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Zerm R., Ziehaus O., Magerstädt R., Trapp B., Rauschert D., Wiche Y.,
Pohl C., Kühne S., Hohner, H., Kristek K., Jung M., Didwiszus A., Bäcker
S., Kröz M., Girke M
Herausgeber:
Girke M., Zerm R., Magerstädt R., Bläsi P., Kröz M.
Redaktion:
Berger D.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung ........................................................................................................................7
1.1 Vorbemerkung .................................................................................................................7
1.2 Risikofaktoren der Demenz...............................................................................................7
1.3 Demenz und Ernährung ..................................................................................................7
1.4 Demenz und Schlaf .........................................................................................................8
1.5 Antidementiva .................................................................................................................8
1.6 Behandlungsansätze der Integrativen-Anthroposophischen Medizin ...............................8
Literatur ..................................................................................................................................9
2. Krankheitsbild ...................................................................................................................11
2.1 Lebensgeschichtlicher Zusammenhang und Risikofaktoren ...........................................11
2.2 Diagnose und klinisches Bild ..........................................................................................11
2.2.1 Alzheimer-Demenz ......................................................................................................12
2.2.2 Führende frontale oder fronto-temporale Atrophie .......................................................13
2.2.3 Lewy-Körperchen Demenz ..........................................................................................13
2.2.4 Idiopathischer Normaldruck-Hydrozephalus ................................................................14
2.2.5 Vaskuläre Demenz ......................................................................................................14
2.3 Pathophysiologische Wesensgliederwirksamkeit bei demenziellen Syndromen .............15
2.3.1 Polarität neurodegenerativer und vaskulärer demenzieller Syndrome .........................15
2.3.2 Skleroseprozess im dreigliedrigen Organismus ...........................................................16
2.3.3 Geistige Wirksamkeit und ihre demenzielle Behinderung ............................................17
Literatur ................................................................................................................................18
3. Heilbedarf .........................................................................................................................19
3.1 Therapieprinzipien ..........................................................................................................19
3.2 Multimodales Therapiekonzept .......................................................................................20
3.3 Ethische Grundsätze der therapeutischen Beziehung ....................................................21
Literatur ................................................................................................................................22
4. Die Erfassung der Demenz im Rahmen des geriatrischen Basis-Assessments ................23
4.1 Einführung ......................................................................................................................23
4.2 Die Auswahl geeigneter Testverfahren ...........................................................................24
4.3 Das Prinzip der Salutogenese ........................................................................................25
4.4 Typische kognitive Veränderungen im Alter ....................................................................26
4.4.1 Störungen des Gedächtnisses .....................................................................................26
4.4.2 Reduktion der Aufmerksamkeit ....................................................................................27
4.4.3 Veränderungen der sprachlichen Fähigkeiten ..............................................................27
4.4.4 Konzept der Intelligenz ................................................................................................27
4.5 Testverfahren zur Messung kognitiver Leistungsfähigkeit ...............................................28
4.5.1 Differenzierung zwischen Demenz und Pseudodemenz ..............................................29
4.5.2 Der Uhrentest ..............................................................................................................30
2
4.5.3 Kriterien für die Auswahl des Assessment-Instruments ...............................................30
Literatur ................................................................................................................................31
5. Pflege ...............................................................................................................................34
5.1 Stationsgestaltung aus Sicht der Pflege .........................................................................34
5.1.1 Tagesgestaltung und Rhythmus aus Sicht der Pflege ..................................................34
5.2 Äußere Anwendungen ....................................................................................................35
5.2.1 Therapieziel Wärmeförderung, Verbesserung der Inkarnation und Aktivierung ............36
5.2.2 Therapieziel Anregung des Wärmeorganismus und Harmonisierung der
Empfindungsorganisation .....................................................................................................36
5.2.3 Therapieziel Ich-Stärkung, Aufrichtung, Belebung: ......................................................37
5.2 4 Therapieziel Strukturierung mittels Kopfhaube mit Arnika- oder Formica-Essenz ........38
5.2.5 Therapieziel Behandlung von Unruhe und Angst .........................................................38
5.2.6 Therapieziel Behandlung von Erschöpfungszuständen und geschwächten
Lebensprozessen .................................................................................................................39
5.2.7 Therapieziel Entspannung, Krampflösen, Stärkung von Gedächtnis und
Konzentration .......................................................................................................................39
5.2.8 Therapieziel Schlafförderung .......................................................................................40
5.3 Waschungen ..................................................................................................................41
5.4 Duftkissen mit Ölen bei Bedarf .......................................................................................41
5.5 Tees und Elixiere ............................................................................................................42
5.5.1 Tee-Therapie Tabelle ..................................................................................................42
5.5.2 Elixiere ........................................................................................................................45
5.6 Der Umgang mit dementen Patienten .............................................................................46
Literatur ................................................................................................................................48
6. Medikamentöse Therapie .................................................................................................49
6.1 Anthroposophische Basistherapie .................................................................................51
6.1.1 Leitsymptomorientierte Therapie .................................................................................53
Literatur ................................................................................................................................57
7. Ernährungsmedizin...........................................................................................................58
Literatur ................................................................................................................................59
8. Physikalische Medizin ......................................................................................................60
Literatur ................................................................................................................................60
9. Rhythmische Massage .....................................................................................................61
9.1 Einführung ......................................................................................................................61
9.2 Behandlungsziele und -strategien...................................................................................61
9.2.1 Kognitionsstörung ........................................................................................................61
9.2.2 Affektstörung ...............................................................................................................62
9.2.3 Antriebsstörungen .......................................................................................................63
9.2.4. Bewegungsstörung .....................................................................................................64
Literatur ................................................................................................................................66
10. Physiotherapie................................................................................................................67
3
10.1 Einführung ....................................................................................................................67
10.1.1 Ziele der physiotherapeutischen Behandlung ............................................................67
10.1.2 Hauptsymptome ........................................................................................................67
10.1.3 Auswirkungen der Demenz auf die Bewegungsorganisation unter Berücksichtigung
der Hauptsymptome aus physiotherapeutischer Sicht ..........................................................67
10.1.4 Bewegung als zentrale Rolle der physiotherapeutischen Behandlungen ...................68
10.1.5 Methodik und therapeutische Rahmenbedingungen ..................................................68
10.2 Physiotherapeutische Behandlungen............................................................................69
10.2.1 Einzelbehandlung ......................................................................................................69
10.2.2 Bothmer-Gymnastik ...................................................................................................70
10.2.3 Motorische Aktivierung als Gruppenangebot angelehnt an MAKS .............................70
Literatur ................................................................................................................................73
11. Eurythmie-Therapie ........................................................................................................74
11.1 Einführung ....................................................................................................................74
11.2 Rhythmisierende Übungen ...........................................................................................74
11.3 Übungen zur Belebung des Stoffwechsels....................................................................75
11.4 Seelische Aktivierung ...................................................................................................75
11.5 Geistige Anbindung ......................................................................................................75
Literatur ................................................................................................................................77
12. Musiktherapie .................................................................................................................78
12.1 Einführung ....................................................................................................................78
12.2 Förderung von Kognition und Orientierung zur Unterstützung der Ich-Wirksamkeit im
Seelischen............................................................................................................................78
12.2.1 Musiktherapeutische Übungen ..................................................................................78
12.3 Therapeutische Ansätze bei affektiven Störungen ........................................................79
12.3.1 Musiktherapeutische Übungen ..................................................................................79
12.4 Therapeutische Ansätze bei Antriebsstörungen ............................................................80
12.4.1 Musiktherapeutische Übungen ..................................................................................80
12.5 Gesichtspunkte zur Tagesgestaltung ............................................................................81
Literatur ................................................................................................................................81
13. Maltherapie.....................................................................................................................82
13.2 Kognitionsstörung .........................................................................................................82
13.2.1 Formenzeichnen: .......................................................................................................82
13.2.2 Freudvolles, erwärmendes Eintauchen in die Welt der Farben, Naturdarstellungen und
Märchen ...............................................................................................................................83
13.3 Behandlung der Affektstörung ......................................................................................85
13.3.1 Farbübungen in der Aquarell Nass-in-Nasstechnik ....................................................85
13.3.2 Dynamisches Formenzeichnen ..................................................................................86
13.4 Behandlung der Antriebsstörung ..................................................................................87
13.4.1 Dynamisches Formenzeichnen ..................................................................................87
13.4.2 Malen in der freien Natur ...........................................................................................88
4
13.4.3 Märchen ....................................................................................................................88
13.4.4 Wachskugel ...............................................................................................................88
13.5 Ausblick ........................................................................................................................88
Literatur ................................................................................................................................89
14. Ergotherapie ...................................................................................................................91
14.1 Einführung ....................................................................................................................91
14.2 Methode und Therapie..................................................................................................91
14.3 Ziele der ergotherapeutischen Behandlung bei Demenzerkrankungen .........................92
14.4 Die ergotherapeutischen Behandlungsmöglichkeiten ...................................................92
14.5 Förderung der Aktivitäten des täglichen Lebens (ATL) .................................................93
14.5.1 Wasch- und Anziehtraining ........................................................................................93
14.5.2 Esstraining.................................................................................................................93
14.5.3 Frühstücksgruppe ......................................................................................................93
14.5.4 Küchentraining...........................................................................................................93
14.5.5 Kaffee kochen............................................................................................................94
14.5.6 Haushaltstätigkeiten ..................................................................................................94
14.5.7 Spaziergang ..............................................................................................................94
14.6 Gruppen zur allgemeinen Mobilisation ..........................................................................94
14.7 Handwerkliche Tätigkeiten............................................................................................96
14.8 Spiele ...........................................................................................................................96
14.9 Ergotherapie bei stark fortgeschrittener Demenz ..........................................................97
14.10 Zusammenfassung .....................................................................................................97
Literatur ................................................................................................................................97
15. Gedanken zu Psychotherapie........................................................................................98
16. Anhang ...........................................................................................................................99
16. 1 Weiterführende Informationen .....................................................................................99
5
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1 Symptome demenzieller Syndrome ......................................................................11
Tabelle 2 Symptome der Alzheimer-Demenz .......................................................................12
Tabelle 3 Symptome führende frontale oder fronto-temporale Atrophie ................................13
Tabelle 4 Kriterien der Lewy-Körperchen Demenz ...............................................................13
Tabelle 5 Anwendung von Ölen............................................................................................42
Tabelle 6 Anregende Tees für den Morgen ..........................................................................42
Tabelle 7 Tees am Mittag .....................................................................................................43
Tabelle 8 Beruhigende, schlaffördernde Tees für den Abend ...............................................44
Tabelle 9 Anwendung von Elixiere........................................................................................45
Tabelle 10 Faktoren, die herausforderndes Verhalten begünstigen ......................................46
Tabelle 11 Verhaltensweisen im Umgang mit dementen Patienten ......................................48
Tabelle 12 Bewegungslied (Kern 2013) ................................................................................72
6
1. Einleitung
Roland Zerm
1.1 Vorbemerkung
Eine große Bedeutung kommt der Prävention zu. Neben der Kontrolle kardiovaskulärer
Risikofaktoren wie arterielle Hypertonie, Hypercholesterinämie, Diabetes mellitus und
Rauchen (Mayeux & Stern, 2012) spielen Lebensstilfaktoren eine große Rolle in der
primären und sekundären Prävention.
Körperliche Fitness kann bei an Demenz erkrankten Menschen kognitive Funktionen
(motorisches Lernen, Aufmerksamkeit und Verarbeitungsgeschwindigkeit) verbessern
(Angevaren et al., 2008). Eine Metaanalyse, die prospektive Studien zum Einfluss
körperlicher Aktivität auf neurodegenerative Störungen auswertete, zeigte in Bezug auf das
Risiko der Entwicklung einer Demenz eine 28%ige Reduktion für die aktiveren Menschen; in
Bezug speziell auf die Alzheimerdemenz war das Risiko sogar um 45% geringer (Hamer &
Chida, 2009). Erst kürzlich konnte eine prospektive Interventionsstudie (bestehend aus
diätetischen und bewegungssteigernden Elementen, Gedächtnistraining und intensiver
Kontrolle kardiovaskulärer Risikofaktoren) zeigen, dass die Entwicklung einer Demenz bei
Risikopersonen durch Lebensstilveränderungen aufgehalten, bzw. verbessert werden kann
(Ngandu et al., 2015).
Zur mediterranen Ernährung liegt eine randomisierte Studie mit älteren Gesunden vor, die
alle ein hohes kardiovaskuläres Risiko aufwiesen. Durch die mediterrane Diät, die mit
Olivenöl oder Nüssen angereichert war, konnte eine Verbesserung der Aufmerksamkeit,
sowie der Gedächtnis-, Exekutivfunktionen erreicht werden.
7
1.4 Demenz und Schlaf
In den letzten Jahren sind neue interessante Ergebnisse zum Zusammenhang der
Schlafdauer und -qualtität mit dem Demenzrisiko erschienen. So konnte gezeigt werden,
dass die Konzentration von ß-Amyloid im Liquor, einem wesentlichen pathogenetischen
Faktor bei der Entstehung der Alzheimerdemenz, im Tagesverlauf unter Wachheit ansteigt
und während des Nachtschlafs abfällt (Lucey & Bateman, 2014). Andererseits wird dieser
nächtliche Abfall der ß-Amyloid Konzentration im Liquor durch Schlafdeprivation oder
verlängerte Wachphasen gehemmt (Ooms, 2014). Vor diesem Hintergrund erscheinen
Zahlen besorgniserregend, die eine abnehmende durchschnittliche Schlafdauer unter US-
amerikanischen Erwachsenen zw. 1985 und 2012 von 7,4 auf 7,18 h (Ford et al., 2015)
zeigen. Allerdings liegen hierzu widersprüchliche Ergebnisse vor (Youngstedt et al., 2015).
Auch bei US-amerikanischen Jugendlichen stieg zwischen 1991 und 2012 der Anteil
derjenigen, die weniger als 7h/d schlafen signifikant an. Insbesondere in der Gruppe der 15-
jährigen Jugendlichen stieg dieser Anteil von 28,5% auf 37% (Keyes et al., 2015). Diese
Entwicklung ist sicherlich vor dem Hintergrund der „Non-Stop-Gesellschaft“ der letzten
Jahrzehnte zu sehen, die zu einer zunehmenden De-Rhythmisierung des Lebens
beigetragen hat. Einer schlafhygienischen Erziehung bei Kindern und Jugendlichen sowie
einer Aufklärung über den gesundheitsfördernden Effekt eines robusten Tag-/Nachtrhythmus
bei Erwachsenen könnten in Bezug auf die zukünftige Prävalenz von Demenzerkrankungen
präventive Effekte zukommen.
1.5 Antidementiva
Eine ursächliche Behandlung der Demenz-Erkrankung wird auf absehbare Zeit nicht zu
Verfügung stehen. Daher stehen die symptomatische Behandlung und die Versorgung der
chronisch kranken Menschen, die häufig eine ausgeprägte somatische und psychische
Multimorbidität aufweisen, im Vordergrund. Eine antidementive Medikation
(Cholinesterasehemmer, Glutamatmodulatoren) wird kritisch (Hogan, 2006), (von Herath et
al., 2007). Erst kürzlich zeigte ein Cochrane-Review zu Rivastigmin, dass erstens der Effekt
klein und von unsicherer klinischer Relevanz ist und zweitens die Evidenz nur moderat ist.
