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Fachwissen Pflege

Diese Reihe bietet neuen Kollegen und Wiedereinsteigern Unterstützung bei der schnellen
Einarbeitung in einen neuen Bereich oder auf einer neuen Station. Motto: „Keine Angst vor
einem Stationswechsel“ Ziel ist es, die Pflegekraft auf Station optimal für ihren Stationsalltag
auszustatten und die Qualität der Versorgung zu sichern. Die Spezialisierung der Krankenhäuser
in Deutschland nimmt zu. Die Stationen in Kliniken konzentrieren sich auf spezielle Krank-
heits- und Fachbereiche. Das Pflegepersonal braucht umfangreiches Wissen und praktische
Anleitung zu speziellen Pflegemaßnahmen für ihren Stationsalltag. Außerdem kommt es immer
wieder zu Personalwechsel und neue Kollegen müssen meist sehr schnell eingearbeitet werden.

Mehr Informationen zu dieser Reihe auf http://www.springer.com/series/14168


Gabriele Iberl
Mavi Schellenberg
Hrsg.

Pflegewissen
­Pneumologie
Mit 73 Abbildungen
Herausgeber
Gabriele Iberl Mavi Schellenberg
Universitätsklinikum Heidelberg Universitätsklinikum Heidelberg
Thoraxklinik Universitätsklinikum Heidelberg Thoraxklinik Universitätsklinikum Heidelberg
Heidelberg Heidelberg
Deutschland Deutschland

Fachwissen Pflege

ISBN 978-3-662-52666-8 ISBN 978-3-662-52667-5 (eBook)


DOI 10.1007/978-3-662-52667-5

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V

Vorwort

Luft zum Atmen – das erscheint selbstverständlich, und wir merken erst, wie tragend diese
Körperfunktion ist, wenn sie eingeschränkt wird. Die Pneumologie lehrt die Bausteine des
Atmens, und auch die vielen Defekte, die in diesem komplexen System auftreten können. Wer
Luftnot hat, leidet. Eine der Grundfunktionen des Lebens fehlt, unsere Patienten brauchen
rasche, kompetente und umfassende Hilfe.

Die Pflegenden stehen dabei im Alltag vor der Herausforderung, diese Not sowie den zuneh-
menden assistenz- und grundpflegerischen Bedarf der Patienten, den sicheren Umgang mit
medizintechnischen Neuerungen, die praktische Umsetzung von komplexen Pflegestandards
und die ausgiebige schriftliche Dokumentation gleichzeitig zu meistern.

Umso wichtiger sind ein profundes Verständnis der Pneumologie sowie eine enge Zusammen-
arbeit der verschiedenen Berufsgruppen, die Patienten versorgen und betreuen. Das erfahren
wir jeden Tag in unserer Arbeit.

Unsere Beiträge sind an Kollegen mit abgeschlossener Ausbildung zum Gesundheits- und
Krankenpfleger gerichtet. Ziel ist die Sensibilisierung für die Belange chronisch lungenkran-
ker Menschen und die Ergänzung vorhandenen Basiswissens um ein pneumologisches Fach-
wissen. Anatomie, Physiologie und Krankheitslehre bilden eine medizinische Basis. Die wis-
senschaftliche Evidenz zur Wirksamkeit atemtherapeutischer Maßnahmen ist jedoch gering,
somit basieren viele dieser Behandlungen auf Erfahrungswerten, die sich je nach Einrichtung
unterschiedlich darstellen. Der Austausch dieser Erfahrungen ist von hohem klinischen Wert,
sodass die Herausgeberinnen hierauf ein besonderes Augenmerk lenken möchten. Einige der
hier getroffenen Aussagen sind durch persönliche Erfahrung geprägt und dürfen durchaus
kritisch betrachtet werden.

Wir danken an dieser Stelle allen, die dieses Buch ermöglicht haben. Durch die Initiative von
Frau Sarah Busch (Springer-Verlag) wurde dieses neue Projekt angeregt, Frau Annette Allée
unterstützte uns hervorragend als Lektorin. Ganz besonderer Dank gilt den Autorinnen und
Autoren der einzelnen Kapitel, die mit Fachwissen kompetent und ohne Zögern zum Gelingen
beigetragen haben.

Weiterbildung macht handlungsfähig. Mehr Wissen verursacht nicht mehr Arbeit, sondern
weniger, indem es im Alltag zielstrebig zu Lösungen führt. Interdisziplinäre Zusammenarbeit
und das Teilen von Wissen bereichert und erleichtert die tägliche Arbeit.

In diesem Sinne wünschen wir Erfolg (und auch Spaß!) beim Lernen und freuen uns auf Ihre
Erfahrungswerte aus dem pneumologischen Alltag.

Gabriele Iberl – Atmungstherapeutin DGP

Dr. med. Mavi Schellenberg – Fachärztin für Innere Medizin mit Schwerpunkt Pneumologie
Im Juli 2016
VII

Inhaltsverzeichnis

1 Grundlagen der Pneumologie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1


M. Schellenberg, G. Iberl, J. Hausmanns, P. Kaukel, D. Gompelmann,
S. Harutyunova, J. Op den Winkel
1.1 Anatomie und Physiologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
1.2 Diagnostik: Basics. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
1.3 Diagnostik: invasiv. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31
Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38

2 Krankheitsbilder. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39
M. Schellenberg
2.1 COPD und Lungenemphysem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41
2.2 Pneumonie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45
2.3 Asthma bronchiale. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47
2.4 Interstitielle Lungenerkrankungen (ILD). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50
2.5 Tumoren des Thorax. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52
2.6 Pleuraerguss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57
2.7 Pleuraempyem. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58
2.8 Pneumothorax . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59
2.9 Lungenödem. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61
2.10 Bronchiektasen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62
2.11 Mukoviszidose (zystische Fibrose, CF) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64
2.12 Allergische bronchopulmonale Aspergillose (ABPA) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65
2.13 Lungenarterienembolie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66
2.14 Pulmonale Hypertonie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67
2.15 Tuberkulose und nichttuberkulöse Mykobakterien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69
2.16 Sarkoidose. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71
2.17 Exogen allergische Alveolitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72
2.18 Neuromuskuläre und thorakal-restriktive Erkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74
2.19 Schlafbezogene Atmungsstörungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75
Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77

3 Kausale und symptomatische Therapie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79


G. Iberl, M. Schellenberg, O. Göhl, D. Gompelmann, J. Op den Winkel
3.1 Medikamentöse Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81
3.2 Nichtmedikamentöse Therapie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91
3.3 Interventionelle Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106
3.4 Sauerstofftherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114
3.5 Nichtinvasive Beatmungstherapie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118
Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .128
VIII Inhaltsverzeichnis

4 Überwachung und Pflege. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131


G. Iberl, N. Schwabbauer, M. Schellenberg
4.1 Krankenbeobachtung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132
4.2 Vitalzeichenüberwachung allgemein. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132
4.3 Spezielle Überwachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132
4.4 Spezielle pflegerische Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142
Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .151

5 Leitsymptome bei pneumologischen Erkrankungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153


G. Iberl, M. Schellenberg, M. Tempel
5.1 Sekretretention . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154
5.2 Husten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155
5.3 Dyspnoe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157
5.4 Thoraxschmerz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159
5.5 Angst und Depressionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160
Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .163

6 Fallbeispiele aus dem Alltag. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165


M. Schellenberg
6.1 Klinisches Fallbeispiel 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166
6.2 Klinisches Fallbeispiel 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166
6.3 Klinisches Fallbeispiel 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167
6.4 Klinisches Fallbeispiel 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168
6.5 Klinisches Fallbeispiel 5 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169
6.6 Klinisches Fallbeispiel 6 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169
6.7 Klinisches Fallbeispiel 7 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170

7 Das interdisziplinäre Team. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173


S. Klarmann, G. Iberl, C. Wingerter, O. Göhl, M. Tempel, S. Färber-Awischus,
M. Schellenberg
7.1 Physiotherapie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174
7.2 Ernährungsberatung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175
7.3 Sozialdienst. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175
7.4 Rehabilitation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176
7.5 Psychologischer Dienst. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177
7.6 Seelsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179
7.7 Logopädie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180
Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .180

Serviceteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181
Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182
IX

Autorenverzeichnis

Färber-Awischus, Sabine Klarmann, Silke


Gesundheitszentrum Odenwaldkreis GmbH Universitätsklinikum Schleswig-Holstein Campus
Albert-Schweitzer-Straße 11–13 Kiel
64711 Erbach/Odenwald Arnold -Heller -Str. 3
24105 Kiel
Göhl, Oliver
Rehaklinik Königstuhl Heidelberg Op den Winkel, Jan, Dr. med.
Kohlhof 8 Universitätsklinikum Heidelberg
69117 Heidelberg Thoraxklinik
Röntgenstraße 1
Gompelmann, Daniela, Dr. med. 69126 Heidelberg
Universitätsklinikum Heidelberg
Thoraxklinik Schellenberg, Mavi, Dr. med.
Röntgenstraße 1 Universitätsklinikum Heidelberg
69126 Heidelberg Thoraxklinik
Röntgenstraße 1
Harutyunova, Satenik 69126 Heidelberg
Universitätsklinikum Heidelberg
Thoraxklinik Schwabbauer, Norbert
Röntgenstraße 1 Medizinische Universitätsklinik Tübingen
69126 Heidelberg Otfried-Müller-Straße 10
72076 Tübingen
Hausmanns, Julia, Dr. med.
Universitätsklinikum Heidelberg Tempel, Monika
Thoraxklinik Klinikum Donaustauf
Röntgenstraße 1 Ludwigstraße 68
69126 Heidelberg 93093 Donaustauf

Iberl, Gabriele Wingerter, Christiane


Universitätsklinikum Heidelberg Frankenstraße 7
Thoraxklinik 67373 Dudenhofen
Röntgenstraße 1
69126 Heidelberg

Kaukel, Philine, Dr. med.


Universitätsklinikum Heidelberg
Thoraxklinik
Röntgenstraße 1
69126 Heidelberg
Abkürzungen
A. Arterie CO2 Kohlendioxid
ACE Angiotensin-Converting-Enzym COP kryptogen organisierende Pneumonie
ADH antidiuretisches Hormon COPD chronisch obstruktive Lungenerkran-
ADL Activities of Daily Living kung
AECOPD akute Exazerbation der COPD CPAP „continuous positive airway pressure“,
AHB Anschlussheilbehandlung kontinuierlicher Atemwegsüberdruck
AHI Apnoe-Hypopnoe-Index CRP C-reaktives Protein
AIP akute interstitielle Pneumonie CSR Cheyne-Stokes-Atmung
ALG II Arbeitslosengeld II CT Computertomografie
ALS amyotrophe Lateralsklerose CTEPH chronisch thromboembolische pulmo-
AMV Atemminutenvolumen nale Hypertonie
APC aktiviertes Protein C
APC Argon-Plasma-Koagulation DIP desquamative interstitielle Pneumonie
APCV „assisted pressure-controlled venti- DO2 Sauerstoffangebot
lation“, assistierte druckkontrollierte DOA direkte orale Antikoagulanzien
Beatmung dPAP diastolischer pulmonalarterieller
ARDS „acute respiratory distress syndrome“, Druck
akutes Lungenversagen DPI „dry powder inhaler“, Pulverinhalator
ASS Acetylsalicylsäure
AT-III Antithrombin III EAA exogen allergische Alveolitis
ATP Adenosintriphosphat EBUS endobronchialer Ultraschall
AZV Atemzugvolumen EBUS-TBNA endobronchiale ultraschallgesteuerte
transbronchiale Nadelaspiration
BAL bronchoalveoläre Lavage EBV endobronchiales Ventil
BE Basenüberschuss ED „extensive disease“ (Tumorstadium)
BGA Blutgasanalyse EEG Elektroenzephalogramm
BiPAP „bilevel positive airway pressure“ EF Ejektionsfraktion
BMI Body-Mass-Index EK Erythrozytenkonzentrat
BODE-Index „body mass index, obstruction, EKG Elektrokardiogramm
dyspnoe, exercise capacity index in ELVR endoskopische Lungenvolumenreduk-
chronic obstructive pulmonary disea- tion
se“ EMG Elektromyografie
BP Bodyplethysmografie EOG Elektrookulogramm
BTVA „bronchoscopic thermal vapor abla- EPAP „expiratory positive airway pressure“,
tion“, bronchoskopische Thermoabla- positiver exspiratorischer Atemwegs-
tion druck
BWK Brustwirbelkörper EPP extrapleurale Pneumonektomie
BWS Brustwirbelsäule ERV exspiratorisches Reservevolumen
ESS Epworth Sleepiness Scale
C1–12 Costae (Rippen)
CA „cardiac output“, Herzminutenvolu- FEES flexible endoskopische Evaluation des
men Schluckakts
CAP „community-acquired pneumonia“, FEV1 forciertes Einsekundenvolumen, Ein-
ambulant erworbene Pneumonie sekundenkapazität
CAT COPD Assessment Test FiO2 inspiratorische Sauerstoffkonzentra-
CF „cystic fibrosis“, zystische Fibrose, tion
Mukoviszidose FRC funktionelle Residualkapazität
CHT Chemotherapie FVC forcierte Vitalkapazität
CI „cardiac index“, Herzindex
CIM Critical-Illness-Myopathie GGT γ-Glutamyltransferase
CIP Critical-Illness-Polyneuropathie GINA Global Initative for Asthma
CMV Zytomegalievirus GOLD Global Initiative for Chronic Obstructi-
CO Kohlenmonoxid ve Lung Disease
XI
Abkürzungen

GOT Glutamat-Oxalacetat-Transaminase (Anticholinergika)


GPT Glutamat-Pyruvat-Transaminase LAS Lung Allocation Score
LD „limited disease“ (Tumorstadium)
HAP „hospital-acquired pneumonia“, noso- LDH Laktatdehydrogenase
komiale Pneumonie LOX „liquid oxygen“, Flüssigsauerstoff
Hb Hämoglobin LTOT „long-term oxygen therapy“, Langzeit-
He Helium sauerstofftherapie
HF Herzfrequenz LTRA Leukotrienantagonist
HFCWO „high frequency chest wall oscillation”, LuTx Lungentransplantation
Hochfrequenz-Brustwandoszillation LVRC „lung volume reduction coil“,
HIT heparin-induzierte Thrombozytopenie ­Lungenvolumenreduktion mittels
HIV „human immunodeficiency virus“, Coil-Implantation
menschliches Immunschwächevirus LWS Lendenwirbelsäule
HME „heat and moisture exchanger“,
­Befeuchtungsfilter M. Musculus
HMV Herzminutenvolumen MEF maximaler exspiratorischer Fluss
HRCT „high resolution computertomogra- mMRC Modified British Medical Research
phy“, hochauflösende Computertomo- Council
grafie mPAP pulmonalarterieller Mitteldruck
HSMN hereditäre sensomotorische MPM Pleuramesotheliom
­Neuropathie MRGN multiresistente gramnegative
HSV Herpes-simplex-Virus ­Bakterien
HWS Halswirbelsäule MRSA Methicillin-resistente Staphylococcus
aureus
ICF International Classification of MRT Magnetresonanztomografie
­Functioning, Disability and Health 6MWT Six Minutes Walking Test, 6-Minuten-
ICR Interkostalraum Gehtest
ICS inhalatives Corticosteroid
I:E Atemzeitverhältnis N. Nervus
IgE Immunglobulin E NAT Nukleinsäureamplifikations-Test
IgG Immunglobulin G NIV „non-invasive ventilation“, nichtinvasi-
IGRA Interferon-Gamma-Release-Assay ve Beatmung
IIP idiopathische interstitielle Pneumonie NME neuromuskuläre Erkrankungen
ILD interstitielle Lungenerkrankung NO Stickstoffmonoxid
IMC Intermediate Care N 2O Distickstoffmonoxid, Lachgas
IMT inspiratorisches Atemtraining NRS numerische Ratingskala
IPAP „inspiratory positive airway pressure“, NSCLC „non small cell lung cancer“,
positiver inspiratorischer Atemwegs- ­nichtkleinzelliges Bronchialkarzinom
druck NSIP nichtspezifische interstitielle
IPF idiopathische pulmonale Fibrose ­Pneumonie
IPPB „intermittent positive pressure breat- NTM nichttuberkulöse Mykobakterien
hing“, intermittierende Überdruckbe-
atmung O2 Sauerstoff
IPV „intrapulmonary percussive ODI „oxygen desaturation index“,
­ventilation“, hochfrequente offene ­Sauerstoffentsättigungsindex
­Überdruckbeatmung OHS Obesitas-Hypoventilationssyndrom
IRV inspiratorisches Reservevolumen OSA obstruktive Schlafapnoe
ITGV intrathorakales Gasvolumen
i.v. intravenös P0.1 Mundverschlussdruck 0,1 s nach
Beginn der Inspiration unter
KG Körpergewicht ­Ruheatmung
KHK koronare Herzerkrankung p.-a. posterior-anterior
KM Kontrastmittel PAH pulmonalarterielle Hypertonie
PaCO2 arterieller Kohlendioxidpartialdruck
LABA langwirksames Betamimetikum PaO2 arterieller Sauerstoffpartialdruck
LAE Lungenarterienembolie PAWP pulmonalarterieller Verschlussdruck
LAMA langwirksame Muscarinantagonisten pBNP „pro B-Type natriuretic peptide“
XII Abkürzungen

PCF Peak Cough Flow, Hustenspitzenfluss (Anticholinergikum)


PCH pulmonale kapilläre Hämangiomatose SaO2 arterielle Sauerstoffsättigung
pCO2 Kohlendioxidpartialdruck SAR „slowly adapting receptor“
PCP Pneumocystis-Pneumonie SBAS schlafbezogene Atmungsstörungen
PCR „polymerase chain reaction“, s.c. subkutan
­Polymerase-Kettenreaktion SCLC „small cell lung cancer“, kleinzelliges
PCT Procalcitonin Bronchialkarzinom
PCV „pressure-controlled ventilation“, SFS säurefeste Stäbchen
druckkontrollierte Ventilation sIL-2R löslicher Interleukin-2-Rezeptor
PDT Punktionstracheotomie, dilatativ SMA spinale Muskelatrophie
PEEP „positive endexpiratory pressure“, SMI „sustained maximal inspiration“,
positiver endexspiratorischer ­anhaltende maximale Einatmung
Druck SO2 Sauerstoffsättigung
PEmax maximaler Mundverschlussdruck bei sPAP systolischer pulmonalarterieller Druck
forcierter Exspiration SpO2 pulsoxymetrisch gemessene
PEF „peak exspiratory flow“ maximaler ­Sauerstoffsättigung
exspiratorischer ­Spitzenfluss sRaw spezifischer Atemwegswiderstand
PEG perkutane endoskopische SvO2 zentralvenöse Sauerstoffsättigung
­Gastrostomie SWT Shuttle Walking Test
PEJ perkutane endoskopische
­Jejunostomie TBB transbronchiale Biopsie
PEP „positive expiratory pressure“, Tbc Tuberkulose
­positiver exspiratorischer Druck TBNA transbronchiale Nadelaspiration
PET Positronenemissionstomografie tCO2 transkutane Kapnometrie
PG Polygrafie TEE transösophageale Echokardiografie
PH pulmonale Hypertonie TH1–12 Brustwirbel
PImax maximaler Mundverschlussdruck bei THT Tuberkulin-Hauttest
forcierter Inspiration Ti Inspirationszeit
Pinsp Inspirationsdruck TLC totale Lungenkapazität
PLM „periodic leg movements“, periodische Tlco Transferfaktor
Beinbewegungen TK Thrombozytenkonzentrat
pO2 Sauerstoffpartialdruck TRE thorakal restriktive Erkrankungen
pMDI „pressurized metered dose inhaler“, TVT tiefe Beinvenenthrombose
mit Treibmittel betriebener Dosierin-
halator UACS „upper airway cough syndrome“
PNS peripheres Nervensystem UAS „upper airway stimulation“
PR pneumologische Rehabilitation UIP „usual interstitial pneumonia“,
PSG Polysomnografie ­gewöhnliche interstitielle Pneumonie
PSV „pressure support ventilation“,
­druckunterstützte Beatmung V. Vena
PVOD pulmonale venookklusive Erkrankung VA alveoläres Volumen
PVR pulmonal-vaskulärer Widerstand VAP „ventilator-associated pneumonia“,
beatmungsassoziierte Pneumonie
RA-Druck Vorhofdruck VAS visuelle Analogskala
RADS „reactive airway distress syndrome“ VATS Videothorakoskopie
RASS Richmond Agitation-Sedation Scale VC Vitalkapazität
Raw Atemwegswiderstand VCDS „vocal chord dysfunction syndrome“
RB-ILD respiratorische Bronchiolitis mit VCV „volume-controlled ventilation“,
­interstitieller Lungenerkrankung ­volumenkontrollierte Ventilation
REM „rapid eye movement“ VLD „very limited disease“ (Tumorstadium)
Rö-Th Röntgen-Thorax VT, Vti Atemzugvolumen
RR Blutdruck
RSV respiratorisches Synzytialvirus WBVT „whole body vibration therapy“, Ganz-
RT Radiotherapie körpervibrationstraining
RV Residualvolumen
Z. n. Zustand nach
SABA schnell wirksames Betamimetikum ZSA zentrale Schlafapnoe
SAMA schnell wirksamer Muscarinantagonist ZVK zentraler Venenkatheter
1 1

Grundlagen der Pneumologie


M. Schellenberg, G. Iberl, J. Hausmanns, P. Kaukel, D. Gompelmann,
S. Harutyunova, J. Op den Winkel

1.1 Anatomie und Physiologie – 3


1.1.1 Obere Atemwege – 3
1.1.2 Untere Atemwege und Lungenparenchym – 3
1.1.3 Knöcherne Strukturen – 6
1.1.4 Lungenkreislauf – 8
1.1.5 Pleura – 9
1.1.6 Ventilation – Diffusion – Perfusion – 9
1.1.7 Sauerstofftransport – 12
1.1.8 Die Atempumpe – 13
1.1.9 Respiratorische Insuffizienz – 15
1.1.10 Husten – 16

1.2 Diagnostik: Basics – 17


1.2.1 Blutgasanalyse – 17
1.2.2 Elektrokardiogramm – 19
1.2.3 Lungenfunktion – 20
1.2.4 Diffusionskapazität – 23
1.2.5 Atemmuskelkraft – 24
1.2.6 Belastungsuntersuchungen – 25
1.2.7 Nächtliche Pulsoxymetrie und Kapnometrie – 26
1.2.8 Polysomnografie – 27
1.2.9 Echokardiografie – 28
1.2.10 Bildgebende Untersuchungsverfahren – 29

1.3 Diagnostik: invasiv – 31


1.3.1 Diagnostische Bronchoskopie – 31

© Springer-Verlag GmbH Deutschland 2017


G. Iberl, M. Schellenberg (Hrsg.), Pflegewissen Pneumologie, Fachwissen Pflege,
DOI 10.1007/978-3-662-52667-5_1
1.3.2 Rechtsherzkatheteruntersuchung – 33
1.3.3 Transösophageale Echokardiografie – 36
1.3.4 Thoraxchirurgie – 36

Literatur – 38
1.1 · Anatomie und Physiologie
3 1
1.1 Anatomie und Physiologie Nach unten führt der Pharynx ventral in den Larynx,
nach dorsal in den Ösophagus.
1.1.1 Obere Atemwege Der Nasen- und Mundrachen enthält vielfältiges
lymphatisches Gewebe als unmittelbares Abwehr-
M. Schellenberg system. Der Bereich des Kehlkopfes ist dagegen mit
dichter sensibler nervaler Versorgung ausgestattet
Die oberen Atemwege sind luftleitende Struktu- und sorgt so für sofortiges Würgen und Husten bei
ren und stellen reines Totraumvolumen dar, d. h., Eindringen von Fremdkörpern.
es findet kein Gasaustausch statt. Dennoch haben Im unteren Pharynx überkreuzen sich die
sie wichtige Funktionen: Säubern, Erwärmen und Luft- und Speisewege. In der Regel ist der Luftweg
Anfeuchten der Atemluft. offen, der Speiseweg verschlossen. Im Rahmen des
Anatomisch gehören hierzu: Schluckaktes kehren sich die Verhältnisse um durch
55 Nasenhöhlen inkl. Nasenhaare, Nasen- Verschließen der Epiglottis (Kehldeckel, Teil des
schleimhaut sowie Flimmerhärchen Larynx) und somit des Eingangs zur Luftröhre.
55 Nasennebenhöhlen Der Larynx hat zwei wesentliche Funktionen:
55 Mundhöhle Stimmbildung und Verschluss der unteren Atem-
55 Pharynx (Rachen) wege. Über eine komplexe Struktur an Knorpel,
55 Larynx (Kehlkopf) Ligamenten, Muskeln und Membranen werden die
Stimmbänder bewegt (Atmen, Sprechen, Husten),
Die Schleimhaut der Nares (Naseneingänge) ist das Schlucken und das Husten koordiniert.
zunächst verdickt und mit zahlreichen Haaren sowie
Talg- und apokrinen Drüsen gespickt. Hier erfolgt
eine grobe mechanische Filterung der Einatemluft – 1.1.2 Untere Atemwege und
Pollen, Staub, Insekten werden abgehalten. Lungenparenchym
Bereits in der unteren Nasenmuschel findet
jedoch ein Übergang statt in die Regio respiratoria, M. Schellenberg
eine mit Flimmerepithel bedeckte und mit Becherzel-
len (Schleimdrüsen) ausgestattete Zone. Diese grenzt Die unteren Atemwege schließen mit Beginn der
direkt an die Lamina propria, die hauptsächlich aus Trachea (Luftröhre) an die oberen Atemwege an.
lockerem Bindegewebe besteht und ausgedehnte Des Weiteren gehören hierzu:
Venennetze sowie Schleimdrüsen enthält. Aus diesem 55 Bronchien
Bereich fließen Nasenbluten und Schnupfensekrete. 55 Bronchioli (Bronchioli terminales und
Das Riechen findet in 4 kleinen Feldern an den respiratorii)
oberen Nasenmuscheln statt. 55 Alveolargänge
Auch die Nasennebenhöhlen sind mit respirato- 55 Alveolen
rischem Epithel ausgekleidet: Sinus maxillaris (Kie-
ferhöhle), Sinus ethmoidales (Siebbeinzellen), Sinus Bis zum Beginn der Bronchioli respiratorii erfüllen
frontalis (Stirnbeinhöhle) und Sinus sphenoidalis die Bronchien und Bronchioli ausschließlich eine
(Keilbeinhöhle). luftleitende Funktion und sind weiterhin „anato-
Der Pharynx (. Abb. 1.1) ist eine schlauchför- mischer Totraum“, sie sorgen für eine Reinigung,
mige Struktur mit drei Zonen: Anfeuchtung und Anwärmung der Luft.
55 Pars nasalis pharyngis (Nasenrachen): beginnt Die Trachea beginnt am Kehlkopf und zieht sich
an der Einmündung der Nasengänge in den ca. 10–12 cm bis zur Bifurcatio tracheae (Auftei-
Rachen lung). Die Hinterwand ist eine bindegewebige Mus-
55 Pars oralis pharyngis (Mundrachen): beginnt kelplatte, an der 16–20 hufeisenförmige Knorpel-
am Gaumenbogen spangen befestigt sind. Dadurch ist die Trachea sehr
55 Pars laryngea pharyngis (Schlundrachen): flexibel und biegsam, um den Zugbewegungen des
beginnt in Höhe des Kehlkopfes Zwerchfells zu folgen.
4 Kapitel 1 · Grundlagen der Pneumologie

1 Torus levatorius

Tonsilla tubaria

Fornix pharyngis
Recessus pharyngeus
= Rosenmüller’ sche Grube
Torus tubarius
Ostium pharyngeum tubae auditivae
Bursa pharyngealis
Tonsilla pharyngea
Palatum molle
= Velum palatinum Fascia pharyngobasilaris
Plica salpingopharyngea
Arcus palatoglossus
Uvula palatina
Plica triangularis Arcus palatopharyngeus
Fossa supratonsillaris Tonsilla palatina
Ligamentum M. constrictor pharyngis
hyoepiglotticum
Os hyoideum Cartilago epiglottica

Ligamentum Plica aryepiglottica


thyreohyoideum
medianum Vallecula epiglottica
Corpus adiposum preepiglotticum
Plica vestibularis
Ligamentum thyreoepiglotticum
Cartilago thyreoidea Plica vocalis
Ligamentum cricothyreoideum Trachea
medianum = conicum
Arcus cartilaginis cricoideae Oesophagus

. Abb. 1.1 Nasen- und Mundhöhle, Rachen und Kehlkopf. Mediansagittalschnitt durch Kopf und Hals, Ansicht der rechten
Hälfte von medial. (Aus Tillmann 2010)

An der Bifurkation teilt sich die Trachea auf in die am distalen Ende ist der Übergang zu den Alveolen
Hauptbronchien (links und rechts), die die Struktur (Lungenbläschen). Ab den Lappenbronchien verlie-
der Trachea fortsetzen. An den Lungenhili (Lungen- ren sich die festen Knorpelspangen, bis nur noch elas-
pforte) treten sie zusammen mit Pulmonalarterien, tischer Knorpel übrigbleibt (. Abb. 1.2).
-venen, Nerven und Lymphgefäßen in das Lungen- Die Hauptbronchien teilen sich in Lappenbron-
gewebe ein. chien auf:
55 Rechts 3 Lappen (Ober,- Mittel- und Unter-
> Der rechte Hauptbronchus ist weiter lappen). Der Bronchus intermedius verbindet
und verläuft vertikal, somit gelangen dabei den Oberlappen mit den darunter
Fremdkörper bei Aspiration häufiger in die liegenden Mittel- und Unterlappen.
rechte Seite. 55 Links 2 Lappen (Ober- und Unterlappen).

Die Lappenbronchien gabeln sich wiederum zu


Bronchien/Bronchioli Segmentbronchien:
Die weiteren Verzweigungen (genannt Generationen) 55 Rechts 10 Segmente (S) – Oberlappen: S1–3,
der Bronchien ähneln den Ästen eines Baumes. Links Mittellappen: S4–5, Unterlappen: S6–10
unterscheidet sich der Verlauf zu rechts durch die 55 Links 9 Segmente – Oberlappen: S1–3, Lingula:
Lage des Herzens. Es gibt insgesamt 23 Generationen, S4–5, Unterlappen: S6, 8, 9, 10, S7 fehlt meist
1.1 · Anatomie und Physiologie
5 1

Os hyoideum

Cartilago thyreoidea
Ligamentum cricothyreoideum
medianum = conicum
Cartilago cricoidea
Ein Lungensegment ist die kleinste Ligamentum cricotracheale
anatomische resezierbare Einheit.
Aufgrund des steiler verlaufenden Cartilagines tracheales
Bronchus principalis dexter ist die
rechte Lunge häufiger von Aspira-
tionen betroffen als die linke.
Ligamenta anularia

Bronchus principalis dexter


Bifurcatio tracheae
Bronchus lobaris superior
Bronchus segmentalis apicalis
Bronchus
Bronchus segmentalis anterior Bronchus segmentalis
principalis
apicoposterior
Bronchus segmentalis posterior sinister
Bronchus segmentalis anterior
Bronchus lobaris medius Bronchus lobaris superior
Bronchus segmentalis lateralis
Bronchus segmentalis medialis Bronchus lingularis superior
Bronchus segmentalis superior
Bronchus segmentalis basalis anterior Bronchus lingularis inferior
Bronchus lobaris inferior Bronchus lobaris inferior
Bronchus segmentalis basalis
medialis = cardiacus Bronchus segmentalis basalis lateralis
Bronchus segmentalis basalis lateralis Bronchus segmentalis basalis posterior
Bronchus segmentalis basalis posterior
Bronchus segmentalis superior Bronchus segmentalis basalis
medialis = cardiacus

. Abb. 1.2 Kehlkopf, Trachea und Bronchialbaum, Ansicht von vorn. Knorpel mit Toluidinblau angefärbt. (Aus Tillman 2010)

Aus den (Sub-)Segmentbronchien entspringen Bron- z Wichtig: Mukoziliäre Clearance


chioli, die knorpellos sind, jedoch viel glatte Musku- Die Schleimhaut des Bronchialsystems ist ausge-
latur enthalten. kleidet mit Flimmerepithel und enthält Kinozilien
­(Flimmerhaare) sowie sekretorische Zellen (schleim-
> Beim Asthma bronchiale kommt es zu produzierend). Die Flimmerhaare sind eingebettet
Kontraktionen der glatten Muskelfasern in eine wässrige Solschicht, die eine freie Beweglich-
der Bronchioli – es entsteht eine bronchiale keit der Flimmerhaare ermöglicht, sowie eine zähere
Obstruktion. ­G elschicht, in der Fremdpartikel haften bleiben.
Diese Flüssigkeitsschichten werden durch die sekre-
Der Durchmesser der Bronchioli liegt bei 0,5–1 mm. torischen Zellen sichergestellt. Eine ­optimale Funk-
Darunter besteht der Übergang in tion des Flimmerepithels ist bei physiologischen
55 Bronchioli terminales (luftleitend, somit noch Bedingungen (37°C und 100% Luftfeuchtigkeit)
immer anatomischer Totraum) und zu e­ rzielen. Der Bronchialschleim enthält zudem
55 Bronchioli respiratorii (luftaustauschend). ­körpereigene Abwehrstoffe.
6 Kapitel 1 · Grundlagen der Pneumologie

Das Gleiten der Gelschicht auf der Solschicht (Trennwände), die mit Poren durchsetzt sind. Spe-
1 wird durch Surfactant (Phospholipide/Proteine) zielle Alveolarepithelzellen und das Vorhandensein
möglich. von Surfactant (flüssiger Proteinphospholipidfilm)
Die Flimmerhaare schlagen etwa 5- bis 25-mal ermöglichen eine Diffusion (Durchwanderung) der
pro Sekunde oralwärts und sorgen somit für eine Gase durch die Alveolarwände, um dort von dem netz-
stetige Reinigung der Bronchien von Schleim, Staub artig umspannenden arteriellen und venösen Blutge-
oder anderen Fremdpartikeln. Diesen Mechanismus fäßsystem aufgenommen bzw. abgegeben zu werden.
nennt man mukoziliäre Clearance. Die Masse der Alveolen (ca. 300 Millionen) bildet
Ist die schützende umgebende Schleimschicht das Lungenparenchym (Lungengewebe).
gestört (z. B. durch Zigarettenrauch, Medikamente
oder Mikroorganismen), funktioniert der Flimmer- > Eine Pneumonie ist eine Entzündung
schlag nicht mehr, Sekret und Fremdkörper verblei- im Lungenparenchym, eine Bronchitis
ben in den Bronchien. Es entstehen lokale Entzündun- dagegen eine Entzündung in den Bronchien/
gen, in der Folge gehen Flimmerhaare zugrunde. Die Bronchiolen.
Selbstreinigungsfunktion der Lunge lässt weiter nach.

1.1.3 Knöcherne Strukturen


Alveolen, Lungenparenchym
Alveolen sind sehr kleine (ca. 300 μ m) dünnwan- M. Schellenberg
dige Lungenbläschen, die die respiratorische Funk-
tion (Gasaustausch) übernehmen. Am distalen Ende Der Begriff Thorax (Brustkorb) bezeichnet sowohl
des Bronchialbaums häufen sich viele Alveolen trau- den knorpelig-knöchernen Brustkorb, als auch den
benartig zusammen, die Sacculi alveolares. Zwi- oberen Rumpf als solches, mitsamt den enthaltenen
schen den einzelnen Alveolen verlaufen zarte Septen Organen (. Abb. 1.3).

Trigonum thymicum

Lobus 1
sup. 2
3
Lobus 4
med. 5
6
7
Lobus 8
inf. 9
10
11
12

Recessus
costodiaphragmaticus
Recessus
costomediastinalis
c b a d e

. Abb. 1.3 Lungengrenzen und Pleuragrenzen (blau) in der Ansicht von vorne (links) und von hinten (rechts). Außerdem
sind eingetragen: Sternal- (a), Medioklavikular- (b), Axillar (c), Skapular- (d), Paravertebral- (e) und Interspinallinie (f). Pfeil:
Verschiebung der Lungengrenze bei forcierter Atmung. Parallel zur 4. Rippe die Fissura horizontalis. Zwischen Lungen- und
Pleuragrenzen die Komplementärräume. (Aus Schiebler 2005)
1.1 · Anatomie und Physiologie
7 1
Der knöcherne Thorax besteht aus: mit den Rippen darüber und bilden somit den
55 Sternum (Brustbein) Arcus costalis (C8–10) oder enden frei in der
55 Costae (Rippen, 12 Paare) Bauchmuskulatur (C11–12)
55 Vertebrae thoracicae (Brustwirbelkörper)
Es gibt zahlreiche anatomische Varianten der Rippen,
so fehlt z. B. oft die 12. Rippe, oder es gibt überzählige
Sternum (Brustbein) Rippen, meist im Bereich der Halswirbel (Halsrippe).
Das Sternum ist ein platter Knochen, der aus 3 Teilen Die einzelnen Rippen bestehen aus:
besteht: Manubrium sterni, Corpus sterni und Pro- 55 Caput (Kopf), der per Gelenk am Brustwirbel-
cessus xiphodeus. körper ansetzt
Am oberen Teil, dem Manubrium, setzen seitlich 55 Collum (Hals), der direkt in den Corpus
symmetrisch die Claviculae (Schlüsselbeine) und die (Körper) der Rippe übergeht. Im Bereich des
beiden ersten Rippen an die Incisurae (Einkerbun- Halses ist ein kleines Höckerchen, Tuberculum,
gen) an. Der obere Rand des Manubriums ist einge- das eine Gelenkfläche mit dem Brustwirbel-
buchtet zur Incisura jugularis und bildet den unteren querfortsatz bildet
Rand der sog. Drosselgrube.
Nach unten ist das Manubrium mit dem Corpus Auf der Innenseite am unteren Rand der Rippe ist
sterni verbunden durch Faserknorpel (Symphysis eine kleine Rinne, in der versorgende Vene, Arterie
manubriosternalis). Dieser Übergang ist leicht nach und der Nerv verlaufen.
vorne abgewinkelt und als tastbare Querleiste, dem
Angulus sterni, zu spüren. In diesem Bereich liegt > Drainagenanlagen werden immer auf
auch die Incisura costalis der 2. Rippe. der Rippenoberkante angelegt, um
Am Corpus sterni setzen seitlich die Rippenpaare Verletzungen der Gefäße und Nerven zu
der 3.–7. Rippe an. vermeiden.
Der Processus xiphodeus (Schwertfortsatz) ist
über die Synchrondosis xiphosternalis mit dem
Brustbeinkörper verbunden. Vertebrae thoracicae
Die Brustwirbelsäule (BWS) befindet sich im Thorax
Praxistipp und besteht aus 12 Brustwirbeln (TH1–12). Seitlich
setzen die Rippen 1–12 an.
Der Angulus sterni dient als anatomischer Jeder einzelne Wirbel besteht aus einem Corpus
Orientierungspunkt: hier setzt die 2. Rippe an, (Körper), Arcus (Bogen) und Processus (Fortsatz).
nach unten können die weiteren Rippen bzw. Die Körper liegen übereinander und bilden die tra-
ihre Zwischenräume tastbar abgezählt werden. gende Säule unserer Wirbelsäule. Zwischen den
knöchernen Flächen sind die Disci intervertebra-
les (Bandscheiben), die als weiche bindegewebige
Polster die Energie unserer Bewegungen abdämp-
Costae (Rippen) fen und die Wirbelsäule elastisch und beweglich
Die Costae sind ebenfalls platte Knochen und machen. Die unterschiedliche Dicke der Bandschei-
bestehen aus einem knöchernen Teil, Os costale, ben trägt zu der natürlichen Krümmung der Wirbel-
und einem deutlich kürzeren, knorpeligen Teil, Os säule bei, die eine doppelte S-Form bildet:
cartilago. Es gibt 12 Rippenpaare, man unterschei- 55 Lordose (ventral konvex) der Halswirbelsäule
det zwischen: (HWS) und Lendenwirbelsäule (LWS)
55 Costae verae, „echte“ Rippen, C1–7, setzen mit 55 Kyphose (ventral konkav) der BWS und
der Os cartilago direkt in den Incisurae costales an Sakralbereich
55 Costae spuriae, C8–12, haben keine direkte
Verbindung mit dem Brustbein, sondern Die Wirbelbögen grenzen sich nach dorsal ab und
bilden gemeinsame knorpelige Verbindungen gehen über in die Querfortsätze, an denen Rippen
8 Kapitel 1 · Grundlagen der Pneumologie

und Muskulatur ansetzen, sowie dem nach dorsal Vasa publica


1 gerichtetem Processus spinosus (Dornfortsatz). Die Die Vasa publica dienen dem Gasaustausch, sie trans-
Dornfortsätze sind sehr gut tastbar, besonders die portieren das sauerstoffarme Blut (Aa. pulmonales)
Spitze des 7. Brustwirbels. aus dem Herzen in die Lungen bis zu den Alveo-
len und das sauerstoffreiche Blut (Vv. pulmonales)
Praxistipp wieder zurück zum Herzen (. Abb. 1.4).
55 Aa. pulmonales: Aus dem rechten Ventrikel des
Der Processus spinosus des 7. Brustwir- Herzens entspringt der Hauptstamm Truncus
belkörpers (BWK) lässt sich sehr gut tasten und pulmonalis, dieser teilt sich an der Trachea-
ist anatomische Marke der Wirbelsäule. bifurkation unterhalb des Aortenbogens auf in
die rechte und linke Pulmonalarterie, die am
Hilus jeweils in die Lungen eintreten. Unter
Der Körper und der Bogen der Wirbelkörper bilden vielen Aufzweigungen bilden die Pulmonal-
einen senkrechten Kanal, durch den das Rückenmark arterien ein kapillares Netzwerk auf Höhe der
verläuft. Alveolen.
55 Vv. pulmonales: Beginnen wiederum am
Kapillarnetz der Alveolen und bilden über
1.1.4 Lungenkreislauf Zusammenschlüsse größere Venen, bis
schließlich je Lunge zwei Pulmonalvenen
M. Schellenberg sauerstoffreiches Blut in den rechten bzw.
linken Vorhof des Herzens entladen. Im
Das Blutgefäßsystem der Lunge gliedert sich in zwei Gegensatz zu den Venen des übrigen Körper-
Netzwerke: kreislaufs haben Pulmonalvenen keine
55 Vasa publica Klappen.
55 Vasa privata

Ramus apicalis
A. pulmonalis Trachea
dextra
Ramus posterior A. pulmonalis
sinistra
Ramus
apicoposterior
Ramus anterior Ramus anterior
V. pulmonalis V. pulmonalis
dextra superior sinistra superior
Ramus lingularis
Ramus lobi
medii Bronchus lobaris
Bronchus inferior sinister
segmentalis V. pulmonalis
basalis medialis sinistra inferior
= cardiacus
V. pulmonalis
dextra inferior

. Abb. 1.4 Darstellung der Lungenarterien (blau), der Lungenvenen (rot) und des Tracheobronchialbaums (weiß) in der
Ansicht von vorn. Die Lungenarterien wurden nach der Kunststoffinjektion im Bereich der Bifurcatio trunci pulmonalis und die
Lungenvenen im Bereich des linken Vorhofes miteinander verbunden.
1.1 · Anatomie und Physiologie
9 1
! Cave Die Pleura viszeralis (Lungenfell) dagegen über-
Im Lungenkreislauf ist das Blut der Arterien zieht beide Lungenflügel und ist hiermit verwachsen.
sauerstoffarm, das der Venen sauerstoffreich! Sie ist etwas zarter als das Brustfell und nicht sensibel
innerviert, somit schmerzunempfindlich.
Dies ist der „kleine Kreislauf “, hier herrscht ein nied- Der Raum zwischen Brust- und Lungenfell
riger Blutdruck (ca. 20 mmHg). ist die Cavitas pleuralis, also der Pleuraspalt. In
diesem Spalt befinden sich ca. 5 ml seröse Flüssig-
> Einen Anstieg des Blutdrucks im kleinen keit, gebildet von der Pleura parietalis, vor allem
Kreislauf nennt man pulmonale Hypertonie an der Lungenspitze. Gleichzeitig wird kontinuier-
(7 Abschn. 2.14); ein Blutpfropf der Aa. lich Flüssigkeit durch die Pleura viszeralis resor-
pulmonales verursacht eine Lungenembolie biert, vor allem an der Lungenbasis. So entsteht ein
(7 Abschn. 2.13). Kreislauf, in dem etwa 300 ml Flüssigkeit pro Tag
zirkulieren.
Aus dem Herzen wird dann das sauerstoffangerei-
cherte Blut über den „großen Kreislauf “ durch den > Ein Patient mit Pleuraerguss sollte möglichst
Körper verteilt. oft im Sitzen gelagert werden, damit die
Flüssigkeit über der Lungenbasis drainieren
kann.
Vasa privata
Auch das Lungengewebe und die Bronchien selbst Durch die ständige Resorption und den Verbleib
benötigen eine Blutversorgung, hierfür dienen die geringster Flüssigkeitsmengen im Pleuraspalt
Vasa privata. Aus der thorakalen Aorta und zum Teil (Kapillareffekt) entsteht ein Unterdruck von etwa
aus alarterien entspringen die Rami bronchiales, die –3 cmH2O in Atemruhelage. Hierdurch haften die
eine Durchblutung sicherstellen. Lungen an die Thoraxwand und am Diaphragma.
Der Rücktransport zum Herzen läuft über die Bei der Inspiration dehnt sich der Brustkorb, die
Vv. bronchiales sowie V. azygos und V. hemiazygos. Lungen gleiten mit, der Unterdruck steigt weiter bis
Zwischen den Arterien und Venen des Lungen- –8 cmH2O. Dieser Effekt unterstützt auch die Rück-
kreislaufs bestehen Anastomosen, also Querver- stellkräfte des Thorax bei der Exspiration.
bindungen. Diese können bei Bedarf geöffnet oder
geschlossen werden, um den Blutfluss zu regulieren. ! Cave
Dringt Luft in den Pleuraspalt, wird der
Unterdruck aufgehoben und die Lunge fällt
1.1.5 Pleura zusammen (Pneumothorax, 7 Abschn. 2.8).

M. Schellenberg
1.1.6 Ventilation – Diffusion –
Die Pleura (Brustfell) ist eine dünne, gut innervierte Perfusion
und durchblutete seröse Haut, die aus dem Lungen-
hilum entspringt und sich in zwei Blätter aufteilt: M. Schellenberg
Pleura parietalis und Pleura viszeralis.
Die Pleura parietalis (Rippenfell) kleidet den Eine erfolgreiche Atmung beruht auf drei Säulen:
Innenraum des Brustkorbs aus. Sie ist etwas dicker als Ventilation, Diffusion und Perfusion. Wie die
die Pleura viszeralis und wird zusätzlich nach ihrer Glieder einer Kette greifen sie ineinander über, ent-
anatomischen Lage bezeichnet: Pars apicalis (Pleu- sprechend haben Störungen der einzelnen Kompo-
rakuppel), diaphragmatica (Zwerchfell), costalis nenten Auswirkungen auf das ganze System. Ein
(Rippen) und mediastinalis (Mediastinum, ­zwischen Grundverständnis der Atemphysiologie hilft uns,
beiden Lungen). Durch die dichte nervale Versor- im Alltag Probleme der Atmung schneller einzu-
gung ist das Rippenfell sehr schmerzempfindlich. grenzen (. Abb. 1.5).
10 Kapitel 1 · Grundlagen der Pneumologie

1 pO2 pCO2

150 mm Hg ~ 0 mm Hg

Lunge Ventilation Konvektion

O2 CO2

Alveolen 100 mm Hg 40 mm Hg
Diffusion
90-100 mm Hg 40 mm Hg

Blutkreislauf
Konvektion

40 mm Hg 45 mm Hg
Diffusion
40 mm Hg 45 mm Hg
O2 CO2
Gewebe

Zellen
Diffusion
Mitochondrien < 5 mm Hg > 45 mm Hg

. Abb. 1.5 Gasaustausch. Sauerstoff gelangt durch die Ventilation über die Atemwege schließlich an die alveolokapilläre
Gasaustauschstrecke. Hier diffundiert er in das Blut und wird mit diesem zu den Organen und Geweben des Körpers
transportiert. Der Sauerstoff diffundiert dann aus dem Blut in die Gewebe und gelangt schließlich als Elektronenakzeptor in die
Mitochondrien. (Aus Matthys und Seeger 2008)

Ventilation erfordert aktive Muskelarbeit. Durch die Kon-


Die Ventilation umfasst Inspiration und Exspi- traktion des Zwerchfells nach unten und Kon-
ration und dient dem Transport von Atemgasen. traktion der externen Interkostalmuskeln mit
Zur Ventilation notwendig sind luftleitende und Hebung des Brustkorbs entsteht ein Sog am Lun-
luftenthaltende Strukturen (von Nase/Mund bis gengewebe und Luft wird eingezogen. Unterstüt-
in die Alveolen), aber auch Muskeln (Zwerch- zend können inspiratorische Atemhilfsmuskeln
fell, Atemhilfsmuskeln), die wie ein Motor die (z. B. M. sternocleidomastoideus, Mm. scaleni,
Luft in Bewegung bringen. Die Inspiration Mm. serratus, pectorales major/minor) eingesetzt
1.1 · Anatomie und Physiologie
11 1
werden. Die Exspiration erfolgt überwiegend
passiv über elastische Rückstellkräfte und interne
Interkostalmuskeln. Zusätzlich können exspira-
torische Atemhilfsmuskeln (z. B. Mm. latissimus
dorsi, rectus abdominis, obliquus ext/int abdomi-
nis) eingesetzt werden.
Atemhilfsmuskeln werden verstärkt aktiv bei
starker Anstrengung oder chronischen Lungen-
erkrankungen (. Abb. 1.6).
Gemessen wird die Ventilation in der Spirometrie
(7 Abschn. 1.2.3):
55 Atemzugvolumen: In- und Exspirationsvo-
lumen in Ruhe, bei Erwachsenen ca. 500 ml
55 Inspiratorisches Reservevolumen: Volumen,
das unter Anstrengung in der Inspiration
maximal erreicht werden kann, ca. 3 l
55 Exspiratorisches Reservevolumen: Volumen, . Abb. 1.6 Thorakale und abdominelle
das nach normaler Ausatmung noch Atemhilfsmuskulatur. (Aus Schmidt et al. 2011)
forciert zusätzlich ausgeatmet werden
kann, ca. 1 l
> Eine Störung der Ventilation und somit
Das Atemzeitvolumen (auch Atemminutenvolumen inadäquate Belüftung der Alveolen =
= AMV) ist ein wichtiger Parameter der Ventilation alveoläre Hypoventilation.
in der Beatmungsmedizin:
AMV = Atemzugvolumen × Atemfrequenz
In Ruhe beträgt das AMV ca. 7 l/min, allerdings Diffusion
entfallen davon 2 l/min auf die Totraumventilation, Den bidirektionalen Austausch von Atemgasen
etwa 5 l/min werden alveolär ventiliert und dienen (Oxygenierung und Descarboxylierung) nennt
somit dem Gasaustausch. man Diffusion. Sie findet auf Alveolarebene statt und
Steigt der Sauerstoffbedarf, kann der Körper die hängt ab von verschiedenen Faktoren:
Ventilation auf zwei Weisen steigern: 55 Differenz der Gaspartialdrücke: Sauerstoff
55 Steigerung der Atemfrequenz und Kohlendioxid haben als Gase einen
55 Vertiefung des Atemzugvolumens physikalischen Partialdruck, der sich verändert
je nach Umgebungsfaktoren. Das Gefälle der
So kann das AMV auf bis zu 120 l/min gesteigert Drücke zwischen dem Gasgemisch der Alveolen
werden! und dem Blut der vorbeiziehenden Kapillare
Störungen der Ventilation entstehen durch: bewirkt einen „Sog“ der Gase, sodass sie durch
55 Bronchiale Obstruktion (Schleim, Obstruktion, die Alveolarwand hindurchtreten können. Nach
Tumor, Fremdkörper) einer Kontaktzeit von nur 0,5 Sekunden findet ein
55 Spasmen der endobronchialen vollständiger Ausgleich der Partialdrücke statt.
Muskulatur 55 Krogh‘scher Diffusionskoeffizient: Physika-
55 Muskuläre Schwäche lischer Koeffizient, für jedes Gas spezifisch.
55 Knöcherne Deformitäten des Thorax Für Kohlendioxid ist dieser 23-mal höher als
55 Intra- oder extrapulmonale Herabsetzung für Sauerstoff → unter gleichen Bedingungen
der Lungendehnbarkeit (Lungenfibrose, diffundiert 23-mal mehr CO2 als O2.
Pleuraerguss) 55 Diffusionsstrecke: Dicke der Wand, die
55 Ausfall der zentralen Steuerung überwunden werden muss.
12 Kapitel 1 · Grundlagen der Pneumologie

55 Diffusionsfläche: Zur Verfügung stehende Mitochondrien der Körperzellen. Der Weg dazwi-
1 Fläche der Alveolen. schen umfasst neben der Ventilation, Diffusion und
Perfusion (7 Abschn. 1.1.6) auch die kardiale Vertei-
Störungen der Diffusion entstehen durch: lung, hämatologische Transportsysteme und Isoen-
55 Verlängerung der Diffusionsstrecke zyme der Atmungskette auf Zellebene. Es gibt ver-
(Lungenödem, -entzündung, -blutung, schiedene Möglichkeiten, den Sauerstofftransport im
Lungenfibrose) Köper zu quantifizieren.
55 Verminderung der Diffusionsfläche
(Lungenemphysem, Tumor, Lungenfibrose,
Lungenresektion) Sauerstoffsättigung (SpO2)
55 Verminderung der Kontaktzeit (gesteigertes Die Messung der Sauerstoffsättigung ist die häufigste
Herzzeitvolumen, Anämie) und alltagstauglichste Methode, sie wird am Puls-
oxymeter gemessen. Die O2-Sättigungsmessung gibt
> Diffusionsstörungen sind Oxygenierungs- an, wie viel Prozent der Hämoglobinkörper (Hb) des
störungen. Aufgrund der deutlich höheren kapillären Blutsystems mit Sauerstoff beladen sind.
Diffusionskapazität des CO2 entstehen praktisch Die Bindungsaffinität (Bindungsfreudigkeit) des Hb
keine messbaren CO2-Diffusionsdefizite. zu O2 hängt von äußeren Faktoren wie Temperatur,
pH oder CO2 ab. Somit kann die Sauerstoffsättigung
schwanken, ohne dass sich die Gesamtmenge an
Perfusion O2-Molekülen im Blut wirklich verändert hat – sie
Die Pulmonalarterien und -venen bestreiten zusam- verteilen sich nur anders.
men mit den Lungenkapillaren die Perfusion, sie
sind wesentlich für die Verteilung der Atemgase. > Fieber, pH-Abfall oder Hyperkapnie können
Dabei wird die Lunge unterschiedlich durchblutet. einen Abfall der gemessenen Sauerstoff-
Im Sitzen oder Stehen erhalten die unteren Partien sättigung bewirken durch eine verminderte
deutlich mehr Blut als die Lungenspitzen – beim lie- Bindung der O2-Moleküle am Hämoglobin.
genden Menschen folgt die Durchblutung ebenfalls
der Schwerkraft und verteilt sich dorsal flächig.
Zudem wird die regionale Blutverteilung über Sauerstoffpartialdruck (PaO2, arteriell)
den Euler-Liljestrand-Mechanismus mitbestimmt: Die treibende Kraft des Sauerstoffs zum Übertritt aus
eine Abnahme des alveolaren Sauerstoffpartialdrucks der Alveole in das Kapillarsystem bzw. dann in die
führt physiologischerweise zu einer Abnahme der einzelnen Körperzellen ist der Sauerstoffpartialdruck
Durchblutung in diesem Bereich. So versucht der (pO2, arteriell PaO2, beide Abkürzungen werden häufig
Körper, den Gasaustausch zu optimieren. synonym verwendet). Diesen Partialdruck können wir
Störungen der Perfusion entstehen durch: in einer Blutgasanalyse (BGA) messen. Der Ausgangs-
55 Arterielle Hypotonie (Schock) partialdruck der Inspirationsluft hängt vom Luftdruck
55 Lungenarterienembolie der Umgebung ab und ist in den Bergen niedriger als
55 Pulmonale Hypertonie auf Meereshöhe. Der Gesamtdruck der Umgebungs-
55 Sepsis mit Mikrothromben luft setzt sich aus den Teildrücken der Umgebungsgase
zusammen (Stickstoff, Sauerstoff, Kohlendioxid und
Edelgase). Die Fraktion (Anteil, FiO2) des O2 in der
1.1.7 Sauerstofftransport Luft bleibt dabei immer gleich: 21%.
Der PO2 beträgt auf Meereshöhe etwa 150 mmHg
M. Schellenberg in den großen Atemwegen, durch die zunehmende
Erwärmung und Befeuchtung sinkt er bis in die
Der Sauerstofftransport des Körpers beginnt mit der Alveolen auf 100 mmHg. Der weitere Verlust des
Ventilation in den oberen Atemwegen und endet Partialdrucks während des Transports im Kreislauf-
mit der Übergabe einzelner O2-Moleküle an den system ist erheblich, an einer Körperzelle herrschen
1.1 · Anatomie und Physiologie
13 1
nur noch ca. 5 mmHg. Somit ist ein Mindestpartial- > Im klinischen Alltag ist die Beobachtung der
druck als Ausgangsdruck dringend notwendig, um Herz- und Atemfrequenz sehr wichtig, um
die Atmung auf Zellebene noch zu ermöglichen. Hypoxämien frühzeitig zu erkennen.

> Mit steigender Höhe sinkt der Sauerstoff-


partialdruck, er beträgt z. B. am Mont Blanc 1.1.8 Die Atempumpe
(4810 m ü. NN) nur etwa 78 mmHg in der
Inspirationsluft. Unter Normoventilation M. Schellenberg
würde dieser Druck nicht ausreichen zur
Atmung, physiologisch setzt daher eine Die Atempumpe ist eine zusammenhängende neuro-
kompensatorische Hyperventilation ein. muskuläre Einheit zur Steuerung und Ausführung
der Ventilation. Neben dem zentralen Nervensystem
zählen periphere Nerven, Muskelrezeptoren und die
Sauerstoffangebot (DO2) Muskeln selbst zur Atempumpe.
Zum weiteren Verständnis des Sauerstoffsystems Durch Ventilation werden An- und Abtransport
trägt das Sauerstoffangebot (DO2) bei. des Atemgases ermöglicht.
DO2 = Sauerstoffgehalt (CaO2) × Herzminuten- Wie auch andere periphere Muskeln können
volumen (HMV) Atemmuskeln sich erschöpfen – oder falsch gesteu-
Der Sauerstoffgehalt entspricht den zur Verfü- ert werden. Dann wird das Gleichgewicht zwischen
gung stehenden O2-Molekülen. Dabei wird berück- der verfügbaren und der notwendigen Muskelleis-
sichtigt, wie viel O2 tatsächlich im Blut gebunden tung gestört. Das Ergebnis ist eine alveoläre Hypo-
werden kann. ventilation (Minderbelüftung) der Lunge. Respirato-
→ CaO2 = Sauerstoffsättigung (SaO2) × Hämo- rische Insuffizienz (7 Abschn. 1.1.9) mit Hyperkapnie
globin (Hb) × 1,34 (Hüfner-Zahl) (Anstieg des CO2) ist die primäre Folge und Aus-
Die Hüfner-Zahl ist ein Bindungskoeffizient und druck eines Atempumpenversagens.
gibt an, welches Volumen Sauerstoff von 1 g Hb gebun- Störungen können an jeder Komponente des
den werden kann (1,34 ml). Das Hämoglobin ist ein Systems auftreten (. Abb. 1.7).
Molekül, bestehend aus einem zentralen Eisenkern Vom Stammhirn aus wird die Atmung gesteu-
und 4 Proteinketten. Das Hämoglobin ist in den Eryth- ert (1. Motoneuron). Hier gehen Informationen aus
rozyten enthalten und wird durch diese transportiert. dem Blut (arterieller PaO2, PaCO2, pH) und aus Deh-
Das HMV ist eine kardiale Größe, die eine kar- nungsrezeptoren (Zwerchfell, Thoraxwand, Atem-
diale Auswurfsleistung widerspiegelt. Diese Größe ist wege) ein, was bedarfsorientiert zu einer Anpas-
wesentlich, um den ventilierten und aufgenommenen sung der Ventilation durch Änderung der Atemtiefe
Sauerstoff tatsächlich an die Zielzellen des Körpers zu und -frequenz führt. Schädigungen des Stammhirns
bringen. Fehlt die kardiale Leistung zum Sauerstoff- oder der zentralen Leitungsbahnen entkoppeln diese
transport, so entsteht eine Hypoxämie – trotz ausrei- Anpassung.
chender Gesamtmenge Sauerstoff im Körper. Verfolgt man die nervale Bahn weiter, landet man
→ HMV = Herzfrequenz (HF) × Auswurfsvolu- auf Rückenmarksebene, einer weiteren Schaltzent-
men (Ejektionsfraktion, EF) rale (das 2. Motoneuron). Von hier aus beginnt das
Menschen, die chronisch mit einer Hypoxämie periphere Nervensystem (PNS), welches die Atem-
leben (z. B. in großer Höhe oder auch erkrankungs- muskulatur steuert. Übertragungsort der Nervenim-
bedingt, z. B. chronisch obstruktive Lungenerkran- pulse an die Muskeln ist die Muskelplatte, und zwar
kung, COPD), zeigen Mechanismen zur Kompen- durch chemische Transmitter (Acetylcholin) an spe-
sation der Hypoxämie: Steigerung der Herz- und zielle Rezeptoren. Hierdurch wird eine Muskelkon-
Atemfrequenz, der Auswurffraktion des Herzens, vor traktion ausgelöst.
allem aber einen Anstieg des Hämoglobulins (Poly- Ohne nervale Impulse können Muskeln nicht
globulie). Auf diese Weise versucht der Körper, den kontrahieren – und ohne regelmäßige Kontrak-
Sauerstofftransport zu optimieren. tion kommt es zu neuromuskulärer Degeneration
14 Kapitel 1 · Grundlagen der Pneumologie

1 ZNS
Atemantrieb
Verletzungen
Atemzentrum
Gehirn/Rückenmark
1. Motoneuron
Neuromuskuläre
Erkrankungen (z.B. ALS)
Medikamentös/toxisch

Peripheres
Nervensystem
PNS ALS
2. Motoneuron Entzündlich (z.B. viral)
PNP (Diabetes mellitus)

Übertragung der
Neurotransmitter
Myasthenia gravis
Neuromuskuläre Lambert -Eaton-Syndrom
Endplatte Toxisch (Tetanus,
Botulismus)

Muskelmechanik
Muskulodegenerativ (z.B.
Morbus Duchenne)
Inspirationsmuskulatur Muskelatrophie

Thoraxstabilität
Schmerzhafte
Rippenbrüche
(Schonatmung)
Knöcherner Thorax (Kypho -) Skoliose
Post-Tbc-Syndrom

Intrathorakal
Chronische Überlastung
Pleura der Atemmuskulatur (z.B.
Alveolen COPD, Pleuraasbestose)

. Abb. 1.7 Die Atempumpe und mögliche Störungen. ALS amyotrophe Lateralsklerose, COPD chronisch obstruktive
Lungenerkrankung, PNP Polyneuropathie, Tbc Tuberkulose
1.1 · Anatomie und Physiologie
15 1
(Muskelabbau durch neurale Erkrankungen, z. B. Hypoxämisches Versagen (früher:
amyotrophe Lateralsklerose, ALS). Die muskuläre respiratorische Partialinsuffizienz)
Kraft reicht dann nicht mehr zur Ventilation. Typischerweise liegt eine Störung des Lungenpar-
Auch können die Muskeln primär zugrunde enchyms vor, alternativ auch ein kardiopulmonales
gehen, z. B. durch angeborene Muskeldystrophien Problem. Als Folge entsteht eine Hypoxämie (Mangel
(z. B. Morbus Duchenne). an Sauerstoff im Blut). Der Gehalt an CO2 im Blut ist
Die Lungen und der knöcherne Thorax gehören dabei noch normal oder sogar erniedrigt durch eine
nicht primär zur Atempumpe. Dennoch können kompensatorische Hyperventilation (Mehratmung).
Erkrankungen der Lunge (z. B. COPD, Fibrose), Die Beschwerden einer Hypoxämie können sehr
der Pleura (z. B. Asbestose) oder des Skeletts (z. B. unterschiedlich sein und hängen vorwiegend von der
schwere Skoliose) zu einer dauerhaften Überanstren- Grunderkrankung ab. Oft – aber nicht immer! – geht
gung der Atemmuskulatur führen. Die Atemarbeit die Hypoxämie mit Dyspnoe einher.
ist dabei erhöht durch bronchiale Obstruktion oder
auch verminderte Dehnbarkeit des Lungengewebes. > Dyspnoe muss nicht mit einer Hypoxämie
Um eine ausreichende alveoläre Ventilation einhergehen – und umgekehrt.
zu sichern und somit O2 und CO2 im Blut stabil
zu halten, muss die Atemmuskulatur mehr Arbeit Die Therapie eines hypoxämischen Versagens fußt
leisten. Im Verlauf kann diese Mehrleistung nicht immer auf einer Behandlung der Grunderkrankung
mehr erbracht werden, die Muskulatur erschöpft (Infektbehandlung, Diurese etc.) – die Sauerstoffgabe
sich, es entsteht ein Atempumpenversagen. ist essenziell zur Anhebung des O2-Werts und Ent-
lastung der Atmung.

1.1.9 Respiratorische Insuffizienz


Hyperkapnisches Versagen (früher:
Die respiratorische Insuffizienz untergliedert sich in respiratorische Globalinsuffizienz)
zwei Störungsgruppen: hypoxämisches und hyper- Das hyperkapnische Versagen wird auch ventila-
kapnisches (= ventilatorisches) Versagen. Die patho- torisches Versagen genannt, was den Ursprung des
physiologische Ursache ist jeweils sehr unterschied- Defizits gut widerspiegelt. Im Gegensatz zum hyp-
lich und daher zu genau zu differenzieren (. Tab. 1.1). oxämischen Versagen stehen nicht nur Parenchym-
Zur Diagnostik ist eine Blutgasanalyse erforderlich. veränderungen im Fokus, sondern auch Störungen

. Tab. 1.1 Hypoxämisches und hyperkapnisches Versagen

Hypoxämisches Versagen Hyperkapnisches Versagen

Primäre Ursache Lungenparenchym, kardiorespiratorische Störung Störung der Atempumpe


PaO2 Niedrig Niedrig (bis normal)
PaCO2 Normal (bis niedrig) Erhöht
Beispiele Akut: Akut:
– Pneumonie – Exazerbation COPD
– Lungenödem – Stenose der oberen Atemwege
– Lungenembolie – Störung des Atemzentrums (toxisch)
– ARDS („acute respiratory distress syndrome“)
Chronisch: Chronisch:
– Fibrose – COPD
– Chronische Herzinsuffizienz (Lungenstauung) – Neuromuskuläre Erkrankung
– Pulmonale Hypertonie – Skoliose
– Emphysem – Post-Tbc
16 Kapitel 1 · Grundlagen der Pneumologie

der Atempumpe (7 Abschn. 1.1.8). Durch eine alveo- in Rachen, Luftröhre, Bifurkation, Pleura, Peri-
1 läre Hypoventilation (Minderbelüftung) entwickelt kard, Zwerchfell und Ohrkanal stimuliert werden.
sich neben einer Hypoxämie auch eine Hyperkapnie. Es gibt verschiedene Arten von Hustenrezeptoren,
Im Gegensatz zum hypoxämischen Versagen ist die mechanische Reize (z. B. Fremdkörper, Staub,
„nur“ eine Sauerstoffgabe meist nicht ausreichend, Pollen), thermische Reize (z. B. kalte Luft) oder che-
auch wenn sie hilfreich sein kann: durch den Anstieg mische Reize (z. B. Botenstoffe bei Entzündung,
der alveolären O2-Fraktion kann pro Atemzug mehr Rauch) als Impulse an das Hustenzentrum (Medulla
Sauerstoff aufgenommen werden. Das Atemzentrum oblongata, Pons) weiterleiten.
reagiert hierauf mit einer Abnahme der Ventilation Die Weiterleitung findet über die sensiblen
(erkennbar an einem weiteren CO2-Anstieg), um die (afferenten) Fasern von Hirnnerven, vor allem des
erschöpfte Atemmuskulatur zu entlasten. N. vagus unter Mitbeteiligung von N. trigeminus,
Gleichzeitig wird eine Gefahr hierbei deutlich: N. glossopharyngeus, statt. Das Hustenzentrum ver-
Die Hypoventilation steigt, das CO2 daher ebenso. arbeitet den jeweiligen Reiz und trifft die Entschei-
Reicht diese Erholungsphase nicht aus zur Rekom- dung: Husten – oder auch nicht.
pensation, kann eine O2-Gabe Patienten mit venti- Zum Husten werden dann die entsprechenden
latorischem Versagen in eine schwere Hyperkapnie Impulse über motorische (efferente) Nervenfasern
hineintreiben – und sogar bis hin zum Koma führen. an die ausführenden Organe (Zwerchfell, Kehlkopf,
Interkostal-, Bauchwand- und Rückenmuskulatur)
! Cave übergeleitet.
O2-Gabe bei ventilatorischem Versagen Anmerkung: Zentral wirksame Medikamente
sorgfältig mit Blutgasanalysen überwachen! wie Codein hemmen den Hustenreflex auf der Ebene
der Verschaltung im Hirnstamm.
Eine dauerhafte Entlastung der Atemmuskulatur lässt
sich nur durch eine Beatmung herbeiführen. Dabei
hat der Stellenwert der nichtinvasiven Beatmung Willkürlicher Husten
(NIV) in den letzten Jahren erheblich zugenommen Im Hustenzentrum bestehen Verbindungen zum
und gehört zum Therapiestandard bei akutem und Atemzentrum (Atemrhythmus-Generator) und zur
chronischem hyperkapnischen Versagen. Großhirnrinde (Cortex cerebri). Dort wird der will-
kürliche Husten, das Gefühl der Notwendigkeit zu
Husten („urge to cough“), die willkürliche Husten-
1.1.10 Husten unterdrückung und die Beeinflussung durch psycho-
logische Faktoren veranlasst.
G. Iberl

Husten ist ein komplexer, zentralnervös gesteuerter, Mechanik des Hustenstoßes


explosionsartiger Vorgang der Exspiration. Dabei Auf eine tiefe Einatmung folgt der Verschluss der
werden große intrathorakale Drücke (≥140 mbar) Stimmritze im Bruchteil einer Sekunde.
und hohe lineare Strömungsgeschwindigkeiten Die eingeatmete Luft wird von der Ausatemmus-
(≥600 km/h) erzeugt, damit Fremdkörper und kulatur gegen die verschlossene Stimmritze gepresst,
Sekrete aus den oberen Atemwegen und den Bron- dabei wird das Zwerchfell nach oben gedrängt und
chien bis zur 7.–8. Generation entfernt werden der Druck im Bauchraum stark erhöht (Valsalva-
können. Manöver). Dann öffnet sich die Stimmritze schlag-
artig und sehr weit, und die dynamische Kompres-
sion der Atemwege unter Geräuschentwicklung führt
Husten als Reflex zur Expulsion. Die elastische Hinterwand der Luft-
Husten ist ein lebensnotwendiger Schutzreflex, der röhre (Pars membranacea) legt sich außerdem näher
unwillkürlich abläuft, wenn die sensorischen Ner- an die Knorpelspangen an, was zu einer zusätzlichen
venendigungen (Hustenrezeptoren) der Schleimhaut Flussbeschleunigung und besseren Elimination von
1.2 · Diagnostik: Basics
17 1
Sekret oder Fremdkörpern führt. Danach erschlaffen
. Tab. 1.2 Normwerte Blutgasanalyse (arteriell)
Zwerchfell und Bauchmuskulatur wieder.
Parameter Einheit
z Thixotropie
Hustenstöße vermindern durch die mechanische pH 7,35–7,45
Krafteinwirkung auf die Bronchien die Viskosität pCO2 mmHg 35–45
des Sekrets für einen kurzen Zeitraum. Zum Ver- PaO2 a mmHg 80–100
gleich: Ketchup fließt z. B. nur dann aus der Glasfla- SO2 % 90–100%
sche, wenn diese vorab geschüttelt wurde, um danach
Standardbicarbonat mmol/l 22–26
wieder fest zu werden. (HCO3–)
Basenabweichung (BE) mmol/l –2–2
Komplikationen beim Husten
a Der PaO
Neben der Ansteckungsgefahr bei infektiösem 2 sinkt mit steigendem Alter.

Husten, die für die Mitmenschen ausgeht, können


durch unkontrolliertes, salvenartiges Husten Kom- und technischen Voraussetzungen des Analysators
plikationen für den Kranken entstehen. zusätzlich der Hämoglobinwert, Hämoglobinderi-
Beispiele: vate (z. B. Carboxyhämoglobin [HbCO]), Elektrolyte,
55 Rippenfrakturen bei Osteoporose Laktat und Glukose bestimmt werden (. Tab. 1.2).
55 Hustensynkope (Bewusstseinsverlust durch Akute Änderungen des pCO2-Wertes verändern
intrathorakale Drucksteigerung und vermin- in der Regel den pH-Wert.
derten venösen Rückfluss)
55 Leistenhernie Praxistipp
55 Harninkontinenz
55 Gastroösophagealer Reflux Viele Blutwerte (z. B. Hb, Elektrolyte, Laktat und
55 Mediastinalemphysem Glukose) können im Notfall rasch bestimmt
werden, während laborchemische Blutproben
verarbeitet werden. Eine Messungenauigkeit
1.2 Diagnostik: Basics ist jedoch stets miteinzukalkulieren.

1.2.1 Blutgasanalyse

J. Hausmanns Technik der Gewinnung


Auf Intensivstationen mit bereits liegenden arte-
Im Rahmen einer Blutgasanalyse (BGA) kann neben riellen Zugängen kann auch über das Pflegeperso-
einer Lungenfunktionsstörung das Zusammenspiel nal eine direkte Entnahme der arteriellen Blutprobe
von Stoffwechsel (Nierenfunktion, anaerobe Glyko- mit einer speziellen Monovette erfolgen. Eine arte-
lyse) und Atmung untersucht werden. Die Funktion rielle Punktion (i.d.R. der A. radialis, ggf. auch A.
der Lunge kann hierbei sowohl durch die Sauerstoffauf- femoralis) ist in der Regel ärztliche Aufgabe. Bei einer
nahme (Oxygenierung) als auch die Ventilation (Koh- verminderten peripheren Durchblutung, wie sie bei
lenstoffdioxidabgabe) näher charakterisiert werden. Schockzuständen auftreten kann, stellt die arterielle
Hierzu werden der Partialdruck von Sauerstoff Blutgasanalyse das Mittel der Wahl dar.
(PaO2) sowie Kohlenstoffdioxid (pCO2) im Blut Bei einer venös gewonnenen Probe sind lediglich
bestimmt. der pH-Wert sowie in geringerem Umfang der pCO2
Darüber hinaus können die Sauerstoffsättigung verwertbar. Sauerstoffpartialdruck sowie Sauerstoff-
(SpO2), der pH-Wert des Blutes, der Säure-Basen- sättigung sind nicht beurteilbar.
Haushalt (Standardbicarbonat [HCO3–], Basen- Im klinischen Alltag (insbesondere auf Normalsta-
überschuss [BE]) sowie je nach Geräteeinstellung tion) ist meist eine kapilläre Blutgasanalyse, gewonnen
18 Kapitel 1 · Grundlagen der Pneumologie

aus Ohrläppchen oder Fingerbeere, das Mittel der Wahl der Probe ist wichtig, um Verfälschungen der Werte
1 und in Hinblick auf Genauigkeit und klinische Aus- zu verhindern.
sagekraft gut geeignet (Zavorsky et al. 2007). Vor der Fehlerquellen: Nicht ausreichende Durchblu-
Punktion sollte eine höhere Arterialisierung mit einer tung zeigt falsch erniedrigte pO2-Werte, Luftbläs-
durchblutungssteigernden Salbe erfolgen. Eine kapil- chen erzeugen zu hohe O2-Werte.
läre Blutgasanalyse kann nach entsprechender Einwei-
sung auch durch Pflegepersonal durchgeführt werden.
Interpretation
z Praktisches Vorgehen Prinzipiell werden in Abhängigkeit vom pH-Wert
Azidosen und Alkalosen unterschieden. Diese
Vorbereitung der Haut Ca. 10–15 min vor geplan- können eine respiratorische und/oder metabolische
ter Punktion Einreiben der zu punktierenden Stelle Ursache haben (. Tab. 1.3).
mit erwärmender Salbe. Präferenz Ohrläppchen, da
weniger schmerzhaft als Fingerbeere. z Praktisches Vorgehen
55 pH-Wert anschauen! Azidose (pH <7,35) oder
! Cave Alkalose (pH >7,45)?
Kontakt mit der Salbe vermeiden, zu viel oder 55 Respiratorische oder metabolische Störung? → Bei
versehentlich aufgetragene Salbe lässt sich primär respiratorischen Erkrankungen ändern
im Gesicht mit Hautcreme oder Speiseöl und sich pH und pCO2 gegenläufig, bei metabolischen
am Auge mit Vaseline wieder entfernen. Erkrankungen ändern sie sich gleichsinnig.
55 Ist lediglich der pO2 erniedrigt, so liegt eine
Material Währenddessen benötigte Materialien respiratorische Partialinsuffizienz vor, ist
zusammenstellen: zudem der pCO2 erhöht, handelt es sich um ein
55 Einmal-Lanzetten hyperkapnisches Versagen.
55 Abwurfbehälter
55 Einmal-Handschuhe Beispiele für respiratorische Azidosen (ATS –
55 Desinfektionsmittel ­ merican Thoracic Society, Kaufman 2016):
A
55 BGA-Kapillaren 55 Obstruktive Atemwegserkrankungen,
55 Verschlussnoppen (luftdichter Verschluss nach z. B. Asthma, COPD
Punktion wichtig) 55 Restriktive Erkrankungen
55 Metallstift (verhindert durch Bewegung bis zur 55 ZNS-Erkrankungen
Analyse die Gerinnung) 55 Schlafbezogene Atmungsstörungen (Obesitas-
Hypoventilationssyndrom – OHS, obstruktive
Punktion und Verarbeitung der Probe Abwischen Schlafapnoe – OSA)
der Salbe, danach Punktion des Ohrläppchens (am 55 Neuromuskuläre Erkrankungen
besten seitliches Ohrläppchen zur besseren Hand-
habung) und Auffangen des Blutes mittels BGA-­
Kapillare. Es sollten keine Lufteinschlüsse im Kapil- . Tab. 1.3 Interpretation Blutgasanalyse
lar-Röhrchen auftreten, da sonst das Ergebnis
­fehlerhaft sein kann oder technische Probleme bei Störung Ursache pH-Wert pCO2
der Auswertung auftreten können.
Azidose Respiratorisch pH↓ pCO2↑
Anschließend erfolgt das Einlegen eines Metall-
stiftes und der luftdichte Verschluss der Probe mittels Azidose Metabolisch pH↓ pCO2↓
Verschlussnoppen. Der Metallstift sorgt für eine Alkalose Respiratorisch pH↑ pCO2↓
gute Durchmischung der Probe und verhindert die Alkalose Metabolisch pH↑ pCO2↑
Gerinnung. Eine möglichst schnelle Verarbeitung
1.2 · Diagnostik: Basics
19 1
Beispiele für respiratorische Alkalosen: Die Durchführung ist einfach und risikolos,
55 ZNS-Erkrankungen mit Hyperventilation aus den abgeleiteten Kurven lassen sich wichtige
(traumatisch, infektiös, Hirnödem) Informationen ersehen: Lagetyp des Herzens,
55 Hypoxämie Rhythmusgeber (Sinusknoten oder anderer), Herz-
55 Drogen frequenz, Regelmäßigkeit, Extrasystolen (Extra-
55 Schmerz, Angst schläge), normale Erregungsausbreitung u.v.m.
55 Schwangerschaft, Leberkrankungen, Sepsis, Auffälligkeiten im EKG lassen Rückschlüsse auf
Hyperthyreose Erkrankungen wie Ischämie (Durchblutungsstö-
rungen) oder Hypertrophie der Herzmuskelwand
Beispiele für metabolische Alkalosen: zu. Unregelmäßigkeiten oder häufige Extrasystolen
55 Gastrointestinaler Verlust von Säure können hinweisend auf Störungen des Elektrolyt-
55 Renaler Verlust von Säure haushaltes sein. Eine Beurteilung der Auswurfleis-
tung ist jedoch nicht möglich.
Beispiele für metabolische Azidosen: Wesentlich zur Beurteilung des EKGs ist eine
55 Laktatazidose gute Qualität der Ableitungen. Meist wird ein sog.
55 Diabetische Ketoazidose 12-Kanal-EKG abgeleitet, hierfür werden 12 Elek-
55 Urämie troden platziert und eine unipolare (Elektrode →
Impuls nach außen) Ableitung durchgeführt. Alter-
nativ werden beispielsweise zur Überwachung nur
3 Elektroden (Ampel-Schema) geklebt und somit
1.2.2 Elektrokardiogramm bipolar (Potenzial zwischen 2 Elektroden) abgeleitet.

M. Schellenberg
> Ampel-Schema: rechter Arm rot, linker Arm
Die Kontraktionen des Herzmuskels werden durch gelb, linkes Bein grün.
elektrische Impulse ausgelöst.
Das Elektrokardiogramm (EKG) dient der Auf-
zeichnung der elektrischen Potenziale aller Herzmus- Falsch oder schlecht geklebte Elektroden verfälschen
kelzellen. Der Taktgeber des Herzens ist der Sinus- das Ergebnis.
knoten (an der Herzbasis). Von hier aus breiten sich Bei der Durchführung sollte beachtet werden:
Erregungen über Leitungsbahnen bis in die Herz- 55 Behaarung an Positionen entfernen
spitze. Dann kehrt sich die Erregung um und bildet 55 Möglichst flache Lagerung
sich zur Basis wieder zurück. 55 Gewünschte Ableitungen platzieren, ggf.
Dabei entstehen charakteristische Zacken, die Schaubild zur Hand nehmen
positiv (nach oben ausschlagen) oder negativ (nach 55 Den Patienten ruhig und entspannt atmen
unten) sind (. Abb. 1.8). lassen, nicht wackeln, nicht sprechen

. Abb. 1.8 Normal konfiguriertes EKG


20 Kapitel 1 · Grundlagen der Pneumologie

1.2.3 Lungenfunktion Grundlage der Schweregradeinteilung bei COPD


1 (GOLD, 7 Abschn. 2.1).
M. Schellenberg Normal: ca. 70–80% der VC.

