Sie sind auf Seite 1von 85

1.

Cholelithiasis (Cholezystolithiasis und Choledocholithiasis) / Gallensteinleiden


Definition
 Konkremente/Steine in der Gallenblase oder im Gallengang / in den Gallenwegen
 Bei Lage des Konkrements in der Gallenblase liegt eine Cholezystolithiasis und bei Lage der Konkremente in den
Gallengängen/Gallenwegen / im Duktus Choledochus liegt eine Choledocholithiasis vor.

Ursachen
 Gallensteinformen: Grundsätzlich können drei Formen von Gallensteinen unterschieden werden.
- Cholesterinsteine: erhöhte biliäre Cholesterinkonzentration oder verminderte biliäre
Gallensäurekonzentration sowie Hypomotilität der Gallenblase
- Pigmentsteine: erhöhte Bilirubinkonzentration in der Gallenblase durch eingeschränkte Leberfunktion oder
bakterielle Freisetzung von Bilirubin
- Gemischtensteine

Risikofaktoren
 Adipositas
 weibliches Geschlecht
 heller Hauttyp
 höheres Lebensalter, insbesondere im Alter zwischen vierzig und fünfzig Jahren
 Schwangerschaft und Fruchtbarkeit
 fettreiche Kost, strenges Fasten
 alkoholische Leberzirrhose
 zystische Fibrose
 familiäre Disposition

Klinik
 Die Mehrzahl der Gallensteine / meist verbleibt asymptomatisch.
Gallensteine verursachen in ca. 75% der Fälle keine pathologische Symptomatik.
 Ein Teil der Patienten mit Gallensteinen klagt über unspezifische gastrointestinale Beschwerden:
- postprandiales Druckgefühl und Völlegefühl im Epigastrium
- Übelkeit und Erbrechen
- Blähungen/Blähsucht/Meteorismus
 schmerzhafte Verlauf
- rechtsseitige kolikartige Oberbauchschmerzen insbesondere bei Zystikusverschluss oder
Choledochussteinpassage (Gallenkolik)
- ausstrahlende Schmerzen, in das Epigastrium, in den Rücken und in die rechte Schulter
- unspezifische dyspeptische Beschwerden durch fette Speisen, Alkohol, Kaffee, Eier, ...
- nächtliches Auftreten

Komplikation
 Cholezystitis und Gallenblasenempyem
 cholestatischer Ikterus, bei im Ductus choledochus liegendem Konkrement und Behinderung des Galle-Abflusses
 Cholangitis durch bakterielle Infektion
Charcot-Trias 2: Schmerzen im Epigastrium, Fieber, Ikterus
 Gallenblasenhydrops und Porzellangallenblase infolge einer Abflussbehinderung der Gallenblase und
fortschreitender Kalzifikation
 Pankreatitis durch steinbedingten Verschluss der Ampulla hepatopancreatica
 Perforation der Gallenblase mit resultierender Peritonitis
 Penetration in den Darm mit Gefahr der Ausbildung eines Ileus

Diagnostik
 Anamnese: die Schmerzcharakteristik
 Körperliche Untersuchung
- Courvoisier-Zeichen: Eine gefüllte, tastbare und schmerzlose Gallenblase
 Labor: zur Bestätigung, Verlaufsbeobachtung, und zum Ausschluss anderer DDs.
- Eine Leukozytose und ein erhöhtes CRP und BSG sprechen für eine Cholezystitis.
- Ansteige der Leberenzyme, des Bilirubins, der alkalischen Phosphatase (ALP), und der Gamma-
Glutamyltransferase (γ-GT) weist auf die Lage/Wanderung der Gallensteine in die Gallenwege mit Cholestase
hin.
- erhöhte Lipase und Amylase bei biliärer Pankreatitis
- BB, Entzündungsparameter, Cholestaseparameter, Pankreas- und Leberenzyme, Kreatinin, Harnstoff,
Urinuntersuchung, Glukose
 Bildgebende Verfahren
- Abdomensonografie: Steine in Gallenblase + Wandverdickung
- Röntgen-Abdomen: um die Perforation auszuschließen
- EKG: um die Myokardialinfarkt auszuschließen
- MRCP oder ggf. Endoskopisch retrograde Cholangiopankreatikographie (ERCP) bei Verdacht auf
Choledocholithiasis / Steine im Hauptgallengang
- Perkutane transhepatische Cholangiographie (PTC): bei nicht durchführbarer ERCP
- CT: vor allem vor oraler Lysetherapie oder extrakorporaler Stoßwellenlithotripsie (ESWL)

Therapeutische Maßnahmen
• Stationäre Aufnahme
• Nahrungskarenz
• Infusion Therapie / Flüssigkeitszufuhr
• Analgetikum z. B. Metamizol sowie Spasmolytikum z. B. Butylscopolamin (bis auf Opioide)
• Asymptomatisch/Zufallsbefund:
- abwartendes Verhalten
- Ausnahmen: chronische Cholezystitisformen wie Porzellangallenblase, Gallenblasenpolypen ≥ 1 cm,
Gallensteine ≥ 3 cm, und im Rahmen onkologischer Resektionen
• Symptomatische Cholezystolithiasis:
- operativ: frühzeitige elektive Cholezystektomie
- konservative Therapie: orale Litholyse/Steinauflösung, nicht generell indiziert.
Ursodeoxycholsäure und Chenodeoxycholsäure 3 bis max. 18 Monate oder ESWL (extrakorporale
Stoßwellenlithotripsie).
• Choledocholithiasis
- Therapie wie bei akuter Cholezystitis oder
- ERCP mit Papillotomie und endoskopischer Steinextraktion

Differentialdiagnostik
• Ulcus ventriculi
• Cholezystitis und Cholangitis
• Choledocholithiasis
• chronische Pankreatitis
• Myokard-/Hinterwandinfarkt
• Hepatitis
• Lungenembolie
• Nephrolithiasis

2. Cholezystitis / Gallenblasenentzündung
Definition
 Akute Entzündung der Gallenblase

Ursachen
 Fast immer eine Komplikation der Cholelithiasis mit sekundärer bakterieller Beteiligung
 Etwa 10 % aller Cholezystitiden tritt ohne Assoziation mit Gallensteinen auf. Dabei sind vor allem morbide
Patienten betroffen, beispielsweise:
- bei Sepsis
- nach größeren chirurgischen Eingriffen
- bei Polytrauma und Schwerverletzten
- schwere Verbrennungen

Klinik
 kolikartige Schmerzen im rechten Oberbauch, die in die rechte Schultergegend ausstrahlen
 Druckschmerz und Empfindlichkeit ggf. mit Abwehrspannung im rechten Oberbauch
 Positives Murphy-Zeichen und Schmerzen beim Einatmen
 Fieber und Schüttelfrost
 Übelkeit und Erbrechen

Diagnostik
 Anamnese: die Schmerzcharakteristik
 Körperliche Untersuchung
- Murphy-Zeichen: einen plötzlichen umschriebenen Druckschmerz und Sistieren der Atmung bei der
Einatmung, während man am sitzenden Patienten mit mehreren Fingern medial der Mamille unterhalb des
rechten Rippenbogens eindrückt.
 Labor:
- typische Entzündungszeichen: Leukozytose, erhöhte BSG, erhöhtes CRP
- GOT, GPT
- erhöhte Cholestaseparameter bei einer Obstruktion durch Gallensteine: Bilirubin, ALP, und γ-GT
- Die Amylase und Lipase sind unter Umständen ebenfalls leicht erhöht.
- BB, Entzündungsparameter, Cholestaseparameter, Pankreas- und Leberenzyme, Kreatinin, Harnstoff,
Urinuntersuchung
 Bildgebende Verfahren
- Sonografie: Goldstandard
Untersuchung des Abdomens zum Nachweis von Gallensteinen und Veränderungen der Gallenblasenwand
(verdickt und ödematös in 3 sichtbaren Schichten)
- CT Abdomen
- EKG: um die Myokardialinfarkt auszuschließen
- ggf. Ösophagogastroduodenoskopie
- ggf. ERCP

Therapeutische Maßnahmen
 stationäre Aufnahme
 Nahrungskarenz
 Analgesie und Schmerzmittel: außer spasmogene Opiate
 intravenöse Antibiotika, z. B. Ceftriaxon und Metronidazol
 operativ:
- sofortige Cholezystektomie innerhalb von 24 Stunden nach Diagnosestellung oder alternativ nach Abklingen
der Entzündung im entzündungsfreien Intervall
- fast immer laparoskopisch

Differentialdiagnostik
 Cholelithiasis
 Ulkus ventriculi bzw. duodeni
 akute Pankreatitis
 Hepatitis
 Myokardinfarkt / Koronare Herzkrankheit
 kardiopulmonale Erkrankungen
 Nephrolithiasis/Nierenkolik
 Porphyrie

3. Gastroenteritis / Magen-Darm-Grippe
Definition
 Entzündung der Schleimhaut von Magen und Darm, die meistens infektiös bedingt ist.
 Schleimhautentzündung von Magen (Gastritis) und Dünndarm (Enteritis).
 Der Dickdarm kann auch betroffen sein.

Ursachen
 Infektiös
- Viren: Rotaviren, Noroviren, Astroviren, Adenoviren, u. a.
- Bakterien: Salmonellen, Campylobacter jejuni, Shigellen, Yersinien, Escherichia coli, Clostridium difficile
- Parasiten: Giardia lamblia, Cryptosporidium, Entamoeba histolytica,
 Allergisch: Nahrungsmittelallergene
 Toxisch: Lebensmittelvergiftung
- Bakterientoxine und Giftstoffe in verdorbenen Lebensmitteln
- Medikamente und chemische Giftstoffe

Pathogenese
 Sekretionstyp: wässrige Diarrhö
- Vibrio cholerae, Giardia lamblia, Escherichia coli, Staphylococcus aureus und Bacillus cereus
 Penetrationstyp: wässrige und leicht blutige Diarrhö
- Salmonellen, Yersinien
 Invasionstyp: blutig-schleimige Durchfälle
- Shigellen, Campylobacter jejuni, Entamoeba histolytica, Clostridium difficile

Klinik
 Die Beschwerden treten meistens plötzlich auf und enden in der Regel mit einer Spontanremission innerhalb von
24 Stunden
 Typischerweise gibt es eine Inkubationszeit von mehr als 6 Stunden.
 ausgeprägtes Krankheitsgefühl
 Anorexie/Inappetenz
 Übelkeit und starkes Erbrechen
 Diarrhö, mit und ohne Blut/Schleim mit häufigen dünnen Stuhlgängen
 Bauchkrämpfe/-schmerzen
 evtl. Fieber und Muskelschmerzen
 auffällige Darmgeräusche (Borborygmen) => DD: paralytischen Ileus
 Hypotonie, Tachykardie und Flüssigkeitsmangel durch dauerhaftes Erbrechen
 Kreislaufkollaps mit Schock und oligurisches Nierenversagen in schweren Fällen

Diagnostik
 Anamnese
 Körperliche Untersuchung: Messung der Vitalzeichen und abdominale Untersuchung
 Labor:
- Blutbild, Elektrolyte, Stuhluntersuchung

Therapeutische Maßnahmen
 orale oder intravenöse Rehydration: Viel trinken (Tee) und Orale Rehydratationslösungen (ORL)
 Nahrungskarenz oder leicht verdauliche Kost
 Antidiarrhoische Medikamente z. B. Loperamid
- nicht bei E. coli oder Clostridium difficile
- nicht bei Kindern > 2 Jahre
 bei starkem Erbrechen z. B. Promethazin, Ondansetron, Prochlorperazin
 Antibiotika nur in Ausnahmefällen wie z. B.
- bei Frühgeborenen
- im ersten Drittel der Schwangerschaft
- bei bekannter Immunschwäche
- bei schweren Krankheitsverläufen
- bei blutigen Durchfällen
- Nachweis von Vibrio Cholerae und Salmonella: Ciprofloxacin, Doxycyclin

Differentialdiagnostik
 Appendizitis
 Cholezystitis
 CED akuter Schub
 Reizdarmsyndrom
 Reisedurchfall
 Kolonkarzinom

4. Chronisch entzündliche Darmerkrankungen (CED)


 In 10 % der Fälle ist keine eindeutige Zuordnung möglich (Colitis indeterminata)

4a. Morbus Crohn / Enteritis regionalis / Ileitis terminalis


Definition
 eine chronisch-entzündliche Erkrankung des Gastrointestinaltraktes
 Charakterisierend: skip lesions, der diskontinuierliche, transmurale und segmentale Befall der Darmschleimhaut,
segmental auftretende Entzündung und Schwellung aller Darmwandschichten
 Grundsätzlich kann der gesamte Verdauungstrakt von der Mundhöhle bis zum After betroffen sein.
- Bevorzugt/überwiegend befallen sind der untere Dünndarm (terminales Ileum) und der Dickdarm (Colon),
seltener die Speiseröhre (Ösophagus) und der Mund.
 Rektum ist in der Regel unauffällig.
 geschlechtsunspezifisch
 bei junge Erwachsene zwischen dem 15. und 35. Lebensjahr

Ursachen
 Ungeklärt: möglicherweise eine Autoimmunerkrankung
 Schübe werden eventuell ausgelöst durch:
- eine bakterielle Infektion
- veränderte Immunabwehr
- Alterationen in der Permeabilität
 genetische Faktoren

Klinik
 oft schleichender Beginn
 Schubweiser Verlauf
 abdominale krampfartige Schmerzen: bei Befall des terminalen Ileums äußert sich der Schmerz im rechten
Unterbauch (Pseudoappendizitis)
 Diarrhö, selten blutig
 Übelkeit, Erbrechen
 Müdigkeit, Appetitlosigkeit, und Gewichtsverlust
 Fieber oder subfebrile Temperaturen im akuten Schub
 Extraintestinale Manifestationen:
- Haut/Schleimhaut: Erythema nodosum, Aphthen
- Augen: Uveitis/Regenbogenhautentzündung, Keratitis/Hornhautentzündung, Episkleritis
- Herz: Perimyokarditis
- Lungen: fibrosierende Alveolitis
- Gefäße: Vaskulitis, Thromboseneigung, Thromboembolien, autoimmunhämolytische Anämie
- Leber und Gallenwege: Fettleber, Leberabszess, primär-sklerosierende Cholangitis (PSC) (bei ca. 5% der
Colitis-ulcerosa-Patienten)
- Niere: Glomerulonephritis, Nephrolithiasis/Nierensteinleiden
- Gelenke: Arthritis/Gelenkentzündung, ankylosierende Spondylitis
- Amyloidose

Komplikation
 Mechanischer Ileus: durch Einengung des betroffenen Darmsegmentes und in späteren Stadien durch fibröse
Strukturen
 Stenosen: eine Spätfolge
 Fisteln: im chronischen Verlauf recht häufig
- Verbindung verschiedener Räume: kutan, enteroenteritisch, enterovesikal, enterovaginal, perianal, und
rektal.
 Fissuren
 Abszesse: intra- und retroperitoneal
 Darmperforation
 Kolorektales Karzinom und Dünndarmkarzinom
 Primär sklerosierende Cholangitis
 Osteoporose wegen Kortikoide Behandlung
 Toxisches Megakolon: gelegentlich

Diagnostik
 Anamnese
- familiäre Häufung
- Schmerzcharakteristik: um die DDs wie Appendizitis auszuschließen.
 Körperliche Untersuchung
- Inspektion von Mundschleimhaut und Rachen
- Digital-rektale Untersuchung: um die Hämorriden auszuschließen.
 Labor:
- HB: Anämie aufgrund des intestinal Malabsorption (Verminderung des Eisen und Vit.B12)
- Leukozytose und erhöhte Entzündungsparameter (BSG und CRP)
- verminderte Albumin
- Autoantikörper ASCA
- Stuhluntersuchung: um die infektiöse Darmerkrankungen (Gastroenteritis) auszuschließen
 Bildgebende Verfahren
- Abdomensonografie: segmentale Wandverdickung von Abschnitten der Darmmukosa, Abszesse oder
Konglomerattumoren
- Koloskopie und Ösophagogastroduodenoskopie mit Biopsieentnahme vor allem von Mukosa aus dem Ileum-
oder Colonbereich
- aphthöse Läsionen: skip lesions und Pflastersteinrelief
- Ulzerationen, Fissuren, und Fisteln während eines aktiven Schubs
- Röntgenaufnahme nach Sellink mit Kontrastmittel: Pflastersteinrelief, Fisteln, und segmentale Stenosen
- Magnetresonanz-Enteroklysma: zum Nachweis pathologischer Veränderungen im Dünndarm
- Kapselendoskopie oder Ballonenteroskopie
 Pathologie
- Gartenschlauchphänomen: Segmentstenosen durch Fibrosierung
- Pflastersteinphänomen: Die Schleimhaut wechselt sich mit tiefen Ulzerationen ab
- Vergrößerung der Lymphknoten
- Massive Invasion der Darmwand durch Lymphozyten, Eosinophilen, und Histiozyten
- Bildung von Granulomen

Therapeutische Maßnahmen
 Ziel: die Linderung der Symptome (Remission) und die Verringerung der Anzahl akuter Schübe
 Akuter Schub/Anfall
- Abhängig von Stuhlfrequenz, Schweregrad der Bauchschmerzen, Allgemeinbefinden, und Hämatokrit:
- Diät kombiniert mit parenteraler Ernährung
- 5-Aminosalicylsäure. Synonym (5-ASA) / Mesalazin bei milden Schüben
- Glukokortikoide bei schweren Schüben (lokale Budesonid oder systemische Prednison)
- Zytostatika (Azathioprin, Methotrexat, o.a.) wenn der Schub dennoch nicht zu durchbrechen ist.
 Langzeittherapie
- eine bereits erreichte Remission oder Besserung zu erhalten
- Immunsuppressiva: Glukokortikoide & Azathioprin,6-Mercaptopurin, Methotrexat, und TNF-α Blocker wie z.
B. Infliximab
 chirurgische Maßnahmen bei schweren Komplikationen
Differentialdiagnostik
 Colitis ulzeröse
 Reizdarmsyndrom
 Divertikulitis
 Gastroenteritis
 Appendizitis
 Morbus Whipple
 Zöliakie
 Kolonkarzinom
 Darm-Tuberkulose

4b. Colitis Ulcerosa


Definition
 eine schubweise verlaufende chronische Entzündung der Mukosa und Submukosa, die sich vom Rektum nach
proximal kontinuierlich auf den übrigen Dickdarm ausbreitet und dabei zu Ulzerationen der oberen
Schleimhautschichten führt.
 Rektum ist in der Regel auffällig.
 Der Altersgipfel: zwischen dem 2. und 4. Lebensjahrzehnt

Ursachen
 Ungeklärt: Schübe werden eventuell ausgelöst durch:
- eine bakterielle Infektion
- veränderte Immunabwehr
- Alterationen in der Permeabilität
 genetische Faktoren

Klinik
 oft akuter Beginn
 Schubweiser Verlauf
 manchmal abdominale kolikartige Schmerzen und Tenesmus im mittleren Unterbauch, Kreuzbeinbereich oder
Kolonverlauf
 Diarrhö, häufig blutig und schleimig, die ernährungsunabhängig und häufig sehr quälend ist und auch nachts
auftritt.
 Übelkeit, Appetitlosigkeit, Gewichtsverlust-/sabnahme
 Fieber oder subfebrile Temperaturen im akuten Schub
 Extraintestinale Manifestationen sind sehr selten:
- Haut: Aphthen, Erythema nodosum
- Augen: Uveitis, Iritis, Episkleritis
- Mundschleimhaut: Stomatitis aphthosa
- Herz: Perikarditis
- Leber: primär sklerosierende Cholangitis (PSC)
- Gelenke: Arthritis, Morbus Bechterew (HLA-B27 positiv)

Komplikation
 Wachstumsstörungen im Kindesalter
 Toxisches Megakolon: Entzündung aller Darmwandschichten mit Dilatation des Kolons auf einen Durchmesser von
> 10 cm mit Gefahr der Perforation
 Schwere Blutungen
 Cholelithiasis
 Kolonkarzinom Cholezystitis und Gallenblasenempyem (> 10% bei ausgedehnter Colitis und einer
Erkrankungsdauer ab 20 Jahren)

Diagnostik
 Anamnese
- familiäre Häufung
- Schmerzcharakteristik: um die DDs wie Appendizitis auszuschließen.
 Körperliche Untersuchung
- Digital-rektale Untersuchung: um die Hämorriden auszuschließen.
 Labor:
- BB, erhöhte BSG und CRP
- γ-GT: Hinweis auf eine PSC
- Autoantikörper pANCA
- Stuhluntersuchung: um die infektiöse Darmerkrankungen auszuschließen
 Bildgebende Verfahren
- Abdomensonografie: Toxisches Megakolon und kontinuierliche Darmwandverdickung
- Röntgen Abdomen: Fahrradschlauch und Pseudopolypen
- Koloskopie mit Stufenbiopsien in ≥ 5 verschiedenen Kolonabschnitten einschließlich Rektum von diffuser
Rötung, Vulnerabilität, Kontaktblutung, unscharf begrenzten Ulzerationen, und Pseudopolypen
 Pathologie
- Mukosa, Submukosa: Kryptenabszesse, Becherzellverlust
- Spätstadium: Schleimhautatrophie, Epitheldysplasien

Therapeutische Maßnahmen
 Abhängig vom Schweregrad des Schubs (Anzahl der Diarrhöen, Schleim- und Blutbeimengungen, Temperatur, Hb-
Konzentration und BSG):
 Leichter Schub: nur bis zu 5 blutig-schleimige Stuhlentleerungen/Tag
- 5-ASA / Mesalazin
 Mittelschwerer Schub: bis zu 8 blutig-schleimige Stuhlentleerungen/Tag + Tenesmus + leichtes Fieber
- Erhöhte Dosis von 5-ASA / Mesalazin + Glukokortikoide (Prednisolon 50)
 Schwerer Schub: über 8 blutig-schleimige Stuhlentleerungen/Tag + hohes Fieber (>38°C) + Schlechter AZ
- Erhöhte Dosis von Glukokortikoide i. V. + Azathioprin + komplette parenterale Ernährung
- Antibiotika bei septischen Komplikationen
 chirurgische Maßnahmen bei:
- Perforation
- toxischem Megakolon
- nicht stillbarer Kolonblutung
- Dysplasien
- Versagen der konservativen Therapie
- nicht zu tolerierenden medikamentösen Nebenwirkungen oder Kontraindikationen gegen medikamentöse
Langzeittherapie

Differentialdiagnostik
 Divertikulitis
 Morbus Whipple
 Zöliakie
 Darm-Tuberkulose
 Kolonkarzinom
 Appendizitis

5. Gastroduodenale Ulkuskrankheit (Ulcus ventriculi und Ulcus duodeni)


Definition
 Ein umschriebener Schleimhautdefekt/Epitheldefekt im Magen oder Zwölffingerdarm, der die Submukosa
erreicht/durchbricht
- Magengeschwür / Ulcus ventriculi: seltener, 80% der Fälle in der kleinen Kurvatur / Antrum des Magens
- Zwölffingerdarmgeschwür / Ulcus duodeni: häufiger, meist im Bulbus duodeni, v. a. die Hinterwand
 Männer sind häufiger betroffen.

Ursachen
 Helicobacter-pylori-Infektion: in 90% der Patienten mit einem Ulcus duodeni und 70% der Patienten mit einem
Ulcus ventriculi
 Allgemein: akuter Stress, Rauchen, Kaffee, Alkohol
 Medikamente: NSAR und ASS, Kortikoide
 Stressulkus bei Polytrauma, Verbrennungen, und großen Operationen
 genetische Disposition
 Erkrankungen: chronische Gastritis, Hiatushernie, Zollinger-Ellison-Syndrom (Hypersekretion von Gastrin wegen
des Gastrinoms in Pankreas)

Klinik
 häufig asymptomatisch, v. a. bei Diabetikern, Alkoholikern und bei der Einnahme von NSAR
 brennende oder bohrende epigastrische Schmerzen
- Ulcus duodeni: Nüchternschmerz, die mit dem Essen sistiert
- Ulcus ventriculi: nächtliche Schmerzen
 Übelkeit und Erbrechen
 Völlegefühl und Appetitlosigkeit
 Übelkeit und Erbrechen
 ggf. ausstrahlende Schmerzen in den rechten Oberbauch, nach retrosternal, in den Unterbauch oder den Rücken
 Komplikationen der unbehandelt Geschwüre:
- Blutung: Hämatemesis oder Meläna
- Anämie
- Perforation: Durchbruch in die Bauchhöhle
- Magenausgangsstenose bei Ulcus ventriculi
- Das Risiko des Magenkrebs bei Ulcus ventriculi

Diagnostik
 Anamnese
 Körperliche Untersuchung
 EKG: um Myokardinfarkt auszuschließen
 Labor:
- BB, Hb, CRP, und BSG
- Lipase, Amylase: Um die Pankreatitis auszuschließen
- Urease-Schnelltest: Um die Helicobacter pylori zu bestätigen
- Serum-Ca2+ und Parathormon
- Gastrin-Bestimmung, Sekretin-Test: um Zollinger-Ellison-Syndrom auszuschließen
 Bildgebende Verfahren
- Ösophagogastroduodenoskopie (ÖGD) mit Biopsie:
Bestätigung von Ulkus
Blutstillung/Hämostase, wenn es Blutung gibt
Biopsienentnahme, um Helicobacter pylori und Magenkarzinom auszuschließen
Ausschluss Malignom und Helicobacter pylori
- Ggf. Abdomensonografie: um die Cholezystitis auszuschließen
- Ggf. Röntgenaufnahme: um Magenperforation (freie Luft unterhalb des Zwerchfells) auszuschließen

Therapeutische Maßnahmen
 Stationäre Aufnahme
 Nahrungskarenz
 allgemeine Maßnahmen:
- Schonung
- Nikotinabstinenz
- ulzerogene Medikamente (z. B. NSAR) vermeiden
- kleinere und häufigere Mahlzeiten
 Säurehemmer:
- Antazida
- H2-Rezeptorantagonisten
- Protonenpumpenhemmer: PPI-Infusiontherapie (Omeperazol 40mg)
 Prostaglandinanaloge: zum Schleimhautschutz
 Ggf. Eine Helicobacter-pylori-Eradikation mittels Triple-Therapie sollte beim Nachweis von Helicobacter pylori
erfolgen.
- ein PPI und zwei Antibiotika (v. a. Clarithromycin + Amoxicillin/Metronidazol)
 Operation Behandlung: wenn es Komplikationen gibt.