Außerdem waren alle eingeschlossenen Studien von Pharmaherstellern finanziert (Birks &
Grimley Evans, 2015). Die Therapie ist zudem mit teilweise erheblichen UAWs verbunden
(Hernandez et al., 2009), (van der Hooft et al., 2004) und in der S3-Leitlinie maximal mit
einem Evidenzgrad B empfohlen (Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, 2009).
8
leitliniengerechten Therapien saluto- und hygiogenetische Elemente zur Behandlung der
Demenz beinhalten, dringend erforderlich. Dies möchte ein Anthroposophisches
Therapiekonzept leisten, das in dem vorliegenden Manual beschrieben wird. In einem
Expertendialog wurden zunächst die Therapien identifiziert, die zur Behandlung der Demenz
am notwendigsten und vielversprechendsten angesehen wurden, bzw. für die bereits externe
Evidenzen vorliegen. In gemeinsamen Sitzungen wurde die Erkrankung pathophysiologisch
und menschenkundlich sowie der daraus abgeleitete Therapiebedarf erarbeitet. Auf dieser
abgestimmten Grundlage wurde von den einzelnen Therapeuten ein Konzept vorgelegt, in
der Gruppe diskutiert und aufeinander abgestimmt. Das so entwickelte Zusatzmodul Demenz
soll zukünftig Ergänzung des im nächsten Schritt zu entwickelnden Basismodul Geriatrie
sein. Zukünftig wird nach erfolgreicher Implementierung des Therapiekonzeptes eine
Evaluation der Therapieeffekte sowie der Patientenzufriedenheit notwendig sein.
Literatur
Birks JS & Grimley Evans J. (2015). Rivastigmine for Alzheimer's disease. Cochrane
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Ford ES, Cunningham TJ & Croft JB. (2015). Trends in Self-Reported Sleep Duration among
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Hogan DB. (2006). Donepezil for severe Alzheimer's disease. Lancet 367, 1031-1032 FAU -
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9
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Wu YT, Fratiglioni L, Matthews FE, Lobo A, Breteler MM, Skoog I & Brayne C. (2016).
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S01474-04422(00015)00092-00097 [pii].
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00110.01016/j.smrv.02015.00108.00004 [doi].
10
2. Krankheitsbild
Matthias Girke und Otto Ziehaus
Nach den Kriterienkataloge ICD-10 sind drei Symptomenkomplexe für die operationalisierte
Diagnose einer Demenz erforderlich:
11
Das Stirnhirn steht mit der selbstbewussten Wesensäußerung des Menschen in Beziehung
und bringt seine Persönlichkeit zum Bewusstsein. Dieser Bereich des ZNS ist folglich mit der
Ich-Organisation verbunden. Corticale Strukturen stehen mit der Bewusstseinsentwicklung in
Zusammenhang und dadurch mit der astralischen Organisation. Während diese Strukturen
des ZNS mit den zum Bewusstsein orientierten Wesensgliedern verbunden sind, so die
subcortikalen Funktionen mit der Gestaltung und Führung der Willensaktivität: Subcortikale
Demenzen gehen mit Verlangsamung und Antriebsschwäche einher und weisen auf die
Einschränkung der Willensaktivität im Bewusstsein und körperlicher Aktivität.
Frontotemporale Demenzsyndrome können mit Veränderungen des Fühlens (Affektlabilität)
einhergehen. Jede Aktivität bzw. Prozess im Menschen braucht Gestaltung und Modulation,
die durch rhythmische Prozesse vermittelt werden. So handelt es sich bei den demenziellen
Syndromen um Einschränkungen der Gestaltung und Strukturierung des Denkens Fühlens
und Wollens, nicht um die Erkrankungen dieser Seelenkräfte selbst.
2.2.1 Alzheimer-Demenz
12
2.2.2 Führende frontale oder fronto-temporale Atrophie
Im klinischen Bild findet sich eine Kombination von kortikaler und subkortikaler Demenz.
Dabei ist die Parkinson-Symptomatik kaum L-Dopa-responsiv. Weiterhin kommt es zu
visuellen Halluzinationen mit fluktuierenden kognitiven und Vigilanzstörungen.
13
2.2.4 Idiopathischer Normaldruck-Hydrozephalus
• Symptom-Trias (Hakim-Trias)
• Gangstörung
• Demenz
• Blasenstörung
• Assoziation mit Hypertonus und Diabetes
• Chronisch progrediente Erkrankung
• Symptomatik
• Verlangsamung, Antriebs- und Sprachantriebsstörung bis zur Apathie
• Konzentrations- und Aufmerksamkeitsstörung (dysexekutives Syndrom),
Vergesslichkeit
• rasche geistige und körperliche Erschöpfbarkeit
• Gangstörung (z. T. einem NPH, z. T. einem Parkinson-Syndrom ähnelnd;
„frontale Gangapraxie“)
• Miktionsstörung in Form von imperativem Harndrang oder Inkontinenz
• Insult-Symptome meist geringeren Schweregrades, oft mit guter Rückbildung
(„minor strokes“)
• Pseudobulbärparese (vor allem Dysphagie, Dysarthrie) durch Läsion der
kortikonukleären Bahnen
• disinhibiertes Lachen und Weinen ohne entsprechende Emotion
• stufenweise Verschlechterung
14
2.3 Pathophysiologische Wesensgliederwirksamkeit bei demenziellen Syndromen
Das Tau-Protein hat für die Entstehung neurofibrillärer Bündel bei der Alzheimer-Demenz
eine pathophysiologsiche Bedeutung. Eine Hyperphosphorylierung dieses Proteins, das
physiologischerweise dem Strukturaufbau für Mikrotubuli im Axon dient, bedingt eine
Aggregation zu Polyfilamenten (Neurofibrillenablagerung) (Mahlberg & Gutzmann). Es
handelt sich dabei um einen gestörten Phosphorprozess. Phosphor ist über den
Energiestoffwechsel mit der dynamischen, willensaktiven Wirksamkeit der oberen
Wesensglieder verbunden. In der Neuropathologie der Alzheimererkrankung wird er
demgegenüber in die Sklerose und „Ablagerung“ geführt (Girke, 2012).
15
Demenzformen (vascular cognitive impairment VCI, Multiinfarkt-Demenz, subkorticale
arteriosklerotische Enzephalopathie Binswanger und weitere Formen) ist ein treppenförmiger
und nicht schleichend progredienter Verlauf der demenziellen Symptomatik charakteristisch.
Viele demenzielle Syndrome sind Mischformen dieser polaren Krankheitsprozesse (Girke,
2012).
16
Die Wesensgliederwirksamkeit entspricht einem unphysiologischen Lösungsprozess der
ätherischen, astralischen und Ich-Organisation. Dieser ähnelt einem Sterbeprozess, der das
Nervensystem erfasst, aber auch den gesamten Menschen ergreifen kann und dann zur
eingeschränkten Lebenserwartung des Patienten führt.
Patienten mit Demenz sind nicht als zunehmend „geistlose“ Menschen, sondern als
Patienten mit organischer Behinderung ihrer geistigen Wirksamkeit anzusehen. Geistige
Wirksamkeit kennt vier Stufen, die sich besonders deutlich an den bewussten Aktivitäten
erkennen lassen. Im Plastizieren eines Würfels unterscheiden wir das fertige Produkt von der
bildenden Tätigkeit. Diese zweite Ebene im Schaffensprozess wäre undenkbar ohne die
entsprechende Gestaltungsidee, also die Würfelform. Schließlich bedarf es der Individualität,
die diese Idee fasst, umsetzt und zur sichtbaren Wirklichkeit werden lässt. Entsprechendes
gilt für die Kognitionsprozesse: Der fertige Gedanke oder die Vorstellung sind das „Produkt“.
Ihm geht eine bildende schöpferische Denktätigkeit voraus, die Lebenskräfte des Denkens.
Von diesen ist der geistige Inhalt, also die begriffliche oder ideelle Ebene zu unterscheiden.
Diese ist rein inhaltlich, geistig, kennt keine räumliche oder zeitliche Dimension. Die Idee des
Dreiecks hat in diesem Sinne keine Größe oder zeitlichen Gültigkeitsbereich. Sie wird auch
nicht ungültig durch geistige Behinderung. Der Geist erkrankt demzufolge nicht. Schließlich
bedarf es der Aktivität des geistigen Selbst des Menschen, die als schaffendes Prinzip in den
Kognitionsprozessen wirkt. Das volle wache Bewusstsein entsteht erst auf der Ebene der
Gedanken und Vorstellungen. Vorher handelt es sich um vorbewusste Aktivitäten des
Menschen. Diese Ebene ist von der Nervenorganisation abhängig, kann beispielsweise
durch Narkotika ausgeschaltet werden, während durch diese die inhaltliche Bedeutung der
Begriffswelt keine Auslöschung oder Einschränkung ihrer Gültigkeit erfährt. Die geistige
Wirksamkeit des Menschen „erwacht“ am Nerven-Sinnes-System zum Bewusstsein. Sie wird
an diesem „reflektiert“. Organische Erkrankungen dieses „Spiegels“ können zu Verzerrungen
und Bewusstseinseinschränkungen führen. Dann schränkt sich die reflektierte und
eigenverantwortete Tätigkeit des Menschen ein, da Gedanken und damit die Möglichkeit zur
Reflexion eigenen Verhaltens und zur Leitung der Gefühlswelt dem Patienten entfallen. Es
17
kommt zur Enthemmung, fehlender Konzentration, ungesteuertem Verhalten, da die
gedankliche Struktur- und Formqualität eingeschränkt ist. Wie ein Zeichner im Dunkeln sich
nicht an seinen Ergebnissen und Taten orientieren kann, da diese nicht mehr sichtbar sind,
so der gedanklich eingeschränkte Mensch in seiner Alltagsgestaltung. Demenzielle
Syndrome sind vor diesem Hintergrund Behinderungssyndrome einer sonst gesunden
geistigen Wirksamkeit und Wesenhaftigkeit des Menschen.
Literatur
Förstl H. (2009). Demenzen in Theorie und Praxis. Springer, Heidelberg.
Snowdon DA. (2003). Healthy aging and dementia: findings from the Nun Study. Ann Intern
Med 139, 450-454.
18
3. Heilbedarf
Die Beschwerden und Symptome des demenziell erkrankten Patienten beziehen sich auf die
veränderte Wesensgliederwirksamkeit:
Ich-Organisation
• Einschränkungen der Kognition, Konzentration, Bewusstseinsveränderungen,
Gedächtnis
• Veränderungen des Fühlens, Affektivität, Depression, Sprache
• Veränderungen der Willensbildung, Impulskontrolle
Astralische Organisation
• Störungen der Vigilanz, Bewusstseinsveränderungen bis zur Somnolenz,
Müdigkeit, Störungen des Wachens und Schlafens
• Rhythmus- und Regulationsstörungen: Störungen des vegetativen
Nervensystems: Orthostase
• Bewegungsstörungen
Lebensorganisation
• Störungen des Appetits, der Nahrungsaufnahme, vegetative Symptome.
Physische Körper
• oftmals Gewichtsabnahme, Sarkopenie/Kachexie
• Sklerosemanifestation
3.1 Therapieprinzipien
19
Skleroseprozessen eine Entzündung als hygiogenetischer Prozess (Neuroinflammation mit
proinflammatorischen Zytokinen in Gehirn und Liquor (Salminen et al., 2009) entgegen, die
allerdings zur chronischen Entzündung „erlahmt“ und dann mit Skleroseprozessen
verbunden ist. Umgekehrt scheinen hohe Dosierungen der antientzündlich wirksamen NSAR
die Demenz-Inzidenz zu erhöhen, wenngleich hierzu auch anderslautende Hypothesen
vorliegen (Breitner et al., 2009).
Durch die Gruppentherapien und tageshygienischen Maßnahmen kann die Selbst- bzw. Ich-
Wirksamkeit in den Seelenkräften verstärkt werden. Die folgenden Zielsymptome stehen
dabei im Vordergrund:
20
unterschiedliche Heilmittel (Arzneitherapie, Physiotherapie, Rhythmische Massage,
Ergotherapie, Kunsttherapie (z.B. Musiktherapie), Eurythmietherapie, Äußere Anwendungen
und Öl-Dispersionsbäder) erreicht werden. Die nachfolgend vorgeschlagenen
Therapiemaßnahmen sind konzeptionell begründet, beruhen auf den bisherigen
therapeutischen Erfahrungen und orientieren sich an der Wesensgliederwirksamkeit bei
demenziellen Syndromen.
Der Patient mit hirnorganischer Erkrankung leidet an einer Störung der Werkzeugfunktion
des Nervensystems. Seine Individualität als geistiges Wesen ist von der Erkrankung nicht
betroffen, Kognition, Bewusstseinsfunktionen und Gedächtnis sind demgegenüber in
unterschiedlichem Maß eingeschränkt. Dadurch ist er nicht dem unzutreffenden Wortsinn
von „Demenz“ ein Mensch „ohne Geist“, sondern kann diesen in den aktiven Äußerungen
seines alltäglichen Lebens und zwischenmenschlichen Beziehungen nicht mehr offenbaren.
Der durch die hirnorganische Erkrankung eingeschränkte Mensch erscheint vielmehr als
„verhülltes Wesen“, beansprucht unverändert unser Interesse, Anerkennung sowie unsere
Hilfeleistung. Ihm kommt uneingeschränkt die volle Menschenwürde zu.
21
Literatur
Breitner JC, Haneuse SJ, Walker R, Dublin S, Crane PK, Gray SL & Larson EB. (2009). Risk
of dementia and AD with prior exposure to NSAIDs in an elderly. Neurology 72, 1899-
1905.
22
4. Die Erfassung der Demenz im Rahmen des geriatrischen Basis-Assessments
Roland Magerstädt
„Es kommt nicht darauf an, wie alt man wird, sondern wie man alt wird.“ Ursula Lehr,
Gerontologin
4.1 Einführung
Das Alter ist ein eigenständiger Lebensabschnitt. An der Wertigkeit, die diesem
Lebensabschnitt zugesprochen wird, kann man den Humanitätsstand einer Gesellschaft
ablesen. Alter, so wie wir es heute kennen, ist ein Produkt der Neuzeit, insbesondere der
Industrialisierung, der Sozialpolitik sowie der Rentengesetzgebung. Im vergangenen
Jahrhundert ist die Lebenserwartung der Bevölkerung in Deutschland erheblich gestiegen.
Wandel der demographischen Situation ist durch tendenziell steigende Lebenserwartung und
fortschreitende Alterung der Bevölkerung gekennzeichnet. Seit über 130 Jahren ist
hierzulande ein ständiger Rückgang der Sterblichkeit und Anstieg der Lebenserwartung zu
beobachten. Diese Veränderung ist vor allem mit der, in der Nachkriegszeit
entwicklungspolitisch induzierten, allgemeinen Verbesserung der Lebensqualität, der
Arbeitsbedingungen, der Ernährung, der Hygiene und der medizinischen Versorgung zu
erklären (Schimany, 2008). Es ist davon auszugehen, dass im Hinblick auf die allgemeine
Tendenz zu Alterung der Gesamtbevölkerung die Anzahl kranker älterer Menschen in den
nächsten Jahrzehnten stark zunehmen wird. Dementsprechend wird sich auch die Anzahl
älterer Menschen mit chronischen altersassoziierten Erkrankungen, wie milde kognitive
Beeinträchtigung (MCI), dementielle Erkrankungen und/oder Altersdepression erhöhen. Eine
umfassende Verbesserung der medizinischen Versorgung älterer Bevölkerungsgruppen im
Allgemeinen, und speziell der Versorgung in Bezug auf Diagnostik von altersassoziierten
chronischen Erkrankungen, rückt somit immer mehr in den Vordergrund (Bogomolni, 2009).