Lungenfunktionsprüfungen spiegeln die venti- Tiffeneau-Index, relative FEV1 Verhältnis der FEV1
latorische Funktion der Lunge wider und geben zu VC, normal >70%. Die Erniedrigung zeigt eine
Informationen über pulmonale Erkrankungen. Obstruktion an.
Die Lungenfunktion ist wesentlich zur Diagnose
einer pulmonalen Erkrankung, aber auch für deren Maximaler exspiratorischer Spitzenfluss (PEF) Zu
Verlauf. Sie dient der Unterscheidung einer obstruk- Beginn der forcierten Exspiration herrschen die
tiven vs. restriktiven Lungenerkrankung und hilft zur schnellsten Atemflüsse, da die Luft zunächst aus den
präoperativen Risikoabschätzung. großen Atemwegen mobilisiert wird. Der Spitzen-
Die Untersuchung erfordert eine aktive Mitarbeit fluss (Peak Flow) entspricht PEF. Mittels Heimmess-
des Patienten, man unterscheidet zwischen der Spi- geräten kann der PEF regelmäßig durch die Patienten
rometrie und einer Bodyplethysmografie (BP). selbst überprüft werden, z. B. zur Asthmakontrolle.
Normal: >450 ml/min (alters- und
größenabhängig).
Spirometrie
In der Spirometrie werden dynamische Volumina Maximaler exspiratorischer Fluss, prozentual zur gesam-
gemessen, also aktiv bewegte Luftkompartimente. ten Exspiration (MEF 75/50/25) Unter fortschreitender
Über einen Flusssensor werden dabei Atemflüsse Exspiration wird Luft aus immer kleiner werdenden
gemessen, sowohl in Ruheatmung als auch unter maxi- Atemwegen mobilisiert, die Messung der Atemflüsse
maler In- und Exspiration. Diese werden dann als abso- zu unterschiedlichen Zeitpunkten (z. B. MEF25 = noch
lute Zahlenwerte, Prozente vom Sollwert und grafisch 25% der VC exspiratorisch vorhanden) gibt Auskunft
in Form einer Fluss-Volumen-Kurve festgehalten. über die Obstruktion verschiedener Etagen. Beispiel:
Die Untersuchung wird meist sitzend durch- Eine Bronchiolitis, also Entzündung der kleinen Atem-
geführt, kann jedoch auch im Liegen erfolgen, z. B. wege, führt zu Einschränkung der MEF25.
um Abfälle der Vitalkapazität im Liegen im Rahmen
einer Zwerchfellschwäche zu dokumentieren.
Die Spirometrie erlaubt eine vorläufige Unter- Bodyplethysmografie
scheidung und Quantifizierung von obstruktiven Eine geschlossene (gläserne) Kabine ist notwendig
und restriktiven Ventilationsstörungen, zur Verifizie- zur Durchführung der Bodyplethysmografie (Body).
rung sollte jedoch eine BP ergänzt werden. Die Spiro- Bei geschlossener Tür ist das Luftvolumen der Kabine
metrie ist unkompliziert durchzuführen, auch z. B. bekannt, der Patient atmet mit fest verschlossenen
mithilfe von Handheld Devices im Patientenzimmer. Lippen über einen Spirometer, jede Bewegung des
Brustkorbs (Atmung) erzeugt dabei Volumenver-
Vitalkapazität (VC) Das maximale Volumen (Liter), schiebungen innerhalb der Kabine. Diese extra- und
das nach maximaler Ausatmung eingeatmet werden intrathorakalen Verschiebungen werden genutzt zur
kann, auch IVC genannt. Es ist auch möglich, die VC Bestimmung von statischen Volumina (mitarbeits-
in der Ausatmung zu messen, jedoch unter Gefahr unabhängig) und Atemwegswiderständen, als Basis
schlechterer Werte im Falle von bronchialem Kollaps. erfolgt immer die spirometrische Untersuchung. Die
Normal: ca. 4,5–5 l. Messungen werden wie in der Spirometrie numerisch
(. Abb. 1.9a) und bildlich aufgezeichnet (. Abb. 1.9b).
Forciertes Einsekundenvolumen (FEV1) Volumen,
das nach vollständiger Einatmung in einer Sekunde Spezifischer Atemwegswiderstand (sRaw) Notwen-
bei forcierter Exspiration ausgeatmet werden kann. dige Druckänderung, um ein Verschiebevolumen zu
Die FEV1 ist einer der wichtigsten Parameter in der erzeugen. Diese wird anhand der Atemschleife auf-
Beurteilung obstruktiver Funktionsstörungen und gezeichnet. Je flacher die Schleife, desto mehr Druck
1.2 · Diagnostik: Basics
21 1

. Abb. 1.9a,b Bodyplethysmografie eines 75-jährigen Mannes, altersentsprechend normwertiger Befund, a numerisch,
b grafisch

ist nötig = Obstruktion. Entspricht der Arbeit, die Intrathorakales Gasvolumen (ITGV) Volumen, das
der Patient leisten muss, ist mitarbeitsunabhängig. nach einer normalen Exspiration (Atemruhelage)
intrathorakal vorhanden ist. Hierzu erfolgt ein Ver-
Atemwegswiderstand (Raw) Die Messung des sRaw schlussmanöver während der Atmung, die Messung
wird ins Verhältnis gesetzt zum Lungenvolumen ist stark von der Mitarbeit des Patienten abhängig.
(intrathorakales Gasvolumen, ITGV), Raw = sRaw/ ITGV ist prinzipiell der funktionellen Residualka-
ITGV. Raw entspricht der Kraft, die der Patient in der pazität (FRC) gleichzusetzen.
Ausatmung aufbringen muss, und ist mitarbeitsab- Normal: 2,5–3 l, ca. 40–50% der totalen Lungen-
hängig, da die ITGV-Messung (Verschlussmanöver) kapazität (TLC).
störanfällig ist.
22 Kapitel 1 · Grundlagen der Pneumologie

1
PEF
IRV
MEF75

FEV1 FVC
MEF50
VT IVC

TLC MEF25
ERV

FRC

RV

. Abb. 1.10 Statische und dynamische Volumina. IRV inspiratorisches Reservevolumen (l), ERV exspiratorisches
Reservevolumen (l), VT Atemzugvolumen (l), FRC funktionelle Residualkapazität (l), TLC totale Lungenkapazität (l), IVC
inspiratorische Vitalkapazität (l), RV Residualvolumen (l), FEV1 forciertes exspiratorisches Volumen in 1 s (l), FVC forcierte
Vitalkapazität (l), PEF exspiratorischer Spitzenfluss (l/s), MEF 75, 50, 25 maximale exspiratorische Flüsse bei Prozent
ausgeatmeter FVC (l/s). (Aus Matthys und Seeger 2008)

Exspiratorisches Reservevolumen (ERV) Volumen, (ca. 30 min) eines Bronchodilatators durchgeführt.


das aus der Atemruhelage heraus noch forciert aus- Eine Zunahme der FEV1 um ≥15% und ≥200 ml
geatmet werden kann. zeigt einen signifikanten Effekt.
Normal: ca. 1–1,5 l, 1/3 der VC. Umgekehrt kann auch eine bronchiale Provoka-
tion durchgeführt werden zum Nachweis bronchialer
Residualvolumen (RV) Volumen, das nach maxi- Hyperreagibilität (Überempfindlichkeit), einem häufi-
maler Ausatmung intrathorakal verbleibt. RV = gen Phänomen bei Asthma bronchiale. Hierzu inhaliert
FRC–ERV der Patient potenziell reizende Stoffe (z. B. Histamin
Normal: ca. 1,5–2 l. oder Methacholin, auch spezifische Allergene können
eingesetzt werden), die anschließende Bodyplethys-
Inspiratorisches Reservevolumen (IRV) Volumen, mografie zeigt im Krankheitsfall einen Abfall der
das nach normaler Ruheinspiration (Tidalvolumen, FEV1 bzw. einen Anstieg des Atemwegswiderstands.
Vt) noch forciert eingeatmet werden kann. Ein gesundes Atemwegssystem reagiert hierauf nicht.
Normal: ca. 2,5–3 l, 2/3 der VC.
z Differenzialdiagnose obstruktiver und
Totale Lungenkapazität (TLC) TLC = RV+IVC restriktiver Ventilationsstörungen
Normal: ca. 6–6,5 l. Eine genaue Trennung beider Ventilationsstörun-
Statische und dynamische Lungenvolumina sowie gen ist nicht immer möglich – zumal häufig eine
exspiratorische Flüsse zeigt . Abb. 1.10. Mischung beider Entitäten vorliegt. Dennoch gibt
es wegweisende Befunde zu beiden Erkrankungs-
z Bronchospasmolyse gruppen (. Tab. 1.4).
Der Nachweis einer Reversibilität bronchialer Obs- 55 Obstruktive Ventilationsstörung: Verminderung
truktion ist wichtig zur Diagnose und Therapiefest- der FEV1 und des Tiffeneau-Index. Zusätzlich
legung pulmonaler Erkrankungen (z. B. COPD vs. finden sich ggf. eine Erhöhung des Atemwegwi-
Asthma bronchiale, 7 Abschn. 2.1 und 2.3). Hierzu derstandes sowie der statischen Volumina (TLC,
wird eine Bodyplethysmografie vor und nach Gabe RV, ITGV) als Folge einer Überblähung.
1.2 · Diagnostik: Basics
23 1
Exhalationsluft gemessen. Als Diffusionskapazität
. Tab. 1.4 Differenzierung obstruktive vs. restriktive
Ventilationsstörung in der Bodyplethysmografie versteht man die Menge Gas, die pro Minute aus den
Alveolen in das Kapillarsystem gelangt.
Obstruktive Venti- Restriktive Venti- Normwerte:
lationsstörung lationsstörung
O2 15–20 ml/mmHg/min
VC normal/niedrig niedrig
CO2 150–250 ml/mmHg/min
FEV1 niedrig niedrig
FEV1/VC niedrig normal/erhöht > Diffusionsstörungen sind
Raw erhöht normal Oxygenierungsstörungen!
TLC normal/erhöht niedrig
Störungen der Diffusionskapazität entstehen durch
VC Vitalkapazität, FEV1 Einsekundenkapazität; Raw Veränderungen auf Alveolarebene, z. B. Verdickung
Atemwegswiderstand; TLC totale Lungenkapazität. der Alveolarwand bei Fibrose, Strukturverlust bei
Lungenemphysem, oder auch bei einem Lungen-
ödem. Aber auch eine Verkleinerung der alveo-
55 Restriktive Ventilationsstörung: Vermin- lären Oberfläche (z. B. nach Operation) oder Ein-
derung der TLC und VC bei normal/erhöhtem schränkung des Bluttransportsystems (z. B. Anämie)
Tiffeneau-Index. können zu Diffusionsstörungen führen.

Zur Einteilung des Schweregrades einer Ventilations- z Messungsmethode


störung werden VC/FEV1 sowie der TLC herange- Zunächst wird ein CO/He-Gasgemisch inhaliert.
zogen (. Tab. 1.5) Anschließend kann die Messung der Diffusionska-
pazität nach zwei Vorgehensweisen durchgeführt
werden.
1.2.4 Diffusionskapazität 55 Single-Breath: nach maximaler Inspiration
10 Sekunden Luftanhalten. Diese Methode
M. Schellenberg ist Standard in Deutschland, kann jedoch
bei starker Dyspnoe an der Durchführung
Die Messung des Gasaustauschs auf Alveolarebene scheitern.
erfolgt per Diffusionsanalyse (Diffusionskapazität). 55 Steady-State: mehrere Minuten Ein- und
Hierzu wird ein definiertes Gasgemisch (Kohlenmo- Ausatmen, selten.
noxid = CO und Helium = He) inhaliert und dann
anschließend die jeweiligen Konzentrationen in der Kohlenmonoxid hat eine hohe Bindungsaffinität
zu Hämoglobin (200-mal höher als O2!) und wird
unmittelbar aus der Alveole an den passierenden
. Tab. 1.5 Schweregradeinteilung obstruktiver und Erythrozyten gebunden, somit sinkt der CO-Anteil
restriktiver Ventilationsstörungen
in der Ausatemluft. Gleichzeitig lässt sich über das
Obstruktion Restriktion
Helium das alveoläre Volumen (VA) bestimmen, da
FEV1/VC VC oder TLC dieses Gas eben nicht durch die Alveolarwand dif-
fundiert, sondern sich in den Alveolen verteilt und
leicht >70% >70% verdünnt. Die Differenz der Heliumkonzentration
mittel 70–55% 70–50% in Ein- und Atemluft ermöglicht die Bestimmung
schwer <55% <50% des Volumens.
Die Berücksichtigung des alveolären Volumens
VC/FEV1 Tiffeneau-Index, VC Vitalkapazität, TLC totale
ist wichtig, da sonst falsche Diffusionswerte gemes-
Lungenkapazität. sen würden. Fehlt z. B. ein Lungenlappen, so ist die
Diffusionsmenge an CO natürlich geringer – jedoch
24 Kapitel 1 · Grundlagen der Pneumologie

1 . Tab. 1.6 Diffusionsanalyse

Transferfaktor (Tlco) Transferkoeffizient (Tlco/VA)

– CO-Differenz der Ein- und Ausatemluft pro Zeiteinheit – Krogh-Faktor


– Hängt von Lungenvolumen ab, z. B. falsch niedrig nach – Auf alveoläres Volumen bezogen (VA)
Lobektomie – Unempfindlicher gegenüber Volumenänderungen und
– Hängt von Hb-Wert ab, z. B. falsch niedrig bei Anämie ­Belüftungsstörungen
– Geeignet zur Verlaufskontrolle – Geeignet zur Initialdiagnostik und Verlaufskontrolle

ohne dass ein Diffusionsproblem vorliegt. Es werden bevorzugt. Hierzu ist eine Erweiterung der Lungen-
daher der Transferfaktor (Tlco) und der Transferko- funktionsdiagnostik nötig.
effizient (Tlco/VA) angegeben (. Tab. 1.6).
Die Untersuchung ist stark mitarbeitsabhän- P0.1 Messung des Mundverschlussdrucks 0,1 s
gig und muss in der Durchführung streng über- nach Beginn der Inspiration unter Ruheatmung.
wacht werden (Vitalkapazität eingeatmet? Leckage- Dabei ist wichtig, dass die Nase verschlossen ist
frei? 10 s angehalten? Nikotin im Vorfeld verfälscht (Nasenklemme) und der Patient entspannt atmet. Es
Werte). werden mehrere Messungen hintereinander durch-
Auch mitarbeitsunabhängige Faktoren, z. B. geführt, die Werte dann gemittelt.
der Hämoglobin-Gehalt spielen eine Rolle (Hb zu
niedrig → weniger Bindungsmöglichkeiten, Messung > Wie viel Druck (und damit wie viel Arbeit)
falsch niedrig). wird für die Ruheatmung benötigt? =
Atemlast

1.2.5 Atemmuskelkraft PI max und PE max Messung des maximalen Mund-


verschlussdrucks bei forcierter In- bzw. Exspiration.
M. Schellenberg Sehr wichtig ist der Verschluss der Nasenatmung
durch Nasenklemme. Die Interpretation erfordert
Mit Messungen der Atemmuskelkraft kann die die Berücksichtigung des Lungenvolumens, z. B.
myogene Funktion der Atempumpe überprüft ist bei einem überblähten Thorax (Emphysem) der
werden. Durch die Unterscheidung zwischen Über- erreichbare PImax kleiner als bei einem gesunden
lastung der Atemkapazität und Atemlast ergeben Thorax – ohne dass eine Störung der Atemmusku-
sich Hinweise zum Ursprung einer Einschrän- latur vorliegen muss.
kung der Atempumpe: Ist die Muskelpumpe primär
geschädigt (z. B. Morbus Duchenne), oder ist sie > Messung der globalen Atemmuskelkraft =
durch eine chronische pulmonale Erkrankung (z. B. Kapazität
COPD) sekundär überlastet?

>> Atemlast = Atemarbeit bei Ruheatmung P0.1/PI max Das rechnerische Verhältnis P0.1 zu
44 Atemkapazität = Atemarbeit bei maximaler PImax umgeht die Problematik des Lungenvolumens.
Atmung Ein Anteil >4,5% zeigt eine beginnende Problema-
tik an, bei Werten >20% droht das ventilatorische
Es gibt nichtinvasive und invasive Verfahren, um Versagen.
die inspiratorische Muskelfunktion zu überprüfen.
Meist werden im Alltag die nichtinvasiven Verfah- > P0.1/PImax = Referenzwert der
ren a­ ufgrund der Einfachheit ihrer Durchführung Beanspruchung der Atemmuskulatur
1.2 · Diagnostik: Basics
25 1
Effektive inspiratorische Impedanz Unter zuneh- 1.2.6 Belastungsuntersuchungen
mender Atemfrequenz steigt die Atemarbeit bereits
in Ruhe (P0.1). Rechnerisch kann man diese Fehler- M. Schellenberg
quelle umgehen: P0.1 × Inspirationszeit/Tidalvolu-
men. P0.1 entspricht damit dem Druck, der b­ enötigt Spiroergometrie
wird, um einen definierten inspiratorischen Fluss In der Spiroergometrie werden Ergometrie (Messung
aufzubauen (siehe auch Atemwegswiderstand!). der Leistungsfähigkeit), Spirometrie (Lungenfunk-
tionsprüfung) und Atemgasanalysen kombiniert,
> Effektive inspiratorische Impedanz = um eine Funktionskontrolle der Einheit „Herz-
momentanes Abbild der Atemlast Kreislauf-Atmung-Stoffwechsel“ unter stufenför-
mig ansteigender, dann maximaler Auslastung zu
Sniff-Drücke Sniff-Drücke werden nasal (nichtinva- gewinnen. In der Pneumologie liegt die führende
siv) oder transdiaphragmal (invasiv, transnasal-öso- Indikation in der präoperativen Diagnostik vor
phageal-gastraler Katheter) abgeleitet. Kurze, scharfe Lungen(teil-)resektionen oder Transplantationen,
Inspirationsmanöver (engl. „to sniff “) spiegeln vor um eine Abschätzung der postoperativ zu erwarten-
allem die Zwerchfellaktivität wider. den Funktionseinschränkungen und Einschätzung
des operativen Risikos zu gewinnen.
Hustenspitzenstoß („peak cough flow”, PCF) Anhand Im Rahmen von Erkrankungen wie COPD,
eines einfachen Handspirometers (wie auch zum Mukoviszidose oder Herzinsuffizienz bietet sich
Asthmamonitoring eingesetzt) kann ein einfaches diese Untersuchung zudem an zur Erfassung des
Hustenmanöver Aufschluss zur muskulären Kapazi- funktionellen Status, Differenzierung von Dyspnoe
tät geben. Vor allem neuromuskuläre Erkrankungen (kardial vs. pulmonal) oder Quantifizierung der Aus-
führen zu Einschränkungen der Hustenkraft – und dauerleistungsfähigkeit unter Messung des Energie-
damit auch zu mangelhafter Sekretclearance. Ein ein- stoffwechsels. Außerhalb der Pneumologie ist die
geschränkter PCF (<200 l/min) sollte Anlass zu wei- Spiroergometrie in der Sport- und Leistungsdiag-
terem Sekretmanagement geben, inkl. manueller und nostik sowie Kardiologie ebenfalls weit verbreitet.
mechanischer Hustenassistenz. Die Patienten müssen für die Untersuchung
stabil, leistungsfähig und beweglich sein, auch
Twitch-Drücke Oral abgeleitete Drücke werden orthopädische Beschwerden (z. B. Knieschmerzen)
nach elektromagnetischer Stimulation des N. phre- können eine adäquate Durchführung verhindern.
nicus (und damit Stimulation des Zwerchfells) auf- Die Belastung erfolgt auf einem Fahrradergometer
gezeichnet. Diese Untersuchung gibt es in vielerlei oder auf einem Laufband.
Ausführungen, invasiv und nichtinvasiv. Gemessen werden: Atemvolumen, Atemfluss,
O2 und CO2 in der Ausatemluft, BGA, Herzfrequenz
Elektromyografie (EMG) Invasiv oder nichtinvasiv und Rhythmus sowie Blutdruck. Die Werte werden,
werden muskuläre Aktivitäten der Atemhilfsmus- zum Teil als Quotient errechnet, gegeneinander auf-
kulatur oder des Zwerchfells nach nervaler Impuls- getragen – klassischerweise auf der 9-Felder-Tafel
gebung abgeleitet. Die Auswertung dieser Daten ist nach Wassermann. Einer der wichtigsten Parame-
jedoch schwierig und von vielen Faktoren abhängig, ter ist die maximale Sauerstoffaufnahme (maximale
somit selten eingesetzt. O2-Aufnahme in ml/min unter Belastung) als Krite-
rium der Ausdauerleistungsfähigkeit.
Bildgebende Verfahren Vor allem die Sonografie Die Interpretation der gemessenen und gerech-
eignet sich zur Darstellung des Zwerchfells, dessen neten Werte ist aufwendig und bedarf vieler Erfah-
Dicke und Beweglichkeit kann leicht abgeleitet rung, eine Auseinandersetzung damit ist in diesem
werden. Es lassen sich Einschränkungen dokumen- Buch nicht möglich. Bei Interesse wird auf wei-
tieren, ein Rückschluss auf Ursache oder Muskelkraft terführende Literatur (z. B. Kroidl et al. 2014)
lässt sich nicht erschließen. verwiesen.
26 Kapitel 1 · Grundlagen der Pneumologie

6-Minuten-Gehtest Belastungs-Blutgasanalyse
1 Der 6-Minuten-Gehtest („Six Minutes Walking Eine Belastungs-BGA gibt Auskunft zur respiratori-
Test“, 6MWT) ermittelt die funktionelle Kapazität. schen Situation unter Belastung. Unter Einsatz eines
Der Test ist einfach und in fast jedem Erkrankungs- Fahrradergometers oder Laufbandes werden benö-
stadium durchzuführen, er spiegelt sowohl die all- tigte Zeit und Stärke (Watt) einer Belastung doku-
gemeine Leistungsfähigkeit als auch Einschränkun- mentiert, die Blutgase werden meist vor, während
gen der respiratorischen und kardialen Funktion und nach der Belastung erfasst. Hieraus können z. B.
wider. der Bedarf oder die Höhe einer Sauerstoffgabe unter
Hierzu werden Patienten aufgefordert, über Belastung ermittelt werden.
einen Zeitraum von 6 Minuten „so viele Meter
zu laufen wie möglich“. Es können bei Notwen-
digkeit auch Pausen gemacht werden. Hilfsmittel 1.2.7 Nächtliche Pulsoxymetrie und
wie Stock oder Rollator sowie Sauerstoff sind nach Kapnometrie
Bedarf erlaubt. Dabei wird die Gehstrecke gemes-
sen und dokumentiert, ebenso Herzfrequenz und M. Schellenberg
SpO2.
Der 6MWT erlaubt eine objektivierte Einschät- Die Pulsoxymetrie (SpO 2 und Puls) und trans-
zung der Mobilität und der Ausdauer, unterstützt kutane Kapnometrie (tCO 2) sind nichtinvasive
die Ermittlung des Sauerstoffbedarfs und hilft in der Methoden zur Überwachung und Aufzeichnung
Quantifizierung eines Krankheitsverlaufs bzw. Ver- der respiratorischen Funktion. Sie werden sehr oft
besserung nach einer Therapiemaßnahme. Dieser eingesetzt und liefern wesentliche Informationen in
Test ist jedoch auch anfällig für Schwankungen, z. B. der Diagnostik und Überwachung pneumologischer
durch „Tagesform“ des Patienten oder Einschrän- Krankheitsbilder.
kungen durch Schmerzen, was in der Auswertung Beide Messmethoden werden häufig miteinander
berücksichtigt werden muss. kombiniert. Ihr Einsatz erfolgt auch am Tage, z. B. bei
respiratorisch instabilen Patienten zur Überwachung,
doch gerade die nächtliche Ableitung liefert Auskunft
Shuttle Walking Test zu schlafbezogenen Atmungsstörungen oder Effi-
Der Shuttle Walking Test (SWT) ist eine Alterna- zienz einer nichtinvasiven Beatmung. Entsättigungen
tive zum 6MWT. Eine Gehstrecke („Shuttle“) von im Schlaf können wegweisend sein für eine Schlafap-
10 m zwischen zwei Pfosten wird mehrfach gelaufen noe, die Entwicklung einer Hyperkapnie in der Nacht
unter vorgegebener, stetig steigender Geschwindig- spricht für ein Versagen der Atempumpe.
keit (1,8–8,5 km/h). Ein Signalton gibt die Geschwin-
digkeit vor. Der Test erfasst somit die maximale Leis-
tungsfähigkeit, Zielgröße ist die Gehstrecke bzw. die Pulsoxymetrie
Anzahl der absolvierten Shuttles. Er eignet sich vor Pulsoxymetrische Messungen werden alltäglich
allem für Patienten mit leichter bis mäßiger Ein- durchgeführt, sie liefern eine schnelle Information
schränkung im Alltag. über die Sauerstoffsättigung im Blut. Es wird die
Der Test wird beendet, wenn: Lichtabsorption des fließenden Blutes am Finger,
55 die höchste Stufe 1 min lang gelaufen wurde, Ohr oder am Zeh abgeleitet, hieraus wird der Anteil
55 die Herzfrequenz >85% der alterskorrigierten des mit Sauerstoff beladenen Hämoglobins berechnet.
maximalen HF übersteigt oder
55 der Patient die Geschwindigkeit nicht mehr > Eine SpO2 von 98% bedeutet: 98% des
einhalten kann. vorbeifließenden Hämoglobins ist mit
O2-Molekülen beladen.
Limitierungen entstehen durch orthopädische Pro-
bleme oder Schwerhörigkeit (Signalton), auch stark Die SpO 2 eines gesunden Menschen beträgt
eingeschränkte Patienten eignen sich nicht. 96–100%. Nicht immer ist dieser Normbereich
1.2 · Diagnostik: Basics
27 1
auch Zielbereich von chronisch kranken Patien- kleinere Polygrafie (PG, 4–6 Kanäle) auch ambulant
ten der Pneumologie. Hier ist die Besprechung mit oder auf anderen Stationseinheiten möglich.
den behandelnden Ärzten stets empfohlen, um z. B. Sowohl Aufzeichnung als auch Auswertung
falsch hohe Sauerstoffgaben und somit eine mögliche der PSG erfolgen standardisiert (aktuell: American
Hyperkapnie zu vermeiden. Academy of Sleep Medicine, AASM 2007, Update
Die photometrische Ableitung der SpO 2 ist 2016). Neben respiratorischen Störungen können
abhängig von der Durchblutungsrate der Extremi- auch neurologische oder kardiologische Erkran-
täten. Auch „Hindernisse“ wie Nagelpilz oder Nagel- kungsbilder identifiziert werden.
lack können die Messung am Finger behindern. Zur Aufzeichnung gehören:
55 EEG (Elektroenzephalogramm): Erkennung
! Cave von Schlafstadien (Wach, REM [„rapid eye
Bei schlechter Durchblutung (Kälte, movement“], N1, N2, N3), Arousals (Mini-
Zentralisierung des Kreislaufs) oder Weckreaktionen), nächtliche Epilepsie
Nagellack können falsch niedrige Sauerstoff- 55 EOG (Elektrookulogramm, Augenbewegungen):
sättigungen angezeigt werden. Erkennung von Schlafstadien, charakteristische
Augenbewegungen in REM-Schlaf
55 EMG (Elektromyogramm, Muskelaktivität am
Transkutane Kapnometrie Kinn und Beinen): Kieferbewegungen, Zähne-
Die Messung des CO2 in der Ausatemluft bei invasiv knirschen, PLM („periodic leg movements“,
beatmeten Patienten ist ein Standardverfahren in der zyklische Beinbewegungen)
Intensivmedizin. Auf einer peripheren pneumologi- 55 Atemfluss: Messung an Mund und Nase per
schen Station behilft man sich mit der nichtinvasiven Thermistor oder Staudruckmesser
transkutanen Ableitung von CO2-Werten. Hiermit 55 Atemfrequenz
kann eine Abschätzung der ventilatorischen Funk- 55 Bauch- und Thoraxgurte: Exkursion von
tion erzielt werden, was im Rahmen von Weaning- Abdomen und Thorax (Atemanstrengung)
prozessen, Beatmungsmedizin oder in der Schlafme- 55 O2-Sättigung
dizin notwendig ist. Die Geräte hierfür registrieren 55 EKG
meist noch parallel Puls und SpO2. 55 Körperlage
Eine Elektrode am Ohrläppchen oder an der 55 Schnarchaktivität: Mikrofon
supraklavikulären Haut wird fixiert, lokal entsteht 55 Videoaufzeichnung
eine Erwärmung des Gewebes, um die Durchblutung 55 Ergänzend: ösophageale Druckmessungen,
zu fördern. Die Elektrode registriert lokale pH-Wert- transkutane Kapnometrie
Veränderungen durch Kohlendioxid und ermittelt
hieraus einen CO2-Wert. Durch die Bewegungen des Thorax und des Abdo-
Leider sind diese Geräte oft störanfällig in ihrer mens verbunden mit der SpO2 und Atemflüssen
Funktion. Im Zweifel ist zum Abgleich immer eine können Apnoe (Atempausen) und Hypopnoe (ver-
Blutgasanalyse sinnvoll. minderte Atemflüsse) erkannt werden und in obst-
ruktive, zentrale oder gemischte Ereignisse unterteilt
werden (7 Abschn. 2.19).
1.2.8 Polysomnografie 55 Apnoe(Atempause): Reduktion des
Atemflusses um ≥90% über mindestens 10 s
M. Schellenberg 55 Hypopnoe: Reduktion des Atemflusses um
≥30% über ≥10 s, jedoch mit Abfall des SpO2
Das Grundinstrument zur Diagnostik schlafbezogener ≥3% oder einem Arousal (Mini-Weckreaktion)
Atmungsstörungen (SBAS) und Ursachen des „nicht- 55 AHI (Apnoe-Hypopnoe-Index): Summe der
erholsamen Schlafes“ ist die Polysomnografie (PSG). Apnoe und Hypopnoe pro Stunde
Eine PSG ist aufgrund der technischen Erfordernisse 55 ODI (Oxygen Desaturation Index): Entsät-
nur in einem Schlaflabor durchführbar, dagegen ist die tigungen pro Stunde
28 Kapitel 1 · Grundlagen der Pneumologie

Ein AHI >5/h ist auffällig und bedarf näherer zur Beurteilung dynamischer Prozesse zählen die
1 Abklärung. Herzfunktion (Ejektionsfraktion [EF] in Prozent)
Eine Behandlungsindikation entsteht erst aus kli- sowie die Beurteilung der Herzklappen (Insuffi-
nischen Symptomen, Dauer und Schwere der nächtli- zienz, Stenose, Flussgeschwindigkeit). Prinzipiell
chen Entsättigungen sowie weiterer Komorbiditäten. können alle Klappen (Aortenklappe, Mitralklappe,
Nicht nur respiratorische Ereignisse werden Trikuspidalklappe, Pulmonalklappe) transthora-
erkannt, auch andere Pathologien werden bewertet: kal dargestellt werden, zur genauen Beurteilung
fehlerhafte Verteilung der Schlafstadien (gestörte ist aber für spezielle Fragestellungen (z. B. Endo-
Schlafarchitektur), schlafstadiumbezogene Apnoe karditis) eine transösophageale Echokardiografie
(z. B. REM-bezogen), körperlagebezogene Apnoe (oft notwendig.
Rückenlage), Quantifizierung von Arousals (Mini-
Weckreaktionen, z. B. durch respiratorische Ereig- z Indikationen
nisse), hohe Muskelaktivität und Bewegungen der Indikationen zur Durchführung einer Echokardio-
Beine (PLM), nächtliche Herzrhythmusstörungen. grafie sind:
55 Angeborene oder erworbene Herzfehler
55 Auffälliger Auskultationsbefund
Polygrafie 55 Verdacht auf eine Endokarditis bei persistie-
Die kleinere Polygrafie umfasst: SpO2, Atemfluss, rendem Fieber
Bauch/Thoraxbewegungen, Herz- oder Pulsfre- 55 Abklärung peripherer Ödeme
quenz. Auch Schnarchaktivität kann indirekt über 55 Unklare Dyspnoe
Vibrationen des Atemflusses aufgezeichnet werden. 55 Thorakale Schmerzen
Hiermit kann ein Screening bei Verdacht auf eine 55 Koronare Herzerkrankung (KHK)
SBAS oder eine Verlaufskontrolle bei bekannter 55 Bestimmung der Pumpfunktion (EF)
SBAS durchgeführt werden. Eine Erstdiagnostik 55 Beurteilung der Wandbewegung (Hypokinesie,
ist nur in Ausnahmefällen (bei fehlendem Anhalt Akinesie, Dyskinesie)
anderer Schlafstörungen oder Komorbiditäten) 55 Pulmonale Hypertonie
mittels PG möglich, eine umfassende PSG im Schlaf- 55 Insbesondere nach stattgehabter Lungenem-
labor ist empfohlen (Randerath et al. 2014). bolie zur Risikostratifizierung
55 Überprüfung der Funktion künstlicher
Herzklappen
1.2.9 Echokardiografie 55 u.v.m.

P. Kaukel z Vorbereitung und Durchführung


Es gibt unterschiedliche Methoden, eine Echokardio-
Die Echokardiografie ist eine Ultraschallunter- grafie durchzuführen.
suchung des Herzens. Der linke und rechte Teil Die transthorakale Echokardiografie stellt eine
des Herzens hat jeweils unterschiedliche Funktio- der wichtigsten nichtinvasiven Routineuntersuchun-
nen, woraus sich verschiedene Fragestellungen an gen in der klinischen Praxis dar. Sie ist einfach durch-
die Echokardiografie ergeben. Die linke Seite des zuführen. Ein Ultraschallkopf wird an verschiede-
Herzens versorgt den großen Körperkreislauf, die nen Punkten des vorderen Thorax aufgesetzt, um
rechte Seite dagegen den kleinen Lungenkreislauf. das Herz von möglichst vielen Seiten zu betrachten.
Gerade chronische Lungenerkrankungen führen Daneben ist die transösophageale Echokardio-
häufig zu Überlastungen des rechten Herzens, was grafie (invasiv) besonderen Fragestellungen vorbe-
hier gut sichtbar wird. halten. Dabei wird ein Endoskop mit einem integ-
Sowohl der Aufbau des Herzens als auch dyna- rierten Schallkopf in den Ösophagus bzw. bis in den
mische Prozesse können in Echtzeit dargestellt Magen eingeführt. Es gelingt dabei, andere Berei-
werden. Es werden Größen und Diameter der che des Herzens zu sehen als im nichtinvasiven
Herzhöhlen sowie die Dicke der Wände erfasst, Verfahren.
1.2 · Diagnostik: Basics
29 1
Eine Stressechokardiografie dient der Beurtei-
lung der Herzfunktion unter Belastung. Sie kann
entweder dynamisch mittels Fahrradergometrie
oder pharmakologisch (z. B. mit Dobutamin) durch RV
medikamentöse Stimulation des Herzens durchge- AK
führt werden. LV
Üblicherweise erfolgt die Echokardiografie in MK LA
Linksseitenlage, es werden verschiedene Anlotun-
gen durchgeführt (. Abb. 1.11). Das Aufsetzen des
Schallkopfes auf bestimmte Körperstellen (Schall-
fenster) ist notwendig, um eine gute Sicht zu erhal-
ten. Bestimmte anatomische Strukturen zeigen sehr . Abb. 1.11 Echokardiografie, parasternal lange Achse.
große Schallabschwächung (Knochen, Lunge) und LA linker Vorhof, LV linker Ventrikel, MK Mitralklappe, AK
machen das Herz somit unsichtbar. Für die transtho- Aortenklappe, RV rechter Ventrikel

rakale Echokardiografie sind spezielle Schallfenster


und darin spezifische anatomische Strukturen des
Herzens definiert. Eine spezielle Vorbereitung ist Die Untersuchung sollte, wenn möglich, im
hierfür nicht notwendig, es bestehen weder beson- Stehen und in zwei Ebenen erfolgen (posterior-
dere Risiken noch Nebenwirkungen. anterior = p.-a. sowie seitlicher Strahlengang). Zwei
Ebenen sind notwendig, um alle Bereich des Thorax
überlagerungsfrei einsehen zu können. Dabei sollte
1.2.10 Bildgebende Fremdmaterial wie Halsketten, EKG-Elektroden
Untersuchungsverfahren oder BH-Bügel entfernt sein. Die Aufnahme erfolgt
meist bei Atemstillstand nach tiefer Inspiration, bei
M. Schellenberg Verdacht eines Pneumothorax wird jedoch die Auf-
nahme in Exspiration durchgeführt.
Bildgebende Untersuchungen sind unerlässlich in der Ein Rö-Th kann unproblematisch auch im
Diagnostik, Therapieanwendung und Therapieüber- Liegen und auf einer Intensivstation durchgeführt
wachung thorakaler Erkrankungen. Die Entschei- werden, die Vergleichbarkeit der Untersuchungen
dung, welches Verfahren bei einem Patienten indiziert ist auch zwischen verschiedenen Kliniken sehr gut,
ist, obliegt einem Arzt. Dieser muss Kenntnisse zu die Strahlenbelastung ist niedrig. Somit eignet sich
den Vor- und Nachteilen sowie den Risiken der unter- diese Technik hervorragend zu Verlaufskontrollen
schiedlichen Techniken besitzen, denn bei vielen der meisten pneumologischen Erkrankungen.
Untersuchungen handelt es sich um die Anwendun-
gen von Röntgenstrahlung. Hier gilt stets die Devise:
so viel wie nötig, so wenig Strahlung wie möglich. Computertomografie (CT)
Die CT erstellt multiple Querschnittbilder und
ermöglicht somit eine überlagerungsfreie und
Röntgen-Thorax (Rö-Th) genauere Darstellung des Thorax. Je nach Fragestel-
Der Röntgen des Thorax bildet die Basis aller pulmo- lung werden die Schnittbilder zwischen 1 mm (High
nalen Fragestellungen. Man nennt sie auch „Über- Resolution CT = HRCT) und 10 mm (konventionell)
sichtsaufnahme“, was dem tatsächlichen Zweck angefertigt. Mittels HRCT können Veränderungen
auch entspricht: man bekommt eine Übersicht von auch der terminalen Bronchiolen dargestellt werden,
Lungenparenchym, Herz, Zwerchfell, knöchernem somit eignet sich diese Technik bei Erkrankungen
Thorax, Mediastinum/Hilus mit Gefäßen, Weich- des Interstitiums (Lungenfibrose, Bronchiektasen,
teilen, Oberbauch und Fremdmaterial wie etwa Lungenemphysem). Im konventionellen CT mit
einem zentralen Venenkatheter (ZVK) oder einer dickeren Schichten sind grobe Strukturen der Bron-
Magensonde. chialebene zu sehen (größere Tumoren, Infiltrate),
30 Kapitel 1 · Grundlagen der Pneumologie

Strukturen <10 mm können jedoch zwischen zwei Diese Substanzen sind in der Regel sehr gut verträg-
1 Schichten „verloren gehen“. lich, Nebenwirkungen treten selten auf. Nach Inkor-
Die CT ist mit einer höheren Strahlenbelastung poration des Tracers ist der Patient potenziell „strah-
verbunden als ein Rö-Th, die genaue Höhe hängt von lend“, sodass Kontakt zu Schwangeren oder Kindern
dem zu untersuchenden Organ, der Schichtdicke der in den ersten 24–48 h (je nach Tracer) nicht empfoh-
Bilder und dem eigentlichen CT-Gerät ab. len wird. Ein Risiko für Personal oder Mitpatienten
Durch die Gabe von Kontrastmittel (KM) wird als extrem gering eingestuft, sodass besondere
während der Untersuchung können Lungengefäße, Maßnahmen bei den unten genannten Verfahren
aber auch durchblutete Strukturen wie Tumoren nicht vorgegeben sind.
kontrastreicher dargestellt werden. KM wird somit 55 Perfusions-/Ventilationsszintigrafie: Dient der
z. B. bei Verdacht auf Lungenarterienembolie oder Beurteilung von lungenarterieller Perfusion
Lungentumoren verabreicht. Da KM iodhaltig und und dazu gehöriger Ventilation. Ausfälle der
somit potenziell nebenwirkungsbehaftet ist (Haupt- Perfusion (z. B. durch eine Lungenarterien-
risiken: akute Niereninsuffizienz, allergische Reak- embolie) führen zu einer Drosselung der
tionen, Hyperthyreose), ist eine ärztliche Aufklärung Ventilation in diesem Gebiet und umgekehrt.
vorab notwendig. Zudem kann durch eine Quantifizierung der
Ventilation die postoperativ zu erwartende
Lungenfunktion ermittelt werden.
Magnetresonanztomografie (MRT) 55 Knochenszintigrafie: Hiermit können
Die MRT ist ebenfalls ein Schnittbildverfahren und Knochenanteile mit erhöhtem Stoffwechsel
beruht auf dem physikalischen Prinzip der Kern- nachgewiesen werden. Dies kann im Rahmen
spinresonanz, basierend auf sehr starken magneti- von Entzündungen oder Brüchen der Fall
schen Wechselfeldern. Im Gegensatz zur CT oder sein, primär wird sie in der Pneumologie zum
zum Röntgen entsteht hierbei keine Strahlenbelas- Nachweis/Ausschluss von Knochentumoren
tung für den Patienten. In der Pneumologie kann verwendet.
die MRT fast alle Fragestellungen beantworten, diese 55 Positronenemissionstomografie (PET): Gerade
Technik ist jedoch noch nicht überall verbreitet, da Tumoren sind metabolisch besonders aktiv
ihre Anschaffung sehr teuer ist und die Auswertung und nehmen somit viel Glukose auf. Dieses
der Bilder besondere Fachkenntnis erfordert. Auch Phänomen macht sich die PET zunutze – radio-
bei der MRT kann KM gegeben werden, dieses ist aktiv markierte Glukose wird appliziert und
nicht (oder wenig) jodhaltig und hat ein geringeres verstärkt im Tumorgewebe aufgenommen.
Nebenwirkungsrisiko. Die PET unterstützt das Tumor-Staging und
Nachteile der Untersuchung sind: kann mit einer CT kombiniert werden, um die
55 Lange Untersuchungsdauer Lokalisation genauer einzugrenzen.
55 Untersuchungsbedingungen: eng und laut
(Cave: Platzangst)
55 Metallhaltige Implantate (z. B. Schrittmacher) Transthorakale Sonografie
oder Fremdmaterial (z. B. metallhaltiger Die Sonografie ist flexibel in der Anwendung, schnell
Trachealtubus) im Körper sowie externe Geräte verfügbar und ohne Strahlenbelastung. Sie ist weit
(z. B. Beatmungsgerät) stellen durch den verbreitet in der Diagnostik vieler abdomineller
Magnetismus eine Kontraindikation dar. Erkrankungen, ebenso kann sie für zahlreiche tho-
rakale Erkrankungen eingesetzt werden.
Ihre Stärke liegt vor allem in der Darstellung
Nuklearmedizinische Verfahren peripher gelegener Prozesse: Pleuraergüsse, pleurale/
Nach Applikation (oral, i.v., inhalativ) von radioak- diaphragmale Prozesse, Pneumothorax, Lungenpa-
tivmarkierten Stoffen, sog. Tracer, wird mithilfe eines renchymveränderungen. Ein Nachteil ist, dass die
Scanners oder einer Gammakamera die angerei- Ergebnisse stark untersucherabhängig sind, sodass
cherte Strahlung detektiert und bildlich dargestellt. die ärztliche Erfahrung eine wesentliche Rolle spielt.
1.3 · Diagnostik: invasiv
31 1
1.3 Diagnostik: invasiv
1.3.1 Diagnostische Bronchoskopie

D. Gompelmann

Die Bronchoskopie ermöglicht eine endoluminale


Visualisierung und Beurteilung der Atemwege.
Berichte über die erste Bronchoskopie gab es bereits . Abb. 1.12 Starres Bronchoskop. (Mit freundlicher
im Jahr 1879, als Gustav Killian ein aspiriertes Fleisch- Genehmigung von D. Gompelmann)
stück aus dem rechten Hauptbronchus mittels eines
Ösophagoskops barg (Kollofrath et al. 1879). Die
erste flexible Bronchoskopie wurde erst in den 1960er
Jahren von Shigeto Ikeda eingeführt (Nakhosteen
et al. 2009). Mittlerweile ist die Bronchoskopie eine
der wichtigsten Methoden in der Diagnostik von
pneumologischen Krankheitsbildern und stellt
zudem ein wichtiges therapeutisches Instrumenta-
rium dar.
Indikationen zur diagnostischen Bronchosko-
pie können Symptome wie chronischer Husten,
Hämoptysen oder Stridor sowie pathologische
Radiologie-Befunde wie beispielsweise pulmonale
Raumforderungen, hiläre und mediastinale Lymph-
knotenvergrößerungen Atelektasen oder Pneumo- . Abb. 1.13 Flexibles Bronchoskop. (Mit freundlicher
nien sein. Genehmigung von D. Gompelmann)

z Arten der Bronchoskopie Bronchoskopie kombiniert, wobei das flexible Bron-


Im Allgemeinen kann zwischen der starren choskop über das starre Bronchoskop in die Atem-
( . Abb. 1.12 ) und der flexiblen Bronchoskopie wege vorgeführt und somit auch die Beurteilung der
(. Abb. 1.13) unterschieden werden (Plekker et al. Segmente und Subsegmente ermöglicht wird.
2010). Die starre Bronchoskopie wird dabei vor Die alleinige flexible Bronchoskopie, die vor
allem bei bronchoskopischen therapeutischen Inter- allem zu diagnostischen Zwecken eingesetzt wird,
ventionen eingesetzt. Bei der starren Bronchosko- kann in Lokalanästhesie und leichter Sedierung
pie ist im Gegensatz zur flexiblen Bronchoskopie durchgeführt werden. Durch die Flexibilität des
eine Vollnarkose zwingend erforderlich. Die Beat- Bronchoskops ist eine präzise Evaluation der dista-
mung erfolgt dabei über das starre Bronchoskop len Atemwege möglich. Es stehen unterschiedliche
unter Nutzung einer Hochfrequenz-Jetventilation. Bronchoskope mit verschiedenen Außendurchmes-
Der Vorteil der starren Bronchoskopie ist der große sern und entsprechender Größe des Arbeitskanals
Arbeitskanal, über den verschiedene starre Instru- zur Verfügung. Über diesen Arbeitskanal können
mente, wie beispielsweise eine Zange, eingeführt unterschiedliche Instrumente wie beispielsweise
werden können. Auch eine therapeutische Implan- Bürsten, Zangen oder Kryosonden eingeführt
tation eines Atemwegsstents oder das Beherrschen werden können.
von Hämoptysen sind mittels starrer Bronchosko-
pie leichter durchführbar. Ein Nachteil der starren z Vorbereitung und Durchführung
Bronchoskopie ist jedoch die eingeschränkte Visu- Der Patient wird mindestens 1 Tag vor der Bron-
alisierung der Atemwege. Daher wird heutzutage choskopie für die Untersuchung über Nutzen und
die starre Bronchoskopie häufig mit der flexiblen Risiken vom Arzt aufgeklärt. Im Rahmen elektiver
32 Kapitel 1 · Grundlagen der Pneumologie

Eingriffe muss der Patient nüchtern sein, um gefähr-


1 liche Aspirationen zu vermeiden.
Die flexible Bronchoskopie kann nach ausrei-
chender Lokalanästhesie entweder über den Mund
oder über die Nase des Patienten in leichter Sedie-
rung des Patienten erfolgen. Wird der transorale
Zugang gewählt, wird ein Beißschutz verwandt,
um Schäden am Bronchoskop zu vermeiden. Nach
Passage des Rachens wird das Bronchoskop zwischen
die Stimmbänder in die Luftröhre eingeführt, die ca.
10–12 cm lang ist und durch hufeisenförmige Knor-
pelspangen offen gehalten wird. An der Hauptcarina
teilt sich die Luftröhre in die beiden Hauptbronchien
(. Abb. 1.14). Dabei ist der rechte Hauptbronchus
etwas steiler und weitlumiger als der linke Haupt-
bronchus. Die Hauptbronchien teilen sich dann in
die Lappenbronchien und schließlich in Segment-
und Subsegmentbronchien auf. . Abb. 1.15 Sekretverhalt. (Mit freundlicher Genehmigung
von D. Gompelmann)
z Diagnostische Methoden
Die diagnostischen Methoden umfassen das Die Bronchoskopie kann auch zum Manage-
Sammeln von Bronchialsekret, die bronchoalveo- ment eines Sekretverhalts durchgeführt werden
läre Lavage, die endobronchiale Gewebeentnahme, (. Abb. 1.15). Dies hat insbesondere bei intensiv-
transbronchiale Nadelaspirationen sowie transbron- medizinpflichtigen Patienten mit einem respiratori-
chiale Biopsien (Plekker et al. 2010). schen Versagen und einer durch das Sekret induzier-
ten Atelektase einen Stellenwert. Durch das endosko-
Bronchialsekret Das Sammeln von Bronchialsekret pische Absaugen des Sekrets kann eine Verbesserung
hat u. a. eine Bedeutung bei therapieresistenten Pneu- der Oxygenierung erzielt werden.
monien zur Identifizierung des Erregers. Bei sehr
zähem Sekret werden dabei 10–20 ml sterile, auf Kör- Bronchoalveoläre Lavage (BAL) Bei einer BAL geht
pertemperatur angewärmte physiologische Koch- es neben der mikrobiologischen Aufarbeitung um die
salzlösung in die Atemwege appliziert und unmit- Beurteilung der Zellen in den Alveolarräumen. Diese
telbar danach wieder in ein Auffanggefäß abgesaugt Zelldifferenzierung hat insbesondere einen hohen
und zur mikrobiologischen Diagnostik eingesandt. Stellenwert in der Diagnosestellung einer interstitiel-
len Lungenerkrankung. Bei der BAL wird das Bron-
Oberlappen choskop auf Segment- oder Subsegmentebene in
2
die sog. Wedge-Position eingebracht, d. h., dass das
1
Oberlappen
Bronchoskop den Atemweg komplett abdichtet und
3
2
1 nicht weiter vorgeführt werden kann. Anschließend
4
wird ein Katheter in die Atemwege über den Arbeits-
5
Mittellappen 3 8
kanal des Bronchoskops in die Atemwege eingeführt,
Unterlappen
4 über den meistens in 20-ml-Schritten ein Volumen
6 9
5
6
von insgesamt 100–300 ml isotonischer Kochsalz-
8
9
lösung instilliert wird. Zwischen den einzelnen Por-
7
10 tionen wird die zurückgewonnene Lavage in spe-
Unterlappen
ziellen Auffanggefäßen gesammelt. Die BAL wird
. Abb. 1.14 Schematische Zeichnung des Bronchialbaums. dabei rechtsseitig bevorzugt im Mittellappen oder
(Mit freundlicher Genehmigung von D. Gompelmann) linksseitig in der Lingula durchgeführt, da bei diesen
1.3 · Diagnostik: invasiv
33 1
ventral gelegenen Lungenabschnitten eine bessere Transbronchiale Biopsie (TBB) Eine TBB ermög-
„recovery“ zu erwarten ist. licht beispielsweise bei intraparenchymal, peri-
pher g­ elegenen Raumforderungen eine Gewebeent-
Endobronchiale Gewebeentnahme Die endobron- nahme zur histologischen Diagnostik. Aber auch
chiale Gewebeentnahme erfolgt bei endoluminalen bei ­unklaren Infiltraten oder interstitiellen Lungen-
pathologischen Auffälligkeiten im endoskopisch erkrankungen können TBBs zur Diagnosefindung
einsehbaren Bereich der Atemwege. Vor allem bei erforderlich sein. Transbronchiale Biopsien, die
Tumoren, die in das zentrale Atemwegssystem ein- zur Diagnostik von p ­ eripheren Raumforderungen
brechen, kann durch die Gewebeentnahme eine his- durchgeführt werden, erfolgen standardmäßig unter
tologische Aufarbeitung und somit eine Diagnose ­Durchleuchtung. Dabei wird die Raumforderung
ermöglicht werden. Eine Metaanalyse zeigte eine unter Durchleuchtung lokalisiert und eine Zange oder
Sensitivität der endoskopischen Gewebeentnahme ­Kryosonde in den zuführenden Atemweg vorgescho-
bei einem endobronchialen Tumorwachstum von ben und schließlich gezielt Gewebeproben entnom-
88% (Rivera et al. 2013). Für die Gewebeentnahme men. Neben der Durchleuchtung stehen mittlerweile
stehen starre und flexible Zangen sowie Kryoson- weitere Navigationstechniken zur Verfügung, wobei
den zur Verfügung. Bei der Verwendung der Kryo- radiale Ultraschallsonden am häufigsten zum Einsatz
sonden werden diese mit dem zu entnehmenden kommen. Diese radiären Ultraschallsonden, die über
Gewebe in Kontakt gebracht. Anschließend wird die den Arbeitskanal eines ­konventionellen Bronchos-
Sonde unter Verwendung von N2O gekühlt, sodass kops eingeführt werden, ermöglichen eine 360°-Sicht
an der Spitze der Sonde eine Temperatur von –89°C der Atemwegswand und der ­parabronchialen Struktu-
erzielt wird. Nach Anfrieren des Gewebes wird die ren. Wird eine solche Sonde in einen Atemweg vorge-
Kryosonde mitsamt dem Bronchoskop zurückgezo- schoben, der von gesundem, luftgefülltem Lungenpa-
gen, sodass das angefrorene Gewebe extrahiert wird renchym umgeben wird, entsteht durch die Reflexion
(Morgan und Ernst 2010). der Ultraschallwellen ein sonografisches Bild, welches
als „Schneegestöber“ bezeichnet wird. Zur Detektion
Transbronchiale Nadelaspiration (TBNA) Eine einer intraparenchymal gelegenen Raumforderung
TBNA wird vor allem bei einer unklaren hilären oder wird die Ultraschallsonde in den Atemweg vorge-
mediastinalen Lymphknotenvergrößerung sowie schoben, in dem die Raumforderung vermutet wird.
parabronchial zentral gelegenen Raumforderun- Wird die Raumforderung mit der Sonde erreicht,
gen durchgeführt. Dabei wird eine Nadel durch die kann im Ultraschallbild der solide Herd dargestellt
Atemwegswand in den vergrößerten Lymphknoten werden. Die Lokalisation der Ultraschallsonde wird
bzw. in die Raumforderung eingeführt. Durch Appli- dabei entweder unter Durchleuchtung oder mittels
kation von Sog können Zellen aspiriert und somit eines erweiterten Arbeitskanals markiert, anschlie-
eine zytologische Diagnose gestellt werden. Eine ßend können gezielt Gewebeproben entnommen
TBNA kann auch mittels eines speziellen Ultraschall- werden. In einer Metaanalyse konnte eine Sensitivi-
bronchoskops erfolgen, mit dem eine TBNA unter tät von 0,73 und eine Spezifität von 1,0 bei einer sono-
simultaner sonografischer Sicht durchgeführt wird grafisch gesteuerten TBB bei pulmonalen peripheren
(EBUS-TBNA, „endobronchial ultrasound-guided Läsionen gesehen werden (Steinfordt et al. 2011).
TBNA“). Dabei wird die Ultraschallsonde, die sich an
dem distalen Ende des Bronchoskops befindet, an die
Atemwegswand positioniert, wodurch ein sonografi- 1.3.2 Rechtsherzkatheterunter­
sches Bild der umgebenden parabronchialen Struk- suchung
turen ermöglicht wird. Nach Detektion der vergrö-
ßerten Lymphknoten oder Raumforderungen kann S. Harutyunova
die Nadel ultraschallgesteuert vorgeführt werden.
Diese Technik hat vor allem bei der Evaluation von Die pulmonale Hypertonie (PH) ist eine schwergra-
Lymphknotenmetastasen bei Bronchialkarzinomen dige Erkrankung, die durch eine chronische Druck-
einen hohen Stellenwert (Silvestri et al. 2013). und Widerstandserhöhung im Lungenkreislauf
34 Kapitel 1 · Grundlagen der Pneumologie

charakterisiert ist und mit einer schlechten Prog- durch das rechte Herz und die Pulmonalarterie
1 nose einhergeht (Galie et al. 2016). erleichtert, andererseits zur Messung des pulmo-
Durch die Entwicklung neuer Therapieoptio- nalarteriellen Verschlussdrucks (PAWP) dient.
nen konnten die Symptome und die Prognose von Das Herzzeitvolumen wird nach der Thermodilu-
Patienten mit PH während der letzten Jahre deutlich tions-Methode gemessen, kann jedoch auch nach
gebessert werden. Für die Therapieentscheidung ist der Fick’schen Methode berechnet werden. Für die
eine genaue Diagnosestellung und die Ätiologie der Untersuchung wird zunächst ein Zugangsweg über
Erkrankung essenziell. Wichtig ist dabei die Unter- das venöse System gewählt, um mit der Katheter-
scheidung zwischen der pulmonalarteriellen Hyper- spitze in die Lungenstrombahn gelangen zu können.
tonie (PAH) und anderen Formen der pulmonalen Hierzu wird eine großlumige Vene punktiert und in
Hypertonie (PH) wie der pulmonalen Hypertonie Seldinger-Technik eine venöse Schleuse angelegt.
aufgrund von Linksherz- und Lungenerkrankun- Die Wahl des Zugangsweges richtet sich nach ana-
gen oder chronischen Thrombembolien. tomischen Gegebenheiten sowie nach Präferenz des
Für die Diagnosestellung der PH ist die Rechts- Untersuchers und des Patienten (mögliche Zugangs-
herzkatheteruntersuchung der Goldstandard. Eine wege sind die V. jugularis, V. subclavia, V. brachialis,
pulmonale Hypertonie wird diagnostiziert, wenn V. femoralis). . Abb. 1.16 zeigt den Zugang durch
der mittlere pulmonalarterielle Druck ≥25 mmHg die V. jugularis.
ist (Galie et al. 2016). Neben der Diagnosesicherung Über die venöse Schleuse (7F) wird der Katheter
durch die direkte Druckmessung in den Pulmonalar- bis in die obere oder untere Hohlvene vorgeschoben.
terien kann der Rechtsherzkatheter Aufschluss geben Bei Verwendung eines Swan-Ganz-Katheters kann
über das Ausmaß der pulmonalen Widerstandser- der Ballon mit Luft gefüllt werden, damit er durch
höhung, den pulmonalarteriellen Verschlussdruck den Blutfluss durch das Herz in die Pulmonalarte-
sowie die Herzkraft (Herzzeitvolumen). rie geleitet wird. Der Katheter wird hierfür bis zum
Die invasive Messung der hämodynamischen rechten Vorhof vorgeschoben und mit aufgeblase-
Parameter im kleinen Kreislauf ist vor Einleitung nem Ballon über den rechten Ventrikel in die Pulmo-
einer PAH-Therapie entscheidend, sodass der nalarterie „eingeschwemmt“ (. Abb. 1.17).
Rechtsherzkatheter ein grundlegender Bestandteil Die Position des Katheters kann anhand der
der PH-Diagnostik ist. Zudem dient die Untersu- typischen Druckkurven kontrolliert werden. In der
chung der Therapiekontrolle im Verlauf. jeweiligen Katheterposition werden die einzelnen
Werte erhoben, welche neben den Druckmessungen
z Vorbereitung auch die Ermittlung des Herzzeitvolumens und die
Voraussetzung für die Untersuchung ist insbeson-
dere eine geeignete Blutgerinnungslage. Die Unter-
suchung bedarf zudem der Aufklärung des Patien-
ten über die Notwendigkeit, Ablauf, Ziele, mögliche
Komplikationen und Risiken und dessen schriftliche
Einverständniserklärung. Wichtig ist, dass jede elek-
tive Untersuchung nicht bei akut kardial oder pulmo-
nal dekompensierten Patienten, sondern erst nach
Rekompensation erfolgt, da die Messungen sonst
nicht korrekt interpretiert werden können.

z Durchführung
Zur Durchführung der Untersuchung wird am häu-
figsten der „Einschwemmkatheter“ (Swan-Ganz-
. Abb. 1.16 Rechtsherzkatheteruntersuchung mit Zugang
Katheter) verwendet. Der Katheter enthält einen
über die V. jugularis. Auf dem sterilen Tisch liegen das Ende
Latex-Ballon an der Spitze, der einerseits die Bewe- des Einschwemmkatheters sowie die Spritze zur Messung des
gung und richtige Positionierung des Katheters Herzzeitvolumens.
1.3 · Diagnostik: invasiv
35 1
Rechtsherzkatheteruntersuchung die pulmonale
Gefäßreagibilität getestet. Durch diese Messung
können sich therapeutische Konsequenzen für die
Erkrankung ergeben. Im Rahmen der Initialdiagnos-
tik wird daher bei PAH-Patienten ein Vasoreagibili-
tätstest empfohlen, um Patienten zu identifizieren, die
von einer Therapie mit Calcium-Antagonisten profi-
tieren können. Die Untersuchung wird mit inhalati-
vem NO (10–20 ppm) oder mit inhalativem Iloprost
(5 μ g) durchgeführt. Sinkt der mittlere pulmonalar-
terielle Druck ≥10 mmHg auf Werte ≤40 mmHg, so
ist das sog. Responder-Kriterium erfüllt. Patienten
mit einer positiven Vasoresponse haben eine deut-
lich bessere Prognose, stellen jedoch nur ca. 10%
der Patienten mit idiopathischer pulmonalarteriel-
ler Hypertonie dar.

z Komplikationen
Obwohl eine Rechtsherzkatheteruntersuchung bei
Durchführung durch einen erfahrenen Untersucher
. Abb. 1.17 Schematische Darstellung Rechtsherzkatheter eine Routinediagnostik mit nur geringer Komplika-
tionsrate darstellt, kann es während und nach der
Berechnung des pulmonal vaskulären Widerstandes Untersuchung zu Nebenwirkungen wie Arrhythmien
einschließen (. Tab. 1.7). oder Blutungen kommen. Eine sorgfältige Durchfüh-
Liegt eine pulmonalarterielle Hypertonie vor, rung und Überwachung ist daher obligatorisch, ins-
so wird bei bestimmten Formen während der besondere bei schwer erkrankten Patienten.

. Tab. 1.7 Gemessene Parameter bei einer Rechtsherzkatheteruntersuchung

Methode/Lokalisation Parameter Häufige Bezeichnung

EKG oder Pulsoxymeter Herzfrequenz HF


Blutdruckmanschette Blutdruck RR
Pulsoxymeter oder Blutgasanalyse Sauerstoffsättigung SaO2
Rechtsherzkatheter
Rechter Vorhof Vorhofdruck RA-Druck
Rechter Ventrikel
Pulmonalarterie (Hauptstamm) Pulmonalarterieller Druck; systolischer sPAP, dPAP, mPAP
Druck, diastolischer Druck und Mitteldruck
Pulmonalarterie, kleine Gefäße Pulmonalarterieller Verschlussdruck PAWP
Pulmonalarterie (Hauptstamm) Herzzeitvolumen („cardiac output“ und HZV (CO, CI)
„cardiac index“ bei Bezug auf die Körper-
oberfläche)
Pulmonalarterie (Hauptstamm) Zentralvenöse Sättigung SvO2
Berechnung von Werten
Pulmonal vaskulärer Widerstand PVR (= mPAP–PAWP)/CO×80)
36 Kapitel 1 · Grundlagen der Pneumologie

In einer retrospektiv-prospektiven Studie mit bzw. zur Sedierung verwendeter Medikamente


1 etwa 7000 Patienten wurde die Sicherheit der Rechts- (meist Midazolam oder Propofol).
herzkatheteruntersuchung erfasst (Hoeper et al. Kontraindikationen stellen Ösophagusvari-
2006). Insgesamt traten 4 Todesfälle auf, entspre- zen, Ösophagustumoren oder -stenosen sowie eine
chend einer rechtsherzkatheterassoziierten Mortali- erhöhte Blutungsneigung dar.
tät von 0,05–0,067%. Nichttödliche Ereignisse traten
in einer Häufigkeit von 1,1–1,3% auf.
Die Rechtsherzkatheterdiagnostik ist ein ent- 1.3.4 Thoraxchirurgie
scheidender Bestandteil in der Diagnostik und
Verlaufskontrolle von Patienten mit pulmonaler J. Op den Winkel
Hypertonie und dient der Einschätzung der hämo-
dynamischen Ausprägung der Erkrankung. Operative Eingriffe zu diagnostischen Zwecken
dienen meist der histologischen Sicherung unklarer
Gewebsformationen.
1.3.3 Transösophageale Aufgrund der anatomischen Verhältnisse des
Echokardiografie Thorax mit seinen präformierten Kompartimenten
und knöchernen Begrenzungen muss der operative
P. Kaukel Zugang mit Bedacht gewählt werden. Daher ist es
zwingend notwendig, präoperativ das Ziel des Ein-
Die transösophageale Echokardiografie (TEE, griffs festzulegen, die Option einer intraoperativen
„Schluckecho“) ist erforderlich, wenn transthorakal Änderung des Konzepts jedoch ebenfalls einzukal-
keine ausreichende Sicht des Herzens möglich ist, vor kulieren. So lassen sich rein diagnostische von the-
allem aber zur genaueren Darstellung der Herzstruktu- rapeutischen Operationen abgrenzen. Allerdings
ren. Besonders die Untersuchung der Herzklappen oder besteht zum Teil die Möglichkeit, einen initial als
der Nachweis von kleinen Thromben in den Herzhöh- diagnostisch begonnenen Eingriff anhand von int-
len sind wichtige Indikationen dieser Untersuchung. raoperativ gewonnenen Erkenntnissen in eine the-
rapeutische und/oder kurativ intendierte Operation
z Vorbereitung und Durchführung zu konvertieren.
Für die TEE gelten dieselben Vorbereitungsmaß- Diagnostisch-chirurgische Eingriffe in der Pneu-
nahmen wie für eine Magenspiegelung. Der Patient mologie sind die Mediastinoskopie und die Video-
muss 24 h zuvor aufgeklärt werden, der Patient muss thorakoskopie (VATS).
nüchtern sein und Zahnprothesen müssen entfernt
werden. Zudem sollte eine Verweilkanüle für eine
milde Sedierung (z. B. Midazolam) zur Verfügung Mediastinoskopie
stehen. Zur Überwachung der Vitalparameter muss Dieser Eingriff gehört zu den diagnostischen und
der Patient während der Untersuchung mit einem minimalinvasiven Verfahren und wird heutzutage
3-Kanal-EKG, einer Blutdruckmanschette und fast ausschließlich mittels Videooptik durchgeführt.
einem Pulsoxymeter verbunden sein. Er dient der Darstellung des mittleren Mediastinums
Es erfolgt eine Lokalanästhesie des Rachens, sowie der Biopsieentnahme, insbesondere bei Ver-
anschließend wird dem Patienten zur Vermeidung dacht auf Vorliegen von Lymphknotenmetastasen
von Endoskopschäden ein Beißschutz zwischen die eines Bronchialkarzinoms, eines Lymphoms oder
vordere Zahnreihe geschoben. Bei der Passage des einer Sarkoidose. Die Operation wird in Intuba-
Kehlkopfes wird der Patient zum Schlucken aufge- tionsnarkose und Rückenlagerung mit Reklination
fordert, er sollte also noch ansprechbar sein. des Halses durchgeführt (. Abb. 1.18).
Nach collarem (Hals-)Schnitt knapp oberhalb
z Komplikationen des Jugulums erfolgt eine schichtweise Präpara-
Risiken der TEE sind Blutung, Infektion, Verletzun- tion bis auf die Trachea, auf der das Mediastinoskop
gen umliegender Strukturen, Ösophagusperforation schließlich vorsichtig in Richtung Trachealbifurka-
sowie allergische Reaktionen auf Lokalanästhetika tion geführt werden kann. Bei der Präparation und
1.3 · Diagnostik: invasiv
37 1

linke PA

4L

linker Rekurrensnerv

aszen
die
r

en
de
PA

Ao
rta
Trachea

A. brachiocephalica
Hauptcarina

. Abb. 1.18 Mediastinoskopie. (Aus Dienemann et al. 2015)

Probeentnahme ist äußerste Vorsicht geboten, da die


versehentliche Verletzung der benachbarten großen
Gefäße lebensbedrohliche Blutungen auslösen und
eine notfallmäßige Sternotomie oder Thorakoto-
mie erfordern kann. Zudem sind Schädigungen der
Trachea, des linksseitigen Stimmbandnervs und der
Pleura mit Pneumothoraxentstehung möglich. Im
Vergleich zur Bronchoskopie können größere Proben
gewonnen und die Diagnose mit höherer Sicherheit
gestellt werden.

Videothorakoskopie (VATS)
Die VATS zählt ebenfalls den minimalinvasiven Ver- . Abb. 1.19 Videothorakoskopie. PA Pumonalarterie. (Aus
fahren. In überstreckter Seitenlagerung des Patien- Dienemann et al. 2015)
ten werden 2–3 Schnitte angelegt, über die sich eine
Videooptik und chirurgische Instrumente eingebrin-
gen lassen („Schlüssellochprinzip“) (. Abb. 1.19). Atelektase (Zusammenfallen) des Lungenflügels zu
Nach der Eröffnung der parietalen Pleura kol- erzielen. Da das Mediastinum eine sichere Barriere
labiert der Lungenflügel teilweise, zudem wird die zum kontralateralen Hemithorax bildet, kollabiert
Ventilation der entsprechenden Lungenseite durch der gegenseitige Lungenflügel nicht. Es wird eine sog.
den Anästhesisten gezielt unterbunden, um eine Einlungenventilation durchgeführt.
38 Kapitel 1 · Grundlagen der Pneumologie

Der Kollaps der Lunge erlaubt es, eine vollstän- Kreider ME, Lipson DA (2003) Bronchoscopy for atelectasis in
1 dige Inspektion der Brusthöhle durchführen und die
the ICU: a case report and review of the literature. Chest
124: 344–350
Lunge nach suspekten Strukturen untersuchen zu Kroidl R, Schwarz S, Lehnigk B, Fritsch J (2014) Kursbuch
können. Aus Brustfell, Mediastinum, Lunge, Zwerch- Spiroergometrie: Technik und Befundung verständlich
fell und Lymphknotengewebe lassen sich gemacht, 3. Aufl. Thieme, Stuttgart
55 Biopsien zu diagnostischen Zwecken Matthys H, Seeger W (Hrsg) (2008) Klinische Pneumologie, 4.
Aufl. Springer, Berlin Heidelberg, New York
entnehmen,
Morgan RK, Ernst A (2010) Cryosurgery. In: Strausz J, Bolliger
55 Tumoren in kurativer Absicht vollständig CT (Hrsg) Interventional Pulmonology (European Respi-
resezieren, ratory Monograph Vol 48). European Respiratory Society,
55 Pleura- und Perikardergüsse sowie Empyeme Sheffield, S 161–172
entlasten, Nakhosteen JA (2009) Gustav Killian und Shigeto Ikeda: die
Väter der Bronchoskopie. In: Nakhosteen A, Khanavkar B,
55 Verklebungen der beiden Pleurablätter zur
Darwiche K, Scherff A, Hecker E, Ewig S (Hrsg) Atlas und
Ergussprophylaxe induzieren und Lehrbuch der thorakalen Endoskopie, Bronchoskopie,
55 Brustkorbdeformitäten korrigieren. Thorakoskopie. Springer, Heidelberg, S 2–9
Plekker D, Koegelenberg CFN, Bolliger CT (2010) Different
Somit wird dieses OP-Verfahren sowohl in diagnos- techniques of bronchoscopy. In: Strausz J, Bolliger CT
(Hrsg) Interventional Pulmonology (European Respiratory
tischer als auch in therapeutischer Absicht ange-
Monograph Vol 48). European Respiratory Society, Shef-
wandt. Je nach erfolgter Operation werden am Ende field 48:1–17
der Operation 1–2 Thoraxdrainagen eingebracht, Randerath WJ et al. (2014) Konsensuspapier zur Diagnostik
welche Wundflüssigkeit und Luft ableiten und den und Therapie schlafbezogener Atmungsstörungen bei
intraoperativ angelegten Pneumothorax aufheben. Erwachsenen. Pneumologie 68: 106–123
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Kollofrath O (1897) Entfernung eines Knochenstücks aus
dem rechten Bronchus auf natürlichem Wege und unter
Anwendung der directen Laryngoscopie. MMW 38:
1038–1039.
39 2

Krankheitsbilder
M. Schellenberg

2.1 COPD und Lungenemphysem – 41

2.2 Pneumonie – 45

2.3 Asthma bronchiale – 47

2.4 Interstitielle Lungenerkrankungen (ILD) – 50

2.5 Tumoren des Thorax – 52


2.5.1 Bronchopulmonale Tumoren – 52
2.5.2 Pleuratumoren – 56

2.6 Pleuraerguss – 57

2.7 Pleuraempyem – 58

2.8 Pneumothorax – 59

2.9 Lungenödem – 61
2.9.1 Hochdrucködem – 61
2.9.2 Permeabilitätsödem – 62

2.10 Bronchiektasen – 62

2.11 Mukoviszidose (zystische Fibrose, CF) – 64

2.12 Allergische bronchopulmonale Aspergillose (ABPA) – 65

2.13 Lungenarterienembolie – 66

2.14 Pulmonale Hypertonie – 67

2.15 Tuberkulose und nichttuberkulöse Mykobakterien – 69


2.15.1 Tuberkulose (Tbc) – 69
2.15.2 Nichttuberkulöse Mykobakterien (NTM) – 71

© Springer-Verlag GmbH Deutschland 2017


G. Iberl, M. Schellenberg (Hrsg.), Pflegewissen Pneumologie, Fachwissen Pflege,
DOI 10.1007/978-3-662-52667-5_2
2.16 Sarkoidose – 71

2.17 Exogen allergische Alveolitis – 72

2.18 Neuromuskuläre und thorakal-restriktive Erkrankungen – 74


2.18.1 Alveoläre Hypoventilation – 74
2.18.2 Hustenschwäche – 75

2.19 Schlafbezogene Atmungsstörungen – 75


2.19.1 Obstruktive Schlafapnoe (OSA) – 75
2.19.2 Zentrale Schlafapnoe (ZSA) – 77
2.19.3 Schlafbezogenes Hypoventilationssyndrom – 77

Literatur – 77
2.1 · COPD und Lungenemphysem
41 2
2.1 COPD und Lungenemphysem Entzündung aus. Eine Entzündung der Bronchial-
schleimhaut nennt man Bronchitis. Durch den fort-
Die COPD (chronisch obstruktive Lungenerkran- gesetzten Kontakt mit Reizstoffen verselbständigt
kung, engl. „chronic obstructive pulmonary sich diese Entzündung und es geschehen zunächst
disease“) ist eine chronische fortschreitende Erkran- drei wesentliche Veränderungen in den Bronchien:
kung der Atemwege, die in ihrem Verlauf die Lunge 55 Zunahme der Sekretproduktion =
zerstört. Sie tritt sehr häufig auf – allein in Deutsch- Verschleimung
land leiden geschätzte 10% der Bevölkerung an chro- 55 Hypertrophie (Vergrößerung) der glatten
nischer Bronchitis (Konietzko et al. 2000), Tendenz Muskelzellen der Bronchien = Obstruktion
steigend, und die COPD rückt auf zur dritthäu- 55 Schädigung und Untergang des Flimmer-
figsten Todesursache weltweit (Lopez et al. 1998). epithels = Verlust des Reinigungssystems und
Auslöser Nummer 1 ist der Konsum von Zigaret- reduzierter Schleimtransport
ten, auch Passivrauchen spielt hierbei eine wichtige
Rolle. Lungenemphysem Darüber hinaus kann die
andauernde Entzündung bei einem Teil der Patien-
> Rauchen beschleunigt den natürlichen ten (ca. 10%) auf das Parenchym (Lungengewebe)
Verlust der respiratorischen Einsekunden- übergreifen. Die Alveolen (Lungenbläschen) werden
kapazität (FEV1): gesunde Nichtraucher zerstört und die Lunge verliert an Elastizität. Die
verlieren etwa 20–40 ml FEV1/Jahr, Raucher eingeatmete Luft wird nicht mehr vollständig aus-
verlieren mit etwa 50–100 ml/Jahr das geatmet („air trapping“) – ein Lungenemphysem
Doppelte. Bei 10–20% der Raucher ist dieser entsteht. Durch die dauerhafte Erweiterung der
Verlust noch erheblicher – bis zu 200 ml/Jahr! kleinen Lufträume werden die Alveolarwände und
Diese Betroffenen leiden an einer COPD mit das umgebende Bindegewebe irreversibel zerstört.
Emphysem. Das Lungenemphysem zeigt hierbei verschiedene
Verteilungsmuster:
Weiterhin können auch organische Stäube (Holz, 55 zentrilobulär: heterogen(ungleichmäßig), oft
Getreide etc.), die Verbrennung von Biomassen oberlappenbetont
(Herd, Biokraftstoffe) oder Infektionen als mögliche 55 panlobulär: homogen (gleichmäßig), oft
exogene Faktoren genannt werden. Auch endogene unterlappenbetont
Ursachen sind bekannt (z. B. α-1-Antitrypsinmangel,
eine angeborene Stoffwechselerkrankung), diese sind Auch können sich durch die Zerstörung der Septen
jedoch seltener. (Zwischenwände) große Bullae (Blasen) in der Lunge
Die COPD verläuft fortschreitend und bei jedem entwickeln.
Patienten unterschiedlich. Der Verlauf ist nicht vor- Durch die Ausdehnung der Überblähung verän-
hersehbar und hängt von bekannten Faktoren (inha- dert sich die Thoraxform der Patienten. Die Rippen
lative Reizstoffe, Infekte), aber auch unbekannten stehen weiter auseinander, die Zwerchfelle werden
(genetische Veranlagung) Faktoren ab. nach unten gedrückt. Es entsteht ein Fassthorax.
Die fortschreitende Obstruktion der Bronchien
z Pathophysiologie und Zerstörung der Lungenbläschen führt im Verlauf
zu einer verminderten Sauerstoffaufnahme (Hyp-
COPD Die Lunge steht als einziges Organ unseres oxämie) und später, durch Erschöpfung der Atem-
Körpers in ständigem Kontakt mit der Außenwelt – pumpe, zu einer verschlechterten Kohlendioxidab-
und ist damit auch inhalativen Giften ausgesetzt. gabe (Hyperkapnie).
Umso mehr beim Inhalieren von Zigaretten, die über Wichtig ist die Abgrenzung der COPD zu anderen
200 bekannt giftige Substanzen enthalten. chronisch obstruktiven Erkrankungen (Mukoviszi-
Diese Gifte reizen lokal die empfindliche dose, Bronchiektasien, Bronchiolitis), was gerade in
Schleimhaut der Atemwege und lösen damit einem Frühstadium der Erkrankung schwierig sein
über Mediatoren (Vermittlersubstanzen) eine kann. Vor allem die Ähnlichkeit der Symptome einer
42 Kapitel 2 · Krankheitsbilder

COPD und eines Asthma bronchiale kann eine diag-


. Tab. 2.1 Phänotypen der COPD
nostische Herausforderung sein.
Merkmal Pink Puffer Blue Bloater
2 > COPD und Asthma bronchiale sind zwei
Dyspnoe Sehr stark, be- Gering, bei Be-
verschiedene Erkrankungen – es gibt jedoch
reits in Ruhe lastung
in beiden Gruppen Mischformen.
Auswurf Wenig Viel
z Symptome Ernährungs- Untergewicht Übergewicht
Die symptomatische Trias der COPD kann mit zustand
„AHA“ zusammengefasst werden: pO2 Anfangs stabil Entsättigungen,
55 A – Atemnot vor allem nachts
55 H – Husten pCO2 Anfangs normal Steigt = Hyper-
55 A – Auswurf kapnie
Atemfrequenz Erhöht Normal
Je nach Stadium der Erkrankung differiert die Stärke Pathophysio- Emphysem Bronchitis
der Atemnot – anfänglich tritt diese unter Belastung logie
auf (z. B. Treppensteigen), im Verlauf der Erkrankung
empfinden die Patienten bereits bei geringster Belas- pCO2 Kohlendioxidpartialdruck, pO2
tung (Zähneputzen, Wasserlassen, Essen) stärkste Sauerstoffpartialdruck.
Luftnot. Auch leiden manche Patienten unter starkem
Husten mit Auswurf – bei anderen steht dagegen die
Überblähung im Vordergrund. Ein Versuch der Klassi- 55 Über-/Untergewicht
fizierung kann phänotypisch (klinische Merkmale) in 55 Zyanose (Blaufärbung der Lippen, Finger, Füße
„Pink Puffer“ und „Blue Bloater“ erfolgen (. Tab. 2.1). durch Sauerstoffmangel)
Patienten mit COPD leiden zudem gehäuft an 55 Uhrglasnägel
zusätzlichen Erkrankungen anderer Organsysteme – 55 Pergamenthaut, Einblutungen (durch
sei es durch die COPD selbst bedingt oder auch Cortisoneinnahme)
durch Sekundärfaktoren (Medikamente, Immobilität
etc.): z. B. pulmonale Hypertonie, Osteoporose, Dia- Darüber hinaus sind apparative/funktionelle Unter-
betes mellitus, Gefäßerkrankungen, Depressionen. suchungen wichtig.
An erster Stelle ist die Lungenfunktionsdiagnostik
z Diagnostik (Spirometrie mit Bodyplethysmografie) zu nennen –
Wie immer beginnt der diagnostische Prozess mit die Basis zur COPD-Diagnostik und Einteilung des
der Anamnese: Schweregrades (nach den Leitlinien der „Global
55 Rauchen (aktiv/passiv) Initiative for Chronic Ostructive Lung Disease“ –
55 Vorerkrankungen, Allergien GOLD). Hierzu dient die FEV1 als Maß der Obst-
55 Beschwerden (wann Luftnot? Husten/ ruktion (vorausgesetzt Tiffeneau-Index <70%):
Auswurf? Infekte?)
55 Einschränkungen im Alltag I FEV1 ≥80%
II FEV1 50–80%
Körperliche Untersuchung: III FEV1 30–50%
55 Beschleunigung der Atemfrequenz (normal für IV FEV1 <30%
Erwachsene: 12–20/min)
55 Verlängertes Exspirium (Ausatmung) Die aktuelle mehrdimensionale GOLD-Klassifika-
55 Giemen, Pfeifen, Brummen, Rasselgeräusche tion (. Abb. 2.1) beinhaltet neben der funktionel-
auskultatorisch len Messung der FEV1 auch die klinische Einschrän-
55 Einsatz der Atemhilfsmuskulatur, eventuell kung durch Erfragen der Luftnot (COPD Assessment
Stützhaltung Test – CAT, Fragebögen des Modified British Medical
2.1 · COPD und Lungenemphysem
43 2

4
C D ≥2

GOLD 3
Exazerbationen
Klassifikation
pro Jahr
nach FEV1
2 1
A B
1 0

Ergebnis von Fragebogen


CAT < 10 CAT ≥ 10
oder oder
mMRC 0 – 1 mMRC ≥ 2

. Abb. 2.1 COPD-Einteilung nach GOLD. (CAT COPD Assessment Test, mMRC Modified British Medical Research Council)

. Tab. 2.2 Variablen und Punkte des BODE-Index

Punkte 0 1 2 3

FEV1 (% Soll) ≥65 50–64 36–49 ≤ 35


6MWT (m) ≥350 250–349 150–249 ≤149
MRC-Skala 0–1 2 3 4
modifiziert 0: Atemnot bei star- Atemnot beim Muss wegen Atem- Atemnot beim ­
ker Belastung Gehen in der Ebene not nach 100 m An- und Ausziehen
1: Atemnot bei Trep- ­anhalten
pensteigen, Bergauf-
gehen
Body Mass Index >21 ≤21
(kg/m2)

Die Punktewerte 0–2, 3–4, 5–6 und 7–10 korrelieren jeweils mit der Gesamtmortalität und der COPD-bedingten
Mortalität. Die errechnete 4-Jahres-Überlebensrate beträgt bei 0–2 Punkten 80%, bei 7–10 Punkten 18%.
6MWT 6-Minuten-Gehtest, FEV1 Einsekundenkapazität, MRC Medical Research Council.