Differentialdiagnostik
 GERD
 Kaskadenmagen
 Magen-, Duodenal-, Pankreaskarzinom
 Pankreatitis
 Cholelithiasis
 Erkrankungen des Kolons

6. Epilepsie/ Krampfleiden / Krampfanfall


Definition
 eine wiederkehrende vorübergehende plötzlich auftretende Störung des zentralen Nervensystems mit
mindestens einem spontan Anfall, der nicht durch eine bestimmte Ursache (Gehirnentzündung, Schlaganfall,
Kopfverletzung) oder eine Auslöser (Alkohol, Schlafmangel, Hyperventilation, visuelle Reize, Lichtflecke)
verursacht wird.

Ursachen
 Prämiere Anfälle: idiopathisch, genetisch
 Sekundäre Anfälle: intra- und extra-kranialen Ursachen wie z. B. Hirntumor, Trauma, intrazerebrale Blutung,
Enzephalitis, Urämie, Hypoglykämie, Hyponatriämie, Alkoholabusus

Klassifikation
 Fokaler Anfall
- Meist ohne Bewusstseinsstörung
- die elektrische Entladungen bleiben beschränkt
 Grand-Mal oder klassischer tonisch-klonischer Anfall
- Tonische Phase: Initialschrei, Rhythmische Muskelzuckungen, Zyanose und Inkontinenz
- Klonische Phase: Anspannen der Muskulatur, schäumenden Speichel, flittern die Augenlieder
- Postkonvulsive Phase: Erschlaffung der Extremitäten und des Rumpfes, Terminalschlaf, Verwirrtheit, fehlende
Ansprechbarkeit des Gehirns
 Petit-Mal Anfälle
o Absence Anfall
- Kurz Bewusstsein Pausen
- Nicht länger als 30 Sekunden
o Myoklonischer Anfall
 Status Epilepticus
- Wenn die Anfälle kurz hintereinander als Serie erfolgen
- Der Betroffene könnte sich nicht dazwischen wieder vollständig erholen.
- Das kann irreversible Schädigungen des Gehirns verursachen.

Klinik
 Aura: Sehstörungen, Sprachstörungen, motorische Erscheinungen, Deja-vu- und Jamais-vu-Erlebnisse
 Dauer: meist nicht länger als 2 Minuten
 Augen offen, starr, leer, und verdreht
 Sturz ohne Abwehrreaktion
 Zungenbiss
 Urinabgang
 Postiktale Phase: Amnesie und initiale Desorientierung, erhöhtes Schlafbedürfnis, Muskelschmerzen

Komplikation
 Wachstumsstörungen im Kindesalter
 Toxisches Megakolon: Entzündung aller Darmwandschichten mit Dilatation des Kolons auf einen Durchmesser von
> 10 cm mit Gefahr der Perforation
 Schwere Blutungen
 Cholelithiasis
 Kolonkarzinom Cholezystitis und Gallenblasenempyem (> 10% bei ausgedehnter Colitis und einer
Erkrankungsdauer ab 20 Jahren)

Diagnostik
 Anamnese
- der Verlauf
- Auslösende Faktoren
 Körperliche Untersuchung: insbesondere neurologisch
 Neurologisches Konsil
 Labor:
- Blutzucker
- Elektrolyte
- Nierenfunktionsparameter
- Liquoruntersuchung bei Verdacht auf Enzephalitis
 Elektroenzephalographie (EEG)
- Nachweis typischer Potentiale (Spikes und Waves): Steigerung der Amplitude und Veränderung der Frequenz
im Verlauf
 Bildgebende Verfahren
- MRT oder CT: um strukturelle Veränderungen auszuschließen

Therapeutische Maßnahmen
 Beseitigung der Ursache bei sekundären Anfällen
 Trigger meiden
 Akut-Versorgung
- Vitalparameter (Atmung & Kreislaufsystem) überwachen insbesondere Oxygenierung
- Schützen vor Verletzungen
- Entfernung von Zahnersatz und Schmuck
 Medikamentöse
- Indikation: 2 Anfälle pro 6 Monate, oder wenn MRT oder EEG zur Klinik passende, spezifische Befunde zeigen
o Fokal und sekundär:
- 1. Wahl: Lamotrigin und Levetiracetam
- 2. Wahl: Carbamazepin, Gabapentin, Valproat, Pregabalin, Topiramat, und Phenytoin
o Primär generalisiert:
- 1. Wahl: Valproat
- 2. Wahl: Lamotrigin und Topiramat
o Absence:
- Valproat
 Operative Behandlung (z. B. Resektion von pathologischen Veränderungen/Herd)

Differentialdiagnostik
 Synkope wegen z. B. der Herzrhythmusstörungen
 Transitorisch-ischämische-Attacke
 metabolische Ursachen: Hypoglykämie, Natriumspiegelstörungen
 Hirntumoren
 Migräne
 Psychogene/dissoziative Anfälle
 Narkolepsie

7. Fazialisparese / Fazialislähmung / Gesichtslähmung


Definition
 die Lähmung/Parese des Nervus facialis.

Ursachen
 Idiopathisch: Bell-Lähmung
 Angeboren: Möbius-Syndrom
 Traumata: Felsenbeinfraktur, laterale Schädelbasisfraktur
 Inflammatorisch: Mittelohrentzündung, chronische Meningitiden, Lyme-Borreliose
 Infektiös: Mumps, Masern, Röteln, oder Zoster oticus
 Entzündlich: MS
 Schlaganfall: Hirninfarkt, Hirnblutung
 Tumoren des Kleinhirnbrückenwinkels
 Immunologisch: Guillain-Barré-Syndrom, Sarkoidose / Morbus Böck

Klassifikation und Klinik


 nach Symmetrie
o einseitig
o beidseitig
 nach Lokalisation
o zentral
- Schwäche der mimischen Muskulatur kontralateral zur Gehirnschädigung
- Mundwinkel und Wange hängen herab
- Sprechstörung
- Hörstörung (Geräuschempfindlichkeit oder Schwerhörigkeit)
- Die Patienten können nicht willkürlich die Zähne zeigen
- bleiben die Stirnmuskeln beweglich und der Lidschluss erhalten
o peripher
- die häufigste Lähmung eines einzelnen Nerven
- Schwäche bis vollständigen Lähmung der mimischen Muskulatur ipsilateral zur Läsion, d. h. auf derselben Seite
- Herabhängender Mundwinkel
- Unvollständiger Lidschluss (Bell-Phänomen)
- Die Stirn erscheint glatt und faltenlos bzw. Faltenarm (kein Runzeln)
 Aura: Sehstörungen, Sprachstörungen, motorische Erscheinungen, Deja-vu- und Jamais-vu-Erlebnisse
 Dauer: meist nicht länger als 2 Minuten
 Augen offen, starr, leer, und verdreht
 Sturz ohne Abwehrreaktion
 Zungenbiss
 Urinabgang
 Postiktale Phase: Amnesie und initiale Desorientierung, erhöhtes Schlafbedürfnis, Muskelschmerzen

Diagnostik
 Blickdiagnose per Anamnese und Körperliche Untersuchung:
- vor allem bei der einseitigen Fazialisparese
- neurologische Untersuchung
 Neurologisches Konsil
 Labor:
- Liquoruntersuchung/Lumbalpunktion: bei Befall anderer Hirnnerven (meningealer Karzinomatose) oder
Verdacht auf infektiöse Erkrankungen (Lyme-Borreliose)
 Elektromyographie und Elektroneuronographie (EMG und ENG) Elektroenzephalographie (EEG)
- die Untersuchungsmethode der Neurophysiologie, welche die natürlicherweise auftretende elektrische
Spannung in einem Muskel und die Nervenleitgeschwindigkeit eines durch Elektroden künstlich stimulierten
Nerven misst.
 Stapediusreflexmessung: zur Lokalisation der Nervenschädigung
- Liegt der Nervendefekt nach dem Abgang des Nervus stapedius, ist der Reflex noch nachweisbar. Bei einem
Defekt davor fehlt der Reflex.
 Bildgebende Verfahren
- MRT: bei unklarer Ätiologie, Zeichen einer Läsion weiterer Hirnnerven und des Hirnstammes

Therapeutische Maßnahmen
 Allgemeine Maßnahmen
- Schutz der Augen vor Austrocknung: Tränenersatzmittel
- Physiotherapie der mimischen Muskulatur
- Behandlung der Grunderkrankung
 Prednisolon oral für 5-10 Tage
 Ggf. Antibiotika oder Virustatika

Differentialdiagnostik
 Synkope wegen z. B. der Herzrhythmusstörungen
 Transitorisch-ischämische-Attacke
 metabolische Ursachen: Hypoglykämie, Natriumspiegelstörungen
 Hirntumoren
 Migräne
 Psychogene/dissoziative Anfälle
 Narkolepsie

8. Morbus Parkinson / Schüttellähmung


Definition
 eine chronische, neurologische Erkrankung, die durch degenerative Veränderungen im
extrapyramidalmotorischen System (EPMS) ausgelöst wird und durch einen Dopaminmangel hyperton-
hypokinetischen Bewegungsstörungen verursacht.
 Betroffen sind vor allem die Basalganglien

Klassifikation und Ursachen


 75% idiopathisch: unbekannt
 Genetisch
 Atypisch aufgrund einer anderen neurodegenerativen Erkrankung
 Sekundär:
- Medikamente: z. B. typische Antipsychotika, Lithium, Valporat, und Metoclopramid
- Vergiftungen: z. B. durch Kohlenmonoxid, Mangan
- Schädel-Hirn-Traumata (SHT)
- Hirntumore
- Entzündungen: z. B. Enzephalitis oder bei HIV-Enzephalopathie
- Stoffwechselstörungen: z. B. Morbus Wilson

Klinik
 Kardinal-/Leitsymptom
- Verminderung (Hypokinese) bzw. Verlangsamung (Bradykinese) der Willkürmotorik und in der schwersten
Ausprägung Bewegungsstarre (Akinese):
verminderter mimischer Ausdruck (Hypomimie) oder Maskengesicht (Amimie)
verkleinertes Schriftbild (Mikrographie)
leises Sprechen (Mikrophonie)
kleinschrittiges Gangbild
 Und mindestens eines der folgenden Kriterien:
- Tonuserhöhung der Muskulatur (Rigor): Muskelsteifheit, Zahnradphänomen bei die passiver Bewegung einer
Extremität
- Ruhetremor/-zittern: Amplitudenabnahme beim Beginn von Willkürbewegungen und Amplitudenzunahme
bei geistiger Beschäftigung oder Emotionen
- Posturale Instabilität: Standunsicherheit, die nicht primär durch visuelle, vestibuläre, zerebelläre oder
propriozeptive Störungen erklärbar ist.
 Weitere mögliche Symptome:
- Störung der Körperhaltung
- Sensorisch: wie Missempfindung (Dysästhesie), Schmerzen, Reichstörungen (Hyposmie)
- Vegetativ: Störungen von Blutdruck- und/oder Temperaturregulation, Schlafstörungen, Störung der
Darmfunktion, Blasenfunktionsstörungen, sexuelle Dysfunktion, und vermehrte Talgsekretion (Salbengesicht)
- Psychisch: Depressionen
- Kognitiv: Konzentrationsstörungen, frontale Störungen, in fortgeschrittenen Stadien Demenz
- Schluckstörungen und deswegen Pseudohypersalivation
 typisches klinisches Bild:
- gefesselt bewegender, nach vorne gebeugter Patient, der sich weniger locker nur in kleinen Tippelschritten
fortbewegen kann.
- erhöhte Fallneigung
- maskenhaftes und unbeteiligtes Gesicht
- Pillendreher-Tremor an den Händen
- weniger locker

Diagnostik
 Klinische Diagnose
 Anamnese
- Beginn und Dauer der Beschwerden, Medikamente, Trauma, Familienanamnese
 Körperliche Untersuchung
- Zahnradphänomen bei die passiver Bewegung einer Extremität
- Froment-Manöver: Der Untersucher bewegt bei dieser Untersuchung den Arm einer Person im Hand- oder
Ellenbogengelenk. Diese bewegt dann auf Aufforderung willkürlich auch den gegenüberliegenden
(kontralateralen) Arm. Falls positiv, nimmt der Dehnungswiderstand im passiv durchbewegten Arm aufgrund
eines Rigors zu.
- Kopffalltest: Der Untersucher hebt den Kopf des liegenden Patienten bei entspannter Halsmuskulatur passiv
an und lässt ihn plötzlich los. Falls positiv, wird der Kopf durch den Rigor in der ursprünglichen Position
gehalten.
- Armpendeltest
 Neurologisches Konsil
 Labor:
- Neurologische Funktionstests: L-Dopa-Test
 Bildgebende Verfahren
- CT oder MRT: um andere Ursache auszuschließen.

Therapeutische Maßnahmen
 Die Behandlung ist symptomatisch.
 Medikamentöse Therapie
- Anticholinergika
- L-Dopa
- Dopaminagonisten
 nicht Medikamentöse Therapie
- Selbsthilfegruppen
- Ergotherapie
- Physiotherapie
- Logopädie (mit Sprechen)
 Tiefenhirnstimulation: mit Implantation eines Hirnschrittmachers

Differentialdiagnostik
 Enzephalitis
 HIV-Enzephalopathie
 Morbus Wilson
 Essentieller Tremor
 Depression
 MS
 Hyperthyreose
 Borreliose

9. Migräne / Hemikrania
Definition
 eine auftretende Form der Kopfschmerzen.
 Rezidivierend in Episoden, anfallsartige auftretender, einseitig lokalisierter chronischer Kopfschmerz, der oftmals
mit Übelkeit, Erbrechen, Phono- und Photophobie einhergeht.
 In etwa 10-30% der Fälle kommt es dabei zu Aura-Phänomenen. Dabei handelt es sich um reversible fokale
neurologische Ausfälle wie z. B. Gesichtsfeldausfälle (z. B. Flimmerskotome) oder Paresen, die nicht länger als eine
Stunde anhalten.

Risikofaktoren
 weibliches fruchtbares Geschlecht: dreifach häufiger betroffen
 Familiäre Disposition
 Lebenstilfaktoren

Auslöser
 Klimaeinflüsse: Wetterwechsel, Kälte
 Genussmittel: Alkohol, Nikotin, Zitrusfrüchte, Milchprodukte, tyraminhaltige Lebensmittel (Schokolade, Rotwein)
 Veränderungen des Schlaf-Wach-Rhythmus, Zeitverschiebungen
 Feiertagsmigräne: Nach einer anstrengenden stressigen Zeit
 Menstruation
 Hormoneinnahme: Kontrazeptiva

Klinik
 Attacken zwischen 4 Stunden und drei Tagen
 Prodromalstadium (fakultativ): Vorbotensymptome Stunden bis 2 Tage vor jeder Migräneattacke als Warnzeichen
- Stimmungsveränderung: eine depressive Verstimmung oder Übererregbarkeit
- Heißhunger oder Appetitlosigkeit
- Schwierigkeiten beim Schreiben und Lesen
- Vermehrtes Gähnen
 Aura: anfallsweise auftretende, reversible fokale neurologische Ausfälle, die nicht länger als eine Stunde anhalten
- Beteiligung des Sehnervs
- Flimmerskotom von parazentral nach peripher wandernd
- Gezackte Grenzlinien bzw. Fortifikationsspektren, die das Flimmerskotom umgeben oder ausfüllen
- Photopsien (Lichtblitze)
- grelle Farbwahrnehmungen
- Paresen
- Sensibilitätsstörungen, Parästhesien
- Schwindel
- Aphasie
 Kopfschmerzen
- Lokalisation: Ca. 60% einseitig, insbesondere frontal, frontotemporal, retroorbital
- Dauer: 4-72 Stunden
- Verlauf: Langsam zunehmender Schmerz
- Charakter: Pulsierend, bohrend, pochend, hämmernd
 Begleitphänomene
- Phono-/Photophobie (Lärm-/Lichtempfindlichkeit)
- Übelkeit/Erbrechen
- Kein Fieber
- Verstärkung durch körperliche Tätigkeiten

Diagnostik
 Anamnese und neurologischer Status
- einseitige Lokalisation, pulsierender Charakter, und Dauer
- Neurologischer Status und detaillierter Hirnnervenstatus
 Körperliche Untersuchung
- Körpertemperatur, Brudzinski- und Kernig-Zeichen: um die Meningitis auszuschließen.
- trigeminale Nervenaustrittspunkte
- Bulbusdruck- und Bewegungsschmerz
- Beweglichkeit der Halswirbelsäule, Druckschmerzhaftigkeit der perikraniellen Muskulatur
- Klopf- und Druckschmerz der Kalotte
- Schmerzen bei Kieferöffnung
- Beurteilung der Schleimhäute, Zahnstatus
- Ertasten der A. temporalis superficialis
- Messung des Blutdrucks
 Neurologisches Konsil
 Labor:
- BB, CRP, BSG
- Ggf. Lumbalpunktion: um nach die Entzündungszeichen im Gehirnwasser zu suchen und auch die
Subarachnoidalblutung auszuschließen.
 Bildgebende Verfahren
- MRT oder CT des Schädels: um die Gehirntumor und Schlaganfall auszuschließen.

Therapeutische Maßnahmen
 Allgemein:
- Bettruhe im dunklen leisen Zimmer
- Patienten von äußeren Reizen (Licht, lauten Geräuschen usw.) abschirmen
 Medikamentös: eine möglichst frühe und hochdosierte Medikamenteneinnahme
- Leichte bis mittelstarke Migräneattacke: NSAR (Paracetamol, Ibuprofen, oder ASS)
- Mittelschwere bis schwere Migräneattacke bei Erwachsenen: Triptane
Nebenwirkungen: Passagerer Blutdruckanstieg, koronare Ischämien, Flush, Parästhesien und Kältegefühl der
Extremitäten
Kontraindikationen: Koronare Herzkrankheit, Myokardinfarkt, TIA, Schlaganfall, pAVK, und arterielle
Hypertonie
- bei sehr langen Anfällen oder mehrfachen Rezidiven: Ergotamintartrat
- ggf. ein Antiemetikum: Metoclopramid 20mg
 Prophylaxe:
- Lebensstiländerung und Entspannungsverfahren
- Ausdauersport (Schwimmen, Fahrradfahren, Joggen)
- Falls > 3 Attacken/ Monat, Migräneattacke > 12 h, oder langanhaltende Aura-Phänomene: ß-Blocker (z. B.
Metoprolol, Propranolol)
Calciumantagonist (z. B. Flunarizin)
Valproat und Topiramat

Differentialdiagnostik
 Spannungskopfschmerzen: Nur in seltenen Fällen mit Phono-/Photophobie und Übelkeit einhergehend. Verstärkt
sich nicht bei körperlicher Aktivität.
 Cluster-Kopfschmerz
 Sinusitis/Nasennebenhöhlenentzündung
 Meningitis
 Apoplex/Schlaganfall
 Gehirntumor
 Subarachnoidalblutung
 Riesenzellarteriitis
 Glaukom

10. Multiple Sklerose/ Encephalomyelitis disseminata


Definition
 eine chronische entzündliche, neurologische Erkrankung mit unterschiedlichen Verlaufsformen:
- schubförmig remittierende MS (90% der Patienten)
- chronisch progrediente MS
- sekundär progrediente MS
- fulminant verlaufende MS (selten)
 Dabei werden die Markscheiden, elektrisch isolierende äußere Schicht der Nervenfasern im Zentralnervensystem,
angegriffen.
 Sie tritt meist bei jungen Menschen zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr auf.
 Frauen sind doppelt so häufig betroffen wie Männer.

Ursachen
 Unbekannt
 Genetische Prädisposition
 Umweltfaktoren: Vitamin-D-Mangel, EBV

Klinik
 Sehstörungen bei Optikus-/Retrobulbärneuritis/ Neuritis nervi optici: Erstmanifestation bei ca. 30% der Patienten
 allgemeine Schwäche & schnelle Ermüdbarkeit/Fatigue
 Sensibilitätsstörungen und Kribbeln
 Spastiken
 Lähmungen
 Ataxie
 Charcot-Trias 1: Nystagmus, skandierende Sprache und Intentionstremor
 psychische Symptome wie Depressivität

Diagnostik
 Anamnese und neurologischer Status
- Hinweise auf zurückliegende Schübe
 Körperliche Untersuchung
- Erloschene Bauchhautreflexe: Frühzeichen in 70% der Fälle
- Lhermitt´sches Zeichen / positives Nackenbeugezeichen: elektrisierende Missempfindung entlang der
Wirbelsäule
- Sensibilitätsausfälle
- Positives Babinski-Zeichen
- Gesteigerte Muskeleigenreflexe
- Dysmetrische Zeigeversuche
 Neurologisches Konsil
 Labor:
- BB, CRP, BSG, Elektrolyte, Leberparameter, Nierenretentionsparameter, Blutzucker
- Vitamin-B12
- Rheumafaktor, ANA, Anti-dsDNA-Antikörper
- Liquoruntersuchung:
Zellzahl: bei 50% normal, bei den Übrigen diskret erhöht
Albumin: bei 10% leicht erhöht
Oligoklonale IgG-Banden
 Visuell/somatosensorisch/akustisch evozierte Potenziale (EP): eine Verzögerung der Latenzzeiten wegen gestörter
Erregungsleitung
 Bildgebende Verfahren
- Kranielle und spinale MRT: für Diagnosestellung und Verlaufskontrolle
Multilokuläre Läsionen: rund oder oval, scharf begrenzt
Die räumliche und zeitliche Dissemination ist entscheidend.

Therapeutische Maßnahmen
 Obwohl eine vollkommene Heilung von MS bis jetzt nicht möglich ist, können wir die folgende benutzen:
- Interferon
- Methotrexat
- Methylprednisolon
- Rituximab
- Plasmapherese

Differentialdiagnostik
 Infektionskrankheiten: Neurosyphilis, Neuroborreliose, HIV-Infektion
 Entzündliche Erkrankungen: Neuritis nervi optici, M. Behcet, Systemischer Lupus Erythematodes (SLE), M. Sjögren
 Granulomatöse Erkrankungen: Sarkoidose, M. Wegener
 Vitamin-B12-Mangel
 Arnold Chiari-Missbildung: Schlaganfall + diabetische Retinopathie

11. Meningitis / Hirnhautentzündung


Definition
 eine akute oder chronische Entzündung der Hirnhaut (Pia und Arachnoidea mater) und/oder Rückenhaut.
 70% der Fällen bei Kindern unter 5 Jahren
 Hirnhäute: 1. Dura mater, harte Hirnhaut, 2. Arachnoidea mater, die mittlere Hirnhaut, 3. Pia mater, eine direkt
dem Gehirn und Rückenmark aufliegende Bindegewebsschicht.

