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Kerstin Protz, Krankenschwester, Managerin im Sozial- und Gesundheitswesen, kerstin.protz@gmx.

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Handout
Kerstin Protz
© Alle Rechte bei Kerstin Protz

Inhaltsübersicht

1. Kompressionstherapie ........................................................................................................... 2
2. Interessante Kontaktadressen und informative Homepages ........................................... 11
Literaturempfehlungen ............................................................................................................ 11

Alle Rechte bei Kerstin Protz, Hamburg 1


Kerstin Protz, Krankenschwester, Managerin im Sozial- und Gesundheitswesen, kerstin.protz@gmx.de

1. Kompressionstherapie
„Kompression ist nicht alles, aber ohne Kompression ist alles andere nichts!“

Indikationen
Chronische Venenkrankheiten
• Varikose, initiale Phase nach Varikosetherapie
• Verbesserung venöser Symptome, Verbesserung der Lebensqualität bei chron.
Venenkrankheiten
• Prävention und Therapie venöser Ödeme
• Prävention und Therapie venöser Hautveränderungen
• Therapie des UCV, Prävention des UCV Rezidivs, Schmerzreduktion beim UCV
• Funktionelle venöse Insuffizienz (bei Adipositas, Sitz-, Stehberufen)
• Venöse Malformationen
Thromboembolische Venenkrankheiten
• Oberflächliche Venenthrombose, Tiefe Beinvenenthrombose, Armvenenthrombose
• Zustand nach Thrombose, postthrombotisches Syndrom
• Thromboseprophylaxe bei mobilen Patienten
Sonstige Ödeme
• Lymphödeme, Lipödeme ab Stadium II, Ödeme in der Schwangerschaft
• Posttraumatische Ödeme, postoperative Ödeme
• Stauungszustände infolge Immobilitäten (arthrogenes Stauungssyndrom, Paresen und
Teilparesen der Extremität)
• Zyklisch idiopathische Ödeme, berufsbedingte Ödeme (Steh-, Sitzberufe)
• Medikamentös bedingte Ödeme, wenn keine Umstellung möglich ist
Andere Indikationen
• Adipositas mit funktioneller venöser Insuffizienz
• Entzündliche Dermatosen der Beine
• Übelkeit, Schwindel, Stauungsbeschwerden in der Schwangerschaft
• Zustand nach Verbrennungen, Narbenbehandlung
Kontraindikationen
• Fortgeschrittene pAVK, wenn einer dieser Parameter zutrifft: KADI < 0,5,
Knöchelarteriendruck < 60 mmHg, Zehendruck < 30 mmHg oder TcPO2 < 20 mmHg
(Fußrücken)
• Dekompensierte Herzinsuffizienz (NYHA III + IV)
• Septische Phlebitis, Phlegmasia coerulea dolens
Risiken
• Schwere Sensibilitätsstörungen der Extremität
• Fortgeschrittene periphere Neuropathie (z. B. bei Diabetes mellitus)
• Ausgeprägte, nässende Dermatosen
• Unverträglichkeit auf Kompressionsmaterial
• Primär chronische Polyarthritis
Unsachgemäßes Bandagieren (zu hohe Anpress-Drücke, Strangulation) verursacht Schmerzen und
kann zu Hautläsionen, Blasenbildung, Schnürfurchen, Gewebsschäden und sogar Nekrosen sowie
Druckschäden an peripheren Nerven, vor allem an Knochenvorsprüngen (Cave: z. B.
Fibulaköpfchen, Tibiavorderkante) führen
Quelle: in Anlehnung an: Deutsche Gesellschaft für Phlebologie (2018). AWMF S2k - Leitlinie: Medizinische
Kompressionstherapie der Extremitäten mit Medizinischem Kompressionsstrumpf (MKS), Phlebologischem
Kompressionsverband (PKV) und Medizinischen adaptiven Kompressionssystemen (MAK). AWMF-Leitlinien-
Register Nr. 037/005

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Wirkweise:
• Wiederherstellung der Schließfunktion der Venenklappen
• Druck des Verbandes verkleinert das Lumen des Venensystems ➔ Steigerung der
Fließgeschwindigkeit des venösen Blutes
• Festes Widerlager für die Beinmuskulatur, dadurch Förderung des venösen Rückflusses
• Entstauung des umliegenden Gewebes ➔ Verbesserung des Abtransports von
Stoffwechselschlackenstoffen und Gewebsflüssigkeit
• Thrombophylaktische Wirkung