Der Anstoß für diese Arbeit ist die Tatsache, dass es, wie auch die demographische
Entwicklung in Deutschland zeigt, immer mehr alte Menschen gibt, die unter multiplen
Erkrankungen leiden (Schimany, 2008). Das Ziel der TAM Arbeitsgruppe ist es, einen Beitrag
zu Verbesserung der Lebensqualität älterer Menschen mit mehrfacher Erkrankung zu leisten
und älteren Menschen, die unter multiplen Erkrankungen leiden, dabei zu helfen die
Ressourcen zu identifizieren und zu mobilisieren, um ihre Selbstständigkeit im Alter, auch
trotz dieser mehrfachen Erkrankungen, soweit wie möglich zu erhalten. Dieses Ziel soll durch
Optimierung diagnostischer Möglichkeiten sowie Verbesserung des therapeutischen
Angebotes für die Zielpopulation und den nachhaltigen Aufbau der dafür notwendigen und
Erweiterung der bereits bestehenden Strukturen erreicht werden.
23
4.2 Die Auswahl geeigneter Testverfahren
Basis und eine wesentliche Voraussetzung einer adäquaten und qualitativen geriatrischen
Behandlung ist die Erhebung von körperlichen, funktionellen, seelischen und geistigen
Fähigkeiten bzw. deren Einschränkungen, um ältere Patienten gezielt zu unterstützen. Die
Erhebung erfolgt mittels standardisierter Assessments, dem sog. geriatrischen Basis-
Assessment (GBA). Durch langjährige wissenschaftliche Forschung und Entwicklung auf
dem Gebiet der Neurowissenschaften und der Altersmedizin gibt es eine Vielzahl von
Assessment-Instrumenten, die den diagnostischen Anforderungen genügen. Dennoch sollte
dabei nicht außer Acht gelassen werden, dass der in der Klinik tätige Praktiker in der Regel
auf Assessments angewiesen ist, die nicht nur den wissenschaftlichen Gütekriterien
(Validität, Objektivität, Reliabilität, Sensibilität) entsprechen, sondern in der täglichen Praxis
zeitökonomisch eingesetzt werden können. Die „Arbeitsgruppe Geriatrisches Assessment“
hat diesbezüglich eine Empfehlung erarbeitet, die von vielen geriatrischen Einrichtungen in
Deutschland übernommen wurde (Assessment, 1997). In einer ersten Stufe erfolgt mit Hilfe
des LACHS-Index ein Screening im Sinne einer strukturierten (Lachs et al., 1990)
Anamnese. Die zweite Stufe umfasst das eigentliche GBA, die sich aus folgenden Tests und
Verfahren zusammensetzt:
• Barthel-Index: Aktivitäten des täglichen Lebens (ATL, englisch: ADL) (Mahoney &
Barthel, 1965)
• MMSE (Mini-Mental State Examination): Bewertung der Kognition (Folstein &
McHugh, 1975)
• CC: Screening auf kognitive Defizite
• GDS: Screening auf Depression (Yesavage et al., 1982)
• Uhrentest nach Shulman
• Uhrenergänzungstest (Clock Test) (Watson et al., 1993)
• SoS (Soziale Situation): Analyse der sozialen Situation (Wohnungssituation, soziale
Kontakte und Unterstützung, ökonomische Verhältnisse, soziale Aktivitäten)
(Nikolaus et al., 1995)
• Handkraft-Messung: Gesamtmuskelkraft zur Diagnostik von Sarkopenie und
Malnutrition, außerdem zur Prognose von Frakturen, Mortalität und anderen
Parametern
• Geldzähltest: Screening und Verlaufskontrolle kognitiver Defizite
• Timed-Up & Go-Test: Erfassung von Koordination und Mobilität (Podsiadlo &
Richardson, 1991)
• Tinetti-Test: Bewertung von Stand- und Gangsicherheit (Tinetti, 1986)
24
Ziele des Basis-Assessments (GBA) sind:
• Verbesserung der diagnostischen Genauigkeit
• Optimierung der medizinischen Behandlung
• Verbesserung der Funktionalität des Patienten
• Erreichen und Erhalt größtmöglicher Selbständigkeit
• Steigerung der Lebensqualität
• Verbesserung der stationären sowie der nachstationären Versorgung
• Prävention von Folgeerkrankungen
• Vermeidung oder zumindest die Senkung der Zahl von Heimeinweisungen
• Qualitätskontrolle der Behandlung
Erfolge:
• Senkung der Heim- und Klinikeinweisung
• Steigerung der Selbsthilfefähigkeit
• Verminderung von Pflegebedürftigkeit
• Reduktion der Mortalität
• Reduktion von Medikation.
Das neuropsychologische Assessment für ältere und hochbetagte Patienten sollte in erster
Linie so konzipiert sein, dass eine möglichst umfassende Diagnostik aller Bereiche der
kognitiven Fähigkeiten erfolgt, ohne den Patienten dabei zu verunsichern und zu überfordern
und sich dabei möglichst nach dem Prinzip der Salutogenese auszurichten. Salutogenese ist
ein Konzept, das sich u. a. auf dynamische Wechselwirkungen bezieht, die zur Entstehung
und Erhaltung von Gesundheit führen. Nach dem Salutogenese-Modell ist Gesundheit nicht
als Zustand, sondern als Prozess zu verstehen. Gesundheit ist stark mit den sozialen
Kontexten verbunden. Davon ausgehend ist es besonders wichtig die sozialen Strukturen, in
die der Patient eingebunden ist, gut zu beleuchten und diese notfalls zu erweitern
(Antonovsky, 1997). Leider hat sich in der klinischen Praxis eine defizitorientierte Denkweise
(Pathogenese) etabliert. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse über Demenzen bieten immer
noch wenig Hoffnung auf Heilung der Krankheit. Angesichts der steigenden Anzahl an
Demenzkranken werden mehr Denkansätze nötig, die bei der Betrachtung der Krankheit in
eine andere, als die krankhafte (pathogenetische) Richtung führt. Die Wechselbeziehung
zwischen Salutogenese und Pathogenese wird durch Krankheiten bzw. deren Vermeidung
ergänzt bzw. ermöglicht. Salutogenese ist insofern eine "Schatzsuche" im Unterschied zur
"Fehlerfahndung" der herrschenden (pathogenetisch orientierten) Denkrichtung der Medizin
25
(Schiffer, 2001). Salutogenetische Orientierung bedeutet, dass die Behandler bzw.
Behandlungsmethoden sich mehr auf Gesundheit und auf Ressourcen ausrichten. Die Welt
rund um Demenz im Sinne der Salutogenese zu verstehen, heißt auch, Realität neu zu
überdenken. Wichtig ist es dabei nicht nur die aktuell bestehenden Defizite und
Einschränkungen, sondern auch die Ressourcen und Stärken des Patienten zu erfassen und
insbesondere die letzteren therapeutisch aufzugreifen und zu fördern und aktiv im Sinne des
Patienten in die Planung und Ausgestaltung der Therapien einzubeziehen.
Zum Zweiten sollte die neuropsychologische Untersuchung bei Verdacht auf Demenz
differentialdiagnostisch möglichst präzise sein und dem Patienten dabei ausreichend
Möglichkeiten zu Verfügung stellen, über die Bedürfnisse und Nöte in einem Gespräch zu
berichten. Dazu gehört eine gute Aufklärungsarbeit zu den durchgeführten Verfahren sowie
ein persönlicher Kontakt und Einfühlungsvermögen seitens des Untersuchers. Die bereits
breitflächig eingesetzten Verfahren, die diesen Mindestanforderungen genügen, entsprechen
den wissenschaftlichen Standards und bieten dem Patienten und dem Untersucher
ausreichend Raum, um ins persönliche Gespräch zu kommen.
Störungen des Gedächtnisses treten im Alter oft, und bei Demenzen obligat, auf. Die
Beeinträchtigungen verschiedener Gedächtniskomponenten des Kurzzeitgedächtnisses und
des Langzeitgedächtnisses können empirisch nachgewiesen werden (Poon, 1985), wobei
das verbale Gedächtnis stärker beeinträchtigt zu sein scheint als das nonverbale (Janowsky,
1996). Bei einem als normal zu bewertenden Alterungsprozess verändert sich die Leistung
des Langzeitgedächtnisses geringfügig, aber die des Enkodierens. Gesunde ältere
Menschen benötigen längere Lernperioden, um Informationen adäquat aufzunehmen und
abzurufen (Dunlosky & Salthouse, 1996); (Salthouse, 1994); (Salthouse & Coon, 1993). Das
Kurzzeitgedächtnis scheint bei einem normalen Alterungsprozess von den Veränderungen
wenig betroffen zu sein, obwohl leichte Beeinträchtigungen in allen Komponenten des
Kurzzeitgedächtnisses nachgewiesen werden konnten (Salthouse, 1994); (Hedden &
Gabrieli, 2004). Beim Lernen und freien Abrufen von Wörterlisten, Geschichten, Figuren oder
26
Bildern fallen bei älteren Probanden deutliche Defizite in der Leistungsfähigkeit des
episodischen Gedächtnisses gegenüber jüngeren Probanden auf (Craik, 1992). Dieser
Leistungsabfall zählt zu den typischen kognitiven Veränderungen im Alter. Aus diesen
Ergebnissen lässt sich schlussfolgern, dass gesunde ältere Menschen im Vergleich zu
jüngeren neue Informationen weniger effizient enkodieren und Abrufschwierigkeiten haben
können (Craik, 1992).
Wie das Gedächtnis, lässt im Alter auch die Aufmerksamkeit nach. Die Aufmerksamkeit wird
in selektive, geteilte und Daueraufmerksamkeit unterteilt. Die selektive Aufmerksamkeit ist
die Fähigkeit des Menschen auf bestimmte momentan relevante Reize zu reagieren und sich
nicht durch Störreize ablenken zu lassen (Perry & Hodges, 1999). Die Testleistungen älterer
Personen im Bereich der selektiven Aufmerksamkeit unterscheiden sich kaum von denen
jüngerer Personen, wenn der Ort des Zielreizes bekannt ist und er von den Störreizen gut
unterscheidbar ist (Rogers, 1999).
In dem von Cattell und Horn (Horn & Cattell, 1967) entwickelten Konzept der Intelligenz wird
zwischen fluider und kristalliner Intelligenz unterschieden. Die fluide Intelligenz beinhaltet
grundlegende Prozesse der Informationsverarbeitung, Geschwindigkeit und Genauigkeit, mit
der diese Prozesse ausgeführt werden. Dagegen ist die kristalline Intelligenz der Ausdruck
der Bestände an Handlungs- und Faktenwissen, die sich eine Person im Laufe des Lebens
angeeignet hat. Die Leistungen der kristallinen Intelligenz bleiben bis ins hohe Lebensalter
27
erhalten und können sogar noch gesteigert werden. Dagegen fängt die Leistung der fluiden
Intelligenz bereits ab dem mittleren Erwachsenenalter abzunehmen (La Rue, 1992).
4.5 Testverfahren zur Messung kognitiver Leistungsfähigkeit
Um den Stand der kognitiven Leistungsfähigkeit der Patienten einzuschätzen, wird der Mini-
Mental-State-Examination (MMSE) (Folstein & McHugh, 1975) eingesetzt. Der MMST ist das
international am häufigsten verwendete Screening-Instrument für kognitive Defizite. Er liefert
erste Hinweise über das Vorliegen einer kognitiven Beeinträchtigung im Sinne einer
dementiellen Entwicklung. Mit der Anwendung soll ein orientierender Eindruck gewonnen
werden. Die Durchführungszeit beträgt ca. 10 Minuten. Der MMSE ist zusammengesetzt aus
30 Fragen zur zeitlichen und örtlichen Orientierung, exekutiven Fähigkeiten,
Kurzzeitgedächtnis, Benennen, Lesen, Schreiben sowie zu visuell-kognitiven Fähigkeiten.
Jeder erfüllten Aufgabe wird ein Punkt zugeordnet. Kognitiv unbeeinträchtigte Menschen
erreichen auch im höheren Lebensalter zwischen 28 und 30 Punkten. Die maximal
erreichbare Punktezahl liegt bei 30 Punkten. Bei Presbyakusis (Altersschwerhörigkeit) und
visuellen Defiziten (Sehstörungen) muss das Frageverständnis des Patienten überprüft
werden. Die Testauswertung orientiert sich an der Ergebnisinterpretation der Arbeitsgruppe
geriatrisches Assessment der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie (DGG) und der
Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie (DGHO):
Von mehreren Autoren wird jedoch darauf hingewiesen, dass die Sensitivität der MMSE bei
leichten Demenzformen eingeschränkt ist. So gibt es Hinweise, dass ein Wert von 24
Punkten in leichten Stadien einer dementiellen Erkrankung nicht ausreichend sensitiv ist
(Bleecker et al., 1988); (Kukull et al., 1994); (Monsch et al., 1995). In diesen Studien wird zur
Abgrenzung zwischen einem altersgemäßen kognitiven Status und einer leichten
28
dementiellen Entwicklung ein Grenzwert von 26/27 Punkten vorgeschlagen. Werden weniger
als 26 Punkte erreicht, sollten weitere neuropsychologische Tests durchgeführt werden.
Weniger als 23 Punkte legen einen starken Demenzverdacht nahe, weniger als 10 Punkte
sprechen für eine schwere Demenz.
Depression kann sich bei älteren Personen anders äußern, als bei den jungen Patienten.
Ältere Depressive haben z. B. mehr somatische Beschwerden und sind auch kognitiv stärker
beeinträchtigt, als jüngere. Bei etwa einem Fünftel schwer depressiver Patienten sind starke
kognitive Beeinträchtigungen zu beobachten, die denen bei einer Demenzerkrankung sehr
ähnlich sind (La Rue, 1992). Im Zusammenhang mit kognitiven Beeinträchtigungen älterer
Depressiver spricht man dann auch vom dementiellen Syndrom bei Depression oder von
einer sogenannten Pseudodemenz (Caine, 1986); (Marcopulos, 1989). Kiloh (Kiloh, 1961)
hatte das Konzept der Pseudodemenz untersucht und seine Beobachtungen beschrieben.
Etwas genauere Angaben zu Unterscheidung von Pseudodemenz und Demenz findet man
bei Wells (Wells, 1979). Die Leistungen des Gedächtnisses sind bei Patienten mit
Pseudodemenz vor allem im freien Abrufen schlechter, als bei Patienten mit Demenz. Im
Gegensatz zu Demenz-Patienten zeigen diese Patienten jedoch keine Beeinträchtigungen
im Lernen, Wiedererkennen und Behalten von Informationen (La Rue, 1992).
Ein Problem in Bezug auf die Depression im Alter ist die schwierige diagnostische
Abgrenzbarkeit von anderen psychiatrischen Störungsbildern. Der Überschneidungsbereich
von Demenz und Depression stellt eine besondere Herausforderung dar. Dabei ist die
Differenzierung zwischen Demenz und dementiellem Syndrom bei einer Depression sehr
wichtig, da eine Depression in den meisten Fällen erfolgreich behandelt werden kann, und
dadurch auch eine Verbesserung kognitiver Leistungen erreicht wird (Woodruff-Pak, 1997).