Ursachen
 Bakteriell
o Eitrig: Meningokokken, Pneumokoken, Haemophilus influenzae, und Listerien
- Übertragung: Tröpfchen (Husten oder Niesen) vor allem bei Kindern
o Nicht-eitrig: Borreliose, Tuberkulose, Syphilis, Leptospirose, und Brucellose
 Abakteriell
o Viral: Enteroviren, Mumpsviren, Herpesviren
o Pilze: Kryptokokkose
o Nicht-infektiös: Sarkoidose, Metastasierungen, Strahlenschäden

Klinik
 Leitsymptome:
- Ein starkes Krankgefühl
- Fieber
- Kopfschmerzen
- Übelkeit, Erbrechen
- Nackensteifigkeit, Opisthotonus, und Rückenschmerzen
- Bewusstseinsstörungen
- Lichtscheu
- Krämpfe
- Stauungspapille
- Hautveränderungen: makulopapulöse oder petechiale Exantheme
 Bei kleinen Kindern: schrilles Schreien oder Wimmern mit allgemeiner Schwäche und Inappetenz

Diagnostik
 Anamnese und neurologischer Status
- Kontakt zu infizierten Personen
- Impfstatus
- Prädisponierende Faktoren: Rhinosinusitis, Otitis media, Endokarditis, Pneumonie, und Immundefekte
 Körperliche Untersuchung
- Überprüfung der Vitalfunktionen und periphere Durchblutung
- Pupillenkontrolle
- Suche nach Hautveränderungen (Meningokokken-Meningitis)
- Nackensteifigkeit
- positives Kernig-Zeichen: Beim auf dem Rücken flach liegende Patienten wird das Bein beim gestreckten Knie
im Hüftgelenk gebeugt. Der Patient beugt das Knie.
- positives Lasègue Zeichen: Beim auf dem Rücken flach liegende Patienten wird das Bein beim gestreckten Knie
im Hüftgelenk gebeugt. Der Beugeschmerz tritt bei 45° auf.
- Positives Brudzinski-Zeichen: Beim auf dem Rücken flach liegende Patienten beugt der Untersucher den Kopf
kräftig im Nacken. Der Patient zieht das Knie an.
 Labor:
- BB, Leukozytenzahl, CRP, BSG, Procalcitonin, Elektrolyte, Glukose
- Blutkulturen
- Lumbalpunktion oder Liquoruntersuchung:
Bakterien: Gram- oder Methylenblau-Färbung, Kultur
Vermehrte Granulozyten
Deutlich erhöhtes Laktat und Eiweiß
Verminderte Glukose
 Bildgebende Verfahren
- CT: zum Ausschluss eines Gehirndrucks vor der Lumbalpunktion

Therapeutische Maßnahmen
 Stationäre Patientenaufnahme
 Isolierung des Patienten
 Meldepflichtig
 Sicherung/Überwachung der Vitalfunktionen
 Antipyretika und Analgetika
 Zuerst Blutkultur und Lumbalpunktion
- Falls mit Bewusstseinsstörungen oder fokal-neurologischem Defizit: CT vor der LP
 Dann sofortige hochdosierte kalkulierte Antibiotikatherapie i.v.
- Blind: Cephalosporine der 3. Generation wie z. B. Ceftriaxon
Bei Erwachsenen und Neugeborenen: zusätzlich Ampicillin i.v. (Listerien)
- Gezielt: Nach Erregernachweis und Resistenzbestimmung
 Dexamethason, um Entzündungsprozesse zu unterdrücken
 Aciclovir: bei Verdacht auf Viren

Differentialdiagnostik
 Abakterielle Meningitis
 Meningealkarzinomatose
 ZNS-Vaskulitis
 Enzephalitis
 Leptospirose
 Migräne
 Sinusitis
 Sinusvenenthrombose

12. Apoplex / Schlaganfall / apoplektischer Insult / zerebrovaskulärer Insult


Definition
 akute schlagartige auftretende zerebrale Durchblutungsstörung im arteriellen Stromgebiet im Gehirn, die zu
einem regionalen Mangel an Sauerstoff (O2) und Nährstoffen (Glukose) und damit zu einem Absterben von
Gehirngewebe führt.
 die häufigste Ursache für Langzeitbehinderung und die dritthäufigste Todesursache in Deutschland.

Ursachen
 Ischämischer Insult: ca. 80-85% der Fälle, Mangeldurchblutung aufgrund von Gefäßverschlüssen
- Arteriosklerose
- Ischämie durch thromboembolischen Verschluss
- intrakranielle Blutung
- Herzerkrankungen
- Vorhofflimmern
- Koagulopathien
- Zerebrale Mikroangiopathie z. B. bei Morbus Binswanger
- Vaskulitis
- Dissektion der A. Karotis interna z. B. bei Schädel-Hirn-Trauma
 Hämorrhagischer Insult:
- zerebrale Mikroangiopathie bei arterieller Hypertonie
- zerebrale Amyloidangiopathie
- Gefäßfehlbildungen z. B. Aneurysma, arteriovenöse Malformation
- Gerinnungsveränderung z. B. durch orale Antikoagulation
- seltener: Vaskulitis, Hirntumor, Endokarditis, Sinusvenenthrombose, Traumatisch, Drogenmissbrauch
(Kokain-/Amphetaminmissbrauch)

Risikofaktoren für einen ischämischen Insult


 arterielle Hypertonie (wichtigster Risikofaktor)
 Diabetes mellitus
 Dyslipidämie oder Dyslipoproteinämie (Fettstoffwechselstörung): Hypercholesterinämie
 vaskulär bedingte Ereignisse in der Vergangenheit (Myokardinfarkt, pAVK)
 Vorhofflimmern (Herzrhythmusstörung)
 Gerinnungsstörungen
 Alter
 Übergewicht und abdominelle Adipositas
 Bewegungsmangel
 Rauchen
 Stress
 Hyperurikämie, Hyperhomocysteinämie
 Alkoholabusus
 CRP-Erhöhung
 Positive Familienanamnese
 Schlafapnoe-Syndrom

Klinik
 Charakteristische Symptomatiken stark abhängig von der Lokalisation und Ausprägung des Gefäßverschlusses von
den bestimmten arteriellen Versorgungsgebieten
 Symptome setzen plötzlich ein.
 Hemiparesen: halbseitige Schwäche oder Lähmung, insbesondere eines Armes, eines Beines oder einer
Gesichtshälfte (Fazialisparese)
 Parästhesien, Hyper- und Hypästhesien
 Sprachstörungen: Dysarthrie, motorische Aphasie
 eingeschränktes Sprachverständnis: sensorische Aphasie
 Sehstörungen: Diplopie/Doppelbilder, Skotom, vorübergehender Visusverlust, verschwommenes Sehen
 Blasen- und Darmfunktionsstörungen
 Schwindel, Gleichgewichtsverlust, und Gangunsicherheit
 Kopfschmerzen
 Übelkeit mit oder ohne Erbrechen
 Schluckstörung/Dysphagie
 psychopathologische Auffälligkeiten
 Wahrnehmungsstörungen (z. B. Neglect)
 Verwirrtheit und Orientierungsstörungen/Desorientiertheit
 Amnesie
 Bewusstseinseintrübung und Bewusstseinsstörungen

Diagnostik
 Anamnese und neurologischer Status
 Körperliche Untersuchung
- NIHSS (National Institute of Health Stroke Scale): Einschätzung des Schweregrads bzw. der Größe eines
ischämischen Infarkts
 Neurologisches Konsil
 EKG: unregelmäßige RR-Abstände und fehlende P-Wellen
 Labor
- BB, Elektrolyte
- Nieren- und Leberfunktion
- Quick Zeit oder International Normalized Ratio (INR), partielle Thromboplastinzeit (PTT)
 Bildgebende Verfahren
- CT des Schädels: zur Differenzierung zwischen hämorrhagischer oder ischämischer Insult in der Akutphase und
zur Feststellung des Ausmaßes der Schädigung
- MRT: schon frühe Darstellung des Infarktareals und des perifokalen Ödems möglich
zuverlässiger als CT: viele nützliche Informationen über Ursachen und zum Verlauf der Gewebeschädigung
und bessere Darstellung kleine Infarkte & ältere Infarkte
- Echokardiographie: Suche nach Gegebenheit, die kardioembolisches Ereignis wahrscheinlich macht
(akinetische Wandbewegungsstörungen, Vorhofflimmern, etc.)
- Dopplersonographie der hirnversorgenden Gefäße / Hirnarterien: Suche nach Verschlüsse, Stenosen,
Dissektionen, und Plaques

Therapeutische Maßnahmen
 Stationäre Patientenaufnahme
 Oberkörperhochlagerung
 Akuttherapie:
- O2-Gabe und sofortiger Transport in eine Stroke-Unit
- keine körperliche Belastung
- Perfusionsdruck gewährleisten
- Herz-Kreislauf-Funktion, Blutzucker, und Elektrolyte stabilisieren
- keine antihypertensive Therapie
- Fibrinolysetherapie
 neuroprotektive Maßnahmen
- Normoglykämie anstreben
- Fiebersenkung mit dem Ziel der Normothermie (<37,5 °C)
- milde therapeutische Hypothermie (MTH) mit Kühlung auf ca. 33 °C Körpertemperatur
 Hirnblutung
- Hemikraniektomie
 Gefäßverschluss: nach Ausschluss einer Blutung
- Therapie der Wahl: die Gabe von Acetylsalicylsäure und Statin
- Thrombolysetherapie: Streptokinase
- Wirkstoff: Alteplase (rt-PA, rekombinanter gewebespezifischer Plasminogenaktivator)
Beginn der Lysetherapie innerhalb von 4-5 Stunden nach Symptombeginn (Lysefenster)
eindeutiges fokales neurologisches Defizit
Kontraindikation: Operationen vor wenigen Tagen, Gerinnungsstörung, Liquorpunktion, Leber- oder
Niereninsuffizienz, diabetische Retinopathie, Tumors
- Mechanische Thrombektomie: Rekanalisation mittels Stent-Retriever zur Entfernung eines
Blutgerinnsels/Thrombus
- Heparin dann Marcumar für 6 Monaten
 Rehabilitation, Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie, Veränderung des Lebensstils

Prävention
 Die beste Möglichkeit, einem Schlaganfall vorzubeugen, ist eine gesunde Lebensweise:
- gute Ernährung: hoher Anteil an Obst, Gemüse; wenig fett- und zuckerhaltige Lebensmittel
- ausreichende Flüssigkeitsaufnahme (besonders auch bei älteren Menschen)
- regelmäßige Bewegung und Sport
- Stress-Vermeidung
- Gewichtsabnahme
- Rauchen Entwöhnung

Differentialdiagnostik
 TIA
 Migräne
 Hypoglykämie
 epileptischer Anfall
 psychogene/ dissoziative Zustände
 Multiple Sklerose
 Enzephalitis
 Meningitis
 Hirntumor
 Subarachnoidalblutung, Epiduralblutung

13. Transitorische ischämische Attacke (TIA) / Streifung


Definition
 eine Durchblutungsstörung des Gehirns mit neurologische Ausfälle wie beim Schlaganfall, die nicht länger als 24
Stunden dauert.
 meist weniger als 1 Stunde
 Vorbote eines echten Schlaganfalls: dringend abgeklärt werden muss.

Ursachen
 regionaler Mangel an Sauerstoff und Nährstoffen:
- Mikrozirkulationsstörungen durch Mikroembolien
- Gefäßspasmen

Klinik
 Alle Ausfälle bilden sich innerhalb von 24 Stunden vollständig zurück.
 plötzlich
 Lähmungen (Hemiplegie oder Hemiparese) von Arm und/oder Bein
 Schwäche von halber Extremität
 Taubheitsgefühl oder Gefühlsstörung
 Sprachstörungen: Aphasie
 Sehstörungen
 Hörstörungen
 Gleichgewichtsstörungen: Vertigo, Drop-Anfälle
 Koordinationsstörung: Gehstörung/Ataxie
 Übelkeit oder Erbrechen
 Kopfschmerzen
 Verwirrung/Konfusion
 Bewusstseinsstörungen

Diagnostik
 Aufgrund der kurzen Symptomperiode ist es schwer, eine akute TIA zu diagnostizieren. Der Schwerpunkt liegt auf
der Anamnese und der körperliche Untersuchung.
 Neurologisches Konsil
 EKG: unregelmäßige RR-Abstände und fehlende P-Wellen
 Labor
- Lumbalpunktion: um die Subarachnoidalblutung oder Meningitis auszuschließen.
 Bildgebende Verfahren
- MRT mit Diffusionsgewichtung: die beste Methode, um TIA zu bestätigen und Schlaganfall auszuschließen.
- CT des Schädels: zum Ausschluss einer intrazerebralen Blutung oder eines Hirntumors
- Echokardiographie: Suche nach Thromben im Linken Vorhof oder Gegebenheit, die kardioembolisches
Ereignis wahrscheinlich macht (akinetische Wandbewegungsstörungen, Vorhofflimmern, etc.)
- Dopplersonographie der Hirnarterien: zum Ausschluss und Nachweis von Stenosen, Thromben, Verschlüsse,
Dissektionen, und Plaques

Therapeutische Maßnahmen
 Stationäre Patientenaufnahme
 Akuttherapie:
- O2-Gabe und sofortiger Transport in eine Stroke-Unit
- keine körperliche Belastung
- Herz-Kreislauf-Funktion, Blutzucker, und Elektrolyte stabilisieren
- keine antihypertensive Therapie
- Fibrinolysetherapie
 Gefäßverschluss: nach Ausschluss einer Blutung
- Therapie der Wahl: die Gabe von Acetylsalicylsäure und Statin
- Thrombolysetherapie: Streptokinase
- Mechanische Thrombektomie: Rekanalisation mittels Stent-Retriever zur Entfernung eines
Blutgerinnsels/Thrombus
- Heparin dann Marcumar für 6 Monaten
- Veränderung des Lebensstils

Differentialdiagnostik
 Apoplex
 Migräne
 Hypoglykämie
 Gehirntumor
 Meningitis
 Subarachnoidalblutung
 psychogene/ dissoziative Zustände
14. Tiefe Venenthrombose (TVT) / Phlebothrombose
Definition
 Akutes Gerinnsel/Thrombus in einer tiefliegenden Vene, der zum vollständigen oder unvollständigen Verschluss
des Gefäßes führt.
 Komplikationen: Lungenembolie (10-30%), Entwicklung einer chronischen venösen Insuffizienz
 im Becken-/ Beinbereich (90%) oder im Armbereich

Ursachen
 Virchow-Trias:
- Blutstauung/Blutstase: Verlangsamung des Blutstroms/Blutflusses (Varizen, Immobilisation,
Rechtsherzinsuffizienz, Exsikkose)
- Blutgerinnungsstörung: Veränderung der Blutzusammensetzung (neoplastische und hämatologische
Erkrankungen)
- Beschädigung der Gefäßinnenwand / des Endotheliums (Entzündungen, Traumen, Allergien, Degeneration)

Risikofaktoren
 höheres Lebensalter
 Adipositas (BMI ≥ 30)
 Weibliches Geschlecht
 Nikotinabusus
 chronisch venöse Insuffizienz, Varizen
 vorherige Thrombose
 Kontrazeptiveinnahme, Hormonersatztherapie, Schwangerschaft
 Hyperviskosität durch Exsikkose
 essentielle Thrombozytämie
 Gerinnungsstörungen: erworbener Protein C-/ oder S-Mangel, Leberzirrhose, Cumarintherapie, Vitamin K Mangel
 Herzinsuffizienz ab NYHA III, Herzinfarkt
 respiratorische Insuffizienz und COPD
 lange Immobilisation/Unbeweglichkeit (Krankenhausaufenthalt, Bettlägerigkeit, Lähmung)
 langandauernde umfangreiche chirurgische Eingriffe, besonders im Becken-Bereich (Hüft-TEP)
 Polytrauma und Frakturen größerer Knochen (Hüfte, Femur)
 maligne paraneoplastische Genese

Klinik
 Schwere- und Spannungsgefühl, Gefühl von Muskelkater
 dumpfe, ziehende Schmerzen, die sich bei Hochlagerung lindern
 Schwellung/Ödem einer Extremität mit ggf. zyanotischer Glanzhaut
 Überwärmung
 Verfärbung
 Druckdolenz im Verlauf der Venenentzündung:
- Meyer-Zeichen, Payr-Zeichen, und Homans-Zeichen

Diagnostik
 Die Ursachen müssen unbedingt geklärt werden.
 Anamnese
- Risikofaktoren
 Körperliche Untersuchung
- Blutdruck: um die Lungenembolie auszuschließen
- Wells-Score: Bestimmung der Thrombose-Wahrscheinlichkeit, wenn Score ≥ 2
Vorgeschichte: Aktives Malignom, Paralyse, Parese oder kürzliche Immobilisation, Kürzliche Bettlägerigkeit
(>3 Tage) und/oder chirurgischer Eingriff vor <4 Wochen, frühere dokumentierte TVT
Klinik: Schmerzen/Verhärtung entlang der tiefen Venen, Geschwollene Extremität, Einseitig geschwollener
Unterschenkel (>3 cm Differenz im Vergleich zur Gegenseite), Ödem mit Dellenbildung an symptomatischer
Extremität, Sichtbare oberflächliche Kollateralvenen
- Tastbarer Peripherer Puls
- Meyer-Zeichen: Ein Druckschmerz beim Eindruck mit den Fingern auf die mediale Seite des Unterschenkels
entlang der Vena tibialis anterior und posterior.
- Payr-Zeichen: Ein Druckschmerz beim Eindruck mit den Fingern auf die Fußsohle, insbesondere medial.
- Homans-Zeichen: Beim auf dem Rücken flach liegende Patienten löst die Dorsalextension des Fußes in
Sprunggelenk beim gestreckten Bein einen Schmerz in der Wade aus.
 Labor
- CRP, BSG: zum Ausschluss von Erysipel
- D-Dimer: Fibrinspaltprodukt, unwahrscheinlich, wenn negativ (<500)
 Bildgebende Verfahren
- Farbduplexsonografie/Kompressionssonografie: um die genaue Lokalisation von Durchblutungsstörungen zu
bestimmen, fehlende oder eingeschränkte Komprimierbarkeit des im Querschnitt dargestellten Venenlumens
- CT-/MRT-Angiografie:
- Phlebografie: Gold Standard

Therapeutische Maßnahmen
 Akute Phase:
- Vollhepariniserung
- Lysetherapie: Fibrinolyse
- Operative Thrombektomie:
die Thrombose in Oberschenkel oder Becken
keine Besserung bei konservativer Therapie
 Nachbehandlung:
- Kompressionstherapie: Kompressionsstrümpfe
- Mobilisation
- Hochlagerung des Betroffenen Beins und Eiskompresse
- Medikamente:
orale Antikoagulantia: Marcumar, Heparin
orale Thrombinhemmer: Rivaroxaban
 medikamentös: Antikoagulation

Differentialdiagnostik
 periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK)
 akuter arterieller Verschluss
 Thrombophlebitis
 Erysipel
 Phlegmone: diffuse eitrige Entzündung zwischen Bindegewebe
 Variköses
 chronisch-venöse Insuffizienz
 Lymphödem
 rupturierte Baker-Zyste in der Kniekehle
 Muskelfaserriss und Muskelzerrung

15. Periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK) / Schaufensterkrankheit


Definition
 eine chronische stenosierende Einengung des Lumens peripherer Arterien.
 Ein Durchblutungsstörung
 Beinarterien 90% der Fälle

Ursachen
 über 90% auf dem Boden einer Arteriosklerose
 Vaskulitis
 Raynaud Syndrom
 Risikofaktoren:
- Nikotinabusus
- arterielle Hypertonie
- Diabetes mellitus
- Hyperlipidämie

Klinik
 Beschwerdefreiheit möglich bei ausreichender Ausbildung von Kollateralkreisläufen
 Claudicatio intermittens: Leitsymptom
- belastungsabhängiger ischämischer Schmerz, distal der Stenose, der in Ruhe verschwindet.
- Der Betroffene zwingt zum Anhalten nach einer bestimmten Gehstrecke.
- Verschlechtert sich bei der Hochlagerung
 trophische Störungen:
- Hautschuppung
- Haarausfall am Schienbein
- Nageldystrophie
 Puls nicht mehr tastbar, bei Stenosen zu 90% des Lumens
 Blässe und Kälte der Extremität (bei akutem Verschluss)
 ischämischer Ruheschmerz, verbessert sich bei der Tieflagerung
 Stadieneinteilung nach Fontaine:
- I: keine Beschwerden, nur tropische Störungen
- II: Belastungsschmerz, Claudicatio intermittens
A: Gehstrecke > 200m
B: Gehstrecke <200m
- III: ischämischer nächtliche Ruheschmerz, bei der Tieflagerung gelindert
- IV: Ulkus, Nekrose, Gangrän z. B. auf den Zehen

Diagnostik
 Anamnese
 Körperliche Untersuchung:
- Inspektion: Hautfarbe und -temperatur, Nekrosen, Gangrän
- Pulslosigkeit, Sensibilität, und Hauttemperatur
- Pulsoximetrie: an der Großzehe
- Lagerungsprobe nach Ratschow: Der Patient liegt flach auf dem Rücken, hebt die Beine in Vertikale, und
bewegt das Sprunggelenk für 2 Minuten. Der Schmerz tritt beim Aufsitzen auf.
- Faustschlüssprobe: Der Patient erhebt die Arme, schließt die Hände 2 Minuten lang zu Faust, und öffnet
wieder. Bei der pAVK der Unterarme oder Subclavian-Steal-Syndrom treten reaktive Hautblässe, Schwindel,
und Sehstörung auf.
- Allentest: Der Patient schließt die Hand fest. Die Arteria radialis und ulnaris am Handgelenk des Patienten
werden gleichzeitig abgedruckt. Beim wieder-Öffnung der Hand wird die Durchblutung überprüft.
 Labor:
- BB, CRP, BSG
- D-Dimer
- pO2
 bildgebende Verfahren:
- Sonografie: Doppler-Sonografie, Farbduplexsonografie
- Ggf. CT-/MRT-Angiografie, oder Angiografie
 6-Minuten-Gehtest (standardisiert)

Therapeutische Maßnahmen
 Kausaltherapie: Therapie der Grunderkrankungen und Minimierung der Risikofaktoren
 Allgemeine Maßnahmen:
- keine Kompressionsstrümpfe tragen
- Behandlung von Ulcera, Nekrosen und Gangrän
- regelmäßige Fußpflege und Wundenversorgung
- Regelmäßige Bewegung
- Nikotinverbot
- Durchblutungshemmende Medikamente (ß-Blocker) weglassen
- Einstellung von Diabetes und Blutdruck, Behandlung von Hyperlipidämie
- Antibiose bei Infektion
 medikamentöse Therapie:
- Thrombozytenaggregationshemmer
- Antikoagulantien
 Operative Maßnahmen:
- Revaskularisation: perkutane transluminale Angioplastie (PTA) und Stent
- Thrombendarteriektomie
- Bypass
- Amputation (Ultima Ratio), beim Gangrän
 Nach Stadien:
- Beschwerdefrei: 100 mg ASS
- Claudicatio intermittens: ASS + Statins
- Ruheschmerzen und Nekrotische Veränderung: Revaskularisation
 Physiotherapie: Förderung der Kollateralbildung

Differentialdiagnostik
 Chronische venöse Insuffizienz / venöse Abflussstörungen
 Varikosis
 peripherer arterieller Verschluss
 orthopädische und neurologische Erkrankungen: Spinalkanalstenose, periphere Nervenläsionen, Arthrosen
 diabetische Neuropathie

16. Sprunggelenkfraktur / Sprunggelenkverletzung / Fußgelenkfraktur / OSG-Fraktur


Definition
 Fraktur = Unterbrechung der Kontinuität eines Knochens
 häufigste Fraktur der unteren Extremität und dritthäufigste aller Frakturen

Ursachen
 direkt
 indirekt
 Kompressionsfraktur
 Luxationsfraktur: Torsion- und Biegekräfte

Klassifikationen
 nach Weber
- A: Unterhalb der Syndesmose, Stabil
- B: auf Höhe der Syndesmose, fakultativ Stabil
- C: Oberhalb der Syndesmose, instabil
Maisonneuve-Fraktur: Fraktur der Fibula unterhalb des Fibulaköpfchens mit einer Zerreißung von
(Innenknöchel) Syndesmosis tibiofibularis und Membrana interossea cruris sowie Absprengung des
Volkmann-Dreiecks. Ursache: Pronationstrauma
Pilon-tibiale-Fraktur: Fraktur der distalen Gelenkfläche der Tibia. Ursache: hochenergetische traumatische
Einwirkungen

Klinik
 schmerzhafte Bewegungseinschränkung/Bewegungsunfähigkeit
 Schwellung
 Hämatome
 Druckschmerz
 Auftreten nicht möglich

Komplikationen
 Akut:
- Weichteilschäden
- Hämorrhagien
- Verletzung innerer Organe
- Embolie (Fettembolie)
- Kompartmentsyndrom (Logensyndrom) nach Anpralltrauma im Fußball, sehr enge Verbände: schmerzhafte,
pralle Schwellung mit DMS-Störungen
Therapie: Fasziotomie und Entfernung der Verbände
Komplikation: Muskelnekrose, ischämische Muskelkontraktur
 Spät:
- Heilungsstörungen
- Refrakturen
- Pseudarthrose
- Osteomyelitis
- posttraumatische Arthrose
- komplexes regionales Schmerzsyndrom (CRPS), Morbus Sudeck

Diagnostik
 Körperliche Untersuchung
- Gefäßstatus
- Beweglichkeitseinschränkung nach der Neutral-0-Methode
- direkte & indirekte Fraktur Zeichen
- Durchblutung, Motilität/Motorik, Sensibilität (DMS)
- ggf. neurologische und angiologische Untersuchung
 Labor:
- BB, Hb, Gerinnungswerte
 Bildgebende Verfahren:
- Röntgen des oberen Sprunggelenks (OSG) in 2 Ebenen
- Röntgenuntersuchung des gesamten Unterschenkels bei Pronationstrauma
- Ggf. CT
- Ggf. MRT: zum Ausschluss der Weichteilverletzungen (Bänder und Knorpel)
- Ggf. Duplexsonografie: zum Ausschluss der Gefäßverletzungen

Therapeutische Maßnahmen
 stationäre Aufnahme
 Schmerzmedikation
 Heparin
 Reposition der (Sub-) Luxation: Wiederherstellung der anatomischen Lage nach dem Prinzip Zug und Gegenzug
 Retention: Ruhigstillung, Schienung und Fixierung
 Rehabilitation: schnelle Mobilisierung und Physiotherapie
 Nach Weber-Klassifikation:
o A: konservativ: Gips- und Streckverband, Unterschenkelgips
- Kriterien: Keine Begleitverletzungen (isoliert), stabile Reposition möglich, nicht dislozierte Fraktur,
Kontraindikationen gegen eine Operation
- Nachteile: Muskelatrophie und Kontrakturen wegen Ruhigstillung
o B und C: operativ: Arthrodese, eine frakturtypadaptierte stabile Osteosynthese mit einer Bandnaht
Schrauben oder Zugschrauben, Platte oder Drittelrohrplatte, biologische Osteosynthese (intramedulläre
Schienung), externe und interne Fixation
- Kriterien: Begleitverletzungen (Gefäße, Nerven, Muskeln, Bänder, Sehnen), irreponible
Epiphysenverletzungen, pathologische Frakturen (Metastasen und Osteoporose), Polytrauma, instabile
Reposition, dislozierte Gelenkverletzungen,
- Vorteile: Stabilität zur Mobilisation, achsengerechte Stellung, anatomiegerechte Wiederherstellung der
Gelenkflächen, gleichzeitige Versorgung der Weichteilverletzungen
- Nachteile: Gefahr der Wundinfektion, Wundheilungsstörungen, allgemeine Risiken für Operationen und
Narkose, Spätarthrose bei anatomischer Fehlstellung

Differentialdiagnose
 Sprunggelenksubluxation
 Kontusionen
 Bandrupturen, Sehnenruptur, Ruptur der Ligamenta
 Muskelriss/Muskelfaserriss
 Distorsionen
 Luxation von Sehnen
 Talusfraktur

17. Coxarthrose / Hüftgelenksarthrose / Hüftgelenksverschleiß


Definition
 degenerative, langsam fortschreitende, nicht entzündliche Erkrankung eines oder beides Hüftgelenk wegen
Missverhältnis zwischen Belastung und Belastungsfähigkeit des Hüftgelenks über einen langen Zeitraum.