Research Council – mMRC) und Exazerbationen. Weitere Funktionsuntersuchungen wie Blut-


So wird die COPD in die Gruppen A–D eingeteilt. gasanalyse, Diffusionskapazität, Belastungsunter-
Hiermit soll der klinische Schweregrad besser abge- suchungen (6MWT, Ergometrie) sowie apparative
bildet werden. Untersuchungen (Röntgen des Thorax (. Abb. 2.2),
Zusätzlich kann der BODE-Index (Body Mass Computertomografie, Echokardiografie u. a.) helfen,
Index, Obstruktion, Dyspnoe, Exercise capacity = das Ausmaß der COPD und Komorbiditäten zu
6-Minuten-Gehtest/6MWT, . Tab. 2.2) herangezo- erkennen.
gen werden. Neben der Quantifizierung der funktio-
nellen Einschränkungen, korreliert auch die Mortali- z Therapie
tätsrate mit der ermittelten Punktezahl. Zunächst: Ursachenvermeidung!
44 Kapitel 2 · Krankheitsbilder

. Abb. 2.2 Emphysemthorax. Die Thoraxaufnahme zeigt die für ein Emphysem typischen morphologischen Charakteristika:
Transparenzerhöhung der Lungen, tiefstehendes und abgeflachtes Zwerchfell (blaue Pfeile), sichtbare Insertionszacken (rote
Pfeile) und erweiterte Interkostalräume (gelbe Doppelpfeile). (Aus Hamer et al. 2013)

Raucherentwöhnung bzw. Vermeidung von Pas-


. Tab. 2.3 Broncholytische Therapie bei COPD
sivrauchen oder anderen Reizstoffen sind wesentlich.
Auch gehören zur Basisbehandlung eine gezielte Schweregrad Erste Wahl Wirkstoffbei-
Infektvermeidung, inklusive regelmäßiger Influenza- (GOLD) spiele
und Pneumokokkenimpfungen, sowie Optimierung
der Behandlung von Begleiterkrankungen (z. B. A SABA oder Salbutamol, Ipra-
SAMA tropiumbromid
Herzinsuffizienz, Adipositas, Diabetes mellitus).
Die weiteren Behandlungsmaßnahmen richten B LAMA oder Tiotropiumbro-
LABA mid, Salmeterol
sich nach dem Schweregrad.
C LAMA oder ICS/ Tiotropiumbro-
Medikamentös LABA mid, Beclometha-
son/Salmeterol
55 Broncholyse (. Tab. 2.3): inhalative lang- und
kurzwirksame Bronchodilatatoren, systemische D LAMA oder ICS/ Tiotropiumbro-
LABA mid, Beclometha-
Bronchodilatation (z. B. Theophyllin)
son/Salmeterol
55 Sekretolyse: inhalativ (Kochsalz), mechanisch
(Atemtherapie, Atemhilfsmittel, z. B. VRP1-
SABA kurzwirksames Betamimetikum, SAMA
Flutter), ggf. medikamentös (keine Studien- kurzwirksames Anticholinergikum, LABA lang
grundlage: Acetylcystein, Ambroxol) wirksames Betamimetikum, LAMA langwirksames
55 Antientzündlich: Corticosteroide, Phospho- Anticholinergikum, ICS inhalatives Corticosteroid.
diesterasehemmer (Roflumilast)
55 Antitussiva
55 Langzeit-Sauerstofftherapie bei Hypoxämie jedoch, dass der Einsatz von ICS bei COPD zurück-
haltend erfolgen soll bei höherem Risiko für Exazer-
Die hier aufgelisteten inhalativen Behandlungen bationen und Pneumonien (Wedzicha et al. 2016).
beziehen sich auf noch geltende internationale The- Eine Änderung der Empfehlungen ist für 2017 zu
rapieempfehlungen. Die aktuelle Studienlage zeigt erwarten.
2.2 · Pneumonie
45 2
Nichtmedikamentös Es wird zwischen drei Hauptgruppen unter­
55 Nichtinvasive Maskenbeatmung bei ventilatori- schieden:
schem Versagen (Hyperkapnie) 55 CAP – „community-acquired pneumonia“:
55 Pulmonale Rehabilitation ambulant (= außerhalb des Krankenhaus)
erworbene Pneumonie
Invasiv/operativ 55 HAP – „hospital-acquired pneumonia“:
55 Lungenvolumenreduktion (endoskopisch oder nosokomiale (= im Krankenhaus erworben)
operativ) Pneumonie; Auftreten frühestens 48 h nach
55 Lungentransplantation (bei Erschöpfung aller Einlieferung (vorher CAP)
Therapieoptionen) Sonderform VAP – „ventilator-associated
pneumonia“: beatmungsassoziierte
z Akute Exazerbation Pneumonie, >48 h nach Intubation, Sterb-
Eine Exazerbation ist eine akute Verschlechterung lichkeit bis 30%
der Symptome (Luftnot, Husten, Auswurf), die eine 55 Pneumonie bei immunsupprimierten Patienten
Erweiterung der Behandlung erfordert. Auslöser
sind meist Infekte, aber auch pulmonale Wasserein- Diese Unterteilung ist sinnvoll, weil das Erregerspek-
lagerungen durch Herzinsuffizienz, Allergien oder trum sich unterscheidet je nach Setting (. Tab. 2.4).
Lungenembolien können ursächlich sein.
Exazerbationen sind pneumologische Notfall- ! Cave
situationen und bedürfen schneller Behandlung: Auch nach Entlassung eines Patienten aus
intensivierte Inhalationen, Atemtherapie, Antibio- dem Krankenhaus ist eine Pneumonie in den
tika, systemische Corticosteroidgaben, Diuretika. ersten 1–3 Monaten als HAP zu werten, da
Auch Morphine können bei starker Luftnot verab- eine Besiedlung mit Krankenhauskeimen
reicht werden. Nicht selten kommt es im Rahmen anzunehmen ist.
einer Exazerbation zum ventilatorischen Versagen,
was den Einsatz einer nichtinvasiven oder auch inva-
siven Beatmung notwendig machen kann. . Tab. 2.4 Erregerspektrum der Pneumonie
Häufige Exazerbationen gehen mit einer raschen
CAP
Progredienz der Erkrankung einher und sollten
– Streptococcus pneumoniae (Pneumokokken)
daher nach Möglichkeit vermieden werden. Hierzu
– Haemophilus influenzae
dienen Impfungen, Maßnahmen der Infektvermei- – Viren (Influenza, selten: RSV, Adenoviren)
dung (Händedesinfektion) und regelmäßige Durch- – „Atypische Erreger“: Mykoplasma, Legionella, ­Chlamydia
führung der inhalativen Therapien. HAP
– Staphylococcus aureus, Pseudomonas aeroginosa
– Klebsiella pneumoniae
2.2 Pneumonie – Enterobacter
– Escherichia coli
Die Pneumonie ist eine Entzündung des Lun- – Cave: auch multiresistente Erreger möglich!
gengewebes („Lungenentzündung“) und zeigt Pneumonie unter Immunsuppression
neben klinischen Krankheitssymptomen immer – Pilze (Aspergillus, Candida, Kryptokken u. a.)
auch radiologische Auffälligkeiten. Sie ist eine – Atypische Erreger
der häufigsten Infektionskrankheiten weltweit, in – Viren (CMV, HSV, RSV, Adenoviren, Rhinoviren)
Deutschland steigt die Erkrankungsrate deutlich – Mykobakterien (NTM, Tbc)
– Pneumocystis jiroveci (PCP)
mit dem Alter – über 80% der Patienten sind älter
als 65 Jahre. Meist kann eine Pneumonie ambulant
CMV Zytomegalievirus, HSV Herpes-simplex-
unkompliziert behandelt werden. Ist jedoch eine
Virus, NTM nichttuberkulöse Mykobakterien, PCP
stationäre Versorgung notwendig, liegt die Sterb- Pneumocystis-Pneumonie, RSV „respiratorisches
lichkeit im Krankenhaus bei ca. 10–20% (Restrepo Synzytialvirus”, Tbc Tuberculosis.
et al. 2008).
46 Kapitel 2 · Krankheitsbilder

. Tab. 2.5 Risikoeinschätzung nach CRB-65

Confusion Bewusstseinseintrübung
2 Respiratory rate Atemfrequenz >30/min
Blood pressure Blutdruck systolisch
<90 mmHg, diastolisch
<60 mmHg
65 Alter >65 Jahre

Pro Kriterium wird 1 Punkt vergeben.


0: ambulante Therapie möglich; 1–2: stationär
erwägen; 3–4: dringend stationär → hohe Sterblichkeit!

z Symptome . Abb. 2.3 Thorax-Röntgenaufnahme: Lobärpneumonie


rechts. (Aus Hauptmeier und Rohde 2013)
Patienten mit einer Pneumonie sind krank. Sie leiden
unter Husten, oft Auswurf (nicht immer!), Fieber,
Dyspnoe und oft Thoraxschmerzen (Pleuritis). Da In der Blutuntersuchung werden Infektzeichen (C-re-
eine Pneumonie auch in eine schwere Sepsis überge- aktives Protein – CRP, Procalcitonin – PCT, Leuko-
hen kann, die mit hoher Letalität verbunden ist, ist eine zytose) festgehalten, aber auch Zeichen beginnenden
Risikoabschätzung sehr wichtig. Im Vorfeld zuhause Organversagens (z. B. Anstieg der Leber- oder Nie-
muss der behandelnde Arzt entscheiden, ob ein Patient renwerte). Eine Blutgasanalyse ist notwendig, um die
ambulant oder stationär behandelt wird. Hierzu respiratorische Situation einzuschätzen. Nicht selten
werden verschiedene Kriterien verwendet (. Tab. 2.5). entwickelt sich ein respiratorisches Versagen.
Ein Röntgen des Thorax ist unerlässlich, um Infil-
! Cave trate (Verschattungen) zu erkennen – aber auch z. B.
Die Patienten, die wir in der Klinik behandeln, einen Pleuraerguss (ca. 20% der Fälle!). Ein Infiltrat
gehören einer Hochrisikogruppe an! ist definitionsgemäß immer vorhanden im Rahmen
der Pneumonie und hilft, gegen andere Atemwegs-
z Diagnostik entzündungen (z. B. Infektexazerbation der COPD)
Neben der Anamnese ist eine (wiederholte) klinische abzugrenzen (. Abb. 2.3).
Untersuchung sehr wichtig – vor allem um Zeichen
der respiratorischen Erschöpfung oder beginnenden Praxistipp
Sepsis zu erkennen:
55 Tachypnoe (beschleunigte Atemfrequenz)? Eine Pneumonie ist nicht mit einer Infektex-
>20/min azerbation oder Bronchitis gleichzusetzen. Hier
55 Tachykardie (beschleunigter Pulsschlag)? hilft das Röntgenbild weiter.
>90/min
55 Fieber (>38°C) oder Hypothermie (<36°C)?
55 Blutdruck hoch oder niedrig? Eine mikrobiologische Diagnostik des Sputums ist
55 Sauerstoffsättigung normal? >92% im Rahmen der HAP immer empfohlen (Dalhoff
55 Bewusstseinszustand des Patienten et al. 2012).
55 Atemgeräusche, Rasseln Liegt eine CAP vor, so ist eine Erregerdiagnostik
des Sputums bei mittel- bis schwergradigen Verläu-
! Cave fen (stationäre Behandlung!) durchzuführen (Ewig
Die regelmäßige pflegerische Überwachung et al. 2016). Ebenso ist die Abnahme von mindestens
ist extrem wichtig, das Intervall sollte mit 2 Blutkulturpärchen (aerob/anaerob) sowie einem
dem Arzt abgesprochen werden. Urin-Antigentest auf Legionellen empfohlen.
2.3 · Asthma bronchiale
47 2
z Therapie Kontakte zu einer Sensibilisierung der Schleim-
Antibiotika Es wird immer sofort mit einer empi- häute, es entsteht eine bronchiale Hyperreagibili-
rischen antibiotischen Therapie begonnen unter tät, also eine Überempfindlichkeit der Bronchien.
Abschätzung der zu erwartenden Erreger und Risi- Diese gesteigerte Bereitschaft der Bronchien, auf
kofaktoren des Patienten. Umweltreize zu reagieren, ist ein Grundphänomen
Verzögerungen in der Therapie erhöhen die Leta- des Asthmas. Warum dies bei manchen Menschen
lität. Keinesfalls darf unnötig gewartet werden, z. B. auftritt und anderen nicht, ist noch unklar, es gibt
bis zum Erhalt mikrobiologischer Ergebnisse! Die jedoch bekannte Risikofaktoren wie Allergien oder
Erstgabe einer angeordneten i.v. Antibiose muss häufige Infekte in der Kindheit.
sofort erfolgen – und nicht etwa bis zur nächsten Unterteilt wird in zwei Gruppen, wobei oft eine
„Runde“ gewartet werden! Kombination aus beiden vorliegt:
55 Intrinsisches Asthma (nichtallergisch):
Volumen Flüssigkeitssubstitution bei hohem Auslöser sind Reize verschiedener Art wie
Fieber, arterieller Hypotonie, eingeschränkter Vigi- Duftstoffe, Wärme/Kälte, Infekte, Medika-
lanz. Cave bei Herzinsuffizienz! mente (Analgetika) oder auch körperliche
Belastung oder Stress.
Antikoagulation Durch die Immobilität und Ent- 55 Extrinsisches Asthma (allergisch): Biologische
zündung ist das Risiko von Thrombosen erhöht. Umweltallergene (z. B. Pollen, Staub, Milben)
Nach Risikoabschätzung wird eine Antikoagulation führen über immunologische Ketten-
ergänzt. reaktionen zu Zytokinausschüttungen und
Gewebsreaktionen.
Sauerstoff Je nach Bedarf (SpO2 <92% oder
Zeichen der ventilatorischen Erschöpfung) wird Eine Entzündung in den Atemwegen führt zu:
Sauerstoff appliziert. Cave: auch Hyperventilation Hypertrophie (muskuläre Verdickung) der Bron-
(Hypokapnie, hohe Atemfrequenz) als Zeichen der chialmuskulatur, Schwellung der Schleimhäute und
Atemanstrengung beachten! vermehrter Schleimbildung.
Durch immer wiederkehrende lokale Entzün-
Beatmung Bei ventilatorischem Versagen (Hyper- dungsreaktionen wird im Verlauf das Gewebe samt
kapnie) oder schwerer Oxygenierungsstörung wird der Gefäße unwiederbringlich strukturell verändert
bei fehlenden Kontraindikationen eine nichtinvasive („remodeling“). Es kann eine dauerhafte Obstruk-
Beatmung eingeleitet. tion entstehen: das fixierte Asthma.

Weiteres Inhalationen, Atemtherapie, Lagerung, z Symptome


Mobilisation, optimale Behandlung der Komorbi- Es treten anfallsartige Luftnotattacken und Engege-
ditäten (Diabetes, Herzinsuffizienz etc.), Punktion fühl auf, begleitet von Giemen, Pfeifen, Husten und
bei Pleuraerguss. zum Teil zähem Auswurf. Durch die Verengung und
Instabilität der Bronchien werden diese kollaptisch, vor
allem die Ausatmung wird erschwert, das Exspirium
2.3 Asthma bronchiale ist verlängert. Patienten leiden unter starker Luftnot,
manchmal auch Todesangst. Entlastende Köperhal-
Asthma bronchiale („Asthma“) ist eine chronisch tungen werden eingenommen (z. B. Aufstützung der
entzündliche Erkrankung der Atemwege, die zu Hände), die Atemhilfsmuskulatur ist in vollem Einsatz.
einer variablen Obstruktion (Verengung) der Atem- Je nach Form des Asthmas treten Symptome
wege führt. Sie gehört zu den häufigsten Erkrankun- situativ auf (z. B. im Frühjahr, beim Sport, in der
gen der westlichen Welt, allein in Deutschland sind Wohnung von Katzenhaltern). Dies gibt uns bereits
>5 Mio. Menschen betroffen. viel Information zur Genese der Erkrankung.
Unsere Atemwege stehen ständig mit der Umwelt Die Beschwerden können von leicht bis hin zu
in Kontakt. Bei manchen Menschen führen diese schwersten, tödlich verlaufenden Attacken reichen.
48 Kapitel 2 · Krankheitsbilder

> Ein Asthmapatient zeigt im anfallsfreien Schwierig – und oft sogar nicht möglich – ist die
Intervall oft keine Symptome! Abgrenzung eines Asthmas zur COPD. Eine Unter-
scheidung ist jedoch sehr wichtig, da dies unter-
2 z Diagnostik schiedliche Erkrankungen sind mit unterschied-
Neben der Anamnese ist vor allem die Lungenfunk- lichen Therapieansätzen. Es gibt hierfür wichtige
tionsprüfung wesentlich. Parameter (. Tab. 2.6). Auch andere Erkrankungen
55 Bodyplethysmografie/Spirometrie: zeigt die können asthmaähnliche Symptome aufweisen (siehe
Ausprägung der bronchialen Obstruktion. folgende 7 Übersicht).
Diese ist variabel.
55 Bronchospasmolyse: Gabe eines kurzwirksamen
Broncholytikums zur Prüfung einer Reversibilität Differenzialdiagnose des Asthma
der Obstruktion. Das bedeutet: Nach Inhalation ­bronchiale
eines dilatativen Medikaments (meist SABA, 55COPD
z. B. Sultanol) wird erneut eine Spirometrie 55Sarkoidose
durchgeführt. Eine vollständige Reversibilität 55Chronische pulmonale Stauung bei
bedeutet definitionsgemäß einen Anstieg der Herzinsuffizienz („Asthma cardiale“)
FEV1 ≥15% des Ausgangswerts und um 200 ml 55„Upper airway cough syndrome“ (UACS,
absolut. Dieser Effekt schwindet jedoch unter Sinusitis)
zunehmender Fixierung der Erkrankung. 55Chronischer gastroösophagealer Reflux
55„Vocal chord dysfunction syndrome“ (VCDS)
> Die bronchiale Obstruktion ist bei Asthma 55„Reactive airway distress syndrome“ (RADS)
bronchiale reversibel. Ausnahme: fixiertes 55Mukoviszidose
Asthma. 55α-1-Antitrypsin Mangel
55Tumor
55 Peak expiratory flow (PEF): Geräte zur 55Fremdkörper/Aspirationen
PEF-Messung sind einfach handzuhaben 55Tracheobronchomalazie
und dienen vor allem den regelmäßigen
häuslichen Messungen. Es wird der Spitzen-
fluss beim forcierten Ausatmen gemessen.
Das Führen eines Asthmatagebuchs und . Tab. 2.6 Differenzialdiagnose COPD und Asthma
Dokumentation der Werte dienen Patient bronchiale
und Arzt bei der Erkennung der Asthma-
kontrolle. Schwankungen der PEF >10% sind Parameter Asthma COPD und
bronchiale Emphysem
pathologisch.
55 Blutgase: Bei leicht- bis mittelschwerem Manifesta- Kind/Jugendli- >40 Jahre
Asthma zeigt sich meist nur eine leichte Hyper- tionsalter cher, <40 Jahre
ventilation. Erst bei schweren Attacken treten Zigaretten- manchmal fast immer
Hypoxämie oder eine Hyperkapnie auf. konsum
55 Labor: Zeigt Werte der allergischen Sensibi- Start rasch langsam
lisierung, z. B. Immunglobulin E (IgE) oder
Allergien oft selten
Eosinophilie (erhöhte Eosinophile, Unter-
Verlauf periodisch, symp- dauerhaft
gruppe der weißen Blutkörperchen). Weiterhin
tomfreie Intervalle ­zunehmend
ist das Erkennen von einer akuten Entzündung
Symptome Dyspnoeanfälle, Husten mit
wichtig (CRP, PCT, Leukozyten).
Engegefühl ­Auswurf, chro-
55 Prick-Test: Hauttest mit möglichen Allergenen. nische Dyspnoe,
55 NO-Messung: Konzentration von NO (Stick- Ateminsuffizienz
stoffmonoxid) in der Ausatemluft steigt als Broncho- meist vollständig kaum Effekt
Ausdruck erhöhter Aktivität von Enzymen der spasmolyse
Epithelzellen im Atemtrakt.
2.3 · Asthma bronchiale
49 2

. Tab. 2.7 Einteilung nach GINA (Global Initiative . Tab. 2.8 Therapie Asthma bronchiale
for Asthma 2016) anhand der Asthmakontrolle
Antientzündlich Bronchodilatation Bronchodilatation
Grad der Asthmakontrolle langwirksam kurzwirksam

Symptome Gut kon- Teilweise Unkont- ICS LABA SABA


der letzten 4 trolliert kontrol- rolliert z. B. Budesonid z. B. Formoterol z. B. Salbutamol
Wochen → Ja/ liert
Nein Orale/i.v. Corti- LAMA SAMA
costeroide z. B. Tiotropium z. B. Ipratropium
Atemnotsan- Trifft alles 1- bis 3- bis z. B. Predni-
fälle tags >2- nicht zu 2-mal „Ja“ 4-mal „Ja“ solon
mal/Woche? Anti-IgE Orale LABA Orale/i.v. Cortico-
Atemnotsan- z. B. Omalizu- z. B. Terbutalin steroide
fälle nachts? mab z. B. Prednisolon
Einsatz von Leukotrien- Leukotrienhem-
Bedarfsinhala- hemmer mer
tionen >2-mal/ z. B. Montelu- z. B. Montelukast
Woche? kast
Einschrän- Methlyxant- Retardierte Nichtretardierte
kungen der hine ­Methlyxanthine Methylxanthine
Alltagsbelast-
Theophyllin Theophyllin Theophyllin
barkeit?

ICS inhalative Corticosteroide, IgE Immunglobulin


E, LABA langwirksame Betamimetika, (=
Sympathomimetika), LAMA lang wirksame
z Therapie Muscarinantagonisten (Anticholinergika), SABA
Der Schweregrad eines Asthmas wird nach der Sym- schnell wirksame Betamimetika, SAMA schnell
wirksame Muscarinantagonisten
ptomkontrolle klassifiziert (. Tab. 2.7). Das oberste
Ziel in der Behandlung ist eine Asthmakontrolle, also
ein symptomfreies Leben.
Die Basis der Asthmatherapie bilden Patienten- Stufe II ICS (inhalatives Corticosteroid, niedrig
schulungen und Vermeidung der Auslöser. Darauf dosiert) + bei Bedarf: SABA.
bauen sich die medikamentösen Therapien auf Alternativ: Leukotrienantagonist = LTRA, bei
(GINA 2016). Kindern oder ICS-Unverträglichkeit, Theophyllin
Hierzu gibt es drei Therapiesäulen (. Tab. 2.8): möglich bei Kindern >12 Jahre und Erwachsenen.
55 Antientzündliche Therapie
55 Langwirkende bronchodilatatorische Therapie Stufe III ICS (niedrig dosiert) + LABA (langwirk-
55 Symptomorientierte Bedarfstherapie same inhalative Betamimetika) + bei Bedarf SABA
oder niedrig dosiertes ICS/Formoterol (bei entspre-
Je nach Symptomkontrolle erfolgt eine stufenar- chender Basistherapie). Bei Kindern 6–11 Jahre
tige Anpassung der Therapie – sowohl eskalierend Monotherapie ICS (mittlere Dosis).
als auch deeskalierend. Ab Stufe II wird regelmä- Alternativ : Monotherapie ICS (mittlere
ßig (täglich) eine inhalative Therapie verabreicht, Dosis) oder ICS (niedrig dosiert) + LTRA (oder
dies nennt man „Controller“. Die Bedarfstherapien Theophyllin,)
heißen dagegen „Reliever“.
Stufe IV ICS (mittel oder hoch dosiert) + LABA +
Stufe I Bedarfstherapie, meist schnell wirksame LAMA (bei häufigen Exazerbationen) + bei Bedarf
inhalative Betamimetika (SABA). SABA oder niedrig dosiertes ICS/Formoterol (bei
Alternativ: ggf. niedrig dosiertes ICS. entsprechender Basistherapie).
50 Kapitel 2 · Krankheitsbilder

Alternativ: hoch dosiertes ICS + LTRA oder


Theophyllin. 55Quarzstaublunge (Silikose)
–– Glas-, Keramikverarbeitung
2 Stufe V bei dauerhaft unkontrolliertem Asthma bron- –– Sandstrahlen, Granitsteinmetzereien
chiale Zusätzliche Therapieoptionen: z. B. LAMA, 55Gase und Dämpfe
Antikörper Omalizumab (Anti-IgE), Mepolizumab –– Nitrose, Chlor, Phosgen, Ammoniak,
(Anti-IL5), orale Corticosteroide. Schwefelwasserstoff
Auch kann in spezifischen Zentren eine bron- 55Chronische Infektionen der Lunge
chiale Thermoplastie (Verödung der glatten Musku- –– Pilze (Aspergillus)
latur der Bronchien) angeboten werden. –– Bakterien (Staphylococcus,
Streptococcus, Tbc)
> Die Basis der regelmäßigen Asthmatherapie –– Viren (Adenovirus, Influenza)
ist ein ICS! 55Schäden durch Strahlentherapie
55Medikamente
–– Antibiotika
2.4 Interstitielle –– Chemotherapeutika
Lungenerkrankungen (ILD) –– Antihypertensiva
–– Antidepressiva
Eine ILD („interstitial lung disease“, Lungenfibrose) –– u.v.m.
ist ein bindegewebiger Umbau des Organs, fast einer 55Kollagenosen
Vernarbung gleich. Durch chronische entzündliche –– Systemischer Lupus erythematodes
Prozesse in und um die Alveolen (Lungenbläschen) –– Systemische Sklerodermie etc.
kommt es zu einer Verdickung der Gasaustausch- 55Vaskulitiden
flächen, das Gewebe wird steif und verhärtet, der –– Eosinophile Granulomatose mit
Sauerstofftransport in die umliegenden Blutgefäße Polyangiitis (Churg-Strauss-Syndrom)
verlangsamt und eingeschränkt. –– Granulomatose mit Polyangiitis etc.
Es gehören viele verschiedene Erkrankungsbilder 55Arthritiden
zu der Gruppe der Lungenfibrosen, die Unterteilung –– Rheumatoide Arthritis
ist komplex (. Abb. 2.4). –– Ankylosierende Sponylarthritis (Morbus
Zusammenfassend ist zwischen Formen mit Bechterew) etc.
bekannter Ursache (7 Übersicht) oder unbekannter 55Weitere (selten)
Ursache (idiopathisch) zu unterscheiden. Die häufigste
Form ist die idiopathische pulmonale Fibrose (IPF).
Auch finden sich zahlreiche Lungenfibrosen bekann-
ter Ursache: Hierbei dominieren medikamentös-to-
Ursachen der Lungenfibrose (Beispiele) xische Ursachen (Substanzen aus fast jeder phar-
55Anorganische Stäube makologischen Gruppe), die exogen allergische
–– Quarz, Asbest, Beryllium, Aluminium, Alveolitis (EAA) oder systemische Erkrankungen
Hartmetalle wie Sarkoidose oder rheumatoider Arthritis.
55Organische Stäube/Allergene
–– Schimmelpilze, Hausstaubmilben z Idiopathische pulmonale Fibrose (IPF)
–– Vogelkot, Federn Etwa 1/3 der ILD, und somit der größte Anteil,
55Exogen-allergische Alveolitis, z. B. gehören der Gruppe der IPF an.
–– Farmerlunge (schimmeliges Heu, Die IPF ist eine sehr schwerwiegende, meist
Getreide) tödlich verlaufende Erkrankung, die mit geschätzt
–– Vogelzüchterlunge (Kot von Tauben, 7–10 Erkrankungen/100.000 Einwohner auftritt.
Wellensittichen etc.) Männer erkranken deutlich häufiger als Frauen,
–– Befeuchterlunge (Klimaanlage) dabei nimmt die Inzidenz (Erkrankungsrate) ab dem
50. Lebensjahr zu.
2.4 · Interstitielle Lungenerkrankungen (ILD)
51 2

Lungenfibrosen
(ILD)

Idiopathische ILD Granulomatöse Andere


interstitielle bekannter Ursache, z.B. Formen, z.B.
Pneumonie Ursache Sarkoidose eosinophile
IIP Pneumonie

Chronisch Tabakrauch- Akut/chron-


f ibrosierend assoziiert isch

IPF NSIP RB-ILD DIP AIP COP

. Abb. 2.4 Unterteilung der Lungenfibrosen („interstitial lung disease“, ILD). IPF idiopathische pulmonale Fibrose, NSIP
nichtspezifische interstitielle Pneumonie, RB-ILD respiratorische Bronchiolitis mit interstitieller Lungenerkrankung, DIP
desquamative interstitielle Pneumonie, AIP akute interstitielle Pneumonie, COP kryptogen organisierende Pneumonie

Neben einer seltenen familiären Form tritt die 55 Zeichen der chronischen Hypoxämie: Zyanose,
Erkrankung meist spontan auf. Auch wenn genaue Uhrglasnägel
Auslöser bisher nicht bekannt sind, so können wich- 55 Rechtsherzbelastung, pulmonale Hypertonie
tige Risikofaktoren identifiziert werden: Zigaretten- 55 Auskultatorisch: Sklerosiphonie (Knister-
konsum, genetische Faktoren, Alter, Geschlecht. rasseln), meist beidseits in den Unterfeldern
Der spontane Verlauf der IPF ist sehr unter-
schiedlich und kann in 4 Gruppen eingeteilt werden: Die Computertomografie des Thorax ist in der Diag-
I. Rasche, stetige Verschlechterung (Überleben nostik unverzichtbar, über das radiologische Muster
ca. 6 Monate) kann oft eine diagnostische Zuordnung erfolgen (z. B.
II. Rasche, schubartige Verschlechterung UIP-Muster, „usual interstitial pneumonia“, kenn-
III. Mittlerer Progress zeichnend für IPF). Eine Bronchoskopie mit Unter-
IV. Langsamer Progress suchung des Bronchialsekrets und einer Lungenbiop-
sie sowie chirurgische Gewebsentnahmen kann das
Zu welcher Gruppe ein Patient gehört, ist nicht vor- diagnostische Verfahren ergänzen (Behr et al. 2013).
hersehbar oder messbar. Weitere notwendige Bausteine sind lungenfunk-
Eine Unterscheidung zwischen den verschiede- tionelle Untersuchungen, z. B. Bodyplethysmografie,
nen Formen der Lungenfibrosen ist schwierig und Blutgasanalyse (BGA) und Diffusionskapazität, die
manchmal auch nicht sicher zu treffen. Eine aus- das Bild einer restriktiven Ventilationsstörung, oft mit
führliche Anamnese (Medikamente, Beruf, Freizeit, Hypoxämie und eingeschränkter Diffusion ergeben.
Familie, Symptome – auch nicht pulmonale!) ist die Über eine Echokardiografie wird die Funktion des
Grundlage der Spurensuche. Herzens, insbesondere des rechten Herzens, geprüft.
Die Symptome/Zeichen aller Lungenfibrosen
sind ähnlich: > Lungenfibrosen sind restriktive
55 Luftnot (Belastungsdyspnoe, später Erkrankungen und betreffen primär
Ruhedyspnoe) das Lungengewebe – im Gegensatz zu
55 Quälender, unproduktiver Reizhusten obstruktiven Erkrankungen, die vor allem die
55 Häufige pulmonale Infekte Bronchien betreffen (z. B. COPD).
52 Kapitel 2 · Krankheitsbilder

z Therapie der ILD stark von dem Krankheitsstadium ab, je früher


Eine Therapie ist oftmals sehr schwierig und unter- ein Karzinom entdeckt wird, umso höher ist die
scheidet sich stark je nach Form der ILD. Gemeinsam Überlebenswahrscheinlichkeit.
2 Maßnahmen sind: Trotz aller Fortschritte der Therapieentwicklun-
55 Vermeidung auslösender Ursachen gen in den letzten Jahren sterben pro Jahr >40.000
55 Vermeidung inhalativer Noxen (Zigaretten) Menschen allein in Deutschland an den Folgen von
55 Vermeidung bronchialer Infekte (Impfungen) Lungenkrebs – die Erkrankungsrate ist leider noch
55 Optimierung bekannter Grunderkrankungen immer steigend, vor allem aufgrund des Zigaretten-
(z. B. Herzinsuffizienz) konsums der letzten Jahrzehnte.
55 Pulmonales Training, ggf. Rehabilitation Klassischerweise werden Patienten anhand eines
55 Bei respiratorischem Versagen O2-Therapie, (oder mehrerer) Rundherds in der Lunge auffällig –
bei ventilatorischem Versagen nichtinvasive sei es per Zufall oder aufgrund von Beschwerden.
Beatmung Diese können Husten, Hämoptysen, Heiserkeit oder
Luftnot sein, aber auch Symptome einer Fernmetas-
Darüber hinaus existieren spezielle Therapiemaß- tasierung (Tumorstreuung), z. B. Knochenschmer-
nahmen. zen oder zentralnervöse Ausfälle. Eine weitere
Bei manchen Formen kann eine Therapie mit ­wichtige Gruppe sind paraneoplastische Symptome
Cortison oder anderen immunsupprimierenden (. Tab. 2.9). Hierunter versteht man Störungen bzw.
Medikamenten eingesetzt werden. Zur Behandlung Beschwerden, die durch vom Tumor freigesetzte
der IPF gibt es auch neue, antifibrotische Substanzen, Hormone oder hormonähnliche Substanzen verur-
die an speziellen Lungenzentren angeboten werden. sacht werden.
Bei fortschreitender Erkrankung bleibt eine
­Lungentransplantation als letzte mögliche Thera-
pieoption. . Tab. 2.9 Paraneoplastische Syndrome

Störung Symptome
2.5 Tumoren des Thorax
Inadäquate ADH-Pro- Hyponatriämie, Müdigkeit,
duktion Antriebslosigkeit
Zu den Tumoren des Thorax gehören sowohl bron-
Cushing-Syndrom Hypokaliämie, Alkalose,
chopulmonale Tumoren als auch Erkrankungen
Hypertonie, Hyperglyk-
der Pleura. Es gibt dabei benigne (gutartige) und ämie
maligne (bösartige) Tumoren. Aufgrund der klini-
Hyperkalzämie Verwirrtheit, EKG-­
schen Relevanz befasst sich dieses Kapitel ausschließ- Veränderungen
lich mit den malignen Tumoren des Thorax.
Anämie Müdigkeit, Blässe,
Diese Entitäten sind teilweise schwer behandel- ­Dyspnoe
bar und münden oft in ein palliatives Therapiekon-
Thrombophilie Thrombosen, Embolien
zept. Die Betreuung krebskranker Menschen in der
Karzinoid-Syndrom Gelenkschmerzen, Bron-
Pneumologie ist somit oft eine schwierige, emotio-
chospasmus, Hautrötung
nal anspruchsvolle Tätigkeit, bei der gerade der Pfle- und -hitze
gende sehr gefordert wird.
Lambert-Eaton-My- Muskelschmerzen,
asthenie ­Sensibilitätsstörungen,
Muskelschwäche
2.5.1 Bronchopulmonale Tumoren
B-Symptome Abgeschlagenheit, un-
gewollter Gewichtsverlust,
Das Bronchialkarzinom (Lungenkrebs) entsteht Nachtschweiß, Fieber
in der Bronchialschleimhaut oder im Lungenpa-
renchym. Es gehört zu den prognostisch schlech- ADH antidiuretisches Hormon.
testen Krebsarten. Die Heilungschancen hängen
2.5 · Tumoren des Thorax
53 2
z Diagnostik untersucht. Eine Zytologie wird durch direktes Ausstrei-
Die diagnostischen Schritte bei Verdacht auf ein chen eines Punktats (z. B. Pleuraerguss, Lymphknoten)
Bronchialkarzinom sind: durchgeführt, für histopathologische Ergebnisse wird
55 Basisdiagnostik das bioptisch gesicherte Gewebe bearbeitet und gefärbt.
55 Histologische/zytologische Sicherung Je nach Fragestellung können zur Tumordiffe-
55 Stadieneinteilung (Staging) renzierung auch gezielte immunologische Färbun-
gen folgen.
Erst danach können Prognose und Therapieoptionen Wie die Probe gewonnen wird, hängt von der
festgelegt werden. Lage des Tumors (oder Metastase) und des Gesund-
heitszustands des Patienten ab.
Basisdiagnostik 55 Bronchoskopie: Probeentnahme aus
55 Anamnese: Symptome, Beruf, Nikotinbe- Bronchialschleimhaut, transbronchiale Biopsie,
lastung, familiäre Krebserkrankungen Nadelaspiration aus Lymphknoten
55 Körperliche Untersuchung: insbesondere 55 Transthorakale Biopsie: sonografisch oder
Lymphknoten erfassen, Allgemein- CT-gesteuert
zustand (Karnofsky-Index, . Tab. 2.10), 55 Pleurapunktion: Pleuraerguss
Herz-Lungen-Befund 55 Thorakoskopie (VATS)
55 Labor: Erfassung Leber-, Nierenfunktion, 55 Thorakotomie
Schilddrüse, Infekt, Blutbild, Tumormarker 55 Punktion von Metastasen: bei schwer
55 Radiologie: Röntgen-Thorax, CT des Thorax erreichbaren Primärtumoren und/oder
55 Funktionsuntersuchungen: EKG, BGA, eingeschränktem Allgemeinzustand,z. B.
Lungenfunktion Halslymphknoten, Knochen, Haut
55 Sputumzytologie: sehr unzuverlässig
Histologische/zytologische Sicherung Hierfür
wird eine Zellprobe gewonnen und mikroskopisch Die histopathologische Einteilung des Bronchialkar-
zinoms erfolgt in zwei Hauptgruppen:
. Tab. 2.10 Einschätzung des Allgemeinzustandes
55 NSCLC(„non-small cell lung cancer“; nicht
nach Karnofsky kleinzelliges Bronchialkarzinom, ca. 80%)
55 SCLC(„small cell lung cancer“; kleinzelliges
Karnofsky-Index Symptomatik Bronchialkarzinom, ca. 20%)
100% Normale körperliche Aktivität
Zu den SCLC gehören auch alle gemischten Tumoren
90% Gering verminderte Belast-
mit kleinzelligen oder neuroendokrinen Anteilen –
barkeit
das NSCLC umfasst dagegen alle anderen Zellarten
80% Normale Aktivität nur mit (z. B. Plattenepithel-, Adenokarzinom). Über die
­Anstrengung
genannten Gruppen hinaus gibt es noch untergeord-
70% Unfähig zu normaler Aktivität, nete histopathologische Subgruppen, die an dieser
versorgt sich aber selbst
Stelle nicht genannt werden.
60% Gelegentliche Hilfe im Alltag
50% Ständige Unterstützung und Stadieneinteilung (Staging) Das Staging ermöglicht
Pflege, häufige Arztkontakte eine Aussage zur körperlichen Ausbreitung eines
40% Überwiegend bettlägerig, spe- Tumors. Es wird nach TNM in Subgruppen eingeteilt:
zielle Hilfe 55 T: lokale Größe des Primärtumors, T0–4
30% Dauernd bettlägerig, geschulte 55 N: betroffene regionale Lymphknoten, N0–3
Pflege 55 M: Vorliegen von Fernmetastasen, M0–1
20% Schwer krank, Krankenhaus
10% Moribund Die Zahl 0 bedeutet „kein Nachweis eines Primär-
tumors, Lymphknotens oder einer Fernmetastase“.
54 Kapitel 2 · Krankheitsbilder

Je nach Ausdehnung oder Ausbreitung steigt die 55 Pleurapunktion: bei Vorliegen eines Pleura-
Zahlenzuordnung. ergusses zur Klärung einer Malignität (Pleura-
Aus den jeweiligen Subgruppen entstehen die karzinose) → M
2 Tumorstadien I–IV, wobei Stadium IV immer eine 55 Mediastinoskopie: operative Ermittlung
Metastasierung bedeutet. Die Überlebenswahr- des Lymphknotenbefalls zur Klärung eines
scheinlichkeit sinkt mit fortschreitendem Stadium. operablen Stadiums → N
Etwa 40% der Patienten mit NSCLC und 70% der 55 Knochenmarkbiopsie: bei Verdacht auf eine
Patienten mit SCLC befinden sich bei der Erstdiag- Knochenmarkkarzinose, sehr selten → M
nose bereits im Stadium IV.
Beim SCLC unterscheidet man analog auch z Therapie
zwischen: Wie ein Bronchialkarzinom behandelt wird, hängt
55 Very limited disease (VLD): sehr lokal begrenzt, von seiner Histologie, dem Tumorstadium und dem
T1–2, N0–1 Zustand des Patienten ab. Grundsätzlich behandelt
55 Limited disease (LD): lokal begrenzt, T3-4 und man in kurativer (Tumorkontrolle) oder palliativer
/oder N2–3 (Symptomkontrolle) Absicht. Eine Heilung gelingt
55 Extensive disease (ED): ausgedehnt, M1 bei nur ca. 10% der Patienten.
Die drei Behandlungssäulen sind: Operation,
Die Untersuchungen des Stagings richten sich nach Strahlentherapie und Chemotherapie (DGP und
den häufigen Wegen der Tumorstreuung. Eine DKG 2010).
Tumorstreuung erfolgt beim Bronchialkarzinom
hämatogen (Blut), lymphogen (Lymphbahnen) oder Operation Die Operation eines Bronchialkar-
lokal invasiv (lokale Tumorausdehnung). Häufige zinoms erfolgt in kurativer Absicht, sie wird also
Metastasierungsorte sind Lunge (ipsi-/kontralateral, grundsätzlich im frühen Erkrankungsstadium
Pleura), Knochen, Gehirn, Leber und Nebenniere. durchgeführt.
Zu den Standarduntersuchungen des Stagings Zwei Ausnahmen sind jedoch zu nennen, die
gehören: nach sorgfältiger ärztlicher Diskussion entschieden
55 CT des Thorax: bereits Basisdiagnostik, je nach werden können: palliative Operationen (z. B. stark
Technik oder Alter der Aufnahmen eventuell blutende Tumoren, die die Lebensqualität einschrän-
zu wiederholen. Hieraus können T, N und M ken) und ein lokal begrenztes Stadium mit einer
(pulmonal) erfasst werden. solitären (einzelnen) Fernmetastase, die ebenfalls
55 Bronchoskopie: zeigt endobronchiale kurativ behoben werden kann.
Ausdehnung und Lymphknotenbefall (sonogra- Wird eine kurative operative Entfernung eines
fisch, endobronchialer Ultraschall – EBUS), Bronchialkarzinoms angestrebt, muss zuvor die
auch parenchymale Tumoren → T, N und M funktionelle Operabilität des Patienten überprüft
55 Sonografie des Oberbauchs: Ausschluss von werden: Ist er fit genug für die geplante Operation?
abdominellen Metastasen → M Neben Alter und dem Karnofsky-Index fließen auch
55 Schädel-MRT oder -CT: Ausschluss von Begleiterkrankungen und die lungenfunktionelle
zerebralen Metastasen → M (Belastungs-)Diagnostik in diese Bewertung ein.
55 Knochenszintigrafie: Ausschluss von ossären Eine operative Entfernung des Tumors ist radikal –
Metastasen → M man muss vermeiden, Tumorgewebe zurückzulas-
sen, da dies rasch weiterwächst. Die Ausdehnung der
Bei besonderen Fragestellungen wird ergänzt: Operation hängt von der Tumorgröße und Lokali-
55 Positronenemissionstomografie (PET-CT): sation ab. Es wird mindestens der Lungenlappen
oft lassen sich durch höhere Genauigkeit (Lobektomie) entfernt, manchmal eine ganze Lunge
„versteckte“ Tumorläsionen darstellen, vor (Pneumonektomie). Betroffene benachbarte Struk-
allem betroffene Lympknoten. Diese Methode turen (z. B. Brustwand, Perikard) können ebenfalls
wird zur Klärung eines prinzipiell operablen mit entfernt werden. Selten werden nur Segmente
Stadiums eingesetzt → T, N und M aus der Lunge entnommen, da das Rezidivrisiko
2.5 · Tumoren des Thorax
55 2
hiermit erhöht ist. Immer werden auch ausgedehnt werden sie intravenös, mitunter auch oral verabreicht.
Lymphknoten mitentfernt, um das Risiko versteck- Aufgrund der hohen Toxizität werden zusätzlich sup-
ter Tumorstreuung zu mindern. portive Therapien (i.v. Flüssigkeit vorher/nachher,
Die Operationsletalität, also Sterblichkeit, liegt Steroide, Antiallergika, Antiemetika etc.) standardi-
bei einer Lobektomie bei etwa 2–4%, bei einer Pneu- siert angewandt. Eine regelmäßige Überwachung der
monektomie sogar bei 5–10%. Postoperativ können Patienten ist sehr wichtig, um Nebenwirkungen oder
Komplikationen wie Infektionen, Blutungen, Bron- Unverträglichkeiten schnell zu erkennen.
chusinsuffizienz oder chronische neuropathische Häufige Nebenwirkungen sind: Übelkeit/Erbre-
Schmerzen auftreten. chen, Durchfall, Fieber, Stomatitis, Haarausfall, Müdig-
keit. Fast immer kommt es zu Veränderungen des
Strahlentherapie Der Einsatz ionisierender Strah- Blutbildes mit Anämie/Thrombozytopenie/Leukozy-
len auf lebendes Gewebe (gesund oder tumorös) topenie. Je nach Ausprägung treten hierbei Müdigkeit/
führt zum Zelltod und damit zur Vernichtung von Blässe/Luftnot, hohe Blutungsneigung oder Infekte auf.
Gewebe. Die Bestrahlung eines Tumors ist eine Auch können sich die Leber- oder Nierenwerte unter
lokale Therapie und kann in kurativer oder palliativer einer Chemotherapie verschlechtern, sodass regelmä-
Absicht erfolgen. Die Dosis der Strahlung richtet sich ßige Laborkontrollen dringend notwendig sind.
nach der Behandlungsabsicht, zur kurativen Thera-
pie wird die Bestrahlung mit einer Chemotherapie Targettherapie Seit einigen Jahren neu und in ste-
kombiniert. tiger Entwicklung sind Targettherapien. Diese sind
Nicht nur der Primärtumor kann mit Bestrah- systemische Tumortherapien, die jedoch nicht wie
lung behandelt werden – auch Metastasen des die bisherigen Chemotherapien überall wirken (und
Gehirns, der Knochen und der Brustwand sind der zerstören), sondern nur an bestimmten Rezeptoren
Therapie sehr gut zugänglich. bzw. bei ausgewählten Mutationen der Tumoren,
Das Nebenwirkungsprofil ist komplikations- bisher nur des NSCLC. Vor Einleitung einer solchen
arm, meist besteht eine gute Verträglichkeit, sodass Therapie müssen Patienten getestet werden, ob eine
eine Bestrahlung auch bei Patienten mit reduziertem bestimmte Mutation (z. B. der Biomarker EGFR,
Allgemeinzustand eingesetzt werden kann. Häufig ALK, K-ras) vorliegt. Gibt es passende Mutationen,
können Hautreizungen oder (Soor-)Ösophagitis zeigen diese Substanzen sehr gute Wirksamkeit (im
auftreten, weshalb eine regelmäßige prophylakti- Vergleich zu einer herkömmlichen Chemotherapie)
sche Haut- und Schleimhautbehandlung unabding- bei niedrigem Nebenwirkungsprofil. Sie werden nur
bar ist. Eine gefürchtete Komplikation der thorakalen bei inoperablen Stadien eingesetzt.
Bestrahlung ist die Strahlenpneumonitis, eine durch
die Strahlung verursachte Lungenentzündung. Sie Best Supportive Care, Palliation Was tun, wenn
kann bis zu 6 Monaten nach Beenden der Therapie keine tumorspezifische Therapie mehr möglich oder
auftreten und sehr schwere Verläufe einnehmen, eine sinnvoll ist? Gerade diese Patienten brauchen beson-
konsequente Behandlung mit Steroiden und Antibio- ders viel Zuwendung – und Therapie.
tika ist unabdingbar. Das Angebotsspektrum richtet sich nach der Pro-
blematik: Schmerzen, Übelkeit oder Schluckstörun-
Chemotherapie Die Chemotherapie ist eine Sys- gen, Instabilität von Knochen, Luftnot, Depressionen
temtherapie und hat bei fast allen Stadien und His- und vieles mehr prägen das Bild dieser schwerkran-
tologien des Bronchialkarzinoms einen hohen Stel- ken Menschen. Auch hier können gezielte Chemo-
lenwert. Ihre toxische Wirkung entfaltet sich an sich therapien oder Strahlentherapien Linderung von
rasch teilende Zellen – leider nicht nur Tumorzellen, Beschwerden bringen, aber auch lokale Maßnahmen
sondern auch gesunde Gewebszellen. Daher ist das wie die bronchoskopische Tumorabtragung oder
Nebenwirkungsspektrum sehr groß und die Verträg- Einlage von Stents können erheblich zur Verbesse-
lichkeit meist herabgesetzt. rung der Lebensqualität beitragen. Eine adäquate
Es gibt zahlreiche Substanzen, die nach bestimm- Schmerztherapie ist unerlässlich. Ein palliativer
ten Protokollen (Schemata) eingesetzt werden. Meist Schwerpunkt kann auf jeder Station Raum finden,
56 Kapitel 2 · Krankheitsbilder

darüber hinaus gibt es aber auch spezialisierte Pallia- Eine histologische Sicherung des Tumors erfolgt meist
tivstationen zur Versorgung dieser Patienten. durch eine Thorakoskopie. Prinzipiell sind auch trans-
thorakale Punktionen möglich, doch führt dies leider
2 2.5.2 Pleuratumoren
häufig zu „Impfmetastasen“, also Verschleppung von
Krebszellen, sodass Punktionen vermieden werden
sollen. Eine Bronchoskopie wird oft ergänzt, um ein
Maligne Tumoren der Pleura können primär an der Bronchialkarzinom auszuschließen. Zudem können
Pleura, jedoch viel häufiger sekundär durch andere Asbestfasern im Bronchialsekret gesichert werden.
Primärtumoren entstehen. Etwa 2/3 dieser einge- Die Stadieneinteilung folgt ebenfalls der TNM-
streuten Pleuraerkrankungen werden allein durch Klassifikation (7 Abschn. 2.5.1). Auch das Staging ist
Metastasen eines Bronchial- oder Mammakarzi- hierzu analog.
noms verursacht. Auch liegt oft primär ein Malig-
nom des Peritoneums (Bauchfells) vor, welches auf z Therapie
die Pleura übergreift. Sehr viel seltener können Non- Die Therapieoptionen des MPM erstrecken sich auf
Hodgkin-Lymphome, Magenkarzinome, Melanome Operation, Chemotherapie (CHT) und Strahlenthe-
oder andere Tumoren vorliegen. rapie (RT). Leider ist die Wirksamkeit dieser The-
Das primäre Karzinom der Pleura ist das maligne rapie nur klein. Selbst unter trimodaler Therapie
Pleuramesotheliom (MPM). Es wird durch die (7 Übersicht) beträgt die mittlere Überlebenszeit nur
Exposition gegenüber Asbestfasern verursacht und etwa 19 Monate, bei frühem Stadium und günstiger
zeigt eine große zeitliche Latenz (Manifestation der Histologie (epitheloid) bis zu 51 Monate – leider trifft
Erkrankung 30–40 Jahre nach Exposition). dies nur auf wenige Patienten zu (Neumann et al. 2013).
Asbest, das früher in Baumaterialien enthalten
war, wurde bis Mitte der 1970er Jahre aktiv einge-
setzt. Das dann erfolgte Verbot führte zwar zu einem Trimodale Therapie des malignen Pleura-
Stopp der Nutzung, jedoch finden sich diese Materia- mesothelioms
len zum Teil noch bis heute in älteren Gebäuden. Der 55EPP = extrapleurale Pneumonektomie,
konsequente Einsatz entsprechender Atemschutz- Entfernung
maßnahmen setzte sich nur langsam über die fol- –– der betroffenen Lunge
genden Jahre durch. Vor allem Bauarbeiter, Elektri- –– beider Pleurablätter
ker oder Zimmerer, die aktiv an Baustellen gearbeitet –– oft des Perikards und Zwerchfells
haben, tragen ein hohes Risiko, an diesem Karzinom –– von Thoraxwandarealen, die biopsiert
zu erkranken, auch viele Jahre später noch. wurden
Sehr häufig fällt ein MPM primär durch Schmer- –– von intra- und extrapleuralen
zen der betroffenen Seite auf, die Pleura parietalis ist Lymphknoten
sensibel stark innerviert. Dabei bildet sich ein Pleu- 55Chemotherapie
raerguss, was oft Ursache eines Hustens ist. Über 55Bestrahlung
zunehmende Tumorausdehnung entwickelt sich
Dyspnoe, allgemeine Symptome wie Müdigkeit,
Nachtschweiß oder Fieber kommen hinzu. Mit fort- Der Fokus der Therapie liegt in der Erhaltung der
schreitendem Wachstum können benachbarte Struk- Lebensqualität. Hierzu können Bestrahlungen und
turen ebenfalls infiltriert werden, was zu einer schwe- Chemotherapien eingesetzt werden, um die Tumor-
ren Herzinsuffizienz (Perikardinfiltration) oder auch masse zu reduzieren. Aber auch Schmerztherapien,
Aszites (transdiaphragmal) führen kann. Sauerstoffgaben und regelmäßige Entlastungen
Histologisch werden drei verschiedene Zelltypen des Pleuraergusses sind wesentlich. Bei sehr rasch
des MPM unterschieden: nachlaufendem Pleuraerguss kann z. B. eine sub-
55 Epithelial (50%) kutan getunnelte Drainage (z. B. PleurX) angelegt
55 Sarkomatös oder mesenchymal (15%) werden. Diese kann dauerhaft liegen bleiben und
55 Mischtyp (35%) wird bei Bedarf (z. B. alle 2 Tage) an ein Ablaufsystem
2.6 · Pleuraerguss
57 2
angeschlossen. Somit können Patienten im häusli- Unterscheidung lässt sich durch Punktion und Unter-
chen Umfeld versorgt werden. suchung des Ergusses herbeiführen (. Tab. 2.11).
Eine engmaschige interdisziplinäre Zusammen- Bei der Art der Flüssigkeit kann es sich zudem
arbeit (Ärzte, Pfleger, Psychologen, Sozialdienst etc.) um Blut (Hämatothorax) oder Lymphe (Chylotho-
ist wesentlich zu einer guten Versorgung der Patien- rax) handeln. Eine Ansammlung von Eiter nennt
ten. Die Anbindung eines Palliativteams ermöglicht man Pleuraempyem.
solche Strukturen. Die vermehrte Flüssigkeit im Pleuraspalt verhin-
dert die Ausdehnung des Lungengewebes, die Pleu-
rablätter werden gereizt. Dadurch entstehen Luftnot
2.6 Pleuraerguss und Husten, auch Schmerzen können auftreten.
Es gibt auch Sonderformen der thorakalen
Flüssigkeitsansammlungen im Pleuraspalt nennt Flüssigkeitsansammlung:
man Pleuraerguss. Je nach Ursache und damit Art 55 subpulmonaler Pleuraerguss (Flüssigkeit
des Ergusses wird dieser transsudativ (eiweißarm) zwischen Zwerchfell und Lungenbasis) und
oder exsudativ (eiweißreich) klassifiziert. Für beide 55 interlobärer Pleuraerguss (Flüssigkeit im
Entitäten gibt es zahlreiche mögliche Ursachen, eine Interlobärspalt).

. Tab. 2.11 Pleuraerguss, Einteilung und Ursachen (Beispiele)

Exsudat Transsudat

Diagnostik (Light-Kriterien)
Pleura-LDH/Serum-LDH ≥0,6 <0,6
Pleura-Eiweiß/Serum-Eiweiß ≥0,5 <0,5
Pleura- LDH ≥2/3 des Serumnormalwerts <2/3 des Serumnormalwerts
Ursachen ­(Beispiele) Entzündlich: – Kardiale Dekompensation
– Pneumonie – Nephrotisches Syndrom
– Leberabszess – Eiweißmangel
– Pankreatitis - Leberzirrhose
– Tuberkulose - Lungenembolie
Maligne: - Hypothyreodismus
– Bronchialkarzinom - Urinothorax
– Metastasen
– Mesotheliom
Autoimmun:
– Kollagenosen
– Rheumatoide Erkrankungen
Gastrointestinal:
– Ösophagusperforation
– Nach Bauchoperationen
– Pankreaserkrankungen
Lungenembolie
Trauma (blutig)
Medikamente
Radiatio

LDH Laktatdehydrogenase.
58 Kapitel 2 · Krankheitsbilder

. Abb. 2.5 Pleuraerguss. Die Thoraxaufnahme zeigt eine beidseitige Verschattung der kostophrenischen Winkel. Die
meniskusartige Konfiguration (weiße Linien) ist typisch für frei auslaufende Pleuraergüsse. (Aus Hamer et al. 2013)

Oft kann man einen Pleuraerguss bereits in der kör- > Aus einem unkomplizierten parapneu-
perlichen Untersuchung erahnen: Das Atemge- monischen Erguss kann sich ein gefährliches
räusch wird leise oder schwindet, der Klopfschall Pleuraempyem entwickeln.
ist gedämpft. Nachweisbar ist der Pleuraerguss im
Röntgen-Thorax (. Abb. 2.5) oder in der Compu- Pleuraerguss – was wird untersucht?
tertomografie, am einfachsten aber per Sonogra- 55 Farbe: hell/dunkel, klar/trüb/eitrig/milchig,
fie. Hier sind bereits kleine Mengen von 50–100 ml blutig
sichtbar. Unter sonografischer Darstellung wird der 55 Menge: bei liegender Drainage
Erguss diagnostisch punktiert, die Flüssigkeit kann 55 Chemie: Laktatdehydrogenase (LDH), Eiweiß,
dann laborchemisch (Exsudat vs. Transsudat?), mik- pH, Glucose, Hämoglobin, Leukozyten,
robiell ­(Bakterien, Pilze?) und zytologisch (maligne Triglyzeride
Zellen?) untersucht werden. 55 Zytologie: mikroskopisch maligne Zellen
Über eine Drainageneinlage wird der Erguss 55 Mikrobiologie: Bakterien, Pilze, Viren
therapeutisch entleert. Im Falle rasch nachlaufen-
der oder häufig rezidivierender Pleuraergüsse kann
eine Pleurodese (Verklebung der Pleurablätter) 2.7 Pleuraempyem
durch Instillation z. B. von Talkum erfolgen. Auch
kann eine subkutan getunnelte, dauerhaft liegende Ein Pleuraempyem ist eine bakteriell verursachte
Drainage chirurgisch angelegt werden, z. B. bei per- Infektion des Pleuraraums. Meist entsteht ein Pleu-
sistierenden malignen Ergüssen. raempyem sekundär aus einer pulmonalen Infektion
Ein Pleuraerguss tritt einseitig oder beidseitig (Pneumonie, Abszess, Tuberkulose), seltener können
auf. Häufige Ursachen eines einseitigen Ergusses Thoraxtraumen (operativ, Unfall, Pneumothorax)
sind Pneumonien (parapneumonisch) oder maligne oder subdiaphragmale Infektionen eine Rolle spielen.
Erkrankungen, beidseitig oft kardiale Dekompen-
sation. Eine fortschreitende Entzündung des Pleu- ! Cave
raergusses kann sich zu einem lebensbedrohlichen Viren verursachen oft Pleuraergüsse, jedoch
Pleuraempyem ausbilden. kein Empyem!
2.8 · Pneumothorax
59 2
Häufige Erreger sind vor allem gramnegative Bak- 55 Stadium II: im Frühstadium ebenfalls Anlage
terien (Pseudomonas aeroginosa, E. coli), aber auch einer großlumigen Drainage mit Spülungen,
grampositive Bakterien (Staphylokokken, Strepto- ggf. Lysetherapie (Urokinase/Streptokinase) bei
kokken) finden sich. ausgedehnten Septierungen im Pleuraraum.
Der Übergang eines parapneumonischen Ergus- Reichen diese Maßnahmen nicht aus, ist die
ses zum Empyem ist fließend (. Tab. 2.12). frühzeitige Durchführung einer videoassistierten
Das Pleuraempyem wird in drei Stadien unterteilt: Thorakoskopie (VATS) indiziert zur Lösung und
55 Stadium I: exsudativ, klarer Erguss, meist steril, Entfernung von Septen und infektiösen Belägen.
Pleura verdickt 55 Stadium III: frühzeitige chirurgische Inter-
55 Stadium II: fibrinopurulent, dicke Fibrinbeläge, vention (VATS)! Bei septischen (instabilen)
trüb eitriger Erguss Patienten muss jedoch ein konservatives
55 Stadium III: zunehmend organisiert, Pleura Vorgehen abgewogen werden.
verschwartet 55 Chronisches Empyem: Scheitern die Versuche
einer Sanierung mittels Antibiotika, (Spül-)
Neben klinischen Symptomen wie Fieber, Nacht- Drainagen und Dekortikation, kann die Anlage
schweiß, Abgeschlagenheit, Thoraxschmerzen eines Thoraxfensters (offene Drainierung)
führt vor allem die Radiologie (Röntgen-Thorax, erfolgen.
CT, Sonografie) zu dem Verdacht eines Empyems.
Bei Verdacht muss sofort eine laborchemische Dia-
gnostik des Blutes und besonders der Pleuraflüssig- 2.8 Pneumothorax
keit (Pleurapunktion) erfolgen, um das Ausmaß der
Entzündung zu erfassen. Ein Pneumothorax ist ein Einriss des Lungengewe-
bes, der zu einem Lufteinstrom in den Pleuraspalt
z Therapie zwischen den Pleurablättern Pleura viszeralis und
Die Therapie richtet sich nach dem Stadium (I–III). parietalis führt. Hier befindet sich sonst keine Luft,
Allen gemeinsam ist eine antibiotische Therapie, die sondern es herrscht ein Unterdruck, der das Lun-
stationär durchzuführen ist. Die Auswahl des Anti- gengewebe zusammen mit ein wenig Flüssigkeit
biotikums richtet sich nach dem wahrscheinlichen an die Thoraxwand heransaugt. Strömt nun Luft in
Erregerspektrum (ambulant vs. nosokomial erwor- den Pleuraspalt, wird der Unterdruck aufgehoben –
bene Infektion, Vorerkrankungen etc.). der Druck wird positiv, und die Lunge kann immer
55 Stadium I: Anlage einer großlumigen Drainage schlechter an der Thoraxwand haften. Die Lunge
unter Anschluss eines Sogs, ggf. Spülungen kollabiert.

. Tab. 2.12 Diagnostik parapneumonischer Erguss vs. Pleuraempyem

Parameter Stadium I Unkomplizierter Stadium II Komplizierter Stadium III Empyem


parapneumonischer Erguss parapneumonischer Erguss

Pleura Dünn, unauffällig Fibrin, septiert Verdickt, Kammern


Punktat Klar Trüb Eitrig
pH-Wert Punktat >7,3 7,1–7,3 <7,1
LDH Punktat (U/l) <500 >1000 >1000
Glucose Punktat (mg/dl) >60 <40 <40
Mikrobiologie Punktat Steril Gelegentlich positiv Oft positiv

LDH Laktatdehydrogenase.
60 Kapitel 2 · Krankheitsbilder

. Abb. 2.6 Großer Pneumothorax. p.-a.-Aufnahme. Bei diesem großen Pneumothorax (rote Doppelpfeile) zeigt sich eine
ausgeprägte passive Atelektase der ipsilateralen Lunge. (Aus Hamer et al. 2013)

Im Extremfall steigt der Druck im Pleuraspalt . Tab. 2.13 Ursachen des Pneumothorax
mit jedem Atemzug weiter, das Mittelfell und die
noch gesunde Lunge werden verdrängt, große Gefäße Primärer Sekundärer Pneumothorax
(obere Hohlvene) werden abgeklemmt – ein Span- Pneumothorax
nungspneumothorax entsteht, der lebensbedrohlich
Spontan, keine Ursa- – COPD
ist und sofort mit einer Drainage entlastet werden che erkennbar – Mukoviszidose
muss. – Emphysemerkrankung
Entdeckt wird der Pneumothorax durch radio- (α-1-Antitrypsinmangel)
logische Verfahren: Röntgen (. Abb. 2.6), CT, MRT – Tumorerkrankung der
aber auch Sonografie. Lunge/Pleura
– Tuberkulosis
Es gibt viele Möglichkeiten, einen Pneumotho- – Nekrotisierende Pneumonie
rax einzuteilen:
Risikofaktoren: Traumatisch:
55 offen (offener Brustkorb) oder geschlossen
– Rauchen – Rippenbrüche, Stichver-
55 partiell(teilweise), total oder – Hohe Körpergröße letzung
bilateral(beidseits) – Barotrauma (Taucherunfall,
55 ohne oder mit Flüssigkeit(Blut = Hämato- Beatmung)
thorax, Eiter = Pyothorax, seröser Erguss = – Iatrogen (Punktion eines
Pleuraergusses, V. subclavia,
Serothorax)
­endoskopische Lungen-
55 spontan oder traumatisch volumenreduktion, z. B.
Ventile)
Meist unterscheidet man beim Pneumothorax
jedoch zwischen primär (keine Vorerkrankung der
Lunge) oder sekundär (als Komplikation einer Lun- Symptome eines Pneumothorax können stark
generkrankung, einer Verletzung oder eines medizi- variieren – manchmal merkt der Patient gar nichts,
nischen Eingriffs, . Tab. 2.13). manchmal treten plötzlich heftigste Beschwerden auf.
2.9 · Lungenödem
61 2
Klassische Zeichen sind: In diesem Fall muss die Therapie erweitert werden, z.
55 Plötzlich einsetzende, oft zunehmende Luftnot B. mit einer Talkumpleurodese, um die Lunge an der
55 Schmerzen im Brustkorb Thoraxwand wieder anhaften zu lassen.
55 Reduzierte Atembewegungen, meist einseitig
55 Herabgesetztes Atemgeräusch (Achtung:
z. B. bei Emphysem bereits vorher sehr leises 2.9 Lungenödem
Atemgeräusch)
55 Änderungen der Vitalparameter (Beschleu- Ein Lungenödem bezeichnet den Eintritt von
nigung der Atem- und Herzfrequenz, Flüssigkeit in die Alveolen und in das Intersti-
Blutdruckabfall, Entsättigungen) deuten auf tium. Hierdurch wird die Ventilation und Diffu-
einen lebensbedrohlichen Spannungspneu- sion erheblich gestört, der Blutgasaustausch wird
mothorax hin! behindert, die Compliance (Dehnbarkeit) der
Lunge nimmt ab.
! Cave Klinisch bemerkt der Patient führend Dyspnoe,
Plötzlich einsetzende Luftnot und/oder aber auch Husten und schaumigen Auswurf. Im
Brustschmerzen mit Verschlechterung der Röntgen-Thorax sind die Lungen flächig verschat-
Vitalparameter sind hochverdächtig auf tet (. Abb. 2.7), meist zeigt sich eine respiratorische
einen Pneumothorax mit Spannungseffekt Insuffizienz in der Blutgasanalyse.
und sind als Notfall wahrzunehmen und zu Die Ursache eines Lungenödems kann vielfältig
behandeln! sein und lässt sich primär in zwei Gruppen einteilen:
55 Hochdrucködem
Die Therapie des Pneumothorax richtet sich nach 55 Permeabilitätsödem
deren Ausdehnung. Sind nur kleine Ablösungen
ohne klinische Relevanz vorliegend, kann unter
Beobachtung zugewartet werden – oftmals resor- 2.9.1 Hochdrucködem
biert der Körper die Luft von selbst.
Dagegen ist bei ausgedehnten oder symptomati- Durch den Anstieg des hydrostatischen Drucks im
schen Pneumothoraxen die Anlage einer Thoraxdrai- Gefäßsystem wird Flüssigkeit aus den Gefäßen „hin-
nage (7 Abschn. 3.3.3) notwendig. Nach Anschluss ausgepresst“. Als Ursache hierfür liegen oft primär
an ein Wasserschloss oder aktives Sogsystem kann kardiale Störungen vor (z. B. Herzklappendefekte,
sich die Lunge langsam wieder ausdehnen, dies muss strukturelle Veränderungen), aber auch chronische
radiologisch kontrolliert werden. Atemwegserkrankungen können sekundär zu kar-
Nicht immer gelingt die Ausdehnung problem- dialen Einschränkungen führen (z. B. chronische
los. Durch parenchymale Einrisse können bron- Rechtsherzbelastung). Dieser Mechanismus lässt sich
chopleurale Fisteln entstehen, also „Kurzschlüsse“ sehr häufig in der Pneumologie beobachten. Oft ent-
der kleinen Atemwege direkt in den Pleuraraum. stehen zusätzlich Pleuraergüsse durch die kardiale
Dadurch strömt Luft mit jedem Atemzug in den Insuffizienz.
Pleuraraum weiter ein und verhindert eine Adhä-
sion der Lunge an die Wand. Die Drainage „fistelt“. z Therapie
Vorwiegend kardiale Entlastung durch Diuretika,
> Zur pflegerischen Überwachung einer Normalisierung des Blutdrucks, Sauerstoffgabe, ggf.
Thoraxdrainge gehört die Überprüfung des Punktion eines Pleuraergusses. Oberkörperhochla-
„Fistelns“: Unter tiefer In- und Exspiration gerung und Kompressionsstrümpfe unterstützen den
sowie Husten wird Flüssigkeit in der Drainage kardialen Rücktransport und erleichtern die Symp-
und in der Flasche beobachtet. Pendelt tome, tägliches Wiegen oder Bilanzieren des Patien-
die Flüssigkeit stark? Blubbert es in der ten gibt Anhalt über den Verlauf. Je nach Schwere der
Flasche? Blasenbildung? → Hinweis für respiratorischen Insuffizienz kann eine nichtinvasive
bronchopleurale Fistelung. Beatmung unterstützend sein.
62 Kapitel 2 · Krankheitsbilder

. Abb. 2.7 Interstitielles Lungenödem. Die p.-a.-Aufnahme zeigt die typischen Zeichen eines überwiegend interstitiellen
Lungenödems: 1. unscharfe Kontur und Verbreiterung der pulmonalen Gefäße und Hili (roter Pfeil), 2. Verdickung der
Bronchialwände (blauer Pfeil). Zudem finden sich beidseits Pleuraergüsse. (Aus Hamer et al. 2013)

2.9.2 Permeabilitätsödem Maßnahmen und Infektprophylaxe sinnvoll. Spezi-


fische Therapien existieren leider nicht. Die Morta-
Durch eine diffuse Schädigung der Kapillarmem- litätsrate ist mit 40% sehr hoch (Wang et al. 2014).
brane tritt vermehrt Flüssigkeit aus, unabhängig
vom hydrostatischen Druck. Die Ursachen hierfür
sind vielfältig: Inhalation von Toxinen, allergische 2.10 Bronchiektasen
­Reaktionen, medikamentös oder drogenassoziiert,
Infektion und Sepsis, Massivtransfusionen und Nie- Bronchiektasen sind irreversible Aussackungen der
renversagen seien nur beispielhaft genannt. Bronchien. Sie entstehen durch chronische Entzün-
In seiner Maximalform ist das Permeabilitäts- dung und Zerstörung der kleinen Atemwege und
ödem eine gefürchtete Erkrankung: ARDS („acute des Lungengewebes. Gemäß ihrer Morphologie
respiratory distress syndrome“, akutes Lungenversa- (Erscheinung) werden sie als zylinder-, spindel- oder
gen). Das ARDS ist eine rasch progrediente Erkran- sackförmig bezeichnet.
kung mit hoher Letalität, die Lunge überschwemmt Die Ursache kann angeboren oder erworben sein
förmlich, eine intensivmedizinische Überwachung (. Tab. 2.14), oft lässt sich keine Genese feststellen.
und Therapie sind unabdingbar. Die Erkrankung ist geprägt von einer chroni-
schen Entzündung der unteren Atemwege mit nach-
z Therapie haltiger Zerstörung des Lungengewebes. Die Patien-
Behandlung der Grunderkrankung (Infekt, Verlet- ten leiden unter persistierendem Husten und großen
zung etc.), negative Bilanzierung anstreben – jedoch Mengen eitrigen Auswurfs. Chronische bakterielle
Vorsicht: Kreislauf meist instabil! Besiedlungen sind nicht selten (z. B. Pseudomo-
Das ARDS erfordert fast immer eine invasive nas aeruginosa), rezidivierende Infekte führen zu
Beatmung (lungenprotektiv, so wenig Druck wie Hämoptysen und allgemeinem körperlichen Zerfall.
möglich). Weiterhin sind kreislaufstabilisierende Eine chronische Hypoxämie ist häufig.
2.10 · Bronchiektasen
63 2
z Therapie
. Tab. 2.14 Ursachen von Bronchiektasen
Oberstes Ziel in der Behandlung von Bronchiektasen
Angeboren Erworben ist ein optimales Sekretmanagement und die Vermei-
dung von Infekten. Das Vorgehen lehnt sich stark an
– Mukoviszidose – Aspirationen die Behandlung der Mukoviszidose an, da dort die
– Primäre Ziliendyski- – Postinfektiös
Bronchiektasen meist die führende Pathologie sind.
nesie – Obstruktive Ventilations-
– Immundefekte störung (COPD) Hauptsäule hierbei ist die mechanisch-physi-
– Knorpelanlagestö- – Poststenotisch kalische Reinigung mit regelmäßigen Inhalationen
rungen – Immunsuppression (mukolytisch, antiobstruktiv) unter Einsatz von
– Immundefekte Atemhilfsmitteln (z.B. PEP-Ventil, VRP1-Flutter,
RC Cornet), Vibrationstherapie und Lippenbremse.
Auch körperliche Aktivität führt zum Abhusten und
z Diagnostik Reinigung der Atemwege.
Neben den wegweisenden klinischen Beschwer- Bei chronischer Keimbesiedlung und rezidivie-
den sind bildgebende Verfahren wie CT (. Abb. 2.8) renden schweren Infekten kann analog zur Muko-
oder MRT des Thorax Standard zur Diagnosestel- viszidosetherapie der Einsatz inhalativer Antibiotika
lung. Auch ein klassisches Röntgen-Thorax wird diskutiert werden, jedoch liegen hierfür abschlie-
angefertigt. ßend keine datengestützten Empfehlungen vor.
Zur Initialdiagnostik sind weitere Untersuchun- Medikamentöse Systemtherapien unterstützen
gen sinnvoll, um eine mögliche Ursache zu erken- diese Therapien: neben notwendigen Antibiotika-
nen. Je nach Alter, Beschwerdebild und Komorbidi- gaben können die Einnahme von Mukolytika (z. B.
täten werden umfangreiche Laboruntersuchungen Acetylcystein) und antiobstruktive Therapien helfen.
(Mukoviszidose), eine Bronchoskopie oder auch ein Bei fortgeschrittener Erkrankungssituation mit
Schweißtest ergänzt. Eine mikrobiologische Unter- Sekundärkomplikationen wie chronischer respira-
suchung des Sputums inklusive Pilzdiagnostik und torischer Insuffizienz oder pulmonaler Hypertonie
Mykobakterien sollte grundsätzlich ergänzend kann eine Lungentransplantation als letzte Therapie-
durchgeführt werden. option evaluiert werden.

a b

. Abb. 2.8a,b Eine 25-jährige Patientin mit postinfektiösen Bronchiektasen und Z. n. Mittellappenresektion. a
Thoraxröntgenaufnahme mit typischen Veränderungen im linken Unterfeld (Maximum parakardial, Pfeil). b Korrespondierender
CT-Befund. (Aus Kurzidim et al. 2014)
64 Kapitel 2 · Krankheitsbilder

2.11 Mukoviszidose (zystische


Fibrose, CF)

2 Die Mukoviszidose gehört zu der Gruppe der sel-


tenen Lungenerkrankungen, es gibt in Deutschland
etwa 8000 Betroffene. Als angeborene, genetisch ver-
erbte (. Abb. 2.9) Stoffwechselerkrankung führt die
Mutter, Vater,
Mukoviszidose über defekte Chloridkanäle (CFTR) gesund gesund
der exokrinen (produzierenden) Drüsen zu schwe-
ren Schäden verschiedener Organe – primär meist
der Lunge. Es sind >2000 Mutationen des CFTR-
Gens bekannt, die häufigste in Europa ist F508del
(85%). 2016 wurde in Deutschland die Testung auf
Mukoviszidose bei Neugeborenen in das Screening-
programm aufgenommen, um frühe Diagnose und
Therapiebeginn zu ermöglichen.

z Pathologie Kind, krank


Der dysfunktionale Elektrolyttransport führt zu
einem Eintrocknen und einer Eindickung des Bron- . Abb. 2.9 Autosomal-rezessiver Erbgang bei
chialsekrets auf der Oberfläche der Bronchien. Das Mukoviszidose. Rot: krankes CFTR-Gen, blau: gesundes
empfindliche Flimmerepithel bricht ab, die Reini- CFTR-Gen
gung der Bronchien fällt aus. Es nisten sich dauer-
haft Bakterien wie Pseudomonas aeroginosa oder Vitaminen (A, D, E, K), Immobilität und Vitamin-
sogenannte Problemkeime (multiresistente gramne- D-Mangel begünstigen wiederum eine Osteoporose.
gative Bakterien – MRGN, Methicillin-resistente Sta-
phylococcus aureus – MRSA) oder opportunistische z Diagnose
Erreger wie nichttuberkulöse Mykobakterien und Die Diagnose der Erkrankung erfolgt primär über
Pilze ein, die ihrerseits schwere, chronische Entzün- einen Schweißtest, es wird der Chloridgehalt im
dungen verursachen. Diese permanenten Reizun- Schweiß gemessen. Hierzu wird nach lokaler Stimula-
gen schädigen die Bronchien und das Lungengewebe tion glatter Haut (meist Unterarm oder Oberschenkel)
irreversibel. Es entstehen ausgedehnte Bronchiekta- mit Pilocarpin über 30 min der produzierte Schweiß in
sen und Fibrosierungen im Lungengewebe. einem kleinen Auffangbehälter gesammelt. Anschlie-
ßend wird ausgewertet, ein Chloridgehalt ≥60 mmol/l
z Symptome ist beweisend für die Diagnose Mukoviszidose.
Die Betroffenen leiden unter Husten, reichlich zähem Bei grenzwertigen Ergebnissen im Schweiß-
Auswurf, Luftnot und ständigen Lungenentzündun- test kann eine Potenzialmessung (Messung der
gen. Auch treten häufig Hämoptysen auf. Chronische Natrium/Chloriddurchlässigkeit durch elektroche-
bakterielle Besiedlungen der Nasennebenhöhlen mit mische Gefälle im Gewebe) von Nasen- oder Rek-
rezidivierenden Entzündungen unterhalten zusätz- tumschleimhaut ergänzt werden; dieser Test wird
lich die Infektionsrate der Lunge („post nasal drip“). jedoch nur an einzelnen Zentren angeboten.
Hinzu kommen die Probleme anderer exo- Sind diese Untersuchungen auffällig, wird über
kriner Organsysteme: Neben einer sehr häufigen eine genetische Analyse der genaue Gendefekt
Insuffizienz des Pankreas treten Leberfibrosen, ermittelt.
Erkrankungen der Gallenblase, Diabetes mellitus, Bemerkenswert dabei ist, dass es keinen eindeu-
Unfruchtbarkeit und auch Darmverschlüsse auf. Die tigen Zusammenhang zwischen Mutation und Phä-
eingeschränkte Nahrungsaufnahme über den Darm notyp (Ausprägung der Erkrankung) gibt – zwei
führt zu Untergewicht und Mangel an fettlöslichen Menschen mit der gleichen Mutation können völlig
2.12 · Allergische bronchopulmonale Aspergillose (ABPA)
65 2
verschiedene Krankheitsverläufe zeigen. Es müssen inhalativen Medikamente besondere Anforderungen
weitere Faktoren vorhanden sein, die wir noch nicht stellen (z. B. Tröpfchengröße des Verneblers).
kennen. Vieles wissen die langjährig „erfahrenen“ Patien-
ten selbst, sodass Zusammenarbeit und ein offener
z Therapie Austausch hilfreich sind.
Es gibt bisher keine kausale, also ursachenbehebende
Therapie. CF bleibt noch unheilbar. Neue Therapiean-
sätze mit Medikamenten wie Ivacaftor nehmen direk- 2.12 Allergische bronchopulmonale
ten Einfluss auf die CFTR-Funktion in der Zelle und Aspergillose (ABPA)
reparieren diesen vorübergehend, zum Teil mit sehr
gutem Erfolg. Der Einsatz von Ivacaftor ist jedoch Die ABPA ist eine seltene allergische Erkrankung auf
auf eine kleine Patientengruppe beschränkt, da die Schimmelpilze, insbesondere auf Aspergillus fumi-
Wirkung nur für eine seltene Mutation spezifisch ist. gatus. Sie betrifft fast ausschließlich Patienten mit
Weitere CFTR modulierende Medikamente werden Asthma bronchiale oder Mukoviszidose.
erforscht und sicher in Zukunft auch für andere Muta- Nach der inhalativ erworbenen Besiedlung mit
tionen folgen. Aspergillen kommt es zu einer komplexen Immun-
Die Standardtherapie der CF umfasst eine opti- reaktion mit chronischen Beschwerden, unabhängig
male Bronchialtoilette, Infektvermeidung und von einer Infektion.
-behandlung. Je nach Manifestation anderer Organe Klinisch leiden die Patienten unter Husten und
werden weitere Therapien ergänzt. Nicht unwesent- besonders zähem Auswurf, der Allgemeinzustand
lich ist auch eine unterstützende psychologische verschlechtert sich. In der Lungenfunktion nimmt die
Betreuung unter dieser einschränkenden, chronisch Obstruktion der Atemwege zu. Radiologisch spiegelt
fortschreitenden Erkrankung. Als letzte Therapieop- sich dies wider in sichtbaren Verschlüssen der Bron-
tion ist die Lungentransplantation zu nennen. chien durch Schleim, Atelektasen und der Entstehung
55 Sekretolyse mit NaCl 0,9–6%, Mannitol, von Bronchiektasen (bronchialen Aussackungen).
Pulmozyme Oft ist die Unterscheidung zu einer Infektexazer-
55 Broncholyse mittels kurz- und langwirksamen bation nur schwer zu treffen; bei Therapieversagen
Bronchodilatatoren (Salbutamol, Ipratropium, unter antibiotischer Therapie und rasch wiederkeh-
Tiotropium etc.) renden Beschwerden sollte an ABPA gedacht werden
55 Inhalative Antibiotika bei chronischer und entsprechende Diagnostik erfolgen.
Besiedlung mit Pseudomonas aeroginosa (Tobra-
mycin, Colistin, Aztreonam, Levofloxacin) z Diagnostik
55 Orale und i.v. Antibiotika nach Antibiogramm 55 Labor: Gesamt-IgE, spezifisches (gegen
(Sputum) akuttherapeutisch und prophylaktisch Aspergillus) IgE und IgG, Eosinophilie
55 Pankreasenzyme zu den Mahlzeiten, Ernäh- 55 Sputum: Sputum braun-krümelig, zäh,
rungsberatung, ggf. hochkalorische Kost Nachweis von Aspergillen, Eosinophilie
ergänzend, Vitaminsubstitution 55 Hauttest: positive Reaktion intrakutan auf
55 Ggf. Diabetes-, Leber-, Osteoporosetherapie Aspergillus
55 Krankengymnastik, Atemtherapie (täglich!) 55 Radiologisch: zentrale Bronchiektasen
55 Soziale Beratung, psychologische Begleitung
z Therapie
Die Betreuung von CF-Patienten ist insbesondere Die Therapie umfasst zunächst die Gabe eines sys-
durch die schwierige chronische Keimsituation temischen Corticoids (Prednisolon) über insge-
geprägt. Oft sind Isolationen notwendig, die Hygi- samt 3–6 Monate. Zusätzlich oder stattdessen kann
enestandards sind streng (z. B. tägliches Reinigen/ ein Antimykotikum (Itraconazol) bei schweren
Austauschen des Inhalators) und interdisziplinäre Beschwerden diskutiert werden. Wie auch in der
Zusammenarbeit ist gefordert. Auch ist z. B. die Wahl Behandlung der Mukoviszidose ist eine optimale
des Inhalators wesentlich, da viele der (sehr teuren!) Bronchialtoilette anzustreben.
66 Kapitel 2 · Krankheitsbilder

2.13 Lungenarterienembolie
. Tab. 2.15 Klinische Wahrscheinlichkeit einer LAE
nach Wells
Die Lungenarterienembolie (LAE) ist eine Störung
2 der Lungenperfusion. Dabei kommt es zu einem Klinische Zeichen Score
Verschluss eines oder mehrerer pulmonalarterieller
Klinische Zeichen der TVT 3,0
Gefäße durch Blutgerinnsel, dem poststenotischen
Gebiet fehlt die Perfusion zum Austausch der Blut- Andere Diagnosen unwahrscheinlich 3,0
gase. Je zentraler der Verschluss, desto schwerer sind Herzfrequenz >100/min 1,5
die Ausfälle der Durchblutung. Immobilisation >3 Tage oder OP in den 1,5
Die klinischen Beschwerden variieren erheblich letzten 4 Wochen
– kleinere periphere Segmentembolien können völlig Z. n. TVT oder LAE 1,5
unbemerkt verlaufen, größere Embolien können Bluthusten 1,0
einen akuten Schockzustand bis hin zum Tode bewir-
Tumorerkrankung aktiv oder letzte 6 Mo- 1,0
ken. Meist äußern Betroffene sehr unspezifische nate Therapie
Beschwerden: Dyspnoe, thorakale Schmerzen oder
<2 Punkte: geringe Wahrscheinlichkeit
Druckgefühl. Diese Beschwerden passen zu einer
2–6 Punkte: mittlere Wahrscheinlichkeit
Vielzahl anderer Erkrankungen, die diagnostische >6 Punkte: hohe Wahrscheinlichkeit
Unterscheidung erfordert spezielle Untersuchungen.
Daher verlaufen LAE leider häufig unerkannt, der LAE Lungenarterienembolie, TVT tiefe
Arzt muss schlicht „daran denken“. Beinvenenthrombose.
Zur Risikostratifizierung eignen sich Punktesys-
teme wie z. B. der Wells-Score (. Tab. 2.15).
Ist die Lungenarterienembolie erkannt, muss
eine Schweregradeinteilung (hohes-mittleres-­ Risikofaktoren venöser Thromboembolien/
niedriges Risiko) erfolgen, um das geeignete Moni- LAE
toring (und Therapieregime) festzulegen. 55Postoperative/Intensivmedizinische
55 Blutdruck stabil? Immobilisation
55 Schock/Reanimation? 55Immobilisation anderer Ursache
55 Druck der Pulmonalarterie erhöht/ –– Beinfraktur
Pumpfunktion eingeschränkt? –– Paresen
(Echokardiografie) –– Schwindel, schlechter Allgemeinzustand
u. a.
Trifft einer dieser Faktoren zu, ist eine intensivmedi- 55Maligne Erkrankungen
zinische Überwachung notwendig. –– Paraneoplastisch
–– Mechanische Gefäßkompression
z Ursachen/Risikofaktoren 55Angeborene Thrombophilien
Eine LAE kann akut oder chronisch rezidivierend –– Protein-C/S-Mangel
auftreten. Meist schwemmen periphere venöse –– Faktor-V-Leiden, APC-Resistenz
Thromboembolien (z. B. aus den tiefen Unterschen- –– Hyperhomocysteinämie, Antithrom-
kelvenen, tiefe Beinvenenthrombose – TVT) über bin(AT)-III-Defizienz u. a.
das Herz in die Lunge ein, es können jedoch auch 55Gynäkologie
Thromben primär in den Lungengefäßen entste- –– Schwangerschaft, postpartal
hen. Tritt die LAE erstmalig auf, muss Ursachen- 55Kardiorespiratorisch
forschung betrieben werden, um den Auslöser –– COPD, Emphysem
zu behandeln und auch das Risiko eines Rezidivs –– Schwere pulmonale Infekte
abzuschätzen. Es gibt zahlreiche Risikofaktoren, –– Herzrhythmusstörungen
welche die Entstehung einer LAE begünstigen –– Akuter Myokardinfarkt u. a.
(7 Übersicht).
2.14 · Pulmonale Hypertonie
67 2
Hinweise auf eine LAE liefern, ebenso eine Sonogra-
55Andere fie der Pleura und Lunge.
–– Dehydratation Wegweisend in der Diagnostik ist die Durchfüh-
–– Z. n. Thrombose oder LAE rung einer Computertomografie (CT) des Thorax
–– Nephrotisches Syndrom u. a. mit Angiografie, also Kontrastmittelgabe. Hiermit
können Embolien mit hoher Sensitivität sichtbar
gemacht werden. Alternativ können Lungenperfusi-
z Diagnostik ons-/ventilationsszintigrafie oder Magnetresonanz-
Körperliche Untersuchung Eindeutige körperli- tomografie (MRT) zum Einsatz kommen.
che Symptome gibt es nicht, was die rechtzeitige Ergänzt wird eine Venenduplexsonografie der
Erkennung oft behindert. Es können jedoch in Beine zum Ausschluss/Nachweis tiefer Beinvenen-
der körperlichen Untersuchung auffallen: Tachy- thrombosen durchgeführt.
pnoe, sehr flaches Atmen, Unruhe, Schwitzen,
Tachykardie. Auskultatorisch ist der Befund meist z Therapie
unauffällig, im Bereich der Perfusionsstörungen Neben allgemeinen Maßnahmen gibt es zwei Thera-
können feuchte Rasselgeräusche entstehen. Sehr pieansätze: alleinige Antikoagulation oder Rekanali-
wichtig ist das Abtasten der Unterschenkel – in sation und anschließende Antikoagulation. Rekana-
etwa 10% der Fälle lassen sich Zeichen einer TVT lisationsverfahren (medikamentös durch Urokinase/
nachweisen (einseitige Schwellung des Beines, Alteplase oder mechanisch) sind aufgrund des hohen
druckschmerzhaft). Nebenwirkungsprofils den hämodynamisch instabi-
len Patienten (z. B. reanimationspflichtig) vorbehal-
Labordiagnostik Oft zeigen sich unspezifische Ver- ten. Dagegen erhalten stabile Betroffene eine Antiko-
änderungen wie ein Anstieg der Entzündungswerte agulation durch unfraktioniertes/niedermolekulares
(CRP, Leukozyten, Fibrinogen) der kardialen Bio- Heparin oder mit einer oralen Therapie.
marker („pro B-Type natriuretic peptide“ – pBNP, Die Dauer der antikoagulatorischen Therapie richtet
Troponin I/T) oder der Leberwerte (Laktatdehyd- sich nach den Risikofaktoren (3 Monate bis lebenslang).
rogenase – LDH, Glutamat-Pyruvat-Transaminase –
GPT, Glutamat-Oxalacetat-Transaminase – GOT,
γ-Glutamyltransferase – GGT). Besonderes Augen- 2.14 Pulmonale Hypertonie
merk ist auf das D-Dimer zu richten. Als Spaltprodukt
des Fibrins, welches im Rahmen gesteigerter Fibri- Der Lungenkreislauf ist im Gegensatz zum Körper-
nolyse (z. B. thromboembolische Ereignisse) auftritt, kreislauf ein Niedrigdrucksystem, jedoch mit hoher
ist das D-Dimer ein sehr sensitives diagnostisches Compliance, also Anpassungsfähigkeit der Gefäße.
Verfahren. Problematisch: Erhöhte Werte treten Dadurch kann sich der Körper flexibel an wechselnde
auch sehr häufig im Rahmen anderer Erkrankungen Blutflüsse anpassen, die bei Anstrengung regelmä-
(akute Entzündungen, Tumorerkrankungen, autoim- ßig entstehen.
mune Erkrankungen etc.) auf. Somit ist ein erhöhtes Im Rahmen der pulmonalen Hypertonie (PH) ist
D-Dimer niemals beweisend für eine Thromboem- ein dauerhafter Anstieg des Drucks im Lungenkreislauf
bolie! Ein negatives D-Dimer spricht jedoch gegen entstanden. Dadurch kommt es zu Schädigungen der
ein akutes Ereignis. Die Bewertung eines D-Dimers Lungengefäße und schließlich zu einem irreversiblen
ist immer im Gesamtkontext zu sehen. Gefäßumbau, der die Durchblutung der Lunge – und
somit die Sauerstoffaufnahme – erheblich einschränkt
Apparative Verfahren Ein EKG kann Anzeichen und bis zu einem Lungenversagen führen kann.
einer rechtskardialen Belastung zeigen, zur Verifi- Eine PH wird diagnostiziert am erhöhten mittle-
zierung sollte immer eine Echokardiografie ergänzt ren Druck (mPAP >25 mmHg) der Pulmonalarterie,
werden. Die BGA gibt Auskunft zur respiratori- gemessen im Rechtsherzkatheter. Eine transthora-
schen Situation. Im Röntgen-Thorax können Infilt- kale Echokardiografie (Herzschall) kann abschät-
rate, neue Atelektasen oder ein Zwerchfellhochstand zend den Pulmonaldruck zeigen und liefert zudem
68 Kapitel 2 · Krankheitsbilder

Informationen über die übrigen Parameter des Faktoren, auch Umweltfaktoren, Vorerkrankungen
Herzens: allgemeine Pumpfunktion, Herzklappen etc. und toxischen oder medikamentösen Einflüssen.
Die Entstehung der PH ist vielschichtig und Der genaue pathophysiologische Mechanismus ist
2 geprägt von genetischen und molekularbiologischen bis heute nicht geklärt.