Materialien zur Kompressionstherapie in der initialen Entstauungsphase


Kurzzugbinden
• Sind unelastisch, haben ein geringes Dehnungsvermögen von unter 100 % (meist 40-90
%).
• Erzeugen einen hohen Arbeitsdruck und niedrigem Ruhedruck

Arbeitsdruck:
• Ergibt sich durch den Widerstand, den der Verband der Ausdehnung der Muskulatur bei
der Muskelkontraktion entgegensetzt. Er wird immer an der bewegten Extremität
gemessen und ist umso höher, je weniger sich das Bindenmaterial dehnen lässt.
Ruhedruck:
• Der Ruhedruck wird an der unbewegten Extremität gemessen. Entspricht im Prinzip dem
Anlagedruck, d.h. der Kraft, die zum Dehnen der Binde beim Anlegen aufzuwenden ist,
wird aber zusätzlich durch das individuelle Rückstellvermögen einer Binde beeinflusst.

Der Kompressionsverband erlangt seine volle Wirkung erst in Verbindung mit aktiver
Bewegung!

Kompressionsdruckmessung
Der exakte Druck der Kompression ist bei einem manuell angewickelten Verband nur
abzuschätzen. Kompressionsdruck-Messgeräte, wie Kikuhime® oder PicoPress® ermöglichen die
Bestimmung des exakten Kompressionsdrucks. Eine schmale Messsonde wird hierbei unter die
Binden geführt. An einem angeschlossenen elektronischen Skalengerät kann man anschließend
den Druck ablesen, den der Kompressionsverband verursacht.

Wie lange sollten die Beine bandagiert werden?


• Bis sie entstaut sind
• Die initiale Entstauungsphase sollte in der Regel nach spätestens vier Wochen
abgeschlossen sein
• Tipp: regelmäßige Messung (1x/Woche) von Fuß-, Knöchel- und Wadenumfang zur
Erfolgskontrolle

Druckwerte bei Binden laut internationalem Konsens


• Leicht: < 20 mmHg
• Mittelstark: ≥ 20–40 mmHg
• Stark: ≥ 40–60 mmHg (wird für ein UCV benötigt)
• Sehr stark: > 60 mmHg

Fertige Bindensysteme/Mehrkomponentensysteme
• Zwei-, drei- oder vier Komponenten
• Meist aus Polster-, Kompressions- und Fixierbinden bestehend

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• Haben zum Teil Druckindikatoren


• Verbleiben bis zu sieben Tage
• Verrutschen nicht
• Anlagedruck bleibt kontinuierlich bis zum nächsten Verbandwechsel (je nach
Entstauungssituation)

Tipp: Man sollte bei Anlage einer Kompressionsbandagierung nicht von Lagen sprechen, da es
grundsätzlich zu Überlappungen der einzelnen Wickelungen kommt, d. h. es liegen mindestens
zwei Schichten des Bindenmaterials an einem Punkt des bandagierten Beins übereinander. Dies
bedeutet es gibt keinen Einlagenverband. Deshalb empfiehlt sich die Verwendung des Begriffs
„Komponenten“. Hierzu zählen die benötigten bzw. angewandten Produkte wie Polsterung, un-/
elastische Binden, die zur Bandagierung genutzt wurden: z. B. Schlauchverband, Pelotten,
Watte-/Schaumstoffbinden, Kurzzugbinden.