Ursachen
 Degeneration des Hüftgelenks: Abbau der Knorpel und subchondralen Knochen: Zerstörung des Gelenks

Risikofaktoren
 weibliches Geschlecht
 zunehmendes Alter
 Übergewicht und Adipositas
 Bewegungsmangel und längere Immobilisation
 Gelenksüberbelastung
 Gelenkfehlstellung
 Gelenktrauma
 Infektionen
 Autoimmunerkrankungen und Glukokortikoide
 rheumatische Erkrankungen
 angeborene Hüftdysplasie
 Diabetes Mellitus
 Gicht

Klinik
 Anlaufschmerzen, Bewegungsschmerzen, Belastungsschmerzen, Ruheschmerzen
 morgendlicher Einlaufschmerz
 Kapseldruckschmerz
 Trochanterklopfschmerzen
 Gelenkerguss und Krepitation
 Bewegungs- und Funktionseinschränkung

Diagnostik
 Anamnese und körperliche Untersuchung
 Labor:
- BB, Entzündungsparameter (CRP, BSG)
- Rheumafaktor (RF), Anti-CCP-Antikörper
- Ca, Vitamin D: um Osteoporose zu beurteilen
- Gelenkpunktion: Bakteriologie, Serologie
 bildgebende Verfahren:
- Röntgen Beckenübersichtsaufnahme antero-posterior, Hüftgelenk axial, Kniegelenk, Lendenwirbelsäule:
Gelenkdeformierung, Osteophyten: Spangen, Höcker, Verschmälerung des Gelenkspaltes, subchondrale
Sklerosierung, Geröllzysten: zystische Osteolysen im subchondralen Knochenbereich
- Ggf. CT oder MRT: zum Ausschluss einer Hüftkopfnekrose
- Ggf. Szintigraphie: um Metastase auszuschließen
- Arthroskopie

Therapeutische Maßnahmen
 Konservative Behandlung
- Gewichtsreduktion
- Gehstock
- Massagen, Ergotherapie und Physiotherapie
- leichte Sportarten: Schwimmen, Radfahren, Krankengymnastik
 Medikamentöse Therapie
- Analgetikum: NSAR, Paracetamol
- Lokale Glukokortikoide (intraartikulär)
- Glucosamin
 operative Therapie: bei resistenten Schmerzen
- Umstellungsosteotomie
- Hüftendoprothese oder Totalendoprothese
- ausnahmsweise Arthrodese/Gelenkversteifung (bei schweren Knochendefekten, Infektionen)

Differenzialdiagnosen
 rheumatologische Erkrankungen / Rheuma
 Diskusprolaps
 Hüftkopfnekrose
 Koxitis
 Osteoporose
 Osteosarkom
 Schmerzen im Rahmen einer nicht diagnostizierten Knochenmetastase

18. Handgelenkfraktur / Handgelenkbruch / Radiusfraktur


Definition
• Colles-Fraktur: Extensionsfraktur des distalen Radius, die am häufigsten vorkommende Fraktur ist.
• Smith-Fraktur: Flexionsfraktur
• Distale Radiustrümmerfraktur
• Galeazzi-Fraktur: Fraktur des Radiusschaftes, Luxation der Ulna aus dem distalen Radioulnargelenk und Riss der
Membrana interossea.

Ursachen
• Colles-Fraktur: Sturz auf die dorsalextendierte Hand durch typische Abstützbewegung (loco typico, in typischer
Position)
• Smith-Fraktur: Sturz auf die palmarflektierte Hand
• Galeazzi Fraktur: Sturz auf den gestreckten, pronierten Arm

Klinik
• Schwellung der Weichteile mit Druckschmerz
• Schmerzhafte Bewegungseinschränkung im Handgelenk
• Fehlstellung nach Art der Fraktur
- Colles-Fraktur: Bajonett-Stellung / radiale Abknickung oder Fourchette-Stellung / dorsale Abknickung
- Smith-Fraktur: Abknickung nach palmar

Diagnostik
 Körperliche Untersuchung
- Gefäßstatus
- Beweglichkeitseinschränkung nach der Neutral-0-Methode
- direkte & indirekte Fraktur Zeichen
- Durchblutung, Motilität/Motorik, Sensibilität (DMS)
- ggf. neurologische und angiologische Untersuchung
 Labor:
- BB, Hb, Gerinnungswerte
 Bildgebende Verfahren:
- Röntgen in 2 Ebenen
- Ggf. CT: zur OP-Planung
- Ggf. MRT: zum Ausschluss der Weichteilverletzungen (Bänder und Knorpel)
- Ggf. Duplexsonografie: zum Ausschluss der Gefäßverletzungen

Therapeutische Maßnahmen
 stationäre Aufnahme
 Schmerzmedikation / Schmerzbekämpfung
 Heparin
 Reposition der (Sub-) Luxation: Wiederherstellung der anatomischen Lage nach dem Prinzip Zug und Gegenzug
 Retention: Ruhigstillung, Schienung und Fixierung ca. 5 Wochen
 Rehabilitation: schnelle Mobilisierung und Physiotherapie
 Konservative Behandlung mittels Gipsschiene / Orthese
- Kriterien: keine Begleitverletzungen, keine stark dislozierte Fragmente oder nicht-offene Frakturen
 Operation mit Schrauben oder Platten
- Kriterien: Begleitverletzungen (Gefäße, Nerven, Muskeln, Bänder, Sehnen), instabilem oder disloziertem
Bruch, Trümmerfraktur, offene Frakturen
- Plattenosteosynthese: zumeist bei Unterarmschaftfraktur oder Ulnafraktur
- Fixateur externe: bei Trümmerfraktur

Differentialdiagnostik
• Schaftfrakturen von Radius und Ulna
• Olekranonfrakturen
• Luxation des Radiusköpfchens
• Handgelenksprellung
• Handgelenksdistorsion
• Sehnenluxation
• Skaphoidfraktur
• Bänderdehnung
• Bänderruptur

19. Discusprolaps / Bandscheibenvorfall


Definition
• Austritt/Verschiebung von Bandscheibenmaterial (Sequester) aus dem Anulus fibrosus zwischen Wirbelkörpern.
Das Diskussequester ist Bandscheibengewebe, das seine Verbindung zur ursprünglichen Bandscheibe verloren
hat.
• Das kann zu Kompression des Rückenmarks oder Nervenwurzeln führen.
• 90% der Fälle nach mediolateral
• Diskusprotrusion (Bandscheibenvorwölbung): Verlagerung des Nucleus pulposus in einen Riss des Anulus fibrosus
mit resultierender Vorwölbung des Anulus fibrosus und ggf. des hinteren Längsbandes. Im Gegensatz zum
Diskusprolaps besteht keine Abtrennung von Bandscheibenmaterial.
Ursachen
• Degeneration: Rückbildung der Gefäßversorgung der Bandscheibe (ab dem 20. Lebensjahr)
- Anulus fibrosus wird anfälliger für Verletzungen
- Mikrotraumata führen zur Rissbildung im Anulus fibrosus
• Vorwölbung (Protrusion): des Nucleus pulposus bis hin zum Vorfall (Prolaps) von Sequester aus dem Anulus
fibrosus
• permanente Überbelastung
• Trauma: Extrembelastungen der Bandscheibe führen zu einem Riss des Anulus fibrosus sowie zu einem direkten
Vorfall von Bandscheibengewebe

Risikofaktoren
• Falsches Heben
• Falsches Tragen
• Schlechte Sitzhaltung
• Untrainierte Rückenmuskulatur
• Übergewicht
• Wirbelsäulenveränderung
• Familiäre Vorbelastung

Klinik
• meisten symptomlos
• Schmerzen:
- HWS (Halswirbelsäule): Nackensteifigkeit und Schmerzen zwischen Schulterblättern
- LWS (Lendenwirbelsäule): Rückenschmerzen/Lumbalgie, Hexenschuss/Lumbago
- oft stechend, einschießend, scharf und elektrisierend
- Dauer: akut (1- 6 Wochen), subakut (6–12 Wochen), chronisch (> 12 Wochen)
• Lokalisation und radikuläre Reizungen
- zervikal (C1-C7): Schmerzen im zervikalen Bereich mit Ausstrahlung in die Arme (Brachialgie)
- thorakal (TH1-TH12): Schmerzen im oberen Rücken und ggf. der Rippenbögen (Interkostalneuralgie)
- lumbal (L1-L5): Schmerzen des unteren Rückens (Lumbalgie) mit Ausstrahlung in die Beine, häufig im Verlauf
des N. ischiadicus (Ischialgie) und im Verlauf des N. femoralis (Femoralgie)
• Sensibilitätsstörungen: Parästhesien, Hypästhesien, Hyperästhesien, Taubheitsgefühl, Kribbeln
• Paresen/Schwäche: inkompletter Funktionsausfall eines Muskels (inkomplette Lähmung)
• Plegien: kompletter Funktionsausfall eines Muskels (komplette Lähmung)
• eingeschränkte Bewegung
• Reflexminderung oder -ausfall
• Myelopathie: neurologische Funktionsausfälle durch Kompression des Rückenmarks

Komplikationen:
 das Konus- und das Kauda-Syndrom
- Blasen- und Darminkontinenz, Paraparese, Paraplegie, Reithosenanästhesie
- Notfallindikation für Operation

Diagnostik
• Anamnese
• Körperliche Untersuchung
- Haltungsstatus/Schonhaltung: häufig Entlastung des Rückens und Kompressionsminderung durch
Flexionshaltung und durch Lateralflexion der Wirbelsäule
- Form und Verlauf der Wirbelsäule
- paravertebraler Hartspann
- Klopf- oder Druckschmerz der Wirbelsäule
- neurologische Untersuchung:
Prüfung der Sensibilität
Kraft der Kennmuskeln
Muskeleigenreflexe
- Test auf Nervenwurzelreizung
Lasègue Zeichen: Beim auf dem Rücken flach liegende Patienten wird das Bein beim gestreckten Knie im
Hüftgelenk gebeugt. Der Beugeschmerz tritt bei 45° auf.
Kernig-Zeichen: Beim auf dem Rücken flach liegende Patienten wird das Bein beim gestreckten Knie im
Hüftgelenk gebeugt. Der Patient beugt das Knie.
Bragard Zeichen: Beim auf dem Rücken flach liegende Patienten wird das Bein beim gestreckten Knie im
Hüftgelenk gebeugt und dann wird der Fuß passiv dorsalflektiert. Der Schmerz tritt im untersuchten Bein oder
Gesäß auf.
Neri Zeichen: Beim stehende oder liegende Patienten wird der Kopf aktive oder passive gebeugt. Es besteht
bei Flexion lumbale radikuläre Schmerzen.
• Labor:
- BB, BSG, CRP, PCT: entzündliche intra- und extravertebragene Ursachen des Kreuzschmerzes
- HLA-B27: Morbus Bechterew / Spondylitis ankylosans
• Bildgebende Verfahren:
- Röntgen des HWL oder LWS: um die Fraktur auszuschließen, Fehlhaltungen oder Fehlbildungen, Degenerative
oder entzündliche Veränderungen
- MRT: zur Beurteilung der Größe, Ausdehnung und Form eines Bandscheibenvorfalles, der Spinalkanalstenose
sowie der betroffenen Nerven.
- Ggf. Skelettszintigraphie: um die Metastasen auszuschließen.

Therapeutische Maßnahmen
• Wenn symptomlos, bedürfen keiner speziellen Behandlung
• Bettruhe
• Massagen, Krankengymnastik, Bewegungstherapie
• Patientenedukation: mit den Beinen heben, nicht mit dem Rücken
• orthopädisches Konsil
• Medikamente:
- Antiphlogistika: NSAR: Ibuprofen, Diclofenac, Naproxen
- Opioide: Tramadol, Oxycodon
- Myotonolytika/Muskelrelaxantien: Tetrazepam
- Glukokortikoide: Einspritzung des Cortisols
• Epidurale und paravertebrale Injektionen: Lokalanästhetikum zur Analgesie der Nervenwurzel
• Operativ:
- Kriterien: therapierefraktäre Schmerzen, deutliche Progrediente neurologische Ausfälle, Kauda-Syndrom /
Reithosenanästhesie, Schmerzverstärkung in der Nacht, Parese, Miktionsstörungen (Harnverhalt,
Überlaufblase, ggf. Inkontinenz), nach einem Unfall (Verdacht auf Wirbelfraktur), Bekannte Osteoporose,
Tumoranamnese
- Diskektomie: Entfernung des Sequestermaterials
- Bandscheibenprothese
- Ggf. Arthrodese

Differentialdiagnostik
• Muskelverspannung
• Wirbelkörperfraktur
• Spondylarthrose
• Spinalkanalstenose
• spinaler Abszess
• Osteochondrose
• Morbus Baastrup
• Morbus Bechterew
• Myofasziales Schmerzsyndrom
• Metastasen in der LWS
• diabetische Neuropathie

20. HWS-Syndrom / Halswirbelsäulensyndrom / Zervikalsyndrom


Definition
 unterschiedliche orthopädische und/oder neurologische Symptomenkomplexe, die von der Nacken-Schulter-
Armregion ausgehen und zur Reizung der zervikalen Spinalnerven führen.

Ursachen
 Degenerative Veränderungen der HWS: Spondylose, Osteophyten
 Schleudertrauma: HWS-Distorsion
 Funktionelle Verspannung der Nackenmuskulatur
 Zervikaler Bandscheibenvorfall: selten
 Tumoren
 Wirbelsäulenoperationen
 Facettensyndrom
 Segmentale Dysfunktionen/Blockierung
 Osteochondrose

Klassifikationen
 nach Verlauf
- akut
- chronisch
 nach Schmerzausstrahlung
- lokal
- radikulär
 nach Lokalisation
- ober im Bereich der Halswirbelkörper 1-2: Zervikozephalgie, Ausstrahlung in den Kopf
- mittler im Bereich der Halswirbelkörper 3-5: Zervikobrachialgie, Ausstrahlung in den Arm
- unter im Bereich der Halswirbelkörper 6-7
 nach Ursache
- funktionell: Fehlhaltung
- degenerativ: Verschleiß
- posttraumatisch: Unfall

Klinik
 Hals-/Nackenschmerzen, häufig mit Ausstrahlung in den Arm
 Myogelosen/Steifigkeit: Verhärtungen in den Muskeln
 Schwindel
 Kopfschmerzen
 Parästhesien, Hypästhesien (Kribbeln, Taubheitsgefühl)
 Paresen: in schweren Fällen
 Sehstörungen
 Ohrgeräusche

Therapeutische Maßnahmen
 Prophylaxe
- regelmäßige Bewegung
- Vermeiden einer falschen Körperhaltung beim Erlernen von rückengerechtem Verhalten
 konservative Therapie
- Physiotherapie/Krankengymnastik: Kräftigung abgeschwächter Muskulatur
Schmerzlinderung, Muskelentspannung, Muskelaufbau
- Thermotherapie/Wärmetherapie: Rotlicht und erwärmte Kissen oder Kompressen
 medikamentöse Therapie
- Analgetika: Paracetamol, Tramadol
- NSAR: Ibuprofen, Diclofenac, Naproxen
- Muskelrelaxanzien: Methocarbamol, Tolperison
 Lokalanästhesie: in die paravertebrale Halsmuskulatur (Infiltration) oder in die Nähe der Nervenaustrittstellen
(temporäre Nervenblockade)

21. Kauda Syndrom / Konus Syndrom


Definition
 ein Querschnittssyndrom auf Höhe der Cauda equina (eine Ansammlung verlaufender Spinalnervenwurzeln am
Ende des Rückenmarks), die zur Schädigung von Fasern der Rückenmarkssegmente von L4 bis S3 führt.

Ursachen
 intraspinale Tumoren (insbesondere Ependymome und Lipome): häufigste
 posteromedialer Bandscheibenvorfall
 Traumata

Klinik
 Charakteristisch:
- bilaterale, schlaffe, atrophische Paresen der unteren Extremität
- radikuläre Sensibilitätsstörungen in den Beinen
- Areflexie
- Störung der Defäkation, Miktion und Sexualfunktion
 Hohes Kauda-Syndrom: alle Wurzeln von L4 bis S3 betroffen sind
- schlaffe Lähmungen der Beinmuskeln (Ober- und Unterschenkelmuskulatur, Fußmuskeln)
- komplett plegische Kniebeugung und alle Fuß- und Zehenfunktionen (Hüftfunktion und Kniestreckung Nl)
- Radikuläre sensible Ausfälle an den Beinen ab Segment L4 und im Reithosenareal
 Tiefes Kauda-Syndrom je nach Läsionshöhe
- Sensibilitätsstörungen im Reithosenareal, Blasen- und Mastdarmlähmung Nl

Diagnostik
 Anamnese und Neurologische Untersuchung
 Bildgebende Verfahren
- MRT und CT

Therapeutische Maßnahmen
 ein neurologischer Notfall dar, bei dem so schnell wie möglich eine operative Dekompression erfolgen muss.

Differenzialdiagnosen
 Konus-Syndrom: ein Querschnittsyndrom mit isolierter Läsion des Conus medullaris, die zur Schädigung der
Rückenmarkssegmente S3-S5 und deswegen Reithosenanästhesie in Kombination mit Störungen der Miktion,
Defäkation und Sexualfunktion führt.

22. Schulterluxation
Definition
• eine Luxation/Verrenkung im Bereich des Schultergelenks
• die häufigste Luxation des Körpers
• ca. 95 % aller Fälle Luxatio anterior: vordere Schultergelenkluxation Folge einer indirekten Krafteinwirkung beim
Sturz auf den dorsal ausgestreckten Arm
• vor allem durch eine forcierte Abduktion und Außenrotation (z. B. bei Handballern)

Ursachen
• überdimensionierter Humeruskopf im Vergleich zur Gelenkpfanne und deswegen ausgeprägte Beweglichkeit im
Humeruskopf
• Rotatorenmanschette stabilisiert es: Musculus infra- und supraspinatus, Musculus subscapularis, Musculus teres
minor, und Ligamentum coracohumerale

Klinik
• Schmerzen
• schmerzhafte Bewegungseinschränkung
• Haltung des Arms in leichter Abduktion
• Epauletten-Phänomen: deformierte/entrundete Schulterkontur und als Delle tastbare leere Gelenkpfanne

Komplikationen
 rezidivierende Schulterluxationen nach traumatischer Erstluxation: wegen einer Läsion der Gelenkkapsel vom
vorderen Pfannenrand
 eine Fraktur des Humeruskopfes
 Verletzungen von Gefäßen oder Nerven (z. B. N. axillaris)

Diagnostik
• Anamnese
- Sturz auf den dorsal ausgestreckte Arm durch eine forcierte Abduktion und Außenrotation
• Körperliche Untersuchung
- DMS überprüfen
- Epauletten-Phänomen: sichtbare Eindellung in der Schulterkontur
- Ertastbarer Schulterkopf außerhalb der Gelenkpfanne
- Hill-Sachs-Delle: Impression am Humeruskopf durch den Druck der Schultergelenkspfanne
- Bankart-Läsion = Abreißen des Labrum glenoidale im unteren Bereich des vorderen Pfannenrandes
• Bildgebende Verfahren:
- Röntgenaufnahme der Schulter in 2 Ebenen und Y-Aufnahme / Schulter seitlich: Der Oberarmkopf befindet
sich nicht in der Schultergelenkspfanne, zum Ausschluss einer knöchernen Begleitfraktur
- Ggf. MRI

Therapeutische Maßnahmen
• Reposition unter leichter Analgesie, Sedierung, und Relaxation
- nach Arlt-Methode: Der Patient sitzt auf einem Stuhl und lässt den betroffenen Arm über die Stuhllehne
hängen. Durch Zug am Arm erfolgt die Reposition.
- nach Hippokrates-Methode: Der Patient liegt auf einer Liege. Der Arzt stemmt seinen Fuß in die Axilla des
Patienten und zieht am Arm.
- nach FARES-Methode: Hierbei wird unter leichten, vertikal oszillierende Bewegungen (rhythmisches
Händeschütteln) der Arm allmähliche unter Zug abduziert und ab 90° leicht nach außen rotiert.
• erneute DMS überprüfen und nochmals Röntgenaufnahmen in zwei Ebenen
• Ruhigstellung der Arm im Gilchrist-Verband eher in Außenrotation
• Operativ: arthroskopisch assistierte Refixation
- Kriterien: bei dislozierten Frakturen, Verletzungen von Gefäßen und Nerven, rezidivierenden Luxationen bei
jungen Menschen, Bankart-Läsion, Hill-Sachs-Läsion

Differentialdiagnosen
 Schulterdistorsion
 Verletzungen der Sehnen
 Ruptur der Rotatorenmanschette

23. Koronare Herzkrankheit (KHK)


Definition
 Mangeldurchblutung des Herzens, das sich als Angina Pectoris AP oder Myokardinfarkt MI äußert.
 eine arteriosklerotisch bedingte Erkrankungen der Herzkranzgefäße/Koronararterien, die zu einem Missverhältnis
von Sauerstoffangebot und -bedarf im Herzmuskel kommt.
o Asymptomatisch/latent: stumme Ischämie
o Symptomatisch/manifest
- stabile Angina pectoris: reversible Ischämie
- Akutes Koronarsyndrom: instabile Angina pectoris, NSTEMI, STEMI
- Myokardinfarkt
- Herzrhythmusstörungen
- Plötzlicher Herztod

Ursachen
 Arteriosklerose
 Koronarspasmus
 genetische Disposition
 erhöhte Entzündungsparameter

Risikofaktoren
 arterielle Hypertonie
 Diabetes mellitus
 Hypercholesterinämie/Hyperlipidämie
 Nikotinabusus
 Adipositas
 obstruktive Schlafapnoe
 männliches Geschlecht
 höheres Lebensalter (m ≥ 45 Jahre; w ≥ 50 Jahre)
 körperliche Inaktivität / Bewegungsmangel
 KHK oder Herzinfarkte bei Familienangehörigen ersten Grades