. Tab. 2.16 Klassifikation der pulmonalen Hypertonie. (Aus Kwapiszewska et al. 2015)

1 Pulmonalarterielle Hypertonie (PAH)


1.1 Idiopathische PAH
1.2 Hereditäre PAH
1.2.1 BMPR2-Mutationen
1.2.2 ALK-1-, ENG-, SMAD9-, CAV1-, KCNK3-Mutationen
1.2.3 Unbekannte Mutationen
1.3 Durch Medikamente oder Toxine verursacht
1.4 Assoziiert mit:
1.4.1 Bindegewebserkrankungen
1.4.2 HIV-Infektion
1.4.3 Portaler Hypertension
1.4.4 Angeborenen Herzfehlern
1.4.5 Schistosomiasis
1‘ Pulmonale venookklusive Erkrankung (PVOD) und/oder pulmonale kapilläre Hämangiomatose (PCH)
1‘‘ Persistierende pulmonale Hypertonie des Neugeborenen
2 Pulmonale Hypertonie infolge Linksherzerkrankung
2.1 Systolische Dysfunktion
2.2 Diastolische Dysfunktion
2.3 Valvuläre Erkrankungen
2.4 Kongenitale oder erworbene Herzvitien mit Links-rechts-Shunt
3 Pulmonale Hypertonie infolge Lungenerkrankungen und/oder Hypoxie
3.1 Pulmonale kapilläre Hämangiomatose
3.2 Interstitielle Lungenkrankheiten
3.3 Andere Lungenerkrankungen mit gemischt restriktiv/obstruktivem Muster
3.4 Schlafbezogene Atemstörungen
3.5 Alveoläre Hypoventilationssyndrome
3.6 Chronischer Aufenthalt in großer Höhe
3.7 Fehlentwicklungen
4 Chronisch thromboembolische pulmonale Hypertonie (CTEPH)
5 Pulmonale Hypertonie mit unklarem oder multifaktoriellem Mechanismus
5.1 Hämatologische Erkrankungen: chronisch hämolytische Anämie, myeloproliferative Erkrankungen, Splenektomie
5.2 Systemische Erkrankungen: Sarkoidose, pulmonale Langerhans-Zellhistiozytose, Lymphangioleiomyomatose
5.3 Metabolische Störungen: Glykogen-Speicherkrankheiten, Morbus Gaucher, Schilddrüsenerkrankungen
5.4 Andere: Tumorobstruktion, fibrosierende Mediastinitis, chronisches Nierenversagen, segmentale PH
2.15 · Tuberkulose und nichttuberkulöse Mykobakterien
69 2
Patienten mit einer pulmonalen Hypertonie wieder her. Eine Lungentransplantation ist das Mittel
leiden vor allem an Luftnot, anfänglich bei Belastun- der letzten Wahl bei schwerem Verlauf trotz Aus-
gen wie Treppensteigen oder Steigungen, im Verlauf schöpfung aller Therapiemöglichkeiten.
dann bei kleinsten Belastungen wie Zähneputzen
oder schon in Ruhe. Hinzu kommen Druckgefühl in
der Brust, Kopfschmerzen, Schwindel, Synkopen und 2.15 Tuberkulose und
die vielfältigen Symptome ihrer Grunderkrankung. nichttuberkulöse Mykobakterien
Unterteilt wird die PH in 5 Klassen (. Tab. 2.16).
In der Klasse 1 sind diejenigen Erkrankungen Die Tuberkulose (früher: Schwindsucht) wird meist
zusammengefasst, die primär an den Gefäßen ent- durch Mycobacterium tuberculosis (grampositive,
stehen und als pulmonalarterielle Hypertonie (PAH) säurefeste Stäbchen) verursacht. Es existieren zudem
bezeichnet werden, in den Klassen 2–5 entsteht die weitere Mykobakterien, die keine Tuberkulose ver-
PH infolge einer anderen Erkrankung. ursachen (nichttuberkulöse Mykobakterien, NTM,
Beispiel: durch die COPD mit ständigen Ent- 7 Abschn. 2.15.2).
zündungen der Bronchien und des Lungengewebes
werden auch die Lungengefäße sekundär geschädigt.
Diese Klasseneinteilung ist wichtig, weil sich 2.15.1 Tuberkulose (Tbc)
hiernach die Therapien richten. An erster Stelle gilt
es immer, Grund- oder Begleitkrankheiten (z. B. Weltweit ist die Tbc stark verbreitet, vor allem arme
COPD) gut zu behandeln. Auch unterstützende Länder zeigen eine sehr hohe Inzidenz. In Deutsch-
Maßnahmen wie eine Sauerstofftherapie, überwach- land nimmt die Anzahl der Neuerkrankten seit Jahr-
tes körperliches Training oder diuretische Therapien zehnten kontinuierlich ab.
(z. B. Furosemid) kommen hinzu. Infektiös sind nur Menschen mit einer offenen
Darüber hinaus gibt es spezifische Medika- Tuberkulose, d. h., es sind Erreger im Sputum nach-
mente (. Tab. 2.17), die bei Klasse-1-PAH je nach weisbar. Potenzielle Ansteckungsgefahr besteht
Schweregrad eingesetzt werden. Sie hemmen den zudem bei engem Kontakt mit Erregerquellen, z. B.
Gefäßumbau. bei operativen Eingriffen.
Auch chirurgische Verfahren kommen zum Eine geschlossene Tuberkulose bedeutet hin-
Einsatz: die pulmonale Endarteriektomie bei chro- gegen, dass die Erkrankung im Lungengewebe iso-
nischen Lungenembolien entfernt thrombotisches liert ist, es besteht kein Übertritt der Erreger an das
Material und stellt das Lumen der Pulmonalarterien Bronchialsystem und somit keine Weitertragung
nach außen.
. Tab. 2.17 Medikamentöse Therapie der
z Verlauf
pulmonalarteriellen Hypertonie (Gruppe 1)
Eine Tuberkulose verläuft über mehrere Stadien.
Initiale Therapie der PAH
Ansteckung Eine Übertragung erfolgt per Tröpf-
WHO-FC II WHO-FC III WHO-FC IV
cheninfektion, dabei ist eine enge Exposition über
Ambrisentan Zusätzlich: Epoprostenol i.v. mehrere Stunden in geschlossenen Räumen notwen-
Bosentan Iloprost inha- Alternativ: alle
dig. Eine Ansteckung im Freien ist sehr selten. Sind
lativ genannten Erreger mikroskopisch nachweisbar, ist eine Anste-
Macitentan
Epoprostenol i.v. ckung nach 8 h in einem geschlossenen Raum wahr-
Riociguat
Treprostinil s.c.
scheinlich. Bei erst kulturell nachgewiesenen Erre-
Sildenafil
oder inhalativ gern (niedrigere Keimanzahl) beträgt der Zeitraum
Tadalafil etwa 40 h.
WHO-FC: World Health Organization functional
assessment classification I–IV Primärstadium Die Mykobakterien durchwan-
dern das Bronchialsystem und verursachen eine
70 Kapitel 2 · Krankheitsbilder

Immunreaktion, bevorzugt in den Oberlappen. Meist nach Impfung oder bei Infektion mit nichttuberkulö-
wird dieses Stadium nicht einmal bemerkt, denn es sen Mykobakterien (NTM) oder auch falsch negativ
verläuft milde und unspezifisch. In der Regel ist die bei Immunsupprimierten.
2 Erkrankung an dieser Stelle selbstlimitierend, es
kommt zur Ausheilung oder zu klinischer Latenz Bildgebung Immer sollte ein Röntgen des Thorax
(Infektion ohne Symptome). Eine latente Tbc kann erfolgen, hier können vor allem Infiltrate, Kaver-
jederzeit in eine manifeste Erkrankung übergehen, nen oder Verkalkungen nachgewiesen werden.
was im Rahmen immunsupprimierender Erkran- Ergänzt werden Computertomografie oder
kungen oder Therapien sehr wichtig zu berücksich- Kernspintomografie.
tigen ist.
Erregernachweis Der Beweis einer Tuberkulose
Frühgeneralisation Manifestiert sich die Erkran- gelingt nur durch Erregernachweis. Hierfür kann
kung, breiten sich Mykobakterien nun bronchogen, Sputum (mindestens 3 Proben an 3 verschiedenen
lymphogen oder hämatogen aus und infiltrieren Tagen einsammeln), bronchoskopisch gewonne-
andere Gewebe. nes Sekret oder auch Punktionsmaterial verwendet
werden. Wichtig: Probenmaterial muss sofort wei-
Postprimäre Tuberkulose Etwa 5% der Infizier- tergeleitet werden!
ten entwickeln eine chronische Erkrankung, der Bei Kindern oder erschwerter Sputumabgabe
Rest heilt vollständig aus oder verbleibt als latente kann auch Magensaft akquiriert werden, nach dem
Tuberkulose. Schlucken von Sputum finden sich die Erreger auch
Es können sich mehrere pulmonale Herde ent- im Magen. Diese Methode ist jedoch unzuverlässiger.
wickeln oder auch eine Streuung in weitere Organe Es werden immer alle Proben mikroskopisch
(inkl. Haut, Knochen, Gehirn) erfolgen. Eine Ver- (sofortige Darstellung von säurefesten Stäbchen,
breitung in alle Organe ist eine Miliartuberkulose. SFS) und kulturell (nach 6–8 Wochen Bebrütung)
beurteilt. Der mikroskopisch positive Nachweis von
z Diagnostik SFS ist nicht beweisend für eine Tbc, da auch eine
In der Anamnese sind besonders Fragen zu Her- Besiedlung mit NTM vorliegen kann. Eine Unter-
kunft, Reiseverhalten und Familie sinnvoll. Auch scheidung erfolgt kulturell. Da dies lange dauert,
äußere Umstände und Erkrankungen wie Alkoholis- kann zusätzlich ein schnellerer Nukleinsäureampli-
mus, Obdachlosigkeit und besonders HIV („human fikations-Test (NAT) oder Polymerase-Kettenreak-
immunodeficiency virus“) sind als Risikofakto- tion (PCR) ergänzt werden.
ren einer Tbc zu erfassen. Körperliche Symptome
sind meist unspezifisch: neben Husten oder Tho- z Therapie
raxschmerzen sind vor allem B-Symptome (Fieber, Je nach Risikoprofil für resistente Mykobakterien
Nachtschweiß, ungewollter Gewichtsverlust) häufig. wird die Therapie festgelegt. Eine ausführliche Auf-
Die körperliche Untersuchung ist meist unauffäl- klärung des Patienten und der Angehörigen ist not-
lig, jedoch sind mitunter vergrößerte Lymphknoten wendig zum Verständnis der Erkrankung, der not-
(zervikal, axillär, supraklavikulär) vorhanden. wendigen Therapieadhärenz und Einhaltung der
L a b orc h e m i s c h f i n d e t m an m o d e r at e Hygienemaßnahmen. Im Falle einer offenen Tuber-
Entzündungszeichen. kulose sind gesundheitlich gefährdete Personen aus
dem Umfeld (Kinder, Immunsupprimierte, chro-
IGRA und THT Ein Interferon-Gamma-Release-­ nisch Kranke) prophylaktisch bzw. präventiv mit
Assay IGRA (Bluttest: QUANTIFERON, TSPOT) Isoniazid zu behandeln.
ist ein zuverlässiger Test zum Nachweis eines Kon- Die Standardtherapie dauert 6 Monate. Sie
takts mit Tbc, er wird per Bluttest bestimmt. beginnt mit einer 4-fach-Therapie (Isoniazid, Rifam-
Die Durchführung eines Tuberkulin-Hauttests picin, Pyrazinamid, Ethambutol) über 2 Monate und
(THT, Mendel-Mantoux) ist ebenfalls möglich, wird weitere 4 Monate mit Isoniazid und Rifampicin
jedoch kann dieser Test falsch positiv ausfallen, z. B. alleine fortgeführt. Eine sorgfältige Überwachung
2.16 · Sarkoidose
71 2
des Therapieerfolgs (Sputumabgabe, Röntgen-Tho- logistischen Aufwand bedeutet und für die Patien-
rax) sowie der Nebenwirkungen (Laborkontrollen ten enorm einschränkend ist. Aus diesen Gründen
des Blutbildes, Leber, Niere, regemäßige Untersu- ist nicht jede Besiedlung mit einem NTM auch zu
chungen durch einen Augenarzt) sind zwingend. therapieren, sondern sorgfältig unter Berücksichti-
Im Falle resistenter Erreger verlängert und erwei- gung von Erkrankung, Risiken und zu erwartendem
tert sich das Therapiespektrum. Therapieziel abzuwägen.

z Hygienemaßnahmen
Personen, die infektiös sind (offene Tbc), werden 2.16 Sarkoidose
meist stationär behandelt. Sie müssen isoliert
werden, bis unter erfolgreicher Therapie aufeinan- Die Sarkoidose ist eine sehr facettenreiche granu-
derfolgend dreimal keine Erreger im Sputum nach- lomatöse (knötchenbildende) Erkrankung des
weisbar sind. Bei Verlassen des Zimmers muss eine ­ indegewebes, die praktisch jedes Organ im Körper
B
chirurgische Nasen-Mund-Maske getragen werden; befallen kann. In >90% liegt eine Lungenbeteili-
Personen, die das Zimmer betreten, tragen eine FFP- gung vor, sodass die Sarkoidose meist pneumo-
2-Maske. Bei potenziellem Kontakt mit infektiösem logisch behandelt wird. Die genaue Ursache und
Material (Wunden, Urin) müssen natürlich Schutz- ­Entstehungsweise der Erkrankung sind noch unklar.
kittel, Handschuhe etc. ergänzt werden. Eine Stadieneinteilung der Erkrankung erfolgt
Personen, die nicht infektiös sind, werden nicht nach radiologischer Organverteilung des Befalls
isoliert. (. Tab. 2.18), analog hierzu treten Spontanremissionen
(Ausheilung ohne Therapie) auf.

2.15.2 Nichttuberkulöse z Symptome


Mykobakterien (NTM) Durch die Vielfältigkeit der Erkrankung kann prak-
tisch jedes Symptom auftreten.
NTM sind ebenfalls säurefeste Stäbchen, die ubi- Oft tritt ein thorakales Druckgefühl und Husten
quitär in der Umwelt vorkommen. Meist erfolgt die auf, die Patienten leiden unter Allgemeinsymptomen
Ansteckung aus der Umwelt (Wasser, Erde, Staub); ob
eine Übertragung von Mensch zu Mensch möglich
. Tab. 2.18 Radiologische Einteilung der
ist, ist noch immer nicht vollständig geklärt. Bislang Sarkoidose
sind >150 NTM-Spezies bekannt. Typische und
häufige Erreger sind: M. avium, gordonae, absces- Stadium nach Häufigkeit Spontanre-
sus und xenopi. thorakalem (%) mission (%)
Röntgenbefund
Das Vorkommen von NTM-Infektionen hat
in den letzten Jahrzehnten deutlich zugenommen 0 Normalbefund, 5–10
– nicht zuletzt, weil auch mehr Augenmerk darauf extrathorakal
gerichtet wird. Patienten mit chronischen Lungen- I Bihiläre Lym- 40 79–90
erkrankungen wie Mukoviszidose oder COPD zeigen phadenopathie
den größten Zuwachs. II Bihiläre Lym- 25 40–70
Der Diagnoseweg einer NTM entspricht dem einer phadenopathie
Tuberkulose, es gilt vor allem der Erregernachweis. mit Lungeninfil-
Die Therapie ist zum Teil noch komplexer als die traten
einer Tuberkulose: NTM weisen eine hohe Resistenz- III Nur Lungenin- 15 10–20
rate auf, die Therapiedauer beträgt meist mindestens filtrate
12 Monate und ist mit hohem Nebenwirkungspro- IV Fibrose 5–10 0
fil behaftet.
Oftmals müssen Medikamente i.v. über diesen Lymphadenopathie: Vergrößerung der Lymphknoten.
Zeitraum verabreicht werden, was einen hohen
72 Kapitel 2 · Krankheitsbilder

wie Müdigkeit und Abgeschlagenheit. Fast immer oder lungenfunktionellen Einschränkung ist eine
sind die thorakalen Lymphknoten betroffen, meist Therapie dringend indiziert.
sind diese bihilär vergrößert, bei der hochakuten Die Standardtherapie ist eine orale Corticoidgabe
2 Form, dem Löfgren-Syndrom, treten neben Fieber (Prednisolon) für insgesamt 6–12 Monate. Im Falle
und geschwollenen Lymphknoten auch Gelenk- eines Rückfalls oder einer Corticoidunverträglichkeit
schmerzen und Hautveränderungen (Erythema können andere immunsuppressiv wirksame Medi-
nodosum) auf – die spontane Ausheilungsrate dieser kamente wie Azathioprin, Methotrexat oder Hydro-
Form ist besonders hoch. chloroquin kombiniert oder ersetzt werden.
Weitere mögliche Manifestationen sind Augen- Nach Abschluss der Therapie sollen Patienten über
beschwerden (Uveitis), Schwellung der Speicheldrü- mindestens 3 Jahre regelmäßig untersucht werden, um
sen, Knochenschmerzen, zentralnervöse Beschwer- ein Rezidiv (Rückfall) frühzeitig zu erkennen.
den (Neurosarkoidose), Hautbefall (Lupus pernio),
Anstieg der Leberwerte und kardiale Beteiligungen
(Herzrhythmusstörungen, EKG-Veränderungen). 2.17 Exogen allergische Alveolitis
Eine chronische pulmonale Sarkoidose führt zu
einer Lungenfibrose. Die exogen allergische Alveolitis (EAA) umfasst eine
Gruppe an seltenen Lungenerkrankungen, denen
z Diagnostik eine Entzündung der terminalen Bronchiolen und
Eine konventionelle Röntgenaufnahme des Thorax Alveolaren zugrunde liegt. Sie werden verursacht
liefert die diagnostische Grundlage und ermöglicht durch eine allergisch getriggerte, verzögert ablau-
eine Stadieneinteilung. Ein CT des Thorax wird zur fende Immunreaktion nach Exposition gegenüber
genaueren Differenzierung ergänzt, hier werden oft unterschiedlichen Allergenen (Auslöser). Symptome
Parenchymveränderungen sichtbar, die im Rönt- entstehen erst einige Stunden nach der Exposition
gen-Thorax verborgen blieben. In der anschließen- (im Gegensatz zu allergischen Sofortreaktionen, z. B.
den Bronchoskopie kann über die Auswertung von bei Asthma bronchiale), sodass eine kausale Zuord-
Bronchialflüssigkeit (bronchoalveoläre Lavage, BAL) nung oft erschwert wird.
die Diagnose eingegrenzt bzw. andere Erkrankun- In der folgenden Entzündungsreaktion wandern
gen ausgegrenzt werden. Bei unklarem Befund kann Lymphozyten ins Gewebe, es bilden sich kleine Gra-
eine Biopsie aus Lymphknoten oder Lungengewebe nulome (Knötchen) im Lungenparenchym. Bei wie-
ergänzt werden. derholter Exposition gegenüber dem Allergen chro-
Laborchemisch wird eine Basisdiagnostik zur nifiziert die Entzündungsreaktion, bei manchen
Orientierung möglicher Manifestationen durchge- Patienten mit der Entwicklung von Lungenfibrose
führt. Zudem gibt es Marker (Angiotensin-Conver- und Emphysem.
ting-Enzym – ACE, löslicher Interleukin-2-Rezeptor Es sind >300 mögliche Allergene (Schimmelpilze,
– sIL-2R), die jedoch zur Diagnose nur beitragend, Bakterien, Tierproteine, Chemikalien) bekannt.
jedoch nicht beweisend sind. Häufige Quellen sind: Vogelstaub, Bettfedern,
Je nach Organbefall werden weitere Untersu- Heu-, Strohstaub, Befeuchterwasser, Schimmel.
chungen veranlasst: augenärztliche Vorstellung, Die Partikelgröße ist dabei entscheidend (<5 um),
Sonografie der Leber, MRT des Kopfes. Immer um Zugang in die kleinen Atemwege zu finden.
ergänzt werden sollten eine Echokardiografie und Je nach Auslöser kann eine EAA als Berufskrank-
ein EKG, um eine kardiale Beteiligung auszuschlie- heit anerkannt werden (z. B. „Farmerlunge“ bei
ßen. Bei Verdacht eines Herzbefalls wird ein Kardio- Landwirten).
MRT durchgeführt (Costabel et al. 2014).
z Symptome
z Therapie Akutes/subakutes Stadium 3–12 h nach Exposition
Asymptomatische Verläufe oder auch das akute Löf- treten Dyspnoe, trockener Husten, Tachypnoe, grip-
gren-Syndrom benötigen in der Regel keine Therapie. pale Symptome (Fieber, Muskelschmerzen, Kopf-
Bei jeglicher extrathorakalen Manifestationsform schmerzen) auf. Diese bilden sich innerhalb weniger
2.17 · Exogen allergische Alveolitis
73 2
Stunden bis Tagen unter Allergenkarenz wieder voll- akuten EAA unauffällig sein. Im chronischen Verlauf
ständig zurück. entwickeln sich retikuläre Zeichnungsvermehrungen
Auskultatorisch: inspiratorisch feinblasige Ras- und Emphysem. Eine hochauflösende Computerto-
selgeräusche, Knistern. mografie (HRCT) ist sensitiver in der Erfassung von
alveolitischen Veränderungen und wird zur Diag-
Chronisches Stadium Nach wiederholter Exposi- nostik ergänzt, vor allem um gegen andere mögli-
tion entstehen schleichend progredient vor allem che Differenzialdiagnosen wie einer idiopathischen
trockener Husten, Auswurf, Dyspnoe, Zyanose, Lungenfibrose abzugrenzen.
Hämoptysen.
Bei >50% finden sich Trommelschlegelfinger und Bronchoskopie Hier steht die Gewinnung einer
Uhrglasnägel. Es entsteht das klinische und radiolo- bronchoalveolären Lavage (BAL) im Vordergrund.
gische Bild einer Lungenfibrose oder eines fortge- Eine erhöhte Gesamtzellzahl mit Lymphozytose,
schrittenen Lungenemphysems. Die diagnostische Mastzellen, Plasmazellen und schaumigen Makro-
Abgrenzung zu anderen chronisch-fibrosierenden phagen sind charakteristische Veränderungen. Da
Erkrankungen ist deutlich erschwert. die Immunreaktion zeitverzögert ist, empfiehlt sich
Auskultatorisch: Knisterrasseln, „silent lung“ bei die BAL ≥48 h nach Allergenexposition.
schwerem Emphysem. Weiterhin können Gewebsbiopsien entnom-
men werden zur histologischen Aufarbeitung und
z Diagnostik Abgrenzung gegenüber wichtiger Differenzialdia-
Anamnese Die Erhebung ist umfangreich und gnosen (idiopathische Lungenfibrose, Sarkoidose).
gezielt notwendig, vor allem die genauen Angaben Gelingt die transbronchiale Sicherung nicht, ist eine
zu Beruf und Hobbys sind wesentlich, da die Aus- offene Lungenbiopsie (VATS) möglich.
löser oft dort zu finden sind. Auch Wohnsituation,
Medikamente und Tierkontakte sind zu erfragen. Karenz-/Provokationstestung Ist ein Allergen im
Visier, kann dessen gezielte Meidung als diagnos-
Labor Entzündungsparameter (Leukozyten, CRP, tisches Werkzeug verwendet werden. Klingen die
Blutsenkungsgeschwindigkeit) sind oft, aber nicht Beschwerden nach einem Urlaub oder Meidung des
immer erhöht. Gesamt-IgG und spezifische Anti- Arbeitsplatzes wieder ab, unterstützt dies die Diag-
körper vom IgG-Typ (gezielt nach Auslöser suchen) nose wesentlich. Umgekehrt: treten die Beschwerden
können nachgewiesen werden. Das Fehlen dieser nach einer gezielten Provokation wieder auf, ist eine
Werte schließt eine Erkrankung jedoch nicht aus. EAA wahrscheinlich.
Die Erfüllung verschiedener Diagnosekriterien
Lungenfunktion Es können alle Parameter betrof- erlaubt die Diagnose einer akuten EAA (7 Übersicht,
fen sein (Ventilation, Diffusion, Perfusion), je nach Sennekamp et al. 2007). Die Abgrenzung einer chro-
Stadium der Erkrankung. Meist zeigt sich zu Beginn nischen EAA ist oft schwierig und bedarf weiterer
der Erkrankung eine restriktive Ventilationsstörung Abwägungen, sodass eine interdisziplinäre Bespre-
mit Verminderung der Diffusionskapazität. Bei etwa chung (ILD-Board) empfohlen ist (Kreuter et al.
25% der Erkrankten zeigt sich zusätzlich eine bron- 2016).
chiale Obstruktion. Im Verlauf sehen wir Zeichen
der Überblähung. In der BGA ist eine Hypoxämie
bei Belastung oder bereits in Ruhe nachzuweisen, bei Diagnostische Kriterien einer akut/subakut
Chronifizierung der EAA kann ein ventilatorisches exogen allergischen Alveolitis
Versagen mit Hyperkapnie auftreten. 55Diagnosekriterien der akuten/subakuten EAA
1. Antigenexposition
Radiologie Ein Röntgen des Thorax stellt die Paren- 2. Expositions- und/oder zeitabhängige
chymveränderungen (meist beidseits) dar: Infiltrate, Symptome
sog. Milchglastrübungen, verdickte Septallinien. In 3. Spezifische IgG-Antikörper im Serum
bis zu 30% der akuten Fälle kann das Röntgenbild der
74 Kapitel 2 · Krankheitsbilder

2.18 Neuromuskuläre und thorakal-


4. Sklerophonie (Knisterrasseln) restriktive Erkrankungen
5. Röntgenologische (oder CT-) Zeichen
2 EAA Die Gruppe der neuromuskulären (NME) und tho-
6. pO2 erniedrigt in Ruhe und/oder rakal-restriktiven (TRE) Erkrankungen umfasst
Belastung oder eingeschränkte Diffusion eine Vielzahl an neurologischen, orthopädischen
55→ Diagnose EAA, wenn alle 6 Kriterien und auch pneumologischen Krankheitsbildern
erfüllt. Fehlt eines der oberen Kriterien, (. Tab. 2.19). Dieses Kapitel kann nicht die vielfälti-
kann ersetzt werden durch: gen Erkrankungen vertiefen, hierzu verweisen wir
1. Lymphozytose in BAL auf weiterführende Fachliteratur. Vielmehr soll an
2. Typische histopathologische Befunde dieser Stelle für die pneumologischen Folgen dieser
aus Biopsie Erkrankungen sensibilisiert werden, da sie uns im
3. Positiver Karenztest klinischen Alltag häufig begegnen. Ihnen gemein-
4. Positiver Expositions-/Provokationstest sam ist die Entstehung zweier pneumologischer
Leitsymptome: alveoläre Hypoventilation und
Hustenschwäche.

z Therapie
Der Grundstein der Behandlung ist die Allergen- 2.18.1 Alveoläre Hypoventilation
vermeidung, sonst ist eine Symptomkontrolle
kaum möglich. Je nach Auslöser müssen Arbeits- Schwere thorakale Restriktionen (z. B. durch Kypho-
platz oder Wohnung gewechselt, Haustiere (meist skoliose, Adipositas) oder auch fortschreitende
Vögel) abgegeben werden. Darüber hinaus können Insuffizienz der Atemmuskulatur (z. B. bei amyo-
Glucocorticoide systemisch gegeben werden, Anti- tropher Lateralsklerose) führen durch Überlastung
biotika im akuten Schub verhindern eine Super- der Atempumpe zu einem Atempumpenversagen.
infektion. Bei chronischen Verläufen können Hieraus resultiert eine respiratorische Insuffizienz
höherpotente Immunsuppressiva (Azathioprin, mit alveolärer Hypoventilation.
Cyclophosphamid) eingesetzt sowie O2 appliziert Die Patienten leiden neben Symptomen ihrer
werden. Grunderkrankung unter Dyspnoe, Kopfschmerzen,

. Tab. 2.19 Neuromuskuläre und thorakal-restriktive Erkrankungen, Beispiele

Neuromuskuläre Erkrankungen Thorakal-restriktive Erkrankungen

– Amyotrophe Lateralsklerose Pulmonal


– Post-Polio-Syndrom – Interstitielle Lungenerkrankungen
– Muskeldystrophien (Duchenne, Becker-Kiener u. a.) – Pulmonalvenöse Stauung
– Myotone Dystrophie (Curschmann-Steinert u. a.) – Z. n. Resektion, postoperative Vernarbung
– Spinale Muskelatrophien (SMA I–IV) und kongenitale
Myopathien Pleural
– Myasthenia gravis – Pleuraerguss
– Hereditäre sensomotorische Neuropathien (HSMN – Malignom (Mesotheliom)
I–VII) – Asbestose
– Hoher Querschnitt (oberhalb C4) Thorakal
– Critical-Illness-Polyneuropathie, sonstige – Kyphoskoliose
­Neuropathien – Knöchernes Trauma
– Isolierte Phrenicusparese (Ausfall des N. vagus) – Zwerchfellhochstand/-parese
Extrathorakal
– Adipositas
2.19 · Schlafbezogene Atmungsstörungen
75 2
Müdigkeit, Ödemen und mangelnder Schlafquali- Infekte bis hin zur Pneumonie – ein häufiger Grund
tät. Häufig findet sich eine Verschlechterung der zur Aufnahme in eine pneumologische Einheit. Bei
Dyspnoe besonders im Liegen, da das Zwerch- neuromuskulären Erkrankungen können Schluck-
fell und die übrige Atemhilfsmuskulatur in dieser störungen und Aspirationen hinzukommen, die
Position weniger effizient arbeiten können. Erklä- ebenfalls zu pulmonalen Infekten führen.
rungsmodelle hierfür sind: erhöhter abdominel- Zur Erkennung und Behandlung einer Husten-
ler Druck gegen das Zwerchfell, fehlende thorakale schwäche verweisen wir auf 7 Abschn. 3.2.3.
Ausdehnung auf der Liegefläche, Immobilisation der
Atemhilfsmuskulatur.
2.19 Schlafbezogene
z Diagnostik Atmungsstörungen
Zur Diagnostik einer respiratorischen Insuffizienz
wird neben einer zielgerichteten Anamnese eine Schlafbezogene Atmungsstörungen (SBAS) umfas-
umfassende lungenfunktionelle Untersuchung sen drei große Erkrankungsbilder:
ergänzt. 55 Obstruktive Schlafapnoe (OSA)
Die Erkennung einer Hypoventilation gelingt 55 Zentrale Schlafapnoe (ZSA)
über eine Blutgasanalyse. Bei Unauffälligkeit am 55 Hypoventilationssyndrom
Tage (meist im Sitzen durchgeführt!), sollte eine
BGA im Liegen bzw. eine nächtliche Kapnografie Der Verdacht auf eine SBAS entsteht durch anamnes-
ergänzt werden. Häufig werden hier zuvor versteckte tische Angaben (schlechter, nicht erholsamer Schlaf,
Pathologien sichtbar. Auch die Spirometrie sollte im Tagesmüdigkeit), Fremdanamnese (starkes nächtli-
Sitzen und im Liegen erfolgen, um den Verlust der ches Schnarchen, beobachtete Atempausen) oder im
Vitalkapazität bzw. FEV1 in Liegeposition zu doku- klinischen Setting durch nächtliche Entsättigungen
mentieren. Eine vollständige Bodyplethysmografie oder auffälliges Atemmuster. Neben einer umfassen-
sollte ergänzt werden, um eine genaue Aussage zu den Anamnese können Fragebögen wie die Epworth
Obstruktion/Restriktion der pulmonalen Funktion Sleepiness Scale (ESS) Tagesschläfrigkeit quantifizie-
treffen zu können. Die Schwäche der Atemmuskula- ren, eine nächtliche Polygrafie liefert als Screening-
tur kann durch Messung der inspiratorischen Mus- instrument erste Vorinformationen. Zur genauen
kelkraft (P0.1, Pimax) quantifiziert werden. Diagnostik muss eine Polysomnografie (7 Abschn.
Bildgebende Verfahren werden je nach Erkran- 1.2.8) in einem überwachten Schlaflabor ergänzt
kung und Symptomatik ergänzt z. B. zur Erkennung werden (DGSM 2015).
von pulmonalen Infekten, Zwerchfellstand oder
pleuralen Veränderungen.
2.19.1 Obstruktive Schlafapnoe (OSA)
z Therapie
Der Versuch einer nichtinvasiven Beatmung zur Die OSA ist die häufigste SBAS. Sie entsteht durch
Behandlung der alveolären Hypoventilation ist stets Obstruktion der oberen Atemwege, meist im Bereich
indiziert – je nach Erkrankungsbild als führend pal- des Oropharynx, und tritt gehäuft bei Adipositas
liative, symptomlindernde Maßnahme oder auch mit auf. Durch vermehrte Fetteinlagerungen im Hals
dem zusätzlichen Ziel einer Lebensverlängerung. und Pharynx entsteht eine mechanische Enge, die
im Schlaf durch die Erschlaffung der Muskeln, die
den Pharynx sonst aktiv offenhalten, nicht vollstän-
2.18.2 Hustenschwäche dig überwunden werden kann.
Eine zweite mögliche Ursache könnte das Modell
Ein weiterer pneumologischer Symptomkomplex des „Fluid-Shifts“ sein: im Liegen verschieben sich
dieser Erkrankungsbilder ist die Hustenschwäche, Flüssigkeitsvolumina aus der unteren Körperhälfte
bzw. ineffizientes Sekretmanagement durch mus- in die oberen Körperpartien und erzeugen so ein
kuläre Erschöpfung. Hieraus resultieren bronchiale zusätzliches Ödem, u. a. im Halsbereich.
76 Kapitel 2 · Krankheitsbilder

. Abb. 2.10 Polysomnografischer Befund einer schweren obstruktiven Schlafapnoe. Zu beachten: parallel zur Nulllinie des
Atemflusses nimmt auch die Amplitude der Bauch- und Thoraxexkursion ab, es sind frustrane Atemanstrengungen erkennbar.

Die obstruktionsbedingte Apnoe (und Hypo- Erkennbar werden OSA durch ein Sistieren des
pnoe) bewirken einen Abfall der Sauerstoffsättigung, Atemflusses unter Erhaltung der Atemanstrengung,
es folgt dann ein Arousal, um durch kurzes Erwa- sichtbar an Ausschlägen der Brust- und Bauchgurte
chen eine aktive Aufhebung der pharyngealen Enge in der Poly(somno)grafie.
zu erzielen (. Abb. 2.10). Allgemeine Maßnahmen der Schlafhygiene sind
Neben Übergewicht als Hauptrisikofaktor als Basis einer Behandlung sehr wichtig: Alkoholver-
können auch Schwellungen im Nasen-Rachen-Be- meidung am Abend, Optimierung der Zimmertem-
reich (Tonsillenhyperplasie), Vergrößerung der peratur (Wärme/Kälte fördern Halsschwellungen),
Zunge, Kieferfehlstellungen oder Schilddrüsenunter- Einschlafrituale.
funktion ursächlich sein. Auch ein abendlicher Alko- Die Therapieoptionen richten sich nach der
holkonsum verstärkt das Auftreten nächtlicher OSA Ursache und Ausprägung der Erkrankung. Bei
durch muskuläre Erschlaffung. Übergewicht sollte immer eine Gewichtsreduktion
Die Ausprägung der Erkrankung kann sehr angestrebt werden – milde OSA können hierdurch
unterschiedlich sein – oft findet man jedoch vollständig behandelt werden. Anatomische Beson-
schwere Fälle (Apnoe-Hypopnoe-Index, AHI derheiten können operiert oder mit nächtlichen
>30/h) mit völliger Zerstörung der nächtlichen Unterkiefer-Protrusions-Zahnschienen versorgt
Schlafarchitektur und schweren nächtlichen Ent- werden. Körperlagebezogene Atmungsstörungen,
sättigungen. Daraus resultiert neben einer exzes- z. B. OSA in Rückenlage, können durch Vermeidung
siven Tagesmüdigkeit auch ein kardiovaskulärer der schädlichen Lage (Rückenlage-Vermeidungs-
Stress mit der Entstehung von arterieller und pul- weste) deutlich reduziert werden.
monaler Hypertonie, koronarer Herzkrankheit, Effektiv und Standard in der Therapie des OSA
Herzinsuffizienz oder einem erhöhten Risiko von ist eine Überdrucktherapie mittels CPAP („conti-
Schlaganfall. Auch Herzrhythmusstörungen treten nuous positive airway pressure“). Durch das Tragen
gehäuft auf. einer nächtlichen Maskentherapie (Nase oder Nase-
Schlechter, nicht erholsamer Schlaf, Nyktu- Mund) mit Überdruck werden die Atemwege pneu-
rie, nächtliche Atemnot oder morgendliche Kopf- matisch geschient, d. h., sie werden mechanisch
schmerzen sind typische subjektive Symptome. durch den Luftdruck offengehalten. Neben der
Literatur
77 2
Applikation eines kontinuierlichen Drucks (CPAP, 2.19.3 Schlafbezogenes
z. B. 10 mbar), können die Therapiegeräte den Hypoventilationssyndrom
Druck auch nach Bedarf wechseln (Auto-CPAP, z. B.
5–15 mbar). Dieses Verfahren eignet sich häufig, da Hierbei treten primär weder Apnoe noch Hypopnoe
je nach Schlafstadium oder Körperlage die Obstruk- auf, jedoch nächtliche Entsättigungen und meist auch
tion zu- oder abnehmen kann. Hyperkapnien als Ausdruck einer alveolären Hypo-
Reicht die pneumatische Schienung nicht aus ventilation. Häufige Ursachen für eine Erschöpfung
oder entsteht eine Hyperkapnie, muss auf eine Bile- der Atemmuskulatur sind z. B. Obesitas, COPD oder
vel-Beatmung (IPAP und EPAP – „inspiratory/expi- eine Kyphoskoliose.
ratory positive airway pressure“) eskaliert werden.
Die Implantation eines Zungengrundschritt- > Patienten können sowohl eine OSA, als auch
machers (UAS = „upper airway stimulation“) ist eine nächtliche Hypoventilation haben.
eine Alternative bei Therapieversagen mit CPAP,
jedoch nur bei milder Form der OSA. Hierbei wird Sehr selten, aber dramatisch, ist das Undine-Fluch-
ein Generator im Mundboden implantiert. Über Syndrom. Durch eine angeborene Störung der zen-
­Afferenzen wird der Atemmuster registriert, bei Ver- tralen Chemorezeptoren fehlt die Atemantwort auf
minderung des Atemflusses werden Impulse am N. CO2 – die Patienten hören im Schlaf auf zu atmen.
hypoglossus ausgelöst, es folgt eine Protrusion der Sie sind lebenslang auf eine Beatmungstherapie
Zunge. Der Rachenraum wird frei, die Obstruktion angewiesen.
vermindert (Randerath 2004). Bei den genannten Erkrankungen sind die Blut-
gase am Tage oft noch kompensiert, doch in der
Nacht reicht der muskuläre Tonus nicht mehr aus,
2.19.2 Zentrale Schlafapnoe (ZSA) um die Ventilation aufrecht zu erhalten. Vor allem in
der Rapid-eye-movement(REM)-Phase sind Hypo-
Der Mechanismus der zentralen Schlafapnoe (ZSA) ventilationen oft als Erstes erkennbar, da hier die
liegt nicht in einer mechanischen Obstruktion, muskuläre Erschlaffung sehr deutlich ist.
sondern in der fehlenden Befehlsgebung des Gehirns
an die Atemmuskulatur. Dies wird durch fehlende > Nächtliche Hypoventilation:
Atemanstrengungen der Brust oder des Bauchs 44 pCO2 >55 mmHg für ≥10 min oder
während der Apnoe sichtbar. 44 Anstieg des pCO2 um ≥10 mmHg zum
Eine Sonderform der ZSA ist die Cheyne-Sto- Tageswert (aber mindestens 50 mmHg)
kes-Atmung (CSR). Sie ist gekennzeichnet durch ein ≥ 10 min
periodisches Atemmuster mit Crescendo-Decre-
scendo-Charakter. Bei schweren zentralen Antriebs- Eine Beatmungstherapie mit Bilevel-Beatmung ist
störungen kann die CSR bereits im wachen Zustand notwendig zur Überwindung der Minderbelüftung,
auftreten. Die CSR ist bei 30–50% der Patienten mit eine reine „Schienung“ der Atemwege mit CPAP ist
einer Linksherzinsuffizienz zu finden und stellt einen meist nicht ausreichend.
prognostisch ungünstigen Faktor dar.
Die ZSA tritt seltener auf als OSA, ihre Ursache
ist oft nur schwer ermittelbar. Schäden des ZNS, z. B. Literatur
nach Schlaganfällen oder durch Toxizität (Drogen,
Enzephalitis, Medikamente) können zugrunde liegen. AWMF (2013) Nationale Versorgungsleitlinie Asthma. Lang-
Auch die ZSA wird mit einer nächtlichen Über- fassung, 2. Auflage, Version 5. Dezember 2009 Zuletzt
geändert: August 2013. AWMF-Reg.-Nr.: nvl/002
druck- oder Beatmungstherapie behandelt. Zudem
. http://www.awmf.org. Zugegriffen: 20. Juni 2016
ist stets eine Optimierung der kardialen Therapie Behr J et al. (2013) S2K-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie
anzustreben und auslösende Faktoren (z. B. Medi- der idiopathischen Lungenfibrose. Stand 01/2013. Pneu-
kamente) sind zu vermeiden. mologie 67: 81–111
78 Kapitel 2 · Krankheitsbilder

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79 3

Kausale und symptomatische


Therapie
G. Iberl, M. Schellenberg, O. Göhl, D. Gompelmann, J. Op den Winkel

3.1 Medikamentöse Therapie – 81


3.1.1 Inhalationstherapie – 81
3.1.2 Antibiotika – 86
3.1.3 Glucocorticoide – 87
3.1.4 Opiate und Benzodiazepine – 88
3.1.5 Antikoagulation – 88
3.1.6 Antitussiva – 89
3.1.7 Diuretika – 89
3.1.8 Zytostatika und Strahlentherapie – 90

3.2 Nichtmedikamentöse Therapie – 91


3.2.1 Patientenschulung bei chronischen Atemwegs- und
Lungenerkrankungen – 91
3.2.2 Pulmonale Entblähung – 94
3.2.3 Sekretmanagement mit Hilfsmitteln – 95
3.2.4 Mobilisation und körperliches Training – 101
3.2.5 Ernährung – 104

3.3 Interventionelle Therapie – 106


3.3.1 Endoskopische Lungenvolumenreduktion (ELVR) – 106
3.3.2 Therapeutische Bronchoskopie – 108
3.3.3 Chirurgische Therapien – 110
3.3.4 Lungentransplantation – 111
3.3.5 Tracheotomie – 112

3.4 Sauerstofftherapie – 114


3.4.1 Indikation – 114
3.4.2 Sauerstoffsysteme zur LTOT – 114

© Springer-Verlag GmbH Deutschland 2017


G. Iberl, M. Schellenberg (Hrsg.), Pflegewissen Pneumologie, Fachwissen Pflege,
DOI 10.1007/978-3-662-52667-5_3
3.5 Nichtinvasive Beatmungstherapie – 118
3.5.1 Indikation für maschinelle Beatmung – 118
3.5.2 Beatmungseinstellungen – 120
3.5.3 Maskenauswahl – 125

Literatur – 128
3.1 · Medikamentöse Therapie
81 3
3.1 Medikamentöse Therapie
55Bedarfstherapie: Kurzwirksame Wirkstoffe
3.1.1 Inhalationstherapie (z. B. Salbutamol-Dosieraerosol) erhalten die
Patienten z. B. bei vermehrter Atemnot oder
G. Iberl vor geplanten körperlichen Belastungen.

Die Inhalationstherapie hat in der Therapie akuter Medikamente


und chronischer Lungenkrankheiten einen hohen 55β-Sympathomimetika
Stellenwert. Mit über 80 m2 Fläche ist die Lunge ein –– Kurz wirksam: Salbutamol, Fenoterol,
ideales Resorptionsorgan. Inhalativ können Medi- Reproterol, Terbutalin
kamente bei hoher lokaler Wirkstoffkonzentration, –– Lang wirksam: Formoterol, Salmeterol
niedriger Gesamtdosis und geringen Nebenwirkun- –– Ultralang wirksam: Indacaterol,
gen schnell und effektiv wirken. Olodaterol, Vilanterol
Die Ziele einer Inhalationstherapie sind im 55Anticholinergika
Wesentlichen die Erweiterung der Bronchien bei obs- –– Kurz wirksam: Ipratropium
truktiven Erkrankungen, die Entzündungshemmung –– Lang wirksam: Aclidinium
zum Abschwellen der Bronchialschleimhaut und die –– Ultralang wirksam: Tiotropium,
Sekretolyse (Verringerung der Viskosität des Sekrets). Glycopyrronium, Umeclidinium
Weniger zähes Sekret kann über die medika-
mentös erweiterten Bronchien leichter abgehustet
werden. Die Atemanstrengung wird dadurch gemin-
dert. Das führt zu einer symptomatischen Besserung Inhalative Glucocorticoide
und zu weniger Atemnot. Die endobronchiale Entzündung wird vor allem
beim Asthma durch die Inhalation von Glucocorti-
coiden gehemmt. Dadurch kommt es zum Abschwel-
Antiobstruktiva len und der Regeneration der Bronchialschleimhaut.
Die Weite der Bronchien wird durch das vegetative Beispiele: Budesonid, Beclometason, Fluticason,
Nervensystem gesteuert. Mometason.
Wirkstoffe, die die Sympathikusfunktion stimu-
lieren (β2-Sympathomimetika), wie auch Wirkstoffe, Praxistipp
die die Parasympathikusfunktion blockieren (M3-
Anticholinergika), erweitern die Bronchien durch Soorprophylaxe: Die Inhalation von Glucocor-
die Relaxation der glatten Muskulatur. ticoiden kann zu Pilzbefall (Candidamykosis)
Es stehen kurzwirksame (6 h), langwirk- der Mundschleimhaut (Mundsoor) und
same (12 h) und ultralang wirksame (24 h) Wirk- Heiserkeit führen, deshalb: Nach jeder
stoffe zur Verfügung. Bei kurzwirksamen β 2 - Inhalation mit Glucocorticoiden der Mund
Sympathomimetika, z. B. Salbutamol, setzt die ausspülen oder die Inhalation vor einer
Wirkung sehr schnell ein, es ist daher als Notfall- Mahlzeit durchführen (Speichel und Speisebrei
oder Bedarfsmedikament geeignet. Lang und ultra- reinigen die Mundhöhle) oder im Anschluss
lang wirksame Wirkstoffe dienen der regelmäßigen die Zähne putzen.
Basismedikation.

Inhalationstherapie mit Antiobstruktiva Medikamente zur Sekretolyse


55Basistherapie: Langwirksame Wirkstoffe Zur Schleimhautbefeuchtung und zum Lösen zäher
erhalten die Patienten nur zur vorgegebenen Sekrete werden in der Regel Kochsalzslösungen in
Zeit und angegebenen Dosierung. unterschiedlicher Konzentration von 0,9–6%, selten
höher, dosiert und nur bei guter Verträglichkeit
82 Kapitel 3 · Kausale und symptomatische Therapie

verwendet. Nur noch sporadisch kommen Expek-


toranzien, z. B. Acetylcystein, zum Einsatz.
Für Mukoviszidose gibt es die Zulassung für die
enzymatisch wirksame Dornase α (Pulmozyme).

3 Inhalative Medikamente bei besonderen


Indikationen
Inhalation mit Antibiotika Bei Mukoviszidose und
Bronchiektasen anderer Ursachen wird die Keim-
last reduziert. Rezidivierende Infekte und Lungen-
entzündungen werden vermindert.

Inhalation mit Iloprost Bei Patienten mit pulmona- . Abb. 3.1 Düsenvernebler, z. B. PARIBOY SX (Firma Pari
ler Hypertonie und reagiblen Gefäßen kann die Inha- GmbH, mit freundlicher Genehmigung)
lation mit Ventavis (Iloprost) die pulmonalen Blut-
gefäße erweitern.
z Handheld Devices
Inhalation mit Furosemid Stimulation von Deh- Für die inhalative antiobstruktive/antiinflammato-
nungsrezeptoren (SAR, „slowly adapting receptors“) rische Therapie gibt es eine Vielzahl kleiner Hand-
zur Linderung von schwerer chronischer Atemnot. Inhalationsgeräte. Die Entwicklung von zahlreichen
neuen Modellen mit neuen Wirkstoffen und neuen
Wirkstoffkombinationen dauert an.
Lungendeposition von Medikamenten
Die Inhalationstherapie ist bei Krankheiten der Dosieraerosole – pMDI („pressurized metered dose
kleinen Atemwege vor allem dann wirksam, wenn inhaler“): Die Wirkstoffe liegen mit Treibgas zusam-
die Aerosolteilchen, die auch als Partikel bezeichnet men als Lösungsaerosol (homogenes Gemisch) oder
werden, die kleinen Bronchien auch erreichen. Für Suspension (Feststoffteilchen im flüssigen Treibgas)
diese Deposition müssen die Partikel klein genug im (Überdruck-)Gerät vor.
sein. Idealerweise besitzen sie mit ca. 2–5 μm die Wenn ein Sprühstoß ausgelöst wird, wird eine
Größe von Bakterien. Ein langsamer Einatemfluss präzise Dosis abgegeben, die Teilchengröße ist unab-
vermindert den Aufprall (Impaktion) der Partikel hängig vom Einatemfluss. Es gibt Geräte mit Zähl-
im Mund-Rachen-Raum (Oropharynx) und an den werk. Nachteilig ist die sehr schnelle Abgabe, die zu
bronchialen Verzweigungen. Ein tiefer Atemzug einer hohen Deposition im Mund-Rachen-Raum
belüftet die Lunge gleichmäßig, und in den erfor- führt. Bei der Inhalation von Glucocorticoiden ohne
derlichen endinspiratorischen Atempausen (min- Spacer kommt es vermehrt zu lokalen Nebenwirkun-
destens 5 s) können die Partikel auf die bron- gen wie Mundsoor und Heiserkeit.
chiale Schleimhaut absinken (Sedimentation) und
diffundieren. Spacer (Abstandshalter) Der Sprühstoß von
Dosieraerosolen erreicht eine Geschwindigkeit
bis zu 100 km/h. Eine gute Koordination zwi-
Inhalationsgeräte schen Auslösung des Sprühstoßes und gleich-
Für die Inhalationstherapie stehen verschiedene zeitiger langsamer Einatmung ist nicht möglich.
Geräte zur Verfügung. Spacer, z. B. Vortex oder RC-Compact Space
55 Hand-Inhalationsgeräte (Handheld Devices): Chamber plus ( . Abb. 3.2 ), als Abstandshalter
Dosieraerosole, Pulverinhalatoren, Respimat bremsen die Geschwindigkeit des Sprühstoßes ab,
55 Vernebler zur Feuchtinhalation: Düsenver- verringern durch die Treibgasverdunstung noch-
nebler (. Abb. 3.1), Ultraschallvernebler, mals die Partikelgröße und ermöglichen eine lang-
Schwingmembranvernebler same und tiefe Einatmung. Dosieraerosole können
3.1 · Medikamentöse Therapie
83 3

. Abb. 3.2 Dosieraerosol mit Spacer (Inhalierhilfe), z. B. RC-


Compact Space Chamber plus (Firma R. Cegla GmbH & Co KG,
mit freundlicher Genehmigung)

mithilfe von Spacern auch über Trachealkanülen


verabreicht oder in Beatmungssysteme appliziert
werden.

> Dosieraerosole gibt es als Lösungsaerosole


und auch als Suspensionen. Eine Suspension
enthält Feststoffteilchen im Treibgas und
kann sich rasch entmischen – daher muss das
Dosieraerosol vor der Inhalation geschüttelt
werden.

Inhalation mit Dosieraerosolen (am besten


. Abb. 3.3 Respimat, z. B. Spiolto, Boehringer Ingelheim
mit Spacer)
(ultralang wirksame Basismedikation: Tiotropium, Olodaterol).
55Aufrechte Sitzposition einnehmen (Mit freundlicher Genehmigung der Firma Boehringer
55Tief ausatmen Ingelheim)
55(Spacer-)Mundstück mit den Lippen fest
umschließen Praxistipp
55Sprühstoß auslösen und gleichzeitig
langsam und tief einatmen Patienten mit schwerer Atemnot sind häufig
55Endinspiratorische Pause 5–10 s nicht mehr in der Lage, 1,5 s lang einzuatmen –
in diesem Fall kann ein Spacer den Sprühstoß
verkürzen.

Respimat Der Respimat generiert mechanisch


durch Federspannung aus der Inhalationslösung z Pulverinhalatoren – DPI („dry powder
eine langsame Sprühwolke (1,5 s), die eine effektive inhaler“):
Inhalation ermöglicht (. Abb. 3.3 und . Abb. 3.4). Die Wirkstoffe bei Pulverinhalatoren sind meist an
Der Respimat kann auch direkt auf eine Tracheal- die Trägersubstanz Laktose gebunden.
kanüle gesetzt werden. Über einen speziellen Spacer Es gibt Einzelkapselsysteme (z. B. Ultibro Breez-
kann die Applikation auch in ein Beatmungssystem haler, . Abb. 3.5), Blistersysteme (z. B. Viani Diskus)
erfolgen. und Multidosisreservoirsysteme (z. B. FOSTER
84 Kapitel 3 · Kausale und symptomatische Therapie

. Abb. 3.5 Beispiel für einen Pulverinhalator (DPI –


. Abb. 3.4 Respimat: Langsame Sprühwolke, kein Treibgas, Einzelkapselsystem): Ultibro Breezhaler Novartis (ultralang
sondern Federspannung. (Mit freundlicher Genehmigung der wirksame Basismedikation: Glycopyrronium, Indacaterol).
Firma Boehringer Ingelheim) © (2016) Novartis group of companies. All rights reserved

NEXThaler, . Abb. 3.6). Jedem Gerät ist ein spezi-


fischer Widerstand zu eigen, der bei der Inhalation Inhalation mit Pulverinhalatoren
überwunden werden muss. 55Aufrechte Sitzposition einnehmen, Gerät
Über verschiedene mechanische Verwirbe- laden
lungstechniken wird der Wirkstoff von der Laktose 55Tief ausatmen – nicht in das Gerät atmen!
erst durch den Inspirationsfluss abgespalten. Somit 55Mundstück mit den Lippen fest
ist die Partikelgröße und Deposition nicht von der umschließen
Koordinationsfähigkeit, sondern vom Atemfluss 55Schnell! und tief einatmen
abhängig. Pulverinhalatoren sind feuchtigkeits- 55Endinspiratorische Pause 5–10 s
empfindlich, es darf nicht hineingeatmet werden.
Für Kleinkinder und im Notfall sind sie nicht
geeignet. z Feuchtinhalation
Die neueren Geräte haben häufig akusti- Für die Feuchtinhalation stehen neben den Medika-
sche und optische Kontrollmechanismen sowie menten zur Sekretolyse auch verschiedene Antiobst-
Zählwerke. ruktiva (kurzwirksam), Glucocorticoide, Antibiotika
und weitere Substanzen zur Verfügung. Diese Art der
Besonderheit bei Mukoviszidose Über spezielle Pul- Inhalation hat den Vorteil, dass sie für alle Patienten,
verinhalatoren können Antibiotika zur Keimreduk- auch im Notfall oder unter der Beatmungstherapie
tion und Mannitol zur Sekretolyse inhaliert werden. durchführbar ist.
3.1 · Medikamentöse Therapie
85 3
Inhaletten, z. B. Pari, können teils mit PEP-Gerä-
ten kombiniert werden (7 Abschn. 3.2.3).

z Auswahl des passenden Inhalationsgeräts


Die Kriterien zur Auswahl eines Inhalationsgeräts
sind einerseits die benötigten Wirkstoffe, die im
Spezialfall bestimmte Inhalationsgeräte erfordern,
andererseits die Fähigkeiten der Patienten bezüglich
Koordination und Atemzugkraft.
Das pflegerische Fachpersonal muss bezüglich
der Inhalationstherapie kontinuierlich geschult
. Abb. 3.6 Beispiel für einen Pulverinhalator (DPI – werden, damit die Patienten zur korrekten Handha-
Multidosisreservoirsystem): FOSTER NEXThaler, Chiesi bung angeleitet werden können und eine effektive
(Basismedikation: Formoterol/Beclomethason). (Mit Inhalationstherapie erhalten.
freundlicher Genehmigung der Firma Chiesi GmbH)
Die beständige Neuentwicklung von Wirkstof-
fen, die unterschiedliche Wirkdauer der Substanzen,
In klinischen Alltag erfolgt die Feuchtinhala- die Verabreichung von Kombinationspräparaten und
tion meistens zur Sekretolyse und mit Druckluft- die beträchtliche Anzahl an Hand-Inhalationsgerä-
verneblern. Der Trend geht hin zu kostengünstigen ten machen es den Pflegenden schwer, den Überblick
Einweggeräten, wobei die Verneblerqualität für viele zu behalten.
Medikamente, z. B. Antibiotika oder Dornase α nicht
ausreichend ist. > Die Deutsche Atemwegsliga e.V. hat für fast
Am besten wird die Feuchtinhalation mit einem alle verfügbaren Devices Schulungsvideos
Mundstück durchgeführt, möglich ist auch eine bezüglich Handhabung und korrekten
Inhalationsmaske z. B. bei Atemnot, wenn die Inha- Atemmanövern produziert und auf ihrer
lette nicht selbständig gehalten werden kann oder Homepage auf YouTube und Vimeo eingestellt.
kognitive Einschränkungen Probleme bereiten. Tra-
cheotomierte Patienten können spontan über Auf-
sätze auf die Trachealkanüle inhalieren oder das Überprüfung der Inhalationstherapie
Inhalationsgerät kann in das Schlauchsystem eines 55Kontrolle und Abgleich der inhalativen
Beatmungssystems eingefügt werden. Medikamente!
55Führt der Patient die Therapie selbständig
und zuverlässig durch?
Inhalationsmanöver bei Feuchtinhalation 55Gibt es vermeidbare Fehler?
55Aufrechte Sitzposition 55Benötigt der Patient aufgrund einer akuten
55Langsam und tief einatmen Krankheitssituation zumindest eine zeitweilige
55Kurze inspiratorische Pause ca. 2 s Umversorgung des Inhalationsgeräts?
(Sedimentation) 55Muss die Therapie unter Aufsicht gestellt
55Entspannt ausatmen werden?

Respiratorisch insuffiziente Patienten können dieses > Die Inhalationstherapie nimmt in der
Atemmanöver häufig nicht über die gesamte Inhala- Behandlung pneumologischer Erkrankungen
tionszeit durchhalten und benötigen Pausen. Wenn einen hohen Stellenwert ein und kann die
im klinischen Bereich der Düsenvernebler mit systemische Therapie (Tabletten, Infusionen)
Druckluft betrieben wird, muss die Sauerstoffsätti- zum Großteil ersetzen bei geringerem
gung pulsoxymetrisch überwacht werden. Bei Ent- Nebenwirkungsprofil. Umso wichtiger ist die
sättigung kann auch mit Sauerstoff inhaliert werden. zuverlässige Durchführung.
86 Kapitel 3 · Kausale und symptomatische Therapie

3.1.2 Antibiotika
55Oxazolidinone
M. Schellenberg 55Lipopeptide
55Streptogramine
Ganz allgemein: Antibiotika sind Substanzen, die in 55Weitere: Chloramphenicol, Rifampicin,
den Stoffwechselprozess lebender Organismen ein- Tigecyclin, Mupirocin, Fosfomycin
3 greifen und somit diese in ihrem Wachstum bzw. ihrer
Vermehrung verlangsamen oder sogar verhindern.
Die Bezeichnung „Antibiotikum“ bezieht sich Antibiotika können systemisch (oral, i.v.) oder
heutzutage klassischerweise auf Stoffe, die gegen topisch (inhalativ → z. B. bei chronischer Infektion
Bakterien wirken. im Rahmen der Mukoviszidose, lokale Salben → z. B.
Darüber hinaus gibt es auch: bei Hautinfektionen) verabreicht werden.
55 Virustatika (gegen Viren) In der Pneumologie ist man sehr häufig mit
55 Antimykotika (gegen Pilze) Atemwegsinfekten oder Entzündungen des Lun-
55 Antiprotozoika (gegen Einzeller, z. B. gengewebes konfrontiert. Dabei werden Antibio-
Plasmodien, „Malaria“) tika oft benötigt – aber nicht immer. Eine Bronchitis
55 Antihelmintika (gegen Würmer) (Entzündung der Atemwege) z. B. ist oft durch Viren
verursacht. Hier sind Antibiotika wirkungslos. Eine
Infektionen dieser Gruppen treten seltener auf, Pneumonie (Lungenentzündung) hingegen beruht
können jedoch sehr schwierig zu therapieren sein. sehr oft auf einer bakteriellen Infektion und benötigt
Antibiotika wirken grundsätzlich auf zwei Arten: definitiv ein Antibiotikum.
bakterizid (Bakterien tötend) oder bakteriostatisch Optimal ist die Sicherung und testungsgerechte
(wachstumshemmend). Es gibt eine Vielzahl an Einleitung einer antibiotischen Therapie, z. B. durch
Wirkstoffen (7 Übersicht), die sich in ihrem Wirk- mikrobiologische Untersuchung des Sputums. Da
spektrum zum Teil deutlich unterscheiden – d. h., dies jedoch mindestens 2–3 Tage benötigt, wird
nicht jedes Bakterium wird durch jedes Antibioti- meist kalkuliert, also in Abwägung des wahrschein-
kum angegriffen. Und umgekehrt: nichtwirksame lichen Erregers und des Nebenwirkungsspektrums
Antibiotika können eine Resistenzentwicklung der eine Therapie eingeleitet.
Bakterien fördern (Stichwort: multiresistente Keime Häufige Nebenwirkungen von Antibiotika sind:
wie MRSA). Daher ist es wesentlich, den Einsatz von 55 gastrointestinal: Übelkeit, Erbrechen, Magen-
Antibiotika gut zu durchdenken. schmerzen, Durchfall (wichtig!)
55 kutan: Hautausschlag, Juckreiz

Antibiotikaklassen > Durchfälle unter antibiotischer Therapie


55Beta-Laktame: Penicilline, Cephalosporine, können durch Clostridium difficile
Monobaktame, Carbapeneme verursacht sein, was sofortige Therapie und
55Aminoglykoside Isolation des Patienten bedeutet!
55Chinolone
55Glykopeptide Darüber hinaus gibt es ein großes Spektrum an mög-
55Lincosamide lichen Nebenwirkungen, die je nach Substanz auch
55Makrolide variieren. Selten – aber dafür umso relevanter –
55Ketolide können diese schwerwiegend sein: z. B. allergisch bis
55Nitroimidazole hin zum anaphylaktischem Schock, schwere Ände-
55Polypeptide rungen des Blutbildes, Entwicklung einer Darminfek-
55Sulfonamide tion mit Clostridium difficile. Es ist daher sehr wichtig,
55Diaminopyrimidin Patienten nach Einleitung einer antibiotischen Thera-
55Tetrazykline pie engmaschig zu beobachten und bei Verdacht auf
Unverträglichkeiten diese dem Arzt zu melden.
3.1 · Medikamentöse Therapie
87 3
3.1.3 Glucocorticoide
. Tab. 3.1 Wirkung und Einsatzgebiete von
Corticoiden
M. Schellenberg
Therapeutische Einsatzgebiete Corticoide
Glucocorticoide sind ursprünglich körpereigene Wirkung (Beispiele)
Substanzen, die in der Nebennierenrinde gebildet
Antiphlogistisch Bronchiale Obstruktion
werden. Das Präfix „Gluco-“ signalisiert den Ein- (hemmt Entzündung) (COPD, Asthma)
fluss auf den Glucosehaushalt. Rheumatische Erkrankun-
Sie entstehen über viele Schritte aus Steroi- gen (rheumatoide Arthritis)
den und Cholesterin, Hauptwirksubstanz ist Cor- Antiallergisch Allergische Reaktionen
tisol (aktiv), welches im Verlauf weiter zu Cortison
Antiproliferativ Andere autoimmune Er-
(inaktiv) verstoffwechselt wird. (hemmt Zellteilung) krankungen (Morbus
Die Synthese und Ausschüttung unterliegt einem Crohn, multiple Sklerose)
zirkadianen (Tages-)Rhythmus – z. B. während Hautexzeme
der Nacht sehr wenig, morgens dafür viel. Diese Tumortherapie
Schwankungen haben viele Auswirkungen auf
Antiexsudativ Hirnödeme
andere vegetative Prozesse im Körper, z. B. steigt der (hemmt Flüssigkeits- Verbrennungen
Insulinbedarf morgens. Auch treten gehäuft Luftnot- austritt aus Gefäßen)
attacken in den frühen Morgenstunden (2.00–4.00) Lungenreifung bei
­Frühgeborenen
bei Asthma bronchiale auf, womöglich durch den
Talspiegel des körpereigenen Cortisols. Mineralcorticoid Chronische Nebennieren-
rindeninsuffizienz
Das körpereigene Cortisol wird zur Regulation
des Glucosehaushalts benötigt, besonders in Stresssi- Immunsuppressiv Nach Organtransplantation
tuationen steigt die Ausschüttung deutlich und dient
dem Körper als Schutzfaktor – das Fehlen von Cor-
tisol ist mit dem Leben nicht vereinbar. . Tab. 3.2 Nebenwirkungen von Corticoiden
Synthetisch hergestellte Glucocorticoide werden
meist vereinfacht als „Cortison“ bezeichnet, was nicht Blut Leukozytose (anfänglich)
ganz korrekt ist, besser ist die Bezeichnung Corticoide. Lymphopenie
Präparate gibt es in zahlreicher Abwandlung – „Cor- Immunsystem Infektionen (vor allem viral),
tison ist also nicht gleich Cortison“. Je nach Substrat zum Teil schwer
unterscheidet sich die Potenz: Das Ursubstrat Cortisol Stoffwechsel Hypernatriämie, Hypokaliämie
hat eine festgelegte Wirkungsstärke von 1, dagegen z. B. Glucosetoleranzstörung → Dia-
Dexamethason von 30 und ist somit 30-mal potenter. betes mellitus
Das Wirkungs- und somit Einsatzspektrum von Hypercholesterinämie
Corticoiden ist immens (. Tab. 3.1). Vor allem in der Proteinabbau
Pneumologie nutzen wir die antientzündliche und
Psychiatrisch Depressionen, Psychosen
abschwellende Wirkung an den Bronchien zur Luft-
Schlafstörungen
notlinderung – aber auch in der primären Behand-
lung von Erkrankungen wie z. B. Sarkoidose. Euphorie

Trotz aller guten Wirkungen sind stets die zahl- Appetitsteigerung


reichen Nebenwirkungen zu bedenken (. Tab. 3.2), Neurologisch Epilepsie
sodass der Einsatz immer kritisch zu hinterfragen Pseudotumor cerebri (Kinder)
ist. Hierbei ist nicht nur die Dosierung entscheidend, Augen Katarakt, Glaukom
sondern auch die Behandlungsdauer. In der Behand-
Gefäße Arterielle Hypertonie
lung der COPD reicht z. B. meist eine kurze, gezielte
Thromboserisiko
Gabe, welche nach wenigen Tagen auch wieder
Phlebitis
beendet werden sollte.
88 Kapitel 3 · Kausale und symptomatische Therapie

Wirkung entsteht als „Nebeneffekt“ des Morphins:


. Tab. 3.2 Fortsetzung
über zentrale Rezeptoren im Stammhirn wird der
Gastrointestinal Ulcera, Blutungen Atemantrieb gesenkt. Die Atmung wird langsamer und
Pankreatitis ruhiger – hierdurch wird zum einen Hyperventilation
Haut Spontane Blutungen, ­Petechien und Totraumventilation vermieden, zum anderen ent-
spannt sich der Patient durch Abschirmung von Stress.
3 Striae rubrae
Man kann sagen: Die Atmung wird ökonomisiert.
Akne
Gleichzeitig wird der Hustenreiz gedämpft. Gerade
Bewegungsap- Osteoporose
bei Lungenfibrosen kann dieses Symptom nicht nur
parat Knochennekrosen lästig, sondern völlig erschöpfend sein.
Abbau Muskulatur Ein Risiko der Nutzung ist die Atemdepression.
Gerade diese an sich angestrebte Wirkung kann zum
Verhängnis werden und eine alveoläre Hypoventila-
Das rasche Absetzen eines Glucocorticoids nach tion bewirken oder gar Atemstillstand. Daher ist der
längerer Einnahmedauer (>1 Woche, dosisabhängig) Einsatz dieser Präparate stets aufmerksam zu evalu-
kann eine Nebennierenrindeninsuffizienz hervor- ieren und überwachen.
bringen, denn durch das extern zugeführte Cortisol Weitere unerwünschte Wirkungen sind Übelkeit,
wird die körpereigene Produktion heruntergefahren. Verwirrtheit und Obstipation. Während die ersten
Beim abrupten Absetzen reicht die eigene Synthese beiden Symptome meist nur initial auftreten, beglei-
nicht, es entsteht ein Conn-Syndrom mit zum Teil tet Obstipation Patienten dauerhaft. Daher ist stets
schwerwiegenden Symptomen. Im Falle einer länge- die Stuhlfrequenz pflegerisch zu erfassen. Die Ent-
ren Einnahmedauer muss daher langsam ausschlei- wicklung einer Abhängigkeit unter medizinischem
chend die Behandlung beendet werden. Einsatz in niedriger Dosierung ist kaum zu beobach-
ten. Ein abruptes Absetzen nach längerem Gebrauch
sollte jedoch dringend vermieden werden – vor allem
3.1.4 Opiate und Benzodiazepine um eine Eskalation der Beschwerden zu vermeiden.
Gerade in der palliativen Versorgung von Patien-
M. Schellenberg ten mit Dyspnoe sind Opiate unverzichtbare Mittel.
Benzodiazepine sind in erster Linie anxioly-
Opiate sind die stärksten Schmerzmittel, die in der tisch (angstlindernd) wirksam. Im Gegensatz zu
Medizin zur Verfügung stehen. Darüber hinaus Opiaten haben sie keinen direkten Einfluss auf die
können sie bei starker Dyspnoe oder Husten ein- Atmung. Ihre Wirkung bei Luftnot ist daher gerin-
gesetzt werden. Ihr Einsatz unterliegt dem Betäu- ger und sie sollten als zweite Wahl eingesetzt werden.
bungsmittelgesetz, sie werden gesondert verordnet Unter häufiger Verwendung kann eine muskelrela-
und verwaltet. xierende Wirkung eintreten, was sogar luftnotver-
Früher wurden Opiate ausschließlich aus Opium stärkend sein kann.
(Mohn) hergestellt, heute gibt es zahlreiche syntheti- Der Einsatz von Benzodiazepinen sollte sich auf
sche und halbsynthetische Abwandlungen wie Oxy- führende Angststörungen beschränken, hier können
codon, Hydromorphon oder Fentanyl. Auch Codein sie sehr hilfreich sein.
ist ein Derivat dieser Gruppe. Die Referenzsubstanz
ist jedoch Morphin – es ist das älteste und am häu-
figsten in Verwendung. Die Potenz, also Stärke, der 3.1.5 Antikoagulation
Opiate wird an Morphin gemessen.
Neben dem schmerzstillenden Effekt, z. B. im M. Schellenberg
Rahmen von Tumorerkrankungen, nutzen wir
Opiate (vor allem Morphin) in der Pneumologie bei Unter Antikoagulation versteht man eine Hemmung
fortgeschrittenen Lungenerkrankungen wie COPD der Blutgerinnung, und zwar durch Beeinflussung
oder Lungenfibrosen, um Luftnot zu behandeln. Die der Gerinnungsfaktoren im Plasma. Eine Hemmung
3.1 · Medikamentöse Therapie
89 3
der Thrombozytenaggregation (Funktion der Blut- 55 HIT II: entwickelt sich erst nach etwa einigen
plättchen) z. B. durch Acetylsalicylsäure (ASS) ist Tagen durch die Herstellung von Antikörpern.
davon abzugrenzen und hat einen anderen Einsatz. Diese binden an Thrombozyten und bewirken
Umgangssprachlich werden beide Mechanismen ein „Verklumpen“, hierdurch Entstehung von
„Blutverdünnung“ genannt, was jedoch irreführend lebensbedrohlichen Thromben und Embolien.
ist, da es zu keiner Änderung der Viskosität kommt.
Eine Antikoagulation wird zu zwei Zwecken ein-
gesetzt: Prophylaxe oder Therapie thromboemboli- 3.1.6 Antitussiva
scher Ereignisse. Hierunter versteht man die Entste-
hung von Blutgerinnseln in Gefäßen (Thrombosen) M. Schellenberg
oder den Verschluss weiterer Gefäße durch eine Ver-
schleppung dieser per Blutbahn (Embolie). Antitussiva (Singular: Antitussivum) sind Mittel,
Eine Prophylaxe ist notwendig, wenn Risikofak- die gegen Husten eingesetzt werden. Es gibt peri-
toren wie Immobilität, kardiovaskuläre Komorbiditä- pher wirksame Substanzen, die die Reizschwelle der
ten (z. B. Vorhofflimmern, künstliche Herzklappen) Hustenrezeptoren heraufsetzen (Diphendyramin,
oder Situationen mit schweren Verletzungen, statt- aber auch zuckerhaltige Pastillen und Sirup) sowie
gehabten Thromboembolien oder nach ­Operationen zentral wirksame Mittel, die im Hustenzentrum des
bestehen. Durch die Hemmung der Blutgerinnungs- Stammhirns ansetzen.
faktoren wird die Entstehung von thrombotischem Der Goldstandard hierfür ist Codein aus der
Material erheblich gesenkt. Gruppe der Opiate. Weitere Abkömmlinge sind
Eine Therapie von Thromboembolien (z. B. nach Dihydrocodein, Noscapin oder Dextrometorphan.
Lungenarterienembolie oder tiefer Beinvenenthrom- Aufgrund des Suchtpotenzials der zentralwirksa-
bose) wird ebenfalls mit Antikoagulanzien durchge- men Antitussiva sollte der Einsatz zeitlich beschränkt
führt. Die Dauer dieser Therapie hängt von vielen bleiben. Auch ist ihre Anwendung vorwiegend bei
Faktoren ab wie Ursache, Ausmaß und Risikoprofil unproduktivem, trockenem Reizhusten empfohlen.
des Patienten, weitere Thromboembolien zu erlei- Eine Hustendämpfung im Rahmen sekretintensi-
den – aber auch dem Risiko schwerer Blutungen ver Infekte ist tagsüber kontraindiziert, hier stehen
unter laufender Therapie. Maßnahmen zur Sekretmobilisation und Abhusten
Zur Antikoagulation können verschiedene Subs- im Vordergrund.
tanzen eingesetzt werden. Einige davon können
nur s.c. oder i.v. verabreicht werden (z. B. Hepa-
rine, Fondaparinux), andere dagegen oral (Cuma- 3.1.7 Diuretika
rine, direkte orale Antikoagulanzien = DOAK, z. B.
Dabigatran oder Rivaroxaban). Die Entscheidung für M. Schellenberg
ein Präparat richtet sich nach der Erkrankung und
Komorbiditäten. Diuretika sind Mittel, die eine verstärkte Diurese
Die wichtigste Nebenwirkung einer Antikoagula- (renale Ausscheidung von Wasser) bewirken. Es gibt
tion ist das Auftreten von Blutungen – spontan oder drei Substanzklassen, die an unterschiedlichen Orten
nach Verletzungen. Vor allem im Gastrointestinal- des renalen Systems wirken:
trakt oder im Gehirn können Blutungen auftreten 55 Schleifendiuretika, z. B. Furosemid
mit schweren Folgen. Darüber hinaus ist bei der Gabe 55 Thiaziddiuretika, z. B. Hydrochlorthiazid
von Heparinen besonders auf die Entwicklung einer 55 Kaliumsparende Diuretika, z. B. Triamteren
Heparin-induzierten Thrombozytopenie (HIT) zu oder Spironolacton
achten. Es werden zwei Typen unterschieden:
55 HIT I: tritt innerhalb der ersten Therapietage Viele Erkrankungen können eine erhöhte Diurese
auf. Nach Umstellung der Therapie norma- erfordern: Herzinsuffizienz, Ödeme, Bluthoch-
lisieren sich die Thrombozyten meist wieder druck, Nieren- oder Leberinsuffizienz. Durch das
vollständig. enge Zusammenspiel aus Herz und Lunge sehen wir
90 Kapitel 3 · Kausale und symptomatische Therapie

oft in der Pneumologie Dyspnoe als Ausdruck einer


kardialen Einschränkung mit der Folge von Wasser- Nebenwirkungen von Zytostatika
ansammlungen in (Lungenödem) und um (Pleura- 55Knochenmarkdepression
erguss) die Lunge. –– Leukopenie → Infektanfälligkeit
Durch den Einsatz von Diuretika scheidet der –– Thrombopenie → Blutungsneigung
Patient vermehrt Urin aus, was zu einer Entlastung –– Anämie → Blutarmut, Müdigkeit
3 des Lungenwassers führt. Der Erfolg der Therapie 55Störungen am GI-Trakt
wird klinisch, radiologisch und durch eine Bilanz –– Durchfall
bzw. Abnahme des Körpergewichts gesichert. –– Erbrechen
Da nicht nur Wasser, sondern auch Elektrolyte –– Verstopfung, Ileus
wie Natrium, Kalium und Chlorid verloren gehen 55(Schleim-)Haut und Hautanhang
können, sind regelmäßige Laborkontrollen wichtig. –– Trockene Haut, Risse
Auch kann die Nierenfunktion leiden unter der The- –– Haarausfall
rapie, sodass die Retentionswerte (Kreatinin, Harn- –– Mukositis
stoff) ebenfalls beobachtet werden müssen. Werden 55Nephrotoxizität
die Patienten zu „trocken“, also nimmt das intravasale –– Nierenversagen
Volumen zu sehr ab, kann eine Exsikkose auftreten 55Neurotoxizität
mit Verwirrtheit und Unruhe. –– Neuropathie
Und noch ein Praxistipp: Vermehrte Ausschei- 55Hepatotoxizität
dung bedeutet vermehrtes Wasserlassen. Dies kann –– Leberversagen
bei starker Dyspnoe zur Qual werden und häufige 55Kardiotoxizität
Entsättigungen triggern. Hier ist frühzeitig die –– Herzinsuffizienz
Absprache mit dem Patienten zur Nutzung eines –– Herzrhythmusstörungen
Toilettenstuhls oder auch zur Anlage eines Blasen- 55Ototoxizität
katheters empfohlen. –– Schwerhörigkeit
55Infertilität
55Lungenfibrosen
3.1.8 Zytostatika und 55Fieber
Strahlentherapie

M. Schellenberg Aus diesem Grund ist eine engmaschige Überwachung


von behandelten Patienten notwendig, das Ausmaß der
Zytostatika sind Mittel, die Zellen in ihrer Teilung Toxizität wird sorgfältig dokumentiert, um Dosisan-
oder in ihrem Wachstum hemmen. Sie werden ver- passungen und supportive Therapien durchzuführen.
wendet in der Behandlung von Krebserkrankungen,
aber auch Autoimmunerkrankungen. Im klinischen ! Cave
Alltag werden sie auch als „Chemotherapie“ bezeich- Stets auch auf Eigensicherheit achten im
net, was nicht falsch ist, jedoch strenggenommen Umgang mit Zytostatika.
auch den Einsatz von antimikrobiellen Mitteln (z. B.
Antibiotika) beinhaltet. Zytostatika werden in definierten Zyklen (z. B. alle
Es gibt zahlreiche Zytostatikagruppen und 3 Wochen) über eine festgelegte Dauer verabreicht. Um
Substanzen, jeweils mit unterschiedlichem Wirk- die Toxizität zu senken und die Verträglichkeit zu ver-
und Nebenwirkungsprofil. Gemeinsam haben bessern, werden supportive Therapien wie Spülflüssig-
jedoch alle Zytostatika, dass sie in Stoffwechsel- keit i.v., Corticoide, Antiemetika (Mittel gegen Übel-
vorgänge der Zellentwicklung eingreifen – leider keit) oder Antihistaminika (Antiallergika) ergänzt.
nicht selektiv, sondern auch bei gesunden Zellen, Von Zytostatika abzugrenzen, jedoch ebenfalls in
sie sind somit toxisch wirksam. Hierdurch entsteht der Krebs- und Autoimmuntherapie eingesetzt, sind
ein sehr breites Spektrum an Nebenwirkungen monoklonale Antikörper, Zytokine, Hormone und
(7 Übersicht). sog. „small molecules“. Sie wirken nicht zytotoxisch
3.2 · Nichtmedikamentöse Therapie
91 3
und greifen über jeweils andere Mechanismen in die Schulungen für eine bessere Bewältigung des Alltags
Zellvorgänge ein. Das Nebenwirkungsprofil ist somit und der Umgang mit Atemnot im Vordergrund.
etwas geringer ausgeprägt. Atemnot ist das Krankheitssymptom, das den
In der Strahlentherapie werden ionisierende Strah- Alltag am meisten einschränkt.
len genutzt zur gezielten Tumortherapie. Dabei werden Ein Großteil der Patienten versucht, dieses
die Zellen über die Schädigung ihrer DNA zerstört, unwillkommene Gefühl zu vermeiden und Situa-
aufgrund von Streueigenschaft der Strahlung ist in tionen mit beängstigendem Kontrollverlust zu ver-
gewissem Umfang auch gesundes Gewebe betroffen. hindern. So kommt es zu körperlicher Inaktivität,
Um eine möglichst effiziente Therapie unter wenig Dekonditionierung und Immobilität.
Streustrahlung zu bewirken, wird zuvor eine sorgfältige Schulungsinhalte gehen im unruhigen Stations-
Strahlenplanung durchgeführt, hier wird unter compu- alltag leicht verloren und müssen beständig wieder-
tertomografischer Darstellung das Strahlenfeld festge- holt werden, damit die Patienten Gehörtes lernen,
legt. Bei thorakaler Bestrahlung z. B. wird das Feld auf Gelerntes einüben und dieses dann langfristig im
der Haut des Patienten aufgezeichnet – dies sollte nicht täglichen Leben und in kritischen Situationen umset-
abgewaschen werden! Im Rahmen einer Kopfbestrah- zen können.
lung wird meist eine spezielle Gipsmaske angepasst, in
der die Patienten regungslos liegen bleiben, um emp- z Warum ist körperliches Training so wichtig?
findliche Strukturen des Gehirns zu schonen. Durch Immobilität atrophiert die periphere Musku-
Je nach Zieldosis wird eine Bestrahlung einmalig latur, und durch generalisierte Entzündungsreaktio-
oder über viele Tage für jeweils wenige Sekunden bis nen, z. B. bei COPD, entsteht eine veränderte Mus-
Minuten appliziert. kelfasertypologie mit reduzierten Energiespeichern
Prophylaktische pflegerische Maßnahmen und verminderten Enzymen des aeroben (Sauer-
während einer Strahlentherapie sollen empfindliche stoff-)Stoffwechsels. So kommt es schon bei geringer
Haut- und Schleimhautpartien schützen (Mukositis- körperlicher Belastung zur anaeroben Energiegewin-
Prophylaxe, Hautpflege des Strahlenfeldes). nung mit der Bildung von Laktat (Milchsäure). Peri-
Eine besondere Art der Strahlentherapie ist die phere Nervenendigungen (Metaborezeptoren) in den
Brachytherapie. Hierbei wird die Strahlenquelle Skelettmuskeln melden die Säurebildung ans Gehirn.
während der Therapie in den Körper eingebracht – Das führt zu einem gesteigerten Atemantrieb, der auf-
im pneumologischen Fall in die Bronchien. Bei grund der begrenzten Kapazität nicht ausreichend
endobronchial wachsenden Tumoren im Frühsta- kompensiert werden kann. Die Folge ist Atemnot.
dium oder auch im Falle schwerer Obstruktion durch Deshalb ist die dauerhafte Verbesserung von
Tumor im palliativen Setting kann hiermit wirksam Kraft, Kondition und Koordination das vorrangige
und schonend therapiert werden. Ziel für alle chronisch kranken Patienten.

z Deutsche Atemwegsliga e.V. in der


3.2 Nichtmedikamentöse Therapie Deutschen Gesellschaft für Pneumologie
Die Deutsche Atemwegsliga hat es sich zum Ziel
3.2.1 Patientenschulung bei gemacht, die Versorgung von Patienten mit chroni-
chronischen Atemwegs- und schen Atemwegs- und Lungenkrankheiten zu ver-
Lungenerkrankungen bessern und dabei zu helfen, neue wissenschaftliche
Erkenntnisse in die Praxis umzusetzen.
G. Iberl Aktuelle Empfehlungen von Experten für Pro-
phylaxe, Diagnostik, Therapie und Rehabilitation
Patienten mit chronischen Atemwegs- und Lungen- sollen durch intensive Öffentlichkeitsarbeit etab-
erkrankungen sollten bereits während eines akut sta- liert werden.
tionären Aufenthalts ausführlich zu ihrer Krankheit Unter http://www.atemwegsliga.de sind neben
informiert werden. Informationsbroschüren, Videosequenzen zu Inha-
Neben praktischen Einweisungen zur Inhala- lations- und Atemtherapie und Expertenresümees
tions-, Sauerstoff- und Beatmungstherapie stehen auch Kontaktadressen für Selbsthilfegruppen,
92 Kapitel 3 · Kausale und symptomatische Therapie

spezialisierte Physiotherapeuten und Lungensport- ein Ausatemwiderstand („positive expiratory


gruppen zu finden. pressure“ – PEP)
55 Beachte: Beim Ausatmen nicht „pressen“ – zu
hoher Druck kann bei obstruktiven Erkran-
Verbände, Selbsthilfegruppen und Vereine kungen zum bronchialen Kollaps führen
55AG Lungensport in Deutschland e.V. (http://
3 www.lungensport.org) Reduktion von Atemnot durch Koordination von
55COPD – Deutschland e.V. (http://www. Atmung und Bewegung
copd-deutschland.de) 55 Die Einatmung erfolgt in Ruhe
55Deutsche Atemwegsliga e.V. (http://www. 55 Die Ausatmung erfolgt bei Belastung mithilfe
atemwegsliga.de) der Lippenbremse
55Deutsche Emphysemgruppe e.V. (http://
www.deutsche-emphysemgruppe.de) Langzeitsauerstofftherapie (LTOT) bei Belastung
55Deutsche Gesellschaft für Pneumologie Falls die Patienten eine Langzeitsauerstofftherapie
und Beatmungsmedizin e.V. (http://www. erhalten, sollte für die Zeit der körperlichen Belastung
pneumologie.de) die Dosis nach ärztlicher Anordnung angepasst werden.
55Deutsche Sauerstoffliga LOT e.V.(http://
www.sauerstoffliga.de) Körperliches Training unter nichtinvasiver Beat-
55Patientenliga Atemwegserkrankungen mung Patienten mit ventilatorischer Insuffizienz
e.V. (http://www.patientenliga-atemwegs- können Mobilisation und Training auch mithilfe
erkrankungen.de)

z Koordination von Atmung und Bewegung


bei respiratorischer Insuffizienz
Körperliche Belastung, Fieber, etwaige Verschlim-
merung der Grundkrankheit aber ebenso psychi-
sche Ursachen wie Angst oder Ärger, erfordern einen
Mehrbedarf an Sauerstoff für die benötigte Energie-
bereitstellung (Adenosintriphosphat[ATP]-Produk-
tion). Kompensatorisch vertiefen sich beim Gesun-
den zuerst die Atemzüge. Infolge dessen werden die
Atemfrequenz und das Herzzeitvolumen gesteigert.
Patienten mit kardiorespiratorischen Einschrän-
kungen sind in der notwendigen Leistungssteigerung
limitiert und erzielen im Allgemeinen mit einer tiefen,
entspannten und langsamen Atmung den effektivsten
Gasaustausch. Die Totraumventilation wird vermin-
dert und die Kontaktzeit des eingeatmeten Sauerstoffs
in der Alveole mit der Kapillare wird verlängert.

Dosierte Lippenbremse Die dosierte Lippenbremse


oder PEP-Atmung hilft bei der Atemkontrolle und kann
Tachypnoe mit konsekutiver Hypoxämie vermeiden.
55 Lippen entspannt aufeinanderlegen
55 Über die Nase (besonders wichtig bei Sauer-
stoffgabe!) ruhig einatmen
55 Über die locker aufeinanderliegenden Lippen . Abb. 3.7 Abstützen der Arme im Stehen. (Aus Göhl 2015,
ausatmen – durch den Luftrückstau entsteht mit freundlicher Genehmigung)
3.2 · Nichtmedikamentöse Therapie
93 3
entspannt und die Bauchblase hängt zwischen den
gespreizten Beinen zur Entlastung des Zwerchfells
nach unten (. Abb. 3.8).

Torwartstellung Bei ausgestreckten Armen werden


die Hände oberhalb der gespreizten Knie abgestützt.
Der Bauchblase hängt zur Entlastung des Zwerchfells
nach unten (. Abb. 3.9).

. Abb. 3.8 Kutschersitz. (Aus Göhl 2015, mit freundlicher


Genehmigung)

der Beatmungstherapie durchführen. Häufig steigt


dadurch die Belastbarkeit. Beatmungsmodus und
Parameter sollten aber bei Bedarf adaptiert werden.

z Atemerleichternde Körperstellungen
Das Ziel von atemerleichternden Körperstellungen
ist es, die Atemarbeit zu verringern und den optima-
len Einsatz des Zwerchfells und der Atemhilfsmus-
kulatur zu ermöglichen.
Kutschersitz, Torwartstellung und das Abstüt-
zen der Arme im Stehen entlasten vom Gewicht des
Schultergürtels. Der Brustkorb wird weit gestellt,
die Atemhilfsmuskeln können vorteilhaft eingesetzt
werden und es kommt zur besseren endexspiratori-
schen Positionierung des Zwerchfells. Die Einnahme
atemerleichternder Körperstellungen sollte mit Lip-
penbremse/PEP-Atmung kombiniert werden.

z Beispiele für atemerleichternde


Körperstellungen
Abstützen der Arme im Stehen . Abb. 3.7

Kutschersitz Die Ellbogen sind im Sitzen auf die . Abb. 3.9 Torwartstellung. (Aus Göhl 2015, mit
Oberschenkel abgestützt, die Schultern sind dabei freundlicher Genehmigung)
94 Kapitel 3 · Kausale und symptomatische Therapie

3.2.2 Pulmonale Entblähung

G. Iberl

Die dynamische Lungenüberblähung ist die Haupt-


ursache für chronische Atemnot bei COPD mit Lun-
3 genemphysem, sie tritt bei geringer Belastung oder
teilweise bereits in Ruhe auf.
Wenn die Atemfrequenz steigt, kann die eingeat-
mete Luft nicht mehr vollständig durch die vereng-
ten Bronchien ausgeatmet werden. Die elastischen
Rückstellkräfte sind vermindert (Begriff: „schlaffe
Lunge“), und über den Einsatz der Bauch- und
Rückenmuskeln steigt der Druck von außen auf die
instabilen Bronchien, vor allem bei forcierter Ausat-
mung. Als Folge kollabieren die Bronchien und ein
Teil der eingeatmeten Luft bleibt „gefangen“, dies
wird als dynamische Überblähung („air trapping“)
bezeichnet. Das Zwerchfell, als Hauptatemmuskel,
verliert einen Großteil seiner Funktionsfähigkeit,
da es aufgrund der Überblähung in Einatemstel-
lung (Tiefstellung) verharren muss. Da die Ateman-
strengung hoch und der Atemerfolg gering ist, ent- . Abb. 3.10 Dosierte Lippenbremse
steht durch die zerebrale Verarbeitung das komplexe
Symptom der Atemnot.
Neben der medikamentösen Therapie und
atemerleichternden Lagerungen muss der Patient ist einfach durchzuführen über die Lippenbremse
vor allem von der betreuenden Pflegekraft beruhigt ( . Abb. 3.10), über zugeschnittene Strohhalme,
werden. Wird die Ausatmung vorsichtig manuell Schlauchkonnektoren (. Abb. 3.11), über PEP-Ge-
unterstützt (z. B. Zug am oberen Brustbein nach räte mit einstellbaren Widerständen (z. B. Pari-PEP,
dorsokaudal), erleichtert und verlangsamt das die . Abb. 3.12) oder auch z. B. mit einem Flow-PEP-­
Atmung, weil weniger Arbeit bei der Ausatmung Gerät (Ez-PAP, . Abb. 3.13).
geleistet werden muss. Die Zwerchfellbeweglichkeit verbessert sich, und
Tiefe Einatmung und langsame entspannte Aus- der Patient kann wieder tiefer und leichter atmen.
atmung bedeuten für COPD-Patienten eine gerin- Atmung und Bewegung können koordiniert
gere Atemarbeit bei verbesserter Atemleistung, weil werden – eine Belastung erfolgt z. B. stets in der Aus-
der Einsatz der Ausatemmuskulatur und der äußere atmung mit Lippenbremse. Diese Art der Atemkon-
Druck auf die Bronchien reduziert werden. trolle mit bewusst langer, entspannter Ausatmung
Dieses willentliche Atemmuster, das dem hohen vermeidet eine hohe Atemfrequenz und dynamische
Atemantrieb eigentlich entgegensteht, kann von pulmonale Überblähung.
vielen Patienten gelernt werden. Vor allem unter PEP-Atmung kann zusätzlich
Von den Leitlinien für die nichtmedikamentöse vorsichtig manuell unterstützt (siehe oben) werden,
Therapie der COPD empfohlen und im Alltag unver- weil dann die Bronchien vom Gegendruck offen
zichtbar, ist für die Patienten das Prinzip des positi- gehalten werden.
ven Ausatemwiderstands (PEP, 7 Abschn. 3.2.1). Ein weiterer Effekt ist die verbesserte Sekretmo-
Die PEP-Atmung stabilisiert das Bronchialsys- bilisation, die der gesteigerten kollateralen Belüftung
tem und ermöglicht eine tiefere Ausatmung. Sie zugeschrieben wird.
3.2 · Nichtmedikamentöse Therapie
95 3

. Abb. 3.13 Ez-PAP, Smiths Medical. Flow-PEP- bzw.


Kompakt-CPAP-Gerät (Einweggerät). Der eingestellte
Flow (5–15 l Druckluft oder Sauerstoff ) generiert über
ein physikalisches Prinzip (Coanda-Effekt) zusätzlich zum
. Abb. 3.11 Beispiel für ein einfaches Hilfsmittel zur PEP- Ausatemwiderstand eine Einatemunterstützung. (Mit
Atmung: Schlauchkonnektor freundlicher Genehmigung der Firma Smith Medical)

Für die pulmonale Entblähungstherapie


mit atemtherapeutischen Hilfsmitteln
sind eingehende Schulungen und Übung
notwendig.

3.2.3 Sekretmanagement mit


. Abb. 3.12 Pari-PEP S, Pari. Der Ausatemwiderstand wird Hilfsmitteln
über variable „Lochgrößen“ eingestellt. Die Kombination mit
Druckluft-(Düsen-)verneblern ist möglich. (Mit freundlicher
Genehmigung der Firma Pari GmbH)
G. Iberl

Sekretmanagement ist in der Klinik im multiprofes-


! Cave sionellen Team eine der wichtigsten Aufgaben. Es
Die vorsichtige manuelle Unterstützung der dient der Prophylaxe und Behandlung von Atelekta-
Ausatmung ist sowohl psychisch (Hinwendung sen und Pneumonien (. Abb. 3.14, . Abb. 3.15). Vor-
und Nähe), wie auch physisch (Entlastung rangige Ziele sind, die Basistherapie zu unterstützen,
beim Ausatmen) hilfreich. Wird aber ohne Intubation und Tracheotomie zu vermeiden und die
ausreichende PEP-Atmung ein stärkerer äußerer Lebensqualität chronisch kranker Patienten durch
Druck auf den Brustkorb ausgeübt, steigt der geeignete Hilfsmittel und Schulung zu verbessern.
Druck in den Bronchien an und somit die Gefahr Zur Sekretretention kommt es, wenn durch
der Entstehung eines Pneumothorax. akute oder chronische Ursachen vermehrt zähes
96 Kapitel 3 · Kausale und symptomatische Therapie

verursachen eine inhomogene Lungenbelüftung und


häufig einen zu schwachen Hustenstoß. Schmerzbe-
dingt kommt es postoperativ zur Minderbelüftung
der Lunge, das effektive Husten wird in diesem Fall
häufig vom Patienten aktiv unterdrückt. Eine schwere
pulmonale Überblähung führt über zu geringe Ein-
3 atemkapazität zur Hustenschwäche, zusätzlich kann
eine tracheobronchiale Instabilität den Akt des Aus-
hustens behindern.
Sekret, das in den Bronchien verbleibt, erhöht
den Atemwegswiderstand und die Atemarbeit.
Werden dabei Bronchien mechanisch verlegt, führt
das zu einer Minderbelüftung des betroffenen Lun-
gengewebes. So kommt es zur Ausbildung von
Atelektasen und Hypoxämie. Infolgedessen kann
sich eine Infektion durch bakterielle Besiedelung
entwickeln.
. Abb. 3.14 Atelektase links bei Sekretverhalt im Rahmen
einer COPD (Z. n. Oberlappenektomie links). (Mit freundlicher
! Cave
Genehmigung von Prof. Dr. C.P.Heußel)
Eine Sekretverlegung der großen
Bronchien bei Abhustschwäche ist akut
lebensbedrohlich.

z Bronchiale Reinigung
Damit das Sekret abgehustet werden kann, muss es
vorab gelöst, mobilisiert und bei Bedarf aus den peri-
pheren Bronchien in die zentralen Atemwege trans-
portiert werden.
Dies ist relevant, weil auch ein ausreichend kräfti-
ger Hustenstoß das Sekret erst ab der 7/8. Generation
(von insgesamt 23 Generationen) aus den Bronchien
entfernen kann.
Für das Verständnis ist wichtig, dass die Lunge –
analog einem nassen Schwamm – an den Auflage-
flächen gut durchblutet, aber dafür vergleichsweise
geringer belüftet ist. Deshalb sind bei immobilen
Patienten atemstimulierende Einreibungen und
. Abb. 3.15 Atelektasenwiedereröffnung links nach Lagerungen zu Verbesserung der Ventilation, z. B.
umfassendem Sekretmanagement (Inhalation, Mobilisation, Seiten- und Dehnlagerungen, Unterlagerung mit
Flow-PEP-Gerät). (Mit freundlicher Genehmigung von Prof. Dr. Kissen (VATI) erforderlich.
C.P.Heußel)
z Mobilisation
Sekret gebildet wird und die mukoziliäre Clearance Die frühe und regelmäßige Mobilisation sowie all-
gestört ist, z. B. bei Bronchitis, Pneumonie, Asthma, gemeine körperliche Aktivitäten sind und bleiben
COPD, Bronchiektasie oder bei rezidivierenden die wichtigsten Maßnahmen zur Atelektasen- und
Aspirationen. Pneumonieprophylaxe, weil es durch Anstrengung
Allgemeine Schwäche aufgrund von Immo- zur vertieften Einatmung und zu beschleunigten
bilität, aber auch neuromuskuläre Erkrankungen Ausatemflüssen kommt, die das Sekret mobilisieren.
3.2 · Nichtmedikamentöse Therapie
97 3
z Allgemein Durch die zusätzliche pulmonale Entblähung bei
Zudem muss auf eine ausreichende Flüssigkeitszu- obstruktiven Erkrankungen wird die Einatmung ver-
fuhr und bei Beatmungspatienten auf eine adäquate tieft und der Hustenstoß verbessert. Einige PEP-­Geräte
Atemgasklimatisierung geachtet werden. können gleichzeitig mit Inhalationstherapie kombi-
Zur Befeuchtung der Bronchialschleimhaut dient niert werden, z. B. Pari-PEP S-System (. Abb. 3.12).
die Feuchtinhalation von Kochsalzlösung 0,9%. Die
medikamentöse Sekretolyse von viskösen (zähen) z PEP-Geräte mit Oszillation (endobronchiale
Sekreten wird vorwiegend mit hypertoner Koch- Oszillationen)
salzlösung (3–7%) durchgeführt Durch den Ausatemfluss mechanisch erzeugte Fluss-
und Druckschwankungen können zusätzlich zum
PEP-Effekt die Viskosität des Sekrets vermindern.
Apparative Hilfsmittel: Sekretolyse, Diese Oszillationen werden bei den handlichen
Sekrektmobilisation, -transport und Geräten auf unterschiedliche Weise erzeugt, u. a.
-elimination durch Schwingung einer Kugel, z. B. Flutter VRP1,
PARI O-PEP (. Abb. 3.16). Die generierten Wider-
z SMI-Trainer stände und Oszillationen sind variabel. Die Einstel-
SMI-Trainer (SMI = „sustained maximal inspira- lung erfolgt nach Atemkraft und gewünschten Atem-
tion“) dienen der aktiven maximalen Einatmung manövern. Flutter VRP1 und PARI O-PEP können
flussorientiert (z. B. Triflow) oder volumenorien- nur im Sitzen angewandt werden, Acapella oder RC-
tiert (z. B. Voldyne) zur Pneumonieprophylaxe, vor Cornet auch im Liegen. Acapella ist auch als Einweg-
allem postoperativ. gerät in zwei Ausführungen verfügbar (. Abb. 3.17).
Diese kostengünstigen Einweggeräte sind z. B. Einige oszillierende PEP-Geräte können gleichzei-
für Patienten mit Atemnot aufgrund von pulmona- tig mit Inhalationstherapie kombiniert werden, z. B.
ler Überblähung oder für Patienten mit chronischer Acapella oder RC-Cornet (. Abb. 3.18 und . Abb. 3.19).
Einatemschwäche zum Sekretmanagement nicht
geeignet. z Flow-PEP oder Kompakt-CPAP-Gerät
Ez-PAP ist ein Einweggerät. Der Ausatemwiderstand
z PEP-Geräte wird über einen Gasfluss (Sauerstoff oder Druckluft)
PEP („positive expiratory pressure“) öffnet die kol- geregelt. Zusätzliche Einatemunterstützung kommt
lateralen Luftwege ab einem Druck von ca. 10 mbar durch den angebrachten Fluss zustande, der durch
und kann dann die Belüftung hinter den durch Sekret den physikalischen Coanda-Effekt (Gas-Strömungs-
obstruierten Bereichen verbessern und das Sekret Effekt) vervierfacht wird. Es besteht ein positiver
aus der Peripherie mobilisieren. endexspiratorischer Druck (. Abb. 3.13).

. Abb. 3.16 Beispiel für ein oszillierendes PEP-Gerät: PARI O-PEP, Pari. Der Ausatemstrom bringt die in einem Trichter
befindliche Metallkugel zum Auf- und Abrollen. Die entstehenden Druckschwankungen führen zur Oszillation. (Mit freundlicher
Genehmigung der Firma Pari GmbH)
98 Kapitel 3 · Kausale und symptomatische Therapie

Anwendung
mit RC-Cornet®
RC-Cornet® Adapter
mit Mundstück

3 Vernebler
RC-Cornet®

. Abb. 3.19 Gleichzeitige Inhalation und


. Abb. 3.17 Beispiel für ein oszillierendes PEP-(Einweg-)
Atemphysiotherapie mit dem RC Cornet. (Firma R. Cegla
Gerät: Acapella, Smiths Medical. Dieses ist auch für Kinder
GmbH & Co KG, mit freundlicher Genehmigung)
und für Patienten mit geringer Atemkraft geeignet. (Mit
freundlicher Genehmigung der Firma Smiths Medical)
können periphere Sekrete lösen, mobilisieren und
in die zentralen Atemwege transportieren.
Patienten mit zähen Sekreten und vor allem auch
mit Bronchiektasen (Mukoviszidose) können von
einer HFCWO-Weste profitieren. Die Anwendung
ist einfach und therapeutenunabhängig verfügbar.
Zahlreiche Kontraindikationen (z. B. nichtsta-
bile Kopf-/Hals-/Thorax- und Wirbelsäulenverlet-
zungen, hämodynamische Instabilität, Hämoptysen,
instabile Osteoporose, bronchopleurale Fistel usw.)
müssen beachtet und die Verträglichkeit mittels
Vitalwertkontrolle überprüft werden. Die Atmung
ist während der Anwendung durch die Kompres-
sion des Brustkorbs erschwert. Beatmungspatienten
sollten während der Anwendung das Beatmungsge-
rät nutzen. Der gleichzeitige Einsatz von PEP-Gerä-
ten bei obstruktiven Patienten hat sich in der Praxis
als hilfreich erwiesen.
. Abb. 3.18 Beispiel für ein oszillierendes PEP-Gerät: RC
Cornet (R. Cegla). Oszillationen entstehen, indem ein im z IPV („intrapulmonary percussive
Inneren des gebogenen Geräts befindlicher Ventilschlauch ventilation“)
durch den Ausatemstrom zu flattern beginnt. (Firma R. Cegla
GmbH & Co KG, mit freundlicher Genehmigung) Atemtherapiegerät zur intrapulmonalen Perkussion
mit einstellbaren Impulsfrequenzen, bei teils gleich-
zeitig möglicher Inhalationstherapie und hohem Ins-
z HFCWO-Weste (transthorakale Oszillationen) pirationsfluss (bis zu 40 l/min) zur Verbesserung der
HFCWO: „high frequency chest wall oscillation“. Ein Lungenbelüftung, Sekretolyse und Sekretmobilisa-
Druckimpulsgenerator füllt eine (waschbare) Weste tion, z. B. Perkussion Alveola P4-HC, MucoStar.
mit Luft auf den eingestellten Anfülldruck, be- und IPV-Geräte gibt es sowohl für den klinischen als
entlüftet diese zirkulär mit Frequenzen zwischen 5 auch für den außerklinischen Einsatz.
und 20 Hertz (1 Hertz = 1 Schlag/s). Die meisten
Patienten wählen eine Frequenz zwischen 10 und z IPPB-Überdruckinhalationsgerät
15 Hz. Kleine Hustenstöße werden imitiert, diese IPPB: „intermittent positive pressure breathing“.
3.2 · Nichtmedikamentöse Therapie
99 3
Der intermittierende Überdruck während der
Inhalationstherapie verbessert die Lungenbelüftung
und die Deposition der Medikamente bei geschwäch-
ten Patienten. Wahlweise kann ein Exspirations-
widerstand (PEP) eingestellt werden. Der Einsatz
empfiehlt sich z. B. postoperativ nach thoraxchirur-
gischen Eingriffen, zur Atelektasenprophylaxe und
-wiedereröffnung, z. B. Aero life 2, Salvia alpha 301.
IPPB-Geräte gibt es sowohl für den klinischen als
auch für den außerklinischen Einsatz.

z Mechanische Insufflatoren/Exsufflatoren
. Abb. 3.21 Mechanischer Insufflator/Exsufflator:
Mechanische Insufflatoren/Exsufflatoren sind Turbi- Nichtinvasive Anwendung mit Maske. (Mit freundlicher
nengeräte, die sowohl positiven Druck zur Vergröße- Genehmigung der Firma Philips Respironics)
rung des Inspirationsvolumens generieren als auch
negativen Druck zur Unterstützung des Hustensto- z Auswahl der apparativen Hilfsmittel
ßes. Bei vielen der aktuellen Geräte, z. B. Mini Pegaso Viele Patienten können, mithilfe früher Mobilisa-
A Cough Perc Dima Italia (. Abb. 3.20), Cough Assist tion, adäquater Inhalationstherapie und kosten-
E70 Philips Respironics (. Abb. 3.21), können Modi günstigen PEP-Geräten ausreichend therapiert
mit Oszillationen oder Perkussionen in die Therapie werden. Eine wichtige Voraussetzung dafür ist die
integriert werden. Der Einsatz dieser Geräte ist vor Schmerzfreiheit.
allem für Patienten mit neuromuskulären Erkran- Eine manuelle exspiratorische Unterstützung
kungen und Sekretverhalt bei Hustenschwäche zur Beschleunigung des Atemflusses und der Erzeu-
geeignet. Die bulbäre Funktion spielt nichtinvasiv gung von Druck- und Flussschwankungen durch
eine große Rolle. Physio- und Atmungstherapeuten sowie geschultes
Pflegepersonal sind der Therapie förderlich. Dabei
kommen z. B. auch Thoraxkompressionen/Vibratio-
nen zum Einsatz.
Bei schwerwiegenden komplexen Störungen
müssen die im Kapitel genannten Therapieoptio-
nen evaluiert und zum Teil kombiniert werden.
Gelingt zwar der Sekrettransport in die zentralen
Atemwege, aber kein effektives Abhusten, muss der
Patient blind nasotracheal oder unter Sicht bron-
choskopisch abgesaugt werden. Bei liegender Tra-
chealkanüle gehört die endotracheale Absaugung
zum Standardmanagement für die bronchiale Rei-
nigung im Anschluss an atemphysiotherapeutische
Maßnahmen.

! Cave
Die Therapie und die Auswahl der
apparativen Hilfsmittel müssen individuell
im Hinblick auf die jeweiligen funktionellen
Probleme des Patienten und unter der
. Abb. 3.20 Mechanischer Insufflator/Exsufflator:
Beachtung der jeweiligen Kontraindi-
Mini Pegaso A Cough Perc, Dima Italia. (Mit freundlicher kationen durch ärztliche Anordnung
Genehmigung der Firma Vivisol) erfolgen.
100 Kapitel 3 · Kausale und symptomatische Therapie

Hustenschwäche und Hustenassistenz erschwert das Abhusten von Sekret. Einerseits kann die
Bei neuromuskulären Erkrankungen führt die eingeatmete Luft nicht gegen die geschlossene Stimm-
Schwäche der Inspirationsmuskulatur zu einer Min- ritze (Glottis) zum nötigen Druckaufbau gepresst
deratmung (alveolärer Hypoventilation) und zu werden, sodass der Hustenstoß schwach bleibt, ande-
einer reduzierten Dehnungsfähigkeit (Compliance) rerseits führt eine unzureichende Öffnungsfähigkeit
der Lunge und des Brustkorbs. Durch die Schwäche der Glottis zur Behinderung der Sekretelimination.
3 der Exspirationsmuskulatur kommt es zum abge- Über Hauchen und Husten gegen Widerstand und
schwächten Hustenstoß mit der Folge von Sekret- mithilfe manueller Assistenz wird der Druckaufbau
retention, Atelektasenbildung und Infektion. Der verbessert und der Ausatemfluss beschleunigt.
Hustenstoß wird dann unzureichend kräftig, wenn Auf pneumologischen Fachstationen werden
weniger als 1,5 l Luft eingeatmet werden kann und häufig Patienten mit primär neuromuskulären
der Hustenspitzenfluss (Peak Cough Flow) weniger Erkrankungen behandelt, die aufgrund einer Hus-
als 270 l/min beträgt (Normwert ≥360 l/min). tenschwäche unter rezidivierenden Pneumonien
Nicht nur bei neuromuskulären Erkrankun- leiden oder wegen beginnender ventilatorischer
gen kann es zu einem unzureichenden Hustenstoß Insuffizienz einer elektiven Beatmungstherapie zuge-
kommen. führt werden müssen.
Wenn ein Patient aufgrund von Schmerzen,
z. B. nach Rippenfraktur, Pleuritis oder der Anlage z Manuelle Hustenassistenz
einer Thoraxdrainage, den Husten zur Sekretentfer- Bei der Hustenassistenz versucht der Therapeut/Pfle-
nung aktiv unterdrückt, ist die Gabe eines adäquaten gende/Arzt/Angehörige über die manuelle Druck-
Schmerzmittels das Mittel der Wahl, um die Schon- erhöhung am Thorax und/oder Abdomen, den Aus-
atmung zu überwinden. Das ist die Voraussetzung, atemfluss zu steigern und den pleuralen Druck in der
damit die Aufforderung zum tiefen Einatmen und Auswurfphase zu erhöhen, damit das Sekret besser
der Ausführung eines kräftigen Hustenstoßes – even- eliminiert werden kann. Wichtig ist die Koordination
tuell mit therapeutischer manueller Unterstützung des externen Drucks mit der kurzen weiten Öffnung
und Stabilisation am Ort des Schmerzes – befolgt der Stimmritze (Glottis) in der Auswurfphase
werden kann. Vorab muss allerdings das Sekret aus (7 Abschn. 1.1.10).
den kleineren Bronchien in die zentralen Atemwege Wenn möglich, sollte der Patient beim Husten
mobilisiert und transportiert werden. möglichst aufrecht sitzen. Die Füße sollten auf einer
Bei tracheobronchialer Instabilität, z. B. bei festen Unterlage abgestützt werden.
schwerer COPD, kann es trotz regelrechter Muskel- Beispiele manueller Hustenassistenz:
funktion zum ineffektiven Hustenstoß und damit 55 Kompression im basalen Thoraxbereich
Sekretverhalt kommen, wenn der hohe positive 55 Kompression in den epigastrischen Winkel
äußere Druck des Hustenstoßes zum Kollaps der 55 Kaudaler Zug am Sternum (dorsal-kaudal)
instabilen Bronchien führt. Das Sekret bleibt unter- vorzugsweise im Sitzen
halb der Engstellen gefangen und kann nicht ausge-
worfen werden. Besser als ein Husten mit hohen int- ! Cave
rathorakalen Drücken ist es, zu hauchen („huffing“) Eine unsachgemäße Ausführung kann zu
oder sich zu räuspern, weil der entstehende Druck schwerwiegenden Folgen wie z. B. einer
um ein Vielfaches geringer ist als beim Husten, was Rippenfraktur führen.
die Kollapsneigung reduziert.
Alternativ kann gegen Widerstände gehustet z Apparative Hustenassistenz
oder gehaucht werden – PEP-Husten –, z. B. in die Zum Ausgleich einer Einatemschwäche können Bläh-
zum Tunnel geformte Faust, gegen die geschlossenen manöver mit einem Beatmungsbeutel, das sog. „air-
Lippen oder in eine PEP-Maske (Pari) mit dem Ziel, stacking“, durchgeführt werden. Bei Beatmungspatien-
die Atemwege offenzuhalten. ten ist das auch mittels Beatmungsgeräten möglich (z.
Auch ein fehlender oder unvollständiger Stimm- B. Ventilogic LS, Weinmann). Wenn der Hustenstoß
bandschluss bei Patienten mit Stimmbandläh- schwach bleibt, kann das Abhusten manuell unterstützt
mung (Recurrensparese) unterschiedlicher Genese werden, um den Atemfluss zu beschleunigen.
3.2 · Nichtmedikamentöse Therapie
101 3
Mechanische Insufflatoren/Exsufflatoren (z. B.
Cough Assist E70) unterstützen maschinell sowohl 55Die manuelle Hustenassistenz ist individuell
die Einatmung als auch den Hustenstoß. Der Einsatz und abhängig von der Pathophysiologie
dieser Geräte sollte zusätzlich manuell durch die Pfle- der Patienten wie z. B. bei Kyphoskoliose,
gekraft unterstützt werden. Bei chronischer Husten- Osteoporose, Metastasen, PEG-Anlage,
schwäche kann ab einem Peak Cough Flow von unter starrem Brustkorb bei Muskeldystrophie.
160 l/min ein Gerät für den dauerhaften außerklini- 55Die Anwendung sollte 5-mal Inhalation/
schen Einsatz ärztlich verordnet werden. Exhalation am Stück nicht überschreiten –
Die salopp als „Hustenmaschinen“ bezeichneten Wiederholung bei Bedarf nach kurzer Pause.
Geräte beinhalten Turbinen, die bei der Sekretentfer- 55Die Therapie muss zusammen mit dem
nung helfen. Einerseits erzeugen sie Druckluft, die Patienten erarbeitet und dann regelmäßig
in die Lunge geblasen wird zur Unterstützung der zur Sekretentfernung, Pneumonie-
Inspirationsmuskulatur – andererseits generieren sie prophylaxe und Erhaltung der Compliance
einen negativen Druck (= Sog), der die Schwäche der durchgeführt werden.
Exspirationsmuskulatur zum Teil ausgleichen kann.
Es gibt eine Anzahl von Geräten, die sich in der
Turbinenleistung wie auch den verschiedenen Ein-
stellmöglichkeiten unterscheiden. Kontraindikationen für Insufflatoren/
Exsufflatoren
55Obstruktive Erkrankungen, vor allem
Anwendung von mechanischen Insufflato- Lungenemphysem
ren/Exsufflatoren 55Pneumothorax, undrainiert
55Mechanische Insufflatoren/Exsufflatoren 55Akutes Lungenödem
können nichtinvasiv über Masken und invasiv 55Akute Lungenverletzung
über Trachealkanülen eingesetzt werden. 55Tracheoösophageale Fistel
55Die Anwendung kann im automatischen 55Kardiovaskuläre Instabilität
oder manuellen Modus erfolgen.
55Die eingesetzten positiven und negativen
Drücke sind abhängig von Erkrankung, Größe,
Gewicht und Compliance des Patienten
55Der Druck von ±40 cmH2O sollte in der 3.2.4 Mobilisation und körperliches
Regel nicht überschritten werden (mit Training
geringeren Drücken in der Eingewöh-
nungsphase bei elektiver Einstellung). O. Göhl
55Die Einstellung muss sorgfältig und mit
ärztlicher Rücksprache erfolgen. z Definitionen
55Die Exhalationszeit sollte bei invasiver Zum besseren Verständnis sind in . Tab. 3.3 wesent-
Anwendung immer länger sein als die liche Definitionen zusammengefasst.
Inhalationszeit.
55Invasive Anwendung nur unter Bereitschaft z Mobilisierung vs. Immobilität und „Bettruhe“
zum endotrachealen Absaugen. Längere körperliche Inaktivität wirkt sich auf alle
55Die Inhalations-/Exhalationszeit wird Organe des Körpers nachteilig aus („deconditio-
abhängig von der Pathophysiologie und ning“), führt zu längeren Genesungszeiten, Verän-
dem Atemmuster eingestellt. derungen der Lebensqualität, möglicherweise aber
55Die manuelle Hustenassistenz während auch zu dauerhaften Behinderungen und bei einigen
der Therapie muss gut mit der Öffnung der Indikationen zu einer ungünstigen Prognose (vgl.
Stimmritze (Zeitfenster 0,3 s) koordiniert folgende 7 Übersicht). Allgemeine Ziele der Mobi-
werden. lisation sind die Prävention und/oder Reduktion der
Effekte der Immobilisierung.
102 Kapitel 3 · Kausale und symptomatische Therapie

. Tab. 3.3 Begriffsdefinitionen Mobilisation und körperliches Training

Begriff Definition

Mobilisation Beschreibt Maßnahmen am Patienten, die passive oder aktive Bewegungsübungen


einleiten und/oder unterstützen und das Ziel haben, die Bewegungsfähigkeit zu
3 fördern und/oder zu erhalten
Lagerung Die Veränderung von Körperpositionen mit dem Ziel der Einwirkung auf schwer-
kraftbedingte Effekte
Immobilisierung Ruhigstellung von Körperteilen oder des gesamten Körpers zu Behandlungszwe-
cken oder zur Schonung („Bettruhe“)
Belastbarkeit Die höchste Belastungsstufe die erreicht werden kann,
– ohne dass pathologische Symptome oder Befunde auftreten
– ohne schwerwiegende Verschlechterung vorhandener pathologischer Befunde
Belastung Äußere Einwirkungen, die zu einer Reaktion führen: z. B. Aufstehen von der
­Bettkante
Beanspruchung Reaktion des Organismus auf die vorgegebene Belastung. Diese kann ja nach (aktuel-
ler) Situation nur eine geringe Belastung für das Herz-Kreislauf-System darstellen, aus-
geprägt sein (Risiko) oder aber auch eine maximale Belastung mit Überlastung und
Funktionsverlust (Dekompensation) einzelner Organe bedeuten.
Körperliches Training (all- Die Summe aller Maßnahmen, die zur planmäßigen Steigerung der körperlichen
gemein) Leistungsfähigkeit führen. Darin sind neben der muskulären Beanspruchung auch
die gesamte Lebens- und Ernährungsweise enthalten.
Körperliches Training (speziell) Systematische Wiederholung gezielter überschwelliger Muskelanspannungen mit
morphologischen und funktionellen Anpassungserscheinungen zum Zwecke der
Leistungssteigerung. Das Training hat das individuelle Leistungsvermögen und die
Leistungsbereitschaft zu berücksichtigen, die gemeinsam die Leistungsfähigkeit
bestimmen. Die Trainingsquantität ist durch Belastungsintensität, Belastungsdauer
und Belastungshäufigkeit gekennzeichnet.
Übung Systematische Wiederholung gezielter Bewegungsabläufe zum Zweck der Leis-
tungssteigerung ohne morphologisch fassbare Veränderungen. Damit bezieht sich
der Begriff auf eine Verbesserung der Koordination im Zusammenwirken von Ner-
vensystem und Muskulatur.
Körperliche Aktivität Jede Bewegung des Körpers, die mit einer Kontraktion der Muskulatur einhergeht und
den Energieverbrauch über den normalen Ruheenergiebedarf hinaus steigert

Folgen von Immobilität und Bettruhe 55Verdauung: eingeschränkt (Obstipation


(Auswahl) und Blähungen); Beeinträchtigung der
55Haut: Erhöhtes Risiko für Hautschädigungen Kontinenz
(Dekubitus) 55Muskulatur: Verlust von Muskelmasse und -kraft
55Herz-Kreislauf-System: Erhöhtes Risiko (Einschränkung der Activities of Daily Living
durch Entstehung von Durchblutungs- – ADL, erhöhte Sturzgefahr, bei COPD sogar
störungen und Thrombosen (veränderte Verschlechterung der Prognose). Versteifung
Hämodynamik) von Sehnen und Gelenken (Kontraktur)
55Lunge: herabgesetzte Belüftung der 55Wahrnehmung: zunehmende
Lunge, was zu Sekretstau, Atelektasen Einschränkung, Beeinflussung Körperbild,
und in der Folge zu einer Pneumonie Verstärkung der Desorientierung (kognitive
führen kann Fähigkeiten, Depression, Angst, Delir)
3.2 · Nichtmedikamentöse Therapie
103 3
Ein Beispiel: Bleiben stationäre Patienten für 4 Wochen sofort in eine Dauerbelastung (Gehen bis zum sym-
immobil, steigt das Risiko für Pflegebedürftigkeit um ptomatisch bedingten Stopp, z. B. wegen Atemnot)
das 61-Fache, bei teilweiser körperlicher Aktivität überzugehen. Es bietet sich an, über Intervalle sys-
dagegen nur um das Fünffache (Gill et al. 2004). tematisch zu steigern:

z Elemente der Mobilisation Praxistipp


Die Maßnahmen zur Mobilisation werden wie in der
folgenden 7 Übersicht eingeteilt: Gehtraining (mögliches Vorgehen auf
Normalstation)
5510 s Gehen – 50 s Pause (z. B. im Sitzen oder
Maßnahmen der Mobilisation Stehen) oder länger
1. Passiv: passive Bewegungen aller 5515 s Gehen – 4 s Pause (z. B. im Sitzen oder
Extremitäten in alle physiologischen Stehen) oder länger
Richtungen, z. B. 5520 s Gehen – 40 s Pause (z. B. im Sitzen oder
–– passives Cycling (Bettfahrrad) Stehen) oder länger
–– passive vertikale Mobilisation (Kipptisch, 5530 s Gehen – 30 s Pause (z. B. im Sitzen oder
Stehbrett) Stehen) oder länger
–– passiver Transfer in Reha-Stuhl 5545 s Gehen – 15 s Pause (Stehen) oder länger
2. Assistiert-aktiv: 55Übergang in Gehen >1 min – individuelle
–– aktive Bewegungsübungen Pause
in Rückenlage mit manueller 55Übergang in Dauermethode: zunächst bis
Unterstützung 5 min, dann 10 min, dann bis 15 min
–– selbständige Mobilisation im Bett 55Zweite „Einheit pro Tag in Eigenver-
(aufrechtes Hinsetzen, Drehen) antwortung“ mit dem Patienten vereinbaren
–– Balancetraining 55Hilfsmittel wie Taurus und Rollator je nach
–– assistiertes Cycling Bedarf anpassen und Übergang in freies
3. Aktiv: Gehen beüben
–– Sitzen an der Bettkante, Rumpfkontrolle 55Steigern auf die nächste Belastungsstufe bei
–– aktive Mobilisation in den Stand sicherer Umsetzung (Monitoring! . Tab. 3.4
–– Stehversuch, Gehübungen im Stehen
–– Gehen mit und ohne Gehhilfe
–– aktives Cycling z Indikation und Dauer
–– isotonische Bewegungsübungen mit Zur Vermeidung der oben angeführten negativen
Hilfsmittel Konsequenzen soll die Mobilisation bei allen Patien-
ten durchgeführt werden, für die keine Ausschluss-
kriterien gelten.
Die Maßnahmen sind je nach aktueller Situation Der Beginn sollte so früh wie möglich sein. Bei
nacheinander zu durchlaufen. Ab der Phase der Patienten auf Intensivstation wird sogar ein Beginn
aktiven Mobilisation bietet sich auch der Einsatz von spätestens nach 72 h (nach Aufnahme) gefordert.
z. B. Thera-Bändern oder Kleinhanteln an („Bewe- Umfang: zweimal täglich mit mindestens 20 min.
gungsübungen mit Hilfsmitteln“). Wenn der Patient
in der Lage ist, selbständig sicher in den Stand zu z Patientenbezogene Voraussetzungen/
kommen, sollte ein mehrfach tägliches wiederholtes Eignung zur Mobilisation
Aufstehen in Eigenverantwortung mit dem Patien- Je nach Indikation oder Zeitpunkt der Übernahme
ten vereinbart werden (bis zu 10-mal zusätzlich zum von der Intensivstation sollten folgende Vorausset-
Aufstehen bedingt z. B. durch Toilettengang etc.). zungen vorliegen oder geschaffen werden:
In der Praxis ist nach erfolgreichem Stehversuch 55 angepasste, score-gesteuerte (z. B. Richmond
und Gehen auf der Stelle darauf zu achten, nicht Agitation-Sedation Scale – RASS)
104 Kapitel 3 · Kausale und symptomatische Therapie

. Tab. 3.4 Monitoring bei Mobilisation (Auswahl)

Intensivstation Normalstation

Abbruch bei Abbruch bei


– Herzfrequenzanstieg >20% oder Herzfrequenz <40 – Herzfrequenzanstieg >30%
3 oder >130/min – Sauerstoffsättigung <88%a
– Sauerstoffsättigung <88% – Blutdruckabfall >20% und allgemeiner systolischer
– neu auftretenden Herzrhythmusstörungen ­Blutdruck >100 mmHG
– systolischem Blutdruck >180 mmHg oder mittlerem
Blutdruck <65 mmHg oder >110 mmHg
Wenn sich unter laufender Mobilisierung eine kardiopulmonale Instabilität entwickelt, soll die Übungseinheit bis zur
Stabilisierung unterbrochen oder in adaptiertem Maße durchgeführt werden

a Hinweis für ausreichend stabile Patienten auf Normalstation: Bei chronischer respiratorischer Insuffizienz sind

Entsättigungen teilweise nicht vermeidbar und können nach ärztlicher Rücksprache unter engmaschiger Kontrolle
toleriert werden. Anpassung der Sauerstoffgabe und Mobilisation unter NIV können unterstützen.

Symptomkontrolle von Schmerz, Angst, Beispiel


Agitation und Delir entsprechend Größe: 1,70 m, Gewicht: 75 kg
55 ausreichende respiratorische und kardiovas- BMI: 75/1,70²=25,9
kuläre Reserve.
55 Untergewicht: BMI ≤18,5 kg/m2
Neben klaren medizinischen Diagnosen und Befun- 55 Normalgewicht: BMI 18,5–25 kg/m2
den (Ausschlusskriterien wie erhöhtem intrakraniel- 55 Adipositas: BMI ≥30 kg/m2
lem Druck, aktiver Blutung, akuter myokardialer
Ischämie oder agitiertem Delir) ist die Voraussetzung Untergewicht kann die Häufigkeit von Infekten stei-
zur Mobilisation symptomadaptiert zu evaluieren gern und bewirkt Atemnot, da Muskelmasse als
und die Entscheidung zur Durchführung im Einzel- Energiespeicher verloren geht.
fall unter Berücksichtigung von Nutzen und Risiko Übergewicht senkt die Belastbarkeit und ver-
abzuwägen. Motivation und psychische Grundstim- stärkt Atemnot durch erhöhte Atemarbeit und tho-
mung spielen ebenfalls eine wichtige Rolle. rakale Restriktion → restriktive Ventilationsstörung.
Die Wahrnehmung von Ernährungsproblemen
ist eine wichtige pflegerische Tätigkeit der Kranken-
3.2.5 Ernährung beobachtung. Die Hintergründe von Ernährungs-
problemen sind vielfältig, eine Ernährungsberatung
G. Iberl ist daher bei Defiziten sinnvoll.
Beispiele für Ernährungsdefizite bei pneumolo-
Eine ausgewogene und ausreichende Ernährung hat gischen Patenten:
einen hohen Stellenwert bei der Betreuung pulmo- 55 Mukoviszidose: Resorptionsstörungen,
nal eingeschränkter Menschen. In der Pneumologie erhöhter Energiebedarf bei chronischer
werden sowohl sehr untergewichtige (pulmonale Entzündung
Kachexie), als auch sehr stark übergewichtige (Obe- 55 COPD/Emphysem: Dyspnoe beim Essen,
sitas) Patienten betreut. Eine objektive Einschätzung erhöhter Energiebedarf bei chronischer
des Ernährungszustands gelingt mit der Bestimmung Entzündung
des BMI: 55 Neuromuskuläre Erkrankungen, z. B. ALS:
Body-Mass-Index (BMI) = Gewicht (kg)/Kör- schwache Kaumuskulatur, gestörter Schluckakt,
pergröße (m)² häufige Aspirationen
3.2 · Nichtmedikamentöse Therapie
105 3
55 Tumorerkrankungen: Übelkeit unter Therapie Atemarbeit und die Therapie mit Medikamenten,
oder paraneoplastisch, Fatigue die das vegetative Nervensystem aktivieren, z. B.
55 Einfluss von Medikamenten: Antibiotika, β-Sympathomimetika.
Anticholinergika, ACE-Hemmer, Analgetika Gleichzeitig werden oft unzureichend Nähr-
und Psychopharmaka können Appetitverlust, stoffe (Kohlenhydrate, Proteine, Lipide, Vitamine)
gestörtes Geschmacksempfinden, Mundtro- aufgenommen, dadurch wird zuerst die in Form
ckenheit, Übelkeit und Schläfrigkeit bedingen von Glykogen gespeicherte Energie in Leber, Niere
und Muskeln innerhalb eines Tages aufgebraucht.
z Grundlagen Durch den Abbau von Muskelmasse können Keton-
Der Grundumsatz bezeichnet die Menge an Energie, körper, Ammoniak und Harnsäurewerte im Blutse-
die der menschliche Körper pro Tag bei völliger Ruhe rum ansteigen.
(bei 20–28°C und mit leerem Magen) zur Aufrecht- Durch eine Dysbalance der Energiezufuhr und
erhaltung seiner Körpertemperatur und des Grund- des Verbrauchs entstehen Umbauprozesse des kör-
stoffwechsels benötigt. Dieser beträgt grob 1200– pereigenen Gewebes mit Abbau von Fettgewebe,
1800 kcal/Tag und entspricht etwa 60–75% des aber auch Muskulatur (Sarkopenie) und Organpa-
täglichen Kalorienverbrauchs. renchym. Es kommt zur körperlichen Auszehrung
Eine präzise Bestimmung des Grundumsatzes → Kachexie.
ist sehr schwierig zu ermitteln und erfordert strenge Auch Erkrankungen wie Delir, schwere Trau-
Abschirmung des wachen Patienten von stimulieren- mata, Sepsis und Decubiti bedingen einen höheren
den Einflüssen. Abschätzend kann der Grundum- Energieumsatz.
satz z. B. durch die Harris-Benedict-Formel ermittelt
werden. Hierbei werden Alter, Geschlecht, Kör- z Ziele der Ernährungsberatung bei
peroberfläche und Körpergewicht (Muskelmasse) pulmonaler Kachexie
berücksichtigt. Ziel ist das Aufhalten bzw. die Prophylaxe von
Die meiste Energie in Ruhe benötigen Skelett- Gewichtsverlust und Sicherung einer ausreichenden
muskeln und Leber mit jeweils ca. 26%, Gehirn 18%, Energiezufuhr durch das Erkennen und Besprechen
Herz 9%, Nieren 7%, Rest 14%. von Ernährungsproblemen.
Muskelgewebe hat einen intensiveren Stoffwech- Angeboten werden Beratung zu:
sel als Fettgewebe. Aus diesem Grund haben Männer 55 Vor- und Nachteilen verschiedener
und Menschen mit größerer Muskelmasse einen Lebensmittel,
höheren Grundumsatz. Die Muskelmasse nimmt 55 speziellen Diäten (z. B.Diabetes mellitus,
mit zunehmendem Alter ab und der Stoffwechsel Laktoseunverträglichkeit),
wird langsamer. Deshalb sinkt der Grundumsatz bei 55 angepassten Kostformen (z. B. weich, passiert),
älteren Menschen. 55 Möglichkeiten der Zusatznahrung, Trink-
Auch die Körpertemperatur beeinflusst den nahrung und Nahrungsergänzungsmitteln
Grundumsatz: Fieber oder starke Wärmedämmung (z. B.Vitamine).
durch Kleidung steigern den Grundumsatz.
Im Gegensatz dazu ist der Leistungsumsatz die z Parenterale und enterale Ernährung
Energie, die bei körperlicher Aktivität (z. B. Bewe- Wenn sich Patienten – und das gilt ebenso für
gung, aber auch endokrinologische oder entzünd- adipöse Patienten – nicht innerhalb von 3 Tagen
liche Prozesse) zusätzlich benötigt wird. ausreichend mit normaler Kost ernähren können,
Der Energieumsatz ist die Summe aus Grund- muss eine ergänzende oder vollständige enterale
und Leistungsumsatz. (Magensonde) oder parenterale Ernährungsthera-
Viele schwere Krankheiten gehen mit genera- pie begonnen werden.
lisierten Entzündungsprozessen einher, wie z. B.
COPD mit Lungenemphysem, Mukoviszidose und > Bei unzureichender Nahrungsaufnahme
auch Tumorerkrankungen. Dazu kommt häufig unbedingt auch auf die Zeichen einer
ein erhöhter Energiebedarf durch erschwerte Schluckstörung achten!
106 Kapitel 3 · Kausale und symptomatische Therapie

3.3 Interventionelle Therapie Therapieoption bei Patienten mit einem fortgeschrit-


tenen Emphysem etabliert. Derzeit stehen drei unter-
3.3.1 Endoskopische schiedliche Techniken der endoskopischen Lungen-
Lungenvolumenreduktion volumenreduktion zur Verfügung, die sich in ihrer
(ELVR) Indikation, ihrem Wirkungsmechanismus und ihren
Komplikationen unterscheiden:
3 D. Gompelmann 55 endoskopische Ventilimplantation
55 endoskopische Coil-Implantation
Die chronisch obstruktive Lungenerkrankung 55 bronchoskopische Thermoablation
(COPD) ist eine der häufigsten pneumologischen
Krankheitsbilder, welches mit einer sehr hohen Mor- Die endoskopische Ventilimplantation stellt die
bidität und Mortalität assoziiert ist. Sie ist zum einen blockierende ELVR-Technik dar, während die Coil-
durch eine Atemflusslimitierung gekennzeichnet, Implantation und die bronchoskopische Thermo-
die aus einer Bronchokonstriktion, einem Remode- ablation zu den nichtblockierenden Techniken
ling der Bronchien sowie durch eine Instabilität der zusammengefasst werden.
Atemwege resultiert. Zum anderen kann es durch eine
irreversible Destruktion der Alveolarwände zu einer
emphysematösen Umwandlung des Lungenparen- Endoskopische Ventilimplantation
chyms kommen. Diese pathophysiologischen Mecha- Die im Jahr 2003 erstmals erfolgte endoskopische
nismen führen schließlich zu einer Lungenüberblä- Ventilimplantation ist die älteste und daher auch
hung, die in der Spirometrie durch eine Erhöhung des am besten studierte Methode der endoskopischen
Residualvolumens (RV) nachgewiesen werden kann. Lungenvolumenreduktion (Toma et al. 2003; Snell
Die wichtigsten Therapiesäulen der COPD et al. 2003). Bei diesem blockierenden Verfahren
sind neben dem Einstellen des Tabakkonsums eine werden Ein-Weg-Ventile in die Atemwege des am
physiotherapeutische sowie eine medikamentöse meisten von dem Emphysem betroffenen Lungen-
Behandlung. Darüber hinaus ist bei einem respi- lappen endoskopisch implantiert (. Abb. 3.22). Beim
ratorischen Versagen eine Langzeitsauerstoffthera- Ausatmen ermöglichen diese Ventile ein Entwei-
pie und bei einem ventilatorischen Versagen eine chen der Luft aus dem überblähten Lungenlappen,
nichtinvasive Beatmung indiziert. Als chirurgi- während beim Einatmen ein Lufteinstrom verhin-
sche Maßnahme ist zudem die Lungentransplanta- dert wird. Dadurch nimmt das lobäre Lungenvo-
tion zu nennen, die jedoch nur bei einem geringen lumen und somit die Lungenüberblähung ab. Das
Anteil der COPD-Patienten in Betracht kommt. Eine maximale Ergebnis der Ventiltherapie ist bei Auf-
weitere chirurgische Therapieoption ist die Lungen- treten einer vollständigen lobären Atelektase (kolla-
volumenreduktionschirurgie, bei der das emphyse- bierter Lungenlappen) erreicht. Es stehen zwei unter-
matös veränderte Gewebe reseziert wird. Dadurch schiedliche Ventile zur Verfügung, die sich jedoch
kann eine Reduktion der Lungenüberblähung erzielt nur in ihrer Form, nicht in ihrem Funktionsprinzip
werden, welches zur optimierten Atemmechanik und unterscheiden.
dadurch zur Verbesserung der Lungenfunktion und Vor einer Ventilimplantation erfolgt neben einer
der körperlichen Belastbarkeit führt. Allerdings ist umfassenden lungenfunktionellen Diagnostik eine
die chirurgische Lungenvolumenreduktion mit einer bildgebende Diagnostik, um den am meisten emp-
hohen Mortalität assoziiert (Fishman et al. 2003), hysematös veränderten Lungenlappen – den Ziellun-
sodass die endoskopische Lungenvolumenreduktion genlappen –, in den die Ventile implantiert werden
(ELVR) als alternatives, minimalinvasives Verfahren sollen, zu identifizieren. Dabei ist die interlobäre
entwickelt wurde, mit der ebenfalls eine Minimie- Fissur, die die Abgrenzung zwischen den einzelnen
rung der Lungenüberblähung, jedoch mit geringerer Lungenlappen bildet, ein Surrogat für die interlo-
Mortalität erreicht wird. bäre Kollateralventilation (Kurzschlussbelüftung).
In den vergangenen Jahren hat sich die endo- Ist die interlobäre Fissur inkomplett, d. h., die Lun-
skopische Lungenvolumenreduktion als weitere genlappen sind miteinander verwachsen, wird eine
3.3 · Interventionelle Therapie
107 3
ist sie mit Risiken und Komplikationen assoziiert.
Die häufigste Komplikation ist der Pneumothorax,
der in ca. 18–25% der Fälle nach einer Ventilimplan-
tation auftritt (Gompelmann et al. 2014). Da der
Pneumothorax in 79% in den ersten 3 Tagen nach der
Ventilimplantation auftritt, ist eine stationäre Über-
wachung der Patienten für 48–72 h nach der Ventil-
implantation erforderlich (Herzog et al. 2015).

Endoskopische Coil-Implantation
Die endoskopische Implantation von Lungenvolu-
menreduktions-Coils (Metallspiralen, LVRC, „lung
volume reduction coil“; PneumRx, Mountain View,
CA) ist eine nichtblockierende Technik der endosko-
pischen Lungenvolumenreduktion. Bei diesem teil-
irreversiblen Verfahren werden ca. 10 Coils in den
. Abb. 3.22 Endobronchiale Ventile im linken Oberlappen. am meisten emphysematös zerstörten Lungenlap-
(Mit freundlicher Genehmigung von D. Gompelmann) pen implantiert. Durch die spiralenförmige Gestalt
der Coils wird das Lungengewebe komprimiert und
Ventiltherapie erfolglos bleiben, da der Ziellun- somit eine Verbesserung der elastischen Rückstell-
genlappen durch die über diese Parenchymbrücke kräfte der Lunge erreicht. Es wird dabei eine beid-
bestehende Kollateralventilation wiederbelüftet wird seitige Behandlung zweier Lungenlappen in einem
und die erwünschte Volumenabnahme ausbleibt. zweizeitigen Verfahren angestrebt.
Nur Patienten mit einer kompletten Fissur, d. h. einer Die Auswahl des Ziellungenlappens erfolgt dabei
geringen bzw. fehlenden Kollateralventilation zwi- nach dem gleichen Prinzip wie bei der Ventiltherapie.
schen den Lungenlappen, werden von einer Ventil- Allerdings muss bei der Coil-Implantation berück-
therapie profitieren (Klooster et al. 2015). sichtigt werden, dass im Thorax-CT noch ausrei-
Die Ventile werden bronchoskopisch mithilfe chend Lungengewebe und keine bullösen Verände-
eines speziellen Katheters in die Atemwege dieses rungen im Ziellungenlappen nachgewiesen sind, da
Lungenlappens implantiert. Je nach Durchmesser ansonsten eine Coil-Implantation kaum erfolgver-
der Atemwege stehen unterschiedliche Größen der sprechend ist.
Ventile zur Verfügung. Essenziell für ein Gelingen Die Coils, die in drei unterschiedlichen Längen
der Ventiltherapie ist dabei ein kompletter Verschluss verfügbar sind, werden mittels eines speziellen
des Ziellungenlappens. Kathetersystems bronchoskopisch unter Durch-
Mittlerweile konnte in mehreren kontrolliert leuchtung in die Atemwege implantiert. Dabei wird
randomisierten Studien gezeigt werden, dass die zunächst die Länge des Atemwegs mittels eines
Ventiltherapie zu einer statistisch signifikanten und weichen Führungsdrahts, der mit röntgenologisch
klinisch relevanten Verbesserung der Lungenfunk- sichtbaren Markern versehen ist, ausgemessen und
tion, der Belastbarkeit, der Dyspnoe-Scores und des eine entsprechende Coil-Länge gewählt. Dann wird
Lebensqualitätsfragebogens führt, sofern der Patient das Coil in einem geraden Zustand über den Katheter
keine Kollateralventilation aufweist und die Ventil- mittels einer Zange in den Atemweg vorgeschoben.
implantation zur kompletten Okklusion des Ziellun- Durch Rückzug des Katheters wird das Coil freige-
genlappens führt. Insbesondere Patienten, die eine setzt, welches beim Freisetzen seine spiralenförmige
komplette Atelektase des Ziellungenlappens entwi- Gestalt annimmt. Es ist möglich, einzelne Coils im
ckeln, profitieren von diesem Verfahren (Sciurba Intervall wieder zu explantieren, welches sich jedoch
et al. 2010). Auch wenn die endoskopische Ventilim- meist schwierig gestaltet (Hetzel et al. 2013). Eine
plantation ein minimalinvasives Verfahren darstellt, Explantation aller 10 Coils ist jedoch kaum möglich,
108 Kapitel 3 · Kausale und symptomatische Therapie

sodass dieses Verfahren als teil-irreversibel anzuse- Komplikationen sind vor allem COPD-Exazerbatio-
hen ist. nen und entzündliche Komplikationen zu nennen.
Bislang gibt es einarmige sowie zwei randomi- Letztere sind dadurch zu erklären, dass bei diesem
sierte kontrollierte Studien – RESET (Shah et al. Verfahren durch die Applikation des heißen Wasser-
2013) und REVOLENS (Deslee et al. 2016). Hier dampfs eine Entzündungsreaktion induziert wird.
konnte gezeigt werden, dass die Coil-Therapie zu Je nach Ausprägung dieser Inflammation, kann es
3 einer Verbesserung der Lungenfunktion, der Belast- innerhalb der ersten 2–4 Wochen zu einer Symp-
barkeit, der Dyspnoe-Scores und des Lebensquali- tomatik mit Dyspnoe, Fieber, Husten und Thorax-
tätsfragebogens führt. Als Komplikationen der Coil- schmerzen kommen. Da eine Entzündungsreaktion
Implantation sind vor allem COPD-Exazerbationen, für eine erfolgreiche Behandlung eine Voraussetzung
Pneumonien und Hämoptysen zu nennen. ist, konnte beobachtet werden, dass die Patienten, die
eine solche symptomatische Entzündungsreaktion
aufweisen, deutlicher von dem Verfahren profitie-
Bronchoskopische Thermoablation ren (Gompelmann et al. 2013). Dennoch handelt es
Die bronchoskopische Thermoablation (BTVA; sich um eine Komplikation, die eine engmaschige
Uptake Medical Corporation, Seattle, WA) zählt Kontrolle dieser Patienten und eine präzise Benefit-
zu den nichtblockierenden ELVR-Techniken. Bei Risiko-Abschätzung unter Beachtung der Ein- und
diesem Verfahren wird 75°C heißer Wasserdampf in Ausschlusskriterien vor jeder Behandlung bedarf.
die am meisten emphysematös veränderten Lungen-
segmente appliziert, wodurch eine Entzündungsre-
aktion verursacht wird. Dadurch kommt es schließ- 3.3.2 Therapeutische Bronchoskopie
lich zu einer Fibrosierung und Narbenbildung,
welches zur gewünschten Volumenreduktion führt. D. Gompelmann
Dieses irreversible Verfahren, welches bislang nur bei
Patienten mit einem oberlappenbetonten Emphysem Die Bronchoskopie hat nicht nur einen hohen Stel-
durchgeführt wurde, ist derzeit die einzige ELVR- lenwert in der Diagnostik vieler pneumologischer
Technik, die eine segmentale Behandlung ermög- Krankheitsbildern, sondern stellt auch ein wichti-
licht und bei der kein Fremdmaterial in der Lunge ges therapeutisches Instrumentarium dar.
verbleibt. So bietet die Bronchoskopie beispielsweise bei
Zur Planung der BTVA werden die zu behan- Fremdkörperaspirationen, zentralen Atemwegsste-
delnden Segmente auf der Basis der Thorax-CT nosen, tracheoösophagealen Fisteln oder lebensbe-
mithilfe eines Softwareprogramms eruiert und drohlichen Hämoptysen therapeutische Optionen.
die Dampfdosis in Anbetracht der Dichte und des Auch bei der COPD oder dem unkontrollierten
Volumens des zu behandelnden Lungenreals festge- Asthma bronchiale stehen mittlerweile endoskopi-
legt. Die Durchführung der BTVA erfolgt schließ- sche Therapieoptionen zur Verfügung.
lich mittels eines speziellen Katheters, der über den
Arbeitskanal eines Standardbronchoskops in das ent-
sprechende Segment oder Subsegment eingeführt Hämoptysen
wird. Ein an der Spitze des Katheters sich befinden- Eine häufige Indikation zur therapeutischen Bron-
der Ballon wird anschließend mit Luft gefüllt und choskopie sind Hämoptysen, die oft durch maligne
somit das zu behandelnde Areal isoliert. Schließlich Tumoren oder entzündliche Erkrankungen bedingt
wird der heiße Wasserdampf über 3–10 s appliziert. sind. Neben dem Finden der Blutungsursache und
Nach Beendigung kann ein weiteres Segment in glei- -quelle gibt es unterschiedliche Methoden zur endo-
cher Weise behandelt werden. skopischen Blutungsstillung (Sakr et al. 2010). Die
In einer randomisiert klinischen Studie (Herth Applikation von gekühlter isotonischer Kochsalzlö-
et al. 2016) konnte gezeigt werden, dass eine bila- sung, vasokonstriktiven Medikamenten, Fibrin oder
terale BTVA zur Verbesserung der Lungenfunk- unterschiedliche Formen der Tamponade stellen
tion und der Lebensqualitätsfragebögen führt. Als Optionen bei peripheren Blutungen dar, bei denen
3.3 · Interventionelle Therapie
109 3
Gewebevermehrung kann eine schnelle Rekanali-
sation mittels Zangen oder Kryosonden erfolgen.
Auch der Einsatz der Elektrokoagulation, APC oder
Lasertherapie ermöglichen eine rasche Wieder-
eröffnung der Atemwege. Durch die Implantation
von Atemwegsstents kann zudem nach erfolgter
Rekanalisation eine dauerhafte Schienung der ein-
geengten Atemwege erfolgen (Freitag et al. 2010).
Die Stentimplantation ist außerdem eine Thera-
pieoption bei Stenosen, die durch eine extralumi-
nale Kompression bedingt sind. Allerdings sind die
Atemwegsstents häufig mit Komplikationen, wie
beispielsweise einem Sekretverhalt, Granulations-
bildung oder Stentdislokationen, assoziiert, sodass
die Indikation zur Stentimplantation streng gestellt
werden sollte. Bei malignen zentralen Atemwegsste-
nosen kann darüber hinaus die Option einer endo-
. Abb. 3.23 Exophytischer Tumor im linken luminalen Brachytherapie oder der photodynami-
Hauptbronchus als Ursache für Hämoptysen. (Mit freundlicher schen Therapie evaluiert werden, durch die ein lang
Genehmigung von D. Gompelmann) andauernder Effekt erreicht werden kann (Michai-
lidou et al. 2010). Allerdings ist ihr Effekt erst nach
die Blutungsquelle nicht im endoskopisch einseh- einer Latenz zu erwarten, sodass weder die Brachy-
baren Bereich liegt. Ist hingegen die Blutungsquelle therapie noch die photodynamische Therapie bei
endoskopisch sichtbar, kann, insbesondere bei tumo- lebensbedrohlichen malignen Atemwegsstenosen
rösen Schleimhautveränderungen (. Abb. 3.23), eine in Betracht kommt.
Blutstillung mittels Argon-Plasma-Koagulation
(APC) oder Lasertherapie erfolgen.
Tracheoösophageale Fistel
Eine weitere Indikation für eine Bronchoskopie
Zentrale Atemwegsstenosen stellen tracheoösophageale Fisteln dar, die häufig
Eine weitere Indikation für eine therapeutische Bron- durch Ösophaguskarzinome und Bronchialkarzi-
choskopie stellen zentrale Atemwegsstenosen dar. Bei nome bedingt sind. Durch eine Stentimplantation
diesen kommt es zur Einengung der Trachea und/ in die Trachea und/oder Ösophagus kann die Fistel
oder der beiden Hauptbronchien, was zu Dyspnoe gedeckt und somit eine orale Nahrungsaufnahme
und Husten führt. Die Symptome entstehen meist wieder ermöglicht werden (Freitag et al 2010).
rasch und stellen mit zunehmender Verlegung der
Atemwege häufig eine akute lebensbedrohliche Situ-
ation dar, die eine schnelle Intervention erfordern. Lungenemphysem
Zentrale Atemwegsstenosen sind überwiegend Mittlerweile gibt es unterschiedliche bronchoskopi-
durch Lungenkarzinome, aber auch andere maligne sche Techniken zur Behandlung der Lungenüber-
Tumoren bedingt. Als Ursachen für benigne Atem- blähung bei Patienten mit einem fortgeschrittenen
wegsstenosen sind unter anderem narbige Verände- Lungenemphysem. Dabei stellt die endoskopische
rungen, beispielsweise nach Tracheotomie, die Amy- Lungenvolumenreduktion (ELVR) eine minimal-
loidose oder die Papillomatose zu nennen. invasive Methode dar, mit der eine Reduktion der
Im Allgemeinen können Atemwegsstenosen Lungenüberblähung und somit eine Optimierung
durch eine endoluminale Gewebevermehrung oder der Atemmechanik erzielt wird (Gompelmann
durch Kompression von außen verursacht sein et al. 2014). Zu ELVR-Verfahren verweisen wir auf
(Seijo und Sterman 2001). Bei einer endoluminalen 7 Abschn. 3.3.1.
110 Kapitel 3 · Kausale und symptomatische Therapie

Asthma bronchiale 55 Drainage (>24 CH)


