elfer raus“ oder „Skat“ bekannt sind. Die Spiele können vereinfacht und damit
den Fähigkeiten der Patienten angepasst werden (Kognition, Affekte, Antrieb, Rhythmus).
Memory mit großen und Erwachsenen gerechten Bildern
Sprichwörter ergänzen
Gegenteile benennen
Stadt – Land – Fluss
Bingo
Vertellekes – einfach aber vielseitig:
Bei letzterem Spiel gibt es keine Gewinner und Verlierer. Eine einzige Spielfigur wird von
allen Mitspielern genutzt. Der Begriff „Vertellen“ kommt aus dem plattdeutschen und
bedeutet „Erzählen“. Es können pantomimisch verschiedene Dinge dargestellt, kleine Rätsel
gelöst und Fragen zur eigenen Biografie beantwortet werden. Durch simple Übungen mit
Gegenständen wie Luftballons, werden zusätzlich die motorischen Fähigkeiten trainiert. Im
Fokus des Spiels steht die Kommunikation der Spieler untereinander.

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14.9 Ergotherapie bei stark fortgeschrittener Demenz

Lagerung und Bewegung, Tonus regulierende Maßnahmen; an die Bettkante setzen,


Transfers, Teilhabe im Rollstuhl
basale Stimulation, „Snoezelen“: viele Sinne ansprechen (Augen, Ohren, Nase,
Zunge Haut)
Kommunikation ermöglichen
(Schaade, 2006)

14.10 Zusammenfassung

In der Ergotherapie geht man den Weg über verschiedene handlungsorientierte


Interaktionen, um die vorhandenen kognitiven, physischen und sozialen Fähigkeiten der an
Demenz erkrankten Menschen so lange wie möglich zu erhalten. In den Bereichen der
Aktivitäten des täglichen Lebens und bei Einzel- und Gruppenaktivitäten werden über die
Elemente Rhythmus und Bewegung, Langzeitgedächtnis und die verschiedenen
Wahrnehmungsqualitäten, dem Patienten Orientierungshilfen gegeben, die Verwirrung und
Angst reduzieren. Die an Demenz erkrankten Menschen sollen in ihrer Welt mit Würde und
Freude am Leben teilhaben können.

Literatur

DVE. (2007). Definition Ergotherapie, pp. https://www.dve.info/ergotherapie/definition.html


Deutscher Verband der Ergotherapeuten e. V.

Jäger S. (2014). Reihe Basiswissen für Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten: Senile


Demenz von Alzheimer-Typ, pp. https://www.handlungsplan.net/reihe-basiswissen-
fuer-ergotherapeutinnen-und-ergotherapeuten-senile-demenz-vom-alzheimer-typ/

Schaade G. (2006). Ergotherapie bei Demenzerkrankungen. Springer, Heidelberg.

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15. Gedanken zu Psychotherapie
Matthias Girke

In der Psychotherapie ist auf die Aktivierung der Ich-Organisation, d.h. der Selbstwirksamkeit
zu achten. In der rhythmischen Gestaltung des Tagesablaufs können morgens inhaltliche
Anregungen vermittelt werden. Besonders geeignet sind Motive aus Gedichten,
Märchenbilder, die das Thema des unversehrten Wesens in der erkrankten leiblichen Hülle
behandeln. Dadurch kann in die verunsicherte Seele eine innere Sicherheit durch spirituelle
Werte veranlagt werden, die gesundend auf den astralischen Leib wirkt. Diese Bilder
sprechen nicht nur den Augenblick, sondern auch zukünftige Perspektiven an: Der trotz
Demenz unzerstörte Wesenskern des Menschen ahnt durch sie eine Zukunftsperspektive,
entwickelt Hoffnung. Hoffnung wirkt zurück auf die Gesundungsprozesse des physischen
Leibes, wie umgekehrt Hoffnungslosigkeit diese untergräbt. In der empathischen und
liebevollen Gesprächsatmosphäre mit Wertschätzung des erkrankten Menschen entwickeln
sich Gesundungskräfte für die Lebensorganisation: Stress, Angst, Sorgen zehren an den
Lebenskräften, eine liebevolle Seelenstimmung hat eine aufbauende Funktion für den
ätherischen Leib.
Abends kann durch die Rückschau auf den Tag die Gedächtniskonsolidierung unterstützt
werden. Ereignisse des Tages werden in ein Bild und einen größeren Zusammenhang
gebracht, der sie konkreter und besser erinnern lässt. Die Förderung der
Erinnerungsfähigkeit durch aktive Übungen verstärkt die Wirksamkeit des ätherischen Leibes
und hat demzufolge nicht nur eine Bewusstseins- sondern auch eine regenerativ wirksame,
aufbauende Funktion.
Bei den demenziellen Syndromen kommt es zu einem Lösungsprozess, der dem
Sterbeprozess in manchem vergleichbar ist und diesen mitten in das Leben stellt.
Insofern ist die psychotherapeutische Begleitung des demenzkranken Patienten eine
Herausforderung. Kommt es dann zu dem eigentlichen Sterben, so ist immer wieder
erstaunlich, dass vorher in hohem Grade demente Patienten plötzlich wieder wie geistig
gegenwärtig sein können und für Augenblicke dieser Schleier der Demenz, der ihr Wesen
verhüllt, wie abzufallen scheint. Diese Momente werden dann aber meistens rasch von dem
Todesaugenblick gefolgt.
Glaube, Liebe Hoffnung als Gesundungsquellen für die Wesensglieder

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16. Anhang

16. 1 Weiterführende Informationen

Selbsthilfegruppen
Häufig hilft es Patienten, die die Diagnose „Demenz“ in einem frühen Stadium erhalten, sich
mit anderen Betroffenen auszutauschen. Auf der Internetseite der Deutschen Alzheimer
Gesellschaft e. V. gibt es die Möglichkeit nach Postleitzahlenbereichen Selbsthilfegruppen
oder Beratungsstellen zu finden: https://www.deutsche-alzheimer.de/unser-
service/alzheimer-gesellschaften-und-anlaufstellen.html

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