Klinik
 Angina Pectoris / Brustschmerzen: Leitsymptom
o stabil
- drückende retrosternale Schmerzen durch körperliche oder psychische Belastung
- retrosternales Druck- oder Engegefühl / Stenokardie
- Brennen im Brustkorb
- Ausstrahlung zum Hals, Unterkiefer/Zähne, in die Schultergegend, in den linken oder rechten Arm bis in die
ulnaren Fingerspitzen, ins Epigastrium
- Auslösen der Schmerzen durch Kälte und Nahrungsaufnahme
- abklingend nach 5-15 Minuten Ruhe
- gutes Ansprechen auf Nitrate (nach 1-2 Minuten)
o Instabil: akutes Koronarsyndrom
- erstmaliges Auftreten
- in Ruhe
- Zunehmende Häufigkeit der Anfälle
- > 20 Minuten dauert
- schlechtes Ansprechen auf Nitrate
- zunehmender Bedarf an antianginösen Medikamenten
 Begleitsymptome
- Übelkeit, Erbrechen
- Schwindel
- Atemnot
- Kälteschweiß
- Unruhegefühl

Diagnostik
 Anamnese
- Angina-pectoris-Anfällen
- NYHA-Klassifikation
 EKG: Grundrhythmus, Reizleitungsstörungen, Ischämie- oder Hypertrophiezeichen
o stabil: unauffällig
- ggf. Belastungs-EKG: zur Ischämie-Diagnostik: progrediente Angina pectoris, Körperliche Erschöpfung und
starker Dyspnoe, Herzrhythmusstörung, Blutdruckanstieg
- STEMI: ST- Hebung, T- Wechsel
 Labor:
- Herzenzyme: Gesamt-CK, CK-MB, Troponin T und I, Myoglobin, LDH, um Herzinfarkt auszuschließen
 Bildgebende Verfahren
- Echokardiografie, Stressechokardiografie: Ejektionsfraktion, Herzwandbewegungsstörung,
Schlussunfähigkeiten der Klappen
- Koronarangiografie/Herzkatheter: Goldstandard
- Stress-MRT: Nachweis von Perfusionsstörungen und Wandbewegungsstörungen des Myokards in Ruhe und
unter Stress (Adenosin, Dobutamin)
- Positronen-Emissionstomografie (PET): Beurteilung myokardialer Perfusion und Vitalität

Therapeutische Maßnahmen
 Kausaltherapie: Minimierung der Risikofaktoren
- körperlich aktiv sein
- Ein gesundes Gewicht halten
- Gesunder Appetit
- Gesunden Cholesterinspiegel halten
- Blutdruck niedrig halten
- Normalen Blutzucker halten
- Rauchen aufhören
 Akuttherapie:
- Beruhigung
- Sauerstoffgabe (2-3L/M)
- schnellwirksame Nitrate als Spray/Kapsel zur Verbesserung der myokardialen Durchblutung
- Morphin: 5-10 mg IV zur schmerzen Bekämpfung
- ASS: 300 mg zur Hemmung des Thrombozytenaggregation
- Heparin: 5000 I.E zur Antikoagulation/Gerinnungshemmung
- schnellste mögliche Reperfusion:
systemische Thrombolyse: Fibrinolytika mit Streptokinase (SK)
Katheterintervention: perkutane transluminale Koronar-Angioplastie (PTCA) und Stenteinlage
 stabile Angina pectoris:
- Thrombozytenaggregationshemmer: Clopidogrel/Plavix, ASS 100 mg/Tag
- Statin: Simvastatin
- Antianginöse/Vasodilatatoren: Nitropräparate (Glyceroltrinitrat oder Isosorbiddinitrat)
- β-Blocker: Metoprolol zur Senkung des myokardinalen Sauerstoffbedarf
- ACE-Hemmer: Ramipril
- Calciumkanalblocker: Amlodipin

Differentialdiagnostik
 Herzinfarkt
 Lungenembolie
 Pleuritis, Perikarditis: atemabhängige Brustschmerzen
 Aortendissektion
 Spannungspneumothorax, Spontan Pneumothorax
 Ulkuskrankheit und Gastritis

24. Urtikaria / Nesselsucht


Definition
 eine Hauterkrankungen mit charakteristischer Hautreaktion in Form von Quaddeln (juckende Anschwellung der
Haut) oder Angioödemen
- akut < 6 Wochen
- chronisch > 6 Wochen
 Die Lebenszeitprävalenz beträgt ca. 25%.

Ursachen
 Aktivierung und Degranulierung von Mastzellen und deswegen Freisetzung der vasoaktiven Mediatoren, wie z. B.
Histamin und Kallikrein
- IgE-abhängige Reaktionen bei allergischer Immunreaktion vom Typ I
- IgG- Autoantikörper bei der chronischen Urtikaria
- Komplementspaltprodukte im Rahmen eines Immunkomplexgeschehens
- physikalische-chemische Reize

Klassifikationen
 nach Ätiologie
- allergisch: Nahrungsmittel, Medikamente, Aeroallergene, Kontaktallergene
- pseudoallergisch: Acetylsalicylsäure (ASS) und andere NSAR, Röntgenkontrastmittel, Lokalanästhetika
- toxisch: Insektengifte, Pflanzen, oberflächenaktive Stoffe und Detergenzien
- physikalisch: Vibration, Druck, Kälte, Wärme, Anstrengung, Licht, Röntgenstrahlen
- infektiös: Helicobacter pylori, Streptokokken, Viren
- autoimmun: Hashimoto-Thyreoiditis, Morbus Basedow / Graves
- paraneoplastisch: lymphoproliferative Erkrankungen, akute myeloische Leukämie
- psychisch: Stress, Depression
- idiopathisch
 nach Typ
- spontane Urtikaria: häufig infektiös, autoimmun, oder (pseudo-) allergisch bedingt
- physikalische Urtikaria:
Urticaria factitia: mechanische Scherkräfte
Wärme-/Kälteurtikaria: z. B. Luft, Wasser, Wind
verzögerte Druckurtikaria: vertikaler Druck
Lichturtikaria: UV- und/oder sichtbares Licht
vibratorische Urtikaria
- Sonderformen:
aquagene Urtikaria: Wasserkontakt
cholinergische Urtikaria: Erhöhung der Körperkerntemperatur z. B. durch Anstrengung oder scharfe Speisen
Kontakturtikaria
anstrengungsinduzierte Urtikaria: körperliche Anstrengung

Klinik
 Quaddel/Urtika
- sich innerhalb von Sekunden bis Minuten entwickelt und nach etwa 3-8 Stunden verschwindet (kurzer als 24
Stunden)
- mit einer tageszeitlichen Dynamik: Maximum am Abend
- ein oberflächliches, tastbar erhabenes, scharf begrenztes Erythem der Haut, das durch Druck abblasst.
- inter- und intraindividuell variabel in Farbe, Größe und Form
Farbe: Urtica rubra, hellrot aufgrund der Vasodilatation
Größe: wenige Millimeter bis zu vielen Zentimetern
Form: Urtica geographica, Urtica anularis, Urtica bullosa
- ein intensiver Juckreiz mit Kratzeffekte, insbesondere bei der Entstehungsphase
 Angioödem / Urticaria profunda
- bis zu 72 Stunden dauern kann
- Ödeme in der tiefen Dermis oder in der Subkutis
- häufiger im Bereich der Lider, Lippen und Genitale, aber auch Zunge, Glottis oder Larynx
- hautfarbene Schwellung
- Schmerzen
 Begleitsymptome
- Müdigkeit, Abgeschlagenheit, oder Fieber
 anaphylaktische bzw. anaphylaktoide Reaktion
- Palmoplantare Parästhesien
- Übelkeit, Brechreiz
- Schwindel
- Heiserkeit: lebensbedrohliches Glottis- oder Larynxödem

Diagnostik
 Anamnese: wertvollstes diagnostisches Instrument bei chronisch-rezidivierenden Verlaufsformen
- Begleitumstände: vorliegende Erkrankungen (z. B. Infektionen, Autoimmunerkrankungen) und bekannte
Allergien
 Körperliche Untersuchung
 Labor:
- Allergietests (Epikutantest, Prick-Test, Intrakutantest, FEIA)
- physikalische Provokationstest
- Provokationstestung z. B. mit ASS bzw. Nahrungsmittelzusatzstoffen (Konservierungsmittel, Farbstoffe)
- Stuhlprobe: zur Detektion von Parasiten
- Ggf. Probebiopsie: zum Ausschluss einer Urtikariavaskulitis
 Suche nach einer Infektionsquelle (allergische Reaktion auf beispielsweise einer Tonsillitis)

Therapeutische Maßnahmen
 akut:
- sorgfältige Überwachung beim Angioödem oder Anaphylaxie
- H1-Rezeptorantagonisten: Cetirizin, Loratadin für zwei Wochen
Falls therapierefraktär: eine bis zu vierfache Dosissteigerung
- orale Glukokortikoiden für 3 bis 4 Tage (kurzfristig)
 kausale Therapie z. B. durch Expositionsprophylaxe gegenüber Allergenen bei bekannter Ursache

Differenzialdiagnosen
 Urtikariavaskulitis: über 24 Stunden, hämorrhagisch, Hyperpigmentierung
 Frühstadium eines bullösen Pemphigoids
 Mastozytose

25. Angioödem / Quincke-Ödem / Urticaria profunda


Definition
 eine akut auftretende Schwellung/Ödem der Dermis, der Subkutis oder der Submukosa.

Ursachen
 Belastungssituationen
 bestimmte Nahrungsmittel
 Medikamente (z. B. ACE-Hemmer)
 physikalische Reize: Wärme, Kälte oder Druck

Klassifikationen
 nach Manifestationszeitpunkt
- Erworben: meist Allergie bedingt oder mit einer Urtikaria vergesellschaftet
Andere Formen: Ablagerung von Immunkomplexen, Autoantikörper, idiopathisch
- Hereditär: verminderten Synthese oder Dysfunktion des C1-Esterase-Inhibitors
 nach Pathomechanismus
- Histamin-vermittelt: Mastzellreaktion und Histaminfreisetzung z. B. bei Urtikaria oder Allergien. Dabei können
auch juckende Quaddeln auftreten.
- Bradykinin-vermittelt: gesteigerte Produktion oder verminderter Abbau, z. B. beim hereditären Angioödem
oder bei Einnahme von ACE-Hemmern.

Klinik
 Plötzlich aufgetretene prall-elastische Schwellungen/Ödem
- 1 bis 7 Tage andauernd
- vor allem im Gesichtsbereich (Lippe, Wangen, Stirn)
 Spannungsgefühl oder Schmerzen in den betroffenen Hautpartien
 Juckreiz, nur beim Histamin-vermitteltes Angioödem
 Bauchschmerzen, Diarrhö, wenn der Gastrointestinaltrakt betroffen ist.
 Einschränkung der Atmung / Dyspnoe, beim Larynxödem

Diagnostik
 Anamnese
- Zeitpunkt des Auftretens, Dauer, Veränderung und Lokalisation
- Einnahme bestimmter Medikamente oder Lebensmittel
- Ausübung bestimmter Tätigkeiten
 Körperliche Untersuchung
 Labor:
- Transaminasen
- Kreatinin
- TSH
- Allergietest
- verminderter Komplementfaktor C4: bei C1-Esterase-Inhibitormangel
- Mikrobiologische Diagnostik (Stuhl-, Urinprobe, Blutbild)

Therapeutische Maßnahmen
 Vermeiden der Auslöser
 Absetzung der auslösenden Medikament (ACE-Hemmer)
 Notfallsituationen: Glottisödem oder Laryngospasmus
- Adrenalin
- Pharynx- oder Larynxödemen: Intubation und Koniotomie
 Histamin-vermittelten Angioödemen: Kombination von
- H1-Rezeptorantagonisten/Antihistaminika (z. B. Clemastin)
- Glukokortikoid (z. B. Methylprednisolon, Prednisolon)
 Hereditäre und Bradykinin-vermittelte Angioödeme:
- C1-Esterase-Inhibitor-Konzentrat
- Bradykininrezeptorantagonisten (Icatibant)

Differenzialdiagnosen
 akute Kontaktdermatitis
 Erysipel
 Zoster
 Lymphabflussstörungen
 obere Einflussstauung

26. Erysipel / Wundrose / Rotlauf


Definition
• eine Infektion der oberen Hautschichten
• Phlegmonen: Übergriff auf die Subkutis, Faszien und Muskeln

Ursachen
• meist durch Streptococcus pyogenes (β-hämolysierenden Streptokokken): über kleine Hautdefekte
(Hautverletzungen) in tiefere Hautschichten eindringt und durch lysierende bakteriell produzierte Enzyme die
umliegende Gewebe zerstört.
• gramnegativen Erregern (E.Coli), Staphylococcus aureus, und auch Pseudomonas aeruginosa bei bestehenden
Komorbiditäten/Grundkrankheit (z. B. Diabetes mellitus, Verbrennung oder Leberzirrhose) und Neutropenie
• Risikofaktoren:
- chronische Wunden: Rhagaden, Fußpilzläsionen, Ulzera oder Einstichstellen
- Immunsuppression
- chronische Lymphödeme
- chronisch venöse Insuffizienzen (CVI)
- ausgeprägte Adipositas
- periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK)

Klinik
• Hautrötung
- Rasch/schnell ausbreitend
- hochrot
- oberflächlich
- umschrieben, mit scharfem, manchmal zackigem Rand, scharf begrenzt
- schmerzhaft (brennend), hochgradige Berührungsempfindlichkeit
• Erwärmung
• Schwellung
• großflächiger Befall:
- Fieber mit Schüttelfrost
- Schwäche und Beeinträchtigung
- Leukozytose, CRP-Erhöhung, und beschleunigte ESR
- Blasen, die einbluten können (bullöses Erysipel/hämorrhagisches Erysipel)

Komplikationen
• Übergriff der Infektion und Gewebszerstörung auf die Faszie und Muskeln:
- nekrotisierende Fasziitis
- Myositis
- massive Gewebszerfall
• Glomerulonephritis
• Toxic-Shock-Like Syndrome (TSLS): Einschwemmung von bakteriellen Toxinen in den Blutkreislauf
• Multiorganversagen

Diagnose
• Blickdiagnose ohne Erregernachweis
• Labor:
- BB, CRP, ESR, Procalcitonin
- D-Dimer: um TVT auszuschließen
 Bildgebendes Verfahren
- Dopplersonografie: um Gefäße zu beurteilen und TVT auszuschließen

Therapeutische Maßnahmen
 hochdosierte Gabe von Penicillin V oder Cephalosporinen, oral oder intravenös, für 5 Tage
- Bei Penicillinallergie: Makrolid oder Clindamycin
 Strikte Bettruhe/Ruhigstellung mit Thromboseprophylaxe
 lokale Kühlung
• Komplizierte Verläufe bei mehreren Komorbiditäten und zusätzlicher febriler Neutropenie:
- eine antibiotische Abdeckung mit einem Breitspektrumantibiotikum
- Entfernung des geschädigten Gewebes schnellstmöglich chirurgisch durch ein Debridement bei
nekrotisierenden Mischinfektionen

Differentialdiagnosen
• Beinvenenthrombose, TVT
• Phlegmone
• Thrombophlebitis
• allergische Kontaktdermatitis
• Lymphödem
• Angioödem
• Anfangsstadiums einer nekrotisierenden Fasziitis
• Erysipeloid/Schweinerotlauf
• Erythema chronicum migrans (Borreliose)

27. Tuberkulose / Schwindsucht / Morbus Koch


Definition
 Chronisch verlaufende Infektionskrankheit
 Erreger: Mycobacterium Tuberculosis
 granulomatöse Entzündung mit zentraler Nekrose (verkäsende Nekrose) und Lochkaverne

Ursachen
 Übertragung aerogen von Mensch zu Mensch
 nur 5-10 Prozent der Infizierten erkranken, insbesondere:
- Diabetiker
- Alkoholiker
- Patienten mit schweren Allgemeinerkrankungen und/oder schlechtem AZ

Klassifikationen
 nach Infektionsstadium
- Primär
- Latent
- Postprimär
 nach Nachweisbarkeit der Keime im Sputum
- Offen: nachweisbar
- Geschlossen: nicht nachweisbar
 nach Organbefall: Lungentuberkulose über 85 % aller Fälle

Klinik
 Fieber (subfebrile Temperaturen) und Schüttelfrost
 Nachtschweiß
 Gewichtsverlust
 Abgeschlagenheit
 Chronische Husten und Auswurf
 Hämoptysis bei schweren Verlaufen
 Appetitlosigkeit
 Brustschmerzen
 Atemnot
 Lokale Lymphknotenschwellungen

Diagnostik
 Anamnese
- obdachlos oder im Gefängnis
- naher Kontakt zu ähnlich-erkrankten Patienten
- Reise nach endemischen Regionen
 Körperliche Untersuchung
- Überprüfung der Vitalzeichen
- Auskultation: Rasselgeräusche, Entzündungsinfiltrationen oder Bronchienverengung
 Labor
- Differential-BB, CRP, BSG
- Mendel-Mantoux-Test / Tuberkulin-Hauttest / Tuberkulintest: negativ in den ersten 6-8 Wochen sowie bei
Abwehrschwäche, Ergebnis nach 3 Tagen
- Interferon-γ-Test
- Sputumabstrich: Ziehl-Neelsen-Färbung und Kultur in Löwenstein-Jensen-Medium, Ergebnis nach 4 Wochen
Ziehl-Neelsen-Färbung: zur Erkennung der säurefeste Bakterien
- Erregernachweis: hohe Aussagekraft bei positiven oder negativen Befunden
Antigennachweis mittels Kultur oder Antigennachweis im Sputum, Bronchialsekret, Magensaft oder in Harn,
Liquor oder Gelenk bei Organbefall
 Bildgebende Verfahren
- Röntgen Thorax in 2 Ebenen: zur Erkennung einer Infiltration mit Verschattungen im Oberfeld
- CT Thorax: bei unklare Befunde, um die Karzinom auszuschließen
- Bronchoskopie: Gewinnung von Biopsien oder Durchführung einer bronchoalveoläre Lavage

Therapeutische Maßnahmen
 Tuberkulostatika in 2 Phasen:
- Vierfach Therapie für 2 Monate: Isoniazid, Ethambutol, Pyrazinamid, und Rifampicin
- Zweifach Therapie für 4 Monate: Isoniazid und Ethambutol
 Verlauf Kontrolle:
- Isoniazid: Lebertoxizität
- Ethambutol: retrobulbäre Neuritis
 symptomatische Therapie:
- Antitussiva
- Entlastung eines möglichen Pleuraergusses
- Behandlung einer möglichen obstruktiven Ventilationsstörung

Differentialdiagnostik
 Pneumonie
 Bronchitis
 Bronchialkarzinom oder Metastasien
 Lungenfibrose
 Lungenembolie

28. Asthma bronchiale


Definition
 eine chronische entzündliche Erkrankung der Atemwege durch bronchiale Hyperreaktivität / Überempfindlichkeit
und variable Atemwegsobstruktion, die (teil-) reversibel / vorübergehend ist.
 anfallsweise Atemnot infolge einer akuten Verengung der Atemwege, die durch Behandlung rückbildungsfähig ist
 Asthma bronchiale beginnt in der Regel schon im Kindesalter.

Ursachen
 Multikausal: Exogene und genetische Faktoren
 bronchiale Hyperreagibilität
 endbronchiale Obstruktion oder Atemwegsverengung:
- Bronchospasmus: Verkrampfung der Bronchialmuskulatur
- Schleimhautödem: Bildung von Ödemen der Bronchialschleimhaut
- Dyskrinie: vermehrte Sekretion von glasigem, abnorm zähem Schleim

Auslöser
 Umweltallergene: Hausstaub, Pollen, Schimmelpilze, Tierhaare
 Arbeitsstoffe: Mehlstaub, Holzstaub, Platin Nickel, Chrom, Latex Desinfektionsmittel, Futtermittelstaub
 Nahrungsmittel: Kuhmilch, Eiern, Weizen, Getreide, Fisch, Soja, Kirche, Erdnüssen, Haselnüssen, Tomaten
 Klimaveränderungen und psychische Faktoren
 Noxen und Luftverschmutzung: Zigaretten, Feinstaub
 bronchiale Infekte / Entzündungen
 körperliche Anstrengung
 Toxine bzw. chemische Irritanzien
 Pseudoallergische Reaktionen (PAR) auf Analgetika
 Allergischer Hintergrund

Klassifikationen
 nach Ätiologie
- Allergisches oder extrinsisches Asthma
- Nichtallergisches oder intrinsisches Asthma
- Mischformen
 nach Schweregrad
- Intermittierend: Kurze Exazerbationen
- Geringgradig persistierend: Beeinträchtigung von körperlicher Aktivität und Schlaf bei Exazerbation
- Mittelgradig persistierend: Beeinträchtigung von körperlicher Aktivität und Schlaf bei Exazerbation, täglicher
Bedarf an inhalativen rasch wirksamen Beta-2- Sympathomimetika
- Schwergradig persistierend: Anhaltende Symptomatik hoher Intensität und Variabilität, häufige Exazerbation,
Einschränkung der körperlichen Aktivität
 nach therapeutischer Kontrollierbarkeit
- kontrolliertes Asthma
- partiell kontrolliertes Asthma
- unkontrolliertes Asthma

Klinik
 sporadisch, saisonal oder ganzjährig
 Leitsymptome:
- anfallsweise auftretende Atemnot mit exspiratorischem Stridor (Ausatemgeräusch wie Zischen oder Pfeifen)
- deutlich verlängerte Ausatmungsphase (Exspiration)
- Ausgeprägter Hustenreiz
- Tachykardie
- ggf. zähes, glasiges Sputum
- Kutschersitz: die Körperhaltung beim Asthmaanfall, sodass der Patient schwer atmend (dyspnoisch) auf einem
Stuhl sitzt und die Arme dabei aufstützt, um die Atemhilfsmuskulatur in Anspruch zu nehmen.
 Status asthmaticus: ein anhaltender schwerer lebensbedrohlicher Anfall über einen Zeitraum von 24 Stunden
- Atemnot beim Sprechen
- Zyanose z. B. bläulich verfärbte Lippen
- Rastlosigkeit und Unruhe
- Erschöpfung
- Verwirrtheit
- verminderte Ansprechbarkeit
- Bewusstseinsstörungen und Apnoe
- Atemfrequenz>25/min
- Puls > 110/min
- Abfall von Atemfrequenz und/oder Puls
- Hypoxie und Hyperkapnie: Kohlendioxidintoxikation
Komplikationen
 Status asthmaticus: Asthmaanfall, der länger als 6 Stunden andauert und auf die üblichen Medikamente nicht
anspricht
 respiratorische Insuffizienz
 Lungenemphysem
 pulmonale Hypertonie und Cor pulmonale

Diagnostik
 Anamnese
- vorherige Anfälle
- bekannte allergische Auslöser
 Körperliche Untersuchung
- Pulsoximetrie
- Inspektion: Zyanose, Einsatz Atemhilfsmuskulatur, Fassthorax
- Auskultation: trockene Rasselgeräusche (Giemen, Brummen, Pfeifen), verlängerte Exspiration, leises
Atemgeräusch
- Perkussion: hypersonorer Klopfschall, Überblähung, Lungengrenzen nach unten verschoben
 EKG
 Labor
- Differential-BB, CRP, BSG
- Immunglobuline
- Blutgasanalyse (BGA): pO2 und pCO2
- Allergietests: Prick-Hauttest, Bestimmung des spezifischen IgE
 Bildgebende Verfahren
- Röntgen Thorax: Lungenblähung, tiefstehendes Zwerchfell
 Lungenfunktionsdiagnostik (Lufu):
- Spirometrie: Vitalkapazität, Einsekundenkapazität (FEV1), Peak-Flow, Bodyplethysmographie

Therapeutische Maßnahmen
 akuter Anfall:
- Flüssigkeitszufuhr
- Bronchodilatatoren: β2-Sympathikomimetika, inhalativ oder subkutan
- Glukokortikoide, inhalativ oder i.v.
- Methylxanthine/Theophyllin
- Leukotrienantagonisten
- O2 über Nasensonde oder nicht invasive Ventilation/Beatmung NIV
 Kausale Therapie:
- Hyposensibilisierung bei allergischer Ursache
- Bronchodilatatoren als Aerosol: z. B. Salbutamol
 Behandlung nach dem Therapieschema
- Stufe 1: Schnellwirksames inhalatives β2-Sympathikomimetika als Bedarfsmedikation (Reliever), nur wenn es
benötigt wird.
- Stufe 2: zusätzliche und regelmäßige Anwendung eines Glucocorticoids (Controller) als Spray oder Pulver in
niedriger Dosierung.
- Stufe 3: Steigerung der Dosis des inhalativen Glucocorticoids oder zusätzliche Gabe eines langwirksamen β2-
Sympathikomimetika.
- Stufe 4: Erhöhung der Dosis des Cortisonsprays oder -pulvers bei Beibehaltung der Einnahme des
langwirkenden β2-Sympathikomimetika wie zuvor.
- Stufe 5: Zusätzliche Einnahme eines Glucocorticoids in Tablettenform, wobei die Dosierung so gering wie
möglich bleiben sollte.

Differentialdiagnostik
 COPD
 Akute Bronchitis
 Asthma cardiale
 Lungenembolie
 Gastroösophageale Refluxkrankheit
 Obstruktion durch Fremdkörper (vor allem bei Kindern)
 Bronchiektasie
 Hyperventilationssyndrom
 Alpha-1-Antitrypsin-Mangel
 Sarkoidose
 Mukoviszidose / zystische Fibrose
 Weitere Erkrankungen, die mit Dyspnoe einhergehen

29. Pneumonie / Lungenentzündung


Definition
 akute oder chronische verlaufende Entzündung des Lungengewebes, des Alveolarraumes und/oder des
Interstitiums.