Bei einem unkontrollierten Asthma bronchiale trotz 55 Evtl. Trokar
medikamentöser Einstellung kann durch die endos- 55 Sterile Kompressen
kopische Thermoplastie eine Reduktion der Exazer- 55 Pflaster/Folie
bationsrate erreicht werden (Kaukel et al. 2014). 55 Nahtmaterial Tabaksbeutelnaht
Bei diesem Verfahren erfolgt mittels eines speziel- 55 Flaschensysteme
3 len Katheters eine Radiofrequenzablation aller ein- 55 Pulsoxymeter
sehbarer Bronchien. Dadurch wird eine Reduktion
der Atemwegsmuskulatur, die für die Bronchokons- Nach Desinfektion und Anästhesie wird ein 2–3 cm
triktion bei den asthmatischen Beschwerden verant- langer Hautschnitt durchgeführt, anschließend der
wortlich ist, erreicht. Weg durch den Interkostalraum und der Pleura
parietalis mit dem Finger stumpf gebahnt.
Im Anschluss wird eine Thoraxdrainage an ein
3.3.3 Chirurgische Therapien Wasserschlosssystem mit oder ohne Saugsystem
angeschlossen.
J. Op den Winkel Als besondere Drainage ist ein sog. PleurX-System
zu nennen. Dies ist eine subkutan getunnelt implan-
Chirurgische Therapieverfahren umfassen kurative tierte Drainage, die langfristig angelegt wird zur Ent-
oder palliative Maßnahmen zur Behandlung von lastung stark rezidivierender Ergüsse (z. B. maligner
Tumorerkrankungen (gut- und bösartig), Pleura- Ursache). Hiermit können Patienten im häuslichen
ergüssen oder auch eines Pneumothorax. Umfeld durch Ergussregulierung eigenständig Symp-
Häufige Eingriffe sind: tome wie Luftnot oder Schmerzen bekämpfen – ohne
55 Anlage von Thoraxdrainagen häufige Krankenhausaufenthalte oder Punktionen.
55 Videothorakoskopie (VATS)
55 Thorakotomie
55 Sternotomie Videothorakoskopie (VATS)
Die VATS zählt ebenfalls den minimalinvasiven Ver-
fahren. Die Vorgehensweise und der diagnostische
Thoraxdrainagen Einsatz sind in 7 Abschn. 1.3.4 beschrieben.
Thoraxdrainagen werden in dem Hohlraum zwi- Therapeutisch lassen sich Tumoren in kurativer
schen Pleura visceralis und parietalis platziert und Absicht vollständig resezieren, Pleura- und Perikard-
werden benötigt zur Ableitung von Flüssigkeiten ergüsse sowie Empyeme entlasten, Verklebungen der
(postoperativ, exsudative oder transsudative Pleu- beiden Pleurablätter zur Ergussprophylaxe induzie-
raergüsse, Eiter, Blut, Lymphe) oder Luft (Pneumo- ren und Brustkorbdeformitäten korrigieren. Somit
thorax). Je nach Indikation erfolgt dies elektiv in wird dieses OP-Verfahren sowohl in diagnostischer
einem Operationssaal, im Falle eines akuten Pneu- als auch in therapeutischer Absicht angewandt.
mothorax mit Anhalt eines Spannungspneumotho- Vorteilhaft im Vergleich zu offenen OP-Verfah-
rax besteht jedoch eine lebensbedrohliche Notfallin- ren ist die VATS, aus verschiedenen Gründen:
dikation, sodass die Drainagenanlage sofort auch auf 55 kleinere Hautschnitte → kosmetisch besser
Station durchgeführt wird. Es gibt zwei Zugangsar- 55 fehlende Rippenspreizung mit geringeren
ten: nach Monaldi (2.–3. Interkostalraum mediokla- postoperativen und chronischen Schmerzen
vikulär) oder Bülau (3.–5. Interkostalraum vordere 55 verkürzter Krankenhausaufenthalt
bis hintere Axilliarlinie, je nach Flüssigkeitsmenge).
Hierzu wird vom Pflegepersonal benötigt: Bei thorakoskopisch nicht beherrschbaren Kom-
55 Lokalanästhesie plikationen oder schweren pleuralen Verwachsun-
55 Steriles Tuch gen ist eine Konversion zur Thorakotomie möglich.
55 Sterile Handschuhe Über diese Notwendigkeit wird der Patient präope-
55 Skalpelle rativ immer aufgeklärt.
3.3 · Interventionelle Therapie
111 3
Je nach erfolgter Operation werden am Ende der Anwendung findet, wird das Brustbein in Längs-
Operation 1–2 Thoraxdrainagen eingebracht, welche richtung mittig und je nach Erfordernis partiell oder
Wundflüssigkeit und Luft ableiten und den intraope- vollständig durchtrennt. Nach Aufspreizen beider
rativ angelegten Pneumothorax aufheben. Sternumhälften kann der darunterliegende Raum
exploriert werden. Indikationen sind u. a. Resektio-
nen von retrosternalen Strumen und Mediastinaltu-
Thorakotomie moren, aortokoronare Bypässe, Eingriffe am offenen
In diesem „offenen“ und therapeutisch angewand- Herzen oder Herztransplantationen. Durch Draht-
ten OP-Verfahren wird der Patient analog zur VATS schlingen, welche im Normalfall lebenslang in situ
gelagert. Es handelt sich um ein thoraxchirurgi- verbleiben, wird das Brustbein am Ende der Opera-
sches Standardverfahren, insbesondere in der Lun- tion wieder verschlossen. Vorteile gegenüber Tho-
genchirurgie. Die Brustkorberöffnung wird durch rakotomie und VATS liegen in der guten Darstell-
einen Schnitt, meist im 4. oder 5. Interkostalraum, barkeit des vorderen Mediastinums sowie beider
erreicht. Dieser Eingriff wird in Einlungenventila- Thorax- bzw. Pleurahöhlen. Zu den häufigsten Kom-
tion durchgeführt. Der Zugang erlaubt ein vollstän- plikationen zählen Sternumosteomyelitis, Sternum-
diges Einsehen des Situs mit optimalem Abstand zu instabilität und Mediastinitis.
Apex und Zwerchfell mit bestmöglicher Darstellung
der Hilusstrukturen.
Finden sich Lungentumoren, können diese in 3.3.4 Lungentransplantation
Abhängigkeit von Histologie, Ausdehnung und
onkologischem Konzept mittels Keilresektion, ana- M. Schellenberg
tomischer Segmentresektionen, Lobektomie, Bilob-
ektomie, Pneumonektomie oder Manschettenre- Die Durchführung einer Lungentransplantation
sektionen entfernt werden. Sofern möglich, ist ein (LuTx) ist die letzte Therapieoption nach Ausschöp-
ausreichender Sicherheitsabstand einzuhalten, damit fung aller konservativen Therapiemaßnahmen bei
Tumorgewebe vollständig entfernt wird. Komplet- fortgeschrittenen Lungenerkrankungen. Der Ein-
tiert werden die Eingriffe durch eine systematische griff selbst ist mit hohem Mortalitätsrisiko (90-Tage-
Lymphknotendissektion. Auch Lungentransplan- Mortalität 10%, Yusen et al. 2013) behaftet, auch ist
tationen, Mediastinaltumorentfernungen, Zwerch- das postoperative Leben mit einem Spenderorgan
fellraffungen und -resektionen oder Eingriffe an den geprägt von zahlreichen Komplikationen, sodass
großen Gefäßen, der Trachea und am Herzen, inklu- stets eine Nutzen-Risiko-Abwägung des einzelnen
sive Klappenersatzverfahren, sind über eine Thora- Falls entschieden werden muss. Je nach Erkrankung
kotomie durchführbar. kann eine Lungentransplantation zur Verbesserung
Am Ende der Operation werden ebenfalls 1–2 der Lebensqualität (z. B. bei COPD) oder zusätzlich
Thoraxdrainagen eingebracht. Zudem ist auf einen der Lebenserwartung (Mukoviszidose, Lungenfib-
suffizienten Wundverschluss zu achten, um Brust- rose) beitragen (Kugler et al. 2013; Singer et al. 2013).
wand- und Lungenhernien zu vermeiden. Vorteile Die Zahl der transplantierten Lungen ist in den
gegenüber der VATS liegen u. a. in der Option, das letzten Jahren rückläufig, was auf die sinkende Spen-
Lungengewebe manuell durchtasten sowie zentrale derbereitschaft zurückzuführen ist. Während 2013
und größenmäßig fortgeschrittene Tumoren mit noch 371 Organe transplantiert wurden, lag die
Infiltration benachbarter Organe oder Knochen rese- Anzahl 2015 bei 295 (Deutsche Stiftung Organtrans-
zieren zu können. plantation 2015, vorläufig) – etwa jeder 6. Patient
stirbt auf der Warteliste zur Lungentransplantation
(Eurotransplant 2012).
Sternotomie Die Entscheidung, wann ein Patient zu einer
Bei diesem ebenfalls offenen Standardverfahren, Lungentransplantationslistung vorgestellt werden
welches in Rückenlagerung und Intubationsnar- soll, richtet sich nach Indikationskriterien der jewei-
kose erfolgt und mehrheitlich in der Herzchirurgie ligen Grunderkrankung (siehe folgende 7 Übersicht,
112 Kapitel 3 · Kausale und symptomatische Therapie

exemplarisch COPD), der Einschätzung des betreu- Score (LAS) verwendet, um eine Risikoabschätzung
enden Behandlerteams sowie weiteren Komorbiditä- zu erstellen. Dabei wird rechnerisch die Wahrschein-
ten und möglichen Kontraindikationen (7 Übersicht lichkeit ermittelt, mit der ein Patient ein Jahr mit
„Kontraindikationen zu Lungentransplantation“). dem natürlichen Verlauf seiner Grunderkrankung
versus mit Transplantation überlebt. Dies wird mit
0–100 Punkten festgehalten. Je höher die Punktezahl,
3 Indikationskriterien zur LuTx bei COPD desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, mit neuem
(Hartert et al. 2014) Organ länger zu leben als ohne. Der LAS wird nach
55Nikotinkarenz >6 Monate aktiver Listung regelmäßig durch ambulante Kont-
55BODE-Index >5 rolluntersuchungen neu ermittelt, um Änderungen
55FEV1 <20% des Solls der Erkrankung zu aktualisieren.
55Diffusionskapazität <20% des Solls Es existieren prinzipiell vier chirurgische Optio-
55Ventilatorisches Versagen → nen der Lungentransplantation:
O2-Dauertherapie und nichtinvasive 55 Unilaterale (einseitige) Transplantation
Beatmung 55 Bilaterale (beidseitige) Transplantation
55Pulmonale Hypertonie oder Cor pulmonale (häufigste Operation)
55Progress der Leistungsverminderung 55 Kombinierte Herz-Lunge-Transplantation (bei
schweren kardialen Komorbiditäten)
55 Verpflanzung einzelner Lungenlappen durch
Lebendspender (sehr selten, nur wenige Fälle
Kontraindikationen zur weltweit)
­Lungentransplantation
55Absolute Kontraindikationen Um eine Abstoßungsreaktion des Körpers gegen
–– Floride Infektionen das neue Organ zu verhindern, müssen lebens-
–– Aktive maligne Erkrankungen lang immunsuppressive (das Immunsystem unter-
–– Suchtverhalten (auch Nikotin!) drückende) Medikamente eingenommen werden.
55Relative Kontraindikationen Neben der erwünschten Organerhaltung macht eine
–– Schlechter Allgemeinzustand (Kachexie, Immunsuppression den Körper leider auch anfällig
Adipositas, invasive maschinelle für Infekte, sodass Transplantationspatienten stets auf
Beatmung) Infektvermeidung achten müssen, auch in der Ernäh-
–– Nicht optimierbare, einschränkende rung (Vorsicht bei rohem Fleisch, Eier). Zudem haben
Begleiterkrankungen (z. B. Nierenin- Immunsuppressiva umfassende Nebenwirkungen
suffizienz, Leberzirrhose, HIV-Infektion, und können zum Teil schwere Komplikationen aus-
Osteoporose mit Frakturen) lösen, beispielhaft: Niereninsuffizienz bis Dialysepf-
–– Chronische Besiedlung mancher lichtigkeit, neurologische Ausfälle, Zittern, Diabetes
„Problemkeime“ (z. B. Burkholderia mellitus, Störungen des Blutbildes, arterielle Hyper-
cepacia Typ III) tonie, erhöhtes Risiko für Malignome.
–– Neurologische, psychiatrische Die 5-Jahres-Gesamtüberlebenswahrscheinlich-
Erkrankungen keit nach LuTx beträgt 50% (Yusen et al 2013).
–– Psychosoziale Defizite, eingeschränkte
Mitarbeit oder Motivation
3.3.5 Tracheotomie

Die frühzeitige Vorstellung in einem Transplanta- M. Schellenberg


tionszentrum ist empfohlen, um vorbereitend ein
diagnostisches Basisprogramm und Gespräche zu Die Tracheotomie (Luftröhrenschnitt) ist die chi-
Nutzen und Risiko führen zu können. In Deutsch- rurgische Durchtrennung der Halsweichteile und
land wird seit Dezember 2011 der Lung Allocation Eröffnung der Trachea, meist auf Höhe des 2.–4.
3.3 · Interventionelle Therapie
113 3

. Tab. 3.5 Vor- und Nachteile der Tracheotomie

Vorteile der Tracheotomie Nachteile der Tracheotomie

– Verminderte Atemarbeit bei geringerem Widerstand – Wegfall des nasalen/pharyngealen Totraums (An-
→ wesentlich im Weaning wärmung, Anfeuchtung, Filterung)
– Weniger Totraum – Wegfall des physiologischen Hustens
– Vermeidung laryngealer Schäden – Operative Schäden (Infektion, Blutung)
– Vereinfachtes Sekretmanagement – Tracheale Schäden durch Kanüle (Ulzera, tracheoösopha-
– Vereinfachung der Mobilisation geale Fistel, Blutungen, Entwicklung von Strikturen und
– Weniger Sedierung, mehr aktive Mitarbeit Stenosen)
– Orale Nahrungsaufnahme möglich – Evtl. Stimmverlust
– Vereinfachte Mundpflege – Schluckstörungen
– Sprechen möglich

Trachealknorpels. Sie wird alternativ zur orotrachea- Dilatationspinzette (nach Griggs), eines schrauben-
len Intubation durchgeführt bei Langzeitbeatme- artigen Dilatators (nach Frova) oder eines Ballons
ten, die erwartungsgemäß >21 Tage invasiv beatmet (nach Zgoda) erfolgen.
werden müssen oder bei schweren Anomalien/Ver- Selten kann auch eine retrograde Tracheotomie
letzungen im Kopfbereich. Das entstandene Loch (nach Fantoni) durchgeführt werden. Anschließend
bezeichnet man als Tracheostoma. wird eine Trachealkanüle eingeführt.
Auch wenn die Initialisierung eines Tracheosto- 55 Vorteile: bettseitig, kein Transport oder
mas auf Intensivstationen stattfindet, ist die weitere Umlagerung, geringere Infektionsrate (Delaney
Betreuung oft auf pneumologischen Fachstationen et al. 2006). Schneller Verschluss nach Dekan-
oder auch ambulant möglich. ülierung, kosmetisch unauffälliger.
Es gibt zahlreiche Vorteile einer Tracheotomie, 55 Nachteile: genaues Aufsuchen der Anatomie,
natürlich auch Nachteile (. Tab. 3.5). schwierige Replatzierung bei akzidenteller
Der Zeitpunkt, wann eine Tracheotomie bei Dekanülierung
Langzeitbeatmeten erfolgt, ist nicht eindeutig fest- 55 Kontraindikationen: schwierige Intubation,
gelegt (Gomes Silva et al. 2015). Es konnte einerseits Alter <16 Jahre, keine Bronchoskopie, dauer-
gezeigt werden, dass eine frühe Tracheotomie (5.–7. hafte Anlage notwendig, oropharyngeale
Tag nach Intubation) signifikant die Liegedauer auf Tumoren, Zustand nach Neck-Dissection
der Intensivstation und Beatmungsdauer senkt (Grif-
fith et al. 2005). Weitere Untersuchungen (Terragni
et al. 2010) konnten dieses Ergebnis nicht bestäti- Chirurgische Tracheotomie (plastische,
gen. Im Gegenteil – die Komplikationsrate durch eine epthelisiert)
Tracheotomie erscheint sogar höher. Die Entschei- Eine chirurgische Tracheotomie kann zur primären
dung liegt also beim Behandlerteam. Wichtig ist, dass Anlage, jedoch auch zur Umwandlung einer PDT
diese Option frühzeitig diskutiert wird. für die dauerhafte Verwendung genutzt werden. Der
Eingriff findet in einem Operationssaal statt, es gibt
verschiedene Operationstechniken. Prinzipiell wird
Punktionstracheotomie (dilatativ, PDT) nach sorgfältiger Präparation der Halsweichteile die
Dieses einfache Verfahren wird bettseitig auf Inten- Trachea in Höhe des 3./4. Ringknorpels gefenstert,
sivstationen durchgeführt. Nach ausführlicher Des- dabei wird die aufgeschnittene Trachealwand nach
infektion, Inzision und Punktion in Seldingerdraht- außen aufgeklappt. Dieser Lappen wird an die umlie-
Technik zwischen dem 2. und 3. Ringknorpel wird gende Haut festgenäht – Mukosa und Haut wachsen
dann sorgfältig das Tracheostoma dilatiert in zuneh- zusammen und bilden einen epithelisierten Kanal.
mender Dilatatorgröße (nach Ciaglia, Blue-Rhino = 55 Vorteile: dauerhafte Anlage, leichte Rekanü-
häufigste Technik). Alternativ kann dies auch mittels lierung, sogar selbständiger Kanülenwechsel
114 Kapitel 3 · Kausale und symptomatische Therapie

55 Nachteile: höhere Infektionsrate, Operation Anmerkung: Die Feststellung einer nächtlichen Hyp-
mit höheren personellem Aufwand und Kosten oxämie gibt immer Anlass zu einer schlafmedizini-
verbunden, größerer Defekt schen Abklärung, sodass diese Indikation hier aus-
55 Kontraindikationen: keine absoluten genommen wird.
Kontraindikationen Anhand der Blutgasanalyse in Ruhe und ggf.
auch unter Belastung kann die Höhe des O2-Flusses
3 > Jedes Tracheostoma ist nur so gut wie (l/min) festgelegt werden. Die zeitliche Dauer sollte
die Pflege, die es erfährt. Sorgfältige mindestens 16 h pro Tag umfassen.
Kanülenauswahl, Beachten des Cuffdrucks, Eine chronische Hypoxämie kann im Rahmen
Kanülenwechsel und -reinigung sowie Tracheos- zahlreicher Erkrankungen auftreten. Neben COPD,
tomapflege sind unabdingbar, um die Vorteile Lungenfibrosen und Mukoviszidose sind auch neuro-
dieser Methode auch nutzen zu können. muskuläre oder thorakal restriktive Erkrankungen zu
nennen. Die Durchführung der BGA ist obligat, um
stets eine Abgrenzung zu hyperkapnischem Versa-
3.4 Sauerstofftherapie gen (alveoläre Hypoventilation) zu erkennen – denn
hier wäre eine nichtinvasive Beatmung indiziert. Die
M. Schellenberg alleinige O2-Gabe ist bei hyperkapnischem Versagen
meist nicht ausreichend und kann sogar die Hyper-
Die Gabe von Sauerstoff ist im Rahmen zahlreicher kapnie verstärken.
Erkrankungen notwendig zur Behandlung einer hyp- Die Indikation zu einer Langzeitsauerstoff-
oxämischen Insuffizienz. Sauerstoff ist ein Medika- therapie muss immer sorgfältig gestellt sein, denn
ment und muss somit ärztlich verordnet werden Sauerstoffgaben können auch schädlich sein. Neben
– einschließlich der Applikationsform, Dosis und der erwähnten Verstärkung einer Hyperkapnie, ist
Dauer der Behandlung. Selbstverständlich sind Not- Sauerstoff potenziell toxisch durch die Bildung freier
fallsituationen hiervon ausgenommen. Radikale. Auch sinkt die mukoziliäre Clearance
unter Sauerstoffgabe. Und darüber hinaus: Sauer-
stoff ist ein Brandbeschleuniger! Es darf niemals in
3.4.1 Indikation der Nähe des Sauerstoffgerätes oder des applizier-
ten Schlauchsystems offenes Feuer geben, beson-
Grundsätzlich ist zwischen einer akuten und einer ders hervorzuheben ist hier das Rauchen. Darüber
Langzeitsauerstoffgabe zu unterscheiden. müssen Patienten und deren Angehörige stets auf-
Akute O2-Gaben richten sich in Dosis und Dauer geklärt sein.
nach der aktuellen Indikation. Neben vorübergehenden
Erkrankungen wie einer Pneumonie oder einem Pleu- ! Cave
raerguss, kann eine O2-Gabe auch im Rahmen elekti- Eine O2-Gabe bei alveolärer Hypoventilation
ver Eingriffe (z. B. Bronchoskopie) notwendig sein. Die kann zu einem Anstieg der Hyperkapnie
Therapie wird im Verlauf dann wieder beendet. führen und muss daher überwacht
Eine Langzeitsauerstofftherapie (LTOT, „long werden.
term O2 therapy“) wird dagegen bei chronischer
Hypoxämie verordnet. Diese ist definitionsgemäß
(Magnussen et al. 2008, DGP-Leitlinien) während 3.4.2 Sauerstoffsysteme zur LTOT
einer stabilen Krankheitsphase (mindestens drei
Messungen) per Blutgasanalyse zu erfassen: Es gibt zahlreiche Sauerstoffgeräte auf dem Markt mit
55 pO2 ≤55 mmHg oder unterschiedlichen Vor- und Nachteilen, Größen und
55 pO2 55–60 mmHg bei gleichzeitiger Cor auch Kosten. Grundsätzlich fußen alle auf drei ver-
pulmonale und/oder Polyglobulie oder schiedenen Sauerstoffsystemen. Es ist sehr wichtig,
55 pO2 ≤ 55 mmHg unter Belastung oder sich mit den Eigenheiten des jeweiligen Sauerstoff-
55 (Hypoxämie [Messung der O2-Sättigung] in systems vertraut zu machen, um eine optimale The-
der Nacht) rapie zu gewährleisten.
3.4 · Sauerstofftherapie
115 3

. Abb. 3.24 Sauerstoffkonzentrator, DeVilbiss Compact 525.


(Mit freundlicher Genehmigung der Firma VitalAire GmbH)

Sauerstoffkonzentrator
Ein Sauerstoffkonzentrator erzeugt aus der Raumluft
Sauerstoff. Hierzu wird die Luft über einen kleinen
Kompressor durch mit Granulat gefüllte Molekular-
siebe gepumpt, die größeren Stickstoff- und Kohlen-
dioxidmoleküle bleiben darin hängen, die kleineren
Sauerstoffmoleküle und wenige Edelgase werden
durchgeschleust. Es entsteht dabei kein reiner Sauer-
stoff (100%), meist liegt die Reinheit der stationären
(häuslichen) Geräte um 96%, je nach Gerätetyp kann
diese aber sogar <90% betragen.

z Stationärer Konzentrator . Abb. 3.25 Transportabler Konzentrator, DeVilbiss iGo mit


Trolley. (Mit freundlicher Genehmigung der Firma VitalAire
Dieser ist nur für den häuslichen Gebrauch konzipiert,
GmbH)
da er sehr groß und schwer ist. Stationäre Konzen-
tratoren sind indiziert bei Patienten, die eine geringe
Flussrate haben (realistisch 3–4 l/min) und wenig Nachteile: wechselhafte Reinheit, begrenzte
außerhalb ihrer Wohnung mobil sind (. Abb. 3.24). Flussrate, groß und schwer (meist 13–23 kg), erzeu-
Vorteile: logistisch einfach, wartungsarm, ver- gen Lärm (bis 50 dB) und Wärme, Stromkosten,
gleichsweise günstig, Befeuchtung einfach. stromabhängig (Cave: Stromausfall)
116 Kapitel 3 · Kausale und symptomatische Therapie

z Transportabler Konzentrator Sauerstoff entspricht dabei 850 l gasförmigem Sauer-


Mit 5–10 kg sind transportable Geräte meist zu stoff, die Reinheit beträgt stets 100%.
schwer zum dauerhaften Tragen, jedoch geeig- Tragbare, auffüllbare Einheiten gibt es in ver-
net für längere Ausflüge (mit Trolley), Autofahrten schiedenen Größen und Gewichten mit jeweils
oder auch Urlaub (. Abb. 3.25). Der kontinuierliche unterschiedlichen Fassungsvermögen und Flowra-
O2-Flow beträgt maximal 3 l/min, die Nutzung eines ten. Es ist wichtig, die Leistungsdauer zu kennen, um
3 atemzuggesteuerten Triggersystems (siehe Abschn. unerwartetes „Leergehen“ zu verhindern.
,,atemzuggesteuertes Ventil, Demandsystem“) kann Diese Angaben können vom Hersteller einge-
die zu Verfügung stehende Flowrate steigern. Durch holt werden.
den Einsatz von Akku-Geräten (3–4 h) oder Span- Bei sehr hohem Sauerstoffbedarf stehen auch
nungsumwandlern im Auto entsteht Unabhängigkeit „High-Flow-O2-Geräte“ zur Verfügung mit Fluss-
von einer Steckdose. Die Lärmerzeugung ist wie bei raten bis 15 l/min.
den großen Geräten erheblich – also nicht für einen Vorteile: zuverlässige Reinheit, kein Lärm, keine
Theaterbesuch geeignet. Wärme, stromunabhängig, mobile Geräte zu Hause
selbständig auffüllbar.
! Cave Nachteile: logistischer Aufwand, Lieferung
Transportable (und tragbare) Sauerstoffkon- durch einen Versorger je nach Verbrauch alle 1–3
zentratoren haben eine geringere Reinheit, Wochen, Tank sehr groß, Auslässe können vereisen,
meist ≤90%! bei längerem Stehen verlieren Tanks kontinuierlich
Sauerstoff, teuer.
z Mobiler Konzentrator
Mobile Geräte können im Alltag die Mobilität und
den Bewegungsradius aktiver Patienten steigern. High-Flow-Sauerstoff mit Befeuchtung
Viele Patienten fragen hier nach, denn auf den ersten und Anwärmung
Blick sind diese Geräte sehr attraktiv: Sie sind vor Einer Sauerstofftherapie sind Grenzen gesetzt durch
allem klein und leicht (1–3 kg) im Vergleich zu den eine Limitierung der Flussrate und der erreichbaren
sonst sehr klobigen Geräten auf Station. Patienten, Sauerstofffraktion (FiO2) der Inspirationsluft. Eine
die sehr wenig Sauerstoff brauchen und auch bei Flussrate >4–6 l/min wird meist nicht dauerhaft tole-
Belastung gut zurechtkommen, profitieren von den riert – die Luft ist kalt, die Schleimhäute trocknen
kleinen Maßen. aus, werden schmerzhaft und bluten. Je nach Appli-
Anders ist es bei eingeschränkten Patienten, hier kationssystem (siehe unten) sind überhöhte Flussra-
zeigen kleine Konzentratoren Limitierungen: Sie sind ten auch nicht sinnvoll.
ausschließlich im atemzuggesteuerten Modus verfüg- Auch wenn 100% Sauerstoff appliziert werden,
bar, die Sauerstoffreinheit ist meist ≤90%, die maxi- ist zudem niemals mit einer Nasenbrille eine FiO2 in
male Flussrate kann erheblich variieren (300–1000 ml/ den Atemwegen erreichbar. Durch die stetige Beimi-
min) und ist damit deutlich geringer als bei anderen schung von Raumluft (FiO2 0,21) bei der Einatmung
Geräten bei fast gleicher Lärmerzeugung. Diese Ein- „verdünnt“ sich der Sauerstoffgehalt.
schränkungen müssen offen besprochen werden. Der Einsatz von High-Flow-Sauerstoffgeräten
(z. B. Optiflow, Fisher & Paykel) überwindet diese
Limitierungen. Ihr Prinzip:
Flüssigsauerstoff („liquid oxygen“, LOX) 55 Einstellbare FiO2 bis 1,0
Wird gasförmiger Sauerstoff heruntergekühlt (–183°) 55 Applikation mit hoher Flussrate (bis 60 l/min)
und unter Druck komprimiert, kann er als flüssiger 55 Anwärmung (37°C) und Anfeuchtung der
Sauerstoff gelagert werden. Hierzu wird häuslich Einatemluft
ein großer Tank (z. B. 41 l) bereitgestellt, aus dem
der Patient gasförmigen Sauerstoff direkt verwen- Die Applikation erfolgt über großlumige Nasen-
den oder sein tragbares Gerät auffüllen kann. Dabei prongs. Durch die hohe Flussrate wird der respira-
wird der flüssige Sauerstoff über einen Verdampfer torische Totraum „ausgewaschen“, es entsteht eine
angewärmt und wieder gasförmig. Ein Liter flüssiger weitgehend stabile Gasverteilung. Hierdurch können
3.4 · Sauerstofftherapie
117 3
kontrollierbare Sauerstoffkonzentrationen über ≤3 l/min (Achtung: neuere Geräte können zum
längere Zeit verabreicht werden ohne Schädigung Teil 6 l/min leisten)
der Schleimhäute. 55 Die Befüllung eines Zylinders dauert etwa
Ein weiterer, nützlicher Nebeneffekt: der exspira- 1,5–2 h
torische Widerstand (ähnlich PEEP) von 2–5 mbar
verhindert einen endexspiratorischen Kollaps der
Atemwege. Atemzugsgesteuertes Ventil,
Es stehen Geräte zur Nutzung im stationären Demandsystem
oder ambulanten Setting zur Verfügung. Das Prinzip eines Demandsystems („demand“: engl.
Verlangen, Bedarf) ist einfach.
Betrachtet man den physiologischen Atemzy-
Sauerstoffdruckflaschen klus, spaltet sich dieser auf in drei Phasen – Inspi-
Die Applikation von Sauerstoff aus Druckflaschen ration, Plateau, Exspiration. Die Inspiration nimmt
erfolgt meist im Rahmen eines akuten Settings oder etwa 1/3 des Zyklus ein, dabei wird nur in dieser
bei kurzfristigen Transporten. Sie sind nicht zur allei- Phase applizierter Sauerstoff aufgenommen. Das
nigen Versorgung ausreichend im Rahmen einer heißt: während 2/3 jedes Atemzyklus „verpufft“
LTOT, sondern werden meist mit einem Sauerstoff- Sauerstoff unnötig in die Umgebungsluft.
konzentrator kombiniert. Die Druckflaschen sind in Die Verschwendung des Sauerstoffs ist nicht nur
der Regel sehr schwer (Ausnahme: neuere Flaschen teuer, sondern auch Ursache der geringen Reichweite
aus Aluminium) und fassen im Gewichtsverhältnis tragbarer Auffülleinheiten.
weniger als LOX-Systeme. Ihre Nutzungsdauer kann Ein atemzuggesteuertes Ventil bewirkt, dass
ebenfalls durch eine Atemzugstriggerung verlängert Sauerstoff nur während der Inspirationsphase appli-
werden. Die Druckflaschen werden vom Versorger ziert wird. Dabei registriert das Ventil den Beginn
regelmäßig ausgetauscht. der patienteneigenen Inspiration und gibt einen vor-
Vorteile: unkomplizierte Nutzung, 100% Rein- eingestellten O2-Bolus ab. Während der Exspiration
heit, kein Lärm oder Wärme, keine Vereisung, strom- fließt kein Sauerstoff, es wird fast 2/3 der Sauerstoff-
unabhängig, günstig in der Anschaffung. menge eingespart. Der Bolus wird als „Stufe“ einge-
Nachteile: kleines Fassungsvermögen, schwer, stellt und variiert von Hersteller zu Hersteller.
keine Befeuchtung, Explosionsgefahr bei unsachge-
mäßer Handhabung. ! Cave
Achtung: „Stufe“ ist nicht gleich „Liter“!

Neu: Kombinierte Auffüllsysteme Ein weiterer Vorteil: Durch die Beimischung


Hierunter versteht man einen stationären Konzen- von Raumluft ist keine zusätzliche Anfeuchtung
trator, an dem häuslich Sauerstoffdruckflaschen selb- notwendig.
ständig aufgefüllt werden können. Hierdurch ist der Leider sind Demandsysteme nicht für alle
Patient unabhängig von Lieferungen durch eine Ver- Patienten geeignet. Die maximale Bolusmenge pro
sorgungsfirma, die mobilen Einheiten werden nach Atemzug ist begrenzt, viel schwieriger ist jedoch die
Bedarf gefüllt. Es handelt sich um moderne, leichtere niedrige Sensibilität der Triggersysteme. Patienten,
Flaschen in verschiedenen Größen (z. B. 1 oder 1,7 l). die einen eingeschränkten Atemfluss haben (z. B.
Achtung – wichtige Nachteile sind zu beachten: fortgeschrittene COPD) oder hohe Atemfrequen-
55 Die tragbaren Einheiten haben unterschied- zen (z. B. Lungenfibrose, aber auch andere Patien-
liche maximale Flussraten (zum Teil nur 2 l/ tengruppen unter Belastung) triggern nicht regel-
min bei kontinuierlichem Flow) und damit eine mäßig die O2-Abgabe – mit der Folge, dass sie den
sehr kurze Haltbarkeit. notwendigen Sauerstoff nicht erhalten.
55 Meist ist die Kombination mit einer Atemzugs- Aus diesem Grund ist der Einsatz solcher Spar-
steuerung notwendig. ventile kritisch zu prüfen und regelmäßig zu kontrol-
55 Während des Füllprozesses beträgt die lieren (Köhler et al. 2014). Es gibt keine einheitlichen
maximale O2-Abgabe an den Patienten nur Tests hierfür, im Alltag eignet sich die Durchführung
118 Kapitel 3 · Kausale und symptomatische Therapie

eines 6-Minuten-Gehtests (mit Pulsoxymetrie) mit Stoffwechselendprodukts Kohlendioxid im Blut.


Einsatz des Sparventils, ggf. im Vergleich zu einem Folglich entstehen bei akuten Störungen der Lun-
kontinuierlichem Flow. genbelüftung Hyperkapnie und Azidose des Blutes
Aber auch durch einfaches Beobachten kann (Übersäuerung, pH sinkt). Bei chronischen Störun-
man Defizite erkennen. Bei jedem Atemzug erzeu- gen mit Hyperkapnie laufen metabolische Prozesse
gen die Ventile normalerweise ein charakteristisches an, um die Übersäuerung mithilfe von Puffermecha-
3 „Klicken“. Beobachten Sie Ihre Patienten beim Spre- nismen (z. B. Bicarbonat) auszugleichen.
chen und Gehen – kommt bei jedem Atemzug ein
Klickgeräusch? Wenn nicht, sollte eine Überprüfung
der Effizienz erfolgen. 3.5.1 Indikation für maschinelle
Beatmung

Applikationssysteme Eine alveoläre Hypoventilation (respiratorische


Nasenbrille Häufigste Applikationsart. Aufgrund Insuffizienz mit Hyperkapnie), aber auch schwerer
von Raumluftbeimischung bei der Inspiration liegt Sauerstoffmangel (Hypoxämie) können nur mithilfe
die maximale FiO2 bei 0,4–0,5. Diese ändert sich einer mechanischen Beatmungstherapie symptoma-
auch nicht bei Steigerung der Flussrate >6 l/min! tisch ausgeglichen werden.
Eine Verbesserung bieten Nasenbrillensysteme Es ist das Prinzip einer Luftpumpe, die mit posi-
mit Reservoir (FiO 2 bis 0,8), diese sind jedoch tivem Druck so viel Luft in die Alveolen bläst, (Venti-
sehr teuer und in der Regel nicht im klinischen lation), dass der Kontakt zur Alveolarmembran wie-
Einsatz. derhergestellt wird und das Kohlendioxid aus den
Kapillaren „abgeholt“ werden kann. Die Grund-
Maske Masken sind vorteilhaft, wenn Patienten krankheit wird dadurch nicht therapiert.
stark über den Mund atmen. FiO2 bis 0,6 erreich- Eine Beatmungstherapie kann invasiv über die
bar. Achtung: Wenn die Maske keine Auslasslöcher Einlage von Tuben (nasotracheal, orotracheal, Tra-
hat, ist ein Mindest-O2-Fluss von 5 l/min notwen- cheostomaanlage) oder nichtinvasiv (NIV: „non-in-
dig, sonst besteht die Gefahr der CO2-Rückatmung! vasive ventilation“) vor allem mit positivem Druck
und mithilfe von Masken erfolgen.
Maske mit Reservoirbeutel Diese steigern die FiO2 Eine NIV-Einleitung kann akut, elektiv (geplant)
auf 0,9. Auch hier auf Flussrate achten! oder im Rahmen der Beatmungsentwöhnung
(Weaning) durchgeführt werden.

3.5 Nichtinvasive
Beatmungstherapie Akute NIV-Einleitung
Die NIV – Einleitung im Rahmen einer akuten res-
G. Iberl und M. Schellenberg piratorischen Insuffizienz vermeidet oft eine Intu-
bation und bringt damit einige bedeutende Vorteile
Erkrankungen des Lungenparenchyms führen zu mit sich (7 Übersicht). Die akute Einleitung erfor-
Hypoxämie und können symptomatisch mit Sauer- dert in der Regel eine intensivmedizinische Betreu-
stofftherapie behandelt werden. Da Kohlendioxid ung, zumindest jedoch eine Monitorüberwachung
etwa 20-mal leichter als Sauerstoff durch die Alveo- und engmaschige pflegerische und ärztliche Kont-
larmembran diffundiert, entsteht meist kein Problem rolle des Patienten. Der Einsatz der akuten nichtin-
mit der Abatmung des Kohlendioxids – solange die vasiven Beatmung ist auch ohne das Vorliegen von
Atemmuskulatur sich nicht erschöpft mit der Folge Hyperkapnie zur Verbesserung des Gasaustauschs
einer Minderbelüftung. indiziert: z. B. führt beim kardialen Lungenödem
Erkrankungen der Atempumpe ( 7 Abschn. mit Lungenstauung der positive Beatmungsdruck
1.1.8) führen zur alveolären Hypoventilation (Min- zu einer verbesserten Hämodynamik und Entlas-
derbelüftung) und dadurch zur Anreicherung des tung des Herzens.
3.5 · Nichtinvasive Beatmungstherapie
119 3
Dazu gehören z. B. die Bewertung der Symp-
Vorteile der nichtinvasiven vs. invasiven tomlast (klinische Zeichen der respiratorischen
Beatmung (Intubation) Insuffizienz), die Höhe der chronischen Hyperka-
55Geringerer/kein Bedarf an Sedativa und pnie am Tag, der Anstieg des transkutan gemes-
Analgetika → geringere hämodynamische senen CO 2 in der Nacht; hinzu kommen z. B.
Instabilität nächtliche Sauerstoffentsättigungen bei OHS (Obe-
55Geringere Rate an Infekten/Pneumonie sitas-Hypoventilationssyndrom) und die rasche
(ventilatorassoziierte Pneumonie – VAP!) relevante Abnahme der Vitalkapazität in der Lun-
55Essen, Sprechen, Husten, selbständige genfunktion bei neuromuskulären Erkrankungen.
Atemtherapie möglich Die elektive NIV-Einleitung kann auf pneumologi-
55Intermittierende Beatmung besser möglich, schen Fachstationen erfolgen. Die NIV wird dann
kein Tubuswiderstand außerklinisch weitergeführt und (meist) intermit-
55Keine trachealen Schäden tierend angewendet.
55Mobilisation möglich → geringere Soforteffekte der maschinellen Beatmung:
Pneumonieentstehung 55 Verbesserung/Normalisierung des
Gasaustauschs
55 Erleichterung die Atemarbeit
z Indikationen für akute NIV-Einleitung 55 Erholung der erschöpften Atemmuskulatur
(Beispiele) 55 Senkung des Sauerstoffbedarfs
55 Akut exazerbierte COPD mit Azidose 55 Wiedereröffnung von kollabierten Alveolen
55 Akutes Asthma mit Hyperkapnie (selten) 55 Günstiger Einfluss auf die Hämodynamik bei
55 Kardiales Lungenödem Herzinsuffizienz
55 Akut auf chronisch (Beispiel: Pneumonie bei
neuromuskulärer Erkrankung) Langzeiteffekte der außerklinischen Beatmungs-
55 Akut exazerbierte Mukoviszidose, Lungenfibrose therapie:
55 Postoperativ nach Extubation 55 Besserung der Symptome der Hypoventilation
55 Atemtherapie bei Atelektasenbildung 55 Besserung Lebensqualität
55 Palliativ zur Linderung von Dyspnoe 55 Reduktion von Verschlechterungen und
KH-Einweisungen
55 Verbesserung des Überlebens (z. B. COPD
Elektive NIV-Einleitung Köhnlein et al. 2014)
Im Rahmen verschiedener Erkrankungen der Atem-
pumpe gibt es fest definierte Kriterien bei der Ent- Es gibt jedoch auch relative und absolute Kontrain-
scheidung, ob und wann eine dauerhafte außerklini- dikationen zu einer Einleitung mit NIV (. Tab. 3.6).
sche NIV eingeleitet wird. Diese müssen vorab berücksichtigt werden.

. Tab. 3.6 Relative und absolute Kontraindikationen zu einer NIV

Relative Kontraindikationen Absolute Kontraindikationen

– Koma oder massive Agitation – Fehlende Spontanatmung, Schnappatmung


– Massiver Sekretverhalt trotz Bronchoskopie – Fehlende Schutzreflexe
– Schwergradige Hypoxämie oder Azidose (pH <7,1) – Fixierte oder funktionelle Verlegung der Atemwege
– Hämodynamische Instabilität (kardiogener Schock, – Gastrointestinale Blutung oder Ileus
Myokardinfarkt)
– Anatomische und/oder subjektive Interface-Inkom-
patibilität
– Zustand nach oberer gastrointestinaler OP
– Hohe Aspirationsgefahr (z. B. Erbrechen)
120 Kapitel 3 · Kausale und symptomatische Therapie

NIV im prolongierten Weaning > Nach der Dekanülierung hat die optimale
Wenn im Fall einer schweren akuten respirato- Abdichtung des Tracheostomas höchste
rischen Insuffizienz eine NIV nicht möglich ist, Priorität, um Leckage aus dem Stoma unter
muss der Patient intubiert und sediert werden. In NIV und somit insuffiziente Beatmungs-
Abhängigkeit von der Schwere der Grundkrank- therapie zu vermeiden. Dies gilt auch
heit führen ein hohes Lebensalter und Komorbi- für einen effektiven Hustenstoß mit
3 ditäten wie z. B. Herz- und Niereninsuffizienz zur ausreichendem Druckaufbau.
schwierigen Extubation. Hier kann die NIV über-
brückend helfen, die schwache Atemmuskulatur Manchmal kann eine Trachealkanüle z. B. aufgrund
und den Gasaustausch zu unterstützen. Im Fall von Engstellen (z. B. subglottische Stenose), Sekretre-
einer chronischen Atempumpschwäche muss die tention oder Dysphagie nicht entfernt werden, auch
intermittierende NIV dauerhaft außerklinisch wei- wenn kein Atempumpversagen mehr besteht. Oft ist
tergeführt werden der Weaningprozess eine Frage der Zeit. Vielen Patien-
Ist eine Beatmungsentwöhnung (Weaning) ten gelingt es nach langen Erholungsphasen (Monaten
nicht in absehbarer Zeit ( ca. 1–2 Wochen) machbar, bis zu Jahren) doch noch, von einer dauerhaften invasi-
wird ein Tracheostoma (dilatativ oder chirurgisch) ven Versorgung loszukommen. Auf pneumologischen
angelegt, um schwere Folgen der Langzeitbeat- Fachstationen wird daher in regelmäßigen Abständen
mung (z. B. VAP – ventilatorassoziierte Pneumo- evaluiert, ob eine Dekanülierung möglich ist.
nie, Delir) zu vermindern. Dies bringt auch weitere Zur Übersicht siehe Schönhofer et al. 2008 und
Vorteile für die Therapie in einem verlängerten Ent- Windisch et al. 2010.
wöhnungsprozess, dem sog. prolongierten Weaning
(7 Abschn. 3.3.5).
Fragen im prolongierten Weaning: 3.5.2 Beatmungseinstellungen
55 Ist die Grundkrankheit optimal behandelt?
55 Besteht eine chronische Atempumpschwäche? Beatmungsgeräte für die außerklinische Beat-
55 Kann eine notwendige intermittierende mung generieren mithilfe einer Turbine Druckluft
Beatmung auch nichtinvasiv durchgeführt aus angesaugter Raumluft. Zur Beatmung zusätz-
werden? lich benötigter Sauerstoff muss extern in das Gerät/
55 Kann die Trachealkanüle entfernt werden? Schlauch eingespeist werden. Die kleinen, tragbaren
Geräte unterscheiden sich nicht nur in der Größe,
Wenn weiterhin eine alveoläre Hypoventilation Gewicht, Turbinen- und Akkuleistung sowie Bedie-
mit Hyperkapnie besteht, wird versucht, die not- nungsfreundlichkeit, sondern auch in Bezug auf
wendige (invasive) Beatmungstherapie auf eine Zulassung, Zubehör und Einstellmöglichkeiten.
Maskenbeatmung umzustellen. Dafür werden oft Zu beachten bei der Wahl der Beatmungsgeräte
überbrückend sog. Platzhalter eingesetzt, die das und Zubehör:
Tracheostoma offenhalten, ohne die Luftröhre zu 55 Zulassung nur für nichtinvasive Beatmung
verengen – bei gleichzeitiger NIV. Als Vorausset- 55 Zulassung für nichtinvasive und invasive
zung dazu sollte der Patient wieder einige Stunden Beatmung
spontan über die Kanüle atmen können und über 55 Zulassung für invasive Beatmung mit und ohne
einen ausreichenden Hustenstoß verfügen. Nach Beatmungsabhängigkeit ≥16 h Nutzung
der endgültigen Dekanülierung ist es wichtig, das 55 Doppelschlauchsystem → „non-vented“ (=
Tracheostoma gut abzudichten, damit eine suffi- ohne Luftauslassungen) Maske/Trachealkanüle
ziente NIV erreicht wird. Dieser Prozess ist extrem 55 Ventilgesteuertes Einschlauchsystem →
belastend für den Patienten und erfordert opti- non-vented Maske/Trachealkanüle
male Zusammenarbeit des multiprofessionellen 55 Leckagesystem → „vented“ (= mit Luftaus-
Teams, engmaschige Überwachung und sorgfäl- lassungen) an Maske oder Trachealkanüle +
tigste Krankenbeobachtung. Ausatemventil
3.5 · Nichtinvasive Beatmungstherapie
121 3
55 Atemgasklimatisierung: Befeuchtungsfilter
oder Aktivbefeuchtung
55 Maskenauswahl (vented/non-vented)
55 Lebensstil der Patienten (z. B. Gerätegewicht
bei 24 h beatmeten Rollstuhlfahrern)

Die Vielfalt dieser Beatmungsgeräte macht es unmög-


lich, hier technische Details aufzuführen. Zudem gibt
es firmenbezogen verschiedene Namen für Modi
und Parameter und detaillierte zusätzliche Features,
die sich für jede Art von Schlauchsystem ändern.
Einige Beatmungsgeräte können z. B. durch gerin-
gen Umbau auch mit verschiedenen Schlauchsyste-
men betrieben werden (. Abb. 3.26. und . Abb. 3.27).
Die Auswahl eines Geräts, das den Bedürfnissen
des Patienten und den Anforderungen der Zulassung
entspricht, ist essenziell.
Pflegepersonal und Ärzte müssen mit den Beat- . Abb. 3.26 Beispiel Turbinenrespirator mit
mungsgeräten vertraut sein, um eine optimale Ver- Leckagesystem: Stellar 150, ResMed. (Mit freundlicher
sorgung zu ermöglichen. Genehmigung der Firma ResMed)

a b

. Abb. 3.27a–c Beispiel Turbinenrespirator a Ventilogic LS, Weinmann mit Einschlauchventilsystem. Dieses Gerät kann
durch geringen Umbau mit Doppelschlauch-, Einschlauchventilsystem und Leckagesystem betrieben werden. b Beispiel für
Leckagesystem c Beispiel für Einschlauchventilsystem. (Mit freundlicher Genehmigung der Firma Weinmann)
122 Kapitel 3 · Kausale und symptomatische Therapie

> Die Weiterentwicklung von Ausatmung in der Lunge verbleibt. Der PEEP hat
Beatmungsgeräten, Masken und Zubehör verschiedene Funktionen und wird fast bei jeder
war in den letzten Jahren enorm. Beatmungseinstellung verwendet. Ausnahmen gibt
Kontinuierliche Einweisungen und es bei neuromuskulären und thorakalrestriktiven
Schulungen des Pflegepersonals sind Krankheiten.
verpflichtend. Vorteile eines PEEP:
3 55 Rekrutierung von Alveolen → besserer
z Prinzip der Beatmung Gasaustausch
Volumen, Druck, Zeit, und Flow (Gasfluss) sind 55 Vordehnung von Aleveolen → geringerer
die wesentlichen Elemente einer maschinellen Inspirationsdruck ist nötig
Beatmung. Zusätzlich gibt es Auslöser für assis- 55 Triggern bei spontanen Atemzügen ist leichter
tierte Atemzüge und die endexspiratorische 55 Einfluss auf die Hämodynamik
Druckeinstellung. 55 Schienung der oberen Atemwege bei obstruk-
Für die ausreichende mechanische Belüftung der tiver Schlafapnoe (OSA)
Lunge bei alveolärer Hypoventilation sind analog
der spontanen Atmung zwei Druckniveaus (BiPAP, Atemzugvolumen = Volumen je Atemzug (AZV oder
„bilevel positive airway pressure“) nötig. Die Diffe- Vti) Das angestrebte Atemzugvolumen kann hier
renz zwischen beiden Niveaus ist der „driving pres- nicht präzise angegeben werden. Je nach Erkran-
sure“, der die Belüftung der Lunge sichert. kung (obstruktiv/restriktiv) variiert es. Es ist zudem
abhängig von der aktuellen Krankheitssituation.
> Nur durch zwei Druckniveaus kann Orientierungswerte:
eine gesicherte Ventilation erfolgen – 55 10 ml/kg/KG bei NIV (aufgrund von größerem
im Gegensatz zu einer CPAP-Therapie Totraum, Leckage)
(kontinuierlicher Druck)! 55 6–8 ml/kg/KG bei invasiver Beatmung
55 4–6 ml/kg/KG bei lungenprotektiver invasiver
Die benötigten Beatmungsdrücke sind von der Beatmung, z. B. ARDS
Dehnbarkeit und vom Widerstand der Lunge (Com-
pliance) und des Thorax wie auch vom Strömungswi- Achtung: Die Angaben beziehen sich auf das
derstand der Atemwege (Resistance) abhängig. normale Körpergewicht (KG). Da die Lunge bei
Gewichtszunahme (Übergewicht) nicht an Größe
> Das Ziel der Beatmungseinstellung zunimmt, kann die Orientierung an das gemessene
ist die Sicherung des notwendigen Körpergewicht zu Überbeatmung und möglicher
Atemzugvolumens und Atemminuten- Lungenschädigung führen. Zur Orientierung: Nor-
volumens für einen effizienten Gasaustausch. malgewicht in kg = Körpergröße in Zentimetern
Die Atemmuskulatur sollte durch eine minus 100.
adäquate Beatmungseinstellung weitgehend In vielen Beatmungsgeräten lässt sich ein „Ziel-
entlastet werden. AZV“ einstellen.

z Die wichtigsten Parameter auf einen Blick Atemfrequenz = Atemzüge pro Minute (AF) Die Ein-
Inspirationsdruck (IPAP oder Pinsp) Der Inspirations- stellung ist abhängig von den Atemwegswiderstän-
druck wird so gewählt, dass das gewünschte Atem- den und vom Atemzugvolumen.
zugvolumen erreicht wird. Die Druckhöhe ist abhän- 55 Beispiel Restriktion (Kyphoskoliose): Aufgrund
gig von den Widerständen (Compliance/Resistance), kleiner beweglicher Volumina muss die
z. B. ist der Widerstand höher bei COPD durch die Frequenz höher sein, um ein ausreichendes
obstruierten Bronchien. Atemminutenvolumen zu erzielen.
55 Beispiel Obstruktion (Lungenemphysem):
Positiver endexspiratorischer Druck (PEEP oder Aufgrund der Obstruktion und des Mecha-
EPAP) PEEP ist der positive Druck, der nach der nismus der dynamischen Überblähung
3.5 · Nichtinvasive Beatmungstherapie
123 3
bei schneller Atmung durch vermehrten > Das physiologische Verhältnis von Einatmung
bronchialen Kollaps sollte die Frequenz zur Ausatmung liegt zwischen 1:1,5 und 1:2.
tendenziell niedriger sein.
55 Beispiel Restriktion (Kyphoskoliose): Aufgrund
Atemminutenvolumen (AMV) Das AMV ist kein der geringen Dehnbarkeit (Compliance),
einstellbarer, sondern ein gemessener Parameter dauert die Inspiration länger. Daher wird das
(Ausnahme: VCV). Es ergibt sich durch die Multi- I:E größer angestrebt, z. B. 1:1.
plikation des aktuellen Atemzugvolumens mit der 55 Beispiel Obstruktion (Lungenemphysem):
aktuellen Atemfrequenz: Aufgrund der Obstruktion und des Mecha-
AZV×AF = AMV nismus der dynamischen Überblähung bei
zu kurzer Ausatemzeit wird das I:E kleiner
> Während in Ruhe knapp 300 ml CO2 pro angestrebt z. B. 1:3.
Minute gebildet werden, können nur ca.
50 ml CO2 pro Liter Ausatemluft abgeatmet Flow (Druckanstiegszeit, Kurve oder Rampe)
werden. 55 Beispiel Obstruktion (Lungenemphysem):
Hoher Flow heißt schneller Druckanstieg und
Vereinfacht gesagt ist zu einer effizienten Ventilation schnelle Eröffnung der obstruierten Bronchien.
in Ruhe ein Atemminutenvolumen von ca. 7 l not- 55 Beispiel Restriktion (Muskeldystrophie):
wendig. Darunter droht die Gefahr einer alveolären Hoher Flow ist den Patienten meist
Hypoventilation mit Hyperkapnie. unangenehm, führt zu Aerophagie und ist
Zur Beatmungsdokumentation gehören deshalb aufgrund guter Dehnbarkeit unnötig.
Modus und Parameter, aber auch die aktuell gemes-
sene Atemfrequenz, das Atemzugvolumen und das Inspirationstrigger (Auslöser) Der Trigger misst den
daraus berechnete Atemminutenvolumen. negativen Druck/Fluss einer Inspirationsanstren-
gung. Das Gerät gibt, wenn der Trigger ausgelöst
z Inspirationszeit und Atemzeitverhältnis wird, der Einstellung entsprechend einen Atemzug
(Ti und I:E) ab. Die Einstellung sollte so leicht gewählt werden,
Das Atemzeitverhältnis wird durch die Inspirations- dass der Patient ohne Mühe spontan dazu atmen
zeit und die Atemfrequenz bestimmt. kann, und so schwer, dass keine unerwünschten
Rechnung: Atemzüge appliziert werden (z. B. beim Schlucken).
55 1 min = 60 s : AF = Zeit, die pro Atemzug zur
Verfügung steht z Die wichtigsten Beatmungsmodi:
55 Zeit pro Atemzug – Inspirationszeit = kontrolliert – assistiert – spontan
Exspirationszeit In der Anästhesie und im Rettungsdienst ist die
55 Inspirationszeit : Exspirationszeit = volumenkontrollierte Beatmung üblich, ansonsten
Atemzeitverhältnis werden in Deutschland am häufigsten druckgesteu-
erte Modi eingesetzt.
Beispiel: Inspirationszeit 1 s, AF 20
55 60 s : AF 20= Zeit pro Atemzug (3 s) Volumenkontrollierte Beatmung („volume-controlled
55 Zeit pro Atemzug (3 s) – Inspirationszeit (1 s) = ventilation“ – VCV) Das AZV wird eingestellt. Der
Exspirationszeit (2 s) benötigte Druck ist flexibel und abhängig von Com-
55 Inspirationszeit (1 s) : Exspirationszeit (2 s) = pliance und Resistance. Auch Ti, AF und Kurve sind
Atemzeitverhältnis (1:2) vorgegeben.
Nachteil: Bei Maskenundichtigkeit kann ein
Festgelegt werden kann das I:E nur bei einer kon- Großteil des Volumens verloren gehen.
trollierten Beatmung. Sobald die Inspirationszeit
gleich bleibt und sich die Atemfrequenz erhöht, Assistierte volumenkontrollierte Beatmung Wie
ändert sich auch das Atemzeitverhältnis. VCV, zusätzlich können mit dem Inspirationstrigger
124 Kapitel 3 · Kausale und symptomatische Therapie

spontane Atemzüge ausgelöst werden. Diese Atem- Praxistipp


züge verändern das I:E (verkürzen die Exspiration).
55Die Beatmung muss bei Patienten mit
Druckkontrollierte Beatmung („pressure-controlled chronischer Atempumpschwäche die
ventilation“ – PCV) Der IPAP wird eingestellt. Das Ventilation sicherstellen. Die Einstellung
applizierte Volumen ist flexibel und abhängig von einer Backup-Frequenz bei chronischem
3 Compliance und Resistance. Auch Ti, AF und Kurve Atempumpversagen ist Pflicht!
sind vorgegeben. 55Die Einstellung von Alarmfunktionen
Vorteil: Leckagekompensation bei Maskenun- ist bei invasiver Beatmung obligat, bei
dichtigkeit . nichtinvasiver Beatmung geschieht das auf
Anordnung des Arztes.
Assistierte druckkontrollierte Beatmung („assisted 55Die Beatmungsdokumentation sollte
pressure-controlled ventilation“ – APCV) Wie PCV, neben Modus und Parametern auch die
zusätzlich können mit dem Inspirationstrigger spon- aktuelle Atemfrequenz, Atemzugvolumen,
tane Atemzüge ausgelöst werden. Diese Atemzüge Atemminutenvolumen und Sauerstoff-
verändern das I:E (verkürzen die Exspiration). sättigung enthalten.
55Ob und wie viel Sauerstoff ein Patient
Druckunterstützte Beatmung („pressure support unter Beatmungstherapie und unter
ventilation“ – PSV) Der IPAP und Anstiegskurve Spontanatmung benötigt, kann sehr
werden eingestellt, das applizierte Volumen ist unterschiedlich sein. Der Arzt gibt die
abhängig von Compliance, Resistance und Inspira- angestrebte Sauerstoffsättigung und
tionsanstrengung. Einatemzeit und AF sind frei. Der die Flussmengen an → kontinuierliche
Inspirationstrigger löst spontane Atemzüge mit dem Überprüfung und Anpassung ist nötig.
eingestellten Druck aus. Der Exspirationszeitpunkt 55Die Beatmungszugänge müssen
kann nur vage beeinflusst werden. regelmäßig überprüft werden.
PSV gilt als spontane Beatmungsform. Die
Unterstützung der Atemmuskulatur ist geringer

CPAP-Modus („continuous positive airway pres- z Besonderheiten bei nichtinvasiver


sure”) Spontanbeatmung mit kontinuierlichem Beatmung
positivem Druck. Der Inspirationsdruck entspricht Die Maskenauswahl und -anpassung ist für eine
dem Exspirationsdruck (PEEP). Es findet keine Ven- erfolgreiche Beatmungstherapie sehr wichtig. Das
tilation durch das Beatmungsgerät statt. Der Patient gilt in der akuten oder elektiven Einleitungsphase
atmet spontan mit dem eingestellten Druck ein und genauso wie für die außerklinische Therapietreue.
gegen den eingestellten Druck aus. Es gibt verschieden Maskentypen. Die Auswahl
hängt von den Vorlieben, anatomischen Besonder-
Hybrid-Modi Turbinengeräte verfügen über sog. heiten, Koordinationsfähigkeiten, Vigilanz und dem
Hybrid-Modi, die sehr differenzierte Einstellungen gewählten Beatmungsgerät ab.
ermöglichen. Das ist bei chronischer Atempump- Druckstellen, Leckage und Aerophagie (Luft-
schwäche relevant, da die Therapie lebenslang benö- schlucken) bereiten die größten Probleme. Zusätz-
tigt wird und sich der Patient auf jeden Fall mit der lich kann es zur Austrocknung der Schleimhäute
Einstellung wohlfühlen sollte. und erschwertem Abhusten von Sekret kommen.
Eine passive oder aktive Atemgasklimatisierung
Beispiel wird empfohlen. Die Einstellung der Parameter
PSV (druckunterstützte Beatmung) + Backup- muss sorgfältig in Abstimmung auf die Bedürfnisse
Frequenz (AF 10, Ti 1 s) + Zielvolumen (400 ml/ des Patienten und die Notwendigkeit einer effektiven
Druckreserve 8 cmH2O). Hier wird die spontane Beat- Therapie erfolgen. Wenn sich mit der Zeit Compli-
mungsform PSV mit einer druckkontrollierten Back- ance und Resistance verbessern oder verschlechtern,
up-Frequenz und Volumenkontrolle kombiniert. muss auch die Einstellung der Beatmung geändert
3.5 · Nichtinvasive Beatmungstherapie
125 3
werden. Deshalb ist die regelmäßige klinische Über-
prüfung einer außerklinischen Heimbeatmung sehr
wichtig.

3.5.3 Maskenauswahl

Die optimale Wahl der Beatmungsmaske ist wesent-


lich, um den Therapieerfolg (effiziente Beatmung
und nachhaltige Nutzung durch den Patienten) zu
sichern.
Anforderungen an Masken:
55 passgenau, komfortabel, leicht und leise
55 gutes Strömungsverhalten, möglichst geringes
Totraumvolumen
55 gute Abdichtung auch bei höherem
Therapiedruck
55 transparentes, hautverträgliches und langzeit-
beständiges Material . Abb. 3.28 Beispiel für Nasenmaske, vented (MirageFX for
55 leichte Bedienbarkeit (Anlegen – Verschließen Her, ResMed): Vented Masken besitzen Luftauslassöffnungen
– Ablegen) für die Ausatmung → Leckagesystem. (Mit freundlicher
55 gut zu reinigen Genehmigung der Firma ResMed)
55 Notatemventil bei Respiratorausfall

Maskentypen:
55 Nasenmaske
55 Nasenoliven
55 Nase-Mund-Maske
55 Ganzgesichtsmaske

Am häufigsten werden Nasenmasken und Nase-


Mund-Masken verwendet.

z Nasenmaske
Nasenmasken haben gegenüber Full-Face-Masken
zwar viele Vorteile, aber auch gravierende Nach-
teile. Zweckmäßiger sind Nasenmasken für Brillen-
träger. Husten und Kommunikation sind möglich,
auch kann schluckweise getrunken werden ohne viel . Abb. 3.29 Beispiel für Nasenmaske, non-vented
Aufwand. Aufgrund der kleineren Kontaktfläche ist (UltraMirage, ResMed). Non-vented Masken müssen mit
der Anpressdruck geringer, und häufig wird weniger einem Einschlauchventilsystem kombiniert werden, weil
Inspirationsdruck benötigt, weil es zu keiner Dorsal- keine Luftauslassöffnungen integriert sind. Die Ausatmung
erfolgt über das Ausatemventil im Schlauchsystem. (Mit
verschiebung des Unterkiefers kommt. Die Patien-
freundlicher Genehmigung der Firma ResMed)
ten klagen seltener über Aerophagie und Engefühle
(. Abb. 3.28 und . Abb. 3.29).
Patienten mit COPD kommen oft sehr gut mit Anpassung von Modus/Parametern ist erforderlich
Nasenmasken zurecht. Atemphysiotherapie zur (. Abb. 3.30).
pulmonalen Entblähung und Sekretmanagement Auch Patienten mit neuromuskulären Erkran-
ist mit Nasenmasken unter Beatmung möglich. Die kungen sollten, wenn möglich (erhaltener
126 Kapitel 3 · Kausale und symptomatische Therapie

. Abb. 3.30 Unter nichtinvasiver Beatmung mit


Nasenmaske können atemtherapeutische Hilfsmittel zur
. Abb. 3.31 Beispiel für Nasenoliven → Leckagesystem.
pulmonalen Entblähung und zum Sekretmanagement
(Mit freundlicher Genehmigung der Firma ResMed)
eingesetzt werden.

Lippenschluss), Nasenmasken erhalten, um kom- Nasenoliven nur für geringere Beatmungsdrücke


munikationsfähig zu bleiben. Viele sind nicht in der geeignet . Abb. 3.31).
Lage, die Maske im Notfall (Übelkeit, Erbrechen)
selbständig abzunehmen. z Nase-Mund-Maske (Full-Face)
Der Einsatz einer Full-Face-Maske ist vor allem bei
Nachteile Dyspnoe von Vorteil, weil der Patient mit offenem
55 Nasenmasken sind bei Atemnot und im Notfall Mund atmen kann. Auch bei behinderter Nasenat-
nicht geeignet! Die Mundatmung verursacht eine mung und bei ungenügendem Mundschluss ist die
sehr hohe Leckage und insuffiziente Beatmung. Anwendung sinnvoll (. Abb. 3.32 und . Abb. 3.33).
55 Die Leckage bei ungenügendem Mundschluss
führt bei der druckgesteuerten Beatmung Nachteile
durch die an sich vorteilhafte Funktion 55 Gefahr von Druckstellen (vor allem Nasen-
der Leckagekompensation zu sehr hohen rücken) durch den im Vergleich mit Nasen-
Gasflüssen. Die Folge ist eine unzurei- masken hohen Anpressdruck. Am Nasen-
chende Befeuchtung und Erwärmung der rücken ist das höchste Risiko und auch der
Inspirationsluft trotz passiver oder aktiver Nacken kann durch die Haltebänder betroffen
Atemgasklimatisierung. sein.
55 Die hohen Flüsse reizen die Nasenschleimhaut, 44Hilfreich ist das Abpolstern z. B. mit
die daraufhin anschwellen kann. Hydrokolloidverbandsmaterial (auch
55 Nasenmasken sind bei behinderter Nasen- prophylaktisch). Auch der stundenweise
atmung nicht geeignet. Modellwechsel entlastet betroffene Bereiche.
55 Mundleckage im Schlaf: Hier kann eventuell Neu: Nase-Mund-Masken ohne Auflage-
eine Kinnbinde helfen. fläche am Nasenrücken.
55 Der konstante Druck am Oberkiefer kann 55 Aerophagie: Das „Luftschlucken“ kann zu
Schmerzen verursachen. Völlegefühl, Übelkeit und schweren Blähungen
55 Konjunktivitis durch Maskenundichtigkeit. führen → Aspirationsgefahr bei Erbrechen.
Erhöhter abdomineller Druck behindert
z Nasenoliven wiederum die Zwerchfellfunktion.
Nasenoliven schränken das Gesichtsfeld am wenigs- 44Beatmungspausen zum Aufstoßen sollten,
ten ein, der Nasenrücken bleibt frei. Die Nachteile wenn möglich, immer gewährt werden →
gleichen denen bei Nasenmasken. Zudem sind Oberkörperhochlagerung.
3.5 · Nichtinvasive Beatmungstherapie
127 3

. Abb. 3.33 Beispiel für Nase-Mund-Maske, non-vented


(JOYCEeasy Full Face NV, Weinmann) → Einschlauch-Ventilsystem.
(Mit freundlicher Genehmigung der Firma Weinmann)

55 Engegefühl/Platzangst: Manche Patienten


. Abb. 3.32 Beispiel für Nase-Mund-Maske, vented
tolerieren auch Ganzgesichtsmasken besser als
(Mirage Quattro, ResMed) → Leckagesystem. (Mit freundlicher Full-Face-Masken.
Genehmigung der Firma ResMed) 55 Mundtrockenheit: Auf adäquate Atemgas-
klimatisierung achten: passiv mit speziellen
44Die Beatmungseinstellung sollte neu Befeuchtungsfiltern (HME – „heat and
evaluiert werden: Zu viel PEEP? Zu hoher moisture exchanger“) oder aktiv mit beheizten
Inspirationsdruck? Zu empfindlicher Atemluftbefeuchtern
Inspirationstrigger? Inspirationszeit zu lang? 55 Konjunktivitis durch Maskenundichtigkeit
55 Erschwertes Abhusten: Während des Husten- 55 Achtung bei COPD: größere Gefahr der
vorgangs werden die eingestellten Atemzüge dynamischen Überblähung durch nicht
weiter appliziert. Erst ab einem relativ hohen optimale Beatmung als bei Nasenmasken.
Gegendruck öffnet sich das Sicherheitsventil. 55 Brille tragen ist oft nicht möglich
Für das Husten und zur Sekretentfernung muss
die Maske abgehoben werden > Treten wiederholt Druckstellen auf trotz
55 Erschwerte Kommunikation: Während des mehrfacher Maskenanpassung, kann eine
Sprechens werden die eingestellten Atemzüge Individualmaske physiognomiegerecht
weiter appliziert, Koordination von Ein- und angepasst werden. Dies ist vor allem für
Ausatmung fehlt → Aerophagie. Zum Sprechen beatmungsabhängige Patienten in Bezug auf
muss die Maske abgehoben werden. Nasenmasken sinnvoll.
128 Kapitel 3 · Kausale und symptomatische Therapie

z Ganzgesichtsmasken (Total Face) Die Atemgasklimatisierung lässt die Maske innen


Am häufigsten wird die Ganzgesichtsmaske einge- beschlagen und behindert die Sicht. Die weiteren
setzt, um den Nasenrücken zu entlasten. Auch bei Nachteile gleichen denen der Full-Face-Masken.
Mundatmung durch Atemnot ist die Anwendung
möglich. Manche Patienten empfinden weniger
Engegefühl als mit Full-Face-Masken (. Abb. 3.34). Literatur
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131 4

Überwachung und Pflege


G. Iberl, N. Schwabbauer, M. Schellenberg

4.1 Krankenbeobachtung – 132

4.2 Vitalzeichenüberwachung allgemein – 132

4.3 Spezielle Überwachung – 132


4.3.1 Überwachung der Atmung – 133
4.3.2 Überwachung und Dokumentation von Dyspnoe – 134
4.3.3 Überwachung von Thoraxdrainagen – 136
4.3.4 Überwachung der Ausscheidung – 138
4.3.5 Überwachung von Beatmungszugängen – 139

4.4 Spezielle pflegerische Maßnahmen – 142


4.4.1 Lagerung bei schwerer Dyspnoe: Herzbettlagerung – 142
4.4.2 Ernährung bei chronischer Dyspnoe – 143
4.4.3 Dysphagie erkennen – 144
4.4.4 Absaugen: oral – transnasal – endotracheal – 145
4.4.5 Mobilisation bei chronisch refraktärer Dyspnoe – 147
4.4.6 Stuhlregulation – 150

Literatur – 151

© Springer-Verlag GmbH Deutschland 2017


G. Iberl, M. Schellenberg (Hrsg.), Pflegewissen Pneumologie, Fachwissen Pflege,
DOI 10.1007/978-3-662-52667-5_4
132 Kapitel 4 · Überwachung und Pflege

4.1 Krankenbeobachtung Dazu gehören im Stationsalltag in der Regel die


Herz-Kreislauf-Überwachung mit Blutdruck- und
G. Iberl Pulskontrolle, die pulsoxymetrische Erfassung der
Sauerstoffsättigung, die Messung der Körpertempe-
Eine der wichtigsten und anspruchsvollsten Tätig- ratur und die Bewertung des Bewusstseins.
keiten von Gesundheits- und Krankenpflegern ist Zudem ist das Im-Blick-Behalten der Harnaus-
die kontinuierliche und präzise Krankenbeobach- scheidung sehr wichtig, z. B. können mögliche ernst-
tung. hafte Komplikationen wie ein drohendes Nierenver-
4 Diese umfasst neben der Bewertung der objek- sagen frühzeitig erkannt werden – noch bevor sich
tiv messbaren Vitalfunktionen auch die Quantifizie- die Störung im Blutserum durch Anstieg des Harn-
rung von Symptomen wie Schmerzen oder Luftnot stoffs oder Kreatinins zeigt.
und das Betrachten der Bewusstseinslage und des Auf der einen Seite stehen die Normwerte, auf
seelischen Zustands im Sinne einer ganzheitlichen der anderen die Abweichungen davon. Diese sind für
Pflege. jeden Patienten individuell und in Abhängigkeit von
So wird im Krankheitsverlauf deutlich, ob pfle- der aktuellen Krankheitssituation, aber auch von den
gerische und therapeutische Entscheidungen zum Vorerkrankungen zu betrachten.
gewünschten Erfolg führen. Komplikationen können
frühzeitig erkannt werden und ein rechtzeitiges Ein- > Durch eine gründliche und aufmerksame
greifen wird möglich, um Gefahren für den Patien- Beobachtung der Vitalparameter und
ten abzuwenden. Körperfunktionen und Übermittlung
Eine gute Krankenbeobachtung erfordert neben dieser Informationen an den Arzt wird die
dem pflegerischen Fachwissen auch Selbständigkeit medizinische Versorgung eines Patienten in
im Handeln – das sachliche, umfassende Zusammen- erheblichem Maß gesteigert.
tragen der wichtigen Informationen.
Pflegeplanung, Pflegedokumentation und die
mündliche Weitergabe in der pflegerischen Über- 4.3 Spezielle Überwachung
gabe können nur so sinnvoll erarbeitet werden.
Der Pflegende muss Krankheitssituationen G. Iberl
bewerten können, um z. B. die Entscheidung zu
treffen, ob der Arzt benachrichtigt werden muss oder Auf pneumologischen Fachstationen kommen
nicht. Das ist eine hohe Verantwortung. Die Ärzte besondere Anforderungen auf Pflegekräfte zu. Neben
sind, mehr noch als vielen Pflegekräften im Allge- der allgemeinen Krankenbeobachtung und Vital-
meinen bewusst ist, auf deren sorgfältige Wahrneh- zeichenkontrolle sind spezielle die Atmung betref-
mungen und Informationen angewiesen. fende Messmethoden, die Betreuung von intermit-
Neben der allgemeinen Krankenbeobachtung tierend nichtinvasiv (Maske) beatmeten Patienten
soll das Hauptaugenmerk in diesem Kapitel auf und die Pflege von tracheotomierten Patienten wich-
der speziellen Überwachung bei pneumologischen tige Tätigkeitsfelder. Auch der sichere Umgang mit
Erkrankungen liegen. Thoraxdrainagen ist erfahrungsgemäß auf internis-
tischen Stationen immer wieder eine Herausforde-
rung. An sich der allgemeinen Krankenbeobachtung
4.2 Vitalzeichenüberwachung zugehörig, ist bei pneumologischen Patienten eine
allgemein besonders sorgfältige Ausscheidungsüberwachung
aufgrund der komplexen und schwerwiegenden
G. Iberl Erkrankungen unerlässlich.
Eine gründliche Einführung und Erklärung von
Die Vitalfunktionen werden mit den Sinnesorganen Stationsstandards ist wesentlich, um diesen speziel-
und mit technischen Hilfsmitteln erfasst. len Patientengruppen gerecht zu werden.
4.3 · Spezielle Überwachung
133 4
4.3.1 Überwachung der Atmung z Totraumventilation
Bei schweren restriktiven und obstruktiven Krank-
G. Iberl heiten geht charakteristisch bei Belastung die höhere
Atemfrequenz häufig mit geringerer Atemzugtiefe
Ende der 1980er Jahre wurde die Pulsoxymetrie einher → Totraumventilation. Zum höheren Sauer-
zur nichtinvasiven und bei Bedarf kontinuierlichen stoffbedarf kommt die zusätzliche Beeinträchtigung
Messung der Sauerstoffaufnahme eingeführt. Zudem des Gasaustauschs durch veränderte Atemmechanik.
stehen Messmethoden wie die punktuelle Blutgas- Hypoxämie und Atemnot sind die Folge.
analyse und die kontinuierliche nichtinvasive trans-
kutane CO2-Messung zur Bewertung der Ventilation z Beobachtung der Atmung in Ruhe und
zur Verfügung. im Schlaf
An erster Stelle steht jedoch immer die Kran- 55 Ist die Atmung regelmäßig?
kenbeobachtung mit den Parametern der Haut- und 55 Besteht eine Tachypnoe ≥20 Atemzüge/min?
Schleimhautfarbe, Atemfrequenz, Atemrhythmus, 55 Besteht eine Bradypnoe ≤10 Atemzüge/min?
Atemgeräuschen und Atemnotempfinden. 55 Gibt es Atempausen im Schlaf? Bewegen
sich während der Atempause evtl. Thorax
z Atemarbeit und Abdomen? → möglicher Hinweis auf
In Ruhe benötigt der Körper wenig Sauerstoff. Die obstruktive Schlafapnoe (OSA)
Ventilation (Lungenbelüftung) von ca. 7 l/min in 55 Besteht ein pathologisches Atemmuster
Ruhe ist ausreichend, um den nötigen Sauerstoff auf- (Biot-Atmung, Kussmaul-Atmung,
zunehmen und das entstehende Kohlendioxid wieder Cheyne-Stokes-Atmung)?
abzugeben. Die Atemarbeit beträgt beim Gesunden Beispiel Cheyne-Stokes-Atmung: Pathologi-
nur ca. 1–3% der maximalen Leistungsfähigkeit. sches Atemmuster mit spindelförmigem
Sobald ein Mehrbedarf an Energie, d. h. Sauer- An- und Absteigen der Atemtiefe und
stoff besteht, nimmt beim Gesunden zuerst die Atem- Atempausen. Häufig bei neurologischen
tiefe und erst in Folge davon die Atemfrequenz und Schäden und Herzinsuffizienz, zum Teil
die Pumpleistung des Herzens zu. auch in wachem Zustand zu beobachten.
55 Wie ist das Atemzeitverhältnis? → z. B. verlän-
> Fieber erhöht den Grundumsatz des Körpers, gertes Exspirium bei obstruktiven Krankheiten
es steigen bei erhöhter Körpertemperatur
Atemtiefe und -frequenz sowie die z Beobachtung der Atemexkursion
Herzfrequenz, um den Mehrbedarf zu 55 Ist die Atembewegung seitengleich?
decken. → z. B. ist bei einseitigen größeren Pleura-
ergüssen, Pneumonie, Atelektase die Thoraxbe-
z Missverhältnis von Last und Kapazität weglichkeit der betroffenen Seite eingeschränkt.
Wenn Störungen bei der Sauerstoffaufnahme und/ 55 Wird auch in Ruhe die Atemhilfsmuskulatur
oder der Lungenbelüftung auftreten, steigen Atem- eingesetzt?
frequenz (Tachypnoe) und Herzfrequenz (Tachykar- (vor allem die Hals- und Teile der Brust- und
die) kompensatorisch, um die Mindestanforderun- Rückenmuskulatur)
gen des Sauerstoffbedarfs zu decken. Das bedeutet 55 Ist eine paradoxe Atmung zu beobachten?
ein Missverhältnis von mehr Atemarbeit bei weniger Wenn das Zwerchfell gelähmt ist oder sich
Atemerfolg. aufgrund von Überlastung als Hauptatem-
Die Atemfrequenz und das Atemzeitverhältnis muskel erschöpft hat, ist die Kontraktions-
müssen bei Patienten mit pneumologischen Erkran- fähigkeit nur noch gering, und das Abdomen
kungen in Abhängigkeit von der Krankheit betrach- zieht sich „paradox“ während der Einatmung
tet werden. nach innen, während die Atemhilfsmuskeln
den Brustraum erweitern.
134 Kapitel 4 · Überwachung und Pflege

55 Besteht ein respiratorischer Alternans? 4.3.2 Überwachung und


(abwechselnde „Brust- und Bauchatmung“ Dokumentation von Dyspnoe
zur Schonung bei drohender muskulärer
Erschöpfung) G. Iberl

> Die Atemmuskeln sind quergestreifte Wenn Patienten Atemnot äußern, muss dies immer
Skelettmuskeln und haben den gleichen ernst genommen und präzise evaluiert werden, um
strukturellen Aufbau wie z. B. die lebensbedrohliche Komplikationen frühzeitig zu
4 Beinmuskeln. Bei zunehmender Überlastung erkennen.
ermüden sie, und die Lungenbelüftung Differenzialdiagnostisch kommen kardiale, pul-
nimmt ab mit der drohenden Folge des monale, neuromuskuläre, psychogene, mechanische,
respiratorischen hyperkapnischen metabolische, gastrointestinale und auch hämatolo-
Versagens. gische Ursachen in Frage.
Das Ausmaß der Atemnot kann nur der Patient
z Beobachtung der Atemgeräusche selbst beurteilen, es gibt dazu keine verlässlich
Stridor, Giemen, Brummen, Knistern, Rasseln: messbaren Parameter. Sie ist mit abhängig von der
55 in der Einatmung, ­Persönlichkeit des Patienten und dessen Anpas-
55 in der Ausatmung, sungsmechanismen.
55 in der Ein- und Ausatmung?
z Erfassung
Hinweis: 55 Akut?
55 Beeinträchtigungen der oberen Luftwege verur- 55 Chronisch refraktär?
sachen bereits in der Einatmung pathologische 55 Zunehmend, z. B. im Rahmen bronchialer
Atemgeräusche. Infekte?
55 Beeinträchtigungen der unteren Luftwege, 55 In Ruhe oder nur unter Belastung?
z. B. COPD, verursachen pathologische 55 Besteht ein thorakales Engegefühl? Lufthunger?
Atemgeräusche in der Ausatmung. Erschwerte Atmung?
55 Gibt es zusätzliche Symptome (z. B. Schwindel,
> Bei einer Hyperventilation, die trotz Schmerzen)?
Sauerstoffgabe in der Blutgasanalyse 55 Wie ist der Verlauf unter therapeutischen
mit erniedrigten Kohlendioxidwerten Maßnahmen?
(Hypokapnie) und erniedrigter Sauerstoff-
sättigung (Hypoxämie) einhergeht, z Dokumentation
droht im Verlauf das respiratorische Während für das Symptom „Schmerz“ seit geraumer
hyperkapnische Versagen. Die Vitalzeichen Zeit Standards für Schmerzerfassung und -therapie,
müssen engmaschig überwacht Beratung und Schulung etabliert sind, gibt es im kli-
werden. nischen Alltag für die Erfassung, Dokumentation
und Überwachung des Symptoms „Dyspnoe“ kein
Beispiel geregeltes Vorgehen.
Gabe von 6 l Sauerstoff über die Nasenbrille. Wie die Intensität des Schmerzes, kann die Intensi-
SaO2: 84%, pO2: 50 mmHg, pCO2: 30 mmHg, tät der Atemnot nur über die Einschätzung des Patien-
pH: 7,49, BE: –3 ten erfasst werden. Dafür gibt es einige Möglichkeiten.
Die Atemfrequenz ist mit 30/min deutlich erhöht,
um die Ventilation aufrechtzuerhalten. Diese Atem- Quantifizierung der Dyspnoe
arbeit wird der Patient nicht dauerhaft leisten 55 Untersuchung der Belastbarkeit: 6-Minuten-
können! Gehtest, (Spiro-)Ergometrie
4.3 · Spezielle Überwachung
135 4
55 Borg-Skala: Numerische Ratingskala (NRS) Der Therapieverlauf, etwaige Besserungen, aber auch
Grad 0–10, auf der der Patient subjektiv das akute Komplikationen können besser dokumentiert
Ausmaß der Atemnot als Zahlenwert angeben werden.
kann (. Tab. 4.1) Es ist z. B. möglich, Beatmungspatienten während
55 Borg-Skala: Visuelle Analogskala (VAS) Grad der Therapie nach dem Grad der Atemnot zu fragen –
0–10, auf der der Patient subjektiv das Ausmaß auch kleine Änderungen an der Einstellung können
der Atemnot z. B. als Farbnuance (Ampel- eine Verbesserung bringen.
farben) oder z. B. als stilisierten Gesichtsaus-
druck angeben kann z Angst verschlimmert Atemnot
55 mMRC-Score (Modified Medical Research Atemnot wird verstärkt durch ineffektive Atemarbeit.
Council): Grad 0–4, bezeichnet numerisch Angst → Aktivierung des Sympathikus → zuneh-
nicht die aktuelle Atemnotsituation, sondern mende Leistung der Muskeln und des Stoffwechsels →
allgemein, bei welcher Belastungsintensität O2-Bedarf steigt → Atemfrequenz steigt → vermehrte
Atemnot auftritt. Atemmuskelarbeit mit O2-Verbrauch, gleichzeitig
vermehrte Totraumventilation mit ineffektivem Gas-
Dokumentation mithilfe der Borg-Skala Die numeri- austausch → weitere Steigerung der Atemarbeit usw.
sche oder visuelle Borg-Skala kann auch bei schwer-
kranken Patienten einfach und mit wenig Aufwand z Pflegerische Maßnahmen zur
eingesetzt werden. Die subjektive Einschätzung Symptomkontrolle, Überwachung und
vieler Patienten ist gut nachvollziehbar und dient Dokumentation
der Symptomkontrolle. 55 Ausmaß der Atemnot erfragen (Borg-Skala)
55 Vitalwertkontrolle, auf Zeichen der respiratori-
> Eine Benennung und Bewertung der schen Insuffizienz achten
Atemnot spiegelt auch dem Pflegepersonal 55 Patient beruhigen und zum langsamen,
den Leidensdruck wider, unter dem die ruhigen Atmen auffordern
Patienten stehen. 55 Atmung manuell unterstützen → z. B. vorsichtig
kaudaler Zug am Sternum
55 Atemerleichternde Lagerung im Bett →
Herzbett/Pilotsitz
. Tab. 4.1 CR-10/Borg-Skala zur Überwachung von
55 Fenster öffnen
Dyspnoe
55 Bedarfsmedikamente verabreichen (Antiobst-
0 überhaupt keine Atemnot ruktiva, Opioide, Benzodiazepine, Analgetika)
0,5 sehr, sehr milde (knapp wahrnehmbar) 55 Feuchtinhalation aufgrund der Atemnot mit
Maske, bei obstruktiven Erkrankungen und/
1 sehr milde
oder Sekretverhalt
2 milde
55 Intensivierung der Sauerstoffgabe bei
3 mäßig Hypoxämie → Rücksprache mit dem Arzt
4 recht schwer (Cave: alveoläre Hypoventilation)
5 schwer 55 Intermittierende nichtinvasive Beatmung →
6
Rücksprache mit dem Arzt (Cave: bei Pneumo-
thorax Gefahr eines Spannungspneumothorax!)
7 sehr schwer
8 ! Cave
9 sehr, sehr schwer (fast maximal) Dyspnoe mit neu aufgetretenen
10 maximale Atemnot Thoraxschmerzen ist ein pneumologischer
Notfall, der Arzt muss sofort verständigt werden!
136 Kapitel 4 · Überwachung und Pflege