Sollten sich die Leistungen wider Erwarten nach der Behandlung depressiver Symptome bei
einer erneuten neuropsychologischen Untersuchung nicht verbessern, kann man davon
ausgehen, dass die Depression eine beginnende Demenz verdeckt hat. Die zu Diagnostik
der Depressionen im Alter in der Praxis häufig eingesetzte Geriatric Depression Scale nach
Sheikh und Yesavage (Sheikh & Yesavage, 1986) umfasst in der Kurzform 15 Fragen und
erlaubt eine Früherkennung einer möglichen Depression bei älteren Patienten. Sie ist in
Form eines Fragebogens zur Selbstbeurteilung konzipiert und kann zudem zu
Verlaufsbeobachtungen und Vergleichsuntersuchungen eingesetzt werden. Die Fragen sind
mit ja/nein zu beantworten und können vom Probanden selbst oder in Form eines Interviews
beantwortet werden. Alle Antworten, die auf das Vorhandensein einer Depression hindeuten,
werden mit jeweils einem Punkt gewichtet. Die Antworten, die gegen eine Depression
sprechen, werden mit 0 Punkten gewertet. Anschließend werden die Punkte zu einem
29
Gesamtscore, der bei der Kurzversion zwischen 0 und 15 Punkten liegen kann,
zusammengezählt. Die Auswertung erfolgt über eine Auszählung der Antworten. Die
maximale Punktzahl ist 15. Werte von 0 - 4 Punkten gelten als unauffällig, Werte zwischen 5
- 8 Punkten geben Hinweise auf eine leichte depressive Ausprägung, Werte zwischen 9 - 11
Punkten geben Hinweise auf eine mittelgradige depressive Ausprägung, Werte von 10 - 15
legen den Verdacht einer schweren Depression nahe. Nach Brink et al. (Brink et al., 1982);
Yesavage et al. (Yesavage, 1983); Sheik et al. (Sheikh & Yesavage, 1986) sollte der Cut-off
für nicht depressiv/depressiv bei 4/5 Punkten gewählt werden.
Beim Uhrentest nach Shulmann (Shulman, 1993) handelt es sich um ein einfaches
Screeningverfahren bei Verdacht auf eine räumlich-konstruktive sowie visuell-räumliche
Wahrnehmungsstörungen bei beginnender Demenz. Der Proband hat die Aufgabe in einen
leeren Kreis die Ziffern einer Uhr sowie eine vorgegebene Uhrzeit (11:10) einzuzeichnen. Bei
Vorliegen einer Demenz lassen sich bestimmte Fehlermuster erkennen, denen ein
Punktescore von 1 bis 6 zugeordnet ist. Scores 1 (perfekte Uhr) und 2 (leichte visuell-
räumliche Fehler) gelten als unauffällig. Score 3 wird bei einer noch gut erhaltenen visuell-
räumlichen Darstellung der Uhr, jedoch fehlerhaft eingezeichneter Uhrzeit vergeben. Score 4
lässt Schlüsse auf eine mittelgradig ausgeprägte visuell-räumliche Desorganisation zu.
Scores 5 (schwergradige visuell-räumliche Desorganisation) und 6 (keinerlei Darstellung
einer Uhr möglich) lassen auf schwergradige Beeinträchtigung der visuell-räumlichen
Fähigkeit schließen. Der validierte cut-off zur Unterscheidung zwischen Normalbefund und
kognitiver Beeinträchtigung im Bereich visuell-räumlicher Fähigkeiten im Sinne einer
Demenz liegt zwischen 2 und 3 Punkten. Somit ist ein Score von > 3 Punkten als krankhaft
anzusehen (20).
Darüber hinaus stehen für spezielle Fragestellungen oder zur genaueren Analyse
aufgedeckter Defizite weitere standardisierte Testverfahren zur Verfügung (z.B. SF-36, SF-
12 oder WHOQOL für den Parameter Lebensqualität, SIDAM, CERAD zur differenzierten
Abklärung von dementiellen Prozessen, MNA zum Screening auf Malnutrition). Aktuell
besteht international kein Konsens hinsichtlich der standardisiert oder fakultativ
einzusetzenden Bausteine eines geriatrischen Assessments und ihrer Durchführung, so dass
vergleichende Untersuchungen erschwert sind.
Bei der Auswahl von Assessment-Instrumenten müssen Testgütekriterien wie Reliabilität
(Test misst zuverlässig und ist reproduzierbar), Validität (Test misst inhaltlich das, wofür er
gedacht ist), Sensibilität (Zuverlässigkeit der Identifikation des gesuchten Merkmals) und
30
Spezifität (Ergebnis ist eindeutig, möglichst wenige falsche positive Resultate) beachtet
werden. Ferner ist bei der Auswahl zu berücksichtigen, an welchen Personengruppen das
Assessmentverfahren ursprünglich evaluiert wurde (z.B. bei ambulanten Patienten, im
Krankenhaus auf einer internistischen, geriatrischen oder chirurgischen Station, in
Langzeitpflegeeinrichtungen etc.). Nach der ursprünglichen Evaluation sollte das Verfahren
in mindestens einer weiteren prospektiven Studie untersucht worden sein, denn im
praktischen Einsatz können sich im Vergleich zum Ausgangsversuch erhebliche
Abweichungen ergeben.
Abschließend sollte noch mal betont werden, wie wichtig es bei der Erhebung mithilfe von o.
g. Screening- und Testverfahren ist, nicht nur einzelne Testergebnisse im Blick zu haben,
sondern den Patienten in seiner Gesamtheit, insbesondere im Hinblick auf die prämorbide
Persönlichkeitsstruktur, die Fähigkeiten und nicht zuletzt Ressourcen sowie jeweils erhaltene
Funktionsbereiche wahrzunehmen.
Literatur
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33
5. Pflege
Patienten, die mit einer Demenzerkrankung zu uns ins Krankenhaus kommen, erleben
zusätzlich zu ihrer Erkrankung ein Herausreißen aus ihrer gewohnten, im guten Fall
stabilisierenden Umgebung. Sie leiden besonders an Denk- und Konzentrationsstörungen,
an Affektstörungen und Depression, sie sind häufig antriebsgestört aber unruhig. Außerdem
haben sie oft einen gestörten Tag-Nachtrhythmus und sind in ihren Lebensprozessen
geschwächt. Die neue, fremde Umgebung kann diese Symptome verschlimmern. Deshalb
sollen die Patienten in unseren Pflegeteams so schnell wie möglich einen gut strukturierten,
verlässlichen Tagesablauf erleben. Im Sinne „Rhythmus trägt Leben“ (nach einem Gespräch
zwischen Steiner und Hauschka) kann der verbindlich eingehaltene Tagesablauf und die
Äußeren Anwendungen stabilisieren und die Symptome lindern.
Über biographische Anknüpfungspunkte kann es gelingen, in Situationen, in denen der
Patient unruhig, ängstlich oder desorientiert ist, die Situation zu deeskalieren. Kleine Hilfen,
wie ein passendes Symbol am Patientenzimmer, bekannte Düfte im Raum mit ätherischen
Ölen oder gezielte Beschäftigungsangebote (z.B. Strickkorb im Aufenthaltsraum) helfen
hierbei. Nach Möglichkeit können wir Rituale oder Gewohnheiten des Patienten im
Krankenhaus übernehmen.
Alles was die Bewegung und Aktivität der Patienten fördert, wird von den Pflegenden
unterstützt. Mit den Äußeren Anwendungen können wir gezielte Hilfestellungen und
Linderung bei den einzelnen Symptomen anbieten. Es gibt Anwendungen, die inkarnierend
in den Tag hereinführen und solche, die lösend in die Nacht wirken. In der Pflege wird auch
besonders auf die Wärme geachtet. Die Patienten haben gestörte Wärmeprozesse im
körperlichen, seelischen und geistigen Bereich. Wir können in allen drei Bereichen
pflegerisch tätig werden. Im Körperlichen können wir schon mit dem Achten auf stimmige
Kleidung einiges erreichen. Im Seelischen ist eine zugewandte warme Atmosphäre wichtig
und im Geistigen ist ein Anerkennen des Lebenslaufes und der Einstellung, dass das
geistige Wesen des Demenzkranken nur verhüllt jedoch gesund ist, unerlässlich. Mit Hilfe
äußerer Anwendungen (s. weiter unten) gibt es solche, die die Wärmeprozesse anregen und
damit helfen, die Ich-Präsenz des Patienten mehr im Leib zu verorten.
Wie oben beschrieben, sollen Patienten mit Demenzerkrankungen eine Stabilisierung über
einen verlässlichen Tagesablauf erhalten. Der Tag-Nachtrhythmus ist bei diesen Patienten
oft gestört. Individuelle Anpassungen sind erwünscht, wenn sich z. B. durch die pflegerische
34
Anamnese etwas anbietet, was im gewohnten Umfeld hilfreich war und ist.
Die morgendliche Grundpflege findet unter weckenden Gesichtspunkten statt, z. B.
Rosmarin im Waschwasser und eine anschließende in die Pflege integrierte
einhändige Rückeneinreibung, möglichst im Sitzen mit Rosmarinöl mit großer
Lemniskate (s. u. Äußere Anwendungen)
Die Patienten werden mobilisiert, warm gekleidet und nehmen möglichst im
Aufenthaltsraum ihr Frühstück ein
Es gibt ein Angebot an weckenden Teesorten (s. u. Teetabelle)
Nach einem, möglichst wieder im Aufenthaltsraum eingenommen Mittagessen,
könnten wieder bestimmte Teesorten (s. Teetabelle) angeboten werden; eine kurze
Mittagsruhe im Bett ist nur sinnvoll, wenn sie mit der Nach-Ruhe nach einer Äußeren
Anwendung verbunden ist, dann auch nicht zu lange, da der Nachtschlaf gefördert
werden soll
Sinnvolle Beschäftigungen am Nachmittag: es findet an Therapien: Malen,
Heileurythmie und Musiktherapie statt; häufig ist Besuch da; Spiele-Gruppe von
Ergotherapie?
Abendessen im Aufenthaltsraum: nicht zu viel vor der Nacht essen
Wünschenswert ist eine Musiktherapeutische Gruppe, die für alle Patienten der
Geriatrie offen ist und gut den Tag ausklingen lassen könnte (gegen 19.00 Uhr)
Danach gibt es ein Angebot von schlaffördernden Tees (s. Teetabelle) oder Golden
Milk
Die Patienten werden in ihre Zimmer begleitet: Es erfolgen Hilfestellungen bei der
abendlichen Versorgung, evtl. Prophylaxen, Einreibungen, es gibt ein Fußbad mit
Lavendel oder eine Fußeinreibung mit Lavendel und evtl. eine Herzsalbenauflage (s.
u. Äußere Anwendungen). Es ist wichtig, dass die Patienten warm sind, wenn sie zur
Nacht ins Bett gehen.
Die Pflege kann durch Äußere Anwendungen von Wickel und Auflagen, therapeutische
Waschungen und Rhythmischen Einreibungen nach Wegman/Hauschka (Weber, 2015)
mithelfen, den bei dementen Patienten vorherrschenden Skleroseprozessen entgegen zu
wirken. Sie durchwärmen und aktivieren, sind aber auch beruhigend und fördern den Schlaf
zur Nacht und unterstützen damit einen gesundenden Tagesrhythmus. Es sind Angebote an
den Patienten, mit denen er in der Nachruhe und Nachwirkung umgehen kann. Sie
unterstützen die Selbstheilungskräfte und können aber auch vielfältige Symptome lindern.
35
5.2.1 Therapieziel Wärmeförderung, Verbesserung der Inkarnation und Aktivierung
Ingwer Nierenwickel
Mit diesem Wickel möchten wir über die Anregung der Wärmeorganisation die Ich-Präsenz
im Leiblichen stärken. Dadurch kann der Patient wacher und konzentrierter in den Tag
gehen. Auch die Willenskräfte werden aktiviert.
„Die Äußere Anwendung des Ingwers regt eine starke innere Wärmebildung im Menschen
an, die sich bis in die Peripherie des Körpers ausbreiten kann. Das Seelische des Menschen
wird eingeladen, sich intensiver mit dem Körper zu verbinden, was sich u. a. an einer
vertieften Einatmung zeigt. Der Behandelte kann innerlich zur Ruhe kommen“ (Vademecum,
2016). Danach wird aber oft eine starke Aktivierung und Tatkraft beschrieben. Der Wickel
wird am Vormittag, spätestens mittags gemacht. Wir machen ihn wie den Senfwickel, in dem
wir das Ingwerpulver in ein Tuch geben und mit heißem Wasser übergießen. Er ist dann
intensiver, als wenn das Pulver mit dem Wasser verrührt wird. „Der Ingwer in der Äußeren
Anwendung kann manchen Patienten mit Depressionen zu einem positiven Körperempfinden
und einem kraftvollen Grundgefühl verhelfen, wenn sich Patienten wie eingefroren und
gelähmt vorkommen“ (Sommer, 2013).
Für Patienten, die nicht warm werden und einen frösteligen Eindruck machen, sowie eine
gewisse Hüllenlosigkeit zeigen, kann das Solum Öl sehr geeignet sein. Die vier Inhaltsstoffe:
Lavendel, Schachtelhalm, Kastanie und Moorextrakt bilden eine Komposition, die auf alle
vier Wesensglieder eine Auswirkung hat:
über den Lavendel: Wärme
über den Schachtelhalm: Licht und Formkräfte
über die Kastanie: Lösung von Stauungen, bewegen im Flüssigen
über den Moorextrakt: Grenze bildend, Schutz gebend, abschirmend (Batschko,
2004)
36
5.2.3 Therapieziel Ich-Stärkung, Aufrichtung, Belebung:
Rosmarin
„Unter der kraftvollen Sonneneinstrahlung der Mittelmeerregion bildet der Rosmarinstrauch
ein feurig belebendes ätherisches Öl mit würzigem, anregendem und weckendem Duft,
welches die nadelartigen Blätter wie auch die unscheinbaren Blüten durchdringt.
Im Rosmarin Öl sind nebst feinem ätherischem Öl auch Harze, Bitterstoffe und Gerbstoffe
enthalten. Diese Inhaltstoffe im Rosmarin machen die Seele geneigt, sich mit dem Körper zu
verbinden. Rosmarin hat deshalb eine starke, insgesamt inkarnierende Wirkung“
37
(Vademecum, 2016), es stärkt die Ich-Organisation.
Arnika
Die Arnika ist eine alte, sehr bekannte und weit genutzte Heilpflanze. Sie wächst im Gebirge
auch noch dort, wo ansonsten sehr wenig Vegetation ist. Sie wirkt fröhlich und kraftvoll mit
ihrer orange-gelben, etwas struppigen Blüte und hat eine sehr große Vitalität. Sie kann
abgestorbenes und nicht an die Stelle gehörendes Gewebe abbauen und durch sich
regenerierendes eignes Gewebe ersetzten (Sommer, 2013).
„Die Arnika stellt ein Urgestaltungsprinzip dar, das verlorengegangene Formkräfte anregen
und die richtige Gestalt wiederherstellen kann. Sie wirkt durch ihre starke Vitalität bis in das
Nervensystem hinein aufbauend, regulierend bei Durchblutungsstörungen des Herzens und
Gehirns und harmonisierend auf den Herzrhythmus“ (Fingado, 2001).
Für diese Anwendung benutzen wir Arnika Essenz. Sie kann mit warmem Wasser wie ein
Teewickel genutzt werden, oder in Wollflies gesprüht werden und anschließend als
Kopfhaube angelegt und warm abgedeckt werden.