Ursachen
 Infektion durch:
- Bakterien: Pneumokokken, Staphylokokkus aureus, Haemophilus influenzae, Mykoplasmen, Chlamydien,
Legionellen
- Parasiten, Pilze, Viren (v. a. bei immungeschwächten Patienten)
- nosokomial: MRSA
 Aspiration von Fremdkörpern oder von Magensaft
 Noxen (Gifte)
 Häufige Erreger:
- ambulant alveoläre Pneumonie: Streptococcus Pneumonie, Haemophilus Influenza, und Streptococcus
Pyogenes
- ambulant interstitielle Pneumonie: Mykoplasma Pneumonie, Influenzavirus, Parainfluenzavirus, und RSV
(Respiratory Syncytial Virus)
- nosokomial alveoläre Pneumonie: E-Coli, Staphylokokkus aureus
- nosokomial interstitielle Pneumonie sind: CMV und andere Viren

Klassifikationen
 Nach klinischem Verlauf
- typische Pneumonie: segmentale alveoläre Pneumonie
meist bakteriell
Akuter Beginn, vorher gesund und schweres Krankheitsgefühl
produktiver Husten
Fieber > 38,5°C und Schüttelfrost
Tachypnoe, Tachykardie
Pleuritis häufig
Rasselgeräusche, bei lobärem Befall, zusätzlich Klopfschalldämpfung
Leukozytose mit Linksverschiebung, CRP und ESR erhöht
lobuläre und/oder lobäre Infiltrate im Röntgen-Thorax bevorzugt basal
- atypische Pneumonie: interstitielle Pneumonie
Subakuter Beginn, grippaler Infekt als Vorerkrankung, und weniger starkes Krankheitsgefühl trockener Husten
Fieber < 38,5°C, langsam steigend
Pleuritis selten
Rasselgeräusche sehr diskret bzw. auskultatorisch unauffällig
Lymphozytose, CRP und ESR im Referenzbereich
interstitielle und/oder lobuläre Infiltrate, flächige milchglasartige Verschattung
 Nach pathologischen Gesichtspunkten
- alveoläre Pneumonie: in Lungenbläschen/Alveolen
- interstitielle Pneumonie: in Interstitium
 Nach Ätiologie
- Ambulant erworbene Pneumonie
- Nosokomial erworbene Pneumonie
 Nach Begleitumständen
- Primäre Pneumonie
- Sekundäre Pneumonie: in Patienten mit schwachem Immunsystem, darunter z. B. Diabetes Mellitus, HIV-
Infektion, Herzinsuffizienz, COPD, Krebs, und Alkoholismus

Klinik
 plötzlicher Beginn
 (hohes) Fieber und Schüttelfrost
 Husten: produktiv bei alveolärer Pneumonie und trocken bei interstitieller Pneumonie
 ggf. Atemnot und Tachypnoe
 atemabhängige Thorakalschmerzen
 gelber oder grüner Auswurf

Diagnostik
 Anamnese
- Fieber, Husten, Auswurf
 Körperliche Untersuchung
- Pulsoximetrie: Sauerstoffsättigung
- Inspektion: Kurzatmigkeit und Zyanose
- Auskultation: feuchte Rasselgeräusche, Krepitationsarten
- Palpation: verstärkte Bronchophonie und Stimmfremitus
- Perkussion: Kopfschalldämpfung, während die Patienten 44 sagen.
 Labor
- Differential-BB, Leukozytose, CRP, BSG
- Elektrolyte, Glukose, Nieren- und Leberfunktion: zur Kontrolle der Funktion wichtiger Organ
- Sputumabstrich für mikroskopische und kulturelle Sputumanalyse: zum Erregernachweis
- Blutkultur
- Blutgasanalyse (BGA) bei Verdacht auf respiratorische Insuffizienz
- Pleurapunktion bei besonderen Fällen
 Bildgebende Verfahren
- Röntgen Thorax in 2 Ebenen: scharf begrenzten Infiltrationen bei lobärer Pneumonie, begleitender
Pleuraerguss, Ausschluss eines Pneumothorax
- Ggf. CT Thorax
- Bronchoskopie: Gewinnung von Bronchialsekret oder Durchführung einer bronchoalveoläre Lavage

Therapeutische Maßnahmen
 Stationäre Aufnahme nach dem CURB-65-Index als Entscheidungshilfe, bei einem Score von 2
- C: Verwirrtheit/Konfusion: Desorientierung zu Ort, Zeit oder Person
- U: Ureaspiegel im Blut > 7 mmol/l
- R: Atemfrequenz/RR > 30/min
- B: Blutdruck diastolisch < 60 mmHg oder systolisch < 90 mmHg
- 65: Alter > 65 J. a.
 allgemeine Maßnahmen:
- körperliche Schonung
- Bettruhe und Atemübungen
- ausreichend Flüssigkeitszufuhr/-gabe
- Sauerstoff per Nasensonde bei Hypoxie
- Atemtherapie und Inhalation
 medikamentöse Therapie:
- Antipyretika bei Fieber über 38.5 C
- Antitussiva/Hustenstillend: Codein Tropfen
- Mukolytika/Schleimlöser
- Antibiotika: sofort
Penicillin
Falls Allergie: Makroliden wie Clarithromycin

Differentialdiagnostik
 Akute Bronchitis
 Akute Exazerbation einer COPD
 Lungentuberkulose
 Lungenembolie: Infarktpneumonie
 Bronchialkarzinom
 Spontan Pneumothorax
 Pleuraerguss
 Sarkoidose
 Allergische bronchopulmonale Aspergillose
 Lungenmykose
 Lungenödem

30a. Hyperthyreose / Schilddrüsenüberfunktion


Definition
 Überfunktion der Schilddrüse
 Überschuss an Schilddrüsenhormonen durch eine Überfunktion der Schilddrüse oder übergeordnete
Steuerzentren

Ursachen
 autonomes Schilddrüsengewebe:
- unifokalen oder multifokalen Adenomen (Knoten)
- disseminierter/multifokaler Autonomie
 Morbus Basedow / Graves: autoimmun bedingt durch Antikörper gegen den TSH-Rezeptor

Klassifikationen
 nach Ort der Störung
- primär oder thyreogen: meist, TSH erniedrigt, FT4 & FT3 erhöht
Morbus Basedow / Graves: Antikörper positiv
Autonomes Adenom
- sekundär oder hypophysär: sehr selten, TSH, FT4 & FT3 erhöht
 nach Symptomatik
- subklinisch (asymptomatisch)
- klinisch (mit Symptomen)
 nach Ätiologie
- Medikamenten-induzierte Hyperthyreose: Amiodaron
- Paraneoplastische Hyperthyreose

Klinik
 Sinustachykardien, Palpitationen, arterieller Hypertonus, oder Herzrhythmusstörungen (Vorhofflimmern)
 Wärmeintoleranz
 verstärktes Schwitzen / erhöhter Schweißneigung
 Haarausfall bis zu Alopezie
 Gewichtsabnahme mit großem Appetit
 Unruhe, Nervosität, Erregung, und Hyperaktivität
 Schlafstörungen
 erhöhte Stuhlfrequenz oder Diarrhoe
 feinschlägiger Tremor, Muskelschwäche, oder beschleunigte Muskeleigenreflexe
 Menstruations-/Zyklusstörungen
 Struma und Exophthalmus bei Morbus Basedow

Diagnostik
 Anamnese
 körperliche Untersuchung
- Messung der Vitalzeichen
- Palpation der Schilddrüse
 EKG
 Labor:
- BB, CRP, BSG
- Erniedrigtes TSH, erhöhte fT3 und fT4
- Nachweis von Schilddrüsen-Antikörper: Thyreotropin-Rezeptor-Autoantikörper (TRAK), Thyreoglobulin-
Autoantikörper (Tg-AK), und Thyreoperoxidase-Autoantikörper (TPO-AK)
 Bildgebende Verfahren:
- Sonografie und Dopplersonographie: um nach Vergrößerung der Schilddrüse, vermehrter Vaskularisierung,
oder Inhomogenitäten / Knoten zu suchen.
- Röntgen-Thorax: retrosternale Struma
- Szintigrafie: um die kalte Knoten (wohl Karzinom) auszuschließen.
 Feinnadelpunktion (FNP)

Therapie
 Thyreostatika: Hemmen die Synthese der Schilddrüsenhormone oder die Jodaufnahme
- Thiamazol/Methimazol
- Propylthiouracil (PTU)
- Perchlorate
- ß-Blocker
 Subtotale Thyreoidektomie: bei Rezidiv oder Komplikationen wie Kommpressionstörung
 Radiojodtherapie: Alternativ zur Operation

Differentialdiagnostik
 Psychose
 Status febrilis
 Kokain- und Amphetaminmissbrauch
 Herzrhythmusstörungen / Arrhythmie
 subakute Thyreoiditis
 Gabe von Amiodaron
 Schilddrüsenkarzinom
 Ösophaguskarzinom oder Ösophagitis
 Tonsillitis
 Morbus Parkinson
 Herzinsuffizienz
30b. Hypothyreose / Schilddrüsenunterfunktion
Definition
 Unterfunktion der Schilddrüse
 Mangel an Schilddrüsenhormonen

Ursachen
 Meist autoimmune Zerstörung des Schilddrüsengewebes durch Hashimoto-Thyreoiditis
 Tumore, Abszesse, nach Operationen oder Radiojodtherapien (selten)

Klassifikationen
 nach Ort der Störung
- primär oder thyreogen: TSH erhöht, FT4 erniedrigt
Autoimmun-Hashimoto-Thyreoiditis: Antikörper positiv
Angeborene und Erworbene
- sekundär: bei fehlendem TSH, TSH, FT4, FT3 erniedrigt
 nach Symptomatik
- subklinisch (asymptomatisch)
- klinisch (mit Symptomen)
 nach Zeitpunkt des Auftretens
 angeboren/kongenital
 erworben: nach Radiotherapie, Schilddrüsen-Operationen, Thyreostatika, oder Lithium

Klinik
 Bradykardie
 Kälteintoleranz
 Myxödem, teigige Haut, trockene raue Haut, struppige Haare, Haarausfall
 Gewichtszunahme mit Appetitlosigkeit
 Antriebsarmut
 Obstipation
 Müdigkeit
 Muskelschmerzen und -schwäche oder verlangsamte Muskeleigenreflexe
 raue Stimme
 Fettstoffwechselstörungen, v. a. Hypertriglyceridämie

Diagnostik
 Anamnese
 Labor:
- TSH ↑, fT3 und fT4 (↓ oder normal)
- Nachweis von Antikörpern bei Hashimoto Thyreoiditis: Thyreoperoxidase-Autoantikörper (TPO-AK) und
Thyreoglobulin-Autoantikörper (Tg-AK)
 Bildgebende Verfahren:
- Szintigrafie

Therapie
 meist lebenslange Substitution von L-Thyroxin
- Levothyroxin 25-200 mg/Tag
Differentialdiagnostik
 Low T3-, T4- Syndrom (bei schwerkranken Patienten)

31. Appendizitis / Blinddarmentzündung / Wurmfortsatzentzündung


Definition
 Entzündung des Appendix vermiformis / Wurmfortsatzes
 Häufigste Ursache des akuten Abdomens

Ursachen
• Keime der bereits vorhandenen Darmflora, z. B. bei Verlegung des Darmlumens (Kotsteine, unverdauliche
Nahrungsmittelbestandteile, Verwachsungen)
• Erreger, die auf dem Blutweg einwandern

Klinik
 Übelkeit, Erbrechen
 Zuerst diffusen Oberbauchbeschwerden oder epigastrische Schmerzen, dann periumbilikale Schmerzen, die in den
rechten Unterbauch ausstrahlen
 Appetitlosigkeit
 leichtes Fieber
 später akuter Abdomen:
- Druckschmerzen
- Loslassschmerzen beim Wegziehen der Hand
- Abwehrspannung / eine unwillkürliche Anspannung der Bauchmuskulatur

Diagnostik
 Anamnese: Schmerzcharakteristik
 Körperliche Untersuchung:
- Messung der Vitalzeichen: Differenz der Körpertemperatur zwischen axillärer und rektaler Messung ≥ 1°C
- Auskultation: wenige Darmgeräusche wegen Ileus
- McBurney-Zeichen: Loslassschmerzen im Bereich zwischen dem äußeren und mittleren Drittel der
Verbindungslinie zwischen dem Bauchnabel und rechten Darmbeinstachel (Spina iliaca anterior superior)
- Lanz-Punkt: Druckschmerz im rechten Drittel der Lenzmann-Linie zwischen beiden Spinae iliacae anteriores
superiores
- Rovsing-Zeichen: die auslösbaren Schmerzen im Bereich des Zäkums, die durch das retrograde Ausstreichen
des Colon ascendens zum Zäkum hin entstehen.
- Blumberg: eine Loslassschmerzen im Bereich des rechten Unterbauchs, wenn kontralateral auf dem linken
Unterbauch mit der Hand eingedrückt und anschließend schnell wieder losgelassen wird.
 Labor:
- BB, Leukozytose, CRP, BSG
- Urinanalyse: Um die Nierenentzündung auszuschließen
 Bildgebende Verfahren:
- Abdomensonografie: verdickte Appendix
- ggf. CT Abdomen

Therapeutische Maßnahmen
 Stationäre Aufnahme
 Nahrungskarenz
 Flüssigkeitszufuhr
 Analgetikum, nur wenn die Diagnose gesichert ist
 laparoskopische Appendektomie
- Bei Perforation oder Peritonitis: offene Operation

Differentialdiagnostik
 Perforation von Magen/Duodenum, Darm oder Gallenblase
 Gallenkolik oder Cholezystitis
 Divertikulitis
 Gastroenteritis
 Harnleiter-/ Nierenkolik, Nephro-/Urolithiasis, oder Harnwegeinfektion
 Extrauteringravidität oder Ovarialtorsion
 Adnexitis/Salpingitis
 Eingeklemmte Bauchwandhernie

32. Divertikulitis
Definition
 Entzündung eines oder mehrerer Divertikel (Ausstülpung der Schleimhaut des Darm) und ihrer Umgebung
 Divertikulose: Ausstülpung der Darmwand nach außen wegen eines erhöhten intraabdominellen Drucks
meist des Colon sigmoideum (95%)

Ursachen
 Druckerhöhung aufgrund von chronischer Obstipation und/oder altersbedingte herabgesetzte Dehnbarkeit des
Darms

Risikofaktoren
 ballaststoffarme Ernährung
 schwaches Bindegewebe
 Rauchen
 Bewegungsmangel
 Höheres Alter

Klinik
 ziehende, teils kolikartige, je nach Lokalisation Bauchschmerzen (meist linksseitig im Unterbauch), evtl. mit
Ausstrahlung in den Rücken
 subfebrile Temperaturen
 Leukozytose
 Appetitlosigkeit
 Übelkeit, Erbrechen
 Druckschmerz und Abwehrspannung
 verminderte Darmgeräusche
 Diarrhoe (manchmal mit Blut- oder Schleimbeimengungen) oder Obstipation

Komplikationen
• Perforation des Darms
• Abszessbildung
• Fisteln
• entzündliche Stenosen
• Blutung

Diagnostik
• Anamnese
• Körperliche Untersuchung: Druckschmerz im linken Unterbauch
 Labor:
- BSG und CRP erhöht
- Leukozytose und Linksverschiebung
- Blutkulturen abnehmen zur Erregerdiagnostik
 bildgebende Verfahren:
- Abdomensonografie: verdickte Darmwand, Abszess, freie Flüssigkeit bei Perforation
- Röntgen-Abdomen: freie Luft bei Perforation
- Abdomen-CT oder MRT: bei diagnostischer Unsicherheit
- Endoskopie: kontraindiziert in der akuten Phase, nur nach Abklingen der akuten Entzündung

Therapeutische Maßnahmen
• Unkompliziert: konservativ
- strenge ballaststoffarme Diät
- Sicherung der Flüssigkeitszufuhr
- Breitspektrumantibiotika: um die Anaerobier und gramnegative Keime abzudecken
• Kompliziert:
- Stationäre Behandlung
- eventuell Nahrungskarenz bei drohendem Ileus
- parenterale Flüssigkeitssubstitution
- parenterale Antibiotikatherapie
- Analgesie (Metamizol, Opioide), Spasmolytika
- operativ: selten Resektion des betroffenen Darmabschnitts

Differentialdiagnostik
• CED
• Reizdarmsyndrom (Colon irritable)
• Ischämische Kolitis
• Kolonkarzinom
• Adnexitis
• Appendizitis

33. Schluckbeschwerden / Dysphagie


Definition
 eine Störung des Schluckvorganges, die üblicherweise mit retrosternalen oder abdominellen Schmerzen und
Druckgefühlen einhergeht.

Symptomatik
 Charakteristisch
- Kloßgefühl/Globusgefühl: ein Steckenbleiben der Nahrung in Hals oder Brust
- zervikale oder retrosternale Schmerzen oder Druckgefühl während oder nach dem Schluckakt
 Begleitsymptome:
- Würgreflex/Gag-Reflex
- Hochwürgen/Regurgitation
- Husten
- Hypersalivation / anhaltender Speichelfluss / Drooling
- Heiserkeit/Dysphonie
- Näselnde Sprache
- unklarer Gewichtsverlust
- wiederkehrende Atemwegsinfekte, unklare Fieberschübe
- vermindertes Durstempfinden (Adipsie)

Diagnostik
 Anamnese:
- Charakter der Schmerzen oder Schluckstörung
 Körperliche Untersuchung
- Mundinspektion, Untersuchung der Schilddrüse
 Labor:
- BB, CRP, BSG, Elektrolyte
- TSH: um Hyperthyreose und Struma auszuschließen.
- Tumormarkers: CEA, CA19-9
 Bildgebende Verfahren:
- Röntgen-Kontrastmittel-Untersuchung (Ösophagus-Breischluck
- Endoskopie (ÖGD)
- CT, MRT: vergrößerte Lymphknoten
- Skelettszintigraphie und PET-CT: zum Ausschluss von Metastasen.

Therapeutische Maßnahmen
 nach der zugrunde liegenden Erkrankung
- von der Injektion von Botulinumtoxin oder der Bougierung bis hin zur Resektion pathologisch veränderter
Anteile

Differentialdiagnosen
 Anatomische Fehlbildungen: Ösophagusatresien
 Erkrankungen des Ösophagus
- Achalasie
- Ösophagitis
- Ösophagusspasmen: Motilitätsstörung des Ösophagus mit Hyperkontraktilität und diffuse
Kontraktionswellenausbreitung
- Ösphagusstenosen
- Ösophaguskarzinome
 Erkrankungen des Nervensystems: Morbus Hirschsprung, Schlaganfall, Morbus Parkinson, Amyotrophische
Lateralsklerose (ALS), Guillain-Barré-Syndrom
 Traumatische Ursachen: Verschlucken von Fremdkörpern, Fraktur des Kehlkopfes/Larynx
 Erkrankungen von Mund- und Rachenraum, sowie Hypopharynx und Larynx: Entzündungen und Karzinome,
Hyperthyreose

34. Lyme-Borreliose / Lyme-Krankheit / Lyme-Erkrankung


Definition
• das Bakterium Borrelia burgdorferi
• die häufigste durch Vektoren übertragene Erkrankung in Europa:
- Zecken (Ixodes ricinus), die in die Haut ihres Wirts stechen
- Stechmücken und Pferdebremsen als anderen Vektoren

Symptomatik
• Stadium I (Lokalinfektion)
- Beginnt 3–16 Tage (Median 8 Tage) nach dem Zeckenstich
- Erythema migrans an der Einstichstelle: scharf abgegrenztes schmerzloses Erythem, meist mit hellrotem Rand
und zentraler Aufhellung
meist an den Oberschenkeln, in den Leisten und in den Achselhöhlen
• Stadium II (hämatogene Streuung des Erregers)
- Innerhalb von Tagen bis Wochen nach Auftreten des Erythema migrans
- Sekundäre ringförmige Hautveränderungen
- unspezifische Allgemeinerscheinungen wie Kopfschmerzen, leichte Nackensteifigkeit, Fieber, Myalgien,
Unwohlsein und Müdigkeit
- Seltener generalisierten Lymphadenopathie, Splenomegalie, Hepatitis, Pharyngitis, unproduktivem Husten,
Konjunktivitis, Iritis und Hodenschwellung.
- Meningoradikuloneuritis: eine frühe Neuroborreliose bei etwa 15 % der unbehandelten Patienten:
Radikulitis: nachts, segmentale, brennende Schmerzen wechselnder Lokalisation, die nur gering auf Analgetika
ansprechen.
Neurologische Ausfälle: Paresen, seltener Sensibilitätsstörungen als bilaterale Fazialisparese, insbesondere
die Nerven der äußeren Augenmuskeln
- Lyme-Karditis: meist mit diffuser Symptomatik wie bei einer akuten Myoperikarditis
- frühe/flüchtige Lyme-Arthritis: Myalgien und Arthralgien ohne Schwellung,
• Stadium III (Spätstadium)
- Monate oder Jahre nach Erkrankungsbeginn
- eine (chronische) Lyme-Arthritis: bei ungefähr 60 % der unbehandelten Patienten: eine Mon- oder
Oligoarthritis der großen Gelenke, insbesondere des Kniegelenks
- Seltener späte Neuroborreliose in Form einer schleichenden Enzephalopathie oder eine Myelitis: Paresen,
Sensibilitätsstörungen, Sprach- und Sprechstörungen, Koordinationsstörungen, gelegentliche epileptische
Anfälle

Diagnostik
• Anamnese und körperliche Untersuchung
• EKG: bei Lyme-Karditis
• Elektromyografie: bei Polyneuropathie
• Labor:
- BB, BSG, CRP
- serologischer Nachweis von Antikörpern (IgM) ab der 3. Woche: ELISA
- Liquoruntersuchung: erhöhte Plasmazellen und Lymphozyten, Erhöhung des Gesamteiweiß, Nachweis von
IgM- oder IgG-Banden
- Gelenkpunktion: bei Lyme-Arthritis, erhöhte Granulozyten
• Bildgebende Verfahren:
- MRT: differenzialdiagnostisch bedeutsam, und bei Verdacht auf eine Vaskulitis oder Enzephalomyelitis

Therapeutische Maßnahmen
 frühzeitige Entfernung der Zecken: innerhalb von 24 Stunden
 Antibiotika für über 14 Tage
- Stadium I: Doxycyclin oder Amoxicillin
- Stadium II und III: hochdosiert Penicillin G oder Ceftriaxon

35. Polytrauma / Mehrfachverletzung


Definition
 gleichzeitige Verletzung von mindestens 2 Körperregionen oder -systemen, wobei mindestens eine Verletzung
oder die Kombination mehrerer lebensbedrohlich ist.
 Mechanismus:
- Hochgeschwindigkeitstrauma
- Tod eines Fahrzeuginsassen oder Unfallgegners
- Ejektion aus dem Fahrzeug
- Überrolltrauma
- Sturz aus großer Höhe (>3 Meter)
- Explosion

Ursachen
 Ischämie des Gewebes und deswegen massive Ausschüttung von Zytokinen die eine überschießende
Immunantwort auslösen und ein SIRS verursachen können.