4.3.3 Überwachung von Absaugung von Luftansammlungen und Weichteilem-


Thoraxdrainagen physem kann daher der Sog sogar bis zu –40 mmHg
betragen.
G. Iberl Bei nicht verschließbaren persistierenden Fisteln
kann zur Dauerdrainage ein Beutel mit Heimlich-
Nicht nur im intensiv- oder thoraxchirurgischen Ventil angeschlossen werden.
Bereich kommt es zur Anlage von Thoraxdrai-
nagen. Wie 7 Abschn. 3.3.3 beschrieben, liegen die z Schmerztherapie und Mobilisation
4 Aufgaben von Thoraxdrainagen in der Ableitung Eine ausreichende Schmerztherapie ist obligat.
von Exsudat, Transsudat, Blut, Lymphe oder Eiter Minderatmung, Tachypnoe und schmerzbe-
bei Pleuraergüssen und in der Ableitung von Luft dingte Hustenunterdrückung müssen vermieden
beim Pneumothorax. Thoraxdrainagen dienen werden. Trotz liegender Thoraxdrainage muss sich
auch als Zugangsweg für therapeutische Maß- der Patient ausreichend mobilisieren können zur
nahmen, wie z. B. für die Spülung einer infizierten Pneumonieprophylaxe.
Pleurahöhle oder für die Instillation von Medika- Bei chronischer respiratorischer Insuffizienz steigt
menten z. B. zur gezielten Verklebung der Pleu- überdies die Gefahr eines hyperkapnischen Versagens.
rablätter (Pleurodese) bei rezidivierenden mali- Meist kann ein angebrachter Sog für eine gewisse
gnen Pleuraergüssen. Die vorrangigen Ziele der Zeit (Mobilisation, Patiententransport) unterbro-
Therapie sind die Reinigung der Pleurahöhle und chen werden. Ein Einflaschensystem mit Wasser-
die möglichst vollständige Wiederausdehnung des schloss erzeugt einen hydrostatischen negativen
Lungengewebes. Druck (annähernd des physiologischen Unter-
Was nun zusätzlich, neben der Positionierung drucks) in Abhängigkeit von der Eintauchtiefe des
und einem korrekten Verbandswechsel bei der Über- Stabes und der Körperposition.
wachung von Thoraxdrainagen wichtig ist, soll in Falls das nicht ausreichend ist, können geschlos-
diesem Kapitel thematisiert werden. sene Thoraxdrainagensysteme zum Einmalgebrauch
(diese halten den Sog eine gewisse Zeit aufrecht) oder
z Schlauchkontrolle aber elektrische Saugsysteme mit Akku (z. B. Thopaz,
Die Pflegenden sollten mehrmals pro Schicht auf Medela) verwendet werden.
Abknickung, Verdrehung und Diskonnektion des
kompletten Drainageschlauchs achten. Ebenso muss z Mögliche Komplikationen und Symptome
die Flüssigkeitsmenge und -konsistenz, die Durch- 55 Verstopfung → Sekretverhalt, Pneumothorax
gängigkeit, das Vorhandensein von Luftleckagen und 55 Zu hohe Lage → starke Schmerzen
– bei Vorliegen eines Weichteilemphysems – die Zu- 55 Schlauchabknickung in der Nähe der Eintritts-
oder Abnahme der Größenausdehnung beständig im pforte → Sekretverhalt, Pneumothorax, starke
Auge behalten und im Pflegebericht dokumentiert Schmerzen
werden. 55 Zug auf dem Schlauch → starke Schmerzen
55 Zu hoher Sog → starke Schmerzen
z Kontrolle des eingestellten Sogs 55 Diskonnektion der Drainage → Lungenkollaps,
Die Kontrolle und Korrektur der eingestellten Dyspnoe, Hypoxämie
Soghöhe ist bei jedem Patientenkontakt erforder- 55 Extrathorakale Lage → Lungenkollaps,
lich. Ein zu hoch eingestellter Sog kann zu starken Dyspnoe, keine Förderung von Sekret/Luft
Schmerzen führen, nach Pneumonektomie sogar zu 55 Intrapulmonale Lage → vor allem Blutung,
einer Verziehung des Mediastinums. Schmerzen
Die Standardeinstellung nach thoraxchirur- 55 Verletzung der Interkostalgefäße → Blut im
gischen Operationen liegt in der Regel bei –10 bis Drainagenglas und aus der Eintrittsstelle
–15 mmHg. 55 Weichteilemphysem: → Volumenzunahme,
Flüssigkeiten entleeren sich leichter als Luft knisternde Haut (Krepitation), näselnde
(Prinzip der kommunizierenden Röhren). Zur Stimme Druckgefühl, Dyspnoe
4.3 · Spezielle Überwachung
137 4
55 Pleuraempyem → trübes Sekret, Fieber z Funktionskontrolle einer Thoraxdrainage
55 Blutung nach thoraxchirurgischem Eingriff 55 Wenn ein kleiner Teil des Sekrets atemab-
→ frisches Blut im Drainagenglas hängig im Steigrohr des Wasserschlosses
55 Lockerung der Naht → starke Sekretion an der pendelt – es steigt in der Inspiration aufgrund
Einstichstelle, ggf. Blubbern (Luft) aus der des entstehenden negativen Drucks hoch und
Eintrittsstelle sinkt in der Exspiration wieder ab – dann
funktioniert eine Thoraxdrainage am Wasser-
Weichteilemphysem Der Übertritt von Luft auf- schloss regelrecht.
grund bronchopleuraler Fisteln aus dem Pleura- 55 Wenn Luftbläschen atemabhängig (in der
raum in das subkutane Gewebe verursacht das klini- Ausatmung) kontinuierlich/sprudelnd im
sche Bild eines Weichteilemphysems. Dies geschieht Drainagenglas aufsteigen, dann „fistelt“ die
spontan (z. B. Pneumothorax), jedoch meist iatro- Drainage. Es besteht eine Luftleckage (Alveo-
gen (Drainage, ZVK-Anlage, Punktion) oder durch larruptur oder bronchopleurale Fistel)
Gewalteinwirkung von außen (Eröffnung des Pleura- 55 Der Hustentest (Blubbern im Glas) zeigt, ob bei
raums durch das Rippenfell). Auch ein mediastinales einem Pneumothorax die Fistel verschlossen ist
Emphysem, z. B. durch Entzündungen des Lungen- oder die Drainage nur „verlegt“ war.
parenchyms, kann eine Ursache darstellen. 55 Wenn sich das Sekret auch bei maximaler
Wenn ein Weichteilemphysem auftritt, müssen Einatmung und beim Hustentest überhaupt
sofort Schmerzen und Husten vermieden werden, nicht im Steigrohr bewegt, deutet dies auf eine
damit keine unnötig hohen intrathorakalen Drücke Verstopfung der Drainage hin.
entstehen, die die bronchopleurale Fistel noch weiter
eröffnen. Beängstigend für die Patienten sind die Praxistipp
häufig beeinträchtigte Sprechfähigkeit (Näseln), die
Schwellung der Augenumgebung mit Einschränkung 55Thoraxdrainagen am Wasserschloss niemals
der Sehfähigkeit, die allgemeine Volumenzunahme beim Patiententransport abklemmen. Bei
und das Knistern der Haut bis hin zu starken Druck- bestehender Luftleckage vorab das Glas
gefühlen und Atemnot. wechseln, auf niedrige (2 cm) Eintauchtiefe
Sofort müssen die Eintrittsstelle, Fixierung, Drai- des Stabes achten.
nagenfunktion und die Sogeinstellung kontrolliert 55Bei dauerhaft erforderlichem hohen
werden. Die Drainagenlage muss radiologisch über- Sog müssen für den Patiententransport
prüft werden, ggf. muss eine Drainagenrevision und geschlossene Thoraxdrainagensysteme
Soganpassung erfolgen bzw. eine zusätzliche Drai- oder elektrische Saugsysteme verwendet
nage gelegt werden, um einen Spannungspneumo- werden.
thorax zu vermeiden. 55Thoraxdrainage nicht über das Niveau der
Einstichstelle bringen.
> Ein neues Weichteilemphysem ist sofort dem 55Wird ein extern angebrachter Sog
Arzt zu melden. abgeschaltet, muss der Zugang zur
Atmosphäre frei sein, ansonsten gilt
Reexpansionsödem Wenn ein länger bestehender, die Drainage als abgeklemmt: Das
die Lunge komprimierender Erguss drainiert wird, Wasserschloss ist somit als Ventil
sollte eine fraktionierte Ergussentleerung stattfinden, ausgeschaltet, der hydrostatische
damit sich die Lunge über Stunden und Tage wieder Sog entfällt.
schonend ausdehnen kann. 55Empfehlung: Extrafixierung des Drainage-
Wird ein großer Pleuraerguss zu schnell abgezo- schlauchs mit getunneltem Pflaster an der
gen, kann es zum Reexpansionstrauma, Surfactant- Brustwand. So zieht eine unwillkürliche
verlust und Lungenödem kommen. heftige Bewegung nicht an der
Klinische Zeichen sind starker Husten, Hypox- Einstichstelle.
ämie und Hypotension bis zum Schock.
138 Kapitel 4 · Überwachung und Pflege

Fortsetzung Wie viel davon über die Haut und die Atmung
ausgeschieden wird, ist von der Umgebungstempe-
55Prüfung einer bronchopleuralen Fistel durch ratur und dem Maß an körperlicher Anstrengung
Husten: Wenn sich keine Luft mehr entleert abhängig und kann im Alltag nicht präzise gemes-
und die Flüssigkeit im Steigrohr etwas sen werden.
pendelt, deutet das auf eine ausgedehnte Der Flüssigkeitsverlust muss über das Trinken
Lunge und einen Verschluss der Fistel hin. und die Nahrungsaufnahme wieder ersetzt werden.
55Thoraxdrainagen müssen unter hygienischen Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V.
4 streng überwacht werden. Unter empfiehlt eine durchschnittliche Wasserzufuhr
fortschreitender Liegedauer steigt das Risiko durch Getränke von 1440 ml/Tag unter „normalen“
einer Infektion und damit eines Empyems. Bedingungen.
Sondenkost enthält ca. 80% Wasser, das in eine
Bilanz mit einberechnet wird. Aber auch feste Nah-
rungsmittel enthalten Wasser. Bei der Verstoffwech-
z Entfernen der Thoraxdrainage und selung vormals fester Nährstoffe entsteht in der Zelle
Nachsorge als Nebenprodukt Oxidationswasser, das nicht quan-
Vor dem Entfernen einer Thoraxdrainage wird diese titativ erfasst werden kann.
für einen Tag an einen Sekretbeutel angeschlossen
und geprüft, ob sich weiterhin Sekret oder Luft in den z Flüssigkeitsverlust
Beutel entleert. Beim Entfernen ist auf ausreichende Akute pathologische Flüssigkeitsverluste treten bei
Analgesie zu achten. Die Thoraxdrainage wird meist Fieber, Erbrechen, Diarrhö, aber auch z. B. durch Blu-
im Valsalva-Atemmanöver (massiver Exspirations- tungen oder Verbrennungen auf.
versuch gegen die geschlossene Stimmritze) entfernt, Der Körper kann Flüssigkeitsmangel für kurze
wobei die Tabaksbeutelnaht fest angezogen wird und Zeit kompensieren, indem die Produktion des anti-
die Fäden gekappt werden. Anschließend wird ein diuretischen Hormons (ADH) gesteigert wird. Dies
fester Verband angelegt. Die Vitalwertkontrolle im führt zu einer vermehrten Rückgewinnung von Pri-
Anschluss, regelmäßige Kontrolle des Wundver- märharn durch die Niere (→ verminderte Urinaus-
bands und eine zeitnahe Röntgenkontrolle sind scheidung), zu Gefäßverengung und somit zu einem
obligat. Die Fäden können nach etwa 10 Tagen ent- höheren Blutdruck.
fernt werden. Chronische Flüssigkeitsverluste entstehen bei
Erkrankungen wie z. B. Diabetes mellitus durch die
Hyperglykämie, bei Niereninsuffizienz mit Polyurie
4.3.4 Überwachung der Ausscheidung und selten bei Krankheiten der Hirnanhangsdrüse
(Hypophyse) durch einen Mangel an ADH. Auch
G. Iberl entzündliche Darmkrankheiten, wie z. B. Morbus
Crohn können zu Dehydration führen. Eine iatro-
Der Mensch besteht zum größten Teil aus Wasser. gene Ursache ist nicht selten die Behandlung mit
Der Wasseranteil ist kein fester Wert, sondern Diuretika.
bewegt sich abhängig vom Lebensalter und vom Durstgefühl tritt beim Verlust von ca. 0,5% des
Fettgehalt zwischen 50 und 70% der Körpermasse. Körperwasseranteils auf. Das Durstgefühl nimmt bei
Das Wasser befindet sich im Verdauungstrakt, in älteren Menschen ab.
den großen Körperhohlräumen (transzellulär), im
Blutplasma, in den Zellzwischenräumen (inter-
stitiell) und zum größten Teil in den Zellen selbst Dehydrierung: Symptome und Folge-
(intrazellulär). erscheinungen
Der Körper gibt mit der Urinausscheidung, dem 55Trockene Haut und Schleimhäute, stehende
Stuhlgang, der Hautatmung (Perspiratio insensibi- Hautfalten am Handrücken
lis), dem Schweiß (Perspiratio sensibilis) sowie mit 55Hypotonie
der Ausatmung kontinuierlich Flüssigkeit ab.
4.3 · Spezielle Überwachung
139 4
So wird die messbare Ausfuhr (Urin, Drainagen-
55Oligurie bis hin zu Anurie, unangenehmer sekretion) von der messbaren Einfuhr (Trinkmenge/
Geruch des Urins Infusionen/Sondennahrung) subtrahiert unter der
55Desorientiertheit bis hin zu Somnolenz qualitativen Mitbewertung der zusätzlich auftre-
55Erhöhte Blutviskosität → Thrombosegefahr tenden Faktoren wie z. B. starkes Schwitzen, hohes
55Tachykardie, Arrhythmie Fieber oder Erbrechen.
Der Arzt ordnet die 24-Stunden-Bilanz, die Höhe
der Zielbilanz und die maximale Einfuhr entsprechend
Verminderte Urinausscheidung bei Sepsis Das der diagnostischen Untersuchungsergebnisse an.
Symptom der verminderten Urinausscheidung bei Pflegerische Aufgabe ist die zuverlässige Umset-
gleichzeitiger Hypotension, Hypoxämie und Vigi- zung durch die Krankenbeobachtung.
lanzminderung trotz adäquater Volumenzufuhr ist Die tägliche Kontrolle des Körpergewichts ist
neben laborchemischen Parametern ein Anzeichen eine einfache und wirksame Methode, den „Wasser-
für die infektionsbezogene Organdysfunktion bei stand“ des Körpers im Verlauf anzuzeigen und the-
der Entwicklung eines septischen Krankheitsbildes. rapeutische Entscheidungen mit zu steuern.

z Überwässerung durch reduzierte z Wichtige Aspekte der Ausscheidungskontrolle


Urinproduktion 55 Vitalzeichenkontrolle, Hautturgor, Vigilanz
Zur Überwässerung des Körpers kommt es, wenn bei 55 Ist die Flüssigkeitszufuhr ausreichend (Trink-
Krankheiten wie Herzinsuffizienz oder chronischer menge, Sondennahrung, Infusion)?
(oligourischer) Niereninsuffizienz nicht ausreichend 55 Sammelurin oder Stundenportion über
Urin ausgeschieden werden kann. Dauerkatheter
55 Auffälligkeiten in Geruch, Farbe, Konsistenz,
Beimengung (Blut)?
Überwässerung: Symptome und klinische 55 Bei zu geringer Einfuhr: Nimmt die Urinpro-
Zeichen duktion nach Flüssigkeitsgabe zu?
55Gewichtszunahme 55 Bei ausreichender Einfuhr: Diuretika nach
55Zunehmende Atemnot Arztanordnung → nimmt die Urinproduktion zu?
55Periphere Ödeme, Anasarka 55 Dokumentation und qualitative Bewertung von
55Lungenödem Schwitzen, Erbrechen, Diarrhö → an zeitnahen
55Gestaute Halsvenen Ausgleich des Flüssigkeitsverlustes denken
55Hypotonie oder Hypertonie bei 55 Beobachtung von Verlusten über Drainagen:
Herzinsuffizienz Wie viel Sekret/Blut wird gefördert? →
55Hypertonie bei chronischer Niereninsuffizienz Ausgleich des Flüssigkeits-/Blutverlustes nötig?
55 Entwicklung peripherer Ödeme?
55 Zunehmende Dyspnoe?
Neben der Behandlung der Grundkrankheit und der
Gabe von Diuretika muss die Flüssigkeitsmenge ein-
geschränkt und eine Bilanz erstellt werden. 4.3.5 Überwachung von
Beatmungszugängen
z 24-Stunden-Bilanz
Es ist nicht möglich, die tatsächliche Wasserauf- N. Schwabbauer
nahme und -abgabe exakt zu messen.
Weder das Oxidationswasser oder der Wasser- > Beatmungsabhängige, hilflose Patienten
anteil der festen Nahrung bei der Einfuhr noch die dürfen ungeachtet des Beatmungszugangs
Hautatmung, der Wasseranteil des Stuhlgangs, der nur auf Intensiv- bzw. Intermediate-
Ausatemluft, des Schweißes, des Erbrochenen oder Care(IMC)-Stationen mit entsprechender
der Mehrausscheidung bei Fieber in der Ausfuhr Überwachungsmöglichkeit und Expertise
können präzise beziffert werden. untergebracht werden.
140 Kapitel 4 · Überwachung und Pflege

Wird ein Patient außerhalb einer Intensivstation


betreut, kommen auf das Pflegepersonal bezüg-
lich Überwachung und Pflege spezifische Heraus-
forderungen zu. Jede Kette ist nur so stark wie ihr
schwächstes Glied – sieht man Beatmungsgerät,
Schlauchsystem, Beatmungszugang und Patient als
„Beatmungskette“ an, erklärt sich von selbst, welche
Wichtigkeit auf der Funktionalität des Beatmungs-
4 zuganges liegt.
Prinzipiell werden invasive sowie nichtinvasive
Beatmungszugänge unterschieden.

z Invasive Beatmungszugänge
. Abb. 4.1 Blockbare gesiebte Kanüle mit diversen
Invasive Beatmungszugänge werden in den Körper
Innenkanülen
des Patienten eingebracht, dieses geschieht entweder
durch eine endotracheale Intubation oder eine Tra-
cheotomie. Während die endotracheale Intubation
der Intensivstation vorbehalten ist, werden Patien-
ten mit Trachealkanülen immer häufiger auf Nor-
malstationen oder IMC-Einheiten weiterbehandelt.
Um einen sicheren Umgang mit dem tracheoto-
mierten Patienten zu gewährleisten, muss die verant-
wortliche Pflegekraft über die Anlage des Tracheos-
tomas (chirurgisch oder punktiert) sowie über Art
und Besonderheiten der Trachealkanüle Bescheid
wissen bzw. über das aktuelle Behandlungskonzept
(Wann soll die Kanüle geblockt werden? Darf ent-
blockt werden? Etc.) informiert sein.
Komplikationen treten bei tracheotomierten
Patienten eher selten auf, können jedoch dann in
ihrer Konsequenz dramatisch bis lebensbedrohlich
sein.
Die meisten Trachealkanülen (. Abb. 4.1) besit- . Abb. 4.2 Subtotale Okklusion einer Trachealkanüle

zen zur Beatmung bzw. zum Schutz vor Makroas-


pirationen einen luftgefüllten Ballon (Cuff ), der sammelt sich im Kanülenlumen an und kann hier zu
die unteren Atemwege gegen Larynx und Pharynx einer Obstruktion des Innenlumens mit Erhöhung
abschließt. Dieser Cuff muss mit einem Druck auf- des Atemwegswiderstandes oder im schlimmsten
geblasen („geblockt“) werden, der zum einen die Fall zu einem Komplettverschluss mit nachfolgen-
Trachea abdichtet und zum anderen keine Druck- der Asphyxie führen (. Abb. 4.2). Um die Belas-
läsionen an der Schleimhaut verursacht. Zu diesem tung eines notfallmäßigen Kanülenwechsels bei
Zweck muss der Cuffdruck regelmäßig mittels eines einer Sekretverlegung zu vermeiden, sollten mög-
Cuffdruckmessers überprüft werden. Die übli- lichst Trachealkanülen mit Innenkanülen verwen-
cherweise angewandten Drücke liegen hier um det werden. So muss im Falle einer Obstruktion nur
25 mmHg und sind mit einem „grünen Bereich“ die Innenkanüle und nicht der komplette künstli-
gekennzeichnet. che Atemweg gewechselt werden. Weiter empfiehlt
Die Trachealkanüle stellt immer ein Hinder- es sich, die Durchgängigkeit der Kanüle einmal pro
nis für die physiologische mukoziliäre Clearance Schicht durch eine einfache visuelle Inspektion der
dar. Das anfallende, oralwärts transportierte Sekret Innenkanüle zu überprüfen.
4.3 · Spezielle Überwachung
141 4
Wie in 7 Abschn. 1.1 beschrieben, fällt den oberen
. Tab. 4.2 Probleme von Trachealkanülen
Atemwegen u. a. die Aufgabe der Befeuchtung und
Erwärmung der Atemgase und somit der Aufrecht- Problem Ziel Maßnahme
erhaltung der mukoziliären Clearance zu. Werden
die oberen Atemwege jedoch durch einen künst- Cuff Keine Aspiration Cuffdruckkon-
trolle
lichen Atemweg umgangen, müssen Wärme und
Feuchte artifiziell zugeführt werden. Dies kann durch Cuff Keine Ulzera- Cuffdruckkon-
tionen trolle, wenn
passive Befeuchtungssysteme (HME = „heat and
möglich Phasen
moisture exchanger“), den sog. „feuchten Nasen“, der Entblockung
oder – seltener – durch aktive Befeuchter realisiert
Kanülenlu- Sichere Venti- Wechsel/Reini-
werden, die von extern feuchtwarme Luft zuführen. men lation gung der Innen-
Passive Befeuchtungssysteme weisen eine nur redu- kanüle
zierte Befeuchtungsleistung (<30 mg H2O/l Atem- Kanülenlu- Aufrechterhal- Befeuchtung
luft) auf, die durch die zusätzliche Gabe von Sauer- men tung des Sekret-
stoff noch verschlechtert werden kann. Kommt es clearance
in diesem Falle zu einer Sekretretention, so ist ein Kanülenlu- Sichere Venti- Verwendung
aktives Befeuchtungssystem (ca. 40 mg H2O/l Atem- men lation von Innenka-
luft) vorzuziehen. nülen
Bei vielen Patienten kommen im Zuge der Kanülenlu- Aufrechterhal- Absaugen des
Rekonvaleszenz Sprechventile zum Einsatz, die men tung des Sekret- anfallenden
clearance Sekrets
eine Inspiration über die Kanüle zulassen, um dann
während der Exspirationsphase den Atemstrom in Sprechventil Sichere Venti- Entblocken der
Richtung Larynx/Pharynx umzulenken und so eine lation Kanüle

Stimmbildung zu ermöglichen. Bevor ein Sprechven-


til zum Einsatz kommt, ist die Kanüle zu entblocken,
da sonst die Gefahr der Asphyxie bei unmöglicher nicht zu beheben, sollte zeitnah ein Wechsel der
Exspiration besteht. Maske bezüglich Größe oder Typ initiiert werden.
Weitere Schwierigkeiten bis hin zu Drucknekrosen
> Der Einsatz von Sprechventilen darf nur bei können durch einen zu straffen Maskensitz verur-
entblockten Kanülen erfolgen! sacht werden. Hier muss der Kompromiss zwischen
perfekter Abdichtung durch die Maske und der Ver-
Mögliche Probleme von Trachealkanülen sind in hinderung von Hautschädigungen gefunden werden.
. Tab. 4.2 beschrieben.
> Auftretende Leckagen sollten behoben
z Nichtinvasive Beatmungszugänge werden, da sie die Effektivität der
Eine nichtinvasive Beatmung erfolgt über Masken- Beatmungstherapie beeinträchtigen.
systeme, die je nach Ausmaß der respiratorischen
Störung intermittierend (in der Regel nachts) oder Bei korrektem Maskensitz lässt sich die Maske mit
länger andauernd getragen werden sollen. Unter- einer Hand leicht vom Gesicht abheben, schließt
schieden werden Ganzgesichtsmasken, Mund- danach aber wieder dicht ab.
Nasen-Masken, Nasenmasken und Nasenprongs Eine seltene, jedoch potenziell gefährliche
(Nasenoliven). Eine der häufigsten Fehlerquellen Komplikation stellt die Aerophagie dar, die je nach
stellen Leckagen dar, die in der Regel durch ein zu Ausmaß bis hin zur lebensbedrohlichen respiratori-
lockeres Gurtsystem oder eine falsch gewählte Mas- schen Insuffizienz führen kann. Hierbei gelangt ein
kengröße bzw. -art verursacht werden. Diese können Teil der vom Respirator gelieferten Luft in den Magen-
zu Konjunktivitiden, Geräuschbelastung und redu- Darm-Trakt und überbläht diesen ( . Abb. 4.3).
zierter Beatmungseffektivität führen. Sind diese Hinweise darauf geben die Schilderungen des Patien-
Leckagen durch eine Korrektur des Maskensitzes ten und die Auskultation des Magens.
142 Kapitel 4 · Überwachung und Pflege

. Abb. 4.3 Massive Aerophagie unter nichtinvasiver Beatmung


. Abb. 4.4 Schwere Atemnot bei fortgeschrittener COPD
und Lungenemphysem trotz nichtinvasiver Beatmung:
Bei fehlender Unterlagerung der Arme ist der Einsatz der
. Tab. 4.3 Probleme bei Beatmungsmasken
Atemhilfsmuskulatur nur eingeschränkt möglich.

Problem Ziel Maßnahme


Patienten mit sehr starker Atemnot tolerieren keine
Maskensitz Keine Haut- Maskenwechsel,
schädigungen Maskenanpassung andere Position.
Orthopnoe: Stärkste Dyspnoe, die den Einsatz
Maskensitz Keine Leckage Maskenwechsel,
Maskenanpassung der Atemhilfsmuskulatur in aufrechter Haltung nötig
macht.
Beatmungs- Keine Aero- Nasenmaske,
druck phagie Reduktion des Be-
Die Herzbettlagerung berücksichtigt zusätzliche
atmungsdruckes Kriterien. Sie ist gut als Sofortmaßnahme bei schwe-
rer Dyspnoe geeignet, bis die weiteren eingeleiteten
symptomatischen und/oder kausalen Maßnahmen
Die Symptomatik einer Aerophagie reicht vom greifen (. Abb. 4.4).
einfachen Aufstoßen über das Gefühl des „Aufge-
blasenseins“ bis hin zur lebensbedrohlichen respi- z Durchführung und Wirkmechanismen
ratorischen Insuffizienz. Abhilfe können hier die 55 Der Bettknick des Kopfteiles muss sich
Reduktion der Beatmungsdrücke, der Gebrauch von im Bereich der Hüftgelenke befinden, auf
Nasenmasken und als Ultima Ratio die Anlage einer gestreckte Wirbelsäule achten. Ansonsten wird
perkutanen endoskopischen Gastrostomie (PEG) zur das Abdomen komprimiert und der Druck der
Entfernung der Luft darstellen (. Tab. 4.3). Bauchorgane behindert die Zwerchfellarbeit.
55 Kopfteil anheben: Winkel 45–60 Grad. Die
Ablage des Oberkörpers muss zur Entlastung
4.4 Spezielle pflegerische möglich sein.
Maßnahmen 55 Kniegelenke anbeugen und Lagerung der Beine
in leichter Außenrotation. Damit wird ein Zug
4.4.1 Lagerung bei schwerer Dyspnoe: auf die Bauchmuskulatur vermieden und die
Herzbettlagerung Zwerchfellarbeit erleichtert.
55 Feste Unterlagerung der Arme in abgespreizter
G. Iberl (Abduktions-)Lage entlastet vom Gewicht des
Schultergürtels und ermöglicht den Einsatz
Die Hochlagerung des Oberkörpers ist zur Erleichte- der Atemhilfsmuskulatur (7 Abschn. 3.2.1).
rung der Atmung bei akut auftretender Dyspnoe oder Die basalen Lungensegmente werden besser
rezidivierenden Atemnotattacken selbstverständlich. belüftet.
4.4 · Spezielle pflegerische Maßnahmen
143 4
55 Schiefe Bettebene (umgekehrt Trendelenburg Belastung durch das Essen kann die Flussrate bei
ca.15–30 Grad) einer bestehenden Sauerstofftherapie auf Anordnung
55 Effekt auf Herz: Abnahme des intrathorakalen erhöht werden. Viele Patienten wünschen sich offene
Blutvolumens durch verminderten venösen Fenster und Zimmertüren oder auch einen Ventila-
Rückfluss, kardiale Entlastung (venöses Pooling). tor. Eventuell kann Hilfe bei der Zubereitung (Brote
55 Effekt bei Pleuraerguss: verbesserter Abfluss schmieren, schneiden) entlastend sein.
über das Lymphsystem durch Poren der basalen Volle Teller und große Essensportionen demo-
Lungenabschnitte. tivieren Patienten mit Dyspnoe, weil sie damit vor
einer nicht zu bewältigenden Aufgabe stehen.
! Cave
Durch die Herzbettlagerung besteht eine
erhöhte Dekubitusgefahr (vor allem Kreuz- Geeignete Nahrung
und Steißbein, Beckenkamm, Wirbelsäule, 55Ausgewogen, vitaminreich, gut verdaulich
Schulterblatt, Fersen). (blähende Nahrung vermeiden)
55Wunschkost besprechen
z Spezielle Lagerung bei schwerem Obesitas- 55Weich und feucht, Kauarbeit vermindern
Hypoventilationssyndrom 55Kalorienreiche Nahrung: Sahnejoghurt,
Lieblingsposition ermöglichen! Meist ist dies eine Pudding etc.
kombinierte Seit- und Oberkörperlagerung. Es 55Viele kleine Essensportionen über den Tag
werden zum Teil steile Seitlagen eingenommen, um verteilt → Genuss
den Bauch auf dem Bett „ablegen“ zu können und 55Besser Aufstriche als Käse/Wurstscheiben
damit das Zwerchfell optimal zu entlasten. 55Weißbrot ohne Rinde
55Zusätzliche kalorienreiche Trinknahrung
anbieten
4.4.2 Ernährung bei chronischer
Dyspnoe
Patienten, die sich aufgrund von akuter Dyspnoe
G. Iberl nach 3 Tagen nicht vollständig ernähren können,
sollten zusätzlich enterale/parenterale Ernährungs-
Die Nahrungsaufnahme als existenzielles Grundbe- therapie erhalten.
dürfnis ist für die meisten gesunden Menschen mit Bei Patienten mit chronischer Dyspnoe, z. B. mit
großem Genuss verbunden und trägt einen erhebli- neuromuskulären Erkrankungen, Tumorerkrankun-
chen Anteil zur Lebensqualität bei. gen oder Mukoviszidose, die trotz aller Maßnahmen
Für Patienten, die schon in Ruhe unter schwerer keine dauerhaft befriedigende Ernährungssituation
Atemnot leiden, ist es neben der Essensanstrengung erzielen, kann eine enterale Ernährungsunterstüt-
auch psychisch belastend, ausreichend zu essen. Die zung (PEG) diskutiert werden. Damit kann häufig
Angst vor Gewichtsverlust mit zunehmender Schwäche, der körperliche Verfall aufgehalten und Essen wieder
Immobilität und fortschreitender Krankheit ist groß. als etwas Positives wahrgenommen werden.
Hinzu kommen innerfamiliäre Konflikte, das Essen
wird oft zum Streitthema („Aber Du musst doch jetzt!“). >> Bei Tachypnoe und schwerer Dyspnoe kein
Wichtig ist für diese Patienten ein ruhiges Essen oder Trinken anbieten. Wenn der
Umfeld und eine Optimierung der Dyspnoefakto- Atemantrieb sehr hoch ist, kann sich der
ren vor dem Essen. Kehldeckel während des Schluckakts öffnen
Bedarfsmedikamente (z. B. Opioide, Antiobst- und Nahrung aspiriert werden.
ruktiva) sollten vorab gegeben werden. Dann erst 44 Vor allem bei Patienten mit neuromusku-
erfolgt die Mobilisation in den Stuhl bzw. in eine lären Erkrankungen, z. B. ALS, auf Zeichen
aufrechte und atemerleichternde Stellung im Bett der Dysphagie (Husten, Räuspern beim
(Herzbett/Pilotsitz). Für die Zeit der körperlichen Essen) achten.
144 Kapitel 4 · Überwachung und Pflege

4.4.3 Dysphagie erkennen möglicherweise verminderter Vigilanz werden


etwaige vorbestehende Beeinträchtigungen noch
G. Iberl verschlimmert.

Um Getränke, Nahrungsmittel und auch den Spei- z Critical-Illness-Polyneuropathie/Myopathie


chel vom Mund in den Magen zu befördern, schluckt Nach einer überstandenen Sepsis mit Multiorganver-
der Mensch jeden Tag 1000- bis 2000-mal. sagen und Langzeitbeatmung leiden etwa 45% der
Schlucken ist ein hochkomplexer Vorgang. Intensivpatienten an einer sog. Critical-Illness-Po-
4 Es sind 5 Hirnnerven und über 30 Muskelgrup- lyneuropathie/Myopathie (CIP/CIM) mit diffusen
pen daran beteiligt, die Koordination von Wangen, schlaffen Lähmungen (Lacomis et al. 2011), wobei
Lippen, Kiefer, Zunge, Gaumensegel, Rachen, Kehl- der Schluckakt fast immer mit betroffen ist.
kopf, Zungenbein und Speiseröhre zu steuern. Es wird vermutet, dass die peripheren Nerven
Der Schluckakt gliedert sich in 4 Phasen, wobei während der Krise durch toxische Entzündungsme-
die ersten beiden (orale Vorbereitungsphase und diatoren geschädigt wurden.
orale Phase) willkürlich gesteuert werden, während Werden diese Patienten nach Besserung ihres
die übrigen (pharyngeale und ösophageale Phase) Zustands auf die periphere pneumologische Fach-
unwillkürlich erfolgen. station verlegt, ist es besonders wichtig, auf Zeichen
Über Geschmacks-, Druck-, Berührungs-, der Dysphagie zu achten.
Schmerz- und Temperaturreize findet die sensible Wei-
terleitung dieser Informationen über die Menge und z Wichtige Aspekte der Krankenbeobachtung
Beschaffenheit des Schluckgutes an das Stamm- und bei Verdacht auf Dysphagie
Großhirn statt, welches die motorischen Befehle für 55 Ist der Patient dehydriert oder mangelernährt?
ausreichendes Kauen und die Schluckanstrengung gibt. 55 Gewichtsverlust in der letzten Zeit?
Die Anfälligkeit für Schluckstörungen ist sehr 55 Wie ist das Durst- und Hungergefühl?
groß, und zahlreiche Ätiologien kommen in Frage: 55 Zahnstatus?
55 Strukturelle Defizite: z. B. Operationen/ 55 Lehnt der Patient die Nahrung ab, aus Angst
Bestrahlungen im Kopf-/Halsbereich, Entzün- vor dem Verschlucken?
dungen in Mund/Rachen/Trachea/Ösophagus 55 Hat der Patient den Speichelfluss unter
55 Neurogene Ursachen: z. B. amyotrophe Kontrolle?
Lateralsklerose (ALS), Critical-Illness-Poly- 55 Befinden sich Nahrungsreste im Mund?
neuropathie (CIP), medikamentös, Insult 55 Nach dem Schlucken: Muss der Patient husten,
55 Myogene Ursachen: Dermatomyositis, Muskel- räuspern oder würgen?
dystrophien, Critical-Illness-Myopathie (CIM) 55 Nach dem Trinken: hat der Patient eine belegte
55 Psychogene Ursachen: Angststörungen, „gurgelnde“ Stimme?
Essstörungen 55 Hat der Patient Verletzungszeichen durch
Fehlbisse in Zunge oder Lippen?
Davon abgesehen leiden schätzungsweise 45% 55 Kann der Patient Ober- und Unterlippe ablecken?
der über 75 Jahre alten Menschen unter diversen 55 Besteht eine Vigilanzstörung?
Schluckstörungen. Ursachen sind z. B. ein schlech- 55 Hat der Patient eine „entspannte“ Atemlage?
ter Zahnstatus, trockene Schleimhäute bei fehlendem 55 Kann der Patient frei sitzen oder muss er adäquat
Durstgefühl, reduzierte Reflexe und die zunehmend mit dem Oberkörper hoch gelagert werden?
demenziellen Erkrankungen im hohen Lebensalter. 55 Kann der Patient auf Aufforderung husten? Wie
Wenn überdies der Hustenstoß schwach ist oder stark ist der Hustenstoß?
der Patient nicht einmal bemerkt, dass er sich ver-
schluckt hat (→ stille Aspiration), besteht die Gefahr z Aspiration
einer Lungenentzündung (Aspirationspneumonie). Man spricht dann von einer Aspiration, wenn Spei-
In einer akuten Krankheitsphase mit Atemnot, chel, Nahrung oder Getränke unterhalb der Stimm-
daraus resultierender hoher Atemfrequenz und lippen in die Luftröhre eindringen. Fremdkörper
4.4 · Spezielle pflegerische Maßnahmen
145 4
lösen normalerweise reflexbedingt einen starken sind neuromuskuläre Erkrankungen wie ALS
Hustenreiz aus. fortschreitend.
Bei einer stillen Aspiration bleibt aufgrund feh- Wesentlicher erster Schritt ist die Sicherung
lender Sensibilität der Hustenreflex aus. der Nahrungszufuhr. Im Fall einer Dysphagie, die
Die stille Aspiration wird meist nicht bemerkt nicht innerhalb kurzer Zeit zu beheben ist, sollte
und führt häufig zur Lungenentzündung (→ Aspira- zügig (innerhalb von 24 h) eine Sonde zur enteralen
tionspneumonie). Ernährung angelegt werden. Die enterale Ernährung
ist wichtig, um die Darmflora und die Enzymaktivi-
Aspirationsgefahr bei Tachypnoe Wenn der Atem- tät aufrechtzuerhalten und die Atrophie der Mucosa
antrieb sehr hoch ist, kann sich während des Schluck- zu verhindern. Bei länger andauernder (≥4 Wochen)
aktes der Kehldeckel öffnen, sodass es zur Aspira- oder irreversibler Dysphagie kann die dauerhafte
tion kommt. Anlage einer Sonde über eine perkutane endoskopi-
sche Gastrostomie (PEG) oder Jejunostomie (PEJ)
Aspirationsgefahr nach Tracheotomie Trachealka- erforderlich werden.
nülen sind große Fremdkörper unterhalb des Kehl- Eine optimale Mundpflege ist Grundstein der
kopfes und erschweren den Schluckakt erheblich. Dysphagietherapie, sie regt den Speichelfluss an und
stimuliert den Schluckakt.
Praxistipp Weitere Therapiemaßnahmen liegen in der Hand
betreuender Logopäden.
55Auf aufrechte Sitzposition (Oberkörper-
hochlagerung) achten!
55Bei schlechtem Zahnstatus: Breikost oder 4.4.4 Absaugen: oral – transnasal –
passierte Kost anbieten endotracheal
55Bei Atemnot: Breikost, passierte Kost, evtl.
flüssige Zusatznahrung anbieten G. Iberl
55Auf ausreichende Kalorienzufuhr achten
55Bei Verdacht auf Aspiration: Dieser Abschnitt bezieht sich nicht auf analgose-
Nahrungskarenz dierte Intensivpatienten, sondern auf kreislaufsta-
55Bei Vigilanzstörung: Nahrungskarenz bile Patienten, die auf pneumologischen Fachstatio-
nen betreut werden.
Absaugen dient der effektiven Sekretentfer-
z Diagnostik nung, der Infektionsprophylaxe, verbessert den Gas-
Ein Logopäde sollte zur Diagnostik und Therapie- austausch und verringert dadurch die Atemarbeit.
empfehlungen der vorliegenden Störungen konsili- Während bei Patienten mit liegender Trachealkanüle
arisch hinzugezogen werden. die endotracheale Sekretabsaugung zur regelhaften
Zunächst wird der Schluckakt klinisch begutach- Therapie der bronchialen Reinigung zählt, müssen
tet. Mithilfe der flexiblen endoskopischen Evaluation nur wenige andere Patienten auf pneumologischen
des Schluckakts (FEES) kann eine Dysphagie diag- Fachstationen oral oder transnasal abgesaugt werden
nostiziert werden. Dabei wird über ein flexibles Bron- – und das nur dann, wenn die anderen Maßnahmen
choskop, das nasal eingeführt wird, der Kehlkopf von des Sekretmanagements nicht erfolgreich sind.
oben betrachtet und der Schluckakt bewertet.
Zudem kann in speziellen Zentren eine Röntgen- z Orale Absaugung
Video-Cinematografie ergänzt werden. Pneumologische Patienten auf Normalstationen
benötigen in der Regel keine orale Absaugung. Eine
z Therapie Ausnahme stellen Patienten mit neuromuskulären
Das Ausmaß und die Heilungschancen einer Dys- Erkrankungen (z. B. ALS, multiple Sklerose oder
phagie hängen von der Grunderkrankung ab. Schlaganfall) dar, die im Rahmen einer zusätzli-
Während eine CIP oft (langsam) reversibel ist, chen pneumologischen Erkrankung (Pneumonie,
146 Kapitel 4 · Überwachung und Pflege

Pleuraempyem) oder im Rahmen der Atempump-


schwäche aufgenommen werden.
Diese Patienten haben häufig irreversible schwere
Schluckstörungen und benötigen die Möglichkeit der
oralen Absaugung, um den Mund- und Rachenraum
zu säubern und störenden Speichel zu entfernen.

! Cave
4 Orales Absaugen führt zur Reizung der
Schleimhaut und Mehrproduktion von
Speichel. Nicht selten gibt es eine psychische
Fixierung auf die Absaugung. Besser sind . Abb. 4.5 Endotracheale Absaugung über die
dann Medikamente zur Speichelreduktion, Trachealkanüle. (Mit freundlicher Genehmigung der Firma
z. B. Scopolamin Pflaster. Philips Respironics)

Wenn das Sekret nicht blind abgesaugt werden kann,


z Transnasales Absaugen wird eine bronchoskopische Sekretentfernung unter
Blindes transnasales Absaugen reinigt den Nasen- Sicht notwendig.
Rachen-Raum. Tiefes Absaugen ist nur dann indi-
ziert, wenn das Sekret hörbar in den zentralen z Endotracheales Absaugen über
Atemwegen rasselt, nicht über die Epiglottis hinweg- Trachealkanüle
gebracht und von dort abgeschluckt werden kann. Patienten, die mit einer Trachealkanüle versorgt sind,
Wenn bei gutem Hustenstoß der Hustenreflex benötigen ein Absauggerät in Reichweite, nicht nur
eingeschränkt ist, kann unter Umständen mithilfe zur regelmäßigen Sekretentfernung, sondern als Teil
eines Absaugkatheters transnasal ein Reiz gesetzt des Notfallmanagements, z. B. bei akuter Kanülen-
werden, damit der Patient spontan selbst abhus- verlegung durch Sekret (. Abb. 4.5).
ten kann. Achtung: tiefere orale Absaugung führt
häufig zu starkem Würgereiz, weil der Katheter an Patienten vor dem Absaugen husten lassen Der
der Rachenhinterwand anstößt. Hustenstoß über eine geblockte Kanüle ist schwach,
weil die Stimmritze umgangen wird und nur wenig
Hinweise zur transnasalen Absaugung intrapleuraler Druck aufgebaut werden kann. Wenn
55 Für bequeme Lagerung und ein ruhiges Umfeld prinzipiell ein effektiver Hustenstoß möglich ist, die
sorgen Aspirationsgefahr als gering eingeschätzt wird und
55 Im Zweifel besser zu zweit! (Angst, Abwehr, die oberen Atemwege frei sind, empfiehlt es sich im
Hygiene, Hypoxämie) Rahmen des Sekretmanagements, den Patienten mit
55 Präoxygenierung bei Bedarf entblockter und gleichzeitig verschlossener Kanüle
55 Bessere Nasenöffnung auswählen vor dem Absaugen husten zu lassen. Der Druckauf-
55 Lokalanästhetikum bei Bedarf und Gleitgel bau ist besser und das Sekret aus der Tiefe wird nach
55 Nasenspitze anheben, Katheter vorsichtig durch oben transportiert.
das Nasenloch einführen – nicht gegen Wider-
stand – und weiterschieben – nicht zu tief! Hinweise zur endotrachealen Absaugung:
55 Patient über den Mund ein- und ausatmen 55 Für bequeme Lagerung und ein ruhiges Umfeld
lassen ohne zu schlucken, dadurch bleibt die sorgen, Hygiene beachten
Stimmritze offen 55 Präoxygenierung bei Bedarf
55 Wenn der Patient hustet, Katheter an den Sog 55 Absaugkatheter bis kurz unterhalb der Kanüle
nehmen, saugen – dabei den Katheter wieder einführen (Hauptcarina), Patient husten oder
zurückziehen hauchen lassen, absaugen ≤15 s
55 Überwachung von Herzfrequenz und 55 Beatmungsbeutel mit Reservoir und O2-
Sauerstoffsättigung Zufuhrschlauch in Bereitschaft halten
4.4 · Spezielle pflegerische Maßnahmen
147 4
55 Überwachung von Herzfrequenz und Pumpleistung des Herzens führen zu extremer
Sauerstoffsättigung Leistungsschwäche.
Patienten mit chronischer Atemnot weisen Phy-
Sonderfall Patienten mit tracheobronchialer Insta- siotherapeuten und Pflegepersonal mitunter auch
bilität sollten beim Absaugen ruhig atmen, da beim zurück und verweigern die Therapie, wenn es um
Husten/Huffen durch den hohen exspiratorischen die Mobilisation aus dem Bett geht, obwohl sie um
Fluss die Hinterwand der Trachea kollabieren kann. die Notwendigkeit körperlicher Aktivität zur Verbes-
Der Absaugkatheter saugt sich daran fest. serung ihres Allgemeinzustands wissen.
Im Stationsalltag ist es häufig leider nicht
z Kriterien für Absaugkatheter möglich, auf die zeitlichen Wünsche und individu-
55 Absaugkatheter sollten eine runde Spitze und ellen Besonderheiten der Patienten einzugehen.
seitlich liegende Augen haben. Einführen Dennoch gilt zu bedenken:
ohne Sog, damit sich der Katheter nicht an der 55 Wenn chronische Atemnot bereits in Ruhe
Schleimhaut ansaugt. besteht, erwarten Patienten eine Verschlim-
55 Spezielle atraumatische Katheter mit Wulst merung der Atemnot durch die Belastung und
müssen unter Sog eingeführt werden, haben Angst.
damit sich ein Luftpolster zum Schutz der 55 Manche Patienten fühlen sich regelhaft
Schleimhaut aufbauen kann. nachmittags tatsächlich besser als morgens und
55 Kathetergröße nicht zu groß wählen! sind dann belastbarer.
55 Geschlossene Absaugsysteme außerhalb der 55 Patienten machen nur dann bei „freiwilligen“
Intensivstation: Problemkeime. und (mit hoher Wahrscheinlichkeit in
55 Die Sogeinstellung sollte so gering wie erster Linie zunächst einmal unangenehmen)
möglich sein. Aktionen mit, wenn sie Vertrauen in
das Risikomanagement der Therapeuten
z Mögliche Komplikationen beim Absaugen haben.
55 Hypoxämie (Sekretverlegung) 55 Manche Patienten befinden sich in einer
55 Herzrhythmusstörungen (Irritation N. vagus) desolaten häuslichen Versorgungssituation,
55 Atelektasenbildung (hoher Sog) haben keine erstrebenswerten Ziele mehr und
55 Blutung daher wenig Motivation.
55 Bronchospasmus 55 Auch wenn es kein Maß für die richtige
55 Schleimhautschädigung (bakterielle Besie- Motivation oder eine gute Therapie ist: der
delung, Granulombildung) Unterhaltungswert spielt für die Compliance
55 Nosokomiale Infektion (unsauberes Arbeiten, eine gewisse Rolle.
Keimverschleppung)
z Vorbereitung
Patienten erleben den Vorgang des Absaugens als sehr Vor der Mobilisation Sauerstoffsättigung messen und
belastend und leiden unter Erstickungsängsten. Dies den Patienten nach dem Ausmaß der Atemnot fragen
muss wahrgenommen und angesprochen werden. (Borg-Skala). Bei Beatmungspatienten die aktuelle
Blutgasanalyse miteinbeziehen. Eine Mobilisation
darf nur aus einem stabilen Ruhezustand heraus
4.4.5 Mobilisation bei chronisch erfolgen.
refraktärer Dyspnoe 55 Patienten müssen rechtzeitig über die geplante
Aktion informiert werden.
G. Iberl 55 Vorab Bedarfsmedikation geben (z. B.
Antiobstruktiva, Opioide).
Verminderte Sauerstoffaufnahmefähigkeit und 55 Patienten an die Koordination von Atmung
Lungenbelüftung, Abnahme der Muskelmasse, und Bewegung erinnern (Einatmen in
veränderte Muskelfasertypologie mit reduzierten Ruhe, Ausatmen bei Belastung mithilfe der
Energiespeichern und eine häufig eingeschränkte Lippenbremse).
148 Kapitel 4 · Überwachung und Pflege

Bei Langzeitsauerstofftherapie (LTOT): Sauerstoff- 55 Aufstehen: Koordination von Atmung und


flussrate für die Zeit der Belastung nach Anord- Bewegung
nung erhöhen → positive Effekte auf die Belast- 55 Stabile Kreislaufsituation? Wie fühlt sich der
barkeit. Patient? Borg-Skala?
Bei Beatmung: Mobilisation kann unter Beat- 55 Wieder hinsetzen, loslaufen oder Mobilisation
mung erfolgen, Modus und Parameter können auf in einen Stuhl?
Anordnung hin angepasst werden → positive Effekte
auf die Belastbarkeit. In Abhängigkeit von den Grundfähigkeiten muss
4 der Therapieablauf zusammen mit dem Patien-
z Durchführung ten vereinbart werden. Die Ziele dürfen nicht zu
55 Mobilisation an die Bettkante (. Abb. 4.6a–n) hoch angesetzt werden, damit die Mobilisation zum
55 Pause: Stabile Kreislaufsituation? Wie fühlt sich Erfolgserlebnis mit kalkulierbarer Anstrengung und
der Patient? Borg-Skala? schneller Erholungsphase wird.

a b

c d

e f

g h

. Abb. 4.6a–n Mobilisation an die Bettkante: Koordination von Atmung und Bewegung. Die Ausatmung erfolgt jeweils bei
Belastung mithilfe der Lippenbremse. Bei schwerer Dyspnoe kann das Aufstehen in Teilbewegungen erfolgen. (Aus Göhl 2015,
mit freundlicher Genehmigung)
4.4 · Spezielle pflegerische Maßnahmen
149 4
i j

k l

m n

Abb. 4.6a–n Fortsetzung

>> Die Belastungsgrenzen für Sauerstoffsät- z Hilfsmittel


tigung und Herzfrequenz werden ärztlich Rollator Rollatoren ermöglichen beim Laufen
angeordnet. den Einsatz der Atemhilfsmuskeln und entlas-
44 Da die gemessenen Sauerstoffwerte nicht ten den Schultergürtel. Besonders empfehlens-
gut mit dem Gefühl der Dyspnoe korrelieren, wert ­bei Dyspnoe sind Rollatoren mit Unterams-
müssen auch Belastungsgrenzen für Patienten tützen zur Rumpfaufrichtung und zum Ausgleich
festgelegt werden, die trotz schwerster von Gangunsicherheiten, z. B. TOPRO Taurus H
Hypoxämie keine Atemnot angeben. (. Abb. 4.7).
150 Kapitel 4 · Überwachung und Pflege

. Abb. 4.7 Mobilisation unter Beatmungs- und


Sauerstofftherapie. Hilfreiches Hilfsmittel: Gehwagen mit
. Abb. 4.8 Ganzkörpervibrationstraining (WBVT): Galileo,
Unterarmstützen
Novotec Medical. (Mit freundlicher Genehmigung der Firma
Novotec Medical)

Mobile Trainingsgeräte bei chronisch refraktärer Bewegung bestimmt der Patient die Geschwin-
Dyspnoe digkeit. Dieses Hilfsmittel eignet sich für stark
55 Ganzkörpervibrationstraining (WBVT), z. B. eingeschränkte Patienten, ein Nutzen zur
Galileo, Novotec Medical (. Abb. 4.8): Frühmobilisation von Patienten auf Intensiv-
Die Frequenz ist flexibel einzustellen. Über stationen wurde in Studien belegt (Ambrosino
die Effektivität des Ganzkörpervibrations- et al. 2011; Burtin et al. 2009).
trainings mit dem Galileo zur Verbesserung
von Belastbarkeit, Balance und Beweglichkeit
bei COPD existieren mittlerweile eine Reihe 4.4.6 Stuhlregulation
wissenschaftlicher Untersuchungen (Glöckl
et al. 2011). Die Therapie ist kardiopulmonal M. Schellenberg
wenig belastend, die Vibrationen werden als
angenehm empfunden. Obstipation und Dyspnoe hängen bei ventilatorisch
55 Motorisierter Bewegungstrainer „Sitzfahrrad“, eingeschränkten Patienten oft eng zusammen. Im
z. B. MOTOmed viva2, Reck:Der Patient kann klinischen Alltag erlebt man dies häufig und es ist
Arm- oder Beintraining durchführen und wesentlich, den Zusammenhang zu erkennen, um
die „Last“ selbst bestimmen. In Bewegungs- eine Therapie einzuleiten.
pausen übernimmt der Motor, für die passive Luftnot kann auch „Abführen“ bedeuten!
Literatur
151 4
Beispiel Eine gestörte Stuhlregulation tritt häufig im
Fallbeispiel: Ein 28-jähriger Patient mit Muskel- Rahmen pulmonaler Einschränkungen auf. Gründe
dystrophie Duchenne kommt notfallmäßig zur hierfür sind: Immobilisation, oft reduzierte Trink-
stationären Aufnahme bei starker Dyspnoe seit menge (anstrengend, Angst vor Toilettengang), Flüs-
dem Morgen. Er ist 24 h nichtinvasiv beatmet sigkeitsverlust (Sekret), das Schlucken von zähem
und bettlägerig, Ernährung oral. Husten, Aus- Sekret (Mukoviszidose) oder auch medikamentös
wurf, Fieber werden verneint, jedoch diffuse (Morphin).
Bauchschmerzen. Auf eine regelmäßige, mit wenig Anstrengung
Klinische Untersuchung: Patient wirkt gestresst, AF (weiche Stühle) verbundene Darmentleerung ist zu
30/min unter Beatmung, niedriges Tidalvolumen, achten.
auskultatorisch keine Rasselgeräusche, Abdomen Hierfür kommen prophylaktisch Maßnahmen
imponiert stark gebläht, tympanitischer Klopfschall, in Frage:
kaum Darmgeräusche zu hören. Haut ist trocken, 55 Vermeidung blähender Lebensmittel (z. B.
stehende Hautfalten. Zwiebeln, Linsen, Paprika)
Auf Nachfrage ist der letzte Stuhlgang 5 Tage her, 55 Vermeidung verstopfender Lebensmittel (z. B.
eher hart. Trinkmenge ca. 600 ml/Tag. Bananen, Käse, Eier, Wurst, Fertiggerichte)
Apparative Untersuchungen: Röntgen-Thorax: kei- 55 Ausreichende Trinkmenge, Bewegung
ne Infiltrate, kein Erguss, Zwerchfellhälften stehen 55 Anregende Bauchmassagen
höher als in Voruntersuchung, im angeschnittenem 55 Frisches Obst, Gemüse, Vollkornprodukte,
Oberbauch große Darmschlingen mit viel Luft. BGA: Trockenfrüchte, Buttermilch
pO2 70 mmHg, pCO2 29 mmHg, pH 7,49. Labor: kei- 55 Ergänzende Stuhlweichmacher: Lactulose,
ne Besonderheiten. RR 90/56 mmHg, HF 100/min, Methylzellulose
SpO2 94%, Temperatur 37,1°.
Therapie: Zunächst orale Abführmaßnahmen mit Zum Abführen kommen verschiedene Ansätze in
Macrogol, Bisacodyl, Luftbindung mittels Simeti- Frage:
con (z. B. Sab simplex). Begleitend i.v. Flüssigkeit. Im 55 Glaubersalz (Natriumsulfat), Bittersalz
Verlauf ergänzend Mikroklisma, erfolgreich große (Magnesiumsulfat), Macrogol
Mengen Stuhlgang. 55 Bisacodyl (z. B. Dulcolax), Natriumpicosulfat
Am Folgetag zeigt sich Beschwerdefreiheit, keine (z. B. Laxoberal) → nicht zur dauerhaften
Dyspnoe. Der Bauch ist weich, Darmgeräusche vor- Anwendung geeignet, da Gewöhnungseffekt
handen. Zur Entlassung Besprechung und Thera- 55 Retrograde Mittel: Glycerinzäpfchen, Mikro-
pieplan für regelmäßigen Stuhlgang: Trinkmenge klismen, Einläufe
1,5-2 l/Tag, täglich Macrogol niedrig dosiert, jeden
2. Tag Stuhlgang anstreben, sonst Eskalation der ab- > Vorsicht: Abführmaßnahmen sind kreislauf-
führenden Maßnahmen. belastend und anstrengend für Patienten,
auch erzeugen sie zusätzlich Dyspnoe. Wenn
Die Pathophysiologie ist einfach: Steigt der intraab- möglich, sollte mit sanfter Unterstützung
dominelle Umfang durch dilatierte, meteoristische begonnen werden (Flüssigkeit, Lactulose,
Darmschlingen oder eine nach oben verlagerte, Macrogol) und dann eskaliert werden. Dabei
luftgefüllte Magenblase, entsteht ein Widerstand, sind regelmäßig die Vitalzeichen zu erheben.
gegen den das Zwerchfell arbeiten muss. Die Atem-
arbeit steigt, die Überlastung der Atemmuskulatur
ebenso. Auch die Mechanik der Atmung wird ver- Literatur
ändert, denn die inspiratorische, kaudale Ausdeh-
Ambrosino N, Janah N, Vagheggini G (2011) Physiotherapy in
nung des Zwerchfells wird eingeschränkt. Bei z. B. critically ill patients. Rev Port Pneumol 17(6): 283–288
pulmonal überblähten Patienten kann hierdurch eine Burtin C, Clerckx B, Robbeets C et al. (2009) Early exercise in
wesentliche Einschränkung der beweglichen Luftan- critically ill patients enhances short-term functional reco-
teile entstehen. very. Crit Care Med 37(9): 2499–2505
152 Kapitel 4 · Überwachung und Pflege

Glöckl R, Bäuerle S, Heinzelmann I, Kenn K (2011) Effekte


eines Vibrationstrainings im Rahmen einer multimo-
dalen pneumologischen Rehabilitation bei Patienten
mit schwerer COPD (GOLD III/IV). Pneumologie 2011:
65–V169
Göhl O (2015) Training bei COPD. Ein Lehrbuch für Patienten,
Angehörige und Interessierte, 3. Aufl. Dr. Oliver C. Göhl,
Donaustauf
Lacomis D (2011) Neuromuscular disorders in critically ill
patients: review and update. J Clin Neuromuscul Dis
4 12(4): 197–218
153 5

Leitsymptome bei
pneumologischen
Erkrankungen
G. Iberl, M. Schellenberg, M. Tempel

5.1 Sekretretention – 154

5.2 Husten – 155

5.3 Dyspnoe – 157

5.4 Thoraxschmerz – 159

5.5 Angst und Depressionen – 160

Literatur – 163

© Springer-Verlag GmbH Deutschland 2017


G. Iberl, M. Schellenberg (Hrsg.), Pflegewissen Pneumologie, Fachwissen Pflege,
DOI 10.1007/978-3-662-52667-5_5
154 Kapitel 5 · Leitsymptome bei pneumologischen Erkrankungen

5.1 Sekretretention bewältigenden Sekretmenge führen mit dauerhaf-


ten Schäden des Flimmerepithels.
G. Iberl Ein ineffektiver Hustenstoß (Erschöpfung der
Atempumpe, Schmerzen) verhindert zusätzlich eine
Endobronchialer Sekretverhalt ist eine Hauptursa- adäquate Reinigung der Atemwege.
che für das respiratorische Versagen und kann akut Durch Sekretretention wird die Lunge ungleich-
lebensbedrohlich sein. Ein Sekretverhalt entsteht, mäßig belüftet. Dies begünstigt die Entstehung von
wenn der Körper nicht mehr in der Lage ist, das Bron- Atelektasen, die Gefahr bakterieller Besiedelung
chialsystem durch mukoziliäre Clearance (Flimmer- und somit von Pneumonie steigt. Wenn schlecht
epithel und sekretorische Funktion, 7 Abschn. 1.1.2) belüftete Lungenbereiche gut durchblutet werden
5 und tussive Clearance (Husten) zu reinigen. (Ventilations-Perfusions-Mismatch), kommt es zur
Hypoxämie.
z Gestörte mukoziliäre Clearance Auch die Belastung der Atemmuskulatur wird
Es gibt viele Ursachen für eine Störung der mukozi- größer bei erhöhtem Atemwegswiderstand (Prinzip:
liären Clearance. Atmen durch einen engen oder weiten Strohhalm).
Verlust an muköser Feuchtigkeit, chronische Hierdurch nimmt die Belüftung der Lunge ab mit
Entzündungsprozesse oder angeborene Störungen noch weniger Sekretmobilisation.
(z. B. Karthagener-Syndrom), aber auch toxische
Gase (Zigarettenrauch, O 2!) oder Medikamente z Auswurf (Sputum)
(z. B. Beta-Blocker) führen zu Umbau, Austrocknung Auswurf ist Bronchialsekret mit Beimengungen von
und Verklebung der respiratorischen Schleimhäute. Speichel, Sekreten aus dem Nasen-Rachen-Raum,
Die Folgen sind Verlust der Motilität der Flimmer- inhalierten Partikeln, Zellresten, Mikroorganismen,
härchen, der Selbstreinigungs- und Abwehrfunktion möglicherweise Blut. Die Beurteilung der Beschaf-
und der Fähigkeit zum Sekrettransport. fenheit des Auswurfs ist wichtig, um Ursachen und
Therapiemaßnahmen festlegen zu können.

Ursachen für das Austrocknen der Schleim-


häute und Sekretretention als Folge Charakteristika von Auswurf
55Allgemeine Exsikkose 55Mukös, schleimig: veränderte Viskosität und
55Mundatmung und hohe Atemfrequenz bei Elastizität
Dyspnoe 55Serös-schaumig: bei hohem
55Sauerstofftherapie trocknet die Bronchial- Flüssigkeitsgehalt des Sekrets, z. B. bei
schleimhaut aus und verringert die Lungenödem
Beweglichkeit der Flimmerhärchen. Ab 55Purulent oder putrid (gelb und grün): bei
einer Sauerstoffkonzentration in der Luft Infektionen, aber auch bei Asthma oder
(FiO2) von 45% stoppt die Bewegung eosinophiler Bronchitis, Bronchiektasen
→ deshalb Sauerstoffmenge kritisch 55Blutig (Hämoptoe, Hämoptyse):
hinterfragen! bei Infektionen, Nekrosen, Tumor,
55Nichtinvasive Beatmung mit Heimbeat- Bronchiektasen, Gerinnungsstörung
mungsgeräten trocknet durch die 55Bronchialausguss: allergische
hohe Strömungsgeschwindigkeit bronchopulmonale Aspergillose,
der Luft die Schleimhäute aus → Bronchiektasen, unkontrolliertes Asthma
achten auf ausreichende Befeuchtung und COPD
mit Spezialfiltern oder aktiver
Atemgasklimatisierung
z Sekretmanagement
Je nach Ursache und funktionellen Problemen muss
Vermehrte Sekretbildung (z. B. pulmonale Infekte, das individuelle Sekretmanagement konsequent
Mukoviszidose) kann hingegen zu einer nicht zu durchgeführt werden.
5.2 · Husten
155 5
55 Inhalationstherapie, Atemphysiotherapie,
Einsatz von Hilfsmitteln und Hustenassistenz. Wichtige Kriterien für die Klassifikation
Optimal: Therapieplanung im multiprofessio- von Husten
nellen Team 55Art und Dauer des Hustens
55 Bewertung des Auswurfs. Ggf. sollte das 55Fieber, Krankheitsgefühl, Heiserkeit
Sputum/Bronchialsekret mikrobiologisch 55Auswurf (Menge, Konsistenz, Hämoptysen)
untersucht werden, um antibiotische Therapien 55Atembeschwerden (Dyspnoe, Stridor)
anzupassen 55Schmerzen (Thorax, Kopf, Ohren, Rachen,
55 Überwachung der Vitalparameter und der Gliedmaßen)
Atmung (Sauerstoffsättigung, Atemfrequenz, 55Raucheranamnese
BGA)! 55Vorausgegangene Atemwegsinfekte,
chronische Bronchitis/Sinusitis
! Cave 55Allergien/Asthma
Wenn nichtinvasive, apparative Methoden 55COPD, Lungenparenchymerkrankungen
zur Sekretelimination und blindes 55Komplizierende Begleitsymptome
transnasales Absaugen nicht zum (Hämoptysen, Gewichtsverlust)
gewünschten Erfolg führen oder bei Gefahr 55Hinweise auf kardiale Insuffizienz
in Verzug muss eine bronchoskopische 55Gastroösophageale Beschwerden, Reflux,
Sekretabsaugung unter Sicht erfolgen. Aspiration
55Medikamenteneinnahme
55Exposition inhalativer Noxen
5.2 Husten

G. Iberl, M. Schellenberg
z Diagnostik akuter Husten
Husten ist eines der häufigsten pneumologischen In aller Regel erfolgt bei akutem Husten die Abklä-
Symptome. rung durch die Anamnese (Infekte, Medikamente,
Die Ätiologie des Hustens ist vielfältig: akute und Rauchen etc.) und die körperliche Untersuchung
chronische Erkrankungen der oberen Atemwege, des durch den Arzt.
Lungenparenchyms und der Pleura, infektiös oder Beim Leitsymptom Husten muss stets bedacht
nichtinfektiös führen ebenso zu Husten wie extra- werden, dass eine schwerwiegende Ursache vor-
pulmonale Ursachen. Die Unterscheidung zwischen liegen kann, z. B. Lungenarterienembolie, Pneu-
akutem und chronischem Husten (≥8 Wochen) ist mothorax, Lungenödem, schwerer Asthmaanfall,
dabei sehr wichtig. Aspiration.
Ein akuter Husten, der in Zusammenhang mit Eine weiterführende Diagnostik erfolgt sofort
einem bronchopulmonalen Infekt oder neuen hus- bei:
tenauslösenden Medikamenten aufgetreten ist, kann 55 Hämoptoe
zunächst unter symptomatischer Therapie beobach- 55 Thoraxschmerzen
tet werden. Wenn kein Infekt/Medikation vorliegt 55 Atemnot
oder die Beschwerden über 8 Wochen anhalten, muss 55 respiratorischer Insuffizienz
eine umfangreiche Diagnostik erfolgen. 55 schwerer Aspiration
Klinisch wird Husten in produktiven und 55 hohem Fieber
unproduktiven (frustranen) Husten unterteilt, 55 Immundefizienz, HIV, immunsuppressive
obwohl die Grenzen fließend sind. Wichtig im Therapie
Hinblick auf eine Sekretretention ist die Differen- 55 extrem starkem Rauchen
zierung, ob es sich beim unproduktiven Husten 55 bekanntem Malignom
um einen trockenen Reizhusten handelt oder um 55 Tbc-Kontaktperson, Aufenthalt in Ländern mit
die Unfähigkeit, das Sekret effektiv abzuhusten hoher Tbc-Rate
(7 Abschn. 5.1). 55 Obdachlosigkeit (Risiko für Immundefizienz)
156 Kapitel 5 · Leitsymptome bei pneumologischen Erkrankungen

! Cave z Therapie bei akutem Husten


Anzeichen einer vitalen Bedrohung müssen Sofern möglich, sollte akuter Husten ursächlich the-
sofort notfallmäßig abgeklärt werden! rapiert werden. Bakterielle Infekte, Herzinsuffizienz
oder Exazerbationen (z. B. Asthma, COPD) müssen
> Die einmalige Aspiration eines Fremdkörpers behandelt und Husten auslösende Substanzen ver-
(z. B. Essen) führt zum Hustenreflex und mieden werden.
bestenfalls zum Aushusten. Ist das nicht Der akute Erkältungshusten dient der bronchia-
der Fall, muss der Fremdkörper fiberoptisch len Reinigung und bedarf keiner speziellen Therapie,
mit einem Bronchoskop entfernt werden. da meist viraler Genese. Demulzenzien (Lutschta-
Schlimmstenfalls um ein Ersticken zu bletten, Honig, antitussive Sirups), „umhüllen“ die
5 verhindern, meist jedoch zur Prophylaxe Hustenrezeptoren im Rachen für einige Zeit und
einer Retentionspneumonie. lindern den Hustenreiz. Expektoranzien wirken aus-
wurffördernd, indem das Bronchialsekret verflüssigt,
z Diagnostik bei chronisch persistierendem die Sekretion gesteigert und die mukoziliäre Clea-
Husten rance verbessert wird.
Besteht der Husten >8 Wochen, erfolgt eine weiter-
führende Diagnostik. Dazu gehören u. a.: z Therapie bei chronischem Husten
55 Röntgen des Thorax Bestehende Therapien müssen optimiert werden.
55 Laboruntersuchungen Sehr hohe Priorität hat z. B. die Überprüfung der
55 Lungenfunktionsuntersuchung Inhalationstherapie bei Asthma und COPD, denn
55 Unspezifische Provokationstests oft liegen eine unzureichende Nutzung oder Prob-
55 Computertomografie leme bei der Anwendung der Inhalativa vor.
55 Bronchoskopie Verschiedene Medikamentenklassen stehen zur
Verfügung:
Am Ende der Diagnostik ist bei unklar gebliebe- 55 Demulzenzien: „umhüllen die Hustenre-
nem Husten immer eine Bronchoskopie indiziert. zeptoren“, z. B. zuckerhaltige Bonbons, Saft,
Die Spiegelung der Atemwege dient gleichzeitig Sirup
der Materialgewinnung aus Bronchien und Lun- 55 Expektoranzien: verflüssigen Sekret, z. B.
gengewebe und bei Bedarf der Therapie (Sekret- Ambroxol, N-Acetylcystein
absaugung, Atelektaseneröffnung, Fremdkörper- 55 Inhalative und nasale Corticoide: antientzünd-
entfernung). liche Wirkung
Wenn keine pulmonale Ursache für den Husten 55 Antibiotika: nur bei bakteriellem Infekt und
vorliegt, müssen extrapulmonale Ursachen abgeklärt Sekret!
werden. 55 Antitussiva: zentral wirksam, z. B. Codein,
Extrapulmonale Ursachen für chronisch persis- Dextromethorphan; nichtzentral wirksam:
tierenden Husten können sein: Diphenhydramin
55 Medikamente, z. B. ACE-Hemmer, Amiodaron,
Beta-Blocker, Inhalation hypermolarer Bei Reizhusten können Erwärmung und Befeuch-
Kochsalzlösung tung der Einatemluft und atemtherapeutische Selbst-
55 Ursache Herz: Lungenödem, Herzrhythmus- hilfetechniken (Kontrolle und Verminderung der
störungen, Endo-/Myokarditis Atemflüsse) lindernd wirken.
55 „Vocal cord dysfunction syndrome“ (VCDS,
Fehlfunktion der Stimmbänder) ! Cave
55 „Upper airway cough syndrome“ (UACS, Antitussiva sollten vorwiegend bei nichtpro-
Rhinosinusitis) duktivem Husten eingesetzt werden,
55 Psychogene und neurotische Ursachen und dies nur zeitlich begrenzt. Patienten
55 Dysphagie mit chronischen Aspirationen (z. B. mit produktivem Husten benötigen ein
neuromuskuläre Erkrankungen) adäquates Sekretmanagement!
5.3 · Dyspnoe
157 5
5.3 Dyspnoe Manchen Patienten gelingt es, ihre Art der Atemnot
präzise zu beschreiben – dies kann auch zu verbes-
G. Iberl serten therapeutischen Maßnahmen führen.
55 Atemnot kann akut oder chronisch refraktär
Dyspnoe (Atemnot, Atemlosigkeit) gilt als bedeu- auftreten, bereits in Ruhe oder nur bei Belastung.
tendstes Symptom kardiopulmonaler Erkrankungen. 55 Atemnot kann psychogen verursacht sein, ohne
Dyspnoe ist charakterisiert als subjektive Erfahrung pathologische Befunde.
von Atembeschwerden aufgrund vermehrter Atem- 55 Akute Atemnot kann das Leitsymptom einer
arbeit, deren Qualität und Intensität jeder Patient vitalen Gefährdung sein.
unterschiedlich wahrnimmt. Sie ist die Folge einer 55 Atemnot kann auch ohne pathologische
Interaktion von physiologischen, psychologischen, Blutgaswerte auftreten.
sozialen und Umgebungsfaktoren und kann ihrer-
seits sekundäre physiologische und psychologische z Erstmaßnahmen bei akuter Dyspnoe
Reaktionen auslösen (ATS 2012). 55 Vitalwertkontrolle und Pulsoxymetrie
Das Symptom der Dyspnoe wird nach wie vor 55 Krankenbeobachtung auf Zeichen der respi-
nur unzureichend verstanden. Das Atemnotemp- ratorischen Insuffizienz: Tachypnoe, Zyanose,
finden ist häufig mit Angst und Schmerzen verge- gestaute Halsvenen, Einsatz der Atemhilfsmusku-
sellschaftet und korreliert oft nur mäßig mit objekti- latur, Unruhe, Schwitzen, Verwirrtheit, Vigilanz-
ven Parametern wie Atemfrequenz, Sauerstoffgehalt minderung, Tachykardie, Arrhythmie, Hyper-
und Lungenfunktionsparametern (Bausewein und tonie, Atemgeräusche → Arzt benachrichtigen!
Simon 2013). 55 Symptomatische Therapie: Dazu gehören die
Ähnlich wie Schmerz ist Atemnot eine komplexe therapeutische Vermittlung von Ruhe und
Empfindung. Hierin gehen körperliche und physio- Sicherheit, atemerleichternde Lagerungsmaß-
logische Signale ein, die vom limbischen System nahmen, antiobstruktive Maßnahmen, atemnot-
emotional bewertet werden. Das limbische System lindernde Medikamente (Opioide, Benzodia-
entspricht keiner anatomischen, sondern einer funk- zepine), Sauerstoffgabe bei Hypoxämie und die
tionalen Einheit von Gehirnstrukturen, die Emotion, Einleitung einer nichtinvasiven Beatmung bei
Antrieb, Erinnerungen und Lernen verarbeiten. drohendem ventilatorischen Versagen.