Formica
„Formica kann zu Staub zerfallene Naturstoffe wieder in den Kreislauf integrieren….; bei
Schlaganfall, Demenz, Kopfschmerzen, Verwirrtheitszuständen - bei allen Menschen, die
keinen guten Zugriff auf ihre Gedankenwelt haben“ (Sterner, 2015); Formica kann
Stoffwechselprozesse bei Verhärtungs- und gesteigerter Ablagerungstendenz anregen und
strukturieren (Weleda, 2013). Die Anwendungsmöglichkeiten sind wie bei der Arnika Essenz.
Arnika und Formica werden beide genutzt und evaluiert.
Patienten, bei denen eine Erschöpfung im Vordergrund steht, bekommen eine Einreibungen
mit Prunus spinosa-Öl. Die Schlehe hat die gesamten Sommerkräfte in einer langen bis zum
ersten Frost reichenden Reifung aufgenommen. Sie stärkt die Aufbaukräfte, besonders bei
nervöser Erschöpfung (Wala, 2014).
Die Melisse ist lange bekannt als Mittel gegen nervöse Beschwerden, Unruhe, Erkältung,
Magen-Darmbeschwerden und Schlafstörungen. Sie wirkt seelisch ausgleichend,
entspannend und aufheiternd (Sommer, 2013). Es gibt interessante Studien, die eine
relevante Verbesserung bei Demenzkranken nachweisen (Akhondzadeh, 2003).
Melissenextrakt hat demnach einen nachweisbaren positiven Einfluss auf die Gedächtnis-
und Konzentrationsleistung und kann den Erkrankungsverlauf verzögern. In der Aroma-
Therapie gibt es ähnliche Angaben. Auch ist bekannt, dass durch Behandlungen mit Melisse
Neuroleptika und Psychopharmaka reduziert werden können (Sommer, 2013). Wir möchten
39
einerseits die Melisse als Tee und mit den Duftkissen benutzen, (s. u.) und andererseits sie
auch bei Öleinreibungen als Variante nehmen. Außerdem können wir Wickel mit Melissenöl
anwenden.
Lavendel:
„Das wunderbare Blau des Lavendel mag an die Provence erinnern, aber auch an den
sommerlichen Himmel, die unendliche Weite, die sich in der Seele widerspiegeln, sich in
einer tiefen Entspannung zeigen kann. Die Pflanze schiebt ihre Blüten weit aus dem
Blattbereich (vegetativer Bereich) heraus und konzentriert in ihnen ätherische Öle (im
Gegensatz zu dem wachmachenden Rosmarin, der seine ätherischen Öle in den Blättern
konzentriert). Entsprechend bewirkt sie beim Menschen im vegetativen Nervensystem eine
Lösung der Verkrampfung. Die Kräfte des aufgenommenen Lichtes wirken beruhigend,
entkrampfend und entspannend“ (Vademecum, 2016).
40
5.3 Waschungen
41
Tabelle 5 Anwendung von Ölen
42
leistung, anregend, belebend und
durchwärmend, weckend
(Sommer, 2013)
Frischen Ingwer durchwärmend und damit ange- fünf dünne Scheiben, evtl. +
nehm anregend, trotzdem ent- Zitronenscheiben und Honig
spannend; fördert Schleimlösung auf 1 Tasse = 150 ml, fünf
und -verflüssigung Min. ziehen lassen
43
(Sitzmann, 1995)
Anis entblähend, entkrampfend im gequetschte Früchte: ¼
Magen-Darm Bereich, Teelöffel auf eine Tasse =
regulierend, Verdauung 150 ml mit kochendem
anregend Wasser übergießen und 5
Min. ziehen lassen
(Sitzmann, 1995)
Kümmel gegen Völlegefühl, Blähungen, gequetschte Früchte: ¼
entkrampfend im Magen- Teelöffel auf eine Tasse =
Darmbereich, gegen nervöse 150 ml mit kochendem
Herz- und Magenbeschwerden Wasser übergießen und 5
Min. ziehen lassen
(Sitzmann, 1995)
Birkenblätter Vitalisierend, harntreibend, wirkt ¼ Teelöffel auf eine Tasse
Ablagerungstendenzen entgegen =150 ml mit kochendem
(Girke, 2014) Wasser übergießen und 1
Min. ziehen lassen
(Sitzmann, 1995)
44
Schwitzen anregend, bringt =150 ml mit kochendem
Sommerkräfte in den Winter: Wasser übergießen und 2
(Sommer, 2013) Erkältungstee, Min. ziehen lassen
schleimlösend (Sitzmann, 1995)
Verbene (Eisenkraut) Stärkt das Nervensystem, löst ¼ Teelöffel auf eine Tasse
Stress- und Verspannungs- =150 ml mit kochendem
zustände; durchwärmend und Wasser übergießen und 2
leicht schweißtreibend; lindert Min. ziehen lassen
leicht depressive Verstimmungen
Mit der Menge an Droge/Tasse =150 ml werden wir weitere Erfahrungen sammeln. Es gibt
sehr unterschiedliche Angaben von ¼ Teelöffel bis gehäufter Esslöffel/Tasse. Wir richten uns
jetzt nach den Angaben, die im Gemeinschaftskrankenhaus Herdecke mit den dort tätigen
Apothekern (früher Frau Wagner, jetzt Herr Andreas Portsteffen) abgesprochen sind.
5.5.2 Elixiere
45
5.6 Der Umgang mit dementen Patienten
Faktoren Verhalten
körperliche Faktoren Unwohlsein kann ausschlaggebend für
herausforderndes Verhalten im Handeln und
Fühlen sein
Die Nebenwirkungen von Medikamenten können
zu abweichendem Verhalten führen
psychische Faktoren Angst
Wortfindungsstörungen und ein „nicht-
Ausdrücken-können“ rufen Frustration und
Unzufriedenheit hervor, das kann mit Wut, Trauer,
Angst und Verzweiflung einhergehen
46
Verlust der Selbstständigkeit und „abhängig sein“
von anderen
soziale Faktoren es kann zu Konflikten mit anderen kommen, die
kein Verständnis für bestimmte Situationen haben,
welche verletzend und kränkend für beide Seiten
sein können
Umgebungsfaktoren Umgebung kann zur Reizüberflutung führen
(hektisch, laut, hell)
unpersönliche Atmosphäre kann zum Unwohlsein
beitragen
keine Rückzugsmöglichkeiten
herausforderndes Verhalten ist meist ein
verzweifelter Versuch, Einfluss auf die Umwelt zu
nehmen
Toleranz leben
Wertschätzende Kommunikation
Respekt vor dem anderen, egal welche Erkrankung vorliegt
Förderung der Selbstbestimmung
Gewisser Grad der Toleranz gegenüber Verhalten, was nicht der Norm entspricht
Umfeld zum Wohlfühlen schaffen (Erinnerungsstücke und vertraute Gegenstände
aufstellen)
47
Tabelle 11 Verhaltensweisen im Umgang mit dementen Patienten
Literatur
Edling C. (2015). Die Wirkung Rhythmischer Einreibungen auf Menschen, die an Demenz
erkrankt sind.
Fingado M. (2001). Therapeutische Wickel und Kompressen, Handbuch aus der Ita Wegman
Klinik. . Natura Verlag im Verlag am Goetheanum, Dornach.
49
6. Medikamentöse Therapie
Die medikamentöse Therapie orientiert sich an den drei Therapiezielen (Girke, 2012)
Antidementiva vom Typ der Acetylcholin-Esterase-Hemmer wie das Galantamin (aus dem
Schneeglöckchen, Osterglocke u.a.) führen zu einer Verstärkung der
parasympathomimetischen Wesensgliederwirksamkeit. Während die sympathikotone
Wirksamkeit die astralische Organisation zum Nerven-Sinnes-System orientiert, so die
parasympathikotone zum Stoffwechsel-Gliedmaßensystem. Durch letztere wird versucht,
den degenerativen Skleroseprozess in eine organerhaltende Wirksamkeit umzulenken und
diese zu verstärken. Durch Antidementiva vom Glutamatantagonistentyp wird die zum
Bewusstsein orientierte astralische Wirksamkeit blockiert.
Die Glutaminsäure ist auf der anderen Seite Precursor für die Synthese der gamma-Amino-
Buttersäure (GABA), des wichtigsten hemmenden und schlaffördernden Neurotransmitters
im ZNS. Sie ist mit der Nachtwirksamkeit der Wesensglieder und ihrem verstärkten
Eingreifen in die aufbauenden Stoffwechselprozesse des SGS verbunden.
50
Nerven-Sinnes-System
Bewusstsein
NMDA-
Rezeptor
Glutamat GABA
NACHT
TAG
GABA-A
Rezeptor
Schlaf-
bewusstsein
Stoffwechsel-Gliedmaßensystem
Daraus leitet sich der allgemeine Einsatz der Mistel bei einer Demenz-Erkrankung ab, die
den degenerativen Prozessen durch die Wärmebildung entgegenwirkt. Die Misteltherapie
stellt somit eine Möglichkeit dar, den Menschen sowohl nach messbaren Parametern als
auch hinsichtlich geistig-seelischer Prozesse eine Unterstützung zukommen zu lassen.
Die Demenzerkrankungen können grundsätzlich in zwei Hauptkategorien eingeteilt werden.
Primäre Degeneration von Neuronen
Demenzen mit primär vorwiegend vaskulärem Hintergrund. Diese werden auch als
kortikale- bzw. subkortikale Demenzen bezeichnet.
Anhand dieser Einteilung kann bereits eine erste Spezifizierung der Therapie vorgenommen
werden, da sich die Phänotypen erheblich unterscheiden. Die subkortikalen Demenzen sind
gekennzeichnet durch eine allgemeine Verlangsamung, Konzentrationsschwäche,
Antriebsmangel und diffuses kognitives Defizit. Kortikale Demenzen zeichnen sich durch den
Verlust von spezifischen kortikalen Funktionen aus. Bei der Alzheimer-Demenz ist dies
insbesondere die Gedächtnisfunktion.
52
werden. Die Patienten haben häufig eine stoffwechselbezogene, pyknische Konstitution,
leiden oftmals an einem metabolischen Syndrom als Grundlage für die vaskuläre
Erkrankung.
Die beiden Mistel-Arten können also den polaren Demenzformen entsprechend eingesetzt
werden.
Neurodegenerative Demenz:
Iscador P bis 10 mg 3 x wöchentlich 1-0-0
Abnoba viscum Pini bis 2 mg 3 x wöchentlich 1-0-0
Grundsätzlich ist auch die orale Anwendung möglich. Während der Therapie ist auf die
Rhythmisierung der circadianen, sublingual oder rektal gemessenen Temperatur (die
Messung erfolgt sublingual nach dem Aufwachen und gegen 18 Uhr) und auf die
roborierende (Appetit, Gewichtszunahme) sowie seelisch stabilisierende Wirkung
(Depressivität) und die geistige Präsenz des Patienten unter der Therapie zu achten.
Bei vaskulär bedingter Demenz soll durch die sklerosierend-verhärtende Wirksamkeit der
astralischen Organisation abgenommen werden.
6.1.1 Leitsymptomorientierte Therapie
53
Helleborus niger D3–D12 Amp. s.c. 1-0-0
(z. B. Apotheke an Weleda, der Helixor, Wala Apotheke)
Helleborus ist vermutlich besonders wirksam bei Patienten mit einer adipösen, im unteren
Menschen ungeformten Konstitution. Während die Mistel die Wärmeprozesse im
Stoffwechselsystem anspricht, hat Helleborus eine strukturierende Wirksamkeit über das
Nerven-Sinnes-System. Damit wird der Patient mit metabolisch-adipöser Konstitution oftmals
von Helleborus, mit neurasthenischer Konstitution von der Misteltherapie profitieren.
Es enthält Juglans regia e foliis et fructibus D6, Kalium phosphoricum D5, Stannum
metallicum D11. Über die gerbstoffreichen Walnussblätter und -früchte wird die leiborientierte
Wirksamkeit der astralischen Organisation unterstützt und der bei vielen demenzerkrankten
Patienten reduzierte aufbauende Stoffwechsel gefördert. Zinn unterstützt die Wirksamkeit
der Ich-Organisation in der Bewusstseinswelt durch seine Beziehung zum Frontalhirn (GAÄD
et al., 2008).
Einschränkungen des Bewusstseins, seiner Formkräfte und Gedächtnisfunktionen:
und andere Arsenverbindungen (insbesondere bei Angst und Unruhe mit nächtlicher
Akzentuierung).
Bei depressiver Symptomatik:
54
Diabetes mellitus Typ 2 zur Aktivierung der Willenskraft in der Bewusstseinswelt:
Grundsätzlich ist auf einen Mangel an Vit. B12, Folsäure und Vitamin D zu achten.
Bei Inappetenz, Gewichtsabnahme muss die ätherische Organisation unterstützt und das
Eingreifen der Ich- und der astralischen Organisation verstärkt werden. Es ist die Indikation
für bitterstoffhaltige Arzneimittel:
Verwirrtheitszustände
wobei sich Olibanum comp. eher auf die neurasthenische, Aurum comp. auf die
stoffwechselbetonte Konstitution bezieht.
55
Unruhezuständen, Angst, auch mit aggressivem Verhalten, Einschlafstörungen:
reduziert werden. Auch können sich die Kognition und der klinische Krankheitsverlauf
verbessern.
56
Literatur
Kienle GS & Kiene H. (2010). Review article: Influence of Viscum album L (European
mistletoe) extracts on. Integr Cancer Ther 9, 142-157 LID -
110.1177/1534735410369673 [doi].
Tröger W, Galun D, Reif M, Schumann A, Stankovic N & Milicevic M. (2014). Quality of life of
patients with advanced pancreatic cancer during treatment with. Dtsch Arztebl Int
111, 493-502, 433 p following 502 LID - 410.3238/arztebl.2014.0493 [doi] LID -
arztebl.2014.0493 [pii].
Wilkens J, Kerckhoff, A. (2014). Was tun bei Demenz: Vorbeugung und Selbsthilfe. KVC
Verlag, Essen.
57
7. Ernährungsmedizin
Matthias Girke
Der Ernährung (z. B. mediterrane Diät mit einem hohen Anteil an mehrfach ungesättigten,
damit wärmenahen Fettsäuren) kommt eine wesentliche Bedeutung zu (Wolff, 1998);
(Solfrizzi et al., 2006). Rote Fruchtsäfte (mehr als dreimal pro Woche ein Glas) gehen
offenbar mit einer hochsignifikanten Verminderung des Auftretens einer Demenz einher (Dai
et al., 2006), (Schikarski, 2009), (Hartman et al., 2006). Sie enthalten die hierfür
wesentlichen, antioxidativ wirksamen Polyphenole. Der Hinweis Steiners zur Verwendung
von Früchten bei Erkrankungen des Stoffwechselsystems (auch desjenigen der
Nervenorganisation) bekommt auch in diesem Zusammenhang eine wesentliche Bedeutung
(Steiner, 1952). Ähnliche Gesichtspunkte gelten für Curcuma, dessen „blütenverwandte“
Qualitäten bis in das Rhizom reichen und sulfurische Prozesse in diesen dem Nerven-
Sinnes-System entsprechenden Bereich der Pflanze tragen.
auch
Schlehen-Ursaft (Weleda)
oder
Granatapfelsaft 3 x wöchentlich
geeignet, der über eine milde ausscheidende Wirksamkeit verfügt und „Ablagerungen“
entgegenwirkt.