Klassifikationen
 nach Schweiberer
- I: mäßige Verletzungen, pO2 normal
- II: schwere Verletzungen, leicht verminderter pO2, leichter hämorrhagischer Schock, Blutverlust ≤ 25 %,
Letalität ≤ 10 %
- III: lebensbedrohliche Verletzungen, pO2 < 60 mmHg, meistens Ohnmacht, hämorrhagischer Schock,
Blutverlust ≥ 50 %, höhe Letalität

Klinik
 Beckenfrakturen
 Wirbelsäulenverletzungen
 starke arterielle Blutungen
 Schädel-Hirn-Traumata
 Thoraxtrauma: Rippenserienfrakturen mit und ohne Hämatothorax/Pneumothorax
 schwere Bauchtraumata

Komplikationen
 ein SIRS und Multiorganversagen
 hämorrhagischer Schock
 spinaler Schock wegen der Verletzung des Rückenmarks: periphere Vasodilatation durch Sympathikusblockade
 Bronchus- oder Tracheaabriss, (Hämo-)Pneumothorax
 Verletzung größerer thorakaler Gefäße
 Herzverletzung oder Herzkontusion → Arrhythmie, Asystolie, Perikardtamponade
 Leber-Ruptur: subkapsuläres Hämatom
 Milz-Ruptur
 Hypothermie/Unterkühlung
- Bradykardie, arterielle Hypotonie, Rhythmusstörungen
- Verminderte Atemfrequenz und das Atemzugvolumen, Apnoe
- Bewusstseinsstörungen, Ohnmacht
 Zweitkrankheit
- Acute Respiratory Distress Syndrome (ARDS)
- dialysepflichtiges Nierenversagen
- DIK
- Stoffwechselstörungen
- Hirnödem nach Schädel-Hirn-Trauma

Diagnostik
 Körperliche Untersuchung
 Labor:
- Blutgruppe und Kreuzblut
- BB, Entzündungsparameter, Elektrolyte, Blutzucker, Gerinnungsparameter (INR, PTT)
- Myoglobin: Crush-Syndrom, Rhabdomyolyse
- Transaminasen, Nierenwerte
 Bildgebende Verfahren:
- CT Schädel
- Abdomensonografie
- Röntgen Thorax-Abdomen-Becken
- Ggf. Röntgen der Extrimitäten

Therapeutische Maßnahmen
 Präklinische Therapie durch das Rettungsdienstpersonal und den Notarzt: Sicherung der Vitalfunktionen,
ausreichende Analgesie des Patienten
Nach xABCDEF-Regel:
- Exsanguination/Ausbluten: Notbandage, Tourniquet
- Atemweg: hochdosierte Sauerstoffgabe bei Spontanatmung, endotracheale Intubation,
Halswirbelsäulenstabilisierung
- Belüftung: Pneumothorax
- Kreislauf: Hypovolämie mit zugehöriger Schocksymptomatik, Kontrolle von Blutungsquellen, zwei venöse
Zugänge, Verabreichen von Infusionen (Flüssigkeitszufuhr)
- neurologisches Defizit: Quantifizierung des Bewusstseins mittels GCS, Pupillenkontrolle, Blutzucker
- Exposure, Umfeld: Entkleiden, Extremitätenfraktur, Wärmeerhalt und Analgesie
- FAST-Sonographie: Flüssigkeit im Abdomen (Morison- und Douglas-Pouch), Pleura- oder Perikardergüsse
 Notfalleingriffe: Reanimationsphase ≤ 3 Stunden im Schockraum der Klinik
- Intubation oder Koniotomie
- Thoraxdrainage
- Blutkonservenbestellung
- Mehrschicht-Spiral-Computertomografie innerhalb 15 Minuten
- native Schädel-CT innerhalb einer Stunde
- ggf. CT mit Kontrastmittel: Thorax, Abdomen, Becken und Extremitäten
 Primärphase 4-72 Stunden
- Organverletzungen: Überwachung der Organfunktionen
- blutende, offene Wunden oder Frakturen
- Frakturen des Oberschenkels
- Kompartmentsyndromen
 Sekundärphase 3-10 Tage
- Frakturenversorgung

36. Myokardinfarkt / Herzinfarkt


Definition
 Untergang von Myokardgewebe / Myokardnekrose aufgrund einer Durchblutungsstörung durch teilweisen oder
vollständigen Verschluss einer Koronararterie.
- NSTEMI: EKG unauffällig + Labor (Troponin) auffällig
- STEMI: EKG auffällig + Labor auffällig

Ursachen
 Arteriosklerose: Thrombose durch Plaque-Ruptur
 plötzlicher Verschluss einer Koronararterie durch einen Thrombus
 instabile Angina Pectoris
 Koronarspasmus

Auslösende Faktoren
 Blutdruckschwankungen bei Stress und körperlicher Anstrengung
 zirkadiane Zunahme der Aktivität von Gerinnungsfaktoren und Katecholaminen
40% der Infarkte ereignen sich in den Morgenstunden.

Risikofaktoren
 arterielle Hypertonie
 Diabetes mellitus
 Hypercholesterinämie
 Nikotinabusus
 Adipositas
 männliches Geschlecht
 höheres Lebensalter (m ≥ 45 Jahre; w ≥ 50 Jahre)
 körperliche Inaktivität / Bewegungsmangel
 KHK oder Herzinfarkte bei Familienangehörigen ersten Grades

Klinik
 Vernichtungsschmerz: plötzlich starke, überwiegend retrosternale oder linksthorakaler Angina-pectoris-
Schmerzen
- Ausstrahlung in den linken (auch rechten) Arm, in den Hals und seltener in den Unterkiefer, in die Schulter
oder das Epigastrium
- körperliche Ruhe und Nitroglyzerin lindern Beschwerden nicht oder kaum
- 20% stumme Infarkte: ohne Schmerzsymptomatik oder mit einem leichten retrosternalen Druckgefühl (v. a.
bei Diabetikern).
 Schwächegefühle
 Unruhe und (Todes-) Angst
 vegetative Symptomatik: Schwitzen, Übelkeit, Erbrechen, u. a.
 Dyspnoe
 evtl. Blutdruckabfall

Diagnostik
 Anamnese
- Vorbestehen einer KHK oder AP
- Grunderkrankung, Risikofaktoren
 körperliche Untersuchung:
- Auskultation: Arrhythmien, Perikardreiben, feuchte Rasselgeräusche (bei Lungenödem)
- Ödeme, Halsvenenstauung
 EKG innerhalb von 10 Minuten:
- frischer MI: R klein, starke ST-Hebung,
- Folgestadium: Tiefe Q-Zacke, R klein, T negativ
- alter MI: Q pathologisch > ¼ der folgenden R-Zacke, R normal, T positiv
 Labor:
- Leukozyten, CRP, Blutzucker
- Troponin I und hochsensitives Troponin, Gesamt-CK, CK-MB, Laktatdehydrogenase (LDH)
 bildgebende Verfahren:
- (Farbdoppler-) Echokardiografie: funktionelle Beurteilung von Herzkammern und -klappen
- Linksherzkatheteruntersuchung: Goldstandard
 Zusätzlich nach der Revaskularisation:
- Röntgen-Thorax: um Herzinsuffizienz auszuschließen, Herzgröße, Lungenödem, Pleuraerguss
- Echokardiografie: Herzinsuffizienz, Thromben, Herzwandaneurysma

Therapeutische Maßnahmen
 Notarzt rufen: 112
 den Patienten hinsetzen, beruhigen
 Oberkörper hochlagern: 30°
 Sauerstoffzufuhr per Nasensonde 4-8 L/ Min
 venösen Zugang legen
 Nitrate: Glyceroltrinitrat-(Nitrolingual-)Spray 2 Hübe
 Sedierung und Analgesie bei Bedarf, um O2-Verbrauch zu senken: Morphin 3–5 mg i. v.
 Metoclopramid
 duale Plättchenhemmung: Acetylsalicylsäure (ASS) 150–325 mg p. o. + Clopidogrel 300 mg
 Heparin 5000 IE i. v. oder Enoxaparin bei typischen EKG-Veränderungen bis Verdoppelung der PTT
 ß-Blocker bei Tachykardie (Esmolol)
 Atropin bei Bradykardie
 ACE-Hemmer: nicht in der Akutbehandlung
 Rekanalisation
- Akut-PTCA und Stentimplantation innerhalb von 90 Minuten
- Thrombolyse mit Fibrinolytika (Streptokinase) in Gegenden ohne rechtszeitig erreichbaren Herzkatheter
 Danach: Statine, β-Blocker und ACE-Hemmer

Differentialdiagnostik
 Instabile Angina Pectoris ohne Troponinanstieg
 Lungenembolie
 Aortendissektion
 Stresskardiomypoathie
 Perikarditis: atemabhängig
 Pneumothorax

37. Herzinsuffizienz
Definition
 Akutes oder chronisches Unvermögen und Unfähigkeit der Herzmuskulatur, das benötigte Herzzeitvolumen zu
fördern, um den Organismus bei normalem Blutdruck ausreichend mit Sauerstoff zu versorgen.

Ursachen
 Herzmuskelschädigung mit Kontraktionsschwäche durch z. B. Myokarditis oder Myokardinfarkt
 arterielle Hypertonie
 Anämie
 Herzrhythmusstörungen
 mechanische Kontraktionsbehinderungen, z. B. Perikarderguss, Herzklappenfehler

Klinik
 Gemeinsame Symptome:
- Leistungsminderung
- Gewichtszunahme
- Nykturie
- Tachykardie
 Linksherzinsuffizienz
- Dyspnoe, die im Liegen auftritt und sich im Sitzen verbessert
- Tachypnoe
- Orthopnoe
- Blutstauung
- Husten
- Lungenödem und Rasselgeräusche
- Zyanose
- Schwindel
 Rechtsherzinsuffizienz
- Ödeme: dicke Beine
- Gewichtszunahme
- gestaute Halsvenen
- Pleuraerguss, Perikarderguss
- Leber- und Milzvergrößerung
- Aszites
- Nierenfunktionseinschränkung

Diagnostik
 Anamnese
- DM, Hypertonie, Nikotinabusus, Familienanamnese
- NYHA-Stadien:
I: Normale unter Therapie, keine Beschwerden bei alltäglicher körperlicher Belastung
II: Beschwerden nur bei stärkerer körperlicher Belastung (Treppensteigen von 2 Etagen)
III: Beschwerden bei leichter körperlicher Belastung
IV: Beschwerden bei geringen körperlichen Aktivitäten (Sprechen) und in Ruhe
 körperliche Untersuchung
- Rasselgeräusche, Beinödem
 EKG: Zeichen der Herzrhythmusstörung
 Labor:
- Blutbild, Elektrolyte, Eisenwerte, Infektionsparameter
- BNP-Werte (Brain Natriuretic Peptid): zur Bestätigung
- Herzenzyme: Ausschluss eines Herzinfarkts
- Nierenwerte, Leberwerte: Ausschluss von Leber-/Nierenversagen
- BGA
 Bildgebende Verfahren:
- Röntgen des Thorax in 2 Ebenen: Pleuraerguss, pulmonale Stauung, Herzgröße
- transthorakale Echokardiografie (TTE): Beurteilung systolische und diastolische Funktion,
Ejektionsfraktion/Auswurffraktion, Wandbewegung, Herzwandaneurysma, und die Funktion von Herzklappen
- Koronarangiografie: um die Herzgefäße zu beurteilen

Therapeutische Maßnahmen
 Allgemein:
- Regelmäßige körperliche Belastung
- Kochsalzarme Kost
- Flüssigkeitsrestriktion
- Normalgewicht
- Natriumarme und kaliumreiche Ernährung
- Alkohol und Nikotin vermeiden
- Normalen Blutdruck, Blutzucker, und Cholesterinspiegel halten
 Akut
- Oberkörper hoch und Beine tief lagern
- Nitroglyzerin (wenn Blutdruck systolisch > 100 mmHg ist)
 Medikamentös:
- ACE-Hemmer: Ramipril, ab NYHA-Stadium I
- AT1-Rezeptorblocker: bei KI gegen ACE-Hemmer
- ß-Blocker: Metoprolol, Bisoprolol, Carvedilol, Nebivolol
- Diuretika: Lasix, bei Flüssigkeitsretention
- Herzglykoside: wenn unter ß-Blockern keine ausreichende Frequenzkontrolle erreicht wird.
- Mineralkortikoid-Rezeptorantagonisten: ab NYHA-Stadium II
 Herzkatheter ggf. Bypassoperation

Differentialdiagnostik
 Blasen-/Prostataerkrankung
 Pleuraerguss
 Lungenödem
 Spontan Pneumothorax
 Lungenembolie
 interstitielle Lungenerkrankungen
 COPD
 KHK, akuter Herzinfarkt
 Leber – oder Nierenversagen

38. Aortendissektion / Aneurysma dissecans


Definition
 Einblutung in die Media der thorakalen/abdominalen Aorta infolge eines Intimaeinrisses (Entry). Es führt zu einer
longitudinalen Aufspaltung der Media über weite Strecken:
- proximaler Typ A (ca. 70%), Entry im Bereich des Aortenbogens bis Aorta ascendens
- distaler Typ B, Entry im Bereich der Aorta descendens

Ursachen
 arterielle Hypertonie
 Arteriosklerose
 degenerative Erkrankungen der Gefäßmedia: Marfan-Syndrom, Ehler-Danlos-Syndrom
 Aortenklappenersatz
 Aortitis
 Amphetamin-Abusus

Klinik
• starker stechender thorakaler/retrosternaler Schmerz (Typ A), mit Ausstrahlung in die Schulterblätter oder
Abdomen (Typ B):
wie mit einem Dolch durchstoßen
• evtl. Puls- und Blutdruckdifferenz zwischen den Armen (>20mmHg)

Diagnostik
• Anamnese
• Körperliche Untersuchung:
- Puls- und Blutdruckdifferenz zwischen den Armen (>20mmHg)
- diastolisches Herzgeräusch in komplizierten Fällen
• Laboruntersuchung:
- D-Dimer-Test, Serumenzyme
• bildgebende Verfahren:
- transösophageale Echokardiografie (TEE)
- Röntgen: weites Mittelfell/Mediastinum
- kontrastmittelunterstütztes CT und MRT

Therapeutische Maßnahmen
• Blutdrucksenkung auf 100 bis 110mmHg systolisch
• Analgesie
• Operation: Kunststoffprothese bei Typ A immer, bei Typ B nur bei drohenden Komplikationen

Differentialdiagnostik
• Akuter Myokardinfarkt
• Lungenembolie

39. Chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD)


Definition
 eine chronische Erkrankung der Atemwege, die mit einer obstruktiven Ventilationsstörung einhergeht.
 eine chronisch-obstruktive Bronchitis zugrundeliegend + ein Lungenemphysem
 Chronische Bronchitis: bestehender Husten und Auswurf während mindestens 3 aufeinanderfolgenden Monaten
in 2 aufeinanderfolgenden Jahren
 Lungenemphysem: eine irreversible Erweiterung und Zerstörung des Lungengewebes / der Alveolen

Ursachen
 inhalative Noxen: Zigarettenrauchen/Tabakrauch, Luftverschmutzung, Stäube, Schwefeldioxid, Stickoxide, saure
Aerosole, Feinstaub
 chronisch rezidivierende Atemwegsinfekte
 Genetische Desposition: Alpha-1-Antitrypsin-Mangel.

Klassifikationen
 Pink Puffer / rosa Keucher
- Lungenemphysem im Vordergrund
- untergewichtig
- Sauerstoffwerte normal
- extrem viel Energie verbrauchen
- Die häufigste Todesursache: Versagen der Atmung
 Blue Bloater/ blaue Huster/ Bronchitis-Typ
- COPD im Vordergrund
- Meist übergewichtig
- Sauerstoffmangel
- Zyanotisch: bläulich-verfärbte Lippen und Nägel
- erhöhtes Risiko für Rechtsherzschwäche

Klinik
 Typische COPD-Symptome: vor allem morgens
- Atemnot, zunächst nur bei Belastung, im weiteren Verlauf auch in Ruhe.
- Husten, der im Laufe der Zeit immer schlimmer wird.
- Auswurf, der immer zäher wird und schwieriger abzuhusten ist.
- Zyanose: blaue Lippen oder Finger, infolge der sich verschlechternden Lungenkapazität und deswegen
verminderter Sauerstoffversorgung.
 Exazerbation:
- Zunahme der Atemnot
- vermehrter Husten
- Sputumzunahme, erhöhte Sputumviskosität, und Farbänderung des Auswurfs in gelbgrüner Färbung
- Fieber mit Müdigkeit
- Brustenge
 schwere Exazerbation:
- Atemnot in Ruhe
- zentrale Zyanose: Verminderte Sauerstoffsättigung in der Lunge
- Einsatz der Atemhilfsmuskulatur
- Beinödem
- Bewusstseinseintrübung bis Koma

Diagnostik
 Anamnese
- 90% (Ex-) Raucher
 Körperliche Untersuchung
- Pulsoximetrie: Sauerstoffsättigung
- Inspektion: Fass-Thorax, Kurzatmigkeit, und Zyanose
 EKG: zur Beurteilung der Rechtsherzbelastung durch einen erhöhten Lungendruck (pulmonale Hypertonie)
 Labor
- Differential-BB, Leukozytose, CRP, BSG
- Elektrolyte, Glukose, Nieren- und Leberfunktion: zur Kontrolle der Funktion wichtiger Organ
- Alpha-1-Antitrypsin: v. a. bei Patienten unter 45 Jahren mit zusätzlichem Lungenemphysem
- Sputumabstrich für mikroskopische und kulturelle Sputumanalyse: zum Erregernachweis
- Blutgasanalyse (BGA): zur Erfassung einer respiratorischen Insuffizienz
Schwere Bronchialobstruktion: arterielle Hypoxämie <72mmHg und Hyperkapnie > 45 mmHg
akute Verschlechterung oder fehlende Kompensationsmöglichkeit: respiratorische Azidose
 Bildgebende Verfahren
- Röntgen Thorax: Überblähung der Lungen mit tief stehendem Zwerchfell, Ödeme, Emphysem
Sie lassen sich Lungenentzündung, Lungenstauung, Pneumothorax und Tumoren erkennen.
- CT Thorax: v. a. zur Beurteilung des Lungenemphysems
- Echokardiografie: zur Beurteilung der Rechtsherzbelastung durch einen erhöhten Lungendruck (pulmonale
Hypertonie)
 Lungenfunktionsdiagnostik (Lufu):
- Spirometrie: obstruktive Ventilationsstörung
reduzierte 1-Sekunden-Kapazität (FEV1 Tiffeneau-Index), erhöhte Totalkapazität, und erhöhtes
Residualvolumen

Therapeutische Maßnahmen
 allgemeine Maßnahmen:
- Meiden von Noxen, mit dem Rauchen aufhören
- Sauerstofftherapie bei schwerer COPD
 medikamentöse Therapie:
- inhalative Glukokortikoide
- Bronchodilatatoren
Anticholinergika: Ipratropium, Tiotropium
β2-Sympathikomimetika: Salbutamol
Theophyllin: nur als dritte Wahl
- Mukolytika / Schleimlösende: Expektorantien
 operative Therapie:
- Bullektomie
- Lungenvolumenreduktion
- Lungentransplantation
 akute Exazerbationen:
- Sauerstoffgabe oder Beatmung
- Bronchodilatatoren
- Systemische Glukokortikoide
- Antibiotika: bei akuter und häufiger Exazerbation, bei beatmeten Patienten und kardialer Komorbidität
 Physiotherapie: Atemtherapie und körperliches Training
 Schutzimpfungen:
- Influenza / Grippeimpfung
- Streptococcus pneumoniae / Pneumokokken

Differentialdiagnostik
 akute Bronchitis
 Asthma bronchiale
 Bronchiektasien
 Lungentuberkulose
 Linksherzinsuffizienz
 Bronchialkarzinom
 Sarkoidose
 Zystische Fibrose

40. Lungenembolie
Definition
 die Verengung oder der Verschluss einer Lungen- oder Bronchialarterie durch einen venösen
Embolus/Blutgerinnsel

Ursachen
 Formen:
- Thromboembolie (Hauptursache): ein abgelösten Thrombus aus dem Einzugsgebiet der Vena cava inferior in
90% der Fälle
- Septische Embolie
- Knochenmarksembolie
- Fettembolie
- Luftembolie
- Tumorembolie
- Embolie mit Fremdmaterial
 Virchow-Trias bei Thromboembolien:
- Blutstauung/Blutstase: Verlangsamung des Blutstroms/Blutflusses (Varizen, Immobilisation,
Rechtsherzinsuffizienz, Exsikkose)
- Blutgerinnungsstörung: Veränderung der Blutzusammensetzung (neoplastische und hämatologische
Erkrankungen)
- Beschädigung der Gefäßinnenwand / des Endotheliums (Entzündungen, Traumen, Allergien, Degeneration)

Risikofaktoren
 höheres Lebensalter
 Adipositas (BMI ≥ 30)
 chronisch venöse Insuffizienz
 vorherige Thrombose
 Kontrazeptiveinnahme, Hormonersatztherapie, Schwangerschaft
 Hyperviskosität durch Exsikkose
 essentielle Thrombozytämie
 Gerinnungsstörungen: erworbener Protein C-Mangel, Leberzirrhose, Cumarintherapie, Vitamin K Mangel
 Herzinsuffizienz ab NYHA III, Herzinfarkt
 respiratorische Insuffizienz und COPD
 Immobilisation (Krankenhausaufenthalt, Bettlägerigkeit, Lähmung)
 langandauernde umfangreiche chirurgische Eingriffe, besonders im Becken-Bereich (Hüft-TEP)
 Polytrauma und Frakturen größerer Knochen (Hüfte, Femur)
 maligne paraneoplastische Genese

Klinik
 Schweregrad
- I: Hämodynamisch stabil ohne RV-Dysfunktion, Pa O2 > 75 mmHg
- II: Hämodynamisch stabil mit RV-Dysfunktion
- III: Schock, systolische RR < 100 mmHg, Puls > 100/min
- IV: Reanimationspflicht, Pa O2 < 60 mmHg
 Schlagartiger Beginn
 Dyspnoe, Tachypnoe/Schnellatmung
 Brustschmerz/Thoraxschmerz, ggf. mit Ausstrahlung unterhalb des Zwerchfells (infradiafragmal)
 Husten/Tussiv
 ggf. Hämoptysen/Bluthusten
 Schweißausbrüche/Hyperhydrose
 Schwindel/Vertigo
 Schock (Tachykardie/Herzrasen, RR (Riva Rocci) / BP↓)
 Synkope/Kreislaufkollaps

Diagnostik
 Anamnese
- Risikofaktoren
 Körperliche Untersuchung
- Pulsoximetrie: Sauerstoffsättigung
- Tachypnoe, Tachykardie, niedriger Blutdruck
- Wells-Score, Geneva-Score: Abschätzung der Vorhersagewahrscheinlicheit
 EKG: zum Ausschluss Myokardinfarkt, Sinustachykardie, Zeichen der Rechtsherzbelastung
 Labor
- D-Dimer: ausgeschlossen, wenn negativ
Falsch positiv: Wundheilung, Tumor, Schwangerschaft, schwere Infektionen
- Gesamt-CK (Herzenzyme): Ausschluss von Myokardinfarkt
- Troponin und BNP: prognostische Parameter und zur Differentialdiagnostik
- Arterielle Blutgasanalyse (BGA): Hypoxämie + Hypokapnie wegen der Hyperventilation
 Bildgebende Verfahren
- Röntgen Thorax: um Lungenerkrankungen (Pneumonie, Lungenstauung, und Pneumothorax) auszuschließen
meist normal, Atelektase möglich
Falls Infarktpneumonie: keilförmiges Infiltrat
- CT-/MRT-Angiographie: beste Wahl zur Darstellung des Embolie/Thrombus
- Echokardiografie: bei persistierender Hypotonie, Embolusnachweis

Therapeutische Maßnahmen
 Stationäre Aufnahme
 Notfalltherapie:
- halbsitzende Lagerung
- Bewegungsverbot
- Sedierung und Analgetikum
- Sauerstoffgabe: O2-Nasensonde (4-6 L/M), ggf. Intubation und Beatmung
- ggf. Schockbehandlung
- Antikoagulation: Bolusgabe von 10.000 IE Heparin i.v.
- Reperfusion bei schwerer Lungenembolie: Fibrinolyse oder Thrombolyse (Streptokinase)
- Rechtsherzkatheter, chirurgische Embolektomie:
keine Besserung bei Konservativer Therapie
Kontraindikation gegen Thrombolyse
 Vorbeugung/Prophylaxe: Marcumar für 6 Monate

Differentialdiagnostik
 Asthmaanfall
 Spontanpneumothorax
 Herzinfarkt/ Angina pectoris (AP)
 Aortendissektion
 Perikarditis
 Pleuritis
 Lungenödem
 Fremdkörperaspiration
 Gallenkolik
 Ulkusperforation

41. Hämaturie
41a. Harnwegsinfektion (HWI)
Definition
 Aszendierende, durch Bakterien (E.Coli und Klebsiellen), Viren, Pilze (Candida) oder Protozoen hervorgerufene
Entzündung der Harnwege.
- Akute Zystitis (Blasenentzündung)
- Pyelonephritis (Nierenbeckenentzündung)
- Urethritis (Harnröhrenentzündung)

Ursachen
 Harnabflussstörungen: Obstruktion, Reflux, anatomische Anomalie, Blasenentleerungsstörungen
 Stoffwechselstörungen: Diabetes mellitus, Hyperurikämie, Hyper- und Hypokaliämie
 Analgetikaabusus
 Nosokomialer Infekt: Blasenkatheter, Zystoskopie und -spülungen
 sexuelle Aktivität, geringe Flüssigkeitszufuhr, Unterkühlung
 Weibleches Geschlecht, Schwangerschaft, Gravidität

Klinik
 Akute Zystitis:
- Dysurie, Algurie
- Häufiges Wasserlassen oder Harndrang ohne Urinentleerung (Pollakisurie)
- evtl. Dranginkontinenz
- asymptomatische Beteiligung der Nieren möglich
 Akute Pyelonephritis: zusätzlich zu den Symptomen der akuten Zystitis
- Fieber, Schüttelfrost
- dumpfe Flankenschmerzen, Klopfschmerz über dem Nierenlager
- starkes Krankheitsgefühl
 Urethritis:
- Brennen und Schmerzen beim Wasserlassen (Dysurie und Algurie)
- Ausfluss aus der Harnröhre (Urethralfluor)

Diagnostik
 Anamnese und körperliche Untersuchung
- Überwachung der Vitalparameter
- Palpation: schmerzhafter Nierenlager, Blasenhochstand (Harnverhalt),
 Labor:
- BB, Leukozyten, Procalcitonin, BSG, CRP
- Harnstoff, Kreatinin, Kreatinin-Clearance: um Niereninsuffizienz auszuschließen
- Urinstatus/Urinkultur: Leukozyturie, Erythrozyturie, Bakteriurie (signifikant ab Keimzahl von 105/ml im
Mittelstrahlurin), Nitrit, pH,
- Urinsedimentuntersuchung bei Pyelonephritis
 Bildgebende Verfahren:
- Nierenretentionsparameter bei Pyelonephritis
- Abdomensonografie: zum Ausschluss einer Harnstauung oder Harnsteine
- Ggf. Abdomen-CT: bei Komplikationen wie z. B. Abszess

Therapeutische Maßnahmen
 stationäre Aufnahme
 Ausreichende Flüssigkeit
 Antipyretika und Analgetika
 Antibiotika: sofort mit Breitband-Antibiotikum, und dann Antibiotikum-Änderung nach der Ergebnisse des
Urinkulturs, für mindestens 7 Tage
- Gyrasehemmer (Fluorchinolone, Chinolone)
- unkomplizierte Fälle: Cotrimoxazol (Trimethoprim / Sulphamethoxazol)
- Ciprofloxacin
- komplizierte Fälle: muss für 2 Wochen fortgeführt werden.
 Antibiogramm bei nosokomialen und kompliziert verlaufenden HWI und Pyelonephritis

Differentialdiagnostik
 Tumoren oder Steine in der Blase (Urolithiasis)
 Nierenabszess
 Harnwegsinfekt und Zystitis
 Adnexitis
 Prostatitis
 Darmerkrankungen, Pankreatitis, Cholelithiasis,

41b. Nephrolithiasis und Urolithiasis


Definition
 Bildung/Auftreten von Konkrementen im Bereich der Nierentubuli und des Nierenbeckens (Nephrolithiasis)
und/oder der ableitenden Harnwege (Urolithiasis).