Beispiel > Eine Diagnostik zum Ausschluss einer vitalen


Stellen Sie sich vor, Sie sprinten über eine Distanz Bedrohung sowie die symptomatische und
von 500 m, um Ihren Zug noch zu erreichen. Sie ggf. kausale Therapie müssen bei akuter
haben es gerade noch geschafft und lassen sich Atemnot unverzüglich eingeleitet werden!
schweratmend auf den nächstbesten Sitzplatz fal-
len. Würden Sie diese maximale Atemanstrengung z Diagnostik bei akuter Dyspnoe
als Atemnot bezeichnen? Die Diagnostik richtet sich nach der Anamnese und
Wie wäre es, wenn Sie nicht sicher wüssten, dass körperlichen Untersuchung. Hierzu werden oft ergänzt:
Sie in spätestens 5 Minuten wieder „normal“ atmen Röntgen-Thorax, EKG, BGA, Laboruntersuchungen
können? inklusive Parameter eines Myokardinfarkts oder einer
Lungenembolie (Troponin T, NT-proBNP, D-Dimer)
Letztendlich wird durch das Symptom der Atemnot
das Missverhältnis von Atemanstrengung und
Atemerfolg („length-tension inappropriateness“) Mögliche Ursachen für akute Dyspnoe
widergespiegelt. 55Dekompensierte Herzinsuffizienz
Atemnot hat verschiedene Qualitäten: 55Pneumonie
55 Lufthunger („air hunger“) 55Asthmaanfall
55 Hohe Atemanstrengung („work/effort“) 55Akute Exazerbation COPD
55 Thorakales Engegefühl („chest tightness“)
158 Kapitel 5 · Leitsymptome bei pneumologischen Erkrankungen

Lungenfunktionsuntersuchungen, Echokardiogra-
55Pneumonie fie, bronchiale Provokationstests, Spiroergometrie,
55Pneumothorax Bronchoskopie hinzu.
55Lungenembolie, Myokardinfarkt
55Vocal cord dysfunction (Stimmbandfehl- z Therapie bei chronisch refraktärer Dyspnoe
funktion oder Stimmritzenkrampf ) Die adäquate Therapie der jeweils zugrunde liegen-
55Nahrungsmittelaspiration den Krankheit steht im Vordergrund.
55Angst/Panikattacke Häufig ist eine Kombination aus Allgemein-
maßnahmen, nichtmedikamentösen und medi-
kamentösen Interventionen notwendig. Nichtme-
5 Beispiele für kausale Therapie bei akuter Dyspnoe dikamentöse Maßnahmen fördern Eigeninitiative
55 Herzinsuffizienz → Diuretika und Selbstkontrolle des Patienten und können die
55 Infektion, Pneumonie → Antibiotika Lebensqualität steigern. Psychologische Unterstüt-
55 Bronchospasmus → Spasmolytika, Steroide zung sollte angeboten werden zur Erarbeitung von
55 Anämie → Transfusion Bewältigungs(Coping)-Strategien.
55 Pleuraerguss → Pleurapunktion,
Thoraxdrainage Palliative Therapieprinzipien
55 Arrhythmie → Antiarrhythmika/Kardioversion 55 Reduktion der erhöhten Ventilation
55 Pneumothorax → Thoraxdrainage 55 Reduktion des Atemantriebs
55 Atemwegsobstruktion → Bronchoskopie 55 Reduktion der Lungenüberblähung
55 Hämoptyse → Bronchoskopie/Laser 55 Verbesserung der Muskelschwäche
55 Herzinfarkt → Lyse, Stent, Bypass 55 Verbesserung der psychischen Verarbeitung
55 Lungenarterienembolie → Lyse,
Antikoagulation Medikamentöse Interventionen Opioide, Benzodi-
azepine, Steroide, Antidepressiva.
z Chronische Dyspnoe
Chronische Dyspnoe besteht, wenn die Symptome Nichtmedikamentöse Interventionen
länger als 3 Monate bei optimaler Behandlung der 55 Ventilatoren: Der Luftstrom aktiviert vagale
Grundkrankheit anhalten oder täglich bei nur gerin- Rezeptoren in den oberen Atemwegen
ger Belastung auftreten. Dazu kommt es im Rahmen (vermutlich Trigeminusrezeptoren) und
chronischer pulmonaler, kardialer, neuromuskulä- bewirkt Linderung der Atemnot.
rer und Tumorerkrankungen. Auch schwere Adi- 55 Manuelle Vibrationen der Brustwand werden
positas oder chronische Anämie sind häufige Ursa- von COPD-Patienten sehr oft als angenehm
chen. Chronische Dyspnoe geht immer mit dem empfunden.
Verlust von Funktionalität und körperlicher Akti- 55 Der Rollator als Hilfsmittel beim Gehen
vität einher. entlastet vom Gewicht des Schultergürtels,
der Einsatz der Atemhilfsmuskulatur wird
> Im Lauf ihrer Erkrankung leiden 10–70% möglich.
der Patienten mit Tumorerkrankungen, 55 Physiotherapie und körperliches Training
60–95% der Patienten mit kardiorespira- können die Muskelschwäche bessern, zudem
torischen Erkrankungen (z. B. chronische die Thoraxbeweglichkeit und Koordinations-
Herzinsuffizienz, COPD) und nahezu alle fähigkeit. Je mehr Energie direkt im Muskel
Patienten mit amyotropher Lateralsklerose gespeichert ist (oxidative Kapazität), desto
(ALS) unter Dyspnoe (Solano et al. 2006). weniger muss körperliche Anstrengung über
verstärkte Atmung ausgeglichen werden.
z Diagnostik der chronischen Dyspnoe 55 Pulmonale Entblähung bei COPD und
Zu den Basisuntersuchungen der akuten Dyspnoe Sekretmanagement verringern die
kommt die weiterführende Diagnostik wie z. B. Atemarbeit.
5.4 · Thoraxschmerz
159 5
55 Patientenschulung: Training der Aktivitäten des
täglichen Lebens – Koordination von Atmung –– Muskuläre Verspannungen (interkostal!)
und Bewegung, Entspannungskonzepte. –– Muskelkater (Husten, manche Narkotika)
55 Vermittlung von Beratungsangeboten und 55Pulmonal/pleural
speziell ausgebildeten Therapeuten, z. B. für –– Pneumonie
reflektorische Atemtherapie o. Ä. –– Pleuritis
55 Sauerstoffgabe und nichtinvasive Beatmung –– Pneumothorax (ev. mit
verringern bei chronischer respiratorischer Spannungskomponente)
Insuffizienz die Atemarbeit, entlasten das Herz –– Tumoren
und können die Atemnot lindern. 55Kardial/vaskulär
55 Notfallpläne (Reserve- und Notfallmedika- –– Akute kardiale Ischämie (Myokardinfarkt,
mente, Lagerungsmaßnahmen, angepasste Angina pectoris)
Sauerstoffflussrate, aktueller Arztbrief, Notfall- –– Herzinsuffizienz
nummern) geben Sicherheit. –– Peri-/Myokarditis
–– Herzrhythmusstörungen
–– Lungenarterienembolie
5.4 Thoraxschmerz –– Aortendissektion
55Gastrointestinal/abdominell
M. Schellenberg –– Refluxösophagitis
–– Ösophagusruptur, -spasmus
Die Heterogenität der möglichen Ursachen des Sym- –– Gastritis, Ulkus
ptoms „Thoraxschmerz“ (7 Übersicht) ist für Ärzte –– Cholezystitis, Pankreatitis
und Pflegekräfte herausfordernd, da die Ursache 55Funktionell
harmlos bis lebensbedrohlich sein kann. Es gilt, –– Angst, Depression, Panikattacke
gerade bei akutem Symptomauftritt, schnell einzu-
schätzen, ob eine Situation vital gefährdend ist oder
nicht. Dazu gehört eine Blickerfassung des Patienten Besteht keine vitale Bedrohung, sollte im zweiten
(Atemfrequenz? Hautfarbe? Unruhig, schwitzend? Schritt parallel zur Symptomlinderung (Schmerzme-
Apathisch?) sowie die sofortige Erhebung der Vital- dikation) nach der genauen Ursache gesucht werden.
parameter (SpO2, Blutdruck, HF). Hierzu folgende Fragen:
Bei Anzeichen einer instabilen Situation ist sofort 55 Ist der Schmerz neu oder bekannt (akut vs.
der Arzt zu informieren! chronisch)?
55 Wie stark (Schmerzskala verwenden)?
> Ein akuter Thoraxschmerz kann lebensbe- 55 Wo? Ausstrahlend?
drohliche Ursachen haben: Lungenarte- 55 Schmerzcharakter (stechend, dumpf,
rienembolie, Pneumothorax, Herzinfarkt, brennend)?
Aortendissektion, Ösophagusruptur. 55 Schmerzen atemabhängig?
55 Begleitsymptome (Dyspnoe, Kopfschmerz,
Schwindel)?
Ursachen für Thoraxschmerz (Beispiele)
Kursiv: können lebensbedrohlich sein Der hinzugezogene Arzt wird diese Fragen noch aus-
55Muskuloskelettal weiten, den Patienten untersuchen und je nach Fokus
–– Degenerative/traumatische Schäden der weitere Diagnostik (Labor, radiologische Untersu-
Wirbelsäule chungen) veranlassen. Nicht vergessen: Die Ursache
–– Interkostalneuralgie kann auch außerhalb des Thorax zu finden sein
–– Spinalkanalstenose (7 Übersicht oben)!
–– Rippenfraktur (Husten) Pflegerische Maßnahmen sind sehr wichtig, um
die Situation zu deeskalieren. Neben medikamentösen
160 Kapitel 5 · Leitsymptome bei pneumologischen Erkrankungen

Therapien sind Lagerung des Patienten und Zuspruch z Psychische Störungen: Ängste und
essenziell, um Ängste zu lindern und Sekundär- Depressionen
symptomen (arterieller Hypertonie, Tachykar- Die Diagnose einer schweren Lungenerkrankung
die, Dyspnoe) entgegenzuwirken. Sauerstoffgaben bedeutet für die meisten Betroffenen auch eine
können unterstützend sein. Je nach Diagnose und enorme psychische Belastung. Die Häufigkeit (Präva-
Ausprägung der Beschwerden werden pflegerische lenz) von Ängsten und Depressionen liegt beispiels-
Überwachungsmaßnahmen intensiviert. weise bei COPD-Erkrankten zwischen 40 und 70%.
Neben akuten Thoraxschmerzen leiden viele COPD-Patienten mit depressiven Symptomen
Patienten auf pneumologischen Stationen unter haben:
chronischen Thoraxschmerzen. Gerade nach opera- 55 häufiger ungünstige Krankheitsverläufe
5 tiven Eingriffen oder Punktionen am Thorax können 55 höhere Sterblichkeit
Wundschmerzen oder neurale Schmerzen sehr 55 häufigere und längere Krankenhausaufenthalte
belastend sein. Problematisch: Thorakale Schmer- 55 geringere körperliche Leistungsfähigkeit
zen führen zu einer verminderten alveolären Ventila- (6-Minuten-Gehstrecke)
tion mit der Gefahr von Sekretretention, Dystelekta- 55 fortgesetzten Nikotinkonsum
sen (bis zu einer Pneumonie) und Einschränkung der
respiratorischen Funktion. Daher ist ein „schmerz- Neben Depressionen stellen Angst- und Paniksym-
freies Durchatmen“ unabdingbar! ptome für viele Patienten mit Lungenerkrankungen
ein noch größeres Problem dar. So können COPD-
> Thoraxschmerzen können zu Patienten unter einer Vielzahl verschiedener Ängste
Einschränkungen der Atmung führen leiden.
und damit auch zu Sekretretention und Ängste bei COPD:
Pneumonie. 55 Angst vor oder bei Atemnot („dyspnea-related
fear“)
Anhaltende Thoraxschmerzen können auch im 55 Angst vor dem Fortschreiten der Erkrankung
Rahmen von Rippenfrakturen (z. B. durch Husten), (Progredienzangst)
Pleuritis (z. B. bei Pneumonie) oder durch Schäden 55 Angst in der Endphase des Lebens und vor dem
der Brustwirbelsäule (Bandscheibenprolaps, osteo- Sterben (End-of-Life-Ängste)
porosebedingte Frakturen) auftreten. Es können 55 Angst vor sozialer Ausgrenzung
auch Thoraxtumoren als Ursache vorliegen. Bei (Stigma-Angst)
diesen Patienten ist eine regelmäßige Erfassung der 55 Angst hinsichtlich der Partnerschaft
Schmerzen empfohlen, um unzureichende Therapie-
maßnahmen schnell zu erkennen und zu eskalieren. Ängste und Depressionen zeigen sich bereits in
frühen Stadien der Lungenerkrankung und verstär-
ken sich im Endstadium. Die Lebensqualität wird
5.5 Angst und Depressionen durch das gleichzeitige Vorhandensein von Angst
und Depression negativ beeinflusst.
M. Tempel Eine wesentliche Rolle spielen Ängste und
Depressionen auch als Schrittmacher im „Teufels-
Dieser Abschnitt beschreibt die Auswirkungen von kreis der Dekonditionierung“ (. Abb. 5.1).
chronischen Lungenerkrankungen auf Psyche und Ängste und Depressionen sind im Klinikalltag
Lebensqualität der Patienten. Es zeigt, wie Pflege- deutlich unterdiagnostiziert und untertherapiert.
kräfte die psychischen Probleme erkennen können, Bei einer aufmerksamen und einfühlsamen Beob-
wie und wann sie selbst handeln sollten und wann achtung durch Pflegefachkräfte können psychi-
sie fachliche Unterstützung durch Psychologen oder sche Belastungen frühzeitig erkannt und rechtzeitig
Psychosomatiker benötigen. Für den Umgang mit psychosoziale Maßnahmen veranlasst werden. Als
„schwierigen“ Patienten werden konkrete Hilfestel- orientierende Testverfahren (Screening) eignen sich
lungen geboten. beispielsweise folgende Fragen:
5.5 · Angst und Depressionen
161 5

Angst
(vor Atemnot)

Leistungseinbuße
Verringerte
(Dekonditionier-
Aktivität
ung)

Vermehrte Angst
Sozialer
(bei rascher
Rückzug
einsetzender Atemnot)

Stärker
eingeschränkte Depression
Aktivität

. Abb. 5.1 Teufelskreis der Dekonditionierung

2-Fragen-Test bei Verdacht auf Depression (WHO) wesentlichen Reduktion von Ängstlichkeit und
55 Fühlten Sie sich im letzten Monat häufig Depressivität und können von Pflegekräften ange-
niedergeschlagen, bedrückt oder hoffnungslos? wendet werden.
55 Hatten Sie im letzten Monat deutlich weniger
Lust und Freude an Dingen, die Sie sonst gerne Wie Pflegekräfte psychisch belastete Patienten unter-
tun? stützen können
55 Beachten Sie: Psychische Störungen sind keine
Fragen bei Verdacht auf Angststörungen „Willensschwäche“.
55 Leiden Sie unter Angstanfällen „aus heiterem 55 Fordern Sie die Patienten – aber überfordern
Himmel“? Sie nicht.
55 Haben Sie Angst, alleine zu sein oder alleine 55 Geben Sie fachlich kompetente Anregungen und
etwas zu unternehmen? Hinweise zum Umgang mit den Belastungen –
55 Waren Sie in den letzten Monaten besonders aber seien Sie zurückhaltend mit „Ratschlägen“.
nervös oder ängstlich? 55 Zeigen Sie Konsequenz – aber bleiben Sie
geduldig.
Bereits kleine Maßnahmen (psychosoziale Mini- 55 Behalten Sie die Hoffnung und den „Sinn für
malinterventionen) führen laut Studien zu einer Humor“.
162 Kapitel 5 · Leitsymptome bei pneumologischen Erkrankungen

Bei Verdacht auf eine klinisch bedeutsame Ausprä- 55 Zeigt er Angst oder Aggressionen als Reaktion
gung der psychischen Belastung sollten diagnostisch auf seine Panik im Atemnotanfall und die
und psychosomatisch geschulte Experten hinzuge- Hilflosigkeit der Umgebung?
zogen werden (7 Abschn. 7.5). 55 Entwickelt er Depressionen und sozialen
Rückzug wegen der verständnislosen Reaktionen
z Der „schwierige“ Patient der Umgebung auf seine Leistungseinbuße?
Nicht selten wird der Psychologe auch angefordert,
wenn sich ein Teufelskreis in der Kommunikation Welche Schwierigkeiten hat das Stationsteam?
zwischen Stationsteam und einem „schwierigen“ 55 Neigt es aufgrund eines „Helfer-Ethos“ zu
Patienten eingeschliffen hat. Dann hilft ein gestuf- irrationalen therapeutischen Aktionen trotz
5 tes Vorgehen (. Abb. 5.2). fortgeschrittener Krankheit oder zu Ohnmacht
Zunächst sind zwei allgemeine Fragen zu klären: angesichts von Non-Adhärenz?
55 Betreibt es „Motivation“ als überwertige Idee –
Warum ist der Patient „schwierig“? ohne Blick für die Möglichkeiten des Patienten?
55 Leidet er unter der Ungewissheit während 55 Missdeutet es die Realitätsverleugnung des
einer langen Diagnostikphase, belastenden Patienten (zur psychischen Stabilisierung) als
Therapien, Technologieabhängigkeit wie Sauer- „Abwehr“?
stoff-Langzeittherapie (LTOT), nichtinvasiver
oder invasiver Beatmung? Reflexion Im Anschluss an diese Klärungsarbeit
55 Hat er eine problematische Krankheitswahr- führen folgende Fragen aus dem Kommunikations-
nehmung oder Krankheitsverarbeitung? Teufelskreis:
55 Plagen ihn Schuldgefühle wegen seines 1. Was macht der „schwierige“ Patient mit mir?
Nikotinkonsums oder Schamgefühle 44Eigene Gefühle (Ekel, Ablehnung,
aufgrund des sichtbaren Stigmas durch die Ungeduld, Ärger, Hilflosigkeit) dienen als
LTOT? wichtige Instrumente.

2. Schritt: Reflexion
– Was macht der
1. Schritt: Klärung
„schwierige“ Patient
– Warum ist der
Der mit mir? Der
Patient „schwierig“?
„schwierige“ – Was braucht der „adhärente“
– Welche
Patient „schwierige“ Patient
Schwierigkeiten hat
Patient?
das Stationsteam?
– Was braucht das
Stationsteam?

. Abb. 5.2 Der „schwierige“ Patient


Literatur
163 5
2. Was braucht der „schwierige“ Patient? Gestel AJR van, Teschler H (2010) Physiotherapie bei chroni-
schen Atemwegs- und Lungenerkrankungen. Springer,
44Ein hilfloser Patient braucht Zeit und Ruhe,
Berlin Heidelberg
um „selbst etwas wollen“ zu können. Kardos P et al. (2010) Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für
44Ein aggressiver Patient braucht Überblick, Pneumologie und Beatmungsmedizin zur Diagnostik und
um die Angst vor Kontrollverlust zu Therapie. Pneumologie 64: 336–373
verlieren, oder Anerkennung, um Angst vor Karg O (2016) Pumonale Leitsymptome. In: Esche B, Geiseler
J, Karg o (Hrsg) Pneumologie – Lehrbuch für Atmungs-
Minderwertigkeit zu verlieren
therapeuten. Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und
44Ein fordernd-klagender Patient braucht Beatmungsmedizin e.V., Berlin, S 136–145
Fürsorge, die als solche deutlich benannt Seidl A (2014) Freundlich, aber bestimmt (Top im Gesund-
wird! heitsjob). Springer, Berlin Heidelberg
3. Was braucht das Stationsteam? Solano JP, Gomes B, Higginson IJ (2006) A comparison of
symptom prevalence in far advanced cancer, AIDS, heart
44Zeit zur Auftragsklärung durch Hinhören
disease, chronic obstructive pulmonary disease and renal
darauf, was der „schwierige“ Patient im disease. J Pain Symptom Manage 31(1): 58–69
Stationsalltag braucht Vögele C (2008) Klinische Psychologie: Körperliche Erkrankun-
44Respekt vor der „Abwehr“ des Patienten gen. Beltz, Weinheim
44Eine intensive Suche nach dem „guten
Grund“, warum der Patient „schwierig“
ist. (Wünscht er Distanz, Autonomie,
Stabilität?)
44Klare Strukturen und möglichst wenig
Systemdruck (z. B. durch finanzielle Zwänge
seitens Kostenträger oder Institution)
44Selbstfürsorge durch die Beachtung der
eigenen Grenzen („schwierige“ Patienten
kann man nicht mit „leerem Tank“
behandeln. „Emotionsarbeit“ ist Schwerst-
arbeit – es gilt, den „Tank für Emotions-
arbeit“ immer wieder auffüllen.)

Eine abschließende Empfehlung gilt für alle Beteilig-


ten – Patient, Stationsteam und Psychologe: „Ausat-
men – Atempause – den neuen Atemzug kommen
lassen!“

Literatur

ATS – American Thoracic Society (2102) An Official American


Thoracic Society Statement: Update on the mechanisms,
assessment, and management of dyspnea. Am J Resp Crit
Care Med 185: 435–452
Bausewein C, Simon ST (2013) Atemnot und Husten bei Pallia-
tivpatienten. Shortness of breath and cough in patients
in palliative care. Dtsch Arztebl Int 110(33–34): 563–572.
DOI: 10.3238/arztebl.2013.0563
DEGAM – Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und
Familienmedizn (2014) Husten. DEGAM Leitlinie Nr. 11,
Stand Februar 2014. AWMF-Reg.Nr. 053/013. http://www.
awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/053-013l_S3_Hus-
ten_2014-02.pdf. Zugegriffen: 30. Juni 2016
165 6

Fallbeispiele aus dem Alltag


M. Schellenberg

6.1 Klinisches Fallbeispiel 1 – 166

6.2 Klinisches Fallbeispiel 2 – 166

6.3 Klinisches Fallbeispiel 3 – 167

6.4 Klinisches Fallbeispiel 4 – 168

6.5 Klinisches Fallbeispiel 5 – 169

6.6 Klinisches Fallbeispiel 6 – 169

6.7 Klinisches Fallbeispiel 7 – 170

© Springer-Verlag GmbH Deutschland 2017


G. Iberl, M. Schellenberg (Hrsg.), Pflegewissen Pneumologie, Fachwissen Pflege,
DOI 10.1007/978-3-662-52667-5_6
166 Kapitel 6 · Fallbeispiele aus dem Alltag

6.1 Klinisches Fallbeispiel 1 55 Labor: leichte Erhöhung der Leukozyten, sonst


unauffällig
Eine 33-jährige Patientin wird mit akuter Dyspnoe
notfallmäßig um 6:00 h auf Station gebracht. Sie klagt Diagnose Akuter Anfall eines allergischen Asthma
über thorakale Enge und starke Luftnot seit etwa bronchiale mit respiratorischer Insuffizienz.
einer Stunde, weshalb sie den Notarzt alarmiert habe.
Therapie akut Sauerstoffgabe, Inhalationen mit
Anamnese Seit Jahren bekannte Allergien (diverse Bronchodilatoren (Salbutamol, Ipratropiumbro-
Pollen), bisher führend rhinitische Beschwer- mid), systemische Gabe von Glucocorticoiden, ggf.
den im Frühling. Bei Bedarf dann ein „Allergie- Theophyllin, Morphin bei starker Atemnot und
mittel“, sonst keine Medikamente. Keine Vor- Angst.
erkrankungen. Raucherin (ca. 15 Packungsjahre).
Ihre Tochter hat Neurodermitis. Kein Fieber, kein Und weiter?
6 Husten, keine Infektzeichen im Vorfeld. Keine tho- 55 Engmaschige Überwachung bis zur Normali-
rakalen Schmerzen. Sie habe schon einmal ähnli- sierung der AF und O2-Werte
che Beschwerden vor ein paar Tagen gehabt, jedoch 55 Etablierung einer Inhalationstherapie mit ICS
nicht so stark. sowie Bedarfsinhalation
55 Bei Entlassung: regelmäßige Anbindung
Krankenbeobachtung an einen niedergelassenen Pneumologen,
55 Hohe Atemfrequenz (32/min) Asthmaschulungen, Aktualisierung der
55 Sitzt an der Bettkante, Arme aufgestützt Allergiediagnostik
55 Atemhilfsmuskulatur arbeitet sichtbar
55 Hörbares Pfeifen und Giemen beim Atmen
55 Kaltschweißig, gestresst 6.2 Klinisches Fallbeispiel 2

Sofortmaßnahmen Ein 75-jähriger Mann wird mit Dyspnoe, Schmerzen


55 Vitalparameter erfassen, O2-Sättigung! links thorakal und Fieber notfallmäßig eingeliefert.
Überwachung notwendig?
55 Sauerstoffgabe (Applikationsform → Nasen- Anamnese Vor 2 Wochen Erkältungsbeschwer-
brille vs. Maske mit Rückatembeutel) den mit Husten und Schnupfen, im Verlauf eitriger
55 Inhalationen richten (Applikationsform → Auswurf, zunehmend Schmerzen links thorakal, vor
Dosieraerosol vs. Feuchtinhalation) allem beim Husten. Starkes Krankheitsgefühl, bett-
55 Medikation nach Vorgabe des Arztes, ggf. lägerig seit 1 Woche. Vorerkrankungen: Diabetes
Unterstützung durch Kollegen dazu holen mellitus (insulinpflichtig), Herzinfarkt vor 2 Jahren.
55 Patienten beruhigen, nach Notwendigkeit Medikamente: Insulin, ASS, Beta-Blocker, Diureti-
manuelle Atemunterstützung kum. Lebt im Pflegeheim.
55 Rechtzeitig an anxiolytische Medikation (z. B.
Morphin) denken und Arzt ansprechen Krankenbeobachtung
55 Hohe Atemfrequenz, flaches Atmen
Erhobene Parameter AF 32/min, exspiratorisches 55 Patient wirkt gestresst, schwitzt stark, äußert
Giemen, verlängerte Ausatmung, leichtes Rasseln Schmerzen
in den Unterfeldern beidseits. HF 102/min, RR 55 Haut sehr trocken, Zunge weiß und belegt
156/78 mmHg, Temperatur 37,0°C, SpO2 91%. Bauch
weich, Beine schlank. Mundraum unauffällig. Sofortmaßnahmen
55 Vitalparameter prüfen, Blutzucker messen
Apparative Diagnostik 55 Sauerstoff bereitstellen (Applikationsform
55 BGA: pO2 58 mmHg, pCO2 32 mmHg, pH 7,46, überlegen, Nasenbrille möglich?)
BE –1 55 Lagerung optimieren
55 Rö-Thorax: keine Besonderheiten 55 Arzt auf Schmerztherapie ansprechen
6.3 · Klinisches Fallbeispiel 3
167 6
Erhobene Parameter AF 28/min, inspiratorisches 6.3 Klinisches Fallbeispiel 3
Rasseln beidseits, linkes Unterfeld abgeschwächt.
HF 115/min, RR 95/68 mmHg, Temperatur 38,8°C, Eine 56-jährige Patientin wird mit akuten Hämopty-
SpO2 89%, BZ 180 mg/dl. Bauch weich, Ödeme der sen stationär eingeliefert. Seit heute morgen habe sie
Unterschenkel. mehrere Esslöffel hellrotes Blut gehustet.

Apparative Diagnostik Anamnese Die Patientin ist im Hause bekannt und


55 BGA: pO2 52 mmHg, pCO2 46 mmHg, pH 7,34, in Behandlung eines rechts zentral lokalisierten,
BE –3 nichtkleinzelligen Bronchialkarzinoms Stadium IV.
55 Rö-Thorax: linker Unterlappen flächig Den 2. Zyklus Chemotherapie erhielt sie vor einer
verschattet, beidseitig fleckige Infiltrate Woche, danach ging es ihr sehr schlecht mit häu-
55 Labor: Deutlich erhöhte Infektwerte (CRP figem Erbrechen und Schwächegefühl. Leichte tho-
180 mg/dl, Leukozyten 18.000/μl), erhöhte rakale Schmerzen retrosternal. Gestern einma-
Retentionswerte (Kreatinin 2,1 mg/dl, lig Nasenbluten. Während der Aufnahme erneute
Harnstoff 180 mg/dl). Expektoration von etwa einem Esslöffel Blut.

Invasive Diagnostik Anlage einer Thoraxdrainage Krankenbeobachtung


links, es entleert sich eitriges Sekret. Anschluss an 55 Erhöhte Atemfrequenz (22/min)
ein Wasserschloss zum weiteren Ablauf. 55 Patientin ist blass, an den Unterschenkeln
verstreut Petechien
Diagnose (Parapneumonisches) Empyem links bei 55 Haut und Schleimhäute trocken, stehende
Pneumonie beidseits mit respiratorischem Versagen Hautfalten
und beginnender Hyperkapnie. Akute Niereninsuffi- 55 Hörbares Brodeln beim Atmen
zienz bei Exsikkose. Arterielle Hypotonie.
Sofortmaßnahmen
Therapie akut Sauerstoffgabe, Inhalationen mit Bron- 55 Vitalparameter erfassen
chodilatoren (Salbutamol, Ipratropiumbromid) und 55 Sauerstoffgabe
Sekretolyse (NaCl 0,9%, ggf. 3–6%), sofortiger Beginn 55 Arzt hinzuziehen
i.v. Antibiose, Schmerztherapie, i.v. Flüssigkeitssubstitu- 55 Labor inklusive Kreuzblut für Erythrozytenkon-
tion, Insulingabe (Cave: Hypoglykämie bei Inappetenz), zentrate (EK) richten, zügig i.v. Zugang sichern
Thoraxdrainage links (bereits diagnostisch erfolgt). 55 Patientin beruhigen, Schmerztherapie

Und weiter? Erhobene Parameter AF 22/min, links vesikuläres


55 Engmaschige Überwachung bis Normali- Atemgeräusch, rechts grobblasiges Brodeln. HF 110/
sierung der AF und O2-Werte, Blutdruck min, RR 86/62 mmHg, Temperatur 37,5°C, SpO2 92%.
engmaschig überwachen, Blutzucker
55 Asservierung von Sputum, Mikrobiologie Apparative Diagnostik
55 Kontrolle der BGA (Hyperkapnie? Bei weiterer 55 BGA: pO2 60 mmHg, pCO2 31 mmHg, pH 7,46,
respiratorischer Verschlechterung nichtin- BE –1
vasive Beatmung evaluieren) 55 Labor: Panzytopenie (Leukozyten 1,3/μl, Hb
55 Täglich Laborwertkontrollen, vor allem 7,1 g/dl, Thrombozyten 28.000/μl), CRP leicht
Kontrolle der Infekt- und Nierenwerte erhöht (25 mg/dl), Nierenwerte leicht erhöht
55 Je nach Therapieansprechen und Allgemein- (Kreatinin 1,3 mg/dl, Harnstoff 60 mg/dl)
zustand Entscheidung zu Thorakoskopie und 55 Rö-Thorax: rechtszentraler Tumor unverändert,
chirurgischer Ausräumung des Empyems flaue Infiltrate im Ober- und Mittelfeld rechts
55 Bei Entlassung: Überprüfung, ob noch 55 CT Thorax: zentrale Einschmelzung des rechts-
Sauerstoffbedarf. Empfehlung ambulant zentralen Tumors, erweiterte Bronchialarterie
pneumologischer Anbindung, Überprüfung peripher am Tumorrand, interstitielle Infiltrate
des Impfstatus (Pneumokokken) rechter Oberlappen und Mittellappen
168 Kapitel 6 · Fallbeispiele aus dem Alltag

55 Bronchoskopie: hellrote Blutstraßen aus dem ein. Patient lebt allein, die Nahrungsversorgung war
rechten Oberlappen sickernd, im Segment 3 in den letzten Tagen problematisch.
Blutkoagel (belassen!), Blut aus dem Mittel- Die Berichte der Voraufenthalte zeigen: COPD
lappen und Unterlappen rechts abgesaugt, Stadium D mit Emphysem, wiederholte Exazer-
anschließend dort kein Blut nachlaufend. bationen (zuletzt vor 4 Wochen), grenzwertiges
Linkes Bronchialsystem unauffällig. ventilatorisches Versagen, Patient lehnte nicht-
invasive Beatmung bisher ab. LTOT häuslich
Diagnose Hämoptoe aus dem rechten Oberlappen vorhanden.
bei einschmelzendem Bronchialkarzinom und Pan-
zytopenie nach Chemotherapie. Krankenbeobachtung
55 Erhöhte Atemfrequenz (24/min), sehr kurze
Therapie akut Sauerstoffgabe, Flüssigkeit i.v., Gabe Atemzyklen
von EK und TK (Thrombozytenkonzentrat), Anti- 55 Ausschließlich Mundatmung
6 biotikum (Prophylaxe von Infektion bei Leukozy- 55 Starker Einsatz der Atemhilfsmuskeln,
topenie und Blutaspiration/parenchymaler Einblu- Patient stützt sich mit beiden Händen an der
tung), Antitussivum. Liege ab
55 Hörbares Pfeifen und Giemen
Und weiter? 55 Patient ist kachektisch, stehende Hautfalten
55 Engmaschige Überwachung bis Norma- an den Händen, zahlreiche flächige
lisierung der SpO2 und Sistieren der Hautblutungen
Hämoptysen
55 Der körpereigene Koagel im rechten Sofortmaßnahmen
Oberlappen wurde belassen (Achtung: 55 Vitalparameter erfassen
Absaugen kann eine schwere erneute Blutung 55 Sauerstoffgabe reduzieren unter
auslösen) und war ausreichend zur Blutstillung, Sättigungsmessung
unterstützend TK-Gabe bei Thrombozytopenie 55 Lagerung an Bettkante sitzend oder Herzbett-
55 Nach Flüssigkeit, EK- und TK-Gabe Stabili- lagerung anbieten
sierung des Blutdrucks, im Verlauf Erholung 55 Antiobstruktive Inhalation
der Knochenmarkfunktion mit Normali- 55 Entblähungsmaßnahmen anbieten (manuelle
sierung der Blutwerte Unterstützung der Ausatmung, PEP-Ventil,
55 Risiko einer erneuten Blutung mit Patientin Lippenbremse)
besprechen, ggf. Dosis der Chemotherapie
anpassen, um erneute Panzytopenie zu Erhobene Parameter AF 25/min, beidseits sehr
vermeiden leises Atemgeräusch, hypersonorer Klopfschall,
Pfeifen und Giemen exspiratorisch. HF 112/min, RR
112/71 mmHg, Temperatur 36,5°C, SpO2 94% mit 4 l O2-
6.4 Klinisches Fallbeispiel 4 Gabe.

Ein 65-jähriger Patient wird mit akuter Dyspnoe vom Apparative Diagnostik
Notarzt eingeliefert. Im Rettungswagen 8 l O2-Gabe 55 BGA: pO2 68 mmHg, pCO2 66 mmHg, pH 7,37,
per Maske, O2-Sättigung 99%. BE 5
55 Labor: unauffällig
Anamnese Der Patient ist im Hause bekannt, zuletzt 55 Rö-Thorax: Emphysemthorax, keine Verän-
vor 4 Wochen mit ähnlicher Symptomatik eingelie- derung zur Voruntersuchung
fert. Seit etwa 3 Tagen besteht vermehrt Dyspnoe, 55 EKG: Sinustachykardie 110/min, sonst keine
jetzt aggraviert. Kaum Husten, kein Auswurf, kein Pathologien
Fieber, keine sonstigen Infektzeichen. Druckgefühl
thorakal. Seit dem letzten Aufenthalt vermehrt Kopf- Diagnose Ventilatorisches Versagen bei Exazerba-
schmerzen, bereits am Vormittag schlafe er immer tion der COPD mit Emphysem.
6.6 · Klinisches Fallbeispiel 6
169 6
Therapie akut Reduktion der Sauerstofftherapie, 55 Feuchtinhalation (NaCl 0,9%)
antiobstruktive und entblähende Atemtherapie, 55 i.v. Flüssigkeitsgabe
kurzfristige Corticoidstoßtherapie, i.v. Flüssigkeit. 55 Nüchtern lassen, Antikoagulation (Marcumar)
nach Rücksprache mit Arzt pausieren bzw. auf
Und weiter? Heparin umsetzen
55 Nach ausführlicher und ruhiger Aufklärung
dann Einleitung einer nichtinvasiven Erhobene Parameter AF 19/min, links vesikuläres
Beatmungstherapie unter Einsatz von niedrig- Atemgeräusch, rechts Rasselgeräusche, vor allem im
dosiertem Morphin. Hierunter bereits nach 1 h Unterfeld. HF 98/min, RR 100/70 mmHg, Tempera-
Senkung des CO2 auf 57 mmHg tur 37,8°C, SpO2 94% mit 2 l O2-Gabe.
55 Im Verlauf sehr gute Akzeptanz der Beatmung,
selbständige Nutzung erreicht Apparative Diagnostik
55 Aufklärung zur Gefahr der zu hohe O2-Gabe → 55 BGA: pO2 66 mmHg, pCO2 35 mmHg, pH 7,39,
Verstärkung der Hyperkapnie BE –1
55 Erstellung eines Behandlungsplans bei akuter 55 Labor: erhöhte Infektwerte (CRP, Leukozyten,
Dyspnoe: optimierte Inhalationstherapie, PCT), Nierenwerte leicht erhöht
Entblähungsmaßnahmen, kurzwirksames 55 Rö-Thorax: Infiltrat rechter Unterlappen
Morphin im Notfall 55 EKG: Vorhofflimmern, 100/min, sonst keine
55 Beratung durch Sozialdienst: Einrichtung Pathologien
einer Pflegestufe, ambulante Versorgung durch 55 Bronchoskopie: links unauffälliges Bronchial-
Sozialstation und „Essen auf Rädern“ system, rechts Unterlappenbronchus mit Schleim
verlegt, darunter grüne Struktur (Erbse?), distal
reichlich eitriges Sekret abgesaugt
6.5 Klinisches Fallbeispiel 5
Diagnose Pneumonie rechter Unterlappen nach
Ein 76-jähriger Patient wird mit seit etwa 2 Wochen Aspiration (am ehesten Erbse)
bestehendem Husten, progredienter Dyspnoe und
seit einigen Tagen vorliegendem eitrigem Auswurf Therapie akut Antibiotische Therapie, Inhalatio-
vom Hausarzt eingewiesen. Trotz antibiotischer The- nen, i.v. Flüssigkeit.
rapie persistieren die Beschwerden.
Und weiter?
Anamnese Der Patient lebt im Pflegeheim, vor 2 Jahren 55 Logopädische Betreuung empfehlen
erlitt er einen Schlaganfall, er antwortet auf Nachfrage, 55 Kost anpassen (weich, püriert)
ist aber nicht zu Zeit und Ort orientiert. Auf Nachfrage 55 Bei wiederholter Aspiration Option einer
beim Pflegepersonal hat sich der Patient beim Mittag- Magensonde oder einer dauerhaften perku-
essen vor etwa 2 Wochen schwer verschluckt, seither tanen enterogastralen Sonde (PEG) mit Patient
Husten und häufiges Räuspern, Essensabneigung. und Betreuer diskutieren
Weitere Vorerkrankungen: Vorhofflimmern,
arterielle Hypertonie, Diabetes mellitus
6.6 Klinisches Fallbeispiel 6
Krankenbeobachtung
55 Erhöhte Atemfrequenz (18/min) Eine 55-jährige Patientin wird vom Pneumolo-
55 Häufiges Husten, Räuspern gen eingewiesen bei progredienter Belastungs-
55 Rasselndes Atemgeräusch rechts dyspnoe, zudem leichte thorakale Schmerzen bei
55 Trockene Haut und Schleimhäute Anstrengung.

Sofortmaßnahmen Anamnese Die Patientin hat seit 3 Tagen zuneh-


55 Vitalparameter erfassen mend Belastungsdyspnoe, sie komme die Treppen
55 Sauerstoffgabe zu ihrer Wohnung (2. Stock) nur noch langsam
170 Kapitel 6 · Fallbeispiele aus dem Alltag

hoch. Vor etwa 4 Tagen schmerzhafte Schwellung 55 Beratung und Testung der Schwester auch
des linken Unterschenkels. Keine Vorerkrankungen, empfohlen (genetisch vererbte Erkrankung)
keine Medikamenteneinahmen. Nikotinabusus 10 55 Umstellung der Antikoagulation auf ein orales
Zigaretten/Tag, ca. 20 Packungsjahre. Ihre Schwes- Präparat
ter hatte eine tiefe Beinvenenthrombose (TVT) vor 55 Bei kardiorespiratorischer Stabilität Entlassung
8 Jahren. in ambulante Versorgung, ggf. mit vorüberge-
hender O2-Versorgung, engmaschige pneumo-
Krankenbeobachtung logische Anbindung
55 Leicht erhöhte Atemfrequenz (16/min) in Ruhe 55 Nikotinentwöhnung empfohlen
55 Linker Unterschenkel leicht gerötet und (Risikofaktor!)
geschwollen

Sofortmaßnahmen 6.7 Klinisches Fallbeispiel 7


6 55 Vitalparameter erfassen
55 Sauerstoffgabe unter Sättigungsmessungen Ein 20-jähriger Mann wird vom Notarzt eingeliefert.
Er ist beim Fußballspiel zusammengebrochen mit
Erhobene Parameter AF 16/min, beidseits vesiku- starker Dyspnoe und rechtsthorakalen Schmerzen.
läres Atemgeräusch, HF 88/min, RR 126/67 mmHg,
Temperatur 36,8°C, SpO2 95% mit 1 l O2-Gabe. Anamnese Der Patient hat keine Vorerkrankungen.
Die Beschwerden traten plötzlich während des Spiels
Apparative Diagnostik auf, er habe stärkste Schmerzen rechts thorakal, auch
55 BGA: pO2 72 mmHg, pCO2 35 mmHg, pH 7,45, reißend zwischen den Schulterblättern.
BE 0,5 Eine Anamnese ist kaum durchführbar bei
55 Labor: leicht erhöhtes CRP, D-Dimer schwerster Dyspnoe.
hoch-positiv
55 Rö-Thorax: keilförmiges Infiltrat linker Krankenbeobachtung
Unterlappen 55 Stark erhöhte Atemfrequenz (28/min) in Ruhe
55 EKG: Rechtstyp, leichte Tachykardie 88/min in 55 Patient ist enorm gestresst, in Panik
Ruhe, sonst keine Auffälligkeiten 55 Halsvenen gestaut
55 Echokardiografie: rechter Ventrikel leicht- 55 Keine Atemexkursionen rechts
gradig dilatiert, systolischer Pulmonalisdruck
erhöht 40 mmHg Sofortmaßnahmen
55 Beinvenenduplex: TVT linker Unterschenkel 55 Den Arzt benachrichtigen!
55 CT Thorax: Lungenarterienembolie links 55 Sauerstoffgabe mit Maske (Mundatmung)
peripher 55 Vitalparameter erfassen
55 i.v. Zugang sichern, Schmerzmedikation nach
Diagnose Lungenarterienembolie links. ärztlicher Absprache

Therapie akut Antikoagulation mit niedermoleku- Erhobene Parameter AF 28/min, links vesikuläres
larem Heparin, Kompressionsstrümpfe. Atemgeräusch, rechts kein Atemgeräusch, HF 98/
min, RR 96/68 mmHg, Temperatur 37,4°C, SpO2
Und weiter? 91% mit 3 l O2-Gabe, fallend.
55 Laborchemische Gerinnungsdiagnostik → hier → Notfall-Thoraxdrainage rechts am Kranken-
zeigt sich ein heterozygoter Faktor-V-Mangel bett! Beim Eröffnen der Thoraxwand rechts ent-
(genetische Gerinnungsstörung mit 5- bis weicht zischend viel Luft. Eine Thoraxdrainage
10fach erhöhter Thromboseneigung) wird eingelegt und am Wasserschloss angeschlos-
55 Beratung in spezieller Gerinnungsambulanz sen. Innerhalb weniger Minuten verlangsamt sich
6.7 · Klinisches Fallbeispiel 7
171 6
die Atemfrequenz, die O2-Sättigung steigt (97% mit
2 l O2), der Blutdruck ebenso (134/78 mmHg).

Diagnose Pneumothorax rechts mit Spannungs-


komponente.

Bemerkung Hier zeigte sich eine pneumologische


Notfallsituation. Die fehlende Atemexkursion und
das fehlende Atemgeräusch rechts mitsamt starken
„reißenden“ Schmerzen führten eindeutig zu der
Diagnose „Pneumothorax“. Anlass zu sofortigem
Handeln ergaben die klinischen Zeichen: arterielle
Hypotonie, gestaute Halsvenen und stetig fallende
SpO 2 als Zeichen eines Spannungspneumotho-
rax. Dies ist eine vital bedrohliche Situation ohne
Zeit für weitere Diagnostik, sofortiges Handeln ist
lebensrettend.

Und weiter?
55 Röntgenkontrolle nach Thoraxdrainage
55 Engmaschiges Monitoring der Vitalzeichen
55 Anpassung der O2-Gabe
55 Optimierung der Schmerzmedikation
55 Nach vollständiger Lungenentfaltung
Entfernung der Thoraxdrainage. Da Erster-
eignis, (wahrscheinlich) keine weiteren
Maßnahmen. Aufklärung über Rezidivrisiko
(16–52%) und operative Versorgungsmög-
lichkeit (VATS, Pleurodese)
55 Meidung von Nikotin (Risikofaktor für
Rezidiv)
173 7

Das interdisziplinäre Team


S. Klarmann, G. Iberl, C. Wingerter, O. Göhl, M. Tempel,
S. Färber-Awischus, M. Schellenberg

7.1 Physiotherapie – 174

7.2 Ernährungsberatung – 175

7.3 Sozialdienst – 175

7.4 Rehabilitation – 176

7.5 Psychologischer Dienst – 177

7.6 Seelsorge – 179

7.7 Logopädie – 180

Literatur – 180

© Springer-Verlag GmbH Deutschland 2017


G. Iberl, M. Schellenberg (Hrsg.), Pflegewissen Pneumologie, Fachwissen Pflege,
DOI 10.1007/978-3-662-52667-5_7
174 Kapitel 7 · Das interdisziplinäre Team

7.1 Physiotherapie Das übergeordnete Ziel ist die vollständige Wie-


derherstellung von:
S. Klarmann 55 physiologischen Bewegungsabläufen,
55 gestörten oder bedrohten Funktionen,
Physiotherapie in der Pneumologie ist eine Ergän- 55 allen Belangen des täglichen Lebens sowie der
zung und Unterstützung in Kombination mit Selbständigkeit.
anderen Therapieansätzen. Hilfreich ist es, sich mit
anderen Berufsgruppen abzusprechen und gemein- Ein wesentlicher Anteil der physiotherapeutischen
sam zu entscheiden, welche Zielsetzungen und Maß- Arbeit ist die Atemtherapie, besonders dann, wenn
nahmen für den Patienten notwendig, sinnvoll und ein Patient beatmet ist oder sich im Weaning (Phase
zielführend sind. Dabei sind die passenden Ziele der Beatmungsentwöhnung) befindet. Dabei unter-
patientenorientiert und stets zum Wohle des Patien- scheidet der Physiotherapeut verschiedene Tech-
ten festzulegen. Heute finden diese Besprechungen niken aus der klassischen passiven und aktiven
oft im multiprofessionellen Team statt. Atemtherapie. Zum Beispiel ist das inspiratorische
Darüber hinaus geht es um die Dringlichkeit Atemtraining (IMT) eine Methode zur Erhöhung des
7 dessen, was mit dem Patienten gemacht werden maximalen Inspirationsdrucks, um die Atemmusku-
muss, um die mittlere Verweildauer einzuhalten und latur zu trainieren und ggf. einen positiven Einfluss
diese besser steuern zu können. Dieses ist im Zuge auf den Weaning-Erfolg zu nehmen. –
der Wirtschaftlichkeit eines Krankenhauses äußerst Leider hat nicht jedes Krankenhaus einen
wichtig geworden. Atmungstherapeuten im Team. Also muss in diesem
Wünschenswert wäre, ein beständiges Team aus Fall die Physiotherapie nachhaltig auf diesem Gebiet
den unterschiedlichen Professionen (Pflege – Ärzte – die Möglichkeiten der passiven und aktiven Atem-
Ergotherapeuten – Atmungstherapeuten – Phy- techniken erarbeiten und vermitteln.
siotherapeuten – Logopäden …) zu haben, nur so Physiotherapie nimmt Einfluss auf die Bewe-
gelingt eine gute aufeinander abgestimmte Zusam- gungsfunktionen des gesamten Körpers des Patien-
menarbeit. Solch ein Team ist in der Lage, sich in ten. Ob durch passives Bewegen oder Förderung der
schwierigen Situationen gegenseitig besser zu unter- Aktivität des Patienten – es stehen viele Möglichkei-
stützen und zu vertreten, besonders wenn Wert auf ten zur Verfügung.
gemeinsame Schulungen gelegt wird.
z (Früh-)Mobilisation
z Behandlungsplan Die Frühmobilisation (pflegerisch oder therapeu-
Eine physiotherapeutische Behandlung beginnt tisch) ist eine gemeinsame Maßnahme, gehört jedoch
stets mit einem physiotherapeutischen Befund. Zu vorrangig mit ins Aufgabenfeld des Physiotherapeu-
erheben sind der pulmonale und kardiale Zustand ten. Jede Profession hat unterschiedliche Ansätze:
des Patienten, Beatmungsmodus und -form, Medi- Physiotherapeuten sehen die Förderung des Gleich-
kamentengaben und ggf. die Laborwerte, dies alles gewichts und der Koordination vordergründig, Pfle-
hat Einfluss auf die Zielsetzung und die auszuwäh- gekräfte bemühen sich, pflegerische Maßnahmen zu
lenden Maßnahmen der physiotherapeutischen unterstützen. Als immens wichtige Maßnahme muss
Behandlung. Clinical Reasoning spielt in der Phy- sie vom multiprofessionellen Team tatkräftig unter-
siotherapie eine große Rolle, das tägliche therapeuti- stützt werden. Dabei muss auch besprochen werden,
sche Handeln wird dabei kritisch reflektiert und ana- wann und wie lange mobilisiert werden soll.
lysiert. Ziele und die entsprechenden Maßnahmen Die Physiotherapie verfolgt dabei auch Ziele auf
werden täglich angepasst und evtl. neu strukturiert. psychosozialer Ebene:
Alle Informationen werden papiergestützt oder 55 Eigenverantwortung des Patienten wird gefördert
elektronisch zusammengefasst und vermerkt. Die 55 Sicherheit im alltäglichen Leben wird
Zielsetzungen des Physiotherapeuten und die Fest- zurückgewonnen
legung der entsprechenden Maßnahmen sollen stets 55 Erworbene Lerneffekte werden gesichert
kompatibel zu den festgelegten Zielen und zum 55 Selbständigkeit des Patienten wird
Krankheitsbefund sein. wiederhergestellt
7.3 · Sozialdienst
175 7
Diese Punkte tragen zur Lebensfreude und zum see- vielfältige persönliche und soziale Probleme. Dafür
lischen Wohlbefinden des Patienten bei. erarbeitet der Sozialdienst zusammen mit dem
Aus Sicht der Physiotherapie lassen sich stets Patienten und seinen Angehörigen eine tragfähige
die ergänzenden therapeutischen und pflegerischen Lösung für die nachstationäre Versorgung. Dabei ist
Maßnahmen in ein sinnvoll durchdachtes Behand- eine enge Zusammenarbeit mit den verschiedenen
lungskonzept integrieren und tragen somit zum Berufsgruppen, die am Behandlungsprozess beteiligt
Erfolg und zur schnellen Entlassung des Patienten sind, eine unabdingbare Voraussetzung im Hinblick
bei. auf eine optimale Problemlösung.

Sauerstoffversorgung Patienten mit Atemwegs-


7.2 Ernährungsberatung erkrankungen benötigen häufig nach der Entlas-
sung eine Versorgung mit Sauerstoff. Der Sozial-
G. Iberl dienst klärt nach ärztlicher Rücksprache ab, ob der
Patient einen Sauerstoffkonzentrator oder Flüssig-
Diätassistenten und Fachberater für Essstörungen sauerstoff benötigt. Nach dem Gespräch mit dem
sind Teil des multiprofessionellen Teams auf pneu- Patienten über die bevorstehende Versorgung wird
mologischen Fachstationen. Dort werden Patienten diese eingeleitet.
mit sehr unterschiedlichen Erkrankungen behandelt.
Erkennbare Probleme werden zusammen mit dem Anschlussheilbehandlung Bei COPD-Patienten
Patienten besprochen, bevor eine Ernährungsbera- wird vom Sozialdienst auf Vorschlag der Ärzte eine
tung verordnet wird. Anschlussheilbehandlung (AHB) in einer speziellen
Eine individuelle und personenzentrierte Ernäh- Rehaklinik für Atemwegserkrankungen eingeleitet.
rungsberatung und -therapie versucht gemeinsam In der Reha lernt der Patient seine körperliche Belast-
mit den Patienten Ziele und Lösungswege zu erarbei- barkeit kennen und kann sich mit anderen Patien-
ten, ohne Zwang umzusetzen und zu begleiten. ten über ein Leben mit der Erkrankung austauschen.
Beispiele für Beratungsangebote:
55 Diabetes Mellitus Rechtliche und finanzielle Beratung Patienten mit
55 Adipositas chronischen Atemwegserkrankungen oder Bron-
55 Malabsorption (Mukoviszidose) chialkarzinom werden vom Sozialdienst zur Beantra-
55 Essstörungen gung eines Schwerbehindertenausweises beraten,
55 Fehl- und Mangelernährung der u. a. einen Kündigungsschutz am Arbeitsplatz
55 Nahrungsmittelallergien und bietet. Fragen bezüglich Erwerbsminderungsrente
Unverträglichkeiten oder vorgezogener Altersrente werden besprochen,
55 Bluthochdruck finanzielle Hilfsmöglichkeiten abgeklärt. Der Sozial-
55 Fettstoffwechselstörungen dienst berät zum Thema Vorsorgevollmacht und
55 Osteoporose Patientenverfügung. Die Vorsorgevollmacht gibt
dem Patienten die Möglichkeit, eine Person seines
Vertrauens zu bestimmen, die seine Angelegenheiten
7.3 Sozialdienst regelt, wenn er selbst nicht mehr dazu in der Lage ist.
Das Thema Patientenverfügung ist schwierig, da es
C. Wingerter eine konkrete Auseinandersetzung mit dem Thema
„Sterben“ beinhaltet, und wird häufig von Patienten
Die Tätigkeit des Kliniksozialdienstes umfasst die zunächst abgelehnt. Hier gilt es, wiederholt Unter-
sozialrechtliche Beratung und psychosoziale Betreu- stützung anzubieten.
ung der Patienten und ihrer Angehörigen. Er ergänzt
und unterstützt die ärztlichen und pflegerischen Häusliche Versorgung Die Entlassung aus dem
Leistungen im Hinblick auf eine umfassende Betreu- Krankenhaus bedeutet nicht immer, dass der Patient
ung des Patienten. Durch die Erkrankung entstehen sein Leben wie bisher fortsetzen kann, sondern Hilfe
176 Kapitel 7 · Das interdisziplinäre Team

auf Zeit oder Dauer benötigt. Wird eine häusliche Patienten mit unterstützenden Gesprächen zur
Versorgung eingeleitet, erkundigt sich der Sozial- Krankheitsbewältigung und bietet Hilfestellung,
dienst zunächst bei dem behandelnden Arzt nach um im Umgang mit der Erkrankung seinen eigenen
dem körperlichen Zustand des Patienten und führt Lösungsweg zu finden.
dann das Gespräch mit der Pflege, um den pflegeri-
schen Aufwand in Erfahrung zu bringen. Mit diesem
Kenntnisstand berät der Sozialdienst den Patienten 7.4 Rehabilitation
und die Angehörigen über die Modalitäten der häus-
lichen Versorgung, der Bedarf an Hilfsmitteln wird O. Göhl
abgeklärt, ebenso die Beantragung der Pflegestufe
bzw. ob ein Pflegedienst eingeschaltet werden muss. Die pneumologische Rehabilitation (PR) wird defi-
Bis zur Entlassung des Patienten sind diese Maßnah- niert als evidenzbasierte multidisziplinäre Inter-
men dann bereits eingeleitet worden. vention für Patienten mit chronischen Erkrankun-
gen der Atmungsorgane, die auf einer sorgfältigen
Pflegeheim Ist eine Versorgung zuhause nicht mehr Erfassung der Symptome und Einschränkungen von
7 möglich, muss die Verlegung in ein Pflegeheim oder Alltagstätigkeiten beruht. Das Assessment der unter-
Hospiz angesprochen und ggf. eingeleitet werden. schiedlichen Krankheitsaspekte und ihren Auswir-
Für den Patienten und die Angehörigen ist dies in der kungen auf wichtige Lebensbereiche erfolgt nach der
Regel eine sehr schwierige Entscheidung. Pflegeheim International Classification of Functioning, Disabi-
oder Hospiz sind ein Thema, das nicht mit einem lity and Health (ICF).
Gespräch geklärt werden kann. Eine gute Zusam-
menarbeit aller Berufsgruppen ist hier notwendig. z Indikationen
Die folgende 7 Übersicht fasst mögliche Indikatio-
Beatmungspflegedienst Invasiv beatmete Patienten nen zur PR zusammen.
stellen in der häuslichen Versorgung eine Besonder-
heit dar. Sie benötigen in der Regel in der nachstatio-
nären Versorgung eine 24-Stunden-Betreuung durch Indikationen zur pneumologischen Reha-
einen spezialisierten Beatmungspflegedienst. Diese bilitation
Art der Versorgung wird vom Sozialdienst ausführlich 55COPD (ab GOLD II)
mit dem Patienten und den Angehörigen besprochen. 55Asthma bronchiale
Nach den Gesprächen wird ein geeigneter Beatmungs- 55Interstitielle Lungenerkrankungen (u. a.
pflegedienst gesucht, der sich dann dem Patienten vor- Lungenfibrosen)
stellt. Ist der Patient mit dem Pflegedienst einverstan- 55Bronchiektasen
den, wird die Versorgung in die Wege geleitet. 55Zystische Fibrose (Mukoviszidose)
55Restriktive Ventilationsstörungen inkl.
Mukoviszidose-Patienten Die Betreuung und Ver- neuromuskulärer Erkrankungen
sorgung der Mukoviszidose-Patienten wirft beson- 55Pulmonale Hypertonie
dere sozialrechtliche Probleme auf. Meist stehen die 55Obesitas-Hypoventilationssyndrom (OHS)
Einleitung einer Reha oder finanzielle Fragestellungen 55Anschluss-Reha nach Primärbehandlung
im Vordergrund. Die Patienten waren aufgrund der bei Lungenkarzinom
Erkrankung oft nur kurzfristig oder nie berufstätig. In 55Patienten vor/nach Lungenvolumenre-
diesen Fällen haben sie keinen Anspruch auf Erwerbs- duktionsverfahren oder vergleichbaren
minderungsrente und können nur Arbeitslosengeld Interventionen
II (ALG II) oder Grundsicherungsrente beantragen. 55Patienten vor/nach Lungentransplantation
Schwere pneumologische Erkrankungen sind
eine große psychische Belastung für den Betroffe-
nen. In solchen Situationen kann der Patient nicht Allgemein ist die Indikation zur PR gegeben, wenn
allein gelassen werden. Der Sozialdienst hilft dem trotz adäquater Krankenversorgung körperliche
7.5 · Psychologischer Dienst
177 7
und/oder psychosoziale Krankheitsfolgen drohen
. Tab. 7.1 Effekte pneumologischer Rehabilitation
oder bereits bestehen, die normale Aktivitäten bzw. bei COPD
die Teilhabe am normalen beruflichen und gesell-
schaftlichen Leben einschränken. Bei vielen der Effekte pneumologischer Evidenzgrad
genannten Indikationen – insbesondere nach einer Rehabilitation
akuten Exazerbation der COPD (AECOPD) – emp-
Besserung der körperlichen Leis- A
fiehlt sich eine PR möglichst unmittelbar nach dem tungsfähigkeit
Krankenhausaufenthalt (Anschlussheilbehandlung),
Verminderung der Atemnot A
um die akuten Folgen des Krankenhausaufenthaltes
Besserung der gesundheitsbezoge- A
(oftmals lange Liegezeiten/Bettruhe, Gewichts- und
nen Lebensqualität
Kraftverlust, Folgen hoher Cortisondosen etc.) mög-
Reduktion der Anzahl und Dauer von A
lichst schnell anzugehen.
Krankenhausaufenthalten

z Therapiebausteine Reduktion von COPD-assoziierter A


Angst und Depression
Im Rahmen der PR sind im Konzept neben der
Kraft- und Ausdauertraining der obe- B
Behandlung spezifischer Symptome auch Begleit-
ren Extremität verbessert die Funk-
und Folgeerkrankungen zu beachten und die ein- tion der Arme
zelnen Therapiebausteine (7 Übersicht) individuell
Positive Effekte eines Trainingspro- B
in Abhängigkeit von den Rehabilitationszielen varia- grams überdauern die Trainings-
bel zu kombinieren. periode
Lebensverlängerung B
Atemmuskeltraining kann hilfreich C
Therapiebausteine der pneumologischen
sein, insbesondere in Kombination
Rehabilitation mit einem allgemeinen körperlichen
55Rehabilitationsorientierte Diagnostik Training
55Leistungsbeurteilung Schnelle Erholung nach Krankenhaus- A
55Überprüfung und ggf. Optimierung der aufenthalt bei COPD-Exazerbation
Pharmakotherapie
55Patientenschulung Evidenzgrad A: randomisierte kontrollierte Studien,
55Atemphysiotherapie große Datengüte; Evidenzgrad B: randomisierte
55Bewegungs-, Sport- und Trainingstherapie kontrollierte Studien, begrenzte Datengüte;
55Atemmuskulaturtraining Evidenzgrad C: nicht randomisierte kontrollierte
Studien, Beobachtungsstudien.
55Sauerstofflangzeittherapie
55Psychosoziale Diagnostik, Therapie und
Beratung
55Ernährungsberatung und Schulung 7.5 Psychologischer Dienst
55Tabakentwöhnung
55Sozialberatung M. Tempel
55Hilfsmittelberatung und -versorgung

Psychologische Behandlungsansätze sind eine wich-


Zur Umsetzung dieser multimodularen Therapie ist tige Ergänzung bei der Behandlung chronischer Lun-
die Zusammenarbeit verschiedener Berufsgruppen generkrankungen und mitunter ausschlaggebend
(interdisziplinär) Voraussetzung. für den Erfolg der medizinischen und pflegerischen
Maßnahmen. Die psychologischen Angebote umfas-
z Effekte sen Gesundheitsförderung, Unterstützung bei der
Die Effekte der PR sind bei COPD auf höchstem Evi- Krankheitsbewältigung, Psychotherapie bei komor-
denzlevel belegt (. Tab. 7.1). biden psychischen Störungen und ggf. palliative
178 Kapitel 7 · Das interdisziplinäre Team

Begleitung. Dem Psychologischen Dienst kommt 55 sichert Betreuungskonstanz für Patienten und
innerhalb des interdisziplinären Teams eine integ- Angehörige
rierende Aufgabe zu.
Für die Diagnostik (vor allem in Form von Screening-
z Psychologen im interdisziplinären Team tests hinsichtlich Angst, Depression, kognitiven Funk-
Bei ca. 30–50% der Patienten auf einer pneumolo- tionen, Krankheitsverarbeitung, dyadisches Coping)
gischen Station werden die somatischen Symptome gilt: „So wenig wie möglich, so viel wie nötig!“
durch psychische Faktoren mitbedingt oder aufrecht- Coping (vom englischen to cope with = bewäl-
erhalten oder es kommt infolge des chronischen bzw. tigen, überwinden): Bezeichnet in Medizin und
lebensbedrohlichen Verlaufs zu psychischen Auffäl- Psychologie die Art des Umgangs mit einem als
ligkeiten. Häufig haben diese Patienten keine oder nur bedeutsam und schwierig empfundenen Lebens-
geringe Einsicht in die psychosomatischen Zusam- ereignis (z. B. einer schweren Krankheit) oder einer
menhänge. Umso wichtiger ist eine gemeinsame kon- Lebensphase.
krete Vorstellung des Stationsteams von der Arbeit des Häufig wird unterschieden:
Psychologen in der Pneumologie. Diese Arbeit erfolgt 55 problemorientiertes Coping (z. B.
7 zumeist im Konsiliarmodus, also nach Bedarf, oder Kompromiss eingehen)
im Liaisonmodus, d. h. fest integriert in die Abläufe. 55 emotionsorientiertes Coping (z. B. eine
Der Psychologische Dienst Zigarette zur Beruhigung rauchen – leider!)
55 ist rasch und flexibel verfügbar 55 bewertungsorientiertes Coping (z. B. eine
55 liefert fundierte und bedarfsgerechte Psycho- Belastung als Herausforderung sehen)
diagnostik (Screening mittels Fragebögen) 55 dyadisches Coping (= gemeinsame Stress-
55 unterbreitet präzise formulierte und bewältigung in Partnerschaften)
begründete Therapievorschläge
55 bietet rasch wirksame (Kurzzeit-)Interven- Typische psychologische Interventionen sind in der
tionen für Patienten und Angehörige Regel gekennzeichnet durch folgende Merkmale: Sie
55 sind methodenübergreifend und integrativ,

. Tab. 7.2 Psychologische Interventionsgebiete in der Pneumologie

Problem Ziel Intervention

Rauchender COPD-Patient Nikotinentwöhnung Motivierende Gesprächsführung


Übergewichtiger COPD-Patient mit Therapietreue (Adhärenz) hinsicht- Adhärenz-Interventionen
unzureichender Therapietreue (Non- lich Medikation (z. B. Inhalativa)
Adhärenz) und Lebensstiländerung
Emphysem-Patient mit Atemnot-Angst Selbstmanagement bei Atemnot Aufmerksamkeitslenkung
Asthma-Patient mit Vermeidungs- und Angemessene Krankheits- und Wahrnehmungstraining
Verleugnungsverhalten ­Symptomwahrnehmung (Selbstwahrnehmung,
­Auslöserwahrnehmung)
Langzeitsauerstofftherapie(LTOT)- Verminderte Scham- und Anti-Stigma-Training
Patient mit sozialen Ängsten ­Schuldgefühle
Mukoviszidose(CF)-Patient mit Selbst- Unterstützung der Krankheitsver- Kognitive Coping-Therapie
überforderungstendenz arbeitung
Fibrose-Patient mit Angst vor Fort- Unterstützung der Krankheitsak- Progredienzangst-Training
schreiten der Krankheit zeptanz
ALS-Patient im Endstadium mit Angst Erhalt von Würde und Selbstbe- Palliativtherapie
vor dem Sterben stimmung
7.6 · Seelsorge
179 7
55 orientieren sich an der Krankheitsverarbeitung und Wohlbefinden. Chronisch Kranke erfahren
(mit Blick auf Ressourcen und Lösungen), eine Veränderung und Verunsicherung ihres Selbst-
55 beziehen Angehörige systemisch mit ein. konzepts in mannigfacher Weise. Mit Fragen wie
„Bin ich mehr als meine Krankheit?“, „Wer bin ich,
wenn ich kaum noch belastbar bin?“, „Warum lässt
z Psychopneumologische Interventionen Gott das zu?“ wenden sich chronisch Kranke an die
Psychologische Arbeit in der Pneumologie ver- Seelsorge.
steht sich wesentlich als „interdisziplinäre Wahr- Chronisch Kranke verbringen oft einen großen
nehmungsschulung“ für psychosomatische Zusam- Teil ihrer Lebenszeit im Gesundheitsbetrieb durch
menhänge nach innen (Stationsteam) und außen vermehrte Krankenhausaufenthalte, Arztbesu-
(Selbsthilfegruppen, Öffentlichkeitsarbeit). Sie che, Symptombehandlungen. Sie entwickeln sich
möchte auch konkrete Vorstellungen über die in dieser oft sehr langen Zeit zu Experten für ihre
Machbarkeit psychologischer Interventionen eigene Erkrankung, entwickeln eigene Coping-
vermitteln. Strategien für die alltägliche Bewältigung ihrer
Beispiele typischer psychopneumologischer Ein- Erkrankung. Chronische Erkrankungen haben fast
satzfelder zeigt . Tab. 7.2. immer Auswirkungen auf den „Seelenhaushalt“. Oft
Weiterführende Literaturempfehlungen: Ehlert genug kämpfen chronisch kranke Menschen mit
2015; Lehrner et al. 2011; Lohmann und Annies existenziellen Nöten (wenn ein Verdiener durch
2013; Rollnick et al. 2012; Sharoff 2007; Tempel 2015; Krankheit ausfällt), mit Ängsten vor Schmerz,
Waadt et al. 2011. Leid und mit den Sorgen um die Familie, der sie
nicht zur Last fallen wollen. Panikattacken und
depressive Verstimmungen sind häufige Begleiter
7.6 Seelsorge chronischer Erkrankungen. Und auch Schuldge-
fühle, wenn sich der Erkrankte seine Lebensfüh-
S. Färber-Awischus rung (Rauchen, Alkoholmissbrauch, Stress …) vor-
wirft, die mutmaßlich zur chronischen Erkrankung
Wenn Patienten und deren Angehörige mit schwerer geführt hat.
Krankheit und Leid konfrontiert werden, entsteht oft Die Aufgabe für die Seelsorge liegt hier in der
ein spirituelles Bedürfnis, verbunden mit der Sinn- Angstreduktion und in der Bearbeitung solcher sub-
frage und der Suche nach Kraftquellen. jektiven Krankheitstheorien.
Die Seelsorge im Krankenhaus greift diese
Bedürfnisse auf, begleitet und bietet Halt. z Angebote in der Kranken-Seelsorge: Was
Je nach Krankenhaus agieren Seelsorger ver- tun, wenn die Luft zum Reden knapp ist?
schiedener Glaubensrichtungen. Jede Religion sollte Menschen, die an ihren Atemwegen chronisch
hierbei beachtet und respektiert werden. erkrankt sind, haben in aller Regel in den nicht kri-
tischen Phasen ihrer Erkrankung jeden Moment
z Chronos genutzt, um mit den Menschen, die ihnen wichtig
Chronos ist in der griechischen Mythologie der sind, zu sprechen. Entlastende seelsorgerliche
Gott der Zeit. Er versinnbildlicht auch den Ablauf Gespräche haben in diesen Zeiten auch ihren Platz.
der Lebenszeit. Eine chronische Erkrankung ist Das Repertoire der Seelsorge kennt neben dem
also per definitionem eine Erkrankung von langer gesprochenen Wort die rituelle und sakramentale
Dauer, die verschiedene Stadien durchläuft. Die Handlung.
Liste der geläufigen chronischen Erkrankungen Eine stille und gesammelte Atmosphäre lässt sich
ist lang: Asthma, Alkoholismus, Colitis ulcerosa, im Krankenhaus und auch zuhause durch dimmbare
COPD, Demenz und Diabetes, Herzerkrankungen, Lichter in verschiedenen Farben und durch das Ein-
Karzinome aller Art und viele weitere. 20% aller setzen von Aromatherapielampen erzeugen. Selbst-
Bundesbürger gelten als chronisch krank und erfah- redend ist ein Gebrauch von Kerzen bei Sauerstoff-
ren sich mit einem veränderten Körperbewusstsein zufuhr absolut zu unterlassen.
180 Kapitel 7 · Das interdisziplinäre Team

Das leise Beten eines Psalms oder eine gelenkte Gerade bei tracheotomierten Patienten und im
Meditation kann für chronisch lungenkranke Patien- Rahmen des Weanings (Beatmungsentwöhnung) ist
ten eingesetzt werden. Mit vertrauten, tröstenden eine logopädische Begleitung notwendig, um nach-
und einladenden Worten im Ohr kann z. B. das haltige Sprech- und Schluckstörungen zu vermeiden.
Warten auf das Einsetzen der Wirkung von Schmerz- Eine logopädische Betreuung ist leider nicht
medikamenten überbrückt und sich auf Einatmen regelmäßig in allen pneumologischen Abteilungen
und Ausatmen konzentriert werden. zu finden. Somit ist es eine wichtige pflegerische
Seelsorge kann also in einer von Vertrauen und Aufgabe, Defizite zu erkennen und den behandeln-
intuitivem Verstehen geprägten Atmosphäre Räume den Ärzten als Problem zu melden.
eröffnen, in denen der Patient ein anderes Zeitemp-
finden hat. Welche Methode für den Erkrankten die
passende ist, muss ausprobiert werden. Literatur
Nicht vergessen werden dürfen die Angehörigen,
Ehlert U (Hrsg) (2015) Verhaltensmedizin. Springer, Berlin
die ebenfalls mit Angst und Schmerz die Sorge um Heidelberg
ihre Lieben überstehen müssen – gleichzeitig auch Esche B, Geiseler J, Karg O (2016) Pneumologie. Lehrbuch für
7 Kraft und Zuversicht aufrechterhalten sollen. Auch Atmungstherapeuten. Deutsche Gesellschaft für Pneu-
hierfür stehen Seelsorger zur Seite. mologie und Beatmungsmedizin e.V., Berlin
Fischer J, Schnabel M, Sitter H (2007) Rehabilitation of patients
with chronic obstructive pulmonary disease (COPD). S2
guideline of the German Society for Pneumology and
7.7 Logopädie Respiratory Medicine and the German Society for Rehabi-
litation Science (RGRW). Pneumologie 61: 233–248
M. Schellenberg GOLD – Global Initiative for Chronic Obstructive Lung Disease
(2015) Global strategy for the diagnosis, management
and prevention of COPD. Updated 2015. http://www.
Eine logopädische Betreuung pneumologischer goldcopd.org. Zugegriffen: 04. Juli 2016
Patienten wird besonders im intensivmedizini- Isebaert L (2008) Kurzzeittherapie – ein praktisches Handbuch.
schen Setting, aber auch auf peripheren Stationen Thieme, Stuttgart
nach intensivmedizinischer Versorgung notwendig. Lehrner J et al. (Hrsg) (2011) Klinische Psychologie im Kranken-
haus. Springer, Berlin Heidelberg
Schäden durch eine invasive Beatmung oder auch
Lohmann B, Annies S (2013) Achtsamkeit in der Verhaltensthe-
eine Critical-Illness-Polyneuropathie (CIP) können rapie. Deutscher Ärzte-Verlag, Köln
die Patienten lange Zeit begleiten und einschrän- Nusser-Müller-Busch R (2013) Schluckstörungen auf der Inten-
ken. Auch pneumologisch behandelte Patienten mit sivstation: Atmen und Schlucken – eine vitale Beziehung
neurologischen Erkrankungen (z. B. ALS, multiple DIVI 4: 7–14
Pflegewiki (2016) Chronische Krankheit. http://www.
Sklerose) weisen Defizite in diesem Formenkreis auf.
pflegewiki.de/wiki/Chronische_Krankheit. Zugegriffen:
Die Aufgaben des Logopäden umfassen Stimm-, 04. Juli 2016
Sprech-, Sprach- und Schlucktherapien. Gerade die Rollnick S, Miller WR, Butler CC (2012) Motivierende
Diagnostik und Therapie von Schluckstörungen Gesprächsführung in den Heilberufen: Core Skills für Hel-
hat bei unseren Patienten einen hohen Stellenwert fer. Probst, Lichtenau
Sharoff K (2007) Leben mit chronischen und unheilbaren
(7 Abschn. 4.4.3).
Krankheiten. Huber, Bern
Mit der Unterstützung eines Logopäden können Spruit MA, Singh SJ, Garvey C et al. (2013) An official American
Dysphagien rascher identifiziert und Behandlungs- Thoracic Society/European Respiratory Society state-
konzepte aufgestellt werden. Oft sind bereits All- ment: key concepts and advances in pulmonary rehabili-
gemeinmaßnahmen wie Lagerung des Patienten, tation. Am J Resp Crit Care Med 188: e13–64
Tempel M (2015) Professionelle Gesprächsführung und Bezie-
Mundpflege und Bestimmung der Kostform (weich,
hungsgestaltung in der Pneumologie. http://www.epubli.
püriert) pflegerisch umsetzbar und äußerst hilfreich. de
Sehr wichtig ist jedoch auch die Bestimmung einer Waadt S, Duran G, Berg P, Herschbach P (2011) Progredienz-
Nahrungskarenz, wenn der Schluckakt zu gestört ist angst. Schattauer, Stuttgart
und Aspirationsgefahr (→ Pneumonie!) droht.
181

Serviceteil
Stichwortverzeichnis – 182

© Springer-Verlag GmbH Deutschland 2017


G. Iberl, M. Schellenberg (Hrsg.), Pflegewissen Pneumologie, Fachwissen Pflege,
DOI 10.1007/978-3-662-52667-5
182

Stichwortverzeichnis
24-Stunden-Bilanz;Stun 139 Atemzeitverhältnis 123, 133 Coil-Implantation 106–107
6-Minuten-Gehtest (6MWT);mi 26 Atemzeitvolumen 11 Computertomografie 29
Atemzugvolumen 122 COPD 41, 168
Atmung, Überwachung 133 –– akute Exazerbation 45, 177
A Ausscheidung, Überwachung 138
Auswurf 154
–– Anamnese 42
Coping 178–179
Aa. pulmonales 8 Azidose 18 Cortison 87
ABPA (allergische bronchopulmonale Costae 7
Aspergillose) 65 CPAP 76
Absaugen
–– endotracheales 146
B Critical-Illness-Polyneuropathie/­
Myopathie 144
–– orales 145 Beatmungseinstellungen 120 Cuffdruck 140
–– transnasales 146 –– Parameter 122
Abstoßungsreaktion 112 Beatmungsgeräte/Zubehör 120
Aerophagie 141
air-stacking 100
Beatmungsmaske 125
Beatmungsmodi 123
D
Alkalose 18 Beatmungspflegedienst 176 D-Dimer 67
allergische bronchopulmonale Beatmungszugänge Darmentleerung 151
­Aspergillose (ABPA) 65 –– invasive 140 Dehydrierung 138
alveoläre Hypoventilation 13, 74, 118 –– Leckage 141 Demandsystem 117
Alveolen 6 –– nichtinvasive 141 Demulzenzien 156
Alveolitis, exogen allergische 72 –– Überwachung 139 Depression 160
Anamnese 42 Befeuchtungssystem 141 Diffusion 11
Angst 160 Belastungsgrenzen 149 Diffusionskapazität 23
Angstreduktion 179 Benzodiazepine 88 Diuretika 89
Anschlussheilbehandlung 175 Best Supportive Care 55 Dosieraerosol 82
Antibiotika 86 Beta-Sympathomimetika 81 dosierte Lippenbremse 92
Anticholinergika 81 Bifurkation 4 Dysphagie 144
Antikoagulation 88 Biopsie, transbronchiale 33 Dyspnoe 134–135, 157
Antiobstruktiva 81 Blutgasanalyse 17 –– akute 157
Antitussiva 89, 156 BODE-Index 43 –– chronische 94, 158
Apnoe 27, 76 Body-Mass-Index 104
Arousal 76 Bodyplethysmografie 20
Aspiration 144, 156
–– stille 144
Borg-Skala 135
Bronchialkarzinom 52, 168
E
Aspirationsgefahr 180 –– NSCLC 53 Echokardiografie 28
Aspirationspneumonie 145, 169 –– SCLC 53 –– transösophageale 36
Asthma bronchiale 5, 47, 110, 166 Bronchialsekret 32 Einsekundenvolumen Siehe FEV1
atemerleichternde Körperstellungen 93 Bronchiektasen 62 Elektrokardiogramm 19
Atemfrequenz 122, 133 Bronchien 4 ELVR (endoskopische
Atemgasklimatisierung 97 bronchoalveoläre Lavage 32 Lungenvolumenreduktion) 106
Atemgeräusche 133 bronchopleurale Fistel 137 Empyem 167
Atemminutenvolumen 11, 122–124 Bronchoskopie 31, 108 endoskopische
Atemmuskelkraft 24 Bronchospasmolyse 22 Lungenvolumenreduktion
Atemnot Siehe Dyspnoe (ELVR) 106
Atempumpe 13 Entblähung, pulmonale 94
Atempumpenversagen 74
Atemtraining, inspiratorisches 174
C Entzündungsparameter 73
Erguss, parapneumonischer 59
Atemwege Chemotherapie 55 Ernährung 104
–– obere 3 Cheyne-Stokes-Atmung 77 –– bei chronischer Dyspnoe 143
–– untere 3 Chylothorax 57 –– parenterale/enterale 105
Atemwegsstenose 109 Clearance, mukoziliäre 5, 154 –– PEG 143
Atemwegsstent 109 Codein 89 Ernährungsberatung 105, 175
Stichwortverzeichnis
183 A– O

Exazerbation 45 Hypopnoe 27, 76 Lung Allocation Score 112


exogen allergische Alveolitis 72 Hypoventilation, alveoläre 13, 74, 118 Lungenarterienembolie 66, 170
–– Entzündungsparameter 73 Hypoventilationssyndrom 75, 77 Lungendeposition 82
Expektoranzien 156 hypoxämisches Versagen 15 Lungenemphysem 41, 109
exsudativer Erguss 57 Lungenfibrose 50
Lungenfunktionsprüfung 20
I Lungenödem 61
F idiopathische pulmonale
Lungenparenchym 6
Lungentransplantation 111
Feuchtinhalation 84 Fibrose 50 Lungenüberblähung 94
FEV1 20 IGRA (Interferon-Gamma- Lungenvolumenreduktion,
Fistel Release-­Assay) 70 ­endoskopische (ELVR) 106
–– bronchopleurale 137 Immobilisation 151
–– tracheoösophageale 109 Immobilität 101
Flow 123
Flow-PEP-Gerät 97
Inhalationsgeräte 82
Inhalationsmanöver 85
M
Flüssigsauerstoff 116 Inhalationstherapie 81 Magnetresonanztomografie 30
Frühmobilisation 174 Inspirationsdruck 122 mechanische Insufflatoren/­
Inspirationstrigger 123 Exsufflatoren 99
Inspirationszeit 123 Mediastinoskopie 36
G inspiratorisches Atemtraining 174
Instabilität, tracheobronchiale 147
Meditation 179
Mobilisation 101, 147
Ganzgesichtsmaske 128 interdisziplinäres Team 173 Morphin 88
Ganzkörpervibrationstraining Interferon-Gamma-Release-Assay Mukoviszidose 64, 176
(WBVT) 150 (IGRA) 70 mukoziliäre Clearance 5, 154
Gehtraining 103 interstitielle Lungenerkrankungen 50 Mykobakterien 69
Gewichtsverlust 143 IPPB-Geräte 98 –– nichttuberkulöse 71
Glucocorticoide 81, 87 IPV-Geräte 98
GOLD-Klassifikation 42
Grundumsatz 105
N
K Nadelaspiration, transbronchiale 33
H Kachexie, pulmonale 105
Kapnometrie 26
Nase-Mund-Maske 126
Nasenmaske 125
Hämatothorax 57 Karnofsky-Index 53 Nasennebenhöhlen 3
Hämoptysen 108 kleiner Kreislauf 9 Nasenoliven 126
häusliche Versorgung 175 Knisterrasseln 73 neuromuskuläre Erkrankungen
Herzbettlagerung 142 Knochenszintigrafie 30 (NME) 74
HFCWO-Weste 98 Kollateralventilation 106 nichtinvasive Beatmungstherapie
High-Flow-Sauerstoffgerät 116 Konsiliarmodus 178 Siehe NIV
Hochdrucködem 61 körperliches Training 91, 101 nichttuberkulöse Mykobakterien 71
huffing 100 Körperstellungen, NIV 118
Husten 16, 155 atemerleichternde 93 –– Kontraindikationen 119
–– akuter 155 Kutschersitz 93 NIV-Einleitung
–– chronisch persistierender 156 –– akute 118
–– willkürlicher 16 –– elektive 119
Hustenassistenz 100
–– apparative 100
L NME (neuromuskuläre
Erkrankungen) 74
–– manuelle 100 Langzeitsauerstofftherapie 92, 106, NSCLC (non-small cell lung cancer) 53
Hustenreflex 16 114, 148, 178
Hustenschwäche 74, 96, 100 Lappenbronchien 4
Hustenspitzenfluss 100
Hustenspitzenstoß 25
Larynx 3
Leckage 141
O
Hustenstoß 100 Liaisonmodus 178 obere Atemwege 3
Hybrid-Modi 124 Lippenbremse 92 Obstipation 150
hyperkapnisches Versagen 15 Löfgren-Syndrom 72 obstruktive Schlafapnoe 75
Hypertonie, pulmonale 33, 67 Logopädie 145, 180 Opiate 88
Hyperventilation 134 LOX 116 Orthopnoe 142
184 Stichwortverzeichnis

P Rollator 149
Röntgen-Thorax 29
Thermoablation 106, 108
Thixotropie 17
paraneoplastische Syndrome 52 thorakal-restriktive Erkrankungen 74
Thorakotomie 111
parapneumonischer Erguss 59
parapneumonisches Empyem 167 S Thoraxdrainage 110, 170
–– Überwachung 136
Patientenschulung 91
Sarkoidose 71 Thoraxschmerz 159
Peak expiratory flow 48
Sauerstoffangebot 13 Thromboembolie 89
PEEP 122
Sauerstoffdruckflasche 117 Torwartstellung 93
PEG 143
Sauerstoffkonzentrator 115 Total-Face-Maske 128
PEP-Atmung 94
–– mobiler 116 Totraumventilation 133
PEP-Geräte 94, 97
Sauerstoffpartialdruck 12 Trachea 3
–– Flow-PEP 97
Sauerstoffsättigung 12 Trachealkanüle 140
–– mit Oszillation 97
Sauerstofftherapie 114 tracheobronchiale Instabilität 147
PEP-Husten 100
Sauerstofftransport 12 tracheoösophageale Fistel 109
Perfusion 12
säurefeste Stäbchen 70 Tracheotomie 112
Perfusions-/Ventilationsszintigrafie 30
Schlafapnoe –– chirurgische 113
Permeabilitätsödem 62
–– obstruktive 75 –– Punktionstracheotomie 113
Perspiratio insensibilis 138
–– zentrale 77 Training, körperliches 91, 101
Perspiratio sensibilis 138
s c h l a f b e zo g e n e transbronchiale Biopsie 33
Pharynx 3
At m u n g s s tö r u n g e n 7 5 transbronchiale Nadelaspiration 33
Physiotherapie 174
Schluckakt 144 Transferfaktor 24
Pleura 9
Schwerbehindertenausweis 175 Transferkoeffizient 24
–– parietalis 9
SCLC (small cell lung cancer) 53 transösophageale Echokardiografie 36
–– viszeralis 9
Seelsorge 179 transsudativer Erguss 57
Pleuraempyem 58
Segmentbronchien 4 Tuberkulin-Hauttest 70
Pleuraerguss 57
Sekretmanagement 95, 154 Tuberkulose 69
Pleuramesotheliom 56
Sekretmobilisation 94
Pleuraspalt 9
Sekretolyse 81
U
Pleuratumoren 56
Sekretretention 95, 154, 160
pneumologische Rehabilitation 176
Sekretverlegung 140
Pneumonie 45, 169
Selbsthilfegruppen 92 Überwässerung 139
Pneumothorax 59, 107, 171
Shuttle Walking Test (SWT) 26 Undine-Fluch-Syndrom 77
Polygrafie 28
Sklerophonie 74 untere Atemwege 3
Polysomnografie 27
SMI-Trainer 97 Unterkiefer-Protrusions-Zahnschiene 76
Positronenemissionstomografie 30
Sogeinstellung 137
psychische Störungen 160
Sonografie, transthorakale 30
psychopneumologische
­Interventionen 179
Soorprophylaxe 81
Sozialdienst 175
V
psychosoziale Maßnahmen 160 Valsalva-Manöver 16, 138
Spacer 82
Psychotherapie 177 Vasa privata 9
Spannungspneumothorax 60
pulmonale Entblähung 94 VATS (Videothorakoskopie) 36, 110
Spiroergometrie 25
pulmonale Hypertonie 33, 67 Ventilation 10
Spirometrie 20
pulmonale Kachexie 105 Ventilimplantation 106
Sprechventil 141
Pulsoxymetrie 26 Verbände, Selbsthilfegruppen,
Stäbchen, säurefeste 70
Pulverinhalator 83 ­Vereine 92
Staging 53
Punktionstracheotomie 113 Videothorakoskopie (VATS) 36, 110
Sternotomie 111
Sternum 7 Vitalkapazität 20

R Strahlentherapie 55, 91 Vv. pulmonales 8


Stuhlregulation 150
Surfactant 6
Rechtsherzkatheteruntersuchung 34
Recurrensparese 100 W
Reexpansionsödem 137
Rehabilitation, pneumologische 176 T WBVT (Ganzkörpervibrationstrai-
ning) 150
Respimat 83 Weaning 120, 174
Targettherapie 55
respiratorische Insuffizienz 15 –– prolongiertes 120
Team, interdisziplinäres 173
Stichwortverzeichnis
185 P– Z

Weichteilemphysem 137
Wells-Score 66

Z
zentrale Schlafapnoe 75
Zungengrundschrittmacher 77
Zwerchfellbeweglichkeit 94
zystische Fibrose Siehe Mukoviszidose
Zytostatika 90

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