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Leberzirrhose

Epidemiologie
 Inzidenz: ca. 250/100.000 pro Jahr
o häufige Erkrankung
 Prävalenz: 300.000-400.000 in DE
 Geschlecht: Männlich: Weiblich 2:1

Ätiologie
 toxisch
o äthyltoxisch: Alkohol-toxischer Leberschaden
 häufigste Ursache, für 50-70 % d. Leberzirrhosen verantwortlich
o Nichtalkoholische Fettlebererkrankung
o medikamentös (z.B. Amiodaron, Zytostatika wie MTX)
o berufe Exposition, bspw. zu Tetrachlormethan oder diversen
Pflanzenschutzmitteln
 entzündlich
o Virushepatitiden: HBV, HCV, HDV
 2. häufigste Ursache in DE nach Alkoholabusus
o primär biliäre Cholangitis
o primär sklerosierende Cholangitis
o Autoimmunhepatitis
o parasitäre Infektionen (Bilharziose, Leishmaniose, Fasziolose)
 Stoffwechselerkrankung
o Hämchromatose
o Morbus Wilson
o Alpha-1-Antitrypsin-Mangel
o Porphyrie
o Glykogenspeichererkrankung
o Mukoviszidose
o hereditäre Fructoseintoleranz
 chronische Stauung der Lebervenen
o Budd-Chiari-Syndrom
o Cirrhose cardiaque
o Morbus Osler
 kryptogene Leberzirrhose
o Leberzirrhose, deren Ätiologie nach ausreichender Diagnostik unklar bleibt.
Klassifikation
nach Child-Pugh
 anhand der Child-Pugh-Klassifikation kann die Prognose der Leberzirrhose eingeschätzt
werden
Punkte 1 2 3
Albuminkonzentration im Serum in g/dL >3,5 2,8-3,5 <2,8
Bilirubinkonzentration im Serum in mg/dL <2,0 2,0-3,0 >3,0
Quick-Wert in % >70 40-70 <40
Aszites (sonographisch) kein mäßig viel
hepatische Enzephalopathie keine Grad I-II >Grad II

Child A: 5-6 Punkte


Child B: 7-9 Punkte
Child C: 10-15 Punkte

1-Jahres-Überlebensrate:
Child A: fast normal
Child B: 85 %
Child C: 35 %

Pathophysiologie
1. auslösende Noxe  Aktivierung eines Entzündungsinfiltrats  Untergang von
Hepatozyten und überschießende, bindegewebige Reperaturvorgänge
2. bei anhaltender Einwirkung der Noxe  zirrhotischer Umbau der Leber
a. Unterbrechung der Gallenkanälchen sowie der Sinusoide  portale
Hypertension
b. intrahepatische Shuntbildung zwischen Pfortader- und V.-cava-Ästen 
Minderdurchblutung der Leber
c. Leberfunktionsstörung (exokrin und metabolisch):
i. Gerinnungsfaktoren 
ii. Eiweiße , insbesondere Albumin  Aszites
iii. Gallensäuren   Aufnahme fettlöslicher Vitamine 
iv. Transportproteine für Hormone 
v. Globuline 
vi. Cholinesterase 
vii. Harnstoff   Ammoniak   hepatische Enzephalopathie
viii. Gluconeogenese  sowie Glykogenspeicherung 
ix. Entgiftung/Arzneimittelmetabolisierung 
x. Bilirubin-Glucuronidierung 
xi. gesteigerte Insulinresistenz  hepatogener Diabetes mellitus
xii. Hydroxylierung von Vitamin D3   sekundärer
Hyperparathyreoidismus
xiii. Störung des Lipid- und Lipoproteinstoffwechsels
Symptome/Klinik
 unspezifische Allgemeinsymptomatik:
o Müdigkeit, Leistungsminderung
o Druck- und Völlegefühl im Oberbauch
o Pruritus
o Ikterus
o Bauchumfangszunahme
 Leberhautzeichen
o Kopf: Lacklippen, Lackzunge
o Kopf und Rumpf:
 Teleangiektasien: am häufigsten Spider naevi
 periumbilikale Erweiterung der subkutanen Venen: „Caput medusae“
o Extremitäten:
 Palmar- und Plantarerythem
 Milchglasnägel/Weißnägel
 Dupuytren-Kontraktur
 Uhrglasnägel
o generell: pergamentartige Hautatrophie
o Hormonstörungen:
 Gynäkomastie, Bauchglatze und Brustglatze
 Libido- und Potenzstörungen
 Amenorhö