Adaptive Kompressionsbandage/Wrap-Verband/Klettbandage genannt (z. B. CircAid


juxtacures, Fa. medi; Farrow Wrap, Fa. BSN medical/Jobst; Juzo Compression Wrap, Fa. Juzo;
Ready Wrap, Fa. Lohmann & Rauscher)
Indikationen: florides Ulcus cruris venosum mit mäßiger bis starker Ödembeteiligung
Farbe: hautfarben, schwarz (je nach Firma)
Material (je nach Firma):
• Fußkompressionsstrumpf (medi), Unterziehstrumpf (Stockinette, Fa. Juzo) oder Strumpf
(BSN/Jobst), der nur Kompression im Fußteil hat
• Unterschenkelschlauchverband oder bei einer Firma (Juzo) Fuß- und Wadensegment
jeweils einzeln erhältlich
• Unterschenkelbandage (ggf. zum Zuschneiden); je nach Firma zusätzliche Fußbandage
• Ggf. Maßband (zum Vermessen von Knöchel- und dickstem Wadenumfang) (medi)
• Ggf. Messscheibe zur Druckermittlung an der angelegten Bandage (medi)
Eigenschaften:
• Einstellbare Kompressionsdrücke (z. T. mit Messscheibe); je nach Firma von 20-60
mmHg
• Einstellbarer Umfang (bei kleiner werdenden Umfängen)
• Unelastisches, atmunsaktives Material für hohe Arbeitsdrücke
• Relativ leichte Handhabung
• Garantierter Kompressionsverlauf
• Latexfreies, geruchshemmendes Material mit antibakterieller Wirkung
• Je nach Firma in 2-3 Längen (kurz, mittel, lang) und in verschiedenen Größen
(Beinumfängen) erhältlich; ein System ist derzeit individuell zuschneidbar (medi)
Materialpflege:
• Je nach Firma bei 30-40°C in der Maschine separat im Wäschenetz mit Feinwaschmittel
waschbar oder Handwäsche in warmen Wasser
Haltbarkeit bei korrekter Pflege: 6 Monate

Zusammenfassung Entstauung
• Kurzzugbindenbandagierungen verlieren bereits nach 30 Minuten signifikant an Druck
Quelle: Jünger M et al. Comparison of interface pressures of three compression bandaging
systems used on heathy volunteers. J Wound C 2009; 18(11):476-480.
• Mit Mehrkomponetensystemen und adaptiven Kompressionsbandagen ist es einfacher
einen therapierelevanten Druck zu erzeugen, der Zeitaufwand ist deutlicher geringer und
das Tragegefühl ist besser.

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Quelle: Protz K et al. Kompressionsmittel für die Entstauungstherapie. Vergleichende Erhebung


im Querschnitt zu Handhabung, Anpressdruck und Tragegefühl. Hautarzt (2018); 69(3): 232-
241.
• PKV, die aus mehreren Komponenten bestehen sind für die Abheilung eines UCV
förderlicher als eine Bandagierung mit nur einer Komponente, z. B. Kurzzugbinden
Quelle: O’Meara S, et al. compression for venous leg ulcers. Cochrane Database Syst Rev 2012;
11: CD000265.

Materialien zur Kompressionstherapie in der Erhaltungsphase


Ulkus-Strumpfsysteme
• Kommen zum Einsatz bei bereits entstauten Beinen, wenn eine Wunde (Ulcus cruris
venosum) besteht.
• Bestehen aus zwei Strümpfen: einem Unterziehstrumpf der gleichzeitig die Wundauflage
fixiert und einem Überziehstrumpf, der den eigentlichen Kompressionsdruck erzeugt.
• Der Unterziehstrumpf hat einen geringen Anlagedruck und verbleibt auch über Nacht am
Bein. Aus hygienischen Gründen ist dieser täglich zu wechseln.
• Tagsüber erzeugt der Überziehstrumpf den notwendigen Kompressionsdruck.
• Ulkus-Strumpfsysteme werden solange getragen, bis die Wunde abgeheilt ist. Danach
sollte auf medizinische Kompressionsstrümpfe umgestellt werden.

Zusammenfassung Erhaltungsphase
• Strümpfe haben den Vorteil, dass sie den Anlagedruck konstant halten und nicht
verrutschen
Quelle: Kahle B, Herrmanns H-J, Gallenkemper G. evidenzbasierte Therapie chronischer
Beinulzera. Dtsch Ärztebl Int 2011; 108(14): 231-237.
• Sie tragen nicht so auf wie Bindenbandagierungen
• Sie gewährleisten mehr Beweglichkeit im Sprunggelenk