Ursachen
 Übersättigung des Urins mit steinbildenden Substanzen
 Erkrankungen, die mit einer hohen Kalziumausscheidung im Urin einhergehen (Hyperparathyreoidismus)
 begünstigende Faktoren: Harnwegsinfektionen, Harnstau, Bettlägerigkeit, geringe Flüssigkeitszufuhr/Trinkmenge,
starke Gewichtsabnahme, eiweißreiche Ernährung, oxalatreiche Kost.
 Vitamin-D- Überdosierung, Sulfonamid-Einnahme

Klinik
 oft symptomlos bei kleinen Steinen
 Nierenkolik: starke dumpfe oder krampfartige/kolikartige Flankenschmerzen und Schmerzen im Unterbauch und
Rücken, typischerweise an- und abschwellend, die durch Bewegung gelindert wird.
Die Schmerzen strahlen meistens in Genitale oder Rücken aus.
 Makro- und/oder Mikrohämaturie
 Übelkeit, Erbrechen
 Stuhlverhalt
 Harndrang/Pollakisurie
 Harnstenge/Dysurie

Diagnostik
 Anamnese:
- Familien- und Medikamentenanamnese, Risikofaktoren
 Labor:
- BB, Entzündungsparameter: erhöht in Harnwegsinfekte
- Harnstoffe, Harnsäure, Kreatinin, Elektrolyten (Natrium, Kalium, Kalzium, Phosphat, Chlorid, Magnesium)
- Urinuntersuchung: Hyperkalzurie, Hyperphosphaturie, Hyperoxalurie, Hyperurikosurie, Hypocitraturie
pH-Wert, spezifisches Gewicht, Nitrit, Leukozyten, Erythrozyten, Quantifizierung der Harnsäureausscheidung,
Oxalat, Zystin, Kalzium und Magnesium im 24-h- Sammelurin
 Bildgebende Verfahren:
- Abdomensonographie: um die Harnstauung (Dilatation) und Harnstein zu bestätigen.
- kontrastmittelunterstütztes Spiral-CT: zur Untersuchung des Hohlsystems der Nieren und der ableitenden
Harnwege
- Steinanalyse: Infraspektroskopie oder Röntgendiffraktionsanalyse
- Cystourethroskopie (Harnwegspiegelung) als diagnostische bzw. therapeutische Maßnahme

Therapeutische Maßnahmen
 Stationäre Aufnahme
 Analgetika und Relaxantien der glatten Muskulatur
 Abwarten eines spontanen Steinabgangs bei Steinen ≤ 5-6 mm, dabei Flüssigkeitszufuhr und Bewegung
 orale Chemolitholyse: Alkalisierung des Urins und Senkung der Hanrsäurekonzentration im Serum
 Steigerung der Diurese durch ausreichende Flüssigkeitszufuhr
 Harnverdünnung (Urindilution) durch alkalisierende Medikamente: Dabroson
 Allopurinol bei Uratsteinen
 chirurgisch:
- Perkutane Nephrolithotomie (PNL): bei relativen großen Steinen
- Ureterorenoskopische Steinentfernung (URS): bei Steinen im Harnleiter
- Extrakorporale Stoßwellenlithotripsie (ESWL): Zertrümmerung der Steine durch Stoßwellen bei
Nierenbeckensteinen von 2-3 cm und hohen Harnleitersteinen, ggf. Einlegung einer Harnleiterschiene bei
großen Konkrementen
- intrakorporale Stoßwellenlithotripsie: Zertrümmerung der Steine von innen und deren Abtransport
- Pyelotomie
 Steinprophylaxe: abhängig von der Steinart.
- Grundsätzlich: viel trinken, ballaststoffreiche und vitaminreiche Ernährung, keine übermäßige Eiweißzufuhr

Differentialdiagnostik
 Harnweginfektion, Pyelonephritis
 Nierentumoren
 Nephritis
 Niereninfarkt
 Nierenvenenthrombose
 Appendizitis, Divertikulitis, Pankreatitis
 Gallenkolik
 Adnexitis, Extrauteringravidität
 Hodentorsion, Prostatakarzinom
 LWS-Syndrom

42. Liposarkom
Definition
 eine maligne/bösartige Neoplasie des Fettgewebes
 20 % aller malignen Tumoren der Weichteile
 bei Männern ab dem 50. Lebensjahr

Ursachen
 Entartung von embryonalen Vorläuferzellen des Fettgewebes
 vorausgegangene Verletzungen
 ein Nävus
 Exposition gegenüber ionisierender Strahlung

Klassifikationen
 Nach der Ähnlichkeit zu normalem Fettgewebe
- hoch differenziert: Verwechslung mit normalem Fettgewebe oder Lipomen
- myxoid: geringgradig maligne, hohe Strahlensensibilität
- rundzellig: hoch maligne, schnelle hämatogene Metastasierung
- pleomorph: hoch maligne und schlechte Prognose

Klinik
 bevorzugte Lokalisation: am Rücken, am Oberschenkel, am Oberarm, und besonders im Retroperitoneum
 tief gelegene, langsam wachsende tumoröse Gewebsmasse
- umschrieben und klar abgrenzbar
- weich
- indolent, teils auch durch Kompression und Verdrängung schmerzhaft
- viel größer als Lipome
 Allgemeinerscheinungen: Müdigkeit, Abgeschlagenheit, Gewichtsverlust, Nausea und Vomitus

Diagnostik
 Körperliche Untersuchung
- Größe, Konsistenz, Verschieblichkeit gegenüber dem umliegenden Gewebe, Druckdolenz, Vergrößerung
regionaler Lymphknoten
 Labor:
- BB, Entzündungsparameter
- Tumormarker
- Inzisionsbiopsie, ggf. großzügige Resektion: zur definitiven Diagnosesicherung
 Bildgebende Verfahren:
- MRT oder CT: Einschätzung der Ausbreitung des Tumorleidens

Therapeutische Maßnahmen
 Großzügige Resektion: vollständige chirurgische Entfernung des Tumors unter Einhaltung eines ausreichenden
Sicherheitsabstandes
 lokale adjuvante Bestrahlung und Chemotherapie

Differentialdiagnostik
 Lipom
 Abszess
 Erysipel
 Osteochondrom

43. Pneumothorax
Definition
 krankhafte Luftansammlung im Brustkorb, genauer im Pleuraraum zwischen dem inneren und äußeren Lungenfell
 Eintritt der Luft von außen (Verletzungen) oder von innen (Riss des Lungengewebes)
 Spannungspneumothorax: eine lebensbedrohliche Komplikation des Pneumothorax

Ursachen
 idiopathisch: besonders junge schmale/schlanke (asthenische) Männer und Raucher
 traumatisch: Stichverletzung, Schussverletzung, Rippenfrakturen, Barotrauma
 iatrogen: nach Pleurapunktion, Subclaviakatheter, Überdruckbeatmung, Thoraxoperationen
 Lungenerkrankungen: Lungenemphysem, Asthma bronchiale, Tuberkulose (Ruptur eine Kaverne), Marfan-
Syndrom

Klassifikationen
 nach Pathogenese
- Geschlossen (Innere): Keine äußere Verletzung des Brustkorbs.
- Offen (Äußere): Verletzung des Brustkorbs mit Lufteintritt durch die Brustwand.
 nach Umfang
- Partiell: Teilweiser Kollaps der Lunge
- Total: Vollständiger Kollaps der Lunge
- Bilateral: Doppelseitiger Pneumothorax
 Spontanpneumothorax: ein Pneumothorax ohne erkennbare äußere Ursache

Klinik
 Plötzlich auftretende, stechender, einseitige, atemabhängige Thoraxschmerz auf der betroffenen Seite/Hälfte
 Dyspnoe/Atemnot
 evtl. Tachypnoe
 evtl. trockener Husten, Hustenreiz
 asymmetrische Thoraxbewegung, Nachhängen der betroffenen Thoraxhälfte bei der Atmung
 Halsvenenstauung, Zyanose, und Schockzeichen bei Spannungspneumothorax

Diagnostik
 Anamnese:
- Ursachen: vorbestehende pulmonale Erkrankungen, mögliche Thoraxtraumen
 Körperliche Untersuchung:
- Inspektion: bestehende Verletzungen, Tachypnoe, asymmetrische Atembewegungen, Hautemphysem /
aufgeblähte Haut
- Perkussion: hypersonorer Klopfschall
- Auskultation: abgeschwächtes bis aufgehobenes Atemgeräusch auf der betroffenen Seite
 EKG: Um die Herzfunktion zu beurteilen.
 Labor:
- D-Dimer
- Blutgasanalyse (BGA): um die sauerstoffgehalt im Blut zu messen
 bildgebende Verfahren:
- Röntgen Thorax (Exspiration): vermehrte Strahlentransparenz, fehlende Lungengefäßzeichen
- CT-Angiographie: Um die Lungenemboli auszuschließen.

Therapeutische Maßnahmen
 Stationäre Aufnahme
 Bettruhe
 Sauerstoffgabe
 Analgetikum
 Antitussivum
 Pleurapunktion (Pleurakatheter): um die Luftansammlung abzusaugen, zwischen 2.-3. Interkostalraum am
Oberrand
 Pleuradrainage (Bülow-Drainage) bei Kollaps größerer Lungenanteil
 thorakoskopische Versorgung
 notfallmäßige sofortige Druckentlastung durch Punktion bei Spannungspneumthorax

Differentialdiagnostik
 Pleuritis
 Lungenembolie
 Herzinfarkt, wenn linkseitig
 Aortenaneurysma
 Perikarditis
 Pleuraerguss

44. Gastroösophageale Refluxkrankheit (GERD)


Definition
 Rückfluss von saurem Mageninhalt und/oder galligem Duodenalinhalt in die Speiseröhre durch Insuffizienz des
unteren Ösophagussphinkters, die meist entzündliche Erkrankung der Speiseröhre auslöst

Ursachen
 gestörte Verschlussfunktion / verminderte Ruhetonus des unteren Ösophagussphinkters
 Cardiainsuffizienz
 aggressives Refluat (Mageninhalt) durch Noxen: Kaffee, Alkohol, Nikotin, Medikamente (Anticholinergika,
Calciumantagonisten), scharfe Gewürze, opulente fetthaltige Mahlzeiten (v. a. abends), Nitrate, die niedrigen pH-
Wert des Mageninhaltes verursachen.
 Gewohnheiten: Adipositas, einschnürender Kleidung, beengende Hosen mit zu fest angelegtem Gürtel, reichliches
Essen vor dem Schlafengehen

Klinik
 Sodbrennen: brennende retrosternale Schmerzen, von unten aufsteigend
- postprandial (nach dem Essen)
- bei Verbeugung kopfüber und Liegen
 epigastrische Schmerzen
 saures Aufstoßen
 Dysphagien
 Odynophagie
 ggf. Heiserkeit, Husten, und Mundgeruch
 ggf. Anämie infolge von Blutungen Im fortgeschrittenen Stadium

Komplikationen
 Barrett-Syndrom: eine chronisch entzündliche präkanzeröse Veränderung des distalen Ösophagus
 Blutung
 Stenose und Striktur
 Adenokarzinom
 Laryngitis, chronischer Husten

Diagnostik
 probatorische Medikamentengabe: Protonenpumpenhemmer (PPI)
 Bildgebende Verfahren:
- 24 Stunden pH-Metrie: Gold-Standard, Messung von saurem und/oder galligem Reflux mittels Nasensonde
- Endoskopie: um das vorliegende Stadium der Krankheit festzustellen
0: Refluxbeschwerden, keine Läsionen
I: fleckförmige Läsionen
II: streifige, longitudinal konfluierende Läsionen
III: zirkulär konfluierende Läsionen
IV: Komplikationen wie z. B. Barrett-Ösophagus oder Stenosen

Therapeutische Maßnahmen
 Konservativ: bei den Stadien I und II
- Meiden von refluxfördernder Nahrungs- und Genussmittel
- Veränderung der Lebensgewohnheiten
- mögliche Gewichtsreduktion bei Übergewicht
- leichte Oberkörperhochlagerung während der Bettruhe
 medikamentös:
- probatorische Medikamentengabe: PPI
- H2-Rezeptor-Antagonisten (z. B. Ranitidin) oder Antazida (z. B. Natriumbikarbonat)
- Prokinetika wie z. B. Metoclopramid oder Domperidon
 operativ: z. B. laparoskopische Fundoplicatio
- bei fehlendem Ansprechen auf konservative Therapie und ab Stadium III
Differentialdiagnostik
 Ösophagitis
 Ösophagusulcera, Magenulkus
 funktionelle Ösophagusbeschwerden
 KHK
 Magenkarzinom
45. Diabetes mellitus / Zuckerkrankheit
Definition
 eine Stoffwechselerkrankung, die auf Insulinresistenz (gestörte Insulinwirkung) oder Insulinmangel (gestörten
Insulinsekretion) beruht und durch einen chronisch erhöhten Blutzuckerspiegel/-wert gekennzeichnet ist.
- Prädiabetes: Vorstadium eines Diabetes mellitus
- Typ-I: absoluter Insulinmangel, Versagen/Zerstörung der insulinsezernierenden β-Zellen im Pankreas
- Typ-II: relativer Insulinmangel (Funktionseinschränkung der β-Zellen), Insulinresistenz wegen schlechterer
peripherer Insulinwirkung
- Gestationsdiabetes: Hyperglykämie in der Schwangerschaft, unbekannter Diabetes vorher
 deutlich erhöhtes Risiko für schwere Begleit- und Folgeerkrankungen

Ursachen
 absoluter oder relativer Insulinmangel
 genetische Disposition, familiäre Häufung, erbliche Veranlagung
 Übergewicht (Typ-II)

Klinik
 Leitsymptome des Typ-I: Polyurie, Polydipsie, Gewichtsverlust
am höchsten bei Kindern zwischen 11-13 Jahren
 Leitsymptome des Typ-II: schleichender Beginn, oft lange Zeit symptomlos, meist Zufallsbefund der leicht
erhöhten Blutzuckerwerte bei Herzinfarkt oder Fußulcus
Meist nach dem 40. Lebensjahr
 Allgemeinsymptome
- allgemeine Leistungsminderung/Leistungsknock
- Müdigkeit
- Antriebsarmut
- Kraftlosigkeit
- Gewichtsverlust
- Durst, Polydipsie (Trinkzwang)
- Inappetenz, Heißhunger durch passagere Hypoglykämien
- Kopfschmerzen
 Niere
- Polyurie (Urinmenge mehr als 1500 ml/Tag)
- Glucosurie/Urinzucker
- Nykturie
 Auge
- Sehstörungen
 Haut
- Wundheilungsstörungen
- Juckreiz (Pruritus)
- Furunkulose
- Candida-Mykose
- Rubeosis diabetica (Gesichtsrötung): symmetrische Erytheme an Wangen
- Necrobiosis lipoidica: harte erhabene Hautbereiche mit gelblichem Zentrum und dunkel-pinker Umgebung,
insbesondere am Unterschenkel
 Immunsystem
- Herabgesetzter Immunstatus, vermehrte Infektanfälligkeit
 Nervensystem
- diabetische Neuropathie, insbesondere Polyneuropathie
- nächtliche Wadenkrämpfe durch Störungen im Elektrolythaushalt
- Potenzstörungen und Nachlassen der Libido

Komplikationen
 diabetische Retinopathie
 diabetische Nephropathie
 diabetische Fußsyndrom

Diagnostik
 Anamnese:
- genetische Komponente beider Typen
 körperliche Untersuchung:
- metabolisches Syndrom
- Neuropathien
- Sehstörungen
- Arterieller Verschlusskrankheit
- Exsikkose, Kussmaul-Atmung, Azetongeruch, Somnolenz
 Labor:
- BB, CRP, BSG
- Nüchtern-Plasma-Glukose venös: positiv bei zweimaligem Nachweis von ≥ 126 mg/dl
- postprandialer Plasma-Glukose
- oraler Glukose-Toleranztest (oGTT): positiv bei ≥ 200 mg/dl nach 2 Stunden
- HbA1c: ≥ 6,5%
- C-Peptid: ein Nebenprodukt der Insulinsynthese, zur Bestimmung des Typ-I: erniedrigt
- Urinuntersuchung auf Glukose und Mikroalbuminurie

Therapeutische Maßnahmen
 Typ-1-Diabetes:
- Insulintherapie: kurz wirksame Insuline, Verzögerungsinsuline, Mischinsuline, Insulinpumpe
 Typ-2-Diabetes
o Basistherapie:
- Gewichtsreduktion
- Ernährungsumstellung
- körperliche Aktivität/Bewegung
o medikamentös:
- eine Monotherapie mit Metformin (Biguanid) bei fehlender begleitender Herzerkrankung, insbesondere für
übergewichtige Patienten
- Metformin und einem SGLT-2-Inhibitor (Empagliflozin) oder einem GLP-1-Agonisten (Liraglutid) bei
kardiovaskulären Erkrankungen
- Sulfonylharnstoffe (Glibenclamid, Gliclazid) bei normalgewichtigen Patienten oder bei Niereninsuffizienz
- Insulintherapie bei Versagen der Therapie mit verschiedenen oralen Antidiabetika, sekundärer Insuffizienz des
Pankreas und schwer ausgeprägten Nebenwirkungen
 Therapiekontrolle
- regelmäßig in Intervallen von 3-6 Monaten: HbA1C-Wertes und Blutzuckertagesprofil

Differentialdiagnostik
 endokrine Erkrankungen: Morbus Cushing, Hyperthyreose,
 Erkrankungen des Pankreas
 medikamentös induzierter Diabetes mellitus: Glukokortikoide, Schilddrüsenhormone
 genetische Syndrome: Down- oder Turner-Syndrom

46. Hyperurikämie / Gicht / Arthritis Urica


Definition
 eine durch erhöhtes Harnsäurespiegel (Hyperurikämie) bedingte schmerzhafte Erkrankung der Gelenke
 Entzündung der Gelenkschleimhaut der Gelenkkapsel (Synovitis) aufgrund von Ablagerungen der gebildeten
kristallisierten Salzen der Harnsäure (Urat)

Ursachen
 Primär: Störung des Harnsäurestoffwechsels
- verminderte Harnsäuresekretion/-ausscheidung der Niere
- verstärkte Produktion von Harnsäure durch z. B. genetische Erkrankungen
 sekundär: Grunderkrankung
- Tumor
- Nierenerkrankung
- Hämolytischer Anämie
- Medikamentös: Thiazid-diuretika
 Gicht: plötzlicher Anstieg des Harnsäurespiegels
- Alkoholkonsum
- purinreiches Essen
- Fasten

Klinik
 Podagra: Entzündung des Großzehengrundgelenkes
- starke Schmerzen/Dolor
- Rötung/Rubor, Schwellung/Tumor, Überwärmung/Calor
- Funktionseinschränkung/Functio laesa
- ausgeprägte Druckdolenz
 Gonagra: Entzündung des Kniegelenkes
 Tophusbildung bei chronischen Verläufen
- Tophus: entzündliche Knotenbildung durch Gewebeablagerungen von Urat
 irreversible Gelenkveränderungen
 Urat-Nephropathie
 Urat-Nephrolithiasis

Diagnostik
 Anamnese:
- Schmerzcharakteristiken
- familiäre Häufung, Fasten, Ernährungsgewohnheiten
 Körperliche Untersuchung:
- Podagra
 probatorische Medikamentengabe bei unklarer Monoarthritis: Colchizin
 Labor:
- BB: um der hämolytischen Anämie auszuschließen.
- Erhöhte Entzündungsparameter
- Nierenfunktion
- Harnsäure im Serum
 Bildgebende Verfahren:
- Röntgen des Fußes, des Kniegelenks: Beurteilung der Gelenke, Uratkristalle

Therapeutische Maßnahmen
 Akuter Gichtanfall: Linderung der Schmerzen und der Entzündung
- NSAR: ASS
- Colchizin
- Kühlung und Ruhigstellung des betroffenen Gelenkes
 Allgemeine langfristige Maßnahmen:
- Gewichtsreduktion
- purinarme Kost
- Flüssigkeitszufuhr
- Alkoholabstinenz/-karenz
- harnsäureerhöhende Medikamente meiden
 medikamentös:
- Urikostatika: Allopurinol, um Harnsäurebidung zu hemmen
- Urikosurika: Probenecid, um Harnsäureauscheidung zu steigen
- Urikolytika

Differentialdiagnostik
 septische Arthritis
 Trauma
 Pseudogicht/Chondrokalzinose
 rheumatische Arthritis / Rheuma
 Grunderkrankungen der sekundären Hyperurikämie

46. Infektiöse Mononukleose / Pfeiffersches Drüsenfieber / Kissing disease


Definition
 Eine Infektionskrankheit, die das gesamte lymphatische System betrifft

Ursachen
 Erreger: Ebstein-Barr-Virus
 Übertragung: oral

Klinik
 akutes Fieber bis 38/40 °C
 Lymphadenitis: generalisierte Lymphknotenschwellung
 Abgeschlagenheit
 Tonsillitis, Pharyngitis: Halsschmerzen und Dysphagie
 Begleithepatitis
 Splenomegalie, gelegentlich auch Hepatomegalie
 Hautausschläge/Exanthem
 Petechien in der Mundhöhle am Übergang vom harten zum weichen Gaumen
 fauliger Mundgeruch
 nicht juckende Exantheme
 periorbitale Ödeme, Schwellung der Oberlider
 Behinderung der Nasenatmung

Komplikationen
 Hepatitis mit Ikterus
 Meningitis, Meningokokkenenzephalitis
 Polyneuritis
 Guillain-Barré-Syndrom
 Myokarditis, Perikarditis
 interstitielle Pneumonie
 Glomerulonephritis
 Thrombozytopenie

Diagnostik
 Anamnese und körperliche Untersuchung
- B-Symptome: um Morbus Hodgkin auszuschließen
- Schmerzlose Schwellung von Lymphknoten: Leiste, Achselhöhle, Hals
- Abdomenpalpation: vergrößerte Leber, Milz
 Labor:
- BB: Pfeiffer-Zellen, Lymphopenie, erhöhte BSG
- EBV-Schnelltest: Reizformen von T-Lymphozyten
- TSH, fT4
- gering bis mittelgradig erhöhte Aminotransferaseaktivität
- Antikörpernachweis
- HIV-Nachweis
- Feinnadelpunktion von den betroffenen Lymphknoten
- Beckenkammpunktion mit Knochenmarkbiopsie: um die Blasteninfiltration (Leukämie) im Knochen
auszuschließen.
 Bildgebende Verfahren:
- Röntgen-Thorax: vergrößerte Lymphknoten
- Abdominalsonographie: Hepatomegalie, Splenomegalie

Therapeutische Maßnahmen
 Flüssigkeitsgabe
 Analgetikum
 Bettruhe
 körperliche Schonung bei der Gefahr einer Milzruptur
 Alkoholabstinenz
 Breitbandantibiotika bei Tonsillitis mit Superinfektion

Differentialdiagnostik
 Zytomegalievirus-Infektion
 akute Leukämie, Morbus Hodgkin
 akute HIV-Erkrankung
 Hyperthyreose
 Streptokokkenangina

Das könnte Ihnen auch gefallen