Diagnostik
Früherkennung: Alle Patienten mit HCV, chron. HBV und NASH sollten regelmäßig ein
Lebersono bekommen zur Früherkennung eines HCC!

 körperliche Untersuchung:
o Leberhautzeichen
o knotige, höckrige Leber vergrößert tastbar
 im fortgeschrittenen Stadium dann verkleinert, geschrumpft
 Labor
o Leberparenchymschaden
 Transaminasen 
 GLDH 
 Alkalische Phosphatase 
 -GT 
 evtl. Bilirubin 
 Ammoniak 
o Synthesestörung
 INR, Quick 
 Gesamteiweiß bzw. Albumin 
 Cholinesterase 
o Thrombopenie bei Hypersplenismus infolge der Splenomegalie
o makrozytäre Anämie durch Vitamin-B12-Mangel
o mikrozytäre Anämie durch chronischen Blutverlust bei Gerinnungsstörung
 apparative Diagnostik
o Sonographie
 Leberkontur höckrig
 Leberwinkel abgerundet
 Organform verplumpt, bikonvex
 inhomogene Parenchymstruktur, variable Hyperechogenität mit
bindegewebiger Septierung
 Größe: initial vergrößert, im Verlauf Atrophie und Verkleinerung
 Hypertrophie des Lobus caudatus
 rarefizierte intrahepatische Portal- und Lebervenen
 Leberbiopsie
o Indikation: unklare Ätiologie und mögliche therapeutische Konsequenz
o Kontraindikation: fortgeschrittene Zirrhose und eindeutige Ätiologie sowie
schlechter Gerinnungsstatus!

Pathologie
 Befund: knotiger, bindegewebiger Umbau des Parenchyms
 eingeteilt nach der Größe der Regeneratknoten
o mikronodulär
 Größe der Knoten: 1-3mm
 Vorkommen: nach chronisch aktivem Prozess bzw. Erkrankungen mit
langsamer Progredienz (chron. HBV oder HCV oder alkoholische
Steatohepatitis)
o makronodulär
 Größe der Knoten: > 3mm
 Vorkommen: nach großflächigem Parenchymuntergang bei
schubförmigem oder akutem Verlauf (z.B. schubförmige oder
fulminant verlaufende Virushepatitiden, Intoxikationen)
o Mischform:
 Größe der Knoten: 1-3 mm und > 3mm
 Vorkommen: bei jeder leberschädigenden Erkrankung möglich

Therapie
 Allgemeinmaßnahmen:
o Behandlung der auslösenden Grunderkrankung
o Alkoholabstinenz
o Vermeidung hepatotoxischer Medikamente
o ausgewogene, kalorisch ausreichende Kost, keine Eiweißrestriktion
 medikamentöse Therapie
o Senkung des portalen Drucks
 bei Nachweis von Ösophagusvarizen bzw. Erscheinen der portokavalen
Anastomosen
 Nicht-seletive Betablocker  Propranolol
o Aszitestherapie, Therapie generalisierter Ödeme bei Hypalbuminämie
 Spironolacton, ggf. + Schleifendiuretikum
o Mangel an Gerinnungsfaktoren & Thrombopenie
 Substitution von Vitamin K
 interventionell
o Senkung des portalen Drucks durch TIPS-Anlage (transjugulärer
intrahepatischer portosystemischer Shunt)
 Indikation: therapierefraktäre Aszites, rezidivierende
Ösophagusvarizenblutung, Überbrückung bis zur LTX
 operativ:
o Ultima ratio LTX