Die Adipositas steht mit der Entwicklung demenzieller Erkrankungen in Zusammenhang
(Förstl, 2009). Auch scheinen sich die Gedächtnisleistung nach Kalorienrestriktion (verbale
Gedächtnis-Scores) und kognitive Funktionen durch eine erfolgreiche Therapie der
Insulinresistenz zu verbessern (Girke, 2012) (Witte et al., 2009).
58
Literatur
Dai Q, A. B, Wu Y, Jackson JC & Larson EB. (2006). Fruit and vegetable juices and
Alzheimer's disease: the Kame Project. Am J Med 119, 751-759.
Hartman RE, Shah A, Fagan AM, Schwetye KE, Parsadanian M, Schulman RN, Finn MB &
Holtzman DM. (2006). Pomegranate juice decreases amyloid load and improves
behavior in a mouse model. Neurobiol Dis 24, 506-515.
Solfrizzi V, M. CA, D'Introno A, Capurso C, Del Parigi A, Capurso SA, Argentieri G, Capurso
A & Panza F. (2006). Dietary fatty acids intakes and rate of mild cognitive impairment.
The Italian. Exp Gerontol 41, 619-627.
Steiner R. (1952). Die Schöpfung der Welt und des Menschen. Erdenleben und
Sternenwirken. Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz.
Witte AV, Fobker M, Gellner R, Knecht S & Flöel A. (2009). Caloric restriction improves
memory in elderly humans. Proc Natl Acad Sci U S A 106, 1255-1260.
59
8. Physikalische Medizin
Matthias Girke
Öl-Dispersionsbäder mit
Öldispersionsbäder regen den Wärmeorganismus an. Hiermit kann die Wirksamkeit der Ich-
Organisation verstärkt werden.
Literatur
Neumann NU & Frasch KS. (2008). Neue Aspekte zur Lauftherapie bei Demenz und
Depression- klinische und neurowissenschaftliche Grundlagen. Deutsche Zeitschrift
für Sportmedizin 2/2008, 28-33.
60
9. Rhythmische Massage
Doris Rauschert-Reupke
9.1 Einführung
Der demenziell erkrankte Mensch ist in seiner kognitiven Funktion und seinem affektiven
Erleben eingeschränkt. Er verliert zunehmend die Führung über seine kognitiven Funktionen,
der Tag- Nachtrhythmus geht verloren und eine Orientierung im Tagesgeschehen wird
immer schwieriger. Dies macht den Betroffenen verletzlich, so dass Angst, Misstrauen und
Aggression intensiv und unkontrolliert zu Tage treten können.
Hier kann die Rhythmische Massage dem Betroffenen helfen, die dislozierten oberen
Wesensglieder wieder mit dem Leib zu verbinden und den Körper dadurch wahrnehmbarer
zu machen.
Dabei ist das Stadium der Demenz zu berücksichtigen, da bei fortgeschrittener Erkrankung
Berührungen von manchen Patienten nicht mehr toleriert werden. In diesem Fall ist oftmals
zu Beginn eine Handeinreibung hilfreich, um Ängste und seelische Anspannungen zu lösen.
Die Behandlungen sind einfach zu gestalten und auf 15 Minuten zu begrenzen, da bei
längeren Behandlungszeiten die Patienten unruhig werden können. Bei der Nachruhe ist
darauf zu achten, dass der Patient nicht einschläft, sondern sich in einer
Entspannungsphase befindet. Die Nachruhe kann daher ggf. im Sitzen erfolgen. Liegt der
Patient im Bett, sollte er nach der kurzen Nachruhe geweckt und aus dem Bett geholt bzw.
aufgesetzt werden.
Bei der Behandlung mit der Rhythmischen Massage werden alle Wesensglieder
angesprochen. Die therapeutische Zielrichtung richtet sich nach dem aktuellen Zustand des
Patienten.
9.2.1 Kognitionsstörung
61
Behandlungsziel: Grenzbildung und Körperbewusstsein fördern, Konzentration stärken,
innere Anspannung und Unruhe lösen und damit Sicherheit schaffen. Wärmebildung
unterstützen
Organeinreibungen
Lebereinreibung: Mit Ferrum-Salbe bei schläfrigen und antriebsarmen Patienten.
Griffe spiralig und lebendig massieren.
Kopf: Stirneinreibung mit Plumbum-Salbe zur Abschirmung gegen zu starke äußere
Einflüsse (Batschko, 2011).
9.2.2 Affektstörung
62
Behandlung und Griffqualität
Sichere Handführung, Detailbewusstsein, lokales Arbeiten, kleine Amplituden,
gewebenaher und langsamer Behandlungsablauf.
Die ersten Behandlungen finden an Hand und Unterarm mit Blickkontakt statt. Spätere
Behandlungen können sich dann Füße und Beine sowie den Rücken einbeziehen.
Die Nachruhe beträgt 10 - 20 Minuten. Liegt der Patient im Bett, sollte er nach Ablauf der
Zeit aus dem Bett mobilisiert werden.
Organeinreibung
Lebereinreibung: Mit Ferrum-Salbe zur Willensaktivierung.
Cuprum-Salbe
Niereneinreibung: Mit Cuprum-Salbe zur Förderung der Wärmebildung.
9.2.3 Antriebsstörungen
Behandlungsziel: Steigerung des Antriebs durch Verbesserung der Konzentration und der
Ich-Präsenz.
63
Mit kräftige Waden und Fußbehandlungen beginnen, anschließend den gesamten
Rücken, betont an der Wirbelsäule nach unten Richtung Steißbein massieren
(Hauschka-Stavenhagen, 1972)
Die Nachruhe beträgt 10 - 15 Minuten und sollte im Sitzen am Tisch erfolgen.
Organeinreibung
Lebereinreibung: Mit Ferrum-Salbe zur Willensaktivierung. Griffe spiralig und lebendig
massieren.
Substanzen und deren pharmakologische Wirkung:
Speik-Pfefferminze: belebend, anregend, konzentrationsfördernd (Zimmermann, 2001)
Bergamotte: konzentrationsfördernd, stimmungsaufhellend (Zimmermann, 2001)
Arnika: wirkt auf das Nervensystem und hält Zerfallstendenzen auf wärmebildend
(Pelikan, 1999)
Fichtennadel: nervenstärkend, stresslösend, bringt den Menschen in die Aufrechte; sowie
alle weiteren Nadelhölzer (Saturnpflanzen) (Zimmermann, 2001)
Rosmarin: durchblutungsfördernd, belebend, kreislaustabilisieren, konzentrations-
fördernd (Zimmermann, 2001)
Zitrone: belebend, erfrischend, konzentrationsfördernd; siehe auch andere Zitrusöle
(Zimmermann, 2001)
9.2.4. Bewegungsstörung
64
Bei Wärmeregulationsstörung mit kalten Hautarealen, wärmende, saugende Griffe,
Wärmekreise.
Die Nachruhe beträgt 10-20 Minuten. Liegt der Patient im Bett, sollte er nach Ablauf
der Ruhezeit aus dem Bett mobilisiert werden.
Organeinreibung
Niereneinreibung mit Cuprum-Salbe: zur Anregung des Wärmehaushaltes, Lockerung von
Kontraktionen und Verbesserung der Beweglichkeit.
Thoraxeinreibung mit Cuprum-Salbe zur Förderung einer tieferen Atmung, um muskulären
Anspannungen entgegen zu wirken.
65
Literatur
Batschko EMD, S. (2011). Praxisbuch der Rhythmischen Massage nach Ita Wegman. Info 3.
Zimmermann E. (2001). Aromatherapie für Pflege- und Heilberufe. Verlag Sonntag, Stuttgart.
66
10. Physiotherapie
10.1 Einführung
Die physiotherapeutischen Behandlungen bei Patienten, die an Demenz erkrankt sind, zielen
auf die Stärkung der ICH-Wirksamkeit, die Förderung der Willensaktivität und des
Gefühlslebens. Dadurch soll ein möglichst langer Erhalt alltagsrelevanter Fähigkeiten
erreicht werden.
10.1.2 Hauptsymptome
„Bewegen ermöglicht das Wahrnehmen, Wahrnehmen ist die Voraussetzung für die
Bewegung. (...) Jeder Bewegungsvorgang wird durch die Wahrnehmung gesteuert, (...)“
(Girke, 2014).
67
10.1.4 Bewegung als zentrale Rolle der physiotherapeutischen Behandlungen
Zusammenfassend können wir festhalten, dass Bewegung eine zentrale Rolle in der
physiotherapeutischen Behandlung von Demenz-Erkrankten spielt.
Die Bewegung nimmt Einfluss auf:
68
10.2 Physiotherapeutische Behandlungen
10.2.1 Einzelbehandlung
69
10.2.2 Bothmer-Gymnastik
Eine Erweiterung der physiotherapeutischen Behandlung stellt die Bothmer Gymnastik dar.
Sie ist eine Bewegungsschulung, die auf dem Zusammenspiel zwischen der menschlichen
Gestalt, ihren elementaren funktionellen Gegebenheiten und der Raumdimensionalität
basiert.
Die Bothmer-Gymnastik ermöglicht körpergerechte Bewegungen im Alltag und darüber
hinaus ein ganzheitliches Verständnis vom Zusammenwirken zwischen Körper, Raum und
Geist (v. Bothmer et al., 2012). „Immer handelt es sich darum, loszukommen von den
Beschränkungen auf das Gewordene, den physisch erstarrten Körper, und vorzustoßen in
das Reich des Werdenden, der Wirksamkeiten, zu den Gesetzmäßigkeiten, der schaffenden
Kräfte.
Von der Körpergebundenheit zur Körperbildung, zur Freiheit, zur Menschenbildung in des
Wortes lebendigstem Sinn“ (v. Bothmer et al., 2012).
Die Abkürzung „MAKS“ steht für motorische, alltagspraktische, kognitive und spirituelle
Aktivierungstherapie für Menschen, die von Gedächtnisstörungen betroffen sind. Das Ziel
der motorischen Aktivierung ist die Vermittlung von Erfolgserlebnissen und die Entfaltung
von mehr Lebensqualität durch eine gezielte Förderung spielerischer Bewegungsabläufe.
Die körperliche Aktivität in einer Klein-Gruppe fördert die Teilhabe an der Gemeinschaft,
vermittelt ein Sicherheitsgefühl und kann eine positive Gruppendynamik entstehen lassen.
Das motorische Gruppenangebot wird unterteilt in eine Aufwärmphase und einen Hauptteil.
Die Aufwärmübungen dienen einer schonenden Aktivierung mit einer Lockerung der
Muskulatur und Förderung der Beweglichkeit, um das Training körperlich und mental gut
bewältigen zu können. In dieser Phase kann der Therapeut schon erste Rückschlüsse auf
das Leistungsniveau der einzelnen Gruppenmitglieder ziehen.
70
Für die Arme:
Vor und zurück schwingen, seitwärts und zurück schwingen, auch „Hand-in-Hand mit
dem direkten Nachbarn oder „Schunkeln“
Schwimmübungen
Klavier spielen nach einem Rhythmus, gerne auch von einem Gruppenmitglied
vorzugeben
Die Aufwärmphase kann auch mit Bewegungsliedern oder Sitztänze gestaltet werden.
Zum Beispiel „Froh zu sein bedarf es wenig“:
71
Tabelle 12 Bewegungslied (Kern 2013)
Liedstrophe Bewegung
„ Froh zu sein bedarf es Abwechselnd mit den Händen auf die Oberschenkel
klatschen (Hände bewegen sich auf und ab)
wenig Geöffnete Hände so vor den Körper halten, als
(Scherzfrage: Wieviel ist wenig? würde man ein Lineal (kann unterschiedlich lang
Antwort: Soviel ist wenig!) sein)
dazwischen klemmen.
Und wer froh ist Arme verschränkt zum Körper führen (sich selbst
umarmen)
ist ein König.“ Arme gleichzeitig nach oben strecken (Freude)
Die Übungen im Hauptteil sind ebenfalls sehr vielseitig durch das Verwenden von
verschiedenen Materialien, wie zum Beispiel bunte Tücher oder Fitnessbänder, zu zweit
gehaltene Frotteehandtücher als Rollfläche für Tennisbälle oder Gymnastikbälle als
Partnerübungen etc.
Eines der beliebtesten Gruppenangebote sind die motorischen Aktivitäten mit dem
Schwungtuch, wobei der gesamte Körper zum Einsatz kommt und das Gemeinschaftsgefühl
gestärkt wird. Die sogenannten Kooperationsspiele dienen dazu alle Gruppenmitglieder ein
gemeinsames Ziel erreichen zu lassen. Durch den zusätzlichen Einsatz eines oder mehrerer
Bälle auf dem Schwungtuch fördert es die Koordinations- und Reaktionsfähigkeit.
Die Teilnehmer können in die Lage des Wiederbelebens der Gefühlswelt kommen, indem die
verschiedenen Farben als Erinnerungsbrücken verwendet werden. Zum Beispiel erinnerte
sich ein Gruppenmitglied bei dem Betrachten der Farbe Grün, an die Wiesen hinter seinem
Haus.
Dabei ist es wichtig alle Teilnehmenden mit einzubeziehen.
Bei warmer und trockener Wetterlage ist das Angebot einer motorischen Gruppenaktivität im
Freien denkbar. Zum Beispiel Bocchia oder Krocket im Sitzkreis (Eichenseer, 2015).
72
Literatur
Hauser K, Schwenk M, Dutzi I, Czempik A, Zieschang T & Prof. Oster P. (2016). Richtlinien
zum Gruppentraining. Arbeitsgruppe aus Agaplesion Bethanien Krankenhaus
Heidelberg.
Stranziger K, Küpper M & Stöver K. (2011). Mobil bleiben - Körperliches Training mit
Demenzkranken für zu Hause,. Robert- Bosch- Krankenhaus,.
73
11. Eurythmie-Therapie
Barbara Trapp
11.1 Einführung
Zur Belebung aller Rhythmischen Prozesse und zur Belebung der Peripherie/der
Sinnesorganisation/NSS können folgende Übungen durchgeführt werden:
Ballen und Lösen: Grundgebärde des Lebendigen: Ballen- und Lösen-Geste mit Armen,
Füßen, Händen in verschiedenen Koordinationsübungen.
Rhythmus-Übungen: Es werden mit den Füßen, dann Händen, dann Füße und Hände
gleichzeitig der aktivierende Rhythmus: kurz-kurz-lang (VV--) geübt (Ferse (V), Spitze (V),
Anstellen (--)). Die Teilnehmer müssen also gezielt in ihre Füße, den Ferse, den Fußspitzen,
die ganze Fußsohle hineinfühlen und von innen führen. Dies ebenso mit den Händen
(Handballe (V), Fingerspitzen (V), beide Hände nach unten führen (--)). Die Bewegung mit
Händen und Füßen gleichzeitig auszuführen ist eine nicht leichte Koordinations- und
Geschicklichkeitsaufgabe. Die Rhythmusübungen kann man in ihren Schwierigkeitsgraden
bezüglich Koordination, Konzentration und Geschicklichkeit erweitern und steigern. Diese
Übungen werden durch rhythmisch gesprochene Gedichte angeleitet. Dadurch wird das
beim alten Menschen oft reiche seelische Erleben als belebende Kraft mit einbezogen, so
74
dass Menschen mit starken Einschränkungen oft zu sehr erstaunlichen Leistungen und
Bewegungsqualitäten fähig werden.
Der alternde Mensch trägt einen großen Reichtum aus der Fülle der Erfahrungen in sich, die
er durch sein Leben hindurch gemacht hat. Es bedarf oft nur einiger weniger Bilder (z.B.
„Herbstlandschaft“, „Meer“ u.a.), um eine lebensvolle Seelenstimmung zu aktivieren. Bei
allen Rhythmus- und Lautbewegungen (vgl.1.) wird diese innere Kraft gefordert, um den
Bewegungen Qualität und Belebung zu geben. Tendenziell zieht sich die Seele im Alter in
sich zurück, findet nicht mehr die lebensvolle Verbindung zur Umgebung. Die Menschen
können eigensinnig, grüblerisch, aber auch ängstlich werden oder ins Verstummen gehen.
Durch die Vokale wird das Seelisch im Gegenwärtigen in seiner Lebendigkeit gefordert, z.B.
im staunenden sich Öffnen für die Welt („A“); im kämpferischen sich abgrenzen („E“); im
lichtvollen Leuchten lassen des eigenen Wesens („I“) oder auch im in die Ruhe
hineininkarnierenden „U“ (Steiner, 1922).
Anders als beim Kind, dessen Seele sich zum Irdischen hin orientiert, wendet sich der
alternde Mensch langsam ab vom Irdischen. Der Seele, die sich oft in innerer Vereinsamung
(bei reicher Seelenfülle) zurückzieht, kann durch die Eurythmie eine Verbindung zum
geistigen Raum ermöglicht werden. Die eurythmischen „Seelischen Übungen“ können dem
reichen Innenleben nochmals Richtung und Orientierung geben. In der „Seelischen Übung:
Hoffnung-U“ z.B. öffne ich mich den Kräften der Natur oder des Sternenhimmels und lasse
75
diese Sphäre in der „U“ -Bewegungen in mich hinein und durch mich hindurch strömen. Der
Weite des Umraums wird in einer gerichteten Bewegung zur Verinnerlichung geführt. Ein
inneres Kongruenzgefühl stellt sich ein. Sich verbunden zu fühlen in und mit einem größeren
Zusammenhang kann innere Ruhe, Gelassenheit und Zuversicht erzeugen. Das folgende
Gedicht von Rudolf Steiner mag diesen Prozess lyrisch anschaulich machen:
So soll durch die Therapeutische Eurythmie der Körper belebt werden, damit er
„geschmeidig“ bleibt für alles Lebensvolle. Weniger Erkrankung, Stürze,
Sinneseinschränkungen sollten erzielt werden. Der Reichtum der Seele soll „aufleuchten“
können und helfen, den Leib zu beleben. Ferner soll mit der An- und Verbindung zur Natur,
zum schöpferischen Umraum oder zur geistigen Welt ein sinnstiftender Zusammenhang
erlebbar gemacht werden.
Auch in der Eurythmiestunde soll ein innerer Zusammenhang erlebbar werden. Insofern
werden alle Teilnehmer mit Namen angesprochen und auch mit Namen verabschiedet. Die
Therapie beginnt mit einem Gedicht, welches zum Abschluss wiederholt wird. Jede
Teilnehmer wird gebeten, auf die eigenen Grenzen und Möglichkeiten zu achten. Zwischen
den Übungen werden Pausen zum „Ankommen“ gemacht in denen teils Gespräche zu den
Übungen oder den Lautstimmungen beginnen. Die Gedichte werden zu den Jahreszeiten/
bzw. der Lebensphase der Teilnehmenden entsprechend gewählt.
76
Literatur
77
12. Musiktherapie
Stephan Kühne
12.1 Einführung
Die Musiktherapie kann für den an Demenz erkrankten Menschen eine hilfreiche Brücke zu
der sich immer weiter von ihm entfernende Außenwelt bedeuten.
Erinnerung, Gedächtnis, Gefühle, Erlebtes und biografische Zusammenhänge können durch
Klänge, bekannte Lieder, Musikstücke, und durch Handhabung vertrauter Musikinstrumente
unterstützt und geweckt werden, was zu einem positiven Selbsterleben im Rahmen der
Musiktherapie führen kann (Fischer & G., 2016).
Rhythmische Übungen gestützt durch taktgetragene Elemente der Musik erlebt der Patient
als stärkend, als sicheres Terrain. Der Umgang mit Moll und Dur besonders im Gesang, führt
zur Stärkung und Stabilisierung im Bereich der Gefühle und Emotionen. Die
musiktherapeutische Gruppentherapie kann als therapeutische Maßnahme wesentlich zu
einer positiven Verstärkung im Bereich Kommunikation, Interaktion und Selbstwahrnehmung
beitragen.
12.2 Förderung von Kognition und Orientierung zur Unterstützung der Ich-Wirksamkeit
im Seelischen
Im Rahmen der Demenz können die Ich-Kräfte immer weniger im Alltag wirksam werden.
Das stete Nachlassen von Gedächtnis und kognitivem Verarbeiten führt mehr und mehr zu
Ängsten, Unruhe, Ratlosigkeit und Orientierungslosigkeit.
Wesentlich ist der Aufbau von Sicherheit und Vertrauen des Patienten durch
Regelmäßigkeit in der Durchführung der Therapie (mindestens drei bis fünfmal pro
Woche, à 45 Minuten)
Für jede neue Therapiegruppe vertraute musikalische Formen für Beginn und Ende
der Therapie als schützenden Rahmen einführen. (Rituale) (Jacobsen et al., 2015)
Eine möglichst konstante Gruppenzusammensetzung, über den gesamten
Krankenhausaufenthalt ermöglichen.
Stärkung der Formkräfte durch klare, überschaubare Liedformen, wie das heilsame,
Schutzbietende der A,B,A Liedform (haltgebende Struktur) (Menke, 2016).
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Hörtherapie, um gezielt die Atmung über das Zuhören zu vertiefen unter Verwendung
von Leier, Chrotta und Gesang (in der Auswahl der Stücke das Getragene, gut
Geformte hervorheben).
Ein sich immer weiter herauslösender Astralleib, der durch die Ich-Kräfte nur wenig getragen
wird, führt zu verstärkten Gefühlsäußerungen und Schwankungen. Das kann starke Unruhe,
Rastlosigkeit, Orientierungslosigkeit beim Patienten hervorrufen. Oft zeigt sich dies durch
verstärkte Aggressionen, Unsicherheit und Ruppigkeiten, oder kann sich als fast apathische
Bewegungslosigkeit, Ratlosigkeit, bis hin zu depressiven Symptomen äußern.
Dabei sollen alle Sinne der Patienten aktiviert und mit einbezogen werden.
Es sollte angestrebt werden ein Gespräch, das vom Erleben der Wahrnehmungen
getragen ist zu führen.
Das Ziel ist das „Erfühlte“, endlich auch hören und wenn möglich auch selbst zum
Klingen zu bringen. Hilfestellung des Therapeuten sind hierzu erwünscht (oder wenn
vorhanden auch durch Assistenten).
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Den Patienten freudig in der Handhabung neu kennen gelernter Musikinstrumenten
unterweisen und ihn beim Spielen der Instrumente positiv bestärken. Methodisch
kann dies durch Wiederholen, humorvolles Reflektieren, Unterstützen und Bestätigen
erreicht werden. Ein weiterer Gesichtspunkt stellt die Frage dar: Wann und zu
welchem Zeitpunkt kommt welches Instrument musikalisch zum Zuge? Es ist
anzustreben, dem Patienten vertraute Instrumente mit einzubeziehen (Schaefer,
2014).
Es ist wünschenswert, klare, einfache, die Atmung und die Stimme unterstützende
Gesangsübungen einzuführen (Rituale). Die Stimme als Ausdrucksmöglichkeit für
den Patienten erlebbar machen.
Der Willensbereich ist wie entkoppelt vom Rest des Menschen. Er kann nicht mehr aus dem
Ich heraus ergriffen werden.
Ängstlichkeit, Antriebslosigkeit, Stillstand, Bewegungslosigkeit, Mutlosigkeit, Depression sind
die Folge.
Das weckende Element der Pause, das Innehalten und das Unterbrechen humorvoll
bewusst machen.
80
Sprach- und Singelemente im Wechsel einsetzen, um damit den musikalischen
Strom, der sich durch das Singen sehr schön entwickeln kann, auf den sprachlichen
Bereich zu übertragen und animierend bewusst zu machen.
Ein nicht unwesentlicher Anteil der oben beschriebenen musiktherapeutischen Ansätze wird
sich durch die jeweilige Tageszeit zu der die Therapie stattfinden wird, verändern (am
Morgen aktivierende Therapie oder abends ausklingende Therapie......) Ein wesentlicher
Aspekt ist die Therapiefolge. Was war vorher, was folgt als nächstes....
Literatur
Fischer C & G. GP. (2016). Psychologisch fundierte Musiktherapie bei Menschen mit
Demenz. . Springer, Berlin Heidelberg
Jacobsen JH, Stelzer J, Fritz TH, Chetelat G, La Joie R & Turner R. (2015). Why musical
memory can be preserved in advanced Alzheimer's disease. Brain 138, 2438-2450
LID - 2410.1093/brain/awv2135 [doi].
81
13. Maltherapie
Astrid Didwiszus
13.1 Einführung
Über die Maltherapie kann der an Demenz erkrankte Mensch eine gefühlsmäßige
Berührung, Erwärmung, Stabilisierung sowie Ressourcenaktivierung erfahren. Seine Sinne
werden aktiviert, Erinnerungen können über Farbe und Motive hervorgerufen werden und
eine Stärkung des Selbst-Bewusstseins, der seelischen Kräfte und der Lebensimpulse
erfolgen. Über das Formenzeichnen können kognitive Fähigkeiten, Orientierung, Rhythmus
und die innere Beweglichkeit unterstützt und verbessert werden (Ganß, 2013). Durch die
Aktivität im Hier und Jetzt kann die Isolation des an Demenz erkrankten Menschen, mittels
gegenseitiger Wahrnehmung, Achtsamkeit und Wertschätzung durchbrochen werden
(Wohler, 2010).
13.2 Kognitionsstörung
13.2.1 Formenzeichnen:
Es wird eine Formenzeichenreihe angewandt, die je nach Schweregrad der Demenz und
Hauptsymptomatik des Patienten komplett oder nur teilweise durchgeführt wird. Die
Übungen werden als Freihandzeichnungen durchgeführt.
Kreis. Durch die Wiederholende Bewegung eines Kreises wird die Konzentration,
Grenzbildung und Ausgeglichenheit gestärkt. (Büchi, 2001)
“Der Kreis hängt im Menschen mit dem Ich zusammen.“ (Frieling, 2008)
Senkrechte im Kreis von oben nach unten, zu sich hin (inkarnierend). „In der Geraden ist
ein Abbild der Nervensinnesprozesse (…) zu erleben“ (Frieling, 2008).
„Die Gerade zielgerichtet und frei geführt, fordert die gleiche Qualität, die dem menschlichen
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Denken entspricht.“ (Frieling, 2008).
Senkrechte Lemniskate im Kreis von unten nach oben (Stärkung der Aufrichte, des Ichs,
der Symmetrie, des Gleichgewichts sowie rhythmisch ordnend) (Frieling, 2008).
In „der Kreuzung begegnet der Zeichnende sich selbst bzw. seiner eigenen Spur.“ (Frieling,
2008)
Lemniskate im Kreis, waagerecht, hierbei „wirkt die Lemniskate eher inkarnierend“
(Frieling, 2008).
Methodisches Vorgehen: Wiederholen eine der Formenzeichenübungen zu Beginn jeder
Stunde, was zu einer Vertiefung und Sicherheit führt. Bei denjenigen, welche die Form nicht
mehr selbst ergreifen können, wird die Form ggf. vom Therapeuten vorgezeichnet, diese
kann dann vom Patienten direkt darüber nachgezeichnet werden oder der Patient schaut zu
und kann darüber die Bewegung innerlich nachvollziehen. Dies darf jedoch nur mit äußerster
Vorsicht und muss von einem Therapeuten durchgeführt werden, der die Form absolut
beherrscht (Frieling, 2008). Die Form kann ggf. über eine Farbe in ihrer Wirkung verstärkt
werden, hier z.B. über das Gelb (Lichtkraft, Denkkraft).
Rituale zu Beginn der Therapiestunde, wie z.B. Formenzeichnen oder einen die
Wahrnehmung stimulierenden Einstieg (jahreszeitliche Orientierung: Blumen, Zweige,
Früchte, Objekte aus der Natur betrachten und ertasten) können eine zeitliche Einordnung
und Anknüpfung an die Außenwelt fördern. Eine gemeinsame Bildbetrachtung in der Gruppe
am Ende der Stunde stärkt besonders die gegenseitige Wahrnehmung und die soziale
Einbindung (Ganß, 2010).
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13.3 Behandlung der Affektstörung
Ziel: Stärkung und Harmonisierung der seelischen Kräfte bzw. der Ich-Kraft sowie des
Rhythmischen Systems.
Durch das Eintauchen in ein Farberleben wird das seelische Befinden des an Demenz
erkrankten Menschen beeinflusst, seelische Kräfte können darüber aktiviert und gestärkt
werden. Über die Nass-in-Nasstechnik wird ein lösender Prozess angeregt, welcher dem
zunehmenden Skleroseprozess der Demenzerkrankung entgegenwirken soll. „Das
Wasserelement ist ständig in Bewegung, trägt, hüllt und entspannt.“ Dies sind Eigenschaften
die dem an Demenz erkrankten Menschen nach und nach verlorengehen
(Haller, 2004). Der Verstand kann darüber zur Ruhe kommen, Vorstellungskräfte werden
entlastet und die Seele kann sich freier bewegen (Truzenberger, 2004).
Die praktischen Übungen richten sich immer nach dem Erkrankungsstadium des Patienten
und dessen Hauptsymptomatik. Hier werden mögliche Übungen vorgestellt aus denen der
erfahrene Kunsttherapeut die entsprechende Übung für seinen Patienten aus der Situation
heraus auswählen und entwickeln kann.
Methode:
1. Bild: Preußischblau
2. Bild: Zitronengelb
3. Bild: Blau von unten kommend und Gelb von oben kommend in der Mitte zu Grün führend.
Leichte und schwere, Oben und Unten wird geordnet (Orientierung und Halt gebend).
Eine neue Farbe entsteht während des Malprozesses in der Mitte: Grün. Grün bewirkt eine
Belebung des Nerven Sinnessystems und führt zur Beruhigung und Erwärmung von Körper
und Seele. Durch fließende Farbübergänge wird der Zusammenhalt als Ganzes gestärkt
(Ich-Kraft).
4. Bild: Wiederholung der ersten Schritte. Karminrot ganz oben und unten hinzufügen- Blau
wird zu Violett unten, Gelb, Orange oben zum Rot. Das freie Erscheinen des ganzen
Regenbogens in der Begegnung mit Rot ist wiederum ein gesundes Phänomen der Mitte
(Hauschka-Stavenhagen, 1978).
Diese Übung kann auch als Vorstudie für Märchenbilder angewendet werden oder als
Grundlage für Naturstimmungen, Pflanzen/Bäume in den Jahreszeitenstimmungen.
Naturzyklen haben eine sehr heilende und rhythmisch ordnende Wirkung auf den Menschen.
Märchen unterstützen das Rhythmische System, ihre Wirkung entfaltet sich über die
imaginative, emotionale Ebene. Ferner vermitteln Märchen Hoffnung und eine spirituelle
Dimension (Kulbe, 2015).
Das Malen hat einen stark narrativen Charakter, Farben, Formen, Stimmungen können
Erinnerungen wecken und auch eine positive Auswirkung auf die verbale Sprachfähigkeit
haben (Ganß, 2013).
Gestalten einer Lemniskate im Kreis (aufrecht und waagerecht), Anregung eines gesunden
Gleichgewichts zwischen aufbauenden und abbauenden Kräften, Ballen und Lösen. Das
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Rhythmische System wird gestärkt und es erfolgt ein sanftes Eingreifen des Astralleibes in
die Bewegung. Das Ich übernimmt dabei die Führung (Frieling, 2008).
Material und Technik: Ölpastell oder Wachskreide auf mind. DIN A3 Format, wenn möglich
stehend zeichnen.
Die Form wird dabei aus der Bewegung heraus erfahren und der Mensch kann so innerlich in
Schwung kommen. Über das Formenzeichnen werden auch die unteren Sinne
angesprochen: Tastsinn, Lebenssinn, Bewegungssinn und Gleichgewichtssinn (Büchi,
2001).
Spiralform:
Einwickeln und Auswickeln, Binden und Lösen. Die wärmende Bewegung sollte auf der
Grundlage eines ruhigen, lebendigen Strömens geschehen. Wichtig dabei ist, dass die
Spiralen einen wirklichen Mittelpunkt haben und nicht zu viele Windungen gezeichnet
werden. Runde, spiralige, wirbelnde Formen regen den Willen an (Frieling, 2008).
Dabei kann man die Form farbig begleiten, in diesem Fall mit Rot oder zartem Rotviolett, um
den Willen auch auf farblicher Ebene zu unterstützen. Dabei sollte jedoch nicht die Form in
Farbe aufgelöst werden (Büchi, 2001).
Das Wiederholen zu Beginn jeder Therapiestunde fördert die Willenstätigkeit.
Das Formenzeichnen ist auch im Sand möglich.
87
13.4.2 Malen in der freien Natur
Darüber kann eine Aktivierung der Sinneswahrnehmung und Stärkung der Eigenmotivation
erfolgen.
13.4.3 Märchen
Märchen regen auch die Aktivität, den Wille an. Das Ich erkennt und erlebt sich im Tun.
13.4.4 Wachskugel
Durch das aktive Tun und Verbinden werden im Menschen Wärmeprozesse in Körper, Geist
und Seele angeregt.
13.5 Ausblick
Literatur
Büeler C. (2002). Bewusstsein und Gewohnheiten im Alter. Das Projekt mit den Portraits.
Kunst&Kunsttherapie- Zeitschrift für bildnerische Therapien, Claus Richter Verlag, 65-
74.
Ganß M. (2010). Ansätze der Kunsttherapie bei Demenz. In Dimensionen des Vergessens
und Erinnerns Kunsttherapie bei dementiell erkrankten Menschen. EB-Verlag Berlin.
Kulbe BB. (2015). Märchenbasierte Kunsttherapie bei Menschen mit Demenz pp.
http://www.icaat-
medsektion.net/fileadmin/user_upload/Download/Vertiefende_Literatur/Tagungsbeitra
ege/Kunsttherapeutentagung/KT_2015/Zusatzvortrag_Thesenpapier_Maerchenbasie
rte_Kunsttherapie_bei_Menschen_mit_Demenz_B.B._Kulbe_2015.pdf.
Pütz R-M. (1981). Kunsttherapie : Eine Alternative zur Regeneration des Menschen.
Bertelsmann, Bielefeld.
90
14. Ergotherapie
Susanne Bäcker
14.1 Einführung
Ergotherapie unterstützt und begleitet Menschen jeden Alters, die in ihrer Handlungsfähigkeit
eingeschränkt oder von Einschränkung bedroht sind. Ziel ist, sie bei der Durchführung der für
sie bedeutungsvollen Betätigungen in den Bereichen Selbstversorgung, Produktivität und
Freizeit in ihrer persönlichen Umwelt zu stärken.
Hierbei dienen spezifische Aktivitäten, Umweltanpassung und Beratung dazu, dem
Menschen Handlungsfähigkeit im Alltag, gesellschaftliche Teilhabe und eine Verbesserung
seiner Lebensqualität zu ermöglichen (DVE, 2007).
Die Ziele der ergotherapeutische Behandlung ergeben sich aus dem Krankheitsstadium, in
dem sich der betroffene Mensch befindet, und richten sich nach dessen Fähigkeiten und
Ressourcen, die im Befund ermittelt wurden.
Die vorhandenen kognitiven, physischen und sozialen Fähigkeiten sollen so lange wie
möglich erhalten bleiben und dem Patienten soll ein Wohlgefühl und Zufriedenheit vermittelt
werden.
92
14.5 Förderung der Aktivitäten des täglichen Lebens (ATL)
14.5.2 Esstraining
Das Essen dient der Lebenserhaltung, es wird oft mit Genuss verbunden, es strukturiert den
Tag, und in einer Gemeinschaft lädt es zur Kommunikation ein. Das Essen sollte so lange
wie möglich selbstständig eingenommen werden.
Bei Körperwahrnehmungsstörungen können die Hände des Patienten beim Essen nach dem
Affolter Konzept geführt werden. Damit kann an die basalen Fähigkeiten, wie die Hand-Mund
Koordination erinnert werden. Oft bedarf es nur dem Hineinführen in eine gewohnte, oft
rhythmische Bewegung, um diese dann wieder selbstständig ausführen zu können (Antrieb,
Rhythmus).
14.5.3 Frühstücksgruppe
In einer Frühstücksgruppe erhalten die Patienten die Gelegenheit, sich das Essen selbst
zuzubereiten, was sonst oft von Pflegenden aus Zeitgründen schnell erledigt wird. Es fördert
die Entscheidungsfindung, die motorischen Fähigkeiten und die sozialen Kontakte- und
Kompetenzen.
14.5.4 Küchentraining
Kochen und backen bietet viele Aktivitäten und kann mehrere Therapieeinheiten umfassen.
Als Gruppenaktivität bietet es sich an, z. B. einen Obstsalat zu schnippeln, einen
Apfelkuchen zu backen, oder gemeinsam Plätzchen auszustechen. Rezepte werden
besprochen, Küchengeräte werden zusammengesucht, die Zutaten werden untersucht und
die Aufgaben werden verteilt.
Dabei werden Erinnerungen und Gefühle geweckt, die das Langzeitgedächtnis ansprechen:
Was habe ich gerne gekocht - Assoziationen zu den Jahreszeiten - Was gab es zu welchen
Anlässen. Es werden gespeicherte Bewegungsmuster stimuliert: in der Schüssel rühren, mit
dem Messer schneiden, Hände waschen.
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Auch die sensorische Wahrnehmung wird gefördert. Taktile Reize, das Begreifen von Mehl,
Obst oder Hülsenfrüchte, der Geruch von Gewürzen; der Geschmack, ist es Salz oder
Zucker, oder einmal naschen, das Gehör: kocht es schon? Geschirr klappern, die Eieruhr.
Bei einer Gruppenarbeit werden die Kommunikation und das soziale Verhalten über das
gemeinsame Kochen oder Backen gefördert (Kognition, Affekte, Antrieb, Rhythmus).
14.5.6 Haushaltstätigkeiten
Das Gedächtnis, logisches Denken und die Orientierung wird bei Haushaltstätigkeiten wie
Spülen und Abtrocknen, Boden kehren, Bügeln, Wäsche zusammenlegen, erhalten und/oder
gefördert. Das Abarbeiten einer „to do“-Liste stärkt das Selbstbewusstsein (Antrieb,
Rhythmus).
14.5.7 Spaziergang
Er fördert die Beweglichkeit, Ausdauer, Kraft, Gleichgewicht und Rhythmus und die örtliche
und zeitliche Orientierung durch die Natur und Jahreszeiten; gibt taktilen Input durch Licht,
Temperatur, Geruch und Geräusche (Kognition, Affekte, Antrieb, Rhythmus).
Der Mensch ist ein Gemeinschaftswesen und sucht nach Kontakten zu anderen Menschen.
Eine Gruppe sollte sich regelmäßig zu gleicher Zeit, am gleichen Ort treffen. Die
Gruppengröße sollte 6-8 Patienten nicht überschreiten, abhängig vom Schweregrad der
Erkrankung. Die Aktivitäten finden an einem Tisch statt, der Rauminformation und Sicherheit
gibt. Patienten, bei denen ein großer Hilfebedarf zu erwarten ist, sollten direkt neben der
Therapeutin sitzen.
Es erfordert viel Aufmerksamkeit und Feingefühl der Therapeutin, Patienten mit verschieden
schweren Krankheitssymptomen an dem Gruppenprozess teilhaben zu lassen (Kognition,
94
Affekte, Antrieb, Rhythmus).
Die Struktur der Gruppenaktivitäten ist gleichbleibend:
1. Vorstellungsrunde
2. Frage nach Monat und Jahreszeit Assoziationen zum Monat und zur Jahreszeit
3. Aufgaben verschiedener Art zur Stimulation von Wahrnehmung, Motorik und
Kognition
4. Schlusslied
1. In der Vorstellungsrunde nennt jeder seinen Namen und etwas, was er gerne mag,
das mit dem gleichen Buchstaben beginnt, z.B. ich bin die Frau Müller und mag
Milch, oder ich bin Herr Schmitz und ganz verschmitzt. Oft sind Vornamen jedoch
leichter einprägsam.
2. Die Vorstellungsrunde kann mit einem Ball oder einem Maskottchen begleitet
werden. Das Weitergeben des Balls spricht die motorischen Fähigkeiten an, gibt eine
Orientierung im Raum und regt den Kontakt an.
3. Zu Monat und Jahreszeit assoziiert man Wetter, Blumen und Früchte, Feiertage und
Gebräuche, Reime, Lieder und begleitet mit passenden Materialien, die viele Sinne
ansprechen. Im Wintermonat Dezember erinnern sich die Meisten an Weihnachten,
den Tannenbaum, den Kerzenduft, die Weihnachtsbäckerei, an viele
Weihnachtslieder und Gedichte, und familiäre Bräuche.
4. Aufgaben verschiedener Art entwickeln sich oft aus der Jahreszeit. In eine Orange
werden Gewürznelken gesteckt, was Kraft, Feinmotorik, Ausdauer und Koordination
anspricht. Die Orange weckt mit ihrem Duft Erinnerungen, die zum Austausch
anregen. Sie kann als Adventsschmuck mit ins Zimmer genommen werden. Weiterhin
bieten sich natürlich ‚Plätzchen ausstechen‘ oder ‚Weihnachtsbaumschmuck basteln‘
an.
5. Schlusslied. Das Singen verbessert die Atmung und kann mit passenden
Bewegungen oder Klatschen oder Schunkeln unterstützt werden. Man kann einen
Rhythmus finden und im Rhythmus bleiben, was einerseits aktiviert und andererseits
beruhigt und Angst löst.
95
14.7 Handwerkliche Tätigkeiten
14.8 Spiele
Vor den Zeiten des Fernsehens wurde in Familien häufiger gespielt, so dass vielen Senioren
Brettspiele wie „Mensch ärgere dich nicht“, Würfelspiele wie „Kniffel“ oder Kartenspiele wie
„Mau Mau“, „Elfer raus“ oder „Skat“ bekannt sind. Die Spiele können vereinfacht und damit
den Fähigkeiten der Patienten angepasst werden (Kognition, Affekte, Antrieb, Rhythmus).
Memory mit großen und Erwachsenen gerechten Bildern
Sprichwörter ergänzen
Gegenteile benennen
Stadt – Land – Fluss
Bingo
Vertellekes – einfach aber vielseitig:
Bei letzterem Spiel gibt es keine Gewinner und Verlierer. Eine einzige Spielfigur wird von
allen Mitspielern genutzt. Der Begriff „Vertellen“ kommt aus dem plattdeutschen und
bedeutet „Erzählen“. Es können pantomimisch verschiedene Dinge dargestellt, kleine Rätsel
gelöst und Fragen zur eigenen Biografie beantwortet werden. Durch simple Übungen mit
Gegenständen wie Luftballons, werden zusätzlich die motorischen Fähigkeiten trainiert. Im
Fokus des Spiels steht die Kommunikation der Spieler untereinander.
96
14.9 Ergotherapie bei stark fortgeschrittener Demenz
14.10 Zusammenfassung
Literatur
97
15. Gedanken zu Psychotherapie
Matthias Girke
In der Psychotherapie ist auf die Aktivierung der Ich-Organisation, d.h. der Selbstwirksamkeit
zu achten. In der rhythmischen Gestaltung des Tagesablaufs können morgens inhaltliche
Anregungen vermittelt werden. Besonders geeignet sind Motive aus Gedichten,
Märchenbilder, die das Thema des unversehrten Wesens in der erkrankten leiblichen Hülle
behandeln. Dadurch kann in die verunsicherte Seele eine innere Sicherheit durch spirituelle
Werte veranlagt werden, die gesundend auf den astralischen Leib wirkt. Diese Bilder
sprechen nicht nur den Augenblick, sondern auch zukünftige Perspektiven an: Der trotz
Demenz unzerstörte Wesenskern des Menschen ahnt durch sie eine Zukunftsperspektive,
entwickelt Hoffnung. Hoffnung wirkt zurück auf die Gesundungsprozesse des physischen
Leibes, wie umgekehrt Hoffnungslosigkeit diese untergräbt. In der empathischen und
liebevollen Gesprächsatmosphäre mit Wertschätzung des erkrankten Menschen entwickeln
sich Gesundungskräfte für die Lebensorganisation: Stress, Angst, Sorgen zehren an den
Lebenskräften, eine liebevolle Seelenstimmung hat eine aufbauende Funktion für den
ätherischen Leib.
Abends kann durch die Rückschau auf den Tag die Gedächtniskonsolidierung unterstützt
werden. Ereignisse des Tages werden in ein Bild und einen größeren Zusammenhang
gebracht, der sie konkreter und besser erinnern lässt. Die Förderung der
Erinnerungsfähigkeit durch aktive Übungen verstärkt die Wirksamkeit des ätherischen Leibes
und hat demzufolge nicht nur eine Bewusstseins- sondern auch eine regenerativ wirksame,
aufbauende Funktion.
Bei den demenziellen Syndromen kommt es zu einem Lösungsprozess, der dem
Sterbeprozess in manchem vergleichbar ist und diesen mitten in das Leben stellt.
Insofern ist die psychotherapeutische Begleitung des demenzkranken Patienten eine
Herausforderung. Kommt es dann zu dem eigentlichen Sterben, so ist immer wieder
erstaunlich, dass vorher in hohem Grade demente Patienten plötzlich wieder wie geistig
gegenwärtig sein können und für Augenblicke dieser Schleier der Demenz, der ihr Wesen
verhüllt, wie abzufallen scheint. Diese Momente werden dann aber meistens rasch von dem
Todesaugenblick gefolgt.
Glaube, Liebe Hoffnung als Gesundungsquellen für die Wesensglieder
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16. Anhang
Selbsthilfegruppen
Häufig hilft es Patienten, die die Diagnose „Demenz“ in einem frühen Stadium erhalten, sich
mit anderen Betroffenen auszutauschen. Auf der Internetseite der Deutschen Alzheimer
Gesellschaft e. V. gibt es die Möglichkeit nach Postleitzahlenbereichen Selbsthilfegruppen
oder Beratungsstellen zu finden: https://www.deutsche-alzheimer.de/unser-
service/alzheimer-gesellschaften-und-anlaufstellen.html
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