Materialien zur Kompressionstherapie als Rezidivprophylaxe


Medizinische Kompressionsstrümpfe (MKS)
• Je nach Indikation Anpassung in verschiedenen Kompressionsklassen als konfektioniertes
Fertigprodukt oder als maßangefertigter Strumpf-/Hose
• Kompressionsstrümpfe KKL I bis IV nach Maß (je nach Indikation, meist als
Kniestrümpfe)
• Freie Farb- und Musterwahl möglich (ggf. sind Zuzahlungen dafür erforderlich)
• Generell sind pro Halbjahr nur ein Paar medizinische Kompressionsstrümpfe
verschreibungs- und von der gesetzlichen Krankenkasse erstattungsfähig; Ausnahme:
Ffrüher Verschleiß, besondere Beanspruchung, Veränderung des Krankheitsbildes oder
hygienische Gründe können eine vorzeitige oder eine Mehrfach- Verschreibung
rechtfertigen
• Bei Erstausstattung besteht die Möglichkeit, einmalig zwei Strümpfe/Paare (je nachdem
ob ein oder beide Beine betroffen sind) zu verordnen und abzurechnen
• Da sich die Beine im Umfang verändern, steht bei Folgeverordnung, eine erneute
Vermessung an.

Verordnungsrelevante Angaben bei Kompressionsstrümpfen


• Diagnose, Kompressionsklasse, Anzahl der Strümpfe (Stück oder Paar)
• Länge der Strümpfe (Wadenstrumpf A-D, Halbschenkelstrumpf A-F, Schenkelstrumpf A-
G, Kompressionsstrumpfhose A-T)
• Offene oder geschlossene Fußspitze

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• Bei Bedarf der Zusatz „nach Maß/Maßanfertigung“ oder „flachgestrickt“


• Bei Bedarf Verordnung von Befestigungen wie Hautkleber/Klebestift, Haftband,
Hüftbefestigung oder weitere Zusätze wie Hosenschlitz, Kompressionspelotten,
Reisverschluss, Leibteil mit Kompression
• Bei Bedarf zusätzliche Verordnung von Anziehhilfen
• Kennzeichnung des Feldes „7“ für Hilfsmittel
( Flachgestrickt mit Naht: zum Einsatz bei insbesondere Lymphödemen, sehr passgenau, mit
großer Kompressionsstärke herzustellen
Rundgestrickt ohne Naht: zur Therapie von Venenerkrankungen; Grenzen bei der Formgebung;
insbesondere bei starken Variationen in den Extremitätenumfängen)

Der phlebologische Kompressionsverband kann als Unter- oder Oberschenkelwickelung angelegt


werden. Für viele Indikationen, insbesondere das UCV, ist die Unterschenkelkompression
ausreichend. Eine Oberschenkelkompression ist z. B. bei proximal tiefer Beinvenenthrombose,
Varikophlebitis im Oberschenkelbereich, nach Varizen OPs sowie Lymphödemen erforderlich.
Grundlagen des sachgerechten Anlegens eines Kompressionsverbands sind Kenntnis der
adäquaten Wickeltechnik und Erfahrung im Umgang mit den Materialien. Die Anlage zielt
generell darauf ab, einen Verband zu wickeln, der den durch die Maßgaben der Therapie
definierten Druck erhalten kann und nicht verrutscht. Die Form der zu wickelnden Extremität
wird bei der Anlage ebenfalls in Betracht gezogen. Das bedeutet, eventuelle Hervorhebungen
oder Absenkungen sind entsprechend dergestalt zu Polstern, dass der gewünschte Druck überall
gleichmäßig erzeugt wird und auf die Gesamtheit der zu wickelnden Extremität einwirken kann.

Pflegehinweise medizinische Kompressionstrümpfe


• Herstellerangaben beachten
• Aus hygienischen Gründen täglich waschen: Handwäsche oder Maschine im
Feinwaschprogramm (meist bis 40°C) unter Verwendung von Feinwaschmittel (ggf.
separat im Wäschenetz)
• Keine Verwendung von Vollwaschmittel oder Weichspüler
• Trocknen auf der Leine; keine Nutzung von Wäschetrockner oder Heizung = kann der
Elastizität oder einer eventuellen Beschichtung schaden; Tipp: einige Hersteller erlauben
inzwischen das Trocknen im Schontrockengang im Trockner
• Nicht bügeln, chloren oder chemisch reinigen

Kompressionsklassen (KKL)
Kompressionsstrümpfe unterscheiden sich nicht nur durch die Kompressionsklasse sondern auch
durch ihr Material und dessen Elastizität. Welches Material und welche KKL verordnet werden,
hängt zum einen von der Diagnose aber auch der Akzeptanz durch den Patienten ab. Deshalb
werden aktuell keine verbindlichen Empfehlungen zur Verordnung bestimmter KKL gegeben.
Die nachfolgenden Angaben können aber bei der Orientierung helfen.

Intensität des Andrucks in Ruhe auf die Extremität. Im Fesselbereich werden folg. Andrücke
gefordert:
KKL I: leichte Kompression, ca. 20mmHg (18-21 mmHg)
• Schwere müde Beine mit Schwellneigung
• Geringgradige Varikose ohne Beinödeme
• Geringgradige Varikose während der Schwangerschaft
• Thromboseprophylaxe
• Ödeme bei kompensierter Herzinsuffizienz

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• Ödeme bei kompensierter pAVK


Tipp: Seit 2018 ist auch das An- und Ausziehen von medizinischen Kompressionsstrümpfen der
KKL I als Behandlungspflege verordnungs- und erstattungsfähig.

KKLII: mittlere Kompression, ca. 30mmHg (23-32 mmHg)


• Varikose mit Ödemneigung
• Nach Varizenbehandlung (operative Verfahren, Sklerosierung, Laser, Radiofrequenz)
• Nach tiefer Beinvenenthrombose
• Postthrombotisches Syndrom
• Nach Abheilung venöser Ulzera zur Rezidivprohylaxe
• Ausgeprägte Varikose während der Schwangerschaft
• Lipödem
Tipp: KKL II wird typisch zur Rezidivprophylaxe nach abgeheiltem Ulcus cruris venosum
genutzt; in der Erhaltungsphase werden die Strümpfe morgens vor dem Aufstehen an- und
abends im Bett ausgezogen.

KKL III: kräftige Kompression, ca. 40mmHg (34-46 mmHg)


• Florides Ulcus cruris venosum
• Reversibles Lymphödem
• Lipolymphödem
• Angiodysplasie
Tipp: KKL III wird häufig zur Therapie des Ulcus cruris venosum genutzt; in der Therapiephase
wird die Kompression auch über Nacht getragen; allerdings gibt es extra angefertigte „Ulcus
Kompressionsstrümpfe“, die aus zwei Strümpfen bestehen; es verbleibt in der Regel nur ein
Strumpf auch über Nacht am Bein, um so auch in der Nacht eine leichte Kompressionswirkung
zu haben.

KKL IV: sehr kräftige Kompression > 49mmHg


• Irreversibles Lymphödem
Tipp: Da sich die Kompressionsklassen beim Übereinanderziehen addieren, kann eine KKL IV
auch durch das Übereinanderziehen zweier Strümpfe der KKL II erreicht werden. Für Patienten,
die physisch nicht in der Lage sind, einen Kompressionsstrumpf von hoher KKL anzuziehen, ist
dieses Vorgehen eine geeignete Alternative.

An- und Ausziehhilfen


Insbesondere ältere Patienten sind in ihrer Beweglichkeit eingeschränkt. Begleiterkrankungen,
wie Rheuma und Gelenkversteifungen aber auch Übergewicht, reduzieren die Beweglichkeit
zusätzlich. Dadurch stellt das An- und Ausziehen der Kompressionsstrümpfe für viele Patienten
eine große Herausforderung dar. An- und Ausziehhilfen erleichtern den Umgang mit den
Kompressionsstrümpfen. Sie haben eine Hilfsmittelzulassung und sind verordnungs- und
erstattungsfähig. Der zusätzliche Einsatz von genoppten Gummi- bzw. Haushaltshandschuhen ist
eine gute Unterstützung. Sie erhöhen die Griffigkeit und mindern das Risiko von
Materialschäden, z. B. durch die Fingernägel. Solche Handschuhe werden sowohl von den
Strumpffirmen angeboten, sind aber auch in Drogerie- und Supermärkten erhältlich. Zur
Schonung der Haut sind Handschuhe mit Baumwollfütterung zu bevorzugen. Die Kosten dafür
werden allerdings nicht von den Krankenkassen übernommen, sondern sind vom Patienten zu
tragen.

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Verordnungsrelevante Indikationen für An- und Ausziehhilfen sind u. a.:


Altersbedingte Kraftminderung, Lähmungen, Arthrose/Rheuma, Adipositas per magna,
weitgehende Wirbelsäulen-/Hüft/-Knieversteifungen, degenerative Erkrankungen der Hände/im
Handbereich, Folge von Verletzungen/Amputationen.
Kleine Gleitsocken
Diese Produkte sind bei offenen Strümpfen häufig bereits im Paket enthalten. Sie erleichtern das
Anlegen des Strumpfes lediglich am Fuß und sind keine echten Anziehhilfen sondern lediglich
Gleithilfen.

Kompressionstherapie:
Risiken:
• Unsachgemäßes Bandagieren kann Hautnekrosen und nervale Druckschäden zur Folge
haben!
Cave, Indikationen für das sofortige Entfernen jeder Kompressionsversorgung:
• Starke Schmerzen oder zunehmende Schmerzsymptomatik
• Blau- oder Weißfärbung der Zehen
• Akute Bewegungseinschränkungen
• Missempfindungen wie Kribbel- oder Taubheitsgefühle
• Kurzatmigkeit, Schweißausbrüche

Grundlagen der Bandagierung:


Achtung: Kompressionsbinden und Strumpfsysteme sind zur Unterstützung des
Abheilungsprozesses kontinuierlich (24h) zu tragen!
• Jede Kompressionsbandagierung vorab unterpolstern
• Ein Schlauchverband wird als Hautschutz in 2,5- bis 3-facher Unterschenkellänge
vorbereitet und bis zur Kniekehle angezogen
• Die Unterpolsterung beginnt am Großzehengrundgelenk mit Watte- oder
Schaumstoffbinden und erfolgt zirkulär in sich um ½ überlappenden Touren bis kurz
unterhalb der Kniekehle
Achtung: Nicht nur auf Unter- sondern auch auf Aufpolsterung von anatomischen Unebenheiten
achten!
• Keine „Schwiegermütter verwenden“ = Verletzungsgefahr!
• Beginn direkt unterhalb des Großzehengrundgelenks und dem Zehenverlauf folgen; Fuß
ist in Dorsalflexion
• Bindenbreite anpassen, orientiert sich an der zu bandagierenden Extremität
• Verwendung von mindestens „2“ Binden, je nach Unterschenkelumfang und -länge auch
mehr
• Es ist nicht wichtig, ob die erste Binde von innen nach außen oder andersherum angelegt
wird. Es gibt keine Belege für die Überlegenheit der einen oder anderen Richtung.
Allerdings sollte vorab die Fußstellung begutachtet werden. Befindet sich der Fuß
beispielsweise bereits in einer Innenrotation (Pronation) oder in einer Außenrotation
(Supination), sollte die Anlage der ersten Binde korrigierend dagegen arbeiten.
• Bereits bei den ersten Touren am Vorfuß ist auf das Erreichen eines guten Anlagedrucks
zu achten ➔ zu lockere Touren bergen das Risiko von Ödemausbildungen
• Ferse immer mit einbinden, um Verletzungen zu vermeiden
• In den Bindenwinkel beim Abrollen schauen
• Binde immer in Richtung Herz abwickeln und nicht wieder zurück zu den Füßen
• Bindenrolle direkt auf der Haut führen, so dass sich die Binde an das Bein anmodelliert,
nicht vom Körper wegziehen

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Welche Technik ist zu bandagieren?


• Pütter, modifiziert nach Pütter?, Sigg, modifiziert nach Sigg?, Fischer, Schneider,
Gallenkemper, Achtertouren, …
Egal, die dargestellten Grundsätzlichkeiten sind zu beachten. Der Anwender sollte die Technik
bandagieren, die er am besten kann!
• Nach Fertigstellung der Bandagierung wird der Schlauchverband bis zur Kniekehle
hochgezogen, das obere Ende im Kniebereich über die Bandagierung umgeschlagen und
mit Pflasterstreifen fixiert
Eine Kompressionstherapie wird nur bei ausreichender Bewegung wirksam. Auch nach dem
Abheilen des Ulcus cruris venosum ist diese konsequent weiter zu führen. Eine Adhärenz
(Compliance) des Patienten ist dafür unerlässlich!

Zusätzliche Therapie:
• Bewegung und Sport = kontrolliertes Gehtraining unter Kompressionstherapie zur
Vermeidung von Sprunggelenkversteifung und zur Aktivierung der Wadenmuskelpumpe)
• Ausgewogene Ernährung und ausreichend Flüssigkeit
• Reduktion von Übergewicht
• Manuelle Lymphdrainage
• Wechselbäder der Beine bzw. Beine 2 x tgl. Für ca. 5-10 Min. kalt abduschen (16-18°C)

Rezidivprophylaxe des Patienten:


• Tragen von flachen Schuhen und nicht einschnürender Kleidung
• Beine zwischenzeitlich über Herzniveau hoch lagern und nicht übereinanderschlagen
(langes Stehen/Sitzen vermeiden)
• Meiden von Temperaturen über 28°C (Wärmflasche, heißes Bad) und direkter
Sonneneinstrahlung/Sonnenbäder
• Kein Heben schwerer Gegenstände/ Kraftsport (= erhöhter Druck in den Venen)
• 3-S – 3-L-Regel: Sitzen und stehen ist schlecht, lieber laufen und liegen!

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Fazit
• Fast alle Menschen mit Ulcus cruris und Ödemen profitieren von einer
Kompressionsversorgung
• Eine absolute Kontraindikation ist die kritische Ischämie
• Es gibt sehr viele Therapieoptionen, die eine individualisierte Kompressionsversorgung
ermöglichen – je nach Möglichkeiten und Wünschen des Patienten

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2. Interessante Kontaktadressen und informative Homepages


Deutsche Gesellschaft für Wundbehandlung e.V. (DGfW): www.dgfw.de
Initiative Chronische Wunden (ICW) e.V.: www.icwunden.de, Zertifizierung von Anbietern
von Wundfortbildungen; alle bereits bestehenden Kurse auf einer Landkarte auf der Homepage
einsehbar; informatives Forum zum Austausch auch für Nichtmitglieder
Deutsche Venen-Liga e.V.: www.venenliga.de
Wundzentrum Hamburg e.V.: www.wundzentrum-hamburg.de; Standards zum kostenlosen
Download als Pdf-Datei
International Institute for Health Economics/Medical Data Institute:
www.md-institute.com
Übersicht Wundnetze in Deutschland: www.Wundnetze.de

Private Homepages:
Homepage Werner Sellmer: www.werner-sellmer.de

Literaturempfehlungen
Deutsche Gesellschaft für Phlebologie (2019). AWMF S2k - Leitlinie: Medizinische
Kompressionstherapie der Extremitäten mit Medizinischem Kompressionsstrumpf (MKS),
Phlebologischem Kompressionsverband (PKV) und Medizinischen adaptiven
Kompressionssystemen (MAK). AWMF-Leitlinien-Register Nr. 037/005

Deutsches Netzwerk für Qualitätsentwicklung in der Pflege (DNQP) Hrsg. (2015).


Expertenstandard Pflege von Menschen mit chronischen Wunden, 1. Aktualisierung, Osnabrück

Dissemond J (2012). Ulcus cruris - Genese, Diagnostik und Therapie, 4. Auflage, UNI-MED
Verlag AG, 2012, Bremen

Harding K, et al. (2015). Simplifying venous leg ulcer management. Consensus


recommendations. Wounds International 2015

Leitlinie (2015): Deutsche Gesellschaft für Angiologie, Gesellschaft für Gefäßmedizin,


Leitlinien zur Diagnostik und Therapie der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (PAVK);
AWMF-Leitlinien-Register Nr. 065/003, Entwicklungsstufe 3.

Leitlinie (2018): Deutsche Gesellschaft für Phlebologie, Intermittierende pneumatische


Kompression (IPK oder AIK); AWMF-Leitlinien-RegisterNr. 037/007, Entwicklungsstufe 2.

Protz K (2019). Moderne Wundversorgung, Praxiswissen, 9. Auflage, Elsevier Verlag, München

Protz K, Dissemond D, Kröger K (2016). Kompressionstherapie – Ein Überblick für die Praxis.
Springer Verlag, Heidelberg

Reich-Schupke S, Stücker M (2013). Moderne Kompressionstherapie, Viavital Verlag, Köln

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