Komplikationen
dekompensierte Leberzirrhose
 Exazerbation von Aszites, Ikterus, Enzephalopathie oder Ösophagusvarizenblutung
o  hypovolämischer Schock
 Spätkomplikation: HCC

Hepatische Enzephalopathie (HE)


 Funktionsstörung des Gehirns durch unzureichende Entgiftungsfunktion der Leber
und konsekutiver Akkumulation von neurotoxischen Stoffwechselprodukten
(hauptsächlich Ammoniak)
 Trigger:
o jegliche Verschlechterung der Leberfunktion
o Infektionen
o GI-Blutungen
o Obstipation
o Pfortaderthrombose
o Exsikkose
o Elektrolytstörung
o exzessive Eiweißaufnahme
 Klinik:
o Stadium 0:
 asymptomatisch
o Stadium I:
 leichte Schläfrigkeit
 Konzentrationsschwäche
 Stimmungsschwankungen
 Dysarthrie (Sprechstörung)
 ggf. Asterixis (Flapping Tremor)
o Stadium II:
 Apathie/Lethargie
 moderate Verwirrung
 veränderte Schriftprobe
 Asterixis
o Stadium III:
 erweckbar bei Somnolenz
 deutliche Verwirrung
 Asterixis
o Stadium IV:
 komatöse Eintrübung
 Therapie
o bei leichten Formen (Stadium 0-1): ambulante Behandlung
 Vermeidung auslösender Faktoren
 Gabe von Lactulose (Laxans)
 bei nicht ausreichender Wirkung von Lactulose: Gabe von
Ornithinaspartat
 reicht dies immer noch nicht: nichtresorbierbare Antibiotika erwägen,
z.B. Rifaximin
o schwere Formen (Stadium >= 2): stationäre Behandlung
 Behandlung von Komplikationen
 Lactulose
 bei GI-Blutung: Breitspektrumantibiotikum für 5d (z.B. Ceftriaxon,
Levofloxacin)
 Restriktion der Proteinzufuhr
 Ornithinaspartat i.v.  Steigerung der Ammoniakentgiftung

Hepatorenales Syndrom (HRS)

 potenziell reversible Nierenfunktionsstörung bei Leberzirrhose bzw. Leberinsuffizienz


mit portaler Hypertension und Aszites oder alkoholischer Steatohepatitis
 Formen:
o HRS Typ I: rasches Nierenversagen
 Serum-Krea: >= 2,5 mg/dL in < 2 Wochen
 schlechte Prognose
o HRS Typ II: moderates Nierenversagen
 Serum-Krea 1,5-2,5 mg/dL
 häufig mit therapierefraktärem Aszites
 bessere Prognose
 Triggerfaktoren: Volumenverluste
o Abpunktion großer Aszitesmengen
o GI-Blutung
o forcierte Diurese
o übermäßiger Einsatz von Lactulose (Laxantien)
 Diagnostische Kriterien des HRS
o Leberzirrhose mit Aszites
o Serumkrea > 1,5 mg/dL
 ausbleibende Besserung trotz Absetzen aller Diuretika und Gabe von
Albumin
o Ausschluss von Schock oder Gabe nephrotoxischer Medikamente sowie einer
parenchymatösen Nierenerkrankung
 Diagnostik: Hyponatriämie mit relativem Natriummangel
 Therapie:
o einzige kurative Therapie: LTX
o intensivmedizinische Therapie mit Terlipressin (Vasopressin-Analogon) und
Albumin
o Anlage eines transjugulären portosystemischen Shunts (TIPS)

Prognose
 mithilfe des MELD-Scores
o Ziel: Priorisierung der Zuteilung einer Leber zur LTX
o Kriterien:
 Serum-Krea
 Gesamt-Bilirubin
 